L 2 AS 547/19

Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 3 AS 650/17
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
L 2 AS 547/19
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Die für die Zeit ab dem 1. Januar 2017 ermittelten Werte für die angemessenen Kosten der Unterkunft in der Stadt Halle (Saale) beruhen für einen Dreipersonen-Haushalt auf einem schlüssigen Konzept. 2. Die für die Stichprobe erhobenen Mietwerte sind nach dem durchgeführten Gewichtungsverfahren für institutionelle (Groß-)Vermieter und private (Klein-)Vermieter auch ausreichend repräsentativ für den Mietwohungsmarkt in der Stadt Halle (Saale). 3. Das Gericht kann die Angemessenheitsgrenze für den Monat Dezember 2016 ausnahmsweise selbst bestimmen (vgl BSG, Urt v 3. September 2020, B 14 AS 37/19 R, juris RN 23 ff). Die Werte des 2013 in Kraft gesetzten Konzeptes waren ab Juli 2014 fortzuschreiben und können deshalb ab Juli 2016 nicht mehr zugrunde gelegt werden. Da der Grundsicherungsträger sein Folgekonzept erst zum 1. Januar 2017 in Kraft gesetzt hat, besteht eine Lücke, die der Senat mangels Nachbesserung füllen kann, da mit den Daten des neuen Konzeptes eine Datengrundlage vorliegt, die eine vergleichsraumbezogene zeit- und realitätsgerechte Bestimmung abstrakter Angemessenheitswerte gewährleisten kann. 4. Eine Gesamtangemessenheitsgrenze iSv § 22 Abs 10 SGB II gilt nur, wenn der Grundsicherungsträger eine solche festgelegt hat.

Die Berufung der Klägerinnen wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 20. August 2019 abgeändert und wie folgt neu gefasst: Der Bescheid des Beklagten vom 16. Mai 2017 wird abgeändert und der Beklagte zur Gewährung von Leistungen an die Klägerinnen für Dezember 2016 in Höhe von 707,95 € sowie für Januar bis Mai 2017 in Höhe von monatlich 737,41 € verurteilt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte hat den Klägerinnen 1/5 der außergerichtlichen Kosten des Vorverfahrens zu erstatten. Weitere außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerinnen begehren für den Zeitraum Dezember 2016 bis Mai 2017 höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II; jetzt: Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende). Insbesondere streiten die Beteiligten über die Höhe der vom Beklagten zu übernehmenden Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH) der Klägerinnen. 

Die Klägerin zu 1) ist die Mutter der am ... 2002 geborenen Klägerin zu 2) und der am ... 2004 geborenen Klägerin zu 3). Die Klägerinnen standen seit 2005 im Leistungsbezug bei dem Beklagten. Sie zogen am 1. Dezember 2009 in eine 54 qm große 2-Raum-Wohnung in der S.straße 19 in H. (II. Obergeschoss [OG] rechts). Nach dem Mietvertrag vom 15. September 2009 war für diese Wohnung eine monatliche Bruttomiete in Höhe von 340,20 € zu entrichten (232,20 € Nettokaltmiete und 108 € Vorauszahlung für die Betriebskosten). Änderungen des Vertrages sollten der Schriftform bedürfen.

Bereits im Jahr 2011 hatte sich herausgestellt, dass der Vater der Klägerinnen zu 2) und 3) (Herr L.) ebenfalls zum 1. Dezember 2009 in eine gleich große Wohnung auf dieser Etage gezogen war (II. OG links) und bereits bei Einzug mit Zustimmung des Vermieters ein Durchbruch zwischen den Wohnungen durchgeführt worden war. Es verblieb bei weiterhin separaten Mietverträgen für die beiden (Teil-)Wohnungen. Die Klägerinnen und Herr L. wurden in der Folgezeit von dem Beklagten als Bedarfsgemeinschaft behandelt, wogegen sie sich nicht wendeten.

Am 10. Juli 2014 forderte der Beklagte die Klägerinnen (und Herrn L. als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft) auf, die Kosten der Unterkunft und Heizung durch Umzug, durch Vermieten oder auf andere Weise zu senken. Im Stadtgebiet H. würden für einen 4-Personen-Haushalt auf der Basis des Schlüssigen Konzeptes zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft in der Stadt H. (Endbericht, Mai 2013) folgende KdUH als angemessen angesehen: 446,40 € für die Grundmiete incl. kalter Betriebskosten und 135,33 € für die Heizungskosten (zusammen 581,73 €). Der Wert für die angemessene Bruttokaltmiete würde um 182,84 € überschritten (tatsächliche Bruttokaltmiete: 629,24 €). Unangemessene Kosten seien längstens für sechs Monate zu übernehmen. Herr L. stellte am 1. Oktober 2014 bei dem Beklagten einen Antrag auf größeren Wohnraum. Aufgrund der Trennung von seiner Lebensgefährtin und Mutter der beiden gemeinsamen Kinder wolle er aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen.

Die Klägerin zu 1) teilte am 30. Oktober 2014 dem Beklagten mit, die übersteigenden Kosten selbst tragen zu wollen und sich zu bemühen, innerhalb von sechs Monaten die Kosten (Heiz- und Nebenkosten) zu senken.   

Zum 1. Februar 2015 zog Herr L. aus der zweiten (Teil-)Wohnung aus. Die Klägerin zu 1) schloss für sich und die Kinder ab dem 1. Februar 2015 auch für diese Wohnung einen separaten Mietvertrag. Danach betrug die Netto-Miete 270 €. Auf die Betriebskosten war eine monatliche Vorauszahlung von 100 € zu entrichten, die sich in 60 € für die Heizung und 40 € für kalte Nebenkosten aufteilte. Die Klägerinnen überwiesen beispielsweise für April 2015 zwei separate Beträge an den Vermieter (340,79 € für Wohnung 1 und 370 € für Wohnung 2). Gegenüber dem Beklagten schlüsselten sie die von ihnen zu tragenden Mietkosten am 3. Juni 2015 wie folgt auf: insgesamt 710 €, dabei betrügen die gesamte Kaltmiete 502 €, die Nebenkosten 108 € und die Heizkosten 100 € (1. Wohnung: 232 € Kaltmiete, 68 € Nebenkosten, 40 € Heizkosten; 2. Wohnung: 270 € Kaltmiete, 40 € Nebenkosten, 60 € Heizkosten). Der Vermieter stellte zwei Bescheinigungen über die Mietkosten ab dem 1. Februar 2015 aus. Nach der korrigierten zweiten Bescheinigung vom 20. August 2015 (erste Bescheinigung: 680,40 €) betrugen die Mietkosten ab Februar 2015 monatlich 718 € (davon 108 € Nebenkosten und 108 € Heizkosten).

Diese Miethöhe galt für die Zukunft als vereinbart und wurde in der Folgezeit von den Klägerinnen als maßgebliche Miete angegeben. Das Mietshaus, in dem sich die Wohnung der Klägerinnen befand, hat insgesamt eine Wohnfläche von 389 m², die Wohnungen werden mit Gas beheizt.

In der Folgezeit berücksichtigte der Beklagte entsprechend der Kostensenkungsaufforderung vom 10. Juli 2014 angemessene Wohnkosten für die Bruttokaltmiete i.H.v. 446,40 € (Angemessenheitswert für einen 4-Personen-Haushalt). Hiergegen wandten sich die Klägerinnen und forderten die Übernahme der gesamten tatsächlichen Unterkunftskosten. Hierzu war unter anderem noch das Berufungsverfahren L 2 AS 328/18 beim Senat anhängig für den Leistungszeitraum Februar bis Mai 2015, welches durch Urteil, ebenfalls vom 9. November 2023, endete.

Am 24. November 2015 forderte der Beklagte die Klägerinnen auf, die Kosten der Unterkunft und Heizung durch Umzug, durch Vermieten oder auf andere Weise zu senken. Im Stadtgebiet H. würden für einen 3-Personen-Haushalt auf der Basis des schlüssigen Konzepts zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft vom Juni 2015 folgende KdUH im Monat als angemessen angesehen: 403,20 € für Grundmiete inklusive der kalten Betriebskosten und 130,08 € Heizungskosten. Der Wert für die angemessene Bruttokaltmiete würde um 206,80 € überschritten (tatsächliche Bruttokaltmiete: 610,00 €). Unangemessene Kosten seien längstens für sechs Monate zu übernehmen.

Am 9. November 2016 erhielt die Klägerin zu 1) eine Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2015. Diese endete für die eine (Teil-)Wohnung mit einem Guthaben in Höhe von 424,03 € und einer neuen Betriebskostenvorauszahlung ab dem 1. Januar 2017 in Höhe von 63 € (inklusive Heizkosten), sodass die neue monatliche Gesamtzahlung für diese Wohnung insgesamt 314 € betrug. Für die zweite (Teil-)Wohnung ergab sich für das Jahr 2015 eine Nachzahlung für die Betriebskosten in Höhe von 291,48 €. Die monatliche Vorauszahlung für die Betriebskosten erhöhte sich insoweit ab dem 1. Januar 2017 auf 142 € (inklusive Heizkosten) und die neue monatliche Gesamtzahlung für diese (Teil)-Wohnung betrug 393 €. Hieraus ergab sich für die Klägerinnen eine Gesamtzahlungsverpflichtung in Höhe von 707 € monatlich und ein Guthaben in Höhe von 132,55 €. In einer Mietbescheinigung vom 4. Mai 2017 bescheinigte die Vermieterin den Klägerinnen eine Gesamtmiete in Höhe von 718 € monatlich (Grundmiete 502 €, Heizkosten 108 € und Betriebskosten ebenfalls 108 €). Ein Datum, wann die Miete zuletzt geändert wurde, enthielt die Bescheinigung nicht.

Die Klägerinnen stellten am 14. November 2016 einen Weiterbewilligungsantrag für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes bei dem Beklagten. Hierbei gaben sie Nebenkosten in Höhe von 108 € monatlich und Heizkosten ebenfalls in Höhe von 108 € monatlich an.

Die Klägerin zu 1) war erwerbstätig und erzielte Einkommen als Verkäuferin in einem Imbiss in monatlich unterschiedlicher Höhe. Das Einkommen wurde jeweils im Folgemonat ausgezahlt. Im November 2016, Dezember 2016 und April 2017 erzielte die Klägerin zu 1) einen Verdienst in Höhe von jeweils 1.020 € brutto (815,66 € netto), in den Monaten Januar 2017 und März 2017 einen solchen in Höhe von 1.060,80 € brutto (845,15 € netto) und im Februar 2017 von 1.272,30 € brutto inklusive Überstundenvergütung (985,26 € netto). Für die Klägerinnen zu 2) und 3) erhielt die Klägerin zu 1) jeweils Kindergeld in Höhe von je 190 € im Monat im Jahr 2016 und ab dem 1. Januar 2017 von 192 € monatlich. 

Der Beklagte bewilligte den Klägerinnen zunächst mit Bescheid vom 16. November 2016 vorläufig Leistungen in Höhe von 618,28 € monatlich für den Zeitraum Dezember 2016 bis Mai 2017 (hierbei berücksichtigte er KdUH in Höhe von 511,20 €). Mit Änderungsbescheid vom 26. November 2016 erhöhte der Beklagte wegen der Anpassung der Höhe des Regelbedarfs die bewilligten Leistungen ab Januar 2017 bis Mai 2017auf 647,07 € monatlich. In dem Bescheid heißt es, die bisher in diesem Zusammenhang ergangenen Bescheide würden insoweit zum 1. Januar 2017 aufgehoben. Im Zusammenhang mit der Begründung der Regelsatzerhöhung führte der Beklagte aus: „Wenn die Leistungen vorläufig bewilligt wurden, ergeht auch dieser Bescheid vorläufig.“

Gegen die Bewilligung vom 16. November 2016 legten die Klägerinnen durch ihren Prozessbevollmächtigten am 15. Dezember 2016 Widerspruch ein. Die Höhe der KdUH sei fehlerhaft berücksichtigt worden. Von der Grundmiete in Höhe von 610 € monatlich habe der Beklagte nur 403,20 € übernommen. Nach dem um einen Sicherheitszuschlag von 10 % erhöhten maximalen Tabellenwert nach dem Wohngeldgesetz für eine Wohnung für drei Personen in H. und unter Berücksichtigung der maximalen Heizkosten nach dem Heizspiegel 2015 müsse er aber Gesamtmietkosten bis zu 749,38 € übernehmen. Die tatsächliche Miete betrage dagegen nur 718 €.

Mit einem weiteren Änderungsbescheid vom 26. Januar 2017 hob der Beklagte die Bescheide vom 16. November 2016 und 26. November 2016 teilweise auf und bewilligte den Klägerinnen für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Mai 2017 vorläufig Leistungen i.H.v. 663,20 € monatlich; hierbei entfielen 372,99 € auf die Klägerin zu 1), 150,20 € auf die Klägerin zu 2) und 140,01 € auf die Klägerin zu 3). Nunmehr berücksichtigte der Beklagte die erhöhten Angemessenheitswerte, die sein Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft auf Grundlage des Berichts der Firma Analyse & Konzepte von Oktober 2016 ab dem 1. Januar 2017 vorsah. Das Erwerbseinkommen berücksichtigte er weiterhin monatlich in Höhe von 1.204,45 € brutto bzw. 938,81 € netto, woraus sich ein berücksichtigungsfähiges Einkommen in Höhe von 638,36 € ergab.

Mit Widerspruchsbescheid „im vorläufigen Verfahren“ vom 30. Januar 2017 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerinnen als unbegründet zurück, verpflichtete sich zur Erstattung von 20 % der im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen und erkannte die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten als notwendig an. Vor der Absenkung der zu übernehmenden Unterkunftskosten sei auch eine Wirtschaftlichkeitsprüfung erfolgt. Die Kosten der Bruttokaltmiete überstiegen die Angemessenheitswerte um 206,80 € im Monat, also jährlich um 2.288,40 €. Dieser Betrag liege bezogen auf den Zeitraum eines Jahres oberhalb der Umzugskosten zzgl. eventuell anfallender Renovierungskosten. Nach dem maßgeblichen schlüssigen Konzept könnten keine höheren KdU übernommen werden.

Hiergegen haben die Klägerinnen am 28. Februar 2017 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Halle erhoben. Es seien die tatsächlichen Kosten für KdUH zu übernehmen, insoweit bestehe zwischen den anerkannten und den tatsächlichen KdUH eine Differenz i.H.v. 206,80 €. Der Beklagte habe zu Unrecht eine Begrenzung der Übernahme der Kosten vorgenommen, weil ein schlüssiges Konzept für die Bestimmung der Angemessenheitswerte unverändert fehle. Das vorliegende Konzept sei nicht schlüssig, weshalb die maximalen Tabellenwerte nach dem Wohngeldgesetz zzgl. eines Sicherheitszuschlags von 10 % zu übernehmen seien. Danach müssten 619,30 € als Bruttokaltmiete übernommen werden. Hinzu komme der Höchstwert nach dem Heizkostenspiegel 2015 (Gebäudefläche 100-250 qm) für eine mit Fernwärme beheizte Wohnung (70 qm Wohnfläche); dies seien 130,08 €. Danach dürften die Klägerinnen in eine Wohnung mit Kosten in Höhe von insgesamt 749,38 € ziehen. Aus diesem Grund sei ein Umzug wirtschaftlich nicht sinnvoll. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Stadt Halle (Saale) auf Grund ihrer Struktur mit einer Trabantenstadt keine geeignete Grundlage für ein schlüssiges Konzept biete, da dies der Ghettobildung Vorschub leiste.

Mit Bescheid vom 16. Mai 2017 bewilligte der Beklagte den Klägerinnen endgültig Leistungen für den streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum. Für den Monat Dezember 2016 bewilligte er ihnen Leistungen in Höhe von 690,45 € und berücksichtigte hierbei die KdUH in Höhe von 511,20 € und für die Monate Januar bis Mai 2017 in Höhe von insgesamt 735,36 € monatlich, wobei er KdUH von 527,31 € berücksichtigte. In allen Monaten setzte der Beklagte ein durchschnittliches Arbeitsentgelt i.H.v. 1.075,65 € brutto bzw. 853,76 € netto an, abzüglich der Freibeträge ergab sich hieraus ein berücksichtigungsfähiges Erwerbseinkommen in Höhe von 566,19 €. Das Kindergeld berücksichtigte der Beklagte im Monat Dezember 2016 in Höhe von jeweils 190 € für die Klägerin zu 2) und die Klägerin zu 3) sowie in den Monaten Januar bis Mai 2017 in Höhe von jeweils 192 € monatlich. Mit der endgültigen Entscheidung bewilligte der Beklagte den Klägerinnen jeweils für alle streitgegenständlichen Monate höhere Leistungen als zuvor.

Das SG hat der Klage mit Urteil vom 20. August 2019 insoweit stattgeben, als es den Beklagten verurteilt hat, den Klägerinnen Leistungen in gesetzlicher Höhe unter Zugrundelegung der Werte seines ab dem 1. Januar 2017 gültigen schlüssigen Konzepts „zuzüglich des Wertes der einschlägigen Obergrenze der Heizkosten für die spezielle Wohnung der Klägerinnen“ für den Zeitraum vom 1. Dezember 2016 bis zum 31. Mai 2017 zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Klage sei begründet, soweit der Beklagte den Klägerinnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Berücksichtigung von KdUH unterhalb des sich aus der Summe der Grenzwerte des schlüssigen Konzeptes des Beklagten in der ab dem 1. Januar 2017 gültigen Fassung und des sich aus der Heizkostenverordnung für die konkrete Wohnung der Klägerinnen ergebenden Betrages berücksichtigt habe. Hierbei müsse das neue Konzept (ab dem 1. Januar 2017) schon für Dezember 2016 angewandt werden, weil der Beklagte das Konzept nicht im 2-jährigen Rhythmus fortgeschrieben habe. Aus § 22 Abs. 1 SGB II ergebe sich, dass die KdUH das Gesamtangemessenheitsergebnis aus der Addition der Kosten der Unterkunft und der Heizkosten nicht übersteigen dürften. Innerhalb dieser Gesamtangemessenheitsgrenze müsse es den Beziehern von Leistungen aber möglich sein, eine Überschreitung der angemessenen Bruttokaltmiete durch geringere Heizkosten auszugleichen bzw. höhere Heizkosten durch eine geringere Bruttokaltmiete „wett zu machen“. Die entgegenstehende Auffassung des Beklagten enge das Recht des Leistungsbeziehers auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit und die daraus resultierende freie Wahl der Wohnung unangemessen ein. Soweit die KdUH diese Summe überstiegen, sei die Klage abzuweisen, weil die übersteigenden Kosten nicht mehr angemessen seien. Gegen das von dem Beklagten angewandte schlüssige Konzept bestünden keine durchgreifenden Bedenken. Das Konzept entspreche den Anforderungen der obergerichtlichen Rechtsprechung in Hinblick auf die Wohnungsgröße, den Vergleichsmaßstab und die Datenerhebung. Das SG hat die Berufung gegen seine Entscheidung zugelassen. Das Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen am 10. September 2019 und dem Beklagten am 12. September 2019 zugestellt worden.

Die Klägerinnen und der Beklagte haben gegen das Urteil jeweils am 8. Oktober 2019 Berufung eingelegt.

Während des Berufungsverfahrens hat der Beklagte sein Konzept zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten für den streitigen Zeitraum (erneut) nachgebessert (Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft 2016 – Neuberechnung, Bericht vom 20. April 2023). Diese Nachbesserung diente dazu, bei der Ermittlung der Angemessenheitsgrenzwerte die Teilgruppe der privaten Vermieter (bei denen es im Rahmen der Datenerhebung nur eine geringe Rücklaufquote gab) im Verhältnis zur Teilgruppe der institutionellen Vermieter (mit einer sehr hohen Rücklaufquote) entsprechend ihrem Anteil in der Grundgesamtheit zu berücksichtigen. Der so ermittelte Grenzwert für die Angemessenheit liege für einen 3-Personen-Haushalt um 1,40 € höher als nach dem bisherigen Konzept. Der Beklagte hat unter Berücksichtigung dieses Wertes und der bis dahin mangels Durchführung einer Durchschnittsberechnung fehlerhaften Anrechnung des Kindergeldes seine Berufung beschränkt.

Die Klägerinnen rügen, dass der Beklagte nicht die tatsächlichen KdUH in Höhe von 718 € für Dezember 2016, jeweils 707 € monatlich für Januar bis April 2017 und 718 € für Mai 2018 (502 € Kaltmiete, 108 € Betriebskosten, 108 € Heizkosten) berücksichtigt habe. Es bestehe das Problem, dass sich bei den Angaben des Vermieters nicht immer klar erkennen lasse, wie sich die einzelnen Positionen aufteilten. Mit Blick auf das vom Beklagten zugrunde gelegte Konzept zur Ermittlung der Angemessenheitswerte stelle sich die Frage, inwiefern bei der Berücksichtigung der Angebotsmieten, welche verschiedenen Quellen entnommen worden seien, Daten doppelt berücksichtigt worden seien und es deshalb Dubletten gegeben habe. Es sei auch nicht auszuschließen, dass bei den Angebotsmieten möglicherweise nicht belastbare Angebote erfasst worden seien, sei es hinsichtlich des Preises, sei es hinsichtlich der Lage angebotenen Wohnungen. Es sei auch fraglich, ob der starke Zuzug von Flüchtlingen im Jahr 2015 zutreffend abgebildet worden sei, da Zahlen aus der Zeit vor dem Jahr 2015 herangezogen worden seien. Zudem wenden die Klägerinnen gegen die Schlüssigkeit des Konzeptes weiterhin ein, dass durch die angewandte Methode die Gefahr der Ghettoisierung bestehe. So weise die Stadt Halle mit einer Trabantenstadt eine Struktur auf, die einer Ghettoisierung Vorschub leiste, was nicht hinreichend im Konzept berücksichtigt sei.

Die Klägerinnen beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 20. August 2019 und den Bescheid des Beklagten vom 16. Mai 2017 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihnen Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Dezember 2016 bis zum 31. Mai 2017 unter Berücksichtigung ihrer tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,         

die Berufung der Klägerinnen zurückzuweisen und

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 20. August 2019 aufzuheben, soweit er zur Zahlung von höheren Leistungen als 707,95 € für Dezember 2016 und 737,41 € pro Monat für Januar bis Mai 2017 verurteilt worden ist.

Die Klägerinnen beantragen weiter,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte meint, die Berufung der Klägerinnen sei nicht begründet. Das von der Firma A. & K. im Auftrag des kommunalen Trägers erstellte schlüssige Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft in der Stadt H. genüge nach der Nachbesserung und Neuberechnung, den Anforderungen des Bundessozialgerichts (BSG) an die Ermittlung der Angemessenheitsgrenze auf der Grundlage eines schlüssigen Konzeptes. Inzwischen sei entschieden, dass das Konzept 2012 (Endbericht vom Mai 2013) in weiten Teilen den Anforderungen des BSG an die Ermittlung der Angemessenheitsgrenze auf der Grundlage eines schlüssigen Konzeptes genüge. Insoweit werde auf die Urteile des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 30. Mai 2018 (u. a. L 2 AS 543/15) verwiesen. Das von der Firma A. & K. für den kommunalen Träger erstellte Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft 2016, Neuberechnung, Bericht vom 20. April 2023, entspreche ebenso den Anforderungen des BSG, da es bereits nach den im vorangegangenen Konzept angewandten Anforderungs- und Prüfungsschema erstellt worden sei. Bei der Erstellung der Konzepte 2012 und 2016 sei methodisch sehr ähnlich vorgegangen worden. Unter Beachtung der Rechtsprechung sei im Konzept ab 2014/2015 allgemein dazu übergangen worden, die untere Grenze der Wohnungsgröße für einen 1-Personen-Haushalt auf 25 qm festzulegen. Auch im Konzept 2016 seien nur neu abgeschlossene Mieten als Neuvertragsmieten berücksichtigt worden, nicht auch Mietpreiserhöhungen. Es sei eine ausreichende Anzahl an Rückläufen bei den Kleinvermietern zu verzeichnen gewesen, um nach anerkannten statistischen Methode davon ausgehend eine Gewichtung vorzunehmen. Laut Zensus 2011 betrage der Anteil der Privatpersonen und der Gemeinschaften von Wohnungseigentümern in der Stadt Halle 31,74 %. Dieser Anteil sei als Gewichtungsfaktor zur Berechnung der Nettokaltmiete verwendet worden. Auch bei der Ermittlung der kalten Betriebskosten sei dieses Verfahren angewendet worden. Zur Anwendung komme ein entsprechend der Eigentümerstruktur gewichteter Mittelwert der kalten Betriebskosten. Aus der Addition der Quadratmeterpreise mit den durchschnittlichen kalten Betriebskosten ergebe sich eine Bruttokaltmiete. Im Jahr 2016 sei es noch gerechtfertigt gewesen, hinsichtlich der Zahl der Haushalte die Zensuszahlen 2011 ohne eine Hochrechnung heranzuziehen. Für die im Konzept genannten 5-Personen-Haushalte sei zu berücksichtigen, dass alle dort aufgeführten Werte sich tatsächlich auf Haushalte mit fünf und mehr Personen bezögen. In Bezug auf die Belastbarkeit der berücksichtigten Angebote dürften gravierende Fälle durch die Extremwertbereinigung ausgeschlossen worden sein. Im Übrigen gehe eine etwaige einzelne Fehlangabe in der Masse unter und wirke sich daher nicht aus. In Bezug auf den Flüchtlingszuzug im Jahr 2015 sei davon auszugehen, dass diese Gruppe nicht unmittelbar als Nachfrager auf dem Wohnungsmarkt aufgetreten sei, da sie zunächst zentral untergebracht worden sei. Es habe sich auch bei späteren Erhebungen und Erhebungen an anderen Orten kein Hinweis auf einen wesentlichen Effekt dieser Gruppe auf der Nachfragerseite ergeben. 

Der Senat hat die Prozessakte des SG und die Verwaltungsakte des Beklagten beigezogen, außerdem mit Einverständnis der Beteiligten auch die Prozessakte des Verfahrens L 2 AS 328/18. Die dem Konzept des Beklagten zugrunde liegenden Rohdaten haben vorgelegen und waren den Beteiligten zugänglich. Gleiches gilt für ergänzende Stellungnahmen der Firma Analyse und Konzepte vom 8. Dezember 2017, vom 2. Februar 2018, vom 13. April 2018, vom 18. Mai 2018, vom 25. Mai 2018 und vom 12. November 2020 (einschließlich der Sonderauswertung: „Sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigte (ohne Auszubildende) am Wohnort (WO) im Alter 15 bis unter 65 Jahre Bestand an abhängig erwerbstätigen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung in Vollzeit (ohne Auszubildende)“ der Bundesagentur für Arbeit vom 7. Juli 2016), die Neuberechnung von Angemessenheitswerten der Konzepte zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft 2016 sowie den Bericht vom 13. Januar 2020 zur „Neuberechnung von Angemessenheitswerten der Konzepte zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft 2012 und 2016 sowie deren Fortschreibungen“ und die Berichte vom 20. April 2023 zum „Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft 2016, Neuberechnung“ und zur „Fortschreibung 2016 des Konzeptes zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft 2018“.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist – nach der Beschränkung im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 9. November 2023 – in vollem Umfang erfolgreich, wohingegen die Berufung der Klägerinnen keinen Erfolg hat.

Beide Berufungen sind form- und fristgerecht nach § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig. Der Senat ist an die Zulassung der Berufung durch das SG in dem angegriffenen Urteil gebunden (§ 144 Abs. 3 SGG).

Die Berufung des Beklagten ist, soweit er zur Zahlung von höheren Leistungen als 707,95 € für Dezember 2016 und 737,41 € pro Monat für Januar bis Mai 2017 verurteilt worden ist, begründet. Die Berufung der Klägerinnen hingegen ist unbegründet.

A. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind neben der vorinstanzlichen Entscheidung des SG der Bescheid des Beklagten vom 16. Mai 2017, durch den der Beklagte abschließend über den Leistungsanspruch der Klägerinnen für den Zeitraum Dezember 2016 bis Mai 2017 entschieden und den Klägerinnen höhere Leistungen als zuvor bewilligt hat. Die vorangegangene vorläufige Bewilligung einschließlich des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2017 hat sich hierdurch erledigt (§ 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X). Der Bescheid vom 16. November 2016, der Änderungsbescheid vom 26. November 2016, der Änderungsbescheid vom 26. Januar 2017 und der Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2017 hatten nur vorläufige Bewilligungen zum Gegenstand. Die Vorläufigkeit ist im Verfügungssatz des Bescheides vom 16. November 2016 ausdrücklich angeordnet und mit dem noch nicht bekannten Erwerbseinkommen begründet worden. Auch der Änderungsbescheid vom 26. November 2016 stellt sich als vorläufige Bewilligung dar. Aus dem gesamten Inhalt des Bescheides geht für die Kläger mit hinreichender Deutlichkeit hervor, dass unverändert keine abschließende Festsetzung getroffen werden sollte. In einem Änderungsbescheid noch vor Beginn des Leistungszeitraums kommt regelmäßig nicht zum Ausdruck, dass der Vorläufigkeitsvorbehalt aufgehoben und die begehrte Leistung als die zustehende Leistung endgültig zuerkannt wird (vgl. BSG, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 31/14 R – juris Rn. 26). Die Änderung, der mit dem Bescheid Rechnung getragen wurde, bezieht sich nur auf einen geänderten Regelbedarf ab dem 1. Januar 2017, zudem wird im Bescheidtext darauf hingewiesen, dass auch dieser Bescheid vorläufig ergehe, wenn Leistungen bisher vorläufig bewilligt worden seien. Im Änderungsbescheid vom 26. Januar 2017 sowie im Widerspruchsbescheid wurde deutlich darauf verwiesen, dass die Entscheidung vorläufig sei. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der gesamte Anspruch der Klägerinnen auf Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld. Die Klägerinnen haben den Streitgegenstand nicht auf die Leistungen für KdUH begrenzt.

B. Zutreffende Klageart für das Begehren der Klägerinnen ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGG), da es auf weitere Zahlungen über die endgültig bewilligten Leistungen hinaus abzielt und zuvor aufgrund der vorläufigen Bewilligung niedrigere Leistungen gewährt worden waren.

C. Die Klägerinnen haben für den streitgegenständlichen Zeitraum von Dezember 2016 bis Mai 2017 keinen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen, als ihnen aufgrund der Berufungsbeschränkung des Beklagten bereits rechtskräftig zugesprochen worden sind, nämlich 707,95 € für Dezember 2016 und 737,41 € monatlich für Januar bis Mai 2017. 

I. Die Klägerinnen sind leistungsberechtigt i. S. der §§ 7 ff. SGB II. Die Klägerin zu 1) hatte das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Sie war erwerbsfähig und hilfebedürftig. Die Klägerinnen zu 2) und 3) lebten als dem Haushalt angehörende minderjährige Kinder mit der Klägerin zu 1) in einer Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 4 SGB II).

II. Die Klägerinnen haben aber keinen Anspruch auf höhere Leistungen als vom Beklagten bewilligt bzw. vom SG nach der Teilrücknahme der Berufung rechtskräftig zugesprochen.

1. Der Regelbedarf nebst Mehrbedarf der Klägerin zu 1) betrug im Dezember 2016 549,44 € (404 € Regelleistung, 145,44 € Alleinerziehenden-Mehrbedarf nach § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II) und im Jahr 2017 monatlich 556,24 € (409 € Regelleistung, 147,24 € Alleinerziehenden-Mehrbedarf).

Die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, gehören gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II der Bedarfsgemeinschaft nur insoweit an, als sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können. Von dem Sozialgeld-Regelbedarf der Klägerinnen zu 2) und 3) in Höhe von 306 € bzw. 270 € im Monat Dezember 2016 bzw. ab dem 1. Januar 2017 in Höhe von monatlich 311 € bzw. 291 € (§ 23 Nr. 1 SGB II in der jeweils geltenden Fassung) und ihrem kopfteiligen KdUH-Bedarf ist noch das Durchschnittseinkommen aus dem für sie gezahlten Kindergeld in Höhe von 191,67 € monatlich nach § 11 Abs. 1 Satz 5 SGB II, § 41a Abs. 4 Satz 3 SGB II a. F. in Abzug zu bringen (s. unten 3. b). Mit diesem Bedarf sind sie Teil der Bedarfsmannschaft.

2. Der Bedarf für die KdUH nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II betrug im streitgegenständlichen Zeitraum Dezember 2016 bis Mai 2017 monatlich nicht mehr als die durch den Bescheid des Beklagten vom 16. Mai 2017 und das insoweit rechtskräftige Urteil des SG berücksichtigten 528,70 € monatlich.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II a. F.).

Die Prüfung der Angemessenheit der Bedarfe für die Unterkunft und für die Heizung hat grundsätzlich getrennt voneinander zu erfolgen, unbeschadet der nach § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II eröffneten Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Kostensenkungsaufforderungen (BSG, Urteil vom 19. Mai 2021 – B 14 AS 57/19 R – juris Rn. 17).

a) Die tatsächlich geschuldete Bruttokaltmiete der Klägerinnen betrug im Dezember 2016 610,20 €. Die Nettokaltmiete belief sich auf 502,20 €. Nach dem Mietvertrag vom 15. September 2009 betrug die monatliche Kaltmiete für die Teilwohnung 1 (II. OG rechts) 232,20 € und für die Teilwohnung 2 (II. OG links) nach dem Vertrag ab dem 1. Februar 2015 270 €. Die sich daraus ergebende Summe findet sich – abgesehen von Ungenauigkeiten beim Cent-Betrag – auch in späteren Angaben der Klägerinnen und des Vermieters. Daneben schuldeten die Klägerinnen Betriebskosten in Höhe von insgesamt 108 €. Für die Teilwohnung 1 zahlten sie nach dem Mietvertrag insgesamt 108 € für Betriebs- und Heizkosten. Nach ihrer Aufstellung vom 3. Juni 2015 entfielen von dieser Summe 68 € auf Nebenkosten und 40 € auf Heizkosten. Für die Teilwohnung 2 betrugen die Nebenkosten nach dem Mietvertrag 40 €. Auch der Vermieter bestätigte in seiner korrigierten Bescheinigung 20. August 2015 Gesamtnebenkosten in Höhe von 108 €.

Ab Januar 2017 reduzierte sich die geschuldete Zahlung für Betriebs- und Heizkosten auf insgesamt 205 € monatlich (Teilwohnung 1: 63 € und Teilwohnung 2: 142 €, Betriebskostenabrechnung vom 9. November 2016). Es ist davon auszugehen, dass unverändert 108 € auf die geschuldeten Heizkosten entfielen, sodass noch 97 € für Betriebskosten zu entrichten waren. Dementsprechend betrug die Bruttokaltmiete ab Januar 2017 nicht mehr als 599,20 €. Eine Minderung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung durch eine Auszahlung oder Gutschrift aufgrund eines Betriebskostenguthaben ist nicht ersichtlich.

Die tatsächlich geschuldeten Heizkosten betrugen insgesamt unverändert 108 €. Hierbei handelte es sich um die monatliche Vorauszahlung. Dies entspricht der Angabe der Klägerinnen im Weiterbewilligungsantrag vom 14. November 2016. Auch aus der vorgelegten Mietbescheinigung des Vermieters vom 4. Mai 2017 ergibt sich nichts anderes. Der Hinweis des Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen auf einen höheren Anteil der Heizkosten bei der Nachzahlung aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2015 vom 9. November 2016 ist insoweit unergiebig, wenn sie nicht zu einer veränderten monatlichen Vorauszahlung für die Zukunft geführt hat. Auf eine solche gibt es keine Hinweise.

b) Die tatsächlichen Heizkosten hat der Beklagte in voller Höhe berücksichtigt.

c) Die tatsächlich geschuldete Bruttokaltmiete war nicht angemessen. Die Begrenzung auf die Berücksichtigung von 420,70 € als Bruttokaltmiete durch den Beklagten ist nicht zu beanstanden. Insbesondere beruhen die Grenzwerte, die der kommunale Träger auf Grundlage von Berichten der Firma A. & K. in Richtlinien festgelegt hat, auf einem schlüssigen Konzept.

Bei der Prüfung der Angemessenheit sind in einem ersten von zwei größeren Schritten zunächst die abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft, bestehend aus Nettokaltmiete und kalten Betriebskosten, zu ermitteln; dann ist die konkrete (=subjektive) Angemessenheit dieser Aufwendungen im Vergleich mit den tatsächlichen Aufwendungen zu prüfen, insbesondere auch im Hinblick auf die Zumutbarkeit der notwendigen Einsparungen, einschließlich eines Umzugs (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2020 – B 14 AS 34/19 R – juris Rn. 13).

Die Ermittlung der abstrakt angemessenen Aufwendungen hat unter Anwendung der sog. Produkttheorie („Wohnungsgröße in Quadratmeter multipliziert mit dem Quadratmeterpreis“) in einem mehrstufigen Verfahren zu erfolgen: Es ist die angemessen Wohngröße für die leistungsberechtigten Personen und dann der angemessene Wohnstandard zu bestimmen, sodann ist die aufzuwendende Nettokaltmiete für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nach einem schlüssigen Konzept zu bestimmen und dann sind die angemessenen kalten Betriebskosten einzubeziehen (ständige Rechtsprechung BSG, statt anderer: Urteil vom 5. August 2021 – B 4 AS 82/20 R – juris Rn. 18). Für einen angemessenen Wohnungsstandard muss die Wohnung nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen und sie darf keinen gehobenen Wohnungsstandard aufweisen, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (vgl. BSG, Urteil vom 17. September 2020 – B 4 AS 22/22 R – juris Rn. 25).

aa) Bei der Bestimmung der angemessenen Größe der Wohnung hat der Beklagte zutreffend für eine dreiköpfige Bedarfsgemeinschaft in Sachsen-Anhalt 70 qm angenommen. Die Angemessenheit der Wohnungsgröße richtet sich in Ermangelung anderweitiger Erkenntnisquellen grundsätzlich nach den Werten, die die Länder aufgrund von § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) bzw. aufgrund von § 5 Abs. 2 Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG) in der bis 31. Dezember 2001 geltenden Fassung festgelegt haben (vgl. BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 – B 4 AS 44/14 – juris Rn. 14). Maßgeblich für Sachsen-Anhalt sind insoweit die Wohnungsbauförderungsbestimmungen (Runderlass des Ministeriums für Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen vom 23. Februar 1993, Ministerialblatt Land Sachsen-Anhalt Nr. 27/1993, S. 1281) und die dazu erlassenen Richtlinien aus den Jahren 1993 und 1995 (Runderlasse des Ministeriums für Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen vom 23. Februar 1993, Ministerialblatt Land Sachsen-Anhalt Nr. 27/1993, S. 1285 und vom 10. März 1995, Ministerialblatt Land Sachsen-Anhalt Nr. 31/1995, S. 1133) über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung des Mietwohnungsbaus in Sachsen-Anhalt (vgl. BSG, Urteil vom 14. Februar 2013 – B 14 AS 61/12 R – juris Rn. 21; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 15. April 2021 – L 5 As 391/19 ZVW – juris Rn. 21). Sonderregelungen, die auf persönliche Lebensverhältnisse Bezug nehmen, sind bei der Wohnflächenbestimmung nicht zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 22. August 2012 – B 14 AS 13/12 R – juris Rn. 19). Danach ergibt sich für einen 3-Personen-Haushalt der Wert von maximal 70 qm. Die Wohnung der Klägerinnen (2 x 54 qm) lag um 38 qm über der angemessenen Größe. Da die Wohnungen bereits bei dem Einzug miteinander verbunden worden waren, handelt sich um eine zusammenhängende Wohnung, unabhängig davon, dass hierüber zwei Teilmietverträge abgeschlossen worden waren.

bb) Die vom Beklagten zur Gewährung von Bedarfen für Unterkunft für den maßgeblichen Vergleichsraum zugrunde gelegte abstrakt angemessene Nettokaltmiete für die Monate Januar bis Mai 2017 beruht auf einem schlüssigen Konzept. Für den Monat Dezember 2016 liegt zwar kein solches schlüssiges Konzept vor, der Senat kann aber den Angemessenheitswert selbst bestimmen (hierzu unter cc).

Ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Netto- oder Bruttokaltmiete erfordert ein planmäßiges Vorgehen im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenn auch orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichszeitraum unter Beachtung von mehreren, von der Rechtsprechung des BSG entwickelten Mindestvoraussetzungen, die auch die Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung betreffen. Das schlüssige Konzept soll die Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des Mietwohnungsmarktes im Vergleichsraum dem Angemessenheitswert zugrunde liegen und dieser realitätsgerecht ermittelt wird. Schlüssig ist ein Konzept, wenn es neben rechtlichen zudem bestimmte methodische Voraussetzungen erfüllt und nachvollziehbar ist. Dies erfordert trotz Methodenvielfalt insbesondere eine Definition der untersuchten Wohnungen nach Größe und Standard, Angaben über die Art und Weise der Datenerhebung (Ermittlungsquellen), Angaben über den Zeitraum, auf den sich die Datenerhebung bezieht, Repräsentativität der einbezogenen Daten und Validität der Datenerhebung, Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze bei der Datenauswertung, Vermeidung von „Brennpunkten“ durch soziale Segregation sowie eine Begründung (Angabe über gezogene Schlüsse), in der die Ermittlung der Angemessenheitswerte aus den Daten dargelegt wird (ständige Rechtsprechung BSG, statt anderer: grundlegend Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 R – juris Rn. 18 f.; in jüngerer Zeit etwa Urteil vom 30. Januar 2019 – B 14 AS 24/18 R – juris Rn. 24). In diesem Rahmen kann sich der Grundsicherungsträger unterschiedlicher Ermittlungsmethoden bedienen. Der kommunale Träger ist im Rahmen seiner Methodenfreiheit verpflichtet, die gewählte Methode und die Berechnungsschritte nachvollziehbar offenzulegen, damit geprüft werden kann, ob er die erforderlichen Tatsachen im Wesentlichen vollständig und zutreffend ermittelt hat und schließlich, ob er sich in den Berechnungsschritten mit einem nachvollziehbaren Zahlenwerk innerhalb des gewählten Verfahrens und dessen Strukturprinzipien im Rahmen des Vertretbaren bewegt hat (vgl. Luik in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Aufl. 2021, § 22 Rn. 123 mit Verweis auf Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09 – juris Rn. 143 f.).

Ein schlüssiges Konzept kann sowohl auf Wohnungen aus dem Gesamtwohnungsbestand (einfacher, mittlerer, gehobener Standard) als auch auf Wohnungen nur einfachen Standards abstellen. Für die Datenerhebung kommen nicht nur die Daten von tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen in Betracht, sondern auch von bereits vermieteten. Im Gegensatz zur Erstellung von Mietspiegeln oder Mietdatenbanken, deren wesentliches Anliegen das dauerhafte Funktionieren des Marktes frei finanzierte Mietwohnungen ist (vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S. 3), ist im Rahmen des schlüssigen Konzepts grundsätzlich sämtlicher Wohnraum zu berücksichtigen, der auch tatsächlich zu diesem Zweck vermietet wird. Nicht zu berücksichtigen ist nur Wohnraum, dessen Miete keinen zuverlässigen Aufschluss über die örtlichen Gegebenheiten bringen kann (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 R – juris Rn. 22).

Dabei erfolgt die gerichtliche Kontrolle von Konzepten als nachvollziehende Kontrolle im Sinne einer Verfahrenskontrolle. Die gerichtliche Verpflichtung zur Amtsermittlung findet ihre Grenze in der Mitwirkungslast der Beteiligten, die vorliegend dadurch geprägt ist, dass die Methodenauswahl dem Jobcenter vorbehalten ist und es nicht Aufgabe des Gerichts ist, ein unschlüssiges Konzept mit sachverständiger Hilfe schlüssig zu machen. Einer ins Einzelne gehenden Überprüfung bestimmter Detailfragen, worunter auch Einzelheiten der Repräsentativität und Validität der dem konkreten Konzept zugrunde gelegten Daten zu fassen sind, bedarf es erst dann, wenn fundierte Einwände erhoben werden, die insbesondere über ein Bestreiten der Stimmigkeit bestimmter Daten hinausgehen müssen, oder auf eine Verletzung der in § 22c SGB II für eine Satzungsregelung enthaltenen Vorgaben zur Datenerhebung, -auswertung und -überprüfung hindeuten (vgl. BSG, Urteil vom 5. August 2021 – B 4 AS 82/20 R – juris Rn. 34).

(1) Der Beklagte hat den maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum in nicht zu beanstandender Weise bestimmt. Für die Ermittlung der abstrakten Angemessenheitsgrenze hat der Beklagte bzw. die vom kommunalen Träger beauftrage Firma A. & K. das gesamte Gebiet der Stadt H. als Vergleichsraum angesehen, innerhalb dessen für eine „einfache“ Wohnung abstrakt angemessener Größe im unteren Segment des Wohnungsmarktes das (durchschnittliche) Mietpreisniveau solcher Wohnungen ermittelt wird. Der Vergleichsraum ist der Raum, für den ein grundsätzlich einheitlicher Angemessenheitswert zu ermitteln und innerhalb dessen einer leistungsberechtigten Person ein Umzug zur Kostensenkung grundsätzlich zumutbar ist. Dabei ist grundsätzlich vom Wohnort des Hilfebedürftigen als dem maßgeblichen räumlichen Vergleichsraum auszugehen (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 – juris Rn. 20). Bei der Bestimmung des Vergleichsraums geht es darum, zu beschreiben, welche ausreichend großen Räume (nicht bloße Orts- oder Stadtteile) der Wohnbebauung aufgrund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und insbesondere ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden. Der Senat hat bereits in seinen Entscheidungen vom 30. Mai 2018 für das Konzept 2012 gebilligt, das gesamte Stadtgebiet der Stadt H. als einen Vergleichsgebiet heranzuziehen (vgl. z. B. L 2 AS 543/15 – juris Rn. 62). Hieran hält er auch für das Konzept 2016 weiter fest. Insbesondere verfügt die Stadt H. über ein gut ausgebautes Nahverkehrsnetz mit Straßenbahnen, Bussen und S-Bahnen. Dadurch sind die einzelnen Stadtbereiche gut miteinander verbunden. Insgesamt handelt es sich um einen homogenen Lebens- und Wohnbereich.

(2) Bei der Kontrolle des Konzeptes 2016 in der letzten Fassung der Neuberechnung vom 20. April 2023 sind bei der Bestimmung der abstrakten Angemessenheitswerte in diesem Vergleichsraum unter Berücksichtigung des oben genannten Maßstabes keine Fehler erkennbar. Das Konzept ist für den Senat nachvollziehbar.

In seiner ursprünglichen Fassung bedurfte das Konzept jedenfalls in Bezug auf einzelne Haushaltsgrößen einer Korrektur, weil der Beklagte den durch einen Abgleich der aufsteigend nach der Höhe sortierten Bestandsmieten für Wohnungen der relevanten Größe mit der Anzahl der leistungsbeziehenden Mieter und anderer Mieter im unteren Einkommenssegment ermittelten Perzentilwert in einem weiteren Schritt abgesenkt hatte. Nachdem der Senat dies in seinen Urteilen vom 30. Mai 2018 (u. a. L 2 AS 543/15 – juris Rn. 99 ff.) für das Konzept 2012 beanstandet hatte, hat der Beklagte auch das Konzept 2016 insoweit auf Grundlage des Berichts von A. & K. vom 13. Januar 2020 nachgebessert.

Auch die ursprünglich fehlende Gewichtung der erhobenen Daten nach der Art der Vermieter (dazu im Folgenden unter (a) (dd)) hat A. & K. mit seinem Bericht vom 20. April 2023 nachgeholt und der Beklagte bzw. der kommunale Träger hat sein Konzept auf dieser Grundlage nachgebessert.

(a) Die Datenerhebung ist nicht zu beanstanden, sie ist auch valide. Die Validität ist ein Kriterium für die Gültigkeit einer wissenschaftlichen Untersuchung und ihrer Ergebnisse.

(aa) Es ist eine nachvollziehbare Definition der untersuchten Wohnungen nach Größe und Standard erfolgt. Grundlage der Datensammlung zur Mietwerterhebung durch die Firma A. & K. war eine umfangreiche Vermieterbefragung für die Erhebung der Bestandsmieten. Dabei sind zulässigerweise die Daten von Wohnungen des Gesamtwohnungsbestandes (Wohnungen des einfachen, mittleren und gehobenen Segments) ermittelt worden. Mietwohnungen mit einem untersten Standard (Substandard) sind nicht berücksichtigt worden. Darunter sind Wohnungen zu verstehen, die entweder kein WC und oder keine Badewanne oder Dusche in der Wohnung haben. Auf solche Wohnungen können Hilfebedürftige bei der Wohnungssuche nicht verwiesen werden (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 65/09 R – juris Rn. 31).

Daneben beziehen sich die berücksichtigten Mietwerte nur auf Wohnungen mit einer Wohnfläche zwischen 25 qm und 150 qm. Es ist nicht zu beanstanden, dass auch Wohnungen mit einer Größe von weniger als 30 qm mit in die Auswertung einbezogen wurden. Die Frage, welche Wohnungen wegen eines nur einfachsten Wohnungsstandards bei der Ermittlung der Referenzmiete nach der Produkttheorie ausgeklammert werden, ist von den Tatsacheninstanzen unter Beachtung der regionalen Verhältnisse im Vergleichsraum zu prüfen (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2014 – B 4 AS 9/14 R – juris Rn. 25; so auch bereits BSG, Urteil vom 20. August 2009 – B 14 AS 65/08 R – juris Rn. 18). Wohnungen ab einer Größe von 25 qm sind als solche einfachen Standards in relevanter Zahl vorhanden sind und sie überschreiten die vom Senat als Mindestgröße festgelegten 23 qm. Wohnungen mit weniger als 23 qm umfassender Wohnfläche entsprechen nicht mehr dem geforderten einfachen Wohnungsstandard in der Stadt H. (vgl. dazu ausführlich die Senatsurteile vom 30. Mai 2018, u. a. L 2 AS 543/15 – juris Rn. 76 ff.). Es ist im Rahmen der Methodenfreiheit nicht zu beanstanden, dass der Beklagte für das Konzept 2016 die Mindestgröße von 23 qm auf 25 qm angehoben hat, weil die beauftragte Firma A. & K. allgemein dazu übergegangen war, die untere Grenze auf 25 qm zu setzen.

(bb) In dem Konzept 2016 sind nachvollziehbare Angaben zu dem Zeitraum der Datenerhebung gemacht worden. Die Ermittlung der Daten zu den Bestandsmieten hat die vom Beklagten beauftragte Firma A. & K. in der Zeit von Juli bis August 2016 durchgeführt. Dabei wurden die Daten von den Vermietern unabhängig vom Erhebungsdatum immer zum Stichtag 1. Juli 2016 abgefragt (Bericht von Oktober 2016, Ziffer 6.2 - Erhebung von Bestandsmieten, 2. Stufe, S. 12). Hinsichtlich der Neuvertragsmieten hat die Firma A. & K. bei den Erhebungen zu den Bestandsmieten die Dauer des Mietverhältnisses erfragt und als Neuvertragsmieten solche definiert, die „unterjährig“, konkret im Zeitraum vom 1. Juli 2015 bis zum 1. Juli 2016 neu abgeschlossen worden sind (Neuberechnung vom 20. April 2023, Ziffer 6.2.2, S. 15). Dabei wurden als Neuvertragsmieten nur tatsächlich neu abgeschlossene Mietverträge berücksichtigt, nicht aber Mietänderungen im laufenden Mietverhältnis. Dies hat der Mitarbeiter der Firma A. und K., der als Beistand des Beklagten an der mündlichen Verhandlung vor dem Senat teilgenommen hat, bestätigt.

(cc) Die Art und Weise der Datenerhebung ist nicht zu beanstanden (vgl. bereits zum Vorgängerkonzept 2012: Urteil vom 30. Mai 2018 – L 2 AS 443/15 – juris Rn. 63). Für ihre Erhebung hat die Firma A. & K. die in der Stadt H. tätigen größeren Vermieter und Verwalter identifiziert und für die freiwillige Mitarbeit nach Informationsveranstaltungen/Informationsschreiben und persönlichen Telefonaten gewonnen. Um die Daten auch der kleineren Vermieter zu erlangen, wurden deren Anschriften durch eine Anfrage bei der H. Wasser und Stadtwirtschaft GmbH ermittelt und dann ca. 1.000 kleinere Vermieter angeschrieben und um freiwillige Mitarbeit gebeten. Von den großen und den kleinen Vermietern wurden die Daten zu den Mietverhältnissen gleichzeitig erhoben. Dabei wurden sowohl bei den großen wie den kleinen Vermietern folgende Daten abgefragt: Beginn des Mietvertragsverhältnisses, Datum der letzten Mietänderung, Wohnungsgröße, Nettokaltmiete, Höhe des Vorauszahlungsbetrages für die kalten Betriebskosten, Einbeziehung der Wasserkosten bei den kalten Betriebskosten, Höhe der Vorauszahlungen für die Heiz- und Warmwasserkosten, Einbeziehung der Warmwasserkosten in die Heizkosten (Konzept 2016, Bericht vom 20. April 2023, S. 11 f. und Abb. 4 Fragebogen – Mietwerterhebung H. 2016).

Bei der Datenerhebung wurden mittels Zufallsauswahl Daten von Mietverhältnissen berücksichtigt, die sich über das gesamte Stadtgebiet verteilen. Anhaltspunkte, dass der Beklagte Daten nur aus bestimmten besonders preiswerten Wohngegenden erhoben hat, bestehen nicht. Den Einwand, dass eine Datenerhebung nur in bestimmten Stadtgebieten stattgefunden habe, hat der Senat bereits umfangreich in seinen Entscheidungen vom 30. Mai 2018 zum Konzept 2012 (u. a. L 2 AS 543/15 – juris Rn. 79 ff.) gewürdigt und als nicht zutreffend angesehen. Das gilt auch für das Konzept 2016, für welches die Daten mit der gleichen Methodik erhoben wurden. Anhaltspunkte für eine partielle Erhebung bestehen nicht. Auch der Umfang der Erhebung belegt die Angaben des Beklagten, dass die Mietwerte für Bestandsmieten (einschließlich Neuvertragsmieten) im gesamten Vergleichsraum erhoben worden sind. Es wurden bei der Neuberechnung, bei der alle Datensätze ausgeschlossen wurden, bei denen die Eigentumsform (Vermieter) nicht bekannt war, immer noch 46.724 erhobene Mietwerte berücksichtigt.

Daten zu Mietverhältnissen, die keinen zuverlässigen Aufschluss über die örtlichen Gegebenheiten bringen können, wurden zu Recht ausgeschlossen. So hat die Firma A. & K. durch „Filterfragen“ in zulässiger Weise sichergestellt, dass Wohnungen mit Freundschaftsmieten, mietpreisreduzierte Werks- und Dienstwohnungen, Wohnungen in Wohn- und Pflegeheimen, gewerblich oder teilgewerblich genutzte Wohnungen (mit Gewerbemietvertrag), möblierte und teilmöblierte Wohnungen (damit sind Ferienwohnungen erfasst) nicht berücksichtigt werden. Denn die Daten solcher Wohnungen haben keine Aussagekraft für den frei zugänglichen Wohnungsmarkt. Diese Wohnungen sind schon im Vorfeld der Erhebung ausgeschlossen und nicht in die auszuwertenden Datensätze aufgenommen worden. Zutreffend hat die Firma A. & K. aber die Wohnungen berücksichtigt, die Zugangsbeschränkungen der sozialen Wohnraumförderung unterliegen, da diese gerade den Bedarfsgemeinschaften zur Verfügung stehen sollen (vgl. Bericht vom 12. April 2023 S. 10; vgl. dazu bereits Urteil vom 30. Mai 2018 – L 2 AS 543/15 – juris Rn. 69).

(dd) Die betreffenden Daten sind – nach dem inzwischen von dem Beklagten durchgeführten Gewichtungsverfahren – auch ausreichend repräsentativ für den Mietwohnungsmarkt in der Stadt H.

Die erhobenen Daten müssen ein verkleinertes Abbild der Realität ergeben. Nur wenn die Erhebungsdaten repräsentativ sind, ist beispielsweise ihr Mittelwert nach den Regeln der Wahrscheinlichkeitstheorie identisch oder zumindest sehr nahe dem Mittelwert in der Grundgesamtheit (Börstinghaus/Clar, Mietspiegel, Erstellung und Anwendung, 2. Aufl. 2013, Rn. 538; Clar in: Börstinghaus/Clar, Mietspiegelrecht, 2023, § 6 MsV Rn. 19 ff.). Repräsentativ ist eine Stichprobenauswertung dann, wenn alle wesentlichen Teilgruppen der Grundgesamtheit entsprechend ihrem Anteil in der Stichprobe enthalten sind, bzw. bei der Auswertung entsprechend gewichtet werden (vgl. BSG, Urteil vom 5. August 2021 – B 4 AS 82/20 R – juris Rn. 40). Es kommt auf die Verlässlichkeit an, mit der die Stichprobe die Grundgesamtheit abbildet, dabei muss nicht zwingend ein Wert von 10 % der Grundgesamtheit erreicht werden (BSG, Urteil vom 3. September 2020 – B 14 AS 34/19 R – juris Rn. 26).

Der Senat hat keinen Zweifel, dass die verwertbare Datenbasis („Ergebnisstichprobe“) – nach der Gewichtung der Vermietergruppen – den tatsächlichen Wohnungsmarkt der Stadt H. verlässlich abbildet.

Die Stichprobe war mit den für die Auswertung herangezogenen 46.724 Datensätzen mit Mietdaten im Vergleichsraum ausreichend umfangreich. Ursprünglich waren sogar 55.605 Datensätze berücksichtigt worden. Im Rahmen der im Jahr 2023 erfolgten Nachbesserung sind jedoch die Datensätze ausgeschlossen worden, bei denen keine Zuordnung entweder zur Gruppe der großen oder zur Gruppe der kleinen Vermieter möglich war. Die verbliebenen Datensätze bilden nach wie vor eine ausreichende Stichprobe. Nach den vom Statistischen Landesamt Sachsen-Anhalt für das Jahr 2011 ermittelten Daten gab es in H. zum Stichtag 9. Mai 2011 insgesamt 144.307 Wohnungen in Gebäuden mit Wohnraum. Davon wurden 20.041 von Eigentümern bewohnt, 16.718 standen leer und 79 wurden als Ferien- oder Freizeitwohnung vermietet (vgl. Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt, Gebäude und Wohnungen sowie Wohnverhältnisse der Haushalte, Kreisfreie Stadt H., Ergebnisse des Zensus 2011, 2014, S. 6 und 14). Es verbleiben 107.469 zu Wohnzwecken vermietete Wohnungen. Weiter abzuziehen sind 1.433 Wohnungen in Wohnheimen. Die von der Firma A. & K. verwerteten 46.724 Mietwerte entsprechen damit 43,48 % der gesamten zu Wohnzwecken vermieteten Wohnungen in der Stadt H. Auch in der hier relevanten Wohnungsgröße von 60 bis 70 qm lagen noch 9.586 Mietwerte vor (Bericht vom 20. April 2023, S. 12, Tabelle 3).

Damit alle Teilgruppen entsprechend ihrem Anteil an der Grundgesamtheit in der Stichprobe enthalten sind, musste der Beklagte bei der „Ergebnisstichprobe“ eine Gewichtung nach der Art der Vermieter vornehmen. Insoweit hat A. & K. zutreffend zwischen „privaten (Klein-)Vermietern und institutionellen (Groß-)Vermietern“ differenziert (vgl. Bericht vom 20. April 2023, Ziffer 7.3 – Angemessenheitsrichtwerte / Exkurs Gewichtungsverfahren, S. 26). Auch wenn das verwendete Gegensatzpaar „privat“ und „institutionell“ möglicherweise in Randbereichen keine durchweg trennscharfe Abgrenzung erlaubt und auch die Gleichsetzung von „privat“ und „Kleinvermieter“ auf der einen und „institutionell“ und „Großvermieter“ auf der anderen Seite notwendigerweise vergröbert, handelt es sich doch um grundsätzlich taugliche Kategorien (vgl. BSG, Urteil vom 5. August 2021 – B 4 AS 82/20 R – juris Rn. 40). Nach der vorgenommenen Gewichtung wird der Wohnungsmarkt auch insoweit realitätsgerecht abgebildet.

Eine solche Gewichtung war notwendig. Denn die stark unterschiedliche Anzahl der Anfragen und Rückläufe bei der Befragung von privaten Vermietern und institutionellen Vermietern bewirkte, dass die Wohnungen der institutionellen Vermieter überproportional häufig und die der privaten Vermieter unzureichend häufig in der Stichprobe enthalten waren. Dies wird schon daran deutlich, dass überhaupt nur 1.000 Kleinvermieter angeschrieben, aber 46.724 Datensätze erhoben wurden. Geht man darüber hinaus von einer Rücklaufquote von ca. 40 % aus, wie sie beim Konzept 2012 zu verzeichnen war (773 Datensätze von Kleinvermietern bei 1.900 angeschriebenen Kleinvermietern), wird das Missverhältnis noch deutlicher. Die tatsächliche Verteilung in der Stadt H. beträgt nach dem Zensus 2011 – wie im Folgenden noch näher dargelegt wird – ca. 31 % (private Vermieter und Gemeinschaften von Wohnungseigentümern) zu 69 % (institutionelle Vermieter). Bei der Art der Vermieter handelt es sich auch um einen mietpreisbestimmenden Faktor. Die Mieten unterscheiden sich zwischen sog. Klein- und Großvermietern nicht nur völlig unerheblich. Dies zeigen im Bericht vom 20. April 2023 die Tabellen 11 und 12 (S. 25 f.) auf, in denen für die Nettokaltmieten und für die Betriebskosten die Werte für Klein- und Großvermieter aufgetragen sind. Diese unterscheiden sich zum Teil um bis zu 7 %.

Die von dem Beklagten vorgenommene Gewichtung ist nicht zu beanstanden.

Zunächst ist es nachvollziehbar, dass bei den erhobenen Datensätzen noch diejenigen aussortiert werden mussten, bei denen die Eigentumsform (Vermieter) nicht bekannt war. Durch diesen Schritt entfiel zugleich die im ursprünglichen Konzept (Bericht, Oktober 2016, S. 14, 3. Stufe) vorgesehene und von den Klägerinnen monierte Ergänzung der Mietdaten um weitere Datensätze (sog. SGB II-Datensatz).

Der gewählte Gewichtungsfaktor bei dem von dem Beklagten durchgeführten Gewichtungsverfahren ist nachvollziehbar. Die Firma A. & K. hat – getrennt nach Haushaltsgrößen – die für Mietverhältnisse mit privaten Vermietern ermittelten Werte für die Netto-Kaltmiete und die kalten Betriebskosten mit dem Faktor 0,3174 gewichtet, die für institutionelle Vermieter ermittelten Werte mit dem Faktor 0,6826. Dabei ist das Unternehmen in nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass der Anteil der privaten Vermieter an der Grundgesamtheit aller Mietwohnungen in der Stadt H. 31,74 % betrage (vgl. Bericht vom 12. April 2023, Ziffer 7.3 – Angemessenheitsrichtwerte, S. 26 ff.) Dieser Wert erscheint angesichts verschiedener Ergebnisse des Zensus 2011 plausibel. Eine direkte Aufteilung der zu Wohnzwecken vermieteten 107.469 Wohnungen (abzüglich 1.433 in Wohnheimen) auf die Art der Vermieter (bzw. Eigentümer) findet sich dort zwar nicht. Es kann jedoch von den Angaben zur der Gesamtzahl der Wohnungen in Gebäuden mit Wohnraum auf die jeweiligen Anteile geschlossen werden. Von den 144.307 Wohnungen in Gebäuden mit Wohnraum entfielen 20.085 auf Gemeinschaften von Wohnungseigentümern und 39.325 auf Privatpersonen. Sowohl von der Gesamtzahl (144.307) als auch von der Summe der Wohnungen in privater Hand (59.410) ist jeweils die Zahl der von Eigentümern selbst bewohnten Wohnungen (20.041) in Abzug zu bringen. Damit entfallen 39.369 oder 31,68 % von 124.266 Wohnungen auf diese Gruppe. Die restlichen 84.897 oder 68,32 % der Wohnungen entfallen auf institutionelle Vermieter.

Durch die vorgenommene Gewichtung ist der jeweilige Wert mit der gleichen Wahrscheinlichkeit in der Stichprobe wie in der Grundgesamtheit enthalten. Dieses Gewichtungsverfahren stellt eine anerkannte Methode dar, um die Repräsentativität im Sinne einer verzerrungsfreien Stichprobe herzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 5. August 2021 – B 4 AS 82/20 R – juris Rn. 40; zum Mietspiegelrecht vgl. Börstinghaus/Clar, Mietspiegel, Erstellung und Anwendung, a. a. O., Rn. 581). Für ein solches Gewichtungsverfahren lag nach Auskunft des in der mündlichen Verhandlung angehörten Mitarbeiters der Firma A. & K. auch eine ausreichende Anzahl an Rückläufen von Datensätzen der Kleinvermieter vor.

(b) Die Auswertung der nach obiger Darstellung zutreffend gewonnenen repräsentativen Daten ist im Ausgangspunkt unter Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze und unter nachvollziehbarer Begründung der gezogenen Schlüsse erfolgt.

(aa) Von den Daten der 46.724 Mietverhältnisse sind die Daten von 2.522 Mietverhältnissen im Rahmen einer Extremwertkappung nicht berücksichtigt worden, so dass für die weitere Auswertung noch die Mietwerte von 44.202 (bzw. 9.067 für die hier relevante Wohnungsgröße von 60 bis 70 qm, vgl. Bericht vom 20. April 2023, S. 15, Tabelle 5) verblieben. Ausgeschieden worden sind dabei Mietwerte, die sich als „Ausreißer“ deutlich von den anderen Werten des jeweiligen Tabellenfeldes unterschieden. Dies wurde bei Werten angenommen, die außerhalb der mit dem Faktor 1,96 multiplizierten Standardabweichung vom Mittelwert lagen; in dem dann noch erfassten Intervall befanden sich 95% aller Fälle (Bericht vom 20. April 2023, Ziffer 6.2.1, S. 14; vgl. auch bereits Endbericht vom Oktober 2016, S. 15 f.). Der Senat hält dieses Vorgehen für plausibel und zulässig (vgl. zum Konzept 2012: Urteil vom 30. Mai 2018 – L 2 AS 542/15 – juris Rn. 91). Die Extremwertkappung ist eine anerkannte statistische Methode. Sie stellt hinreichend sicher, dass Wohnungen nicht berücksichtigt werden, die nicht dem allgemeinen Wohnungsmarkt im Vergleichsraum entsprechen. Für jedes Tabellenfeld ist gesondert die Extremwertkappung nach den oben aufgezeigten Kriterien erfolgt (Bericht vom 20. April 2023, S. 14).

(bb) Auf der Grundlage der erhobenen Daten wurde auch in nicht zu beanstandender Weise das untere Marktsegment bestimmt, welches für die Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten der Leistungsberechtigten relevant ist.

Weil sich die vorgenommene Erhebung nicht ausschließlich auf das Marksegment von Wohnungen mit einfachem Standard bezog, war zu ermitteln, welcher Anteil des nach dem geforderten Mietpreis aufsteigend sortierten Wohnungsangebots erforderlich ist, um den Bedarf der Leistungsberechtigten und der mit ihnen konkurrierenden Gruppen von Nachfragern zu decken. Es ist methodisch nicht zu beanstanden, dass neben den Haushalten mit Bezug von Mindestsicherung (Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II sowie Leistungsempfänger nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe [SGB XII] und dem Asylbewerberleistungsgesetz [AsylbLG]) noch Haushalte mit Wohngeldbezug sowie weitere Gruppen, insbesondere Geringverdiener ohne Leistungsbezug berücksichtigt worden sind.

Der Senat hat keine Zweifel, dass mit einem Anteil von 30 % an der Gesamtzahl der 3-Personen-Haushalte in der Stadt H. das relevante untere Wohnungsmarktsegment (Bezieher von Leistungen nach dem SGB II und konkurrierende Nachfragergruppen) ausreichend unter Beachtung mathematisch-statistischer Grundsätze abgebildet worden ist.

Nicht zu beanstanden ist, dass der Beklagte bzw. die für den kommunalen Träger tätige Firma A. & K. im Konzept 2016 anders als im Konzept 2012 für die Empfänger von Leistungen nach dem SGB XII für 3-Personen-Haushalte keine Nachfrager angesetzt hat. Es ist nachvollziehbar, dass in Auswertung der Auskunft des Fachbereiches Soziales der Stadt H., wonach die SGB XII-Bezieher sich auf die 1-Personen-Haushalte (85 %) und die 2-Personen-Haushalte (15 %) verteilen (Schriftsatz des Beklagten vom 6. November 2023), keine Haushalte mit solchen Leistungsempfängern für 3-Personen-Haushalte ausgewiesen wurden. Unter Berücksichtigung dieser neuen Information durfte von der bisherigen pauschalen Verteilung der Gruppe der Leistungsempfänger nach dem SGB XII auf Haushaltsgrößen entsprechend der Verteilung bei SGB II-Haushalten abgewichen werden.

Im Ergebnis ist für die Ermittlung des Angemessenheitswerts für einen 3-Personen-Haushalt auch nicht zu beanstanden, dass zur Quantifizierung der sonstigen mit den SGB II-Empfängern konkurrierenden Nachfragergruppen der Wert für Geringverdiener ohne Leistungsbezug aus der Sonderauswertung der Statistik der Bundesagentur für Arbeit vom 7. Juli 2016 zum Stichtag 31. Dezember 2013 herangezogen wurde (Bericht vom 20. April 2023, S. 20 Tabelle 9 für den 3-Personen-Haushalt: 830 Haushalte). Die Anzahl der von diesem Wert nicht erfassten Haushalte mit niedrigem Einkommen (z. B. Empfänger von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz [BAföG] und Bezieher von Berufsausbildungsbeihilfe [BAB]) dürfte jedenfalls bei den 3-Personen-Haushalten gering sein. Mit Blick auf die Schlüssigkeit des Konzepts ist es unschädlich, dass diese Gruppe (Bezieher von BAföG und BAB-Leistungen) im Bericht von Oktober 2016 (Ziff. 7.1, S. 19) im Fließtext noch beispielhaft als konkurrierende Nachfragergruppe benannt wurde, obwohl für sie kein eigener Zahlenwert in die Berechnung eingeflossen ist. Im Bericht vom 20. April 2023 wird sie nicht mehr genannt. Dies ist jedenfalls bei der Ermittlung des Angemessenheitswerts für 3-Personen-Haushalte im Ergebnis unbeachtlich. Insoweit hat die Firma A. & K. überzeugend drauf hingewiesen, dass sich insbesondere studentische Wohngemeinschaften hinsichtlich ihrer Mietkaufkraft nicht ohne Weiteres mit gleich großen Haushalten von SGB II-Leistungsbeziehern vergleichen lassen (Stellungnahme vom 13. April 2018; vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Juli 2021 – L 3 AS 1027/19 – juris Rn. 64). Bestätigt wird dieses Ergebnis durch einen Vergleich mit der Methodik des vorangegangenen Konzepts 2012. Dort hatte die Firma A. & K. statt der „Geringverdiener ohne Leistungsbezug“ die umfassendere Kategorie der „sonstigen Nachfragergruppen“ berücksichtigt und diese zulässiger Weise mit 10 % der Haushalte der jeweiligen Haushaltsgröße quantifiziert (ausführlich dargestellt in: Urteil des Senates vom 9. November 2023 – L 2 AS 328/18 – A. II. 2. c) bb) (2) (b) (bb) zum Konzept 2012). Würde man diesen – vom Senat für das Konzept 2012 gebilligten – Ansatz auf das Konzept 2016 übertragen, wären in dieser Gruppe 1.415 Haushalte zu berücksichtigen. Auch diese höhere Zahl würde im Ergebnis zu keinem anderen Angemessenheitswert führen. Der Anteil aller Nachfrager im unteren Marktsegment läge dann bei 26,11 % (statt 22,47 %), so dass der vom Beklagten letztlich angesetzte Wert von 30 % (30. Perzentile) das untere Marktsegment auch bei dieser Kontrollüberlegung ausreichend abbilden würde.

Auch die Gesamtzahl der Haushalte, zu denen die Anzahl die „Nachfragergruppen im unteren Marktsegment“ ins Verhältnis gesetzt wurde, ist nicht zu beanstanden. Insbesondere begegnet es mit Blick auf die Methodenfreiheit des kommunalen Trägers keinen durchgreifenden Bedenken, dass die Firma Analyse & Konzepte hier den Wert aus dem Zensus 2011 zugrunde gelegt hat (Zensus 2011, Gebäude und Wohnungen sowie Wohnverhältnisse der Haushalte, Kreisfreie Stadt H. am 9. Mai 2011, S. 20, Pkt. 4.2). Zwar sind die Daten des Zensus mehrere Jahre vor dem Konzept-Zeitraum erhoben worden, allerdings handelt es sich im Vergleich zu den jährlichen Stichproben (Mikrozensus) um eine Vollerhebung. Ihre Ergebnisse sind erst im Jahr 2014 veröffentlicht worden. Für das im Jahr 2016 erstellte Konzept ist es noch nicht zu beanstanden, diese Zahlen ohne Hochrechnung anzusetzen. Ebenfalls keinen durchgreifenden Bedenken begegnet es, dass die Zahlen der einzelnen konkurrierenden Nachfragergruppen zu unterschiedlichen und im Vergleich zum Zensus späteren Stichtagen erhoben worden sind. Insoweit ist es mit Blick auf die Methodenfreiheit nicht zu beanstanden, wenn auf möglichst aktuelle Zahlen zurückgegriffen wird, weil sie als aussagekräftiger angesehen werden.

Der Einwand der Klägerinnen, dass der vermehrte Flüchtlingszuzug ab 2015 zu einer zusätzlichen Nachfrage nach günstigem Wohnraum geführt habe und diese Gruppe deshalb ebenfalls hätte berücksichtigt werden müssen, greift nicht. Im Konzept 2016, Bericht Oktober 2016, wird das Problem in der Anlage 3 (ab S. 44) umfassend behandelt. Die dort genannten Gründe, weshalb diese Entwicklung ausreichend im Konzept abgebildet sei bzw. sich bei der Erstellung des Konzeptes 2016 noch nicht entsprechend ausgewirkt habe, ist nicht zu beanstanden. Nachvollziehbar ist, dass durch die zentrale Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften oder Erstaufnahmeeinrichtungen diese Gruppe auf dem Wohnungsmarkt anfänglich nicht erschienen sei. Auch die Bewertung, dass die Gruppe, wenn sie auf dem regulären Wohnungsmarkt auftritt, durch die im Konzept berücksichtigte konkurrierende Nachfragergruppe der Bezieher von Leistungen nach dem AsylbLG miterfasst wird, erscheint plausibel. Die berücksichtigte Zahl der Haushalte mit Bezug von Leistungen nach dem AsylbLG war auch aktuell, denn es handelte sich um Daten von August 2016.

Ausgehend von den genannten statistischen Erhebungen hat die Firma A. & K. in nicht zu beanstandender Weise für die hier relevante Gruppe der 3-Personen-Haushalte in H. eine Gesamtzahl von 14.150 Haushalten und eine Summe von Nachfragern im unteren Marktsegment im Ergebnis von 30 % zugrunde gelegt (Endbericht vom Oktober 2016, Tabelle 7, S. 20; Bericht vom 20. April 2023, Tabelle 9, S. 20).

(cc) Die von der Firma A. & K. im Auftrag des kommunalen Trägers vorgenommen Bestimmung des Angemessenheitsgrenze stellt sich als Ergebnis einer nachvollziehbaren Schlussfolgerung auf der Grundlage eines anerkannten statistischen Verfahrens dar.

Nachvollziehbar ist der gewählte Ausgangspunkt, einen Mietwert zu bestimmen, bei dem davon ausgegangen werden kann, dass bei Zahlung einer solchen Miete (Netto-Kaltmiete) der gesamte Bedarf der Nachfrager nach preiswertem Wohnraum bezogen auf die jeweilige Haushaltsgröße gedeckt ist bzw. werden kann. Bei der von der Firma A. & K. im Auftrag des kommunalen Trägers im Rahmen der Methodenfreiheit gewählten Herangehensweise wird auf der Basis der vorhandenen Daten bestimmt, wie hoch der Anteil derjenigen Wohnungsangebote an der Gesamtzahl der Wohnungen ist, die zu einem bestimmten Mietwert vermietet sind. Bei einer Auflistung der ermittelten Unterkunftskosten mit aufsteigend aufgelisteten Mieten wird der Anteil auf der Auflistungsachse so lange angehoben, bis der Anteil der dann berücksichtigten Wohnungen dem Anteil der Nachfrager des relevanten Segments (Bezieher von SGB II-Leistungen und mit ihnen um günstigen Wohnraum konkurrierender Gruppen) nach Wohnungen entspricht, so dass von einer Bedarfsdeckung ausgegangen werden kann. Die Firma A. & K. hat dies so durchgeführt, dass bis zur Feststellung der Deckung des Bedarfs der Anteil an den für die Auswertung insgesamt herangezogenen Mieten in 5%-Schritten angehoben wurde. Bei dem zugrunde gelegten Anteil der relevanten Nachfrager im grundsicherungsrelevanten Bereich von 22 % der 3-Personen-Haushalte wurde dies bei einer Berücksichtigung von 30 % der Bestandsmieten erreicht. Dies wird in der von der Firma A. & K. verwendeten Terminologie mit dem 30. Perzentil bezeichnet. Dieses beschreibt den Punkt, bis zu dem 30 % der aufsteigenden Mietwerte liegen, also die unteren 30 % der gesamten erfassten Mieten. Bei der bereinigten Erfassung von Wohnungsgrößen ab 60 bis 70 qm ergibt sich für dieses Perzentil eine Nettokaltmiete von 4,72 € pro qm (dies entspricht bei 70 qm einem Wert von 330,40 €). Der so gefundene Wert berücksichtigt bereits die Neuvertragsmieten. Durch den darin enthaltenen Anteil solcher Mieten, sind auch aktuelle Werte eingeflossen. Dies spricht für eine hinreichende Aktualität der erhobenen Daten.

(c) Das Konzept gewährleistet auch, dass tatsächlich für den so gefundenen Mietpreis Wohnraum verfügbar ist. Die Summe aus Kaltmiete und Betriebskosten kann nur dann einen zutreffend gebildeten abstrakten Angemessenheitswert darstellen, wenn in Betracht kommender Wohnraum zu diesem Preis auch tatsächlich in nennenswerter Zahl auf dem Markt allgemein zugänglich angeboten wird und damit generell verfügbar ist. Es muss auch erkennbar sein, ob und inwieweit die einbezogenen Daten auch für die Höhe des Mietpreises bei Neuvermietungen repräsentativ sein konnten; daher müssen bei der Festlegung der Angemessenheitsobergrenze auch Angebotsmieten einbezogen werden (vgl. BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 – B 4 AS 44/14 R – juris Rn. 22).

(aa) Die Datenerhebung der Angebotsmieten ist nicht zu beanstanden. Dies hat der Senat zu dem vorausgegangenen Konzept 2012 bereits in seinen Entscheidungen vom 30. Mai 2018 näher ausgeführt (vgl. etwa L 2 AS 542/15, juris Rn. 63). Die Datenerhebung verlief auch für das Konzept 2016 vergleichbar. Die Erhebung ist in der Zeit von Februar bis Juli 2016 erfolgt. Im sechsmonatigen Erhebungszeitraum konnten dabei 2.593 Wohnungsangebote ermittelt werden, die für die weitere Auswertung relevant sind. Die Erhebungsdauer von sechs Monaten richtete sich dabei nach dem Zeitraum, der Bedarfsgemeinschaften zur Kostensenkung zur Verfügung steht, wenn sie zur Reduzierung ihrer Wohnkosten aufgefordert worden sind (ergänzende Stellungnahme der Firma A. & K. vom 2. Februar 2018, Antwort 10, S. 6 zum Konzept 2012). Insoweit gab es keine Änderungen zum Konzept 2016. Die von den Klägerinnen beanstandete unterschiedliche Dauer der Erhebung bei Bestandsmieten und Angebotsmieten ist somit durch sachliche Gründe gerechtfertigt.

Die Erhebung der Angebotsmieten ist auch valide und die ermittelten Daten sind repräsentativ für den Wohnungsmarkt der Stadt H. Zur Erhebung der Angebotsmieten erfolgte eine Recherche im Zeitraum 1. Februar bis 31. Juli 2016. Hierbei wurden unter anderem die folgenden Quellen ausgewertet: die Internetportale Immoscout 24, Immonet und Immo Welt, die örtliche Tagespresse, Anzeigenblätter und Internetseiten der großen Wohnungsanbieter im Stadtgebiet. Bei den erhobenen Angebotsmieten musste vorab eine Bereinigung der erhobenen Daten erfolgen, um sicherzustellen, dass das gemessen wird, was gemessen werden soll. Hierbei wurde die Zuordnung der Mieten zum Vergleichsraum geprüft und es erfolgte eine Bereinigung der Daten um Mehrfachinserate (Dubletten). In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Mitarbeiter der Firma A. & K. für den Beklagten nachvollziehbar dargestellt, dass umfassende Vorkehrungen getroffen wurden, um eine Doppelverwertung einzelner Angebote zu vermeiden. So seien doppelte Werte in zwei Schritten zunächst automatisch und dann noch einmal von Hand herausgefiltert worden. Durch den händischen Vergleich der Angaben zu den Mietkosten, der Wohnfläche, der Lage und manchmal sogar der Adresse und der Etage der ähnlichen Angebote ist hinreichend gewährleistet, dass nur ganz ausnahmsweise eine Doppelberücksichtigung von Angebotsmieten vorgekommen ist.

Diese Erhebungsmethode erfasst zwar nicht alle neu angebotenen Wohnungen im Erhebungszeitraum, führt jedoch zu einer ausreichend repräsentativen Stichprobe. So werden nicht alle Wohnungen über die oben genannten Medien vermarktet. Zum Teil erfolgt eine Vergabe auch unter der Hand oder aufgrund von Wartelisten bei großen Vermietern. Insgesamt wäre bei einer durchschnittlichen Fluktuation von ca. 9 % pro Jahr (die Umzugsquote im Jahr 2016 für Sachsen-Anhalt betrug 8,6 %, wie auch der Durchschnitt der Umzugsquoten in großen Städten, vgl. Techem, Pressemeldung vom 26. Mai 2017 unter www.techem.com) in der Stadt H. mit 9.692 neu abgeschlossenen Mietverhältnissen im Jahr zu rechnen. Hochgerechnet auf ein Jahr erfasst die Stichprobe 5.012 von 9.692 neuen Mietverhältnissen, also knapp 52 %. Da besonders teure Wohnungen tendenziell eher über die bei der Datenerhebung erfassten Wege vermarktet werden und günstige Wohnungen eher „unter der Hand“ weitergegeben werden, ist nicht mit einer Verzerrung der Stichprobe zu Lasten der Hilfebedürftigen zu rechnen. Auch bei den Angebotsmieten wurden nicht nur die Mieten in wenigen Stadtteilen berücksichtigt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Mietangebote nicht immer die Namen der amtlichen Stadtteile ausweisen, sondern mitunter eine Bezeichnung, die möglichst attraktiv für den Interessenten klingen soll. Es ist jedoch zu erkennen, dass sich die Erhebung auf sehr viele verschiedene Stadtbereiche erstreckte.

(bb) Die Berücksichtigung der Angebotsmieten im Rahmen des schlüssigen Konzeptes erfolgte zulässiger Weise im Rahmen des sog. iterativen (Annäherungs-)Verfahrens. Der vorläufig bestimmte Angemessenheitswert ist auf der Basis der erhobenen Angebotsmieten darauf überprüft worden, ob ein ausreichender Anteil der angebotenen Wohnungen zu dem ermittelten vorläufigen Angemessenheitswert angemietet werden könnte. Diese Vorgehensweise ist von der Methodenfreiheit des Grundsicherungsträgers gedeckt und daher nicht zu beanstanden (vgl. BSG, Urteil vom 5. August 2021 – B 4 AS 82/20 R – juris Rn. 37). Sie dient nur dazu, zu prüfen, ob der gefundene Angemessenheitswert ggf. noch angehoben werden muss, weil aktuell nicht ausreichend viele Wohnungen tatsächlich zu diesem Preis angemietet werden können. Soweit das iterative Verfahren in der ursprünglichen Fassung des Konzeptes auch dazu genutzt worden war, den auf Grundlage der Bestandsmieten ermittelten Perzentilwert und damit die Angemessenheitsgrenze abzusenken, hat der Senat dies bereits in seinen Urteilen vom 30. Mai 2018 für das Konzept 2012 beanstandet (vgl. etwa L 2 AS 543/15 – juris Rn. 99 ff.) und der kommunale Träger hat davon im Rahmen seiner Nachbesserungen auch für das Konzept 2016 Abstand genommen (Bericht vom 13. Januar 2020: Neuberechnung von Angemessenheitswerten der Konzepte zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft 2012 und 2016 sowie deren Fortschreibungen für die Stadt H. nach Entscheidung des LSG-Sachsen-Anhalt vom 30.05.2018).

Der von der Firma A. & K. vorgenommene Abgleich des ermittelten Angemessenheitsgrenzwerts mit den Angebotsmieten stellt ausreichend sicher, dass zu dem Angemessenheitswert auch ausreichend Wohnungen anmietbar waren. Bezüglich der Angebotsmieten sind die auf die Netto-Kaltmiete je Quadratmeter umgerechneten Angebotsmieten gleichermaßen wie die Bestandsmieten in Tabellen erfasst und Extremwerte sind nach dem bereits geschilderten Verfahren ausgeschieden worden (Bericht vom 20. April 2023, S. 17, Tabelle 8). Danach wurden für einen 3-Personen-Haushalt vor der Extremwertkappung 538 Angebotsmietwerte erhoben. Hiervon lagen 147 Werte oder 27,32 % innerhalb der Angemessenheitsgrenze für die Nettokaltmiete (330,40 € = 4,72 €/qm x 70 qm). Unter Berücksichtigung der Extremwertkappung sind dies nach der Berechnung des Beklagten sogar 31 %. Dieser Prozentsatz an anmietbaren Angebotsmieten zeigt auf, dass für den gefundenen Angemessenheitswert auch ausreichend Wohnungen anmietbar sind. Da auch die erhobenen Angebotsmieten nur eine Stichprobe der tatsächlich zur Verfügung stehenden Wohnungen darstellen, kann auch nicht mit Erfolg eingewandt werden, dass die absolute Zahl von 147 Wohnungen (innerhalb von sechs Monaten) angesichts der tatsächlichen Anzahl von Nachfragern im unteren Marktsegment zu gering sei.

(d) Der Einwand der Klägerinnen, dass angemessene Wohnungen innerhalb der ermittelten Angemessenheitsgrenze tatsächlich nur in wenigen Stadtteilen zu finden seien, also die Gefahr der „Ghettoisierung“ bestehe, greift nicht. So soll ein Konzept nicht durch die Berücksichtigung nur ausgewählter Stadtteile bei der Datenerhebung zur Entstehung oder Verfestigung von sozialen Brennpunkten beitragen; es soll eine soziale Segregation vermieden werden (vgl. BSG, Urteil vom 17. September 2020 – B 4 AS 23/20 – juris Rn. 37). Auch die Satzungsermächtigung des § 22a SGB II fordert, dass die Auswirkungen hinsichtlich der Schaffung und Erhaltung sozial ausgeglichener Bewohnerstrukturen berücksichtigt werden (§ 22 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 SGB II), um einer Bildung sozialer Brennpunkte entgegenzuwirken (vgl. BT-Drs. 17/4095, 29). Unter Segregation versteht man die Trennung der Wohngebiete von sozialen (Teil-)Gruppen in einer Stadt (Gabler Wirtschaftslexikon, www.wirtschaftslexikon.gabler.de).

Die Erhebung der Mietwerte erstreckte sich – wie dargestellt – auf alle Stadtteile des Vergleichsraumes. Dabei ist es für die Schlüssigkeit des Konzeptes unerheblich, ob im Ergebnis Wohnungsangebote aus allen Stadtteilen in die Berechnung eingeflossen sind. Der Umstand, dass möglicherweise nicht in allen Stadtteilen Wohnungen des einfachen Standards vorhanden sind bzw. zum Zeitpunkt der Erhebungen angeboten werden, stellt die Schlüssigkeit des ermittelten Angemessenheitswertes nicht in Frage (vgl. BSG, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 77/12 R – juris Rn. 29, wonach bei einem festgestellten Vorhandensein von Wohnungen zu den Referenzwerten in 18 von 26 Stadtbezirken der Stadt M. eine Ghettoisierung nicht zu befürchten sei). Es sollen jedoch keine Bedingungen bestehen, die einen Wegzug unmöglich machen, wenn Wohnungen außerhalb des bereits bewohnten Gebietes nicht anmietbar sind – etwa weil ein bestimmtes Wohnsegment auf ein einziges oder wenige Viertel konzentriert ist. Eine solche Konzentration der mit der Referenzmiete anmietbaren Wohnungen auf wenige Stadtviertel liegt nicht vor. Es trifft zwar zu, dass die Stadt H. auch durch ihren Bestand an durch Plattenbauten geprägten Großwohnsiedlungen einen hohen Grad an Segregation bzw. einen hohen Segregationsindex aufweist (vgl. Helbig/Jähnen, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, Wie brüchig ist die soziale Architektur unserer Städte? Trends und Analysen der Segregation in 74 deutschen Städten, Mai 2018, Abbildung 16, S. 97, künftig: Segregationsstudie). Dies zeigt auch der Anteil von Personen in Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II, der sich nach Stadtvierteln deutlich unterscheidet (vgl. Wohnungsmarktbericht der Stadt H. 2013, Seite 43, Karte 6.2.). Es ist jedoch nicht zu erkennen, dass die anhand des Konzeptes ermittelte Referenzmiete diese Struktur erheblich verstärkt und damit zu einer „Ghettoisierung“ führt. Die Angebotsmietwerte, welche innerhalb der Referenzmiete des schlüssigen Konzeptes liegen, verteilen sich im Wesentlichen auf die gleichen Stadtteile wie die Werte oberhalb dieser Grenze.

So wurden Angebote für Wohnungen in Ortslagen mit den folgenden „Stadtteilbezeichnungen“ sowohl für die Mietwerte innerhalb der Angemessenheitsgrenze wie auch oberhalb der Angemessenheitsgrenze erfasst: H., S., N., F., Innenstadt, Ni., B., Sa., A., R., Bü., G., P., Al., D. und Da. Es gibt nur wenige Stadtteile, in denen sich lediglich Mietangebote mit höheren Kosten finden (T., K., B., G., L.). Auch die am häufigsten vertretenen „Stadtteilsbezeichnungen“ bei den 147 innerhalb der Angemessenheitsgrenze liegenden Angebotsmieten verteilen sich auf verschiedene Bereiche des Stadtgebietes (N. 26, H. 23, Innenstadt 18, S. 17, F. 17, Sa. 9, B. 8, A. 7, P. 4, N. 3; selbst in dem gründerzeitlich geprägten G. finden sich 5 Angebote). Die anmietbaren Wohnungen betreffen damit nicht allein die klassischen Großwohnsiedlungen (H. N., N., S. und Sü.).

Auch lassen sich weder den Datensätzen zu den Bestandsmieten noch denen zu den Angebotsmieten Hinweise darauf entnehmen, dass in unverhältnismäßig hoher Zahl Wohnungen berücksichtigt wurden, die charakteristische Merkmale von Wohnblocks aufweisen (vgl. zum Konzept 2012: Urteil des Senats vom 30. Mai 2018 – L 2 AS 543/15 – juris Rn. 82).

cc) Für den Monat Dezember 2016 beruhte die vom Beklagten im Ergebnis zugrunde gelegte abstrakt angemessene Nettokaltmiete in Höhe von 420,70 € zwar nicht auf einem schlüssigen Konzept, aber der Wert ist gleichwohl angemessen, weil ausnahmsweise der Senat selbst ihn bestimmen kann.

(1) Der Monat Dezember 2016 wird von dem Konzept 2012 in der Gestalt der Fortschreibung 2014 nicht mehr in zulässiger Weise erfasst. Mit der Indexfortschreibung zum 1. Juli 2014 hat der Beklagte den Anforderungen an eine regelmäßige Aktualisierung der Daten Rechnung getragen. Eine Fortschreibung eines schlüssigen Konzeptes muss regelmäßig erfolgen, um die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes möglichst zeit- und realitätsgerecht zu erfassen. Innerhalb eines Zweijahreszeitraums nach Datenerhebung mit anschließender Datenauswertung und zeitnahem „Inkraftsetzen“ eines Konzeptes kann das erhobene Datenmaterial ohne weitere Fortschreibung zugrunde gelegt werden (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2017 – B 4 AS 33/16 R – juris Rn. 18). Der Senat hat bereits entschieden, dass eine Fortschreibung bereits zum 1. Juli 2014 nötig war, um eine hinreichende Aktualität der Daten zu gewährleisten, da zwischen den letzten einbezogenen Daten, den Angebotsmieten aus der Zeit bis Juni 2012, und dem „Inkraftsetzen“ des schlüssigen Konzeptes zu lange Zeit vergangen war (nähere Einzelheiten im Urteil des Senats vom 30. Mai 2018 – L 2 AS 543/15 – juris Rn. 104 ff.). Es sind die gesetzlichen Regelungen der §§ 22a bis 22c SGB II zu beachten, weil der Gesetzgeber damit die Auslegung des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II gesetzlich nachvollzogen hat (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2017 – B 4 AS 33/16 R – juris Rn. 17 unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 6. Oktober 2017 – 1 BvL 2/15, 1 BvL 5/15 – juris Rn. 17). Unter Berücksichtigung von § 22c Abs. 2 SGB II i.V.m. mit dem entsprechend heranzuziehenden § 558d Abs. 2 Satz 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für die Erstellung von Mietspiegeln waren nach vier Jahren, also am 1. Juli 2016, zwingend neue Daten zugrunde zu legen.

Auch das Konzept 2016 erfasst den Monat Dezember 2016 (noch) nicht. Dieses Konzept ist vom Beklagten erst zum 1. Januar 2017 in Kraft gesetzt worden (vgl. die erst am 15 Dezember 2016 erlassene Richtlinie 2017 des Beklagten, nachdem der Stadtrat am 14. Dezember 2016 die entsprechende Vorlage zur Kenntnis genommen hatte, Beschluss vom 14. Dezember 2016, VI 2016/02448).

Es kann dahinstehen, ob in der hier vorliegenden besonderen Situation eine rückwirkende Erstreckung des Konzeptes 2016 auf den Zeitraum von Juli bis Dezember 2016 durch den Beklagten bzw. den kommunalen Träger zulässig wäre. Der Beklagte hat eine solche Erstreckung im Berufungsverfahren ausdrücklich abgelehnt und mitgeteilt, es würden nur im Einzelfall die Werte der Richtlinie, die am 1. Januar 2017 in Kraft getreten ist, auch für den Zeitraum Juli bis Dezember 2016 angewandt. Dies stellt keine allgemeine Erstreckung des zeitlichen Geltungsbereiches dar.

(2) Der Senat kann vorliegend eigene abstrakte Angemessenheitswerte festlegen. Auch wenn eine Nachbesserung von dem Beklagten nicht möglich oder gewollt ist, darf das Gericht zur Herstellung der Spruchreife bei der Bestimmung abstrakt angemessener Aufwendungen für Unterkunft auf schon vorhandene Datengrundlagen zurückgreifen (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2020 – B 14 AS 37/19 R – juris Rn. 23 ff.). D.h. der Betrag für die abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft kann trotz der begrenzten Amtsermittlung durch die Gerichte in bestimmten Fällen festgelegt werden. So ist das Gericht berechtigt, eigene abstrakte Angemessenheitswerte festzulegen, wenn Datengrundlagen vorliegen, die eine vergleichsraumbezogene, zeit- und realitätsgerechte Bestimmung abstrakter Angemessenheitswerte gewährleisten können, wobei sich das Gericht davon zu überzeugen hat, dass für den von ihm festgelegten abstrakten Angemessenheitswert Wohnraum in hinreichender Anzahl tatsächlich verfügbar ist (vgl. BSG, a. a. O., Rn. 26). Dies widerspricht nicht dem Grundsatz, dass das Gericht ein Konzept nicht durch sachverständige Hilfe schlüssig machen darf und auch keinen Vergleichsraum selbst bestimmen darf (vgl. BSG, Urteil vom 5. August 2021 – B 4 AS 82/20 R – juris Rn. 34). Grund für diese Einschränkung ist, dass die Methodenauswahl der Behörde vorbehalten ist, d. h. die Gerichte lediglich eine nachvollziehende Kontrolle ausüben können. Vorliegend ist gleichwohl der Ausnahmefall der Selbstbestimmung der Angemessenheitsgrenze durch das Gericht eröffnet, denn hier werden keine neuen Daten durch das Gericht erhoben oder eigene Wertungen (Entscheidungen über die zu wählende Methode) vorgenommen. Solche Grundlagen liegen hier in Form der für das schlüssigen Konzept 2016 erhobenen und ausgewerteten Daten vor. Die betreffenden Daten beziehen sich auch auf den relevanten Monat und sind hinreichend aktuell, die Datenerhebung erfolgte von Juli bis August 2016 in der Stadt Halle und betraf Mietdaten zum Stichtag 1. Juli 2016. Auch die kalten Betriebskosten wurden bei dieser Erhebung abgefragt. Durch die Einbeziehung der Neuvertrags- und insbesondere den Abgleich mit den Angebotsmieten ist gewährleistet, dass Wohnraum zu dem auf dieser Grundlage bestimmten Betrag in hinreichender Anzahl tatsächlich verfügbar ist. Hierfür bestand auch eine ausreichende Aktualität der Daten zu den Angebotsmieten, denn diese wurden im Zeitraum vom 1. Februar bis zum 31. Juli 2016 recherchiert. Dafür, dass diese Angaben und der daraus ermittelte Angemessenheitswert den Wohnungsmarkt der Stadt H. realitätsgerecht wiedergibt, wird auf die Prüfung der Schlüssigkeit des Konzeptes 2016 unter c) bb) verwiesen.

Es handelt sich auch nicht um einen Fall einer unzulässigen Rückschreibung eines Konzeptes. Der Angemessenheitsgrenzwert wird nicht durch den Beklagten, sondern durch das Gericht bestimmt. Die Klägerinnen sind auch nicht so zu stellen, als hätte im Dezember 2016 kein Konzept vorgelegen. Vielmehr wurden die angemessenen Aufwendungen für KdU nach der Konzeption des Beklagten und für die Klägerinnen ersichtlich durchgehend durch Konzepte bestimmt. So sollten die Konzepte 2012 und 2016 nahtlos aneinander anschließen. Aus diesem Grund liegt kein Fall vor, bei dem ein Konzept im Wege der Rückschreibung für eine Zeit vor der Aufstellung des Konzeptes Geltung erhalten soll (zur Unzulässigkeit einer solchen Rückschreibung für die Zeit vor der Aufstellung des Konzeptes: BSG, Urteil vom 30. Januar 2019 – B 14 AS 11/18 R – juris Rn. 32 ff.). Der Dialog über die angemessenen Aufwendungen der Unterkunft zwischen dem Beklagten und den Klägerinnen auf der Basis von Werten eines Konzeptes war möglich und hat stattgefunden.

dd) Der Beklagte hat auch die abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten rechtmäßig ermittelt.

(1) Die Grenzwerte für Januar bis Mai 2017 beruhen auf einem schlüssigen Konzept. Dabei ist nicht zu beanstanden, für die Ermittlung dieser Kosten auf Durchschnittswerte bzw. den Median von – möglichst lokalen oder regionalen – Erhebungen zu den tatsächlichen Betriebskosten abzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 17. September 2020 – B 4 AS 22/20 R – juris Rn. 41). Hierbei muss jedoch gewahrt bleiben, dass sich die Datenerhebung auf den gesamten Wohnungsmarkt des Vergleichsraums und nicht nur auf Wohnungen einfachen Standards oder auf Wohnungen von Beziehern von Grundversicherungsleistungen bezieht. Im Konzept wurden die kalten Betriebskosten im Rahmen der Stichprobe vom gesamten Wohnungsmarkt erhoben. So konnten insgesamt 43.670 Werte angesetzt werden, für den hier relevanten 3-Personen-Haushalt waren es 8.946 Werte. Die Fallzahl unterscheidet sich von den erhobenen Bestandsmieten, da nicht zu jedem Datensatz neben den Netto-Kaltmieten auch die Betriebskosten angegeben wurden. Darüber hinaus mussten Datensätze aussortiert werden, die keine Angaben zu Wasser und Abwasser enthielten (vgl. Bericht vom 20. April 2023, Ziff. 6.2.3, S. 16). Aufgrund der ermittelten Daten zu den Bestandsmieten hat die Firma A. & K. den Mittelwert (Median) aller Betriebskostenwerte differenziert nach Wohnungsgröße in Ansatz gebracht (Bericht vom 20. April 2023 Ziff. 6.2.3, Tabelle 7). Dies entspricht den Vorgaben der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 19. Oktober 2010 –B 14 AS 50/10 R – juris Rn. 34). Die Aussagekraft der so ermittelten Werte wird, wie der Senat bereits für das Konzept 2012 entschieden hat, nicht entscheidend dadurch in Frage gestellt, dass keine Daten dazu erhoben worden sind, wie viele Personen in den jeweiligen Wohnungen lebten (vgl. Urteil vom 30. Mai 2018 – L 2 AS 543/15 – juris Rn. 94). Im Wesentlichen werden die Betriebskosten nach Quadratmetern auf die Mieter umgelegt, nur für vereinzelte Verbrauchswerte kommt eine Relevanz der Anzahl der Bewohner in Betracht. Vom Grundsatz her ist der zum Konzept 2012 geäußerten Einschätzung der Firma A. & K. zuzustimmen, dass aufgrund der der Ermittlung zugrundeliegenden großen Datenmenge die ermittelten durchschnittlichen kalten Betriebskosten statistisch ausreichend belastbar sind (ergänzende Stellungnahme vom 2. Februar 2018, Antwort 17, S. 8). Dies gilt ebenso für das Konzept 2016, für welches vergleichbar hohe Datenmengen erhoben wurden. Angesichts des hohen Aufwands einer Ermittlung der den Vermietern teils, etwa bei zeitlich begrenzten Beziehungen, gar nicht bekannten Anzahl der aktuellen Bewohner einer Wohnung erscheint deshalb die vorgenommene Erhebung als ausreichend. Unschädlich ist auch, dass die Ermittlung des Wertes für die kalten Betriebskosten nur im Zusammenhang mit der Befragung zu den Bestandsmieten erfolgt ist und nicht auch gesondert für die Angebotsmieten. Die Firma A. & K. hat dazu in Bezug auf das Konzept 2012 überzeugend ausgeführt, dass eine qualitativ hinreichende Erhebung der kalten Betriebskosten nur im Zusammenhang mit der Befragung der Vermieter zu den Bestandsmieten sichergestellt werden konnte. Denn die ausgewerteten Informationen zu Angebotsmieten enthielten teilweise keine Informationen zu den kalten Betriebskosten. Zudem würden diese auch oft inklusive der Heizkosten angegeben. Es sei in der Regel nicht ersichtlich ob diese Angaben auch Kosten für Wasser und Abwasser enthielten (ergänzende Stellungnahme der Firma A. & K. vom 2. Februar 2018, Antwort 8, Seite 6). Dies gilt auch für das Konzept 2016, bei dem die Angebotsmieten methodisch in gleicher Weise erhoben wurden.

Es ist folgerichtig, dass auch bei den kalten Betriebskosten die oben dargestellte Gewichtung zwischen den Werten für Mietverhältnisse mit Kleinvermietern und solchen mit Großvermietern durchgeführt werden muss. Auch für die Betriebskosten handelt es sich bei den verschiedenen Vermietergruppen um einen preisbestimmenden Faktor, wie die deutlich verschiedenen Mittelwerte zeigen. So betrug der Wert für die durchschnittlichen kalten Betriebskosten pro Quadratmeter für einen 3-Personen-Haushalt bei den Kleinvermietern 1,49 € und bei den Großvermietern 1,19 €. Hieraus ergab sich der gewichtete Wert von 1,29 € pro Quadratmeter.

(2) Ebenso wie für die Nettokaltmiete kann der Senat auch den Wert für die angemessenen Betriebskosten für Dezember 2016 entsprechend selbst festlegen, obwohl für diesen Monat kein Konzept Geltung beanspruchen kann (vgl. die Darstellung unter cc). Auch insoweit ist das Gericht berechtigt, eigene abstrakte Angemessenheitswerte festzulegen, weil der vom Beklagten ermittelte Angemessenheitswert für die Betriebskosten den Wohnungsmarkt der Stadt H. realitätsgerecht wiedergibt und die Daten für Dezember 2016 genauso aussagekräftig sind.

ee) Aus der Nettokaltmiete in Höhe von 4,72 € pro Quadratmeter und den angemessenen kalten Betriebskosten in Höhe von 1,29 € pro Quadratmeter ergibt sich eine angemessene Bruttokaltmiete in Höhe von 6,01 € pro Quadratmeter für einen 3-Personen-Haushalt. Hieraus errechnet sich der Angemessenheitswert für einen 3-Personen-Haushalt in Höhe von 420,70 € (6,01 €/qm × 70 qm). Dieser liegt geringfügig über dem bisher vom Beklagten in seiner Bewilligung vom 16. Mai 2017 ab dem 1. Januar 2017 herangezogen Wert von 419,30 €. Dies hat das SG in seinem Urteil bereits berücksichtigt; aufgrund der Beschränkung der Berufung des Beklagten ist die zusprechende Entscheidung insoweit rechtskräftig geworden.

ff) Die berücksichtigungsfähigen Aufwendungen sind auch nicht unter dem Gesichtspunkt der konkreten Angemessenheit unter Berücksichtigung der relevanten Besonderheiten des Einzelfalles zu erhöhen. Die Lebenssituation der Klägerinnen gebietet es nicht, höhere als die abstrakt angemessenen Aufwendungen anzuerkennen. Die Klägerinnen haben auch nach einem entsprechenden Hinweis zur konkreten Angemessenheit nicht weiter vorgetragen. Anhaltspunkte für dem Grunde nach anerkennenswerte besondere Umstände, die zur Berücksichtigungsfähigkeit eines abweichenden Wohnbedarfs führen könnten, liegen nicht vor.

gg) Aus der Unangemessenheit der Aufwendungen der Klägerinnen für die Unterkunft (Bruttokaltmiete) folgte auch unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Umstände eine Pflicht zur Senkung der Kosten.

(1) Die Klägerinnen haben die sie treffende Obliegenheit zur Kostensenkung verletzt.

§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II regelt, dass die unangemessenen Aufwendungen für die Unterkunft als Bedarf so lange anzuerkennen sind, wie es der leistungsberechtigten Person nicht möglich oder nicht zumutbar ist, die Aufwendungen zu senken. Erst die Verletzung der Kostensenkungsobliegenheit kann dazu führen, dass statt der tatsächlichen Aufwendungen für KdUH nur die angemessenen Aufwendungen übernommen werden. Will das Jobcenter nicht die tatsächlichen Aufwendungen als Bedarfe anerkennen, weil es sie für unangemessen hoch hält, muss es grundsätzlich das Kostensenkungsverfahren durchführen und den Leistungsberechtigten im Rahmen der einleitenden Kostensenkungsaufforderung den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang der Aufwendungen mitteilen (vgl. BSG, Urteil vom 21. Juli 2021 – B 14 AS 31/20 R – juris Rn. 46).

Die Klägerinnen wussten, dass ihre tatsächliche Miete die Angemessenheitsgrenze überstieg. Denn der Beklagte hat ihnen mit Schreiben vom 24. November 2015 eine Kostensenkungsaufforderung zugesandt und damit den Dialog über die unangemessenen Kosten eröffnet. In dem Schreiben hatte der Beklagte auch die nach dem schlüssigen Konzept 2012 nach der Fortschreibung 2014 angemessene Leistungshöhe mitgeteilt (403,20 € für die Bruttokaltmiete). Daneben teilte er auch den maximal zu übernehmenden Betrag für die Heizungskosten mit. Es ist unbeachtlich, dass der Beklagte seinerzeit nicht die inzwischen aufgrund wiederholter Nachbesserung zutreffend als angemessen angesehenen Werte mitgeteilt hat. Die objektive fehlerhafte Angabe zur Höhe der Referenzmiete führt nur dann zur subjektiven Unmöglichkeit der Kostensenkung, wenn dadurch bewirkt wird, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige seine Suche auf Grund der unzutreffenden Angabe in wesentlichem Umfang beschränkt (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R – juris Rn. 40). Das war vorliegend nicht der Fall. Auch für den Monat Dezember 2016 bestand ein solcher Dialog über die Höhe der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (s. o. unter cc) (2)).

(2) Auch unter Berücksichtigung eines Wirtschaftlichkeitsvergleiches im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II blieb die Obliegenheit der Klägerinnen zur Kostensenkung bestehen.

Schon vor der Einführung von § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II war § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II a.F. zu entnehmen, dass ein Wohnungswechsel wegen überhöhter Bruttokaltmiete nur zumutbar ist, wenn in einer alternativ zu beziehenden Wohnung insgesamt keine höheren Kosten als bisher anfallen (vgl. BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 – B 14 AS 60/12 R – juris Rn. 30). Dies Interpretation hat die Einführung von § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II zum 1. Januar 2011 bestätigt und erweitert. Danach muss eine Absenkung der unangemessenen Aufwendungen nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre. Es kann vorliegend dahinstehen, inwieweit diese Regelung dem Leistungsempfänger ein subjektives Recht bzw. einen Anspruch auf eine ermessensfehlerhafte Entscheidung über das Absehen von der Absenkung eröffnet (vgl. dazu Lauterbach in: BeckOGK, § 22 SGB II Rn. 80, Stand: 1. Dezember 2021). Jedenfalls liegen die tatsächlichen Aufwendungen der Klägerinnen für KdU in Höhe von 610,20 € bzw. 599,20 € so deutlich über den angemessenen Aufwendungen (420,70 €), dass eine Unwirtschaftlichkeit eines Wohnungswechsels nicht in Betracht kommt. Auch wenn für die Heizkosten der von den Klägerinnen angeführte Grenzwert aus dem bundesweiten Heizspiegel von 130,08 € pro Monat herangezogen würde, lägen die tatsächlichen monatlichen Kosten der Klägerinnen immer noch mehr als 200 € über dem sich dann ergebenden monatlichen Gesamtwert. Selbst unter Berücksichtigung von Umzugskosten wäre ein Umzug dann noch wirtschaftlich gewesen. Es ist auch davon auszugehen, dass ein solcher Umzug objektiv möglich war. Dafür spricht der hohe Anteil der für die Konzepterstellung erhobenen Angebotsmieten, die im Rahmen der Angemessenheit lagen. Da die Klägerinnen keine erfolglosen Umzugsbemühungen aufgezeigt haben, bedurfte es keines weiteren konkreten Nachweises einer geeigneten Wohnung.

(3) Entgegen der Auffassung des SG sind Leistungen für KdUH auch nicht bis zur Höhe der Summe der beiden Angemessenheitswerte für die Bruttokaltmiete einerseits und die Heizkosten andererseits zu gewähren.

Auch unter Berücksichtigung des zum 1. August 2016 in Kraft getretenen § 22 Abs. 10 SGB II sind keine höheren Aufwendungen zu berücksichtigen. Nach dieser Vorschrift ist zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung die Bildung einer Gesamtangemessenheit zulässig; dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre.

Der Beklagte hat in seinem Konzept keinen Gebrauch von dieser Möglichkeit gemacht. Eine Gesamtangemessenheitsgrenze im Sinne des § 22 Abs. 10 SGB II kann aber nur aufgrund einer Festlegung des Grundsicherungsträgers gelten. (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. Januar 2018 – L 19 AS 1706/17 – juris Rn. 31; Luthe in: Hauck/Noftz, SGB II, 8. Ergänzungslieferung 2023, § 22 Rn. 244; Piepenstock in: jurisPK-SGB II, 5. Aufl. 2020, § 22 Rn. 290 [ Stand: 6. Februar 2023]; a.A. Hessisches LSG, Urteil vom 19. Januar 2022 – L 4 SO 143/19 – juris Rn. 65). Das ergibt sich zweifelsfrei aus dem Wortlaut, der Systematik, dem Sinn und Zweck und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Sie sieht gerade nicht vor, dass stets eine Gesamtangemessenheitsgrenze gilt, sondern nur, dass eine solche gebildet werden kann. Adressat dieser Ermächtigung kann nach dem Gesamtzusammenhang der Regelung, die sich an § 22b Abs. 1 Satz 3 SGB II orientiert, nur das Jobcenter sein. Nach der in der Entwurfsbegründung festgehaltenen gesetzgeberischen Intention dient die Schaffung des Abs. 10 dazu, eine Gesamtangemessenheitsgrenze auch dann zu ermöglichen, wenn die Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nicht im Rahmen einer kommunalen Satzung bestimmt wird, sondern durch den zuständigen kommunalen Träger außerhalb der Satzungslösung festgelegt wird (vgl. BT-Drs. 18/8041, S. 41).

3. Der Beklagte hat das Erwerbseinkommen der Klägerin zu 1) für die Monate Dezember 2016 bis Mai 2017 zutreffend berücksichtigt, nicht aber das Kindergeld für die Klägerinnen zu 2) und 3). Bei der abschließenden Feststellung des Leistungsanspruchs ist nach § 41a Abs. 4 Satz 1 SGB II in der bis zum 31. März 2021 anwendbaren alten Fassung (a. F.) als Einkommen ein monatliches Durchschnittseinkommen zugrunde zu legen. Die Bildung eines monatlichen Durchschnittseinkommens bei der abschließenden Entscheidung erfolgt unabhängig vom Grund der Vorläufigkeit, erfasst alle Einkommensarten und alle Monate des Bewilligungszeitraums. Es ist je Einkommensart ein Durchschnittseinkommen zu berechnen und abschließend das Durchschnittseinkommen um die Absetzbeträge nach § 11b SGB II zu bereinigen (vgl. BSG, Urteil vom 18. Mai 2022 – B 7/14 AS 9/21 R – juris Rn. 23).

a) Die Voraussetzungen des §§ 41a Abs. 3 Satz 1 SGB II für eine abschließende Bewilligung nach vorläufiger Leistung liegen vor (s. o. unter A.). Der Beklagte hat mit Bescheid vom 16. Mai 2017 die bisher vorläufig bewilligten Leistungen endgültig festgesetzt.

b) Als monatliches Durchschnittseinkommen ist nach § 41a Abs. 4 Satz 3 SGB II a.F. für jeden Kalendermonat im Bewilligungszeitraum der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt.

In den Monaten Dezember 2016 bis Mai 2017 betrug das gesamte laufende Erwerbseinkommen der Klägerin zu 1) 6.453,90 € brutto und das Nettoeinkommen 5.122,54 €. Hieraus ergab sich ein durchschnittliches Bruttoeinkommen i.H.v. 1.075,65 Euro und ein monatliches Nettoeinkommen i.H.v. 853,76 €. Bereinigt um 100 € Grundfreibetrag nach § 11b Abs. 2 Satz 1 1 SGB II, weitere 180 € Freibetrag nach § 11b Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II und 7,57 € Freibetrag nach § 11b Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB II ergibt sich ein monatlich zu berücksichtigendes Erwerbseinkommen i.H.v. 566,19 €, wie vom Beklagten zutreffend angesetzt.

Als Einkommen der Klägerinnen zu 2) und 3) war das für sie gezahlte Kindergeld nach § 11 Abs. 1 Satz 5 SGB II anzurechnen. Auch insoweit war ein Durchschnittseinkommen zu bilden; dabei war die Erhöhung des Leistungsbetrages von 190 € auf 192 € ab Januar 2017 zu berücksichtigen. Das Einkommen betrug demnach jeweils 191,67 € pro Monat und Kind.

4. Auf dieser Grundlage ergibt sich kein höherer Leistungsanspruch als den Klägerinnen infolge der Berufungsbeschränkung des Beklagten bereits rechtskräftig zugesprochen worden ist. Der Gesamtbedarf der Klägerinnen für den Monat Dezember 2016 beträgt 1.270,80 €. Die Klägerinnen zu 2) und 3) sind nur Teil der Bedarfsgemeinschaft, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes nicht aus eigenem Einkommen decken können, weshalb jeweils 191,67 € von ihren Bedarfen in Abzug zu bringen sind. Unter Berücksichtigung des anzurechnenden Erwerbseinkommens der Klägerin zu 1) i.H.v. 566,19 € ergibt sich ein Leistungsanspruch, der jedenfalls nicht über den bereits rechtskräftig zugesprochenen 707,95 € für diesen Monat liegt. Für die Monate Januar bis Mai 2017 errechnet sich entsprechend ein monatlicher Gesamtbedarf der Klägerinnen von 1.303,60 € und ein Leistungsanspruch i.H.v. 737,41 € monatlich, wie rechtskräftig zuerkannt. Die vom Beklagten noch angegriffene weitergehende Verurteilung ist aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen.

D. Die Kostentscheidung folgt aus § 193 SGG. Hierbei war das teilweise Obsiegen der Klägerinnen im Widerspruchsverfahren zu berücksichtigen und ihnen war eine entsprechende Kostenerstattung zuzusprechen. Die geringfügige Obsiegensquote im zweitinstanzlichen Verfahren (ca. 2 %) wirkt sich auf die Kostenentscheidung nicht aus.

E. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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