S 20 R 211/23

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Nürnberg (FSB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 20 R 211/23
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

I. Die Klage wird abgewiesen. 

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 

T a t b e s t a n d :

Die Beteiligten streiten um die Neuberechnung der seitens der Klägerin von der Beklagten bezogenen Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.01.2022 unter geänderter Einkommensanrechnung nach § 97a SGB VI, nämlich unter Ansatz des klägerischen Einkommens aus dem Veranlagungsjahr 2020 an Stelle des von der Beklagten in Ansatz gebrachten Einkommens der Klägerin aus dem Veranlagungsjahr 2019.

I.

Die am xx.xx.xxxx geborene Klägerin bezieht von der Beklagten aufgrund Bescheids von 29.09.2021 ab dem 01.05.2021 eine bis vorerst 31.07.2023 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung (Arbeitsmarktrente). Die Berechnung der Rentenhöhe erfolgte zunächst vorläufig wegen noch ausstehender Prüfung der Einkommensanrechnung nach § 97a SGB VI. Die endgültige Festsetzung erfolgte in unveränderter Rentenhöhe durch Bescheid vom 21.10.2021, der den vorläufigen Rentenbescheid vollständig ersetzte. Ein Grundrentenzuschlag wurde nicht gewährt, weil das auf den Grundrentenzuschlag anzurechnende Einkommen der Klägerin aus dem Jahre 2019 in Höhe von € 19.927,00 den Grundrentenzuschlag überstieg. Dabei hat die Beklagte die ihr für die Klägerin per Datenabruf nach § 151b SGB VI übermittelten Einkommensdaten aus dem Veranlagungsjahr 2019 zugrunde gelegt. Dies ist auch zwischen den Beteiligten unstreitig.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 14.12.2021 berechnete die Beklagte die Rente ab dem 01.01.2022 neu, wobei sich jedoch keine Änderung der Rentenhöhe ergab, weil kein Grundrentenzuschlag zu zahlen sei, weil das anzurechnende Einkommen der Klägerin den Grundrentenzuschlag übersteige. Die Beklagte hatte bei ihrer Berechnung weiterhin das vom Finanzamt festgestellte Einkommen der Klägerin aus dem Veranlagungsjahr 2019 zugrunde gelegt.
Mit weiterem, nicht streitgegenständlichem Bescheid vom 14.12.2021 berechnete die Beklagte die Rente ab dem 01.01.2023 neu. Es ergab sich ein höherer Zahlbetrag, weil der Grundrentenzuschlag nunmehr zu zahlen sei, weil sich aus dem seitens der Finanzverwaltung per Datenabruf nach § 151b SGB VI gemeldeten Einkommen der Klägerin für das Veranlagungsjahr 2020 in Höhe von € 8.453,00 nunmehr kein Anrechnungsbetrag mehr ergebe. Auch dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

II.

Gegen den Bescheid vom 14.12.2021, mit dem die Beklagte die Rente ab dem 01.01.2022 erhob die Klägerin am 17.01.2022 Widerspruch und wandte sich gegen den Ansatz des Einkommens aus dem Veranlagungsjahr 2019. Damit habe die Beklagte das Einkommen des vorvorvergangenen Jahres berücksichtigt. Dies sei aber nur zulässig, wenn für das vorvergangene Jahr keine Festsetzungsdaten vorliegen würden. Der Einkommensteuerbescheid für das Veranlagungsjahr 2020 (vorvergangenes Jahr) sei jedoch bereits am 13.04.2021 erteilt worden. ES werde daher davon ausgegangen, dass die Festsetzungsdaten des Jahres 2020 zum Zeitpunkt der Berechnung am 14.12.2021 beim Finanzamt vorgelegen hätten. Aus der Beklagtenakte sei nicht ersichtlich, ob im Zusammenhang mit der Berechnung vom 14.12.2021 ein erneuter Datenabruf erfolgt sei.
Unter zutreffender Berücksichtigung des klägerischen Einkommens aus dem Veranlagungsjahr 2020 in Höhe von € 8.453,00 ergebe sich kein auf den Grundrentenzuschlag anzurechnender Betrag. Daher sei bereits ab dem 01.01.2022 der Grundrentenzuschlag in voller Höhe zu zahlen. Denn den Finanzbehörden habe bis zum 31.10.2021 (§ 97a Abs. 5 S. 2 SGB VI) bereits der festgesetzte Einkommensbetrag für 2020 vorgelegen, so dass dieser für die Neuberechnung ab 10.01.2022 zugrunde zu legen gewesen wäre.
Es werde klägerseits davon ausgegangen, dass die Verfahrensabläufe zu den dargestellten Zeitpunkten noch nicht vollständig umgesetzt worden seien und damit die erforderliche Meldung der Festsetzungsdaten für das Jahr 2020 durch die Finanzbehörde nach der zuvor erfolgten Datenverknüpfung bezogen auf den Rentenbeginn unterblieben sei. Eine nicht sachgerechte Umsetzung der Verfahrensabläufe bzw. Missachtung gesetzlicher Melde- oder Anforderungspflichten durch beteiligte Stellen könne sich nach klägerischer Einschätzung jedoch nicht zu Lasten der Berechtigten auswirken.
In Anbetracht des zeitlichen Ablaufs im Einzelfall würde es auch dem Zufall unterliegen, ob die Feststellungsdaten rechtzeitig übermittelt würden. Es könne nicht im Sinne der gesetzlichen Regelung sein, dass die Rechtsfolgen zufällig davon abhängen, wann eine erstmalig eine Datenverknüpfung erfolge. Bei einer Veranlassung der Datenverknüpfung nach dem 30.09. eines Jahres für einen zurückliegenden Rentenbeginn im selben Kalenderjahr wäre dann für das Folgejahr immer nur das Einkommen des vorvorvergangenen Jahres zu berücksichtigen, weil ein ggf. geändertes Einkommen nie rechtzeitig vor dem maßgebenden Stichtag beim Rentenversicherungsträger vorliegen könne.
Im Übrigen könne nach klägerischer Einschätzung aus § 97a Abs. 5 S. 2 SGB VI nicht zwingend abgeleitet werden, dass für die Einkommensprüfung ausschließlich übermittelte Festsetzungsdaten der Finanzbehörden herangezogen werde können. Stattdessen werde lediglich auf Einkommensänderungen, die dem Träger der Rentenversicherung jeweils bis zum 31.10. vorliegen, abgestellt. Es sei aus Klägersicht damit gerade nicht ausgeschlossen, dass eine Einkommensänderung auch auf andere Art und Weise mitgeteilt werden könne. Die Beklagte habe es unterlassen, die Klägerin auf diese Möglichkeit im Bescheid vom 21.10.2021 aufmerksam zu machen, weswegen diese gar nicht im Stande gewesen sei, eine entsprechende Mitteilung zu machen. Zudem sei für Berechtigte mit Wohnsitz im Ausland nach den Arbeitsanweisungen der Beklagten auch die Möglichkeit einer nachträglichen Einkommensprüfung eröffnet. Dies müsse schon aus Gleichbehandlungsgründen auch für inländische Berechtigt gelten
Zur Stützung ihres Widerspruchs reichte die Klägerin bei der Beklagten ihren Einkommensteuerbescheid für 2020 vom 13.04.2021 ein, der ein Einkommen von € 8.453,00 auswies. Aus dem Einkommensteuerbescheid geht hervor, dass dieser in Teilen vorläufig ist.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13.02.2023 als unbegründet zurück.
Nach § 97a Abs. 1 SGB VI werde auf den Rentenanteil aus dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung das Einkommen des Berechtigten und seines Ehegatten angerechnet. 
Als Einkommen nach Satz 1 Nummer 1 und 2 seien grundsätzlich die von den Trägern der Rentenversicherung nach § 151b SGB VI automatisiert abzurufenden, bei den Finanzbehörden jeweils bis zum 30. September für das vorvergangene Kalenderjahr vorliegenden Festsetzungsdaten zugrunde zu legen. Lägen für das vorvergangene Kalenderjahr keine Festsetzungsdaten nach Satz 1 Nummer 1 vor, seien die Festsetzungsdaten nach Satz 1 Nummer 1 und 2 des vorvorvergangenen Kalenderjahres maßgeblich. 
Die Einkommensüberprüfung nach § 97a Abs.5 Satz 2 SGB VI werde grundsätzlich im August durch eine Datensatzanfrage in einem automatisierten Abrufverfahren (Datensatzabfrage) an die Finanzverwaltung ausgelöst, um jeweils das Einkommen des vorvergangenen bzw. vorvorvergangenen Kalenderjahres zu ermitteln. 
Die Entscheidung, ob die Festsetzungsdaten aus dem vorvergangenen oder vorvorvergangenen Kalenderjahr der Einkommensanrechnung zugrunde zu legen seien, treffe die zuständige Finanzbehörde nach den dort vorliegenden (bereits festgestellten) Festsetzungsdaten. 
Die Träger der Rentenversicherung sind an die übermittelten Festsetzungsdaten gebunden (§ 97a Abs.2 SGB VI). 
Für den im Kalenderjahr 2022 bestehenden Anspruch auf einen Grundrentenzuschlag sei somit das im Kalenderjahr 2019 (vorvergangenes Kalenderjahr) oder im Kalenderjahr 2018 (vorvorvergangenes Kalenderjahr) erzielte Einkommen maßgeblich. 
Es sei daher im streitbefangenen Bescheid vom 14.12.2021 zu Recht die Einkommensdaten aus dem Jahr 2019 berücksichtigt (vorvergangenes Jahr ausgehend von der Abfrage im Jahr 2021) berücksichtigt worden. 
Ein Zuschlag für langjährige Versicherung sei aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens aus dem Jahr 2019 in Höhe von € 19.927,00 nicht zu berücksichtigen. 
Die aktuellen Einkommensverhältnisse im Kalenderjahr 2021 (oder 2020) blieben hierbei unberücksichtigt. 
Es werde darauf hingewiesen, dass folgerichtig für die Zeit ab 01.01.2023 im weiteren Bescheid vom 14.12.2022 das Kalenderjahr 2020 als maßgebendes Kalenderjahr berücksichtigt wurde (vorvergangenes Jahr ausgehend von der Abfrage 2022).

III.

Die Klägerin hat ihr Begehren weiterverfolgt und mit Schriftsatz vom 16.03.2023, eingegangen am selben Tage, Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben und zur Begründung im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen wiederholt. Im Kern sei zwischen den Beteiligten streitig, ob zutreffender Anknüpfungspunkt für den Begriff "vorvergangenes Jahr" der Abrufzeitpunkt oder das auf den Abrufzeitpunkt folgende Jahr ist, für das die Einkommensüberprüfung stattfindet.

Die Klägerin beantragt, 

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 14.12.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.02.2023 zu verurteilen, die von der Klägerin bezogene Rente wegen voller Erwerbsminderung mit Wirkung vom 01.01.2022 unter Änderung der Einkommensanrechnung nach § 97a SGB VI unter Ansatz des klägerischen Einkommens aus dem Veranlagungsjahr 2020 neu zu berechnen und zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf die angefochtenen Bescheide.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Beklagtenakte sowie die gesamte Gerichtsakte Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :


Die zulässige Klage erweist sich als unbegründet.


I.


Die Kammer kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil beide Beteiligte hierzu ihr Einverständnis nach § 124 Abs. 2 SGG erteilt haben.

II.

Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht zum sachlich und örtlich zuständigen Sozialgericht Nürnberg erhoben worden. 


III.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Bescheid vom 14.12.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.02.2023 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, weil die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab dem 01.01.2022 bis 31.12.2022 unter Ansatz ihres Einkommens aus dem Veranlagungsjahr 2020 bei der Einkommensanrechnung nach § 97a SGB VI hat.

Zutreffender Weise hat die Klägerin darauf verwiesen, dass Kernpunkt der Auseinandersetzung ist, ob der Anknüpfungspunkt für das "vorvergangene" und das "vorvorvergangene" Kalenderjahr Im Sinne des § 97a SGG der Abrufzeitpunkt zum 30.09. oder das diesem Abrufzeitpunkt folgende Jahr ist.

Zur Überzeugung der Kammer ist entscheidender Anknüpfungspunkt der 30.09. 
Die Kammer folgt insofern den zutreffenden Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 13.02.2023, § 136 Abs. 3 SGG.

Lediglich ergänzend ist auf folgendes hinzuweisen:

Für die hier vertretene Auffassung spricht schon der Wortlaut des § 97a Abs. 2 Satz 2 SGB VI, in dem sich schon dem Wortlaut nach das vorvergangene Jahr auf den 30.09. bezieht. Daneben sprechen hierfür aber auch das systematische Regelungsgefüge und teleologische Aspekte.
 

Zentrale Norm für die Einkommensanrechnung ist § 97a SGB VI. Die Vorschrift lautet:

"(1) Auf den Rentenanteil aus dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung wird Einkommen des Berechtigten und seines Ehegatten angerechnet.

(2) 1Als Einkommen zu berücksichtigen sind

1.    das zu versteuernde Einkommen nach § 2 Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes,
2.    der steuerfreie Teil von Renten nach § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Satz 4 des Einkommensteuergesetzes sowie der nach § 19 Absatz 2 und § 22 Nummer 4 Satz 4 Buchstabe b des Einkommensteuergesetzes steuerfreie Betrag von Versorgungsbezügen und
3.    die versteuerten Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 des Einkommensteuergesetzes, soweit diese nicht bereits in dem Einkommen nach Nummer 1 enthalten sind; im Falle der Kapitalerträge nach § 20 Absatz 1 Nummer 6 Satz 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes gilt als Einkommen ein Zehntel des Ertrags, längstens jedoch für zehn Jahre.

2Als Einkommen nach Satz 1 Nummer 1 und 2 sind grundsätzlich die von den Trägern der Rentenversicherung nach § 151b automatisiert abzurufenden, bei den Finanzbehörden jeweils bis zum 30. September für das vorvergangene Kalenderjahr vorliegenden Festsetzungsdaten zugrunde zu legen. 3Liegen für das vorvergangene Kalenderjahr keine Festsetzungsdaten nach Satz 1 Nummer 1 vor, sind die Festsetzungsdaten nach Satz 1 Nummer 1 und 2 des vorvorvergangenen Kalenderjahres maßgeblich. 4Liegen keine Festsetzungsdaten des vorvorvergangenen Kalenderjahres nach Satz 1 Nummer 1 vor, sind

1.    die jeweils in entsprechender Anwendung von § 18b Absatz 5 Satz 1 Nummer 3, 6 und 8 des Vierten Buches gekürzten Renten nach § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Satzteil vor Satz 2 des Einkommensteuergesetzes,
2.    die jeweils in entsprechender Anwendung von § 18b Absatz 5 Satz 1 Nummer 4 des Vierten Buches gekürzten Versorgungsbezüge nach § 19 Absatz 2 Satz 2 und nach § 22 Nummer 4 Satzteil vor Satz 2 des Einkommensteuergesetzes,
3.    die in entsprechender Anwendung von § 18b Absatz 5 Satz 1 Nummer 5 des Vierten Buches gekürzten Leistungen nach § 22 Nummer 5 Satzteil vor Satz 2 sowie Satz 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes sowie
4.    das Einkommen nach Satz 1 Nummer 3

des vorvergangenen Kalenderjahres zu berücksichtigen. 5Bei Anwendung von Satz 4 ist für Hinterbliebenenleistungen für die Bestimmung des maßgeblichen Kürzungsbetrages auf den Beginn der Leistung abzustellen, von der die Hinterbliebenenleistung abgeleitet wurde. 6Die Träger der Rentenversicherung sind an die übermittelten Festsetzungsdaten gebunden. 7Von dem Einkommen nach Satz 1 Nummer 1 und 2 sowie den Renten nach den Sätzen 4 und 5 ist der darin enthaltene Rentenanteil, der auf dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung beruht, abzuziehen.

(3) 1Als monatliches Einkommen gilt ein Zwölftel des Einkommens, das nach Absatz 2 zu berücksichtigen ist. 2Für Berechtigte mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die vergleichbare ausländische Einkommen haben, gilt Absatz 2 sinngemäß. 3Berechtigte und deren Ehegatten mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland haben vergleichbare ausländische Einkommen durch geeignete Unterlagen gegenüber dem Träger der Rentenversicherung nachzuweisen; bei fehlendem Nachweis ist kein Rentenanteil aus dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung zu zahlen.

(4) 1Anrechenbar ist dasjenige Einkommen des Berechtigten und seines Ehegatten, das monatlich die in den Sätzen 2 bis 4 genannten, jeweils auf einen vollen Eurobetrag aufgerundeten Beträge übersteigt. 2Übersteigt das anrechenbare Einkommen des Berechtigten monatlich das 36,56fache des aktuellen Rentenwertes, werden 60 vom Hundert angerechnet, solange das anrechenbare Einkommen nicht mehr als das 46,78fache des aktuellen Rentenwertes beträgt. 3Übersteigt das anrechenbare Einkommen des Berechtigten das 46,78fache des aktuellen Rentenwertes, wird das diesen Betrag übersteigende anrechenbare Einkommen in voller Höhe angerechnet; Satz 2 bleibt unberührt. 4Ist neben dem Einkommen des Berechtigten auch Einkommen seines Ehegatten zu berücksichtigen, sind die Sätze 2 und 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass anstelle des 36,56fachen des aktuellen Rentenwertes das 57,03fache des aktuellen Rentenwertes und anstelle des 46,78fachen des aktuellen Rentenwertes das 67,27fache des aktuellen Rentenwertes tritt. 5Änderungen der Höhe der Beträge nach den Sätzen 2 bis 4 werden mit Beginn des Kalendermonats wirksam, zu dessen Beginn Einkommensänderungen nach Absatz 5 zu berücksichtigen sind.

(5) 1Einkommen nach Absatz 2 ist auch dann abschließend zu berücksichtigen, wenn die Einkommensteuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt oder die Entscheidung der Finanzbehörde angefochten wurde, es sei denn, die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides wurde ausgesetzt. 2Einkommensänderungen, die dem Träger der Rentenversicherung jeweils bis zum 31. Oktober vorliegen, sind vom darauffolgenden 1. Januar an zu berücksichtigen; Absatz 6 bleibt unberührt.

(6) 1Die jährliche Einkommensanrechnung ist zunächst nur unter Berücksichtigung von Einkommen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 durchzuführen. 2Ist ein Rentenanteil aus dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung zu leisten, haben der Berechtigte und sein Ehegatte über Einkommen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 innerhalb von drei Monaten nach Bekanntgabe des Bescheides über den Rentenanteil aus dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung dem Träger der Rentenversicherung mitzuteilen, wenn solches Einkommen in dem nach Absatz 2 Satz 3 und 4 maßgeblichen Kalenderjahr erzielt wurde und dessen Höhe nachzuweisen. 3Der Berechtigte ist auf die Überprüfungsrechte nach § 151c hinzuweisen. 4Erfolgt keine Mitteilung nach Satz 2, gilt Einkommen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 als nicht erzielt. 5Teilen der Berechtigte und sein Ehegatte Einkommen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 mit und ergibt sich nach erneuter Einkommensprüfung ein veränderter Rentenanteil aus dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung, ist der Bescheid mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. 6Im Fall einer zu Unrecht unterbliebenen oder unrichtigen Auskunft ist der Bescheid vom Beginn des Zeitraumes der Anrechnung von Einkommen nach Satz 1 aufzuheben. 7Soweit Bescheide aufgehoben wurden, sind zu viel erbrachte Leistungen zu erstatten; § 50 Absatz 2a bis 5 des Zehnten Buches bleibt unberührt. 8Nicht anzuwenden ist die Vorschrift zur Anhörung Beteiligter (§ 24 des Zehnten Buches).

(7) 1Ist in einer Rente ein Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung enthalten, sind auf den hierauf beruhenden Rentenanteil die Regelungen zu Renten und Hinzuverdienst sowie zur Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes nicht anzuwenden. 2Auf diesen Rentenanteil finden ausschließlich die Absätze 1 bis 6 Anwendung."


Zweck der Vorschrift ist zunächst, dass sie einen Beitrag zur Rentengerechtigkeit leisten soll. Konkret gilt hier überdies, dass für die Zielgenauigkeit der Grundrente das eigene Einkommen der Berechtigten, aber auch ihrer Ehegatten und eingetragenen Lebenspartner zu berücksichtigen ist (vgl. Jentsch in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 3. Aufl., § 97a SGB VI (Stand: 01.04.2021); RdNr. 6).

Dabei ist aus dem Regelungsgefüge der Vorschrift eindeutig der gesetzgeberische Wille zu entnehmen, dass die Einkommensanrechnnung im Zusammenhang mit dem Grundrentenzuschlag für die Rentenversicherungsträger vereinfacht werden soll, um diese zu entlasten.
Dies ergibt sich bereits daraus, dass diese nach § 97a Abs. 2 S. 2 u. 3 SGB VI grundsätzlich die nach § 151b SGB I von den Finanzbehörden zum 30.09. eines Jahres für das vorvergangene oder das vorvorvergangene Kalenderjahr übermittelten Festsetzungsdaten der Einkommensanrechnung zugrunde zu legen haben. Nur für den Fall, dass solche Daten nicht vorliegen, hat der Rentenversicherungsträger nach § 97a Abs. 2 Satz 4 SGB VI diese Festsetzungsdaten selbst zu berechnen. 
Liegen Datensätze für § 97a SGB VI Abs. 2 S. 1 Nr. 1 u. 2 SGB VI nach § 97a Abs. 2 S. 2 u. 3 SGB VI i.V.m. § 151b SGB VI vor, so ist der Rentenversicherungsträger (RVT) hieran gebunden. Dies ergibt sich aus § 97a Abs. 2 S. 6 SGB VI.
Hiervon nicht erfasst sind Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S.d. § 97a Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB VI, denn hierfür gilt als Sonderregelung Abs. 6 der Vorschrift. Daraus ergibt sich, dass der RVT zunächst lediglich eine Einkommensanrechnung nach dem Datenabruf durchzuführen hat. Ergibt sich danach ein Grundrentenzuschlag, folgen Mitteilungspflichten der Berechtigten hinsichtlich ihrer Kapitaleinkünfte. Erfolgt keine Mitteilung, gilt entsprechendes Einkommen als nicht erzielt. Unterbleibt die Mitteilung zu Unrecht, regelt der Absatz als lex specialis die nachfolgenden Bescheidskorrekturmöglichkeiten.
Nicht erfasst von diesem Verfahren sind auch ausländisches Einkommen der Berechtigten, weil logischer Weise dort ein automatischer Datenabruf bei der Finanzverwaltung nicht erfolgen kann.

Als Zwischenergebnis ist zunächst festzuhalten, dass die RVT für Einkommen nach § 97a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 u. 2 SGB VI an die seitens der Finanzverwaltung mittels Datensatz mitgeteilten Festsetzungsdaten aus Vereinfachungsgründen gebunden sind. Nur wenn solche Daten nicht zur Verfügung stehen (insbesondere bei Auslandsbezug oder Kapitaleinkünften) sieht das Gesetz abweichende Reglungen vor.
Dass der Gesetzgeber dem Vereinfachungsaspekt Vorrang vor dem Aspekt exakter und abschließender Einkommensanrechnung eingeräumt hat, ergibt sich aus Absatz 5 Satz 1 der Vorschrift, wonach die übermittelten Festsetzungsdaten selbst dann maßgebend sind, wenn diese auf einem noch nicht bestandskräftigen, aber vollziehbaren Einkommensteuerbescheid beruhen.
Beide gesetzgeberische Wertentscheidungen sprechen klar dafür, dass einzig zutreffender Anknüpfungspunkt für das "vorvergangene" Jahr das Jahr des Abrufzeitpunktes zum 30.09. ist. 
Hierdurch wird zum einen gewährleistet, dass aller Voraussicht nach die Finanzverwaltung zum 30.09. überhaupt über Festsetzungsdaten des vorvergangenen oder zumindest des vorvorvergangenen Jahres verfügt, so dass dem RVT eigene Ermittlungen erspart bleiben, zum anderen besteht eine erhöhte Chance, dass es sich bei den gemeldeten Daten nicht nur um nicht bestandskräftige, sondern um bestandskräftig festgestellte handelt, so dass die Chance eines Auseinanderfallens des tatsächlichen und des zu berücksichtigenden Einkommens abnimmt.
Ausgangspunkt für die Überlegung ist, dass man zumindest bei Einschaltung eines Steuerberaters bei der Steuererklärung Zeit bis zum Ablauf des Folgejahres hat, um die Einkommensteuererklärung einzureichen. für Einkommen aus dem Jahr 2019 würde dies bedeuten, dass die Steuererklärung bis zum 31.12.2020 einzureichen ist. Berücksichtigt man nun die übliche Bearbeitungsdauer der Finanzverwaltung in 2021, so bestünde eine gewisse Aussicht, dass zumindest vorläufige (weil ggf. noch nicht bestandskräftige) Festsetzungsdaten bis zum 30.09.2021 vorliegen, zumindest aber Daten für 2018.
Würde man als Anknüpfungspunkt das Folgejahr des Datenabrufs zugrunde legen, so wäre das Vorhandensein von Festsetzungsdaten aus dem vorvergangenen Jahr bei den Finanzbehörden bedeutend unwahrscheinlicher, weil die heranzuziehenden Daten um ein Jahr heranrücken würden oder mit anderen Worten der Finanzverwaltung ein Jahr für die Festsetzung möglichst verlässlicher Daten abhanden käme. Damit stiege aber die Gefahr, dass die RVT eben doch selbst ermitteln müssten, ebenso wie die möglicherweise zu Lasten der Berechtigten ausfallende Gefahr, dass zu ihren Ungunsten nur vorläufige Einkommensfeststellungen in Ansatz gebracht werden an Stelle der endgültig festzusetzenden.
Zudem verringert sich nach der hier vertretenen Auffassung auch das seitens der Klägerin monierte Risiko, das sich daraus ergibt, wann der Finanzverwaltung die zu übermittelnden Daten zur Verfügung stehen. Es bleibt somit weniger dem Zufall überlassen.
Dem kann klägerseits nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, es seien die (hier) zum 31.10.2021 vorliegenden Daten zugrunde zu legen im Sinne des Abs. 5 Satz 2 der Vorschrift. Denn dies kann sich systematisch im Bereich der Einkünfte im Sinne des § 97a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 u. 2 SGB VI nur dann auswirken, wenn zum 30.09. nur Daten des vorvorvergangenen Jahres vorliegen, bis zum 31.10. dann aber die des vorvergangenen. Letztere sind dann für das dem Abruf folgende Kalenderjahr zugrunde zu legen. Der 31.10. spielt auch eine Rolle bei Auslandsrenten. Für Kapitaleinkünfte hingegen gilt Abs. 6 als lex specialis.
Aus Absatz 6 Satz 1 ist ersichtlich, dass nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich nur einmal jährlich eine Einkommensanrechnung stattfinden soll. Damit soll grundsätzlich ein Gleichlauf zwischen jährlicher Einkommensteuerfestsetzung nebst Einkommensfestsetzung und rentenrechtlicher Einkommensanrechnung erfolgen.

Zu guter Letzt verstößt es auch nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG unter dem Aspekt der Selbstbindung der Verwaltung, wenn die Beklagte in ihren Dienstanweisungen für ausländische Berechtigte eine nachträgliche Einkommensüberprüfung ermöglicht, nicht jedoch für inländische Berechtigte.
Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz liegt nur dann vor, wenn wesentlich gleiche Sachverhalte ungleich oder wesentlich ungleiche Sachverhalte gleich behandelt würden.
Dies ist vorliegend nicht gegeben:
Die Klägerin verkennt, dass bereits die gesetzlichen Regelungen des § 97a SGB VI für die Einkommensanrechnung inländischer und ausländischer bereist kraft Natur der Sache erheblich differieren: Nur bei Inländern ist ein automatischer Datenabruf möglich, bei Ausländern hingegen nicht. Inländer trifft nur bei vorhandenen Kapitaleinkünften eine Mitteilungspflicht, weil bei fehlender Mitteilung derselben bei der Einkommensanrechnung es bei den Datensätzen der Finanzverwaltung für das übrige Einkommen verbleibt und unterstellt wird, dass es keine Kapitaleinkünfte gibt. Nur für den Fall, dass die Mitteilungspflichten verletzt werden, ergibt sich eine Korrekturmöglichkeit.
Ausländischen Berechtigten hingegen obliegt der vollständige Nachweis ihrer gesamten Einkünfte, also auch solcher, die bei einem Inländer seitens der Finanzverwaltung per Datensatz zu melden sind. Weisen diese kein Einkommen nach, so ist nicht etwa der Grundrentenzuschlag zu zahlen, sondern eben gerade nicht, weil keine Einkommensanrechnung wegen fehlender Daten möglich ist, vgl. § 97a Abs. 3 Satz 3 2. HS SGB VI. Eine Frist zur Vorlage der Nachweise sieht Absatz 3 nicht vor. Es spricht aber viel dafür, dass genau hierfür auch Abs. 5 Satz 2 einschlägig sein dürfte.

Bereits hieraus wird deutlich, dass die gesetzlichen Regelungen für ausländische und für inländische Berechtigte so unterschiedlich sind, dass die Differenzierung in der Dienstanweisung keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz darstellt. Denn es trägt dem Umstand Rechnung, dass die Unterlagen für den Nachweis ausländischen Einkommens unter Umständen langwieriger zu beschaffen und zu übersetzen sind als bei einem Inländer. Ferner berücksichtigt es, dass der Grundrentenzuschlag bei fehlendem Nachweis ausländischen Einkommen nicht gezahlt wird. Die Regelung stellt damit eine Reaktion auf eine rechtlich völlig unterschiedliche Ausgangslage dar und ist daher nicht zu beanstanden.

Ginge man im Übrigen davon aus, dass die Regelung in der Dienstanweisung der Beklagten gegen § 97a Abs. 5 S. 2 SGB VI verstößt, so hätte die Klägerin dann ohnehin keinen Anspruch auf Gleichbehandlung durch eine gesetzwidrige Dienstanweisungsregel.

Nachdem es sich nach der hier vertretenen Auffassung bei einem Anknüpfungspunkt im Jahres des Datenabrufs zum 30.09., vorliegend zum 30.09.2021, beim "vorvergangenen" Jahr um das Jahr 2019 handelt, spielt es auch keine Rolle, ob die Daten für das Jahr 2020 noch bis zum 31.10.2021 übermittelt worden sind oder nicht. Denn es würde sich hierbei um die Daten des "vergangenen" Jahres handeln, die aber aufgrund eindeutiger gesetzlicher Regelung nicht der Einkommensanrechnung ab dem 01.01.2022 zugrunde zu legen sind.
Die Berechnung der Einkommensanrechnung an sich ist seitens der Klägerin nicht beanstandet worden. Auch für die Kammer ist nach Überprüfung kein Fehler ersichtlich.
Aus dem vorstehenden ergibt sich eindeutig, dass die angefochtenen Bescheide rechtmäßig sind und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen.
Die Klage ist unbegründet und daher abzuweisen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf en §§ 183, 193 SGG und berücksichtigt den Verfahrensausgang.

Rechtskraft
Aus
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