L 18 R 780/21

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
18.
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 24 R 1439/20
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 18 R 780/21
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 48/23 AR
Datum
Kategorie
Urteil

 

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 28.06.2021 wird zurückgewiesen.

 

Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

Tatbestand:

 

Der Kläger begehrt eine höhere Erstattung von Beiträgen aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung.

Der 0000 geborene Kläger ist T. Staatsangehöriger und lebt in T.. Er beantragte mit Schreiben vom 08.12.2015 die Bewilligung von Regelaltersrente mit der Begründung, er habe von dem Jahr 1963 an in der Bundesrepublik Deutschland auf einer Zeche gearbeitet. Er habe damals noch den Namen Q. (Geburtsdatum 00.00.0000) getragen. Im weiteren Verlauf übersandte er mehrere Dokumente, unter anderem auch eine Bescheinigung über eine Namenänderung vom 26.01.2016 unter Angabe eines Geburtsdatums vom 00.00.0000. Nach eigenen Angaben hat er weder vom T. Versicherungsträger noch einem anderen ausländischen Versicherungsträger eine Rentenleistung erhalten.

Die Beklagte stellte Ermittlungen unter Zugrundelegung verschiedener Namen des Klägers an. Auf Nachfrage der Beklagten teilte die RAG Deutsche Steinkohle AG unter dem 03.08.2016 mit, dass der Kläger dort vom 21.10.1963 bis zum 21.01.1964 als Schlepper beschäftigt gewesen sei, wobei er vom 15.01.1964 bis zum 21.01.1964 unentschuldigt gefehlt habe.

Daraufhin lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Zuerkennung der Regelaltersrente nach § 35 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) mit Bescheid vom 15.08.2016 ab, da das Versicherungskonto des Klägers statt der erforderlichen 60 Wartezeitmonate nur 4 Wartezeitmonate aufweise. Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.11.2016 zurück.

Die dagegen beim Sozialgericht (SG) Dortmund erhobene Klage (S 6 KN 17/17) wies das SG mit Gerichtsbescheid vom 19.12.2017 ab, die hiergegen eingelegte Berufung blieb erfolglos (Urteil des erkennenden Senats vom 14.05.2019 – L 18 R 100/18 –). Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision verwarf das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 31.07.2019 (B 13 R 174/19 B) als unzulässig.

Am 23.09.2019 beantragte der Kläger die Beitragserstattung. Mit Bescheid vom 29.11.2019 erstattete die Beklagte dem Kläger die Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Rentenversicherung für den Zeitraum vom 21.10.1963 bis zum 14.01.1964 in Höhe von 54,35 € unter Darlegung der Berechnung.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 24.12.2019. Mit dem Erstattungsbetrag vom 54,35 € sei er nicht zufrieden. Dieses Schreiben nahm die Beklagte zum Anlass, die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 29.11.2019 zu überprüfen. Sie teilte dem Kläger mit Bescheid vom 07.01.2020 mit, dass ihm der zustehende Betrag in Höhe von 54,35 € erstattet worden sei. Eine andere Mitteilung könne nicht erteilt werden.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und trug zur Begründung sinngemäß vor, dass die Höhe des Erstattungsbetrages zu gering sei. Es müsse ein höherer Betrag erstattet werden, da er eine längere Beschäftigungszeit in der Bundesrepublik zurückgelegt habe.

Mit auf § 44 SGB X gestütztem Widerspruchsbescheid vom 22.05.2020 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte aus, dass die Erstattung der Arbeitnehmeranteile für die nachgewiesenen rentenversicherungspflichtigen Beschäftigungszeiten vom 21.10.1963 bis zum 14.01.1964 vollständig und in der richtigen Höhe durchgeführt worden sei.

Am 10.08.2020 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht (SG) Dortmund erhoben und erneut darauf verwiesen, eine längere Zeit (5 Jahre) in einer Zeche gearbeitet zu haben. Unterlagen lägen ihm nicht mehr vor. Erstmals mit Schreiben vom 16.02.2021 trug der Kläger vor, von 1967 bis 1975 in einer Zeche in K. gearbeitet zu haben. Nähere Angaben zur Tätigkeit oder zum Arbeitgeber hat er trotz wiederholter Nachfrage des SG nicht gemacht.

Der Kläger hat schriftsätzlich – sinngemäß – beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07.01.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.05.2020 zu verpflichten, ihm einen höheren Betrag zu erstatten.

 

Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Sie hat die angefochtenen Bescheide weiterhin für rechtmäßig gehalten.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 28.06.2021 abgewiesen. Das Vorbringen des Klägers sei dahingehend auszulegen, dass er die Aufhebung des seinen Überprüfungsantrag ablehnenden Bescheides vom 07.01.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.05.2020 und eine höhere Beitragserstattung begehre. Ein Anspruch auf eine höhere Beitragserstattung stehe ihm nicht zu. Der Anspruch auf Erstattung sei bereits von der Beklagten in voller Höhe erfüllt worden. Dass dem Kläger ein höherer Betrag als die bereits ausgezahlten 54,35 € zustehe, habe anhand der zur Verfügung stehenden Informationen nicht festgestellt werden können. Es sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht, dass der Kläger auch über die nachgewiesenen Zeiten hinaus in Deutschland tätig gewesen sei und Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet habe.

Gegen den ihm am 11.08.2021 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 23.08.2021 Berufung eingelegt und sein Begehren weiterverfolgt. Mit der Höhe der Erstattung sei er nicht einverstanden. Er habe über zehn Jahre in der Zeche in K. gearbeitet.

 

Im Termin zur mündlichen Verhandlung ist für den Kläger niemand erschienen.

 

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Sie weist erneut daraufhin, bereits im Verfahren zur Gewährung einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung von ihr Ermittlungen unter Zugrundelegung verschiedener Namen und Geburtsdaten des Klägers angestellt worden seien. Weitere als die berücksichtigten Zeiträume konnten jedoch nicht nachgewiesen werden. Auch im jetzigen Verfahren seien weder neue noch bisher nicht berücksichtigte Unterlagen eingereicht worden.

 

Nach Anhörung der Beteiligten hat der Senat dem Berichterstatter die Berufung übertragen (Beschluss vom 21.12.2021).

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der beigezogenen Streitakte des SG (S 6 KN 17/17; L18 R 100/18) Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Der Senat ist befugt, in der Besetzung mit einem Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richtern zu entscheiden, weil das SG durch Gerichtsbescheid entschieden und der Senat mit Beschluss vom 21.12.2021 die Berufung dem Berichterstatter übertragen hat (§ 153 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).

 

Der Senat kann trotz Nichterscheinens des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung aufgrund einseitiger mündlicher Verhandlung entscheiden. Der Kläger ist auf diese Möglichkeit in der ordnungsgemäß erfolgten Ladung (§ 63 Abs. 1 und 2 SGG) hingewiesen worden.

 

Das Vorbringen des Klägers ist in Überstimmung mit dem SG dahingehend auszulegen, dass er die Aufhebung des seinen Überprüfungsantrag ablehnenden Bescheides vom 07.01.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.05.2020 und eine höhere Beitragserstattung unter Abänderung des Bescheides vom 29.11.2019 begehrt.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 07.01.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.05.2020 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig. Er verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die (teilweise) Rücknahme des Beitragserstattungsbescheides vom 29.11.2019 abgelehnt hat. Der zu überprüfende Bescheid vom 29.11.2019 ist rechtmäßig.

 

Die Voraussetzungen des § 44 SGB X sind nicht gegeben. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Nach § 44 Abs. 2 SGB X ist im Übrigen ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen (Satz 1). Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden (Satz 2).

 

Es kann offen bleiben, ob die Beitragserstattung eine Sozialleistung darstellt und dementsprechend § 44 Abs. 1 SGB X anzuwenden ist (verneinend Schütze in Schütze, SGB X, 9. Auflage 2020 § 44 Rdn. 15 m.w.N.) oder die Überprüfung der Rechtsmäßigkeit des Bescheides vom 29.11.2019 nach § 44 Abs. 2 SGB X zu erfolgen hat. Sowohl § 44 Abs. 1 SGB X als auch § 44 Abs. 2 SGB X setzen einen rechtswidrigen Verwaltungsakt voraus. § 44 SGB X betrifft die Korrektur eines nicht begünstigenden und bereits bei seinem Erlass rechtswidrigen Bescheides (BSG Urteil vom 10.11.2022 – B 5 R 29/21 R – juris Rdn. 15). Hieran fehlt es. Der Bescheid vom 29.11.2019 ist rechtmäßig. Dem Kläger steht keine höhere Erstattung von Beiträgen zu.

 

Gemäß § 210 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI werden Versicherten, die die Regelaltersgrenze erreicht und die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt haben, Beiträge auf Antrag erstattet. Nach § 210 Abs. 3 Satz 1 SGB VI werden Beiträge in der Höhe erstattet, in der die Versicherten sie getragen haben. Zwar erfüllt der Kläger die Voraussetzungen für eine Erstattung von Beiträgen. Der Anspruch auf Erstattung ist jedoch bereits von der Beklagten erfüllt worden. Dem Kläger sind die von ihm für den Zeitraum vom 21.10.1963 bis zum 14.01.1964 entrichteten Beitragsanteile auf seinen Antrag vom 23.09.2019 hin mit Bescheid vom 29.11.2019 vollständig in Höhe von 54,35 € ausgezahlt worden. Ein höherer Erstattungsbetrag steht dem Kläger nicht zu. Zur weiteren Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts im Gerichtsbescheid vom 28.06.2021 Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).

 

Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren gibt keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung. Bereits im Verfahren zur Gewährung einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (S 6 KN 17/17; L 18 R 100/18) sind Ermittlungen unter Zugrundelegung verschiedener Namen und Geburtsdaten des Klägers angestellt und weitere als die berücksichtigten Zeiträume nicht nachgewiesen worden. Auch im jetzigen Verfahren hat der Kläger weder neue noch bisher nicht berücksichtigte Unterlagen, die eine weitere Beitragserstattung rechtfertigen könnten, eingereicht.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

 

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

 

 

Rechtskraft
Aus
Saved