L 1 U 1364/17

Sozialgericht
SG Gotha (FST)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1.
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 10 U 2818/14
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 1 U 1364/17
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

§ 9 SGB VII, BKV Anl. 1 Nr. 2108

Gesetzliche Unfallversicherung - Berufskrankheit gem. BKV Anl. 1 Nr. 2108 - arbeitstechnische Voraussetzung - arbeitsmedizinische Voraussetzung - haftungsbegründende Kausalität - Wahrscheinlichkeit - bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule - Männer - Mainz-Dortmunder-Dosismodell - Orientierungswert - Konsensempfehlungen – unterer Grenzwert – Mindestbelastungsdosis

1. Zur Bestimmung der für eine Krankheitsverursachung erforderlichen Belastungsdosis iSd BK Nr.2108 (Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule) ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG weiterhin das Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) heranzuziehen.

2. Der untere Grenzwert, bei dessen Unterschreitung nach gegenwärtigem Wissensstand ein Kausalzusammenhang zwischen beruflichen Einwirkungen und bandscheibenbedingter Erkrankung der LWS ausgeschlossen und deshalb auf einzelfallbezogene medizinische Ermittlungen verzichtet werden kann, ist bei Männern auf die Hälfte des im MDD vorgeschlagenen Orientierungswertes für die Gesamtbelastungsdosis von 25 MNh, also auf 12,5 MNh, festzusetzen.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 26. September 2017 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben für das gesamte Verfahren einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2108 der Anlage 1 der Berufskrankheitenverordnung (BKV).

Der 1973 geborene Kläger durchlief zunächst vom 1. September 1989 bis 26. Februar 1993 eine Ausbildung zum Zerspanungsmechaniker bei der U E GmbH. Nach einer vom 27. Februar bis 31. März 1993 andauernden Arbeitslosigkeit war der Kläger vom 1. April 1993 bis 31. März 1997 bei der Bundeswehr als Sanitätssoldat tätig. Daran schloss sich eine Fortbildung zum geprüften Pharmareferenten, ein kurzer Zeitraum der Arbeitslosigkeit und bis zum 31. August 2002, unterbrochen von kurzen Arbeitslosigkeitszeiten, eine Tätigkeit als Pharmareferent an. Vom 1. September 2002 bis 31. Juli 2003 war der Kläger arbeitsuchend. Vom 1. August 2003 bis 4. Juli 2005 absolvierte er sodann eine Umschulung zur Fachkraft für Veranstaltungstechnik bei der Firma L & L in E, war anschließend bis zum 24. Juli 2005 erneut arbeitslos und vom 25. Juli 2005 bis 29. Februar 2008 selbständig als Fachkraft für Veranstaltungstechnik tätig. Eine Versicherung für Selbständige nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) bestand nicht. Vom 1. März 2008 bis 29. Februar 2012 war der Kläger als Fachkraft für Veranstaltungstechnik und Marktaufseher in der Stadtverwaltung E „Kulturdirektion Veranstaltungen und Märkte“ tätig. Seit dem 1. März 2012 ist er als Sachbearbeiter bzw. Verwaltungsfachangestellter tätig. Laut Unfallanzeige vom 6. Juni 2011 erlitt der Kläger auf dem D in E beim Entladen von Gummifüßen und Betonsteinen ein Verhebetrauma und spürte starke Rückenschmerzen. Am 17. August 2011 wurde ein Bandscheibenvorfall in Höhe Lendenwirbelsäule (LWS) 4/5 links im H Klinikum E operativ behandelt. Vom 28. September bis 19. Oktober 2011 absolvierte der Kläger deshalb eine Reha-Maßnahme in einer Fachklinik in L1. Die Entlassung aus der Reha-Maßnahme erfolgte als arbeitsunfähig. Im Verlauf der weiteren Bearbeitung des Arbeitsunfalles beantragte er mit Schreiben vom 28. März 2012 die Anerkennung einer BK 2108. Die Beklagte zog ärztliche Befundberichte über den Kläger bei. Der Kläger legte eine Aufstellung seiner beruflichen Tätigkeiten seit 1989 vor. Der Beratungsarzt der Beklagten L2 verneinte in einer Stellungnahme vom 8. September 2012 das Vorliegen eines belastungskonformen Schadensbildes im Sinne der BK 2108. Vorzeitige Bandscheibenveränderungen seien nur isoliert im Segment L4/L5 gesichert. Dieses Schadensbild sei nicht belastungskonform. Der Gewerbearzt S führte in seiner Stellungnahme vom 5. November 2012 aus, dass eine Stellungnahme des Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) zu den arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 2108 fehle. Anhand der Aktenlage sei eine BK 2108 nach den medizinischen Befunden mangels belastungskonformen Schadensbildes nicht festzustellen. Die Anerkennung einer BK 2108 werde daher nicht empfohlen. Daraufhin lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 5. Dezember 2012 die Anerkennung einer BK 2108 ab. Nach Auswertung der vorhandenen medizinischen Unterlagen bestehe eine vorzeitige Bandscheibenveränderung isoliert im Segment L4/L5, während alle übrigen Segmente der Lendenwirbelsäule keine vorzeitigen Bandscheibenveränderungen aufwiesen. Ein solches Krankheitsbild sei nicht anerkennungsfähig. Ein hiergegen durch den Kläger eingelegter Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 2014 zurückgewiesen.

Mit seiner am 16. Juni 2014 vor dem Sozialgericht Gotha (SG) erhobenen Klage hat der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung einer BK 2108 beantragt. Die Arbeitsbedingungen bei der Stadtverwaltung E seien derart prekär gewesen, dass sogar das Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz, Abt. Arbeitsschutz, u. a. gegen den Oberbürgermeister der Stadt E ein Bußgeldverfahren eingeleitet und ein Bußgeld verhängt habe. Sowohl die medizinischen als auch die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 2108 seien erfüllt. Das SG hat den Facharzt für Chirurgie U mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dieser führt in seinem Gutachten vom 10. November 2015 aus, dass in Zusammenschau aller verfügbaren medizinischen Informationen der Kläger an einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule im Sinne der BK 2108 leide. Kernspintomografisch sei im August 2011 im Segment L4/L5 ein eindeutig krankhafter Befund gesichert. Aus der ärztlichen Dokumentation vor dem operativen Eingriff im August 2011 ergebe sich auch ein typisches Radikulärsyndrom L5 links. Aufgrund der medizinischen Fakten könne das Vorliegen einer BK 2108 nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Zwar sei die Tatsache, dass nur eine der fünf Bandscheiben einen krankhaften Befund aufweise, grundsätzlich nicht belastungskonform. Auch Anpassungsvorgänge im Sinne der Entwicklung einer Begleitspondylose bestünden nicht. Beim gegenwärtigen Informationsstand komme eine Konstellation B3 der Konsensempfehlung in Betracht. Es könne allerdings nicht beurteilt werden, ob eines der Zusatzkriterien für die Konstellation B2 beim Kläger vorliege. Es fehlten Ermittlungen des Präventionsdienstes. Bei Erfüllung der Zusatzkriterien sei vom Vorliegen einer anerkennungsfähigen Konstellation B2 auszugehen. Bei einem besonderen Gefährdungspotential durch hohe Belastungsspitzen sei ein sogenanntes belastungskonformes Schadensbild in der Regel nicht zu erwarten. Die Bandscheibenschädigung erfolge in diesen Fällen nicht durch eine permanente und kontinuierliche Überlastung, sondern durch rezidivierende Mikrotraumatisierung mit dazwischenliegenden langen zeitlichen Intervallen ohne jegliche Bandscheibenbelastung. Aus ärztlicher Sicht könne daher das Vorliegen einer Berufskrankheit zurzeit nicht ausgeschlossen werden. In einer beratungsärztlichen Erwiderung führte L am 1. Dezember 2015 aus, dass ein von Anfang an lückenloses Vorerkrankungsverzeichnis des Klägers beizuziehen sei. Das vorliegende erfasse nur Zeiten ab dem Jahre 2004. Es seien weitere bildgebende Unterlagen beizuziehen. Der Sachverständige gehe beim Versicherten von einer achtjährigen beruflich bedingten Exposition aus. Das erfülle aber nicht das Merkmal „langjährig“ im Sinne der Konsensempfehlungen. In einer Stellungnahme vom 28. April 2017 bezifferte der TAD der Beklagten die berufliche Gesamtdosis des Klägers im Zeitraum vom 1. März 2008 bis 31. Juli 2011 bei der Stadt E auf 1,7 Meganewtonstunden (MNh). Hierzu nahm der Kläger in einem Schriftsatz vom 22. Juni 2017 umfangreich Stellung. Er beanstandete zunächst die Ermittlungen durch den TAD als unvollständig. Die der Berechnung zugrunde gelegten Lastgewichte seien nicht nachvollziehbar und dienten nur dazu, die Gesamtdosis niedrig zu halten. Das Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) gehe immer von einer acht-Stunden-Schicht aus. Dies sei bei ihm gerade nicht der Fall gewesen. Er habe deutlich mehr arbeiten müssen. Schichten von bis zu 14 Stunden würden die Muskulatur sehr schwächen. Nach der von ihm vorgelegten Berechnung sei die erforderliche Gesamtdosis nach dem MDD mit 13,6 MNh erfüllt. Dies ergebe sich allein durch die Berücksichtigung der Tätigkeiten bei der Stadt E und bei der Firma L & L. Die Beklagte ist diesen Ausführungen des Klägers entgegengetreten. Zudem sei die Häufigkeit der Transporte auf Wunsch des Personalrats zugunsten des Klägers auf 40 festgelegt worden. Das Anbringen der Ton- und Lichttechnik werde nur in Einzelfällen durch die Stadt E durchgeführt. Ein Aufschlag von zwei Stunden pro Schicht generell komme nicht in Betracht, weil die Wochenarbeitszeit von 40 Stunden eingehalten bzw. der Kläger keine 50 Stunden in der Woche gearbeitet habe.

Durch Urteil vom 26. September 2017 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 5. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juni 2014 aufgehoben und festgestellt, dass beim Kläger eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV (bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule) vorliege. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger an einer bandscheibenbedingten Erkrankung im Sinne der BK 2108 leide. Eine Erkrankung der Lendenwirbelsäule bandscheibenbedingt sei nicht nur radiologisch gesichert, sondern habe auch zu klinisch relevanten Funktionseinschränkungen geführt. Der Bandscheibenvorfall im Segment L4/L5 sei altersvorauseilend. Entgegen den Feststellungen des TAD der Beklagten habe der Kläger während seiner Tätigkeit als Veranstaltungstechniker bei der Stadt E eine Gesamtbelastungsdosis von 13,97 MNh erreicht. Dies ergebe sich aufgrund des plausiblen Vortrags des Klägers in seinem Schriftsatz vom 22. Juni 2017. Zudem habe die Beklagte eingeräumt, dass der Kläger mindestens bei 78 Veranstaltungen einer hohen Wirbelsäulenbelastung ausgesetzt gewesen sei. Bereits aus diesem Grund sei die Berechnung des TAD fragwürdig. Der Kläger erfülle das dritte Zusatzkriterium zur B2-Konstellation. Es sei von einem besonderen Gefährdungspotential durch hohe Belastungsspitzen auszugehen. Nach dem Vortrag des Klägers habe dieser die Hälfte der Tagesdosis für Männer durch die Einwirkung hoher Spitzenbelastung erreicht. Die medizinischen Voraussetzungen für eine Anerkennung seien daher ebenfalls gegeben.

Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Der Kläger erfülle nicht die Voraussetzungen für eine Anerkennung einer BK 2108. Hinsichtlich der arbeitstechnischen Voraussetzungen sei erneut auf die Stellungnahme des TAD vom 28. April 2017 zu verweisen. Danach liege die Gesamtdosis von 1,7 MNh deutlich unter der erforderlichen Gesamtbelastungsdosis von 12,5 MNh. Auch das Kriterium einer langjährigen lendenwirbelsäulenbelastenden Tätigkeit von mindestens zehn Jahren werde nicht erreicht. Hinsichtlich des Zusatzkriteriums 3 der Fallkonstellation B2 der Konsensempfehlungen sei nicht der Nachweis geführt, dass der Kläger einem besonderen Gefährdungspotential durch hohe Belastungsspitzen ausgesetzt gewesen sei. Die Ausführungen des Sozialgerichts, dass der Kläger an 78 Tagen im Jahr die Referenzschicht erreicht habe, seien nicht nachvollziehbar. Auch die medizinischen Voraussetzungen für eine Anerkennung lägen nicht vor. U stelle in seinem Sachverständigengutachten gerade fest, dass ein belastungskonformes Schadensbild beim Kläger nicht gesichert sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 26. September 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das SG habe die arbeitstechnischen Ermittlungen des TAD der Beklagten als fragwürdig bezeichnet. Zudem würden die Berechnungen des Klägers bezüglich seiner Tätigkeit bei der Firma L & L GmbH nicht hinreichend berücksichtigt. Die Beklagte habe es pflichtwidrig unterlassen, Ermittlungen zu den arbeitstechnischen Voraussetzungen anzustellen. Zudem sei im Rahmen der Tätigkeit bei der Stadt E permanent gegen Arbeitsschutzvorschriften verstoßen worden. Ein besonderes Gefährdungspotential durch hohe Belastungsspitzen sei durchaus gegeben. Insoweit habe der Sachverständige U in seinem Gutachten vom 10. November 2015 ausgeführt, dass in einem solchen Fall ein belastungskonformes Schadensbild gerade nicht zu erwarten sei.

Der Senat hat den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie N mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dieser führt in seinem Gutachten vom 29. August 2018 aus, dass im vorliegenden Falle nicht klar sei, ob überhaupt die arbeitstechnischen Voraussetzungen für das Vorliegen einer BK 2108 erfüllt seien. Hinsichtlich der medizinischen Voraussetzungen sei festzuhalten, dass bei dem Kläger zweifelsfrei eine bandscheibenbedingte Erkrankung an der Lendenwirbelsäule vorliege. In einem Kernspintomogramm vom 10. August 2011 sei ein Bandscheibenvorfall im Segment L4/5 gesichert. Daraus resultierten nach den Feststellungen des Notfallzentrums E eine linksseitige Ischialgie mit einer Fußheberschwäche und Gefühlsstörungen. Damit sei das Kriterium einer Nervenwurzelreizung erfüllt. Somit liege sowohl nach den bildgebenden Befunden als auch nach den klinischen Kriterien eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule vor. Bezüglich der Kausalität der beruflichen Tätigkeit für die Erkrankung der Lendenwirbelsäule des Klägers sei festzuhalten, dass im vorliegenden Fall eine isolierte Bandscheibenschädigung L4/5 ohne Beteiligung anderer Lendenwirbelsäulensegmente bestehe. Daher liege nach den Konsensempfehlungen eine Konstellation B vor. Die übrigen Bandscheiben der Lendenwirbelsäule seien unauffällig und wiesen auch keinen Wasserverlust im Sinne eines sogenannten „Black disc“ oder eine sogenannte Begleitspondylose, also knöcherne Kantenausziehungen, auf. Daher liege nach den Konsensempfehlungen eine Konstellation B2 vor. Diese sei nur anerkennungsfähig, wenn eine besonders intensive Belastung und/oder ein besonderes Gefährdungspotential durch hohe Belastungsspitzen vorlägen. Ohne deren Vorliegen sei eine Konstellation B3 gegeben. Diese sei nicht anerkennungsfähig. Daher sei es im Fall des Klägers entscheidend, ob eine entsprechende Exposition im Sinne der Konstellation B2 inklusive hoher Belastungsspitzen plausibel nachgewiesen werden könne. Im Falle einer Anerkennung sei eine MdE-Empfehlung in Höhe von 20 v. H. gerechtfertigt, weil eine Wurzelkompressionssymptomatik bestehe.

Anschließend hat der Kläger eine sogenannte eidesstattliche Versicherung des Zeugen W vom 18. Juli 2018 vorgelegt. Darin äußert sich dieser zum Umfang der Tätigkeit des Klägers bei der Stadt E.

Auf Anforderung des Senats hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 9. Mai 2019 eine Stellungnahme ihres TAD vom 18. April 2019 zur Arbeitsexposition bei Veranstaltungen der Stadt E vorgelegt. Darin wird von zehn besonderen Veranstaltungen in der Stadt E ausgegangen. Unter Beschreibung einer Referenzschicht wird ausgehend von einer Tagesdosis von 8,4 Kilonewtonstunden (kNh) und anteiligen Tagen pro Jahr von 189 eine Teildosis in Höhe von 5,4 MNh ermittelt. Die Beklagte führt zu dieser Berechnung hinsichtlich der 189 Arbeitstage an, dass diese im Vollbeweis nicht gesichert seien, weil der Kläger diese Tätigkeiten nicht an 189 Tagen im Jahr habe ausüben können, da die Stadt E im betreffenden Zeitraum nur jährlich zehn Veranstaltungen durchgeführt habe, an denen Tätigkeiten der Referenzschicht angefallen sein könnten.

In einer Stellungnahme vom 1. August 2019 bezifferte der TAD der BG Holz und Metall die Exposition des Klägers im Sinne der BK 2108 für die Zeit seiner Ausbildung bei der Firma S2 GmbH vom 1. September 1989 bis 28. Februar 1993 mit 0. Dem widersprach der Kläger mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2019.

Im Anschluss daran hat der Berichterstatter des Senats den Arbeitsmediziner B mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens hinsichtlich der arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 2108 beauftragt. Auf eine Anfrage des Sachverständigen vom 18. Juni 2019 hin hat der Berichterstatter diesem die Erlaubnis erteilt, den Kläger telefonisch zu Details seiner beruflichen Wirbelsäulenbelastung zu befragen. Dies wurde an die Auflage geknüpft, die Erkenntnisse des Telefonats schriftlich zusammenzufassen und sich vom Kläger bestätigen zu lassen.

Im Rahmen einer umfangreichen ca. 27 Stunden dauernden telefonischen Befragung hat der Kläger gegenüber dem Sachverständigen B seine lendenwirbelsäulenbelastende Tätigkeit für die einzelnen Arbeitsabschnitte wie folgt geschildert:

  1. Im Rahmen seiner Ausbildung zum Zerspanungsmechaniker im Zeitraum September 1989 bis Februar 1993 habe er an 175 Arbeitstagen pro Jahr im Betrieb gearbeitet und zwar zu 80 % an konventionellen Hobelmaschinen und zu 20 % an Drehmaschinen. An den Hobelmaschinen habe er 15 Gussrohlinge pro Tag bearbeitet. Im Einzelnen schildert der Kläger die erforderlichen Hebe- und Absetzvorgänge pro Rohling und die entsprechenden Lastgewichte. Weiterhin führt er aus, dass er 20 Spannbacken mit bestimmten Lastgewichten habe tragen müssen. Im Rahmen der Tätigkeit an der Drehmaschine seien ca. 100 Teile für Maschinen bearbeitet worden.
  2. Tätigkeit bei der Bundeswehr April 1993 bis Februar 1997

Im Rahmen der Tätigkeit als Sanitätssoldat sei er zehn Monate pro Jahr Wirbelsäulenbelastungen durch den Transport von Medikamentenkartons ausgesetzt gewesen. Pro Tag habe er fünf Kartons mit einem Lastgewicht zwischen 5 und 6 kg sowie zehn Kartons mit einem Lastgewicht zwischen 7 bis 15 kg gehandhabt. Diese seien einhändig angehoben worden. Ferner habe er 15 Kartons mit einem Lastgewicht zwischen 16 bis 20 kg beidhändig angehoben, vor dem Körper getragen und abgesetzt.

3. Umschulung bei der Firma L & L in E

     Im Zeitraum August 2003 bis Juli 2005 habe er 206 Tage pro Jahr im Betrieb gearbeitet, ausgehend von 19 Berufsschultagen. In 95 % der Arbeitszeit entsprechend 196 Tagen pro Jahr sei Veranstaltungstechnik aufgebaut worden, 3 % der Arbeitszeit sei für den Bau von Lautsprecherboxen und 2 % der Arbeitszeit für die Reparatur von Veranstaltungstechnik aufgewandt worden. An 120 Tagen pro Jahr habe er Tontechnik für Großdiskotheken aufgebaut, abgebaut, eingeladen und wieder ausgeladen und eingelagert. Die Gewichte der einzelnen Elemente werden im Einzelnen angegeben. Es sei zu überlangen Arbeitszeiten von bis zu 18 Stunden pro Tag gekommen. Zum Abbau dieser Überstunden habe der Arbeitgeber zusätzlich 10 freie Tage pro Jahr genehmigt. An 40 Tagen sei Veranstaltungstechnik für Großveranstaltungen in einem bestimmten Umfang aufgebaut worden, an 24 Tagen pro Jahr Veranstaltungstechnik für kleinere Veranstaltungen. Pro Tag sei in den Zeiten, in denen er Lautsprecherboxen gebaut habe, eine produziert worden. Fünf Tage pro Jahr seien Reparaturarbeiten durchgeführt worden. Zwischen August 2005 und Februar 2008 habe er als selbständiger Veranstaltungstechniker ohne freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Unfallversicherung gearbeitet.

 4. Tätigkeit bei der Stadt E

Für den Zeitraum März 2008 bis Juli 2011 sei bei 220 Arbeitstagen im Jahr abzüglich von fünf Arbeitstagen für Krankheit von nachfolgenden Tätigkeiten auszugehen. Für verschiedene Feste sei an 13 bis 17 Arbeitstagen pro Jahr eine Runddachbühne der Firma B1 aufgebaut worden. Die einzelnen Lastgewichte werden beschrieben. Teilweise sei es auch erforderlich gewesen, eine Scheinwerfergruppe aufzubauen. Außerdem habe die Bühne mit Ballast beschwert werden müssen. So seien mit Hubwagen Paletten mit 30 Bakenfüßen zur Bühne transportiert worden. An der Bühne habe er 30 Bakenfüße einhändig allein anheben müssen. Beim Abbau der Bühne sei der Arbeitsvorgang umgekehrt abgelaufen. Zu berücksichtigen seien Arbeiten für das Weinfest an fünf Tagen in den Jahren 2008 bis 2010. Die einzelnen Gewichte werden beschrieben. Ebenso habe es Arbeiten für das Herbstfest in diesen Jahren gegeben. Zu berücksichtigen seien ebenfalls die Arbeiten für den Altstadt- und Autofrühling und das Krämerbrückenfest. Hinzu kämen Arbeiten für den Blumen- und Gartenmarkt, Arbeiten für den Rathaussturm sowie das Aufstellen des Weihnachtsbaums. Für die Vorbereitung des Weihnachtsmarkts seien im Lager an fünf Tagen verschiedene Materialien einzuladen gewesen. So seien z. B. 80 Kabelbrücken à 30 kg auf eine Palette mit Hubwagen zum Transporter transportiert, einhändig allein angehoben und in den Transporter abgesetzt worden.

Ausgehend von diesen Angaben gelangt der Sachverständige B1 in seinem Gutachten vom 23. November 2020 zu dem Ergebnis, dass der Kläger während seines Arbeitslebens einer MDD-Gesamtdosis in Höhe von 12.518 MNh ausgesetzt gewesen sei. Damit sei der untere Grenzwert nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfüllt. Grundlage seiner Berechnung sei das Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD), an dessen Erarbeitung der Sachverständige als Co-Autor mitgearbeitet habe. Nach dessen fachlichen Vorgaben sei die MDD-Beurteilungsdosis für die einzelnen Tätigkeiten des Klägers wie folgt pro Tag zu ermitteln:

1. Firma U in E September 1989 bis Februar 1993

 

beim Hobeln

 2.586 Nh

beim Drehen

 2.010 Nh

 

2. als Zeitsoldat bei der Bundeswehr zwischen November 1993 bis Februar 1997     

 

Sanitätsdienst

1.677 Nh

 

3. Umschulung bei der Firma L & L August 2003 bis Juli 2005

 

beim Aufbau von Veranstaltungstechnik Großdiskotheken

 10.571 Nh

beim Aufbau von Veranstaltungstechnik für Großveranstaltungen

 16.217 Nh

beim Aufbau von Veranstaltungstechnik für kleinere Veranstaltungen

 9.433 Nh

beim Bau von Boxen

 1.493 Nh

bei Reparaturen von Veranstaltungstechnik

 1.211 Nh

 

4. Tätigkeit für die Stadt E zwischen Februar 2008 bis Juli 2011

 

beim Einladen von Bühnenteilen in einen Transporter im Lager

6.704 Nh

beim Aufbau der Bühne mit Scheinwerfern

7.964 Nh

beim Abladen der Bühnenteile und beim Aufbau der Bühne ohne Scheinwerfer

7.106 Nh

beim Abbau der Bühne ohne Scheinwerfer sowie Einladen der Bühnenteile in den Transporter

7.106 Nh

beim Abbau der Bühne mit Scheinwerfern sowie Einladen der Bühnenteile in den Transporter

7.964 Nh

beim Ausladen von Bühnenteilen aus einem Transporter im Lager

6.069 Nh

beim Warten und Einlagern von Bühnenteilen

6.288 Nh

beim Ein- und Ausladen für das Weinfest

 13.485 Nh

beim Aufbau für das Weinfest

11.820 Nh

beim Abbau für das Weinfest

11.820 Nh

beim Einladen am Weinfest und Ausladen im Lager

12.277 Nh

beim Einlagern nach dem Weinfest

9.305 Nh

beim Ein- und Ausladen von Materialien aus dem Transporter für das Herbstfest

8.650 Nh

Aufbau für das Herbstfest im G

9.294 Nh

beim Aufbau für das Herbstfest in der G1

10.362 Nh

beim Aufbau für das Herbstfest am D

13.093 Nh

beim Abbau des Herbstfestes am D

13.093 Nh

beim Abbau des Herbstfestes in der G1

10.362 Nh

beim Abbau des Herbstfestes im G

9.294 Nh

beim Einladen der Materialien des Herbstfestes und Ausladen aus dem Transporter im Lager

8.650 Nh

Ein- und Ausladen von Materialien für den Altstadtfrühling

8.650 Nh

Aufbau für den Altstadtfrühling im G

9.294 Nh

Aufbau für den Altstadtfrühling in der G1

10.362 Nh

Aufbau für den Altstadtfrühling am D

13.093 Nh

Ein- und Ausladen von Materialien am Eröffnungstag des Altstadtfrühlings

3.449 Nh

Abbau der Materialien für den Altstadtfrühling am D

13.050 Nh

Abbau der Materialien für den Altstadtfrühling in der G1

10.362 Nh

Abbau der Materialien für den Altstadtfrühling im G

9.294 Nh

Einladen der Materialien für den Altstadtfrühling und Ausladen im Lager

8.650 Nh

Einladen der Materialien für den Autofrühling und Ausladen

13.264 Nh

Aufbau des Materials für den Autofrühling

12.442 Nh

Abbau des Materials für den Autofrühling

12.442 Nh

Einladen und Ausladen der Materialien für den Autofrühling im Lager

11.937 Nh

Lager aufräumen nach dem Autofrühling

9.097 Nh

Ein- und Ausladen von Material für die Walpurgisnacht bzw. die Bikerausfahrt

13.113 Nh

Aufbau des Materials für die Walpurgisnacht

11.287 Nh

Holz stapeln für die Walpurgisnacht

10.597 Nh

Transport der Materialien für die Motorradausfahrt

8.486 Nh

Abbau des Materials für die Walpurgisnacht

12.055 Nh

Einräumen des Materials für die Walpurgisnacht bzw. die Bikerausfahrt im Lager

10.276 Nh

Ein- und Ausladen von Materialien für das Krämerbrückenfest

16.514 Nh

Aufbau des Materials für das Krämerbrückenfest

19.771 Nh

Abbau des Materials für das Krämerbrückenfest

19.771 Nh

Einladen von Materialien für das Krämerbrückenfest am Veranstaltungsort und Ausladen im Lager

10.285 Nh

Einlagern von Materialien für das Krämerbrückenfest

11.186 Nh

Einladen des Materials für den Blumen- und Gartenmarkt und Ausladen

10.370 Nh

Aufbau des Materials für den Blumen- und Gartenmarkt

13.249 Nh

Abbau des Materials für den Blumen- und Gartenmarkt

13.249 Nh

Transport des Materials für den Blumen- und Gartenmarkt vom D zum Lager und Ausladen im Lager

9.027 Nh

Einlagern des Materials für den Blumen- und Gartenmarkt

6.959 Nh

Einladen des Materials für den Cerealienmarkt im Lager und Ausladen am Veranstaltungsort

10.370 Nh

Aufbau des Materials für den Cerealienmarkt

13.249 Nh

Abbau des Materials für den Cerealienmarkt

13.249 Nh

Transport des Materials für den Cerealienmarkt vom D zum Lager und Ausladen im Lager

9.027 Nh

Einlagern des Materials für den Cerealienmarkt im Lager

6.959 Nh

Einladen der Materialien für den Rathaussturm, Ausladen, Aufbau, Abbau, Einladen und Einräumen im Lager

14.796 Nh

Einladen des Materials für den Karneval im Lager und Ausladen am Veranstaltungsort

10.554 Nh

Aufbau des Materials für den Karneval

13.533 Nh

Abbau des Materials für den Karneval

14.892 Nh

Einräumen des Materials für den Karneval

3.831 Nh

Vor- und Nachbereiten des Martinifestes

14.840 Nh

Einladen des Materials für die Konzerte im B2 Garten

5.679 Nh

Ausladen, Aufbau, Abbau und Einladen des Materials für die Konzerte im B2 Garten

4.518 Nh

Ausladen und Einlagern des Materials für die Konzerte im B2 Garten

5.679 Nh

Arbeiten für den Stadtfasching

9.831 Nh

Ein- und Ausladen des Materials für die Kunstevents von R

8.333 Nh

Aufbau des Materials für die Kunstevents von R

11.256 Nh

Einlagern des Materials für die Kunstevents von R

4.973 Nh

Ein- und Ausladen für den Weihnachtsmarkt 1. Tag

9.441 Nh

Ein- und Ausladen für den Weihnachtsmarkt 2. Tag

8.660 Nh

Ein- und Ausladen für den Weihnachtsmarkt 3. Tag

9.162 Nh

Ein- und Ausladen für den Weihnachtsmarkt 4. Tag

13.305 Nh

Ein- und Ausladen für den Weihnachtsmarkt 5. Tag

11.708 Nh

Aufbau für den Weihnachtsmarkt 1. Tag

11.806 Nh

Aufbau für den Weihnachtsmarkt 2. Tag

9.396 Nh

Aufbau für den Weihnachtsmarkt 3. Tag

12.593 Nh

Aufbau für den Weihnachtsmarkt 4. Tag

11.105 Nh

Aufbau für den Weihnachtsmarkt 5. Tag

10.007 Nh

Arbeiten für das Bühnenprogramm während des Weihnachtsmarktes

1.432 Nh

Schnee schaufeln während des Weihnachtsmarktes 2010 

7.000 Nh

Abbau für den Weihnachtsmarkt 1. Tag

11.806 Nh

Abbau für den Weihnachtsmarkt 2. Tag

9.396 Nh

Abbau für den Weihnachtsmarkt 3. Tag

12.593 Nh

Abbau für den Weihnachtsmarkt 4. Tag

11.105 Nh

Abbau für den Weihnachtsmarkt 5. Tag

10.007 Nh

Einlagern für den Weihnachtsmarkt 1. Tag

9.441 Nh

Einlagern für den Weihnachtsmarkt 2. Tag

8.660 Nh

Einlagern für den Weihnachtsmarkt 3. Tag

9.162 Nh

Einlagern für den Weihnachtsmarkt 4. Tag

13.305 Nh

Einlagern für den Weihnachtsmarkt 5. Tag

11.708 Nh

 

Hinsichtlich der Tätigkeiten bei der Firma U E geht der Sachverständige bezüglich des Hobelns von 140 Tagen pro Jahr und bezüglich des Drehens von 35 Tagen pro Jahr aus. Bei der Bundeswehr werden 183 Tage pro Jahr zugrunde gelegt, bei der Firma L & L bezüglich des Aufbaus von Veranstaltungstechnik in Großdiskotheken 120 Tage pro Jahr und bezüglich des Aufbaus von Veranstaltungstechnik für Großveranstaltungen 40 Tage, für den Aufbau von Veranstaltungstechnik für kleinere Veranstaltungen 24 Tage, für den Bau von Boxen 14 Tage und für die Reparatur von Veranstaltungstechnik fünf Tage. Hinsichtlich des zeitlichen Umfangs der Tätigkeit bei der Stadtverwaltung E geht der Sachverständige von 3,42 Jahren aus. Für die unterschiedlichen Tätigkeiten bei der Stadtverwaltung E im Zeitraum März 2008 bis Juli 2011 werden unterschieden nach der jeweiligen Tätigkeit bestimmte Tage angegeben. Insoweit wird auf Tabelle 99 verwiesen.

Hinsichtlich des Vorliegens einer besonders intensiven Belastung im Sinne der Fallkonstellation B2 geht der Sachverständige B davon aus, dass eine solche mit Erreichen des Richtwertes für die Lebensdosis in weniger als zehn Jahren nicht erfüllt sei. Hinsichtlich eines besonderen Gefährdungspotentials durch hohe Belastungsspitzen mit Erreichen der Hälfte des MDD-Tagesdosis-Richtwertes durch hohe Belastungsspitzen ab 6.000 Newton (N) im Sinne der Fallkonstellation B2 führt er aus, dass der Kläger während des Zeitraums August 2003 bis Juli 2005 an 184 Tagen pro Jahr einer Spitzenbelastung im Sinne dieses Kriteriums ausgesetzt gewesen sei. Während des Zeitraumes August 2008 bis Juli 2011 habe eine Spitzenbelastung in diesem Sinne an 38 bis 40 Schichten je nach Jahr vorgelegen. Daher sei das Kriterium im Zeitraum August 2003 bis Juli 2005 sicher erfüllt. Strittig sei, ob bei dem Kläger während der Tätigkeit zwischen März 2008 und Juli 2011 eine solche Belastung im Sinne des 3. Zusatzkriteriums der Fallkonstellation B2 nach den Konsensempfehlungen angenommen werden könne. Dies sei rechtlich zu entscheiden. Weitere Ermittlungen seien aus seiner Sicht nicht erforderlich.

Der Kläger hat sich den Ausführungen des Sachverständigen angeschlossen. Des Weiteren macht er geltend, dass hinsichtlich der Prüfung der Frage, ob eine Einwirkung an 38 bis 40 Schichten pro Jahr dem 3. Zusatzkriterium der Konstellation B2 genügt, bei der erforderlichen Einzelfallprüfung zu berücksichtigen sei, dass bei der Tätigkeit bei der Stadtverwaltung E erhebliche Mängel im Hinblick auf eine fehlende Gefährdungsbeurteilung, fehlende arbeitsmedizinische Vorsorge und unzureichende Hebe- und Transportmittel nach Lastenhandhabungsverordnung bestanden hätten.

Die Beklagte ist den Ausführungen des Sachverständigen B entgegengetreten. Die Berechnung der MDD-Gesamtdosis in Höhe von 12,518 MNh beruhe ausschließlich auf telefonisch gegenüber dem Sachverständigen gemachten Angaben des Klägers. Nachprüfungen des TAD hätten ergeben, dass die Angaben des Klägers zu seinen wirbelsäulenbelastenden Tätigkeiten als Marktaufseher der Stadt E in Teilelementen nicht nachvollziehbar seien. Die Angaben des Klägers zum Lastgewicht der Kabelbrücke (30 kg) oder zum Lastgewicht des Holzzaunes (40 kg) seien nicht nachvollziehbar. Die Kabelbrücke wiege nach einer Messung vor Ort 10,65 kg bis 12,20 kg und der Holzzaun 17,50 kg bis 21,70 kg. Die 240 Kabelbrücken im Bestand seien größtenteils 2008 bis 2011 schon vorhanden gewesen. Kabelbrücken seien im relevanten Zeitraum nicht nur bei einer Fremdfirma gelagert und auf Hubwagen und Palette angeliefert worden, sondern Teil des Auftrages sei auch das Auslegen der Kabelbrücken sowie das Verlegen und das Anschließen der Kabel selbst gewesen. Nur in Einzelfällen seien diese Arbeiten durch den Versicherten oder seine Kollegen übernommen worden. Bezüglich der Holzzäune sei darauf hinzuweisen, dass das Weinfest im damaligen Zeitraum auf dem Rathausparkplatz stattgefunden habe. Dort sei eine solch hohe Stückzahl nicht zum Einsatz gekommen. Die Anzahl sei erst später mit Verlegung auf den D ab 2012 erhöht worden. Bezüglich der Betonfüße sei z. B. die Verwendung von dort auch damals vorhandenen Hilfsmitteln wie Sackkarren außer Acht gelassen worden. Die vom Kläger geschilderte Handhabung der vier Fahnenständer sei in Zweifel zu ziehen. Die erwähnten Baumständer seien nicht zu zweit, sondern zu viert getragen worden. Die Paletten für das Walpurgisfest seien zum Zwecke der Verbrennung geliefert worden. Es habe sich hierbei meistens um einfache Einwegpaletten mit einem Gewicht unter 30 kg gehandelt. Vorgelegt wurde des Weiteren ein Leistungsverzeichnis für den E Weihnachtsmarkt 2010 für die elektrotechnische Sicherstellung der Vor- und Nachbereitung sowie der Durchführung des Weihnachtsmarktes. Bezüglich der Prüfung des Gewichts der Lastgewichte durch den TAD trägt der Kläger in einem Schriftsatz vom 6. April 2021 vor, dass die zum Einsatz gekommene Waage mit ihrem maximalen Messbereich von 150 kg ungeeignet gewesen sei. Nach dem vorgelegten Leistungsverzeichnis habe die Firma H 300 laufende Meter Kabelbrücken verlegen sollen. Dies beinhalte eine eklatante Differenz von 88 Kabelbrücken zu dem Bestand der Stadt E. Die Elektrofirma H habe im Zeitraum März 2008 bis Juli 2011 auch keinen Grund gehabt, Transporte zwischen einer Lagerhalle in der H1 und den Veranstaltungsorten zu unternehmen, da das aufgeführte Material des Leistungsverzeichnisses bei der Firma H in M eingelagert gewesen sei. Hinsichtlich der Überprüfung des Gewichts der Holzzäune sei festzustellen, dass diese bedingt durch Corona längere Zeit in einer trockenen Lagerhalle gelagert worden seien und damit nachvollziehbar leichter sein müssten als im Einsatzzeitraum. Hinsichtlich der Betonfüße sei auszuführen, dass er selbst Betonfüße der Firma M1 mit einem Gewicht von 35,5 kg gehandhabt habe. Die einzig vorhandene Sackkarre sei im Ergebnis unbrauchbar gewesen. Bauzäune seien nicht nur z. B. durch die Firma S1 angeliefert, sondern auch durch die Mitarbeiter seiner Abteilung abgeholt und zurückabgewickelt worden. Es sei durchaus möglich gewesen, die Fahnenständer allein zu tragen. Sie seien entsprechend seinen Angaben gegenüber dem Sachverständigen zu zweit getragen worden. Bezüglich der Baumständer sei ein Hebevorgang zu zweit mit Absetzen angegeben worden. Es seien Pfandpaletten auf dem E D verbrannt worden. Dabei habe es sich um solche gehandelt, die z. B. aufgrund der Verschmutzung mit Farbe, Öl nicht mehr zurückgenommen worden seien. Hinsichtlich der Untersuchung der Lastgewichte der Runddachbühne B1 habe er zum Hersteller selbst Kontakt aufgenommen. Danach seien die vom TAD zugrunde gelegten Werte nicht nachvollziehbar.

Auf Anforderung des Senats hat der Sachverständige B in einer ergänzenden Stellungnahme vom 14. April 2021 mitgeteilt, dass die Berechnung der jeweiligen MDD-Teildosis mit dem Tabellenkalkulationsprogramm Excel der Firma M2 erfolgt sei. Er habe dem Kläger die von ihm vorgefertigte Arbeitsanamnese per Mail am 19. November 2020 zugeleitet mit der Bitte, diese bis zum 20. November 2020 zu überprüfen. Daraufhin habe der Kläger ihm wie gefordert die Arbeitsanamnese unterschrieben zurückgesandt. Seinem Gutachten liege die Arbeitsanamnese in der Fassung bei, der der Kläger zugestimmt habe.

Auf Anforderung des Senats legte die Unfallkasse eine weitere Stellungnahme ihres TAD vom 30. Juni 2021 vor. Darin führt dieser aus, dass bereits allein die Korrektur des Lastgewichts Kabelbrücke zu einer Minderung der errechneten Gesamtbelastungsdosis in Höhe von 0,6 MNh und damit auf 11,918 MNh führe. Damit sei der untere Grenzwert nach der Rechtsprechung unterschritten. Auch nach dem erneuten Vortrag des Klägers blieben viele seiner Angaben weiterhin nicht plausibel. Laut Gutachten sollten z. B. an etwa 60 Schichten im Jahr durchschnittlich 54-mal Kabelbrücken bewegt worden sein. Die Stadt E habe hierzu jedoch ausgeführt, dass das Auslegen sowie das Verlegen und das Anschließen der Kabelbrücken überwiegend durch einen Dienstleister erfolgt sei. Dennoch gehe man bei einer Nachberechnung zugunsten des Klägers von seinen Angaben aus und übernehme nur das korrigierte Gewicht in die Nachberechnung. Auch unter Berücksichtigung der korrigierten Lastgewichte für Auf- und Abbau Weinfest ergebe sich bereits eine Korrektur von 0,016 MNh. Bereits diese Korrektur führe zum Erreichen des Grenzwertes von 12,502 MNh. Hinsichtlich der Kabelbrücken sei bei einer Reduzierung des Lastgewichts von 30 auf 10,7 kg eine Gesamtdifferenz von 0,6 MNh zu verzeichnen. Daraus resultiere ein Unterschreiten des Mindestwertes von 12,5 MNh, denn danach betrage die Exposition des Klägers nur noch 11,918 MNh.

Auf Anforderung des Senats hat das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistung der Bundeswehr in einer Stellungnahme vom 4. Januar 2022 bezüglich der Plausibilität der Angaben des Klägers Zweifel geäußert. Gemäß der Befragung eines größeren Sanitätsversorgungszentrums in H1 entspreche die dort gehändelte Menge nur etwa 10 % der Menge, welche der Kläger angegeben habe. Es sei zudem unwahrscheinlich, dass keine Transportmittel in Form einer Sackkarre zur Verfügung gestanden hätten.

Mit Schreiben vom 14. Januar 2022 hat der Sachverständige B eine vom Kläger unterschriebene Arbeitsanamnese vorgelegt. Daraus ergibt sich, dass der Kläger am 2. Dezember 2021 die im Gutachten verwandte Arbeitsanamnese durch seine Unterschrift bestätigt hat. Der Kläger hat anschließend einen Tätigkeitsnachweis vom 23. Juli 1996, unterzeichnet von Oberstabsarzt S2 der Luftwaffensanitätsstaffel, bezüglich seiner Tätigkeit bei der Bundeswehr vorgelegt.

In einer Stellungnahme vom 7. April 2022 führt der Kläger bezüglich der Ausführungen des TAD der Beklagten vom 30. Juni 2021 aus, dass die zugrunde gelegten Werte bezüglich Auf- und Abbau Weinfest nicht nachvollziehbar seien. Es fehlten z. B.  Berechnungen für das Tragen des Bauzaunes neben dem Körper über eine Strecke im Mittel von 40 Meter. Des Weiteren habe der Sachverständige B zu seinen Ungunsten bei Werten ab 5 abgerundet. Korrekt ergebe sich bei Aufrundung eine Tagesdosis von 11.850 N. Zudem seien Arbeitszeitverstöße nicht berücksichtigt worden. Das MDD gehe von einer geregelten Arbeitszeit von acht Stunden aus. Vorgelegt wurden des Weiteren Anwesenheitsnachweise des Klägers für August 2008, August 2009 und August 2010.

Auf Anforderung des Senats hat das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistung der Bundeswehr eine weitere Stellungnahme vom 29. August 2022 vorgelegt. Aus dieser ergibt sich, dass Oberstarzt S2 an den Kläger zwar keine direkte und persönliche Erinnerung hat, er sich jedoch daran erinnern kann, dass in L3 damals ein sehr großer Sanitätsbereich inklusive Zahnarztgruppe mit umfangreicher Materialbewirtschaftung vorhanden gewesen sei. Die vom Kläger geschilderten Tätigkeiten insbesondere hinsichtlich des Tragens seien für ihn nachvollziehbar.

Auf Anforderung des Senats hat der TAD der Berufsgenossenschaft Holz und Metall hinsichtlich der Tätigkeit des Klägers bei der Firma U E mit einer Gesamtexposition von 0,84 MNh beziffert. Der TAD führt insoweit aus, dass eine Befragung vor Ort ergeben habe, dass die entsprechenden Betriebsteile der damaligen E U verkauft und ein Großteil dieser Bereiche geschlossen worden sei. Mitarbeiter aus dem Referenzzeitraum seien daher im Betrieb nicht mehr existent. Der Kläger habe keine Differenzierung zwischen den Lehrjahren vorgenommen. Dabei sei nicht berücksichtigt, dass in den Metallbetrieben, insbesondere in einem VEB, eine Lehrwerkstatt vorhanden gewesen sei. Außerdem wird auf einen damals geltenden Ausbildungsrahmenplan der Metallbranche zu DDR- und Übergangszeiten verwiesen. Unter Einbeziehung all dessen sei eine Gesamtdosis in Höhe von 0,84 MNh festzustellen.

Auf Anforderung des Senats hat der TAD der Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik in einer Stellungnahme vom 6. September 2023 nach Vorortermittlungen bei der Firma L & L GmbH in E die Arbeitsschichten während des gesamten Beschäftigungsverhältnisses dort mit 383 beziffert. Davon seien 364 Arbeitsschichten für den Aufbau von Veranstaltungstechnik, elf Arbeitsschichten für den Bau von Lautsprecherboxen und acht Arbeitsschichten für die Reparatur von Lautsprecherboxen aufgewandt worden. Bezüglich des Besuchs der Berufsschule seien Schulfreistellungen wegen Arbeitsanfalls in dem Ausbildungsbetrieb zu berücksichtigen. Der Unternehmer sei in der Prüfungskommission tätig gewesen. Aufzeichnungen über Anwesenheitszeiten seien nicht mehr vorhanden. Der damalige Unternehmensinhaber J habe die teilweise langen Arbeitszeiten als durchaus üblich bestätigt. Zwei Mitarbeiter seien überwiegend beim Auf- bzw. Abbau tätig gewesen. Je nach Event seien aber auch mehr Personen zum Einsatz gekommen. Die dem Gutachten von B zugrunde gelegten Gewichte seien vom Unternehmer bestätigt worden. Genaue Angaben über die Einsatzhäufigkeit der Hilfen seien aufgrund der unterschiedlichen Veranstaltungsorte nicht mehr möglich. Die Tabellen 4 bis 8 des Gutachtens von B zur Beurteilung der MDD-Dosis seien auf dieser Grundlage zu akzeptieren. Der Kläger hat in einem Schriftsatz vom 17. Oktober 2023 den Ermittlungen des TAD der BGHW insoweit zugestimmt, als die unzuträglichen Arbeitsabläufe nunmehr zum größten Teil bestätigt seien. Nicht zu folgen sei den Ausführungen des TAD der BGHW hinsichtlich der Zahlen der Arbeitsschichten im Zeitraum 1. August 2003 bis 4. Juli 2005. B gehe in seinem Gutachten von 392 Tagen aus, der TAD der BGHW von 383 Tagen. Zutreffend seien hingegen 391 Tage. Es sei von 490 reinen Arbeitstagen in Thüringen, abzüglich 46 Urlaubstagen, 36 Schultagen und 19 Tagen Zeitausgleich auszugehen. Das ergebe 391 Tage. Zu berücksichtigen seien auch die überlangen Arbeitszeiten. Der Sachverständige B habe nicht berücksichtigt, dass die Technik in Boxen mit Rollen z. B. bei Naturkopfsteinpflaster nicht habe transportiert werden können. Eine Neuberechnung unter Berücksichtigung der fehlerhaften Ausführungen im Gutachten von B sowie der hinzukommenden Belastung aus der Stellungnahme des TAD der BGHW vom 14. August 2023 ergebe insbesondere unter Berücksichtigung der überlangen Arbeitszeiten eine Teildosis von 6,038 MNh.

In einem Schriftsatz vom 8. November 2023 führt der Kläger aus, dass den Berechnungen eine acht-Stunden-Schicht bei der Stadt E zugrunde liege. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass er nachweislich signifikant weniger Tage im relevanten Zeitraum habe arbeiten müssen, sei von einer Erhöhung der täglichen Arbeitszeit auf durchschnittlich neun Stunden auszugehen. Dies berücksichtigend und ausgehend von einer Stunde Tätigkeit in extremer Rumpfbeugehaltung errechne sich eine Teildosis von 7,443 MNh. Bei der Bundeswehr betrage die Teildosis 1,05 MNh und bei der Firma U 1,521 MNh. Die Gesamtdosis betrage daher 16,052 MNh.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen K, W, G, S2 und J. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens, des Verfahrens S 17 U 3503/12 (S 10 U 71/19 WA) sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 143, 151 SGG) und hat in der Sache Erfolg.

Der Bescheid der Beklagten vom 5. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juni 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 SGG). Eine berufsbedingte Bandscheibenerkrankung der LWS im Sinne der BK Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV kann beim Kläger zur Überzeugung des Senats (§ 128 SGG) nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht festgestellt werden. Vorliegend besteht kein Anspruch des Klägers auf behördliche Feststellung einer Berufskrankheit nach § 9 Abs. 1 SGB VII i.V. m. Nr. 2108 BKV, weil die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht im Sinne des notwendigen Vollbeweises nachgewiesen sind.

Rechtsgrundlage für die Feststellung einer Berufskrankheit ist § 9 Abs. 1 SGB VII in der ab dem 1. Januar 2021 geltenden Fassung. Danach sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte in Folge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII n. F. wird die Bundesregierung ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, dass die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. Die weitere in § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII in der bis zum 31. Dezember 2020 geltenden Fassung (a. F.) normierte Einschränkung, dass auch bestimmt werden kann, dass Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können, ist ab dem 1. Januar 2021 entfallen. Zugleich hat der Verordnungsgeber zum 1. Januar 2021 den Unterlassungszwang aus allen Berufskrankheiten-Tatbeständen gestrichen, somit auch aus dem Tatbestand der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV. Nach der ebenfalls zum 1. Januar 2021 in Kraft getretenen neuen gesetzlichen Rückwirkungsregelung in § 9 Abs. 2a Nr. 1 SGB VII n. F. sind Krankheiten in den Fällen des § 9 Abs. 1 SGB VII n. F., die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, rückwirkend frühestens zu dem Zeitpunkt als Berufskrankheit anzuerkennen, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist. Es handelt sich um eine zukunftsgerichtete tatbestandliche Rückanknüpfung beziehungsweise „unechte“ Rückwirkung, wonach die mit dem Wegfall des Unterlassungszwangs verbundenen Anerkennungserleichterungen für bereits vor dem 1. Januar 2021 Erkrankte gelten (vergleiche Römer/Keller, Neues vom Gesetzgeber im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung, SGb 2020, 651, [655]).

Bis zum 31. Dezember 2020 war der Tatbestand der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV wie folgt umschrieben: „Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.“ Die Voraussetzung, wonach die bandscheibenbedingten Erkrankungen der Lendenwirbelsäule zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben müssen, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können, ist mit Wirkung zum 1. Januar 2021 entfallen (vgl. Art. 24 Nr. 3 Buchst. a, Art. 28 Abs. 6 des 7. SGB-IV-ÄndG). Zeitgleich ist der Tatbestand der Berufskrankheit Nr. 2108 um eine weitere Voraussetzung, wonach die bandscheibenbedingten Erkrankungen der Lendenwirbelsäule zu chronischen oder chronisch-rezidivierenden Beschwerden und Funktionseinschränkungen (der Lendenwirbelsäule) geführt haben müssen, erweitert worden (vgl. Art. 24 Nr. 3 Buchst. c, Art. 28 Abs. 6 des 7. SGB-IV-ÄndG). Seit dem 1. Januar 2021 wird der Tatbestand der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV wie folgt umschrieben: „Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zu chronischen oder chronisch-rezidivierenden Beschwerden und Funktionseinschränkungen (der Lendenwirbelsäule) geführt haben“ (vgl. zum Ganzen: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27. April 2022 - L 3 U 4097/20, juris Rn. 33ff.).

Diese Änderung der Rechtslage zum 1. Januar 2021 hat jedoch auf den vorliegenden Fall keine Auswirkungen. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fehlt es bereits am Vorliegen der erforderlichen arbeitstechnischen Voraussetzungen im Sinne der BK 2108.

Für die Feststellung einer Listen-Berufskrankheit ist erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und diese Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Verrichtung, die Einwirkungen und die Krankheit im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 4. Juli 2013 – B 2 U 11/12 R, Rn. 12 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 15. September 2011 – B 2 U 25/10 R; BSG, Urteil vom 15. September 2011 – B 2 U 22/10 R; BSG, Urteil vom 2. April 2009 – B 2 U 30/07 R; BSG, Urteil vom 2. April 2009 – B 2 U 9/08 R, alle nach juris).

Zwar gehört der Kläger zu dem versicherten Personenkreis. Er war in der Zeit vom 1. September 1989 bis zum 26. Februar 1993 (Ausbildung zum Zerspanungsmechaniker), vom 1. April 1993 bis 28. Februar 1997 (Sanitätssoldat), vom 1. März 1997 bis 31. Dezember 1997, 1. Januar 1998 bis 31. Januar 1999 und 1. April 1999 bis 30. Juni 2001, 1. Juli 2001 bis 31. August 2002 (Ausbildung bzw. Tätigkeit als Pharmareferent), vom 1. August 2003 bis 4. Juli 2005 (Umschulung zur Fachkraft für Veranstaltungstechnik) und vom 1. März 2008 bis 29. Februar 2012 (Fachkraft für Veranstaltungstechnik, Marktaufseher bei der Stadt E) versicherungspflichtig beschäftigt und gehörte daher zu den Versicherten nach § 2 Satz 1 Nr. 1 des SGB VII. Dagegen gehörte er während seiner selbständigen Tätigkeit als Veranstaltungstechniker im Zeitraum 25. Juli 2005 bis 29. Februar 2008 nicht zu dem nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherten Personenkreis, weil er sich nicht bei der zuständigen Berufsgenossenschaft als Unternehmer freiwillig versichert hatte.

Jedoch liegen die sog. arbeitstechnischen Voraussetzungen in Bezug auf die Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV nicht vor. Die beim Kläger für seine versicherte Tätigkeit von September 1989 bis November 2001 festzustellende Gesamtbelastungsdosis von 10,96 MNh für das Heben oder Tragen schwerer Lasten einschließlich von Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung schließt eine berufliche Verursachung seiner bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS von vorneherein aus.

Dies ergibt sich aus Folgendem:

Der Kläger hat ausweislich der Ermittlungsergebnisse der verschiedenen Präventionsdienste, welche der Senat als Urkundenbeweis im Sinne des § 118 Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. § 415 ff. ZPO verwertet hat, des sonstigen Akteninhalts und dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Berufungsverfahren (Sachverständigengutachten B, persönliche Anhörung des Klägers vor dem Senat und Zeugeneinvernahme)  in seiner versicherten Tätigkeit von September 1989 bis Juli 2011 mit Unterbrechungen  langjährig regelmäßig (an mindestens 60 Arbeitstagen pro Jahr) schwere Lasten, nämlich mit Gewichten zwischen 10 kg und 50 kg - teilweise allein, teilweise zu zweit - gehoben und getragen und auch Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugung (Beugung des Oberkörpers aus der aufrechten Körperhaltung um ca. 90°oder mehr; vgl. Punkt IV, Merkblatt des BMAS zur BK Nr. 2108) verrichtet. Zur Frage, wann Lasten „schwer“ im Sinne der BK Nr. 2108 der Anl. 1 zur BKV sind und demnach mit einem erhöhten Risiko für die Verursachung von bandscheibenbedingten Erkrankungen der LWS einhergehen, enthält das aktuelle Merkblatt des BMAS zur BK Nr. 2108 (Punkt IV), das jedenfalls als Interpretationshilfe herangezogen werden kann (BSG, Urteil vom 23. April 2015 – B 2 U 20/14 R, Rn. 15, juris), als Richtwerte für Männer für beidhändiges Heben 20 kg, einhändiges Heben 10 kg, beidhändiges Umsetzen 30 kg, einhändiges Umsetzen 10 kg und beidseitiges Tragen neben dem Körper, auf den Schultern oder dem Rücken 30 kg. Da es sich hierbei um bloße Orientierungswerte handelt, können jedoch auch die übrigen vom Kläger gehandhabten Lasten mit geringerem Gewicht bei der Beurteilung der Frage, ob der Kläger langjährig schwere Lasten gehoben oder getragen hat, nicht von vorneherein unberücksichtigt bleiben. Langjährig bedeutet, dass zehn Berufsjahre als im Durchschnitt untere Grenze der belastenden Tätigkeit zu fordern sind (vgl. BSG, Urteil vom 6. September 2018 – B 2 U 13/17 R, Rn. 13, m.w.N., juris). Diese zehn Jahre werden mit 11,83 Jahren überschritten (42 Monate Ausbildung Zerspanungsmechaniker + 36 Monate Bundeswehr (ohne Grundwehrdienst) + 24 Monate Umschulung zur Fachkraft für Veranstaltungstechnik + 40 Monate Stadt E = 142 Monate < 11,83 Jahre). Der Senat lässt an dieser Stelle ausdrücklich offen, ob weitere Abzüge hinsichtlich der langjährigen Dauer über den Grundwehrdienst hinaus (beispielsweise wegen Einarbeitung im Rahmen der Ausbildung zum Zerspanungsmechaniker, Absolvieren von Lehrgängen ohne Heben und Tragen schwerer Lasten/wirbelsäulenbelastende Tätigkeit in dieser Ausbildung und bei der Bundeswehr) vorzunehmen sind. Denn wegen Nichterreichens der MDD-Mindestdosis kommt es darauf nicht an.

Im Einzelnen:

Die Bestimmung der für die Verursachung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS erforderlichen Belastungsdosis erfolgt anhand des Mainz-Dortmunder-Dosismodells (MDD). Hierbei handelt es sich um eine geeignete Grundlage zur Konkretisierung, um die im Text der BK nach Nr. 2108 der Anl. 1 zur BKV mit den unbestimmten Rechtsbegriffen „langjähriges“ Heben und Tragen „schwerer“ Lasten oder „langjährige“ Tätigkeit in „extremer Rumpfbeugehaltung“ nur ungenau und allenfalls nur richtungsweisend umschriebenen Einwirkungen zu konkretisieren (BSG, Urteile vom 6. September 2018 – B 2 U 13/17 R, Rn. 16, und B 2 U 10/17 R, Rn. 19, 18. November 2008 – B 2 U 14/07 R, Rn. 25, und vom 30. Oktober 2007 – B 2 U 4/06 R, Rn. 18, 22; jeweils in juris). Allerdings legt das MDD selbst für die Belastung durch Heben und Tragen keine Mindestwerte fest, die erreicht werden müssen, damit von einem erhöhten Risiko von Bandscheibenschäden durch die berufliche Tätigkeit ausgegangen werden kann. Die aufgrund einer retrospektiven Belastungsermittlung für risikobehaftete Tätigkeitsfelder – so der Titel der Veröffentlichung von Jäger u.a. in ASUMed 1999, S. 101 ff. – ermittelten Werte, insbesondere die Richtwerte für die Gesamtbelastungsdosis, werden von seinen Verfassern nicht als Grenz-​, sondern als Orientierungswerte oder -vorschläge bezeichnet (ASUMed 1999, S. 101, 109). Auch das aktuelle Merkblatt des BMAS zur BK Nr. 2108, das für eine zusammenfassende Bewertung der Wirbelsäulenbelastung auf das MDD verweist, geht von bloßen Orientierungswerten aus (BArbBl. 2006, Heft 10, S. 30 ff.). Danach sind zwar die arbeitstechnischen Voraussetzungen für eine BK Nr. 2108 der Anl. 1 zur BKV zu bejahen, wenn die Richtwerte im Einzelfall erreicht oder überschritten werden. Umgekehrt schließt aber ein Unterschreiten dieser Werte das Vorliegen der BK Nr. 2108 der Anl. 1 zur BKV nicht von vornherein aus. Orientierungswerte sind andererseits keine unverbindlichen Größen, die beliebig unterschritten werden können. Ihre Funktion besteht in dem hier relevanten Zusammenhang darin, zumindest die Größenordnung festzulegen, ab der wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten als potentiell gesundheitsschädlich einzustufen sind. Die Mindestbelastungswerte müssen naturgemäß niedriger angesetzt werden, weil sie ihrer Funktion als Ausschlusskriterium auch noch in besonders gelagerten Fällen, etwa beim Zusammenwirken des Hebens und Tragens mit anderen schädlichen Einwirkungen, gerecht werden müssen. Werden die Orientierungswerte jedoch so deutlich unterschritten, dass das durch sie beschriebene Gefährdungsniveau nicht annähernd erreicht wird, so sind die tatbestandlichen Voraussetzungen der BK Nr. 2108 der Anl. 1 zur BKV zu verneinen, ohne dass es weiterer Feststellungen zum Krankheitsbild und zum medizinischen Kausalzusammenhang im Einzelfall bedarf (BSG, Urteile vom 30. Oktober 2007 – B 2 U 4/06 R, Rn. 18, 19, und 18. November 2008 – B 2 U 14/07 R, Rn. 26, 27, jeweils in juris).

Das BSG hat daher in seinen wiederholt bestätigten Entscheidungen vom 30. Oktober 2007 und 18. November 2008 im Hinblick auf die Erkenntnisse aus der „Deutschen Wirbelsäulenstudie“ (DWS I; siehe Abschlussbericht, veröffentlicht im Internet unter www.dguv.de/inhalt/leistungen/versschutz/bk/wirbelsaeule/index.html) Modifizierungen zur Anwendung des MDD für notwendig erachtet. Danach ist die dem MDD zugrundeliegende Mindestdruckkraft pro Arbeitsvorgang bei Männern nunmehr mit dem Wert 2.700 Newton (N) pro Arbeitsvorgang einzusetzen. Auf eine Mindesttagesdosis ist nach dem Ergebnis der DWS I zu verzichten. Alle Hebe- und Tragebelastungen, die die aufgezeigte Mindestbelastung von 2.700 N bei Männern erreichen, sind entsprechend dem quadratischen Ansatz (Kraft mal Kraft mal Zeit) zu berechnen und aufzuaddieren. Der untere Grenzwert, bei dessen Unterschreitung nach gegenwärtigem Wissensstand ein Kausalzusammenhang zwischen beruflichen Einwirkungen und bandscheibenbedingter Erkrankung der LWS ausgeschlossen und deshalb auf einzelfallbezogene medizinische Ermittlungen verzichtet werden kann, ist zumindest bei Männern auf die Hälfte des im MDD vorgeschlagenen Orientierungswertes für die Gesamtbelastungsdosis von 25 MNh, also auf 12,5 MNh, herabzusetzen (BSG, Urteile vom 30. Oktober 2007 – B 2 U 4/06 R, Rn. 25, 18. November 2008 – B 2 U 14/07 R, Rn. 28 bis 31, 23. April 2015 – B 2 U 6/13 R, Rn. 17, und - B 2 U 20/14 R, Rn. 27, sowie vom 6. September 2018 – B 2 U 13/17 R, Rn. 17, und – B 2 U 10/17 R, Rn. 20, sämtlich in juris). Diese untere Grenze des Orientierungswertes hat der Kläger bei seiner versicherten beruflichen Tätigkeit in dem hier maßgeblichen Zeitraum vor Auftreten der bandscheibenbedingten Erkrankung im Jahre 2011 mit 10,96 MNh deutlich unterschritten, sodass ein Kausalzusammenhang zwischen beruflichen Einwirkungen und bandscheibenbedingter Erkrankung der LWS bereits deshalb auszuschließen ist.

Hinsichtlich der Höhe der Gesamtbelastungsdosis gründet der Senat seine Überzeugung auf eine Gesamtwürdigung der im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren gemachten Angaben des Klägers, die Aussagen der gehörten Zeugen sowie die Ausführungen des Sachverständigen B in seinem Gutachten vom 23. November 2020 sowie einer vom Senat vorgenommenen Plausibilitätsprüfung.

Hinsichtlich der Tätigkeit des Klägers bei der Stadt E im Zeitraum Februar 2008 bis Juli 2011 hat zwar der Sachverständige B in seinem Gutachten vom 23. November 2020 eine Gesamtbelastungsdosis von 5,664 MNh ermittelt. Seine diesbezüglichen Feststellungen halten einer Plausibilitätsprüfung durch den Senat aber nicht stand. Vorab ist auszuführen, dass vom Grundsatz her keine Bedenken gegen die Verwertung des Sachverständigengutachtens von B durch den Senat bestehen. Soweit der Senat in einer früheren Verfügung daran deshalb Zweifel geäußert hat, weil dieser möglicherweise durch Kontakte mit dem Kläger die Grenzen des Zulässigen überschritten haben könnte, ergeben sich hieraus bei abschließender Prüfung durch den Senat keine Gesichtspunkte, die gegen eine Verwertung des Sachverständigengutachtens sprechen. Hinsichtlich der Kontakte des Sachverständigen mit dem Kläger ist zu berücksichtigen, dass der damalige Berichterstatter dem Sachverständigen grundsätzlich eine telefonische Kontaktaufnahme mit dem Kläger gestattet hat.  Die Ermittlung von Anknüpfungstatsachen kann ausnahmsweise zunächst auch einem Sachverständigen überlassen werden, wenn es im Zeitpunkt der Beweisanordnung nicht voraussehbar ist, auf welche Anknüpfungs- und Befundtatsachen es im Einzelfall ankommen wird (Leopold in:  Roos/Wahrendorf, SGG, 2. Auflage 2021, § 118 Rn. 89 - 92). Anschließend hat sich das Gericht aber von ihrem Vorliegen nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung zu überzeugen. Dass B sich anschließend an der Vorgehensweise von Technischen Aufsichtsdiensten im Hinblick auf die Billigung der erstellten Arbeitsanamnese angelehnt und diese dem Kläger zur Unterzeichnung vorgelegt hat, begegnet vor diesem Hintergrund im Ergebnis keinen durchgreifenden Bedenken. Ebenfalls begegnet es bezüglich der Frage der generellen Verwertbarkeit keinen Bedenken, dass der Sachverständige B die vom Kläger im Rahmen der Arbeitsanamnese gemachten tatsächlichen Angaben seinem Gutachten ohne kritische Würdigung im Einzelnen zugrunde gelegt hat. Denn es ist allein Aufgabe des Senats, die erforderlichen Feststellungen der dem Gutachten zugrundezulegenden Tatsachen zu treffen. Nach der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht jedenfalls im Ergebnis fest, dass ein nicht unerheblicher Teil der vom Sachverständigen B in seinem Gutachten vom 23. November 2020 zur Ermittlung der arbeitstechnischen Voraussetzungen zugrunde gelegten tatsächlichen Angaben des Klägers, insbesondere was seine Tätigkeit für die Stadt E im Zeitraum März 2008 bis Juli 2011 und seine Ausbildung bei der Firma U Anfang der 90er Jahre angeht, einer kritischen Prüfung nicht standhalten. So geht der Sachverständige B in seinem Gutachten von einem Lastgewicht der bei der Tätigkeit in der Stadt E zum Einsatz kommenden Kabelbrücken von 30 kg aus. Zur Überzeugung des Senats steht hingegen fest, dass nicht dieses Lastgewicht von 30 kg angenommen werden kann, sondern dass auf das vom TAD der Beklagten in seiner Stellungnahme vom 30. Juni 2021 korrigierte Lastgewicht von 10,7 kg je Kabelbrücke zurückzugreifen ist. Insoweit hat der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung am 14. Dezember 2023 vor dem Senat selbst bestätigt, dass er sich heute nicht mehr daran erinnern kann, wie er auf die 30 kg gekommen ist. Soweit er als Erklärung hierfür angeführt hat, dass er möglicherweise in jeder Hand eine Kabelbrücke getragen hat, würde bereits dies eine Reduktion des Gewichts der einzelnen Kabelbrücke auf 15 kg begründen. Jedenfalls ist es danach ersichtlich ausgeschlossen, für eine einzelne Kabelbrücke von einem Lastgewicht von 30 kg im Rahmen der Berechnung auszugehen. Entscheidende Bedeutung kommt aus Sicht des Senats insoweit den Angaben des Zeugen G in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 14. Dezember 2023 zu. Dieser hat im Hinblick auf das Gewicht der Kabelbrücken nachvollziehbar dargelegt, dass in einen Sprinter zwei Paletten Kabelbrücken passten und diese insgesamt ca. 600 kg gewogen haben. Auf einer Palette befanden sich nach seinen Angaben 30 Kabelbrücken. Unter Berücksichtigung von 60 transportierten Kabelbrücken und einem Palettengewicht von geschätzt 10 kg ist daher die Annahme des Gewichts einer einzelnen Kabelbrücke durch den TAD in seiner Stellungnahme vom 30. Juni 2021 von 10,7 kg durchaus realistisch. Auch der Zeuge S2, der zur damaligen Zeit für die Elektrofirma H tätig war, hat in seiner Aussage das Gewicht der Kabelbrücke auf zwischen 8 und 10 kg geschätzt. Dass die Zeugen G und S2 im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Firma H sich mit dem Gewicht der Kabelbrücken beschäftigt haben, findet seine nachvollziehbare Erklärung darin, dass der benutzte Transporter nicht überladen werden durfte und sie daher gehalten waren, das Gewicht relativ korrekt zu ermitteln. Insoweit bemisst der Senat den Angaben der Zeugen S2 und G höheres Gewicht bei als der Schätzung durch den Zeugen W, welcher in seiner Aussage vor dem Senat am 14. Dezember 2023 das Gewicht einer Kabelbrücke auf 15 kg geschätzt hat. Bereits diese Korrektur des Lastgewichts der Kabelbrücken führt entsprechend der nachvollziehbaren Berechnung des TAD der Beklagten vom 30. Juni 2021 dazu, dass die vom Sachverständigen B ermittelte Gesamtbelastungsdosis für die Tätigkeit des Klägers bei der Stadt E im Zeitraum März 2008 bis Juli 2011 um einen Wert von 0,6 MNh zu korrigieren ist. Das heißt, die Gesamtbelastungsdosis ist mit 5,0 MNh für den genannten Zeitraum zugrunde zu legen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der TAD der Beklagten insoweit hinsichtlich des Hebens und Tragens von Kabelbrücken immer noch deutlich zugunsten des Klägers von einer Gesamtdosis für den Zeitraum März 2008 bis Juli 2011 für die Tätigkeit bei der Stadt Erfurt von 0,2 MNh ausgeht. Der TAD hat in seiner Stellungnahme außen vorgelassen, dass die Stadt E nach einem Leistungsverzeichnis einen Dienstleister mit dem Verlegen der Kabelbrücken überwiegend beauftragt hat. Der TAD hat dies ausweislich seiner Stellungnahme ausdrücklich ignoriert und nur das korrigierte Gewicht der Kabelbrücken in seine Nachberechnung aufgenommen. In der Beweisaufnahme vor dem Senat hat sich allerdings bestätigt, dass der Kläger bei Weitem nicht in dem angegebenen Umfang Kabelbrücken verlegt und transportiert hat. Nach den in seiner Arbeitsanamnese gegenüber dem Sachverständigen B getätigten Angaben hat der Kläger an ca. 60 Tagen pro Jahr Kabelbrücken umgesetzt mit einer durchschnittlichen Häufigkeit pro Schicht von 54 Kabelbrücken. Diese Angaben sind nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme widerlegt. Zur Überzeugung des Senats steht insoweit fest, dass der Kläger in einem weitaus geringeren Umfang als von ihm angegeben bei der Firma Elektro-H selbst Kabelbrücken abgeholt hat. Aus den Angaben des Zeugen K ergibt sich insoweit, dass im streitgegenständlichen Zeitraum die Stadt E ihre etwa Anfang 2000 beschafften eigenen Kabelbrücken jedenfalls zu einem großen Teil bei der Firma H einlagerte und die Firma H auch eigene Kabelbrücken zwecks Vermietung an die Stadt E angeschafft hatte. Bereits der Zeuge K hat insoweit nachvollziehbar dargelegt, dass der Großteil der Verlegung der Kabelbrücken durch die Firma H erfolgte. Dies haben deren damalige Mitarbeiter, die Zeugen G und S2, in der mündlichen Verhandlung am 14. Dezember 2023 vor dem Senat bestätigt. Der Zeuge G hat insoweit ausgeführt, dass für die großen Veranstaltungen und insbesondere den Weihnachtsmarkt die Firma H die Kabelbrücken verlegt hat und es allein deren Aufgabe war. Die Ausführungen des Klägers und des Zeugen W, wonach Mitarbeiter der Stadt E die eigentlich von der Firma H vorzunehmenden Verlegearbeiten hätten beenden müssen (eine Möglichkeit, die der Zeuge K nicht ausgeschlossen hat), sind vom Zeugen G hingegen nicht bestätigt worden. Er hat vielmehr ausgeführt, dass es allein Aufgabe der Firma H war, die Kabelbrücken bei größeren Veranstaltungen zu verlegen, und in dieser Zeit auch Überstunden bei ihnen angefallen sind. Er konnte sich nicht daran erinnern, dass man eine Palette mit Kabelbrücken hat stehen lassen und die Arbeit von ihnen nicht beendet worden ist. Dies hat auch der Zeuge S2, der im fraglichen Zeitraum ebenfalls bei der Firma Elektro-H beschäftigt war, bestätigt. Beide Zeugen haben lediglich ausgeführt, dass es bei kleineren Veranstaltungen vorgekommen ist, dass Mitarbeiter der Stadt E Kabelbrücken im Lager der Firma Elektro-H abgeholt haben, um die Kabelbrücken selbst verlegen zu können. Insoweit hat z. B. der Zeuge G nachvollziehbar erklärt, dass bei kleineren Veranstaltungen die Firma Elektro-H bereits gar nicht beauftragt worden war, Elektroarbeiten auszuführen und die Mitarbeiter der Stadt E dies selbst machen konnten und dann entsprechend auch die Kabelbrücken abgeholt und verlegt haben. Da nach den Angaben der Zeugen G und S2 das Lager der Firma Elektro-H nicht durchgängig besetzt war und daher ein Termin zum Abholen immer vorher abgestimmt werden musste, kann es zu einem Abholen durch Mitarbeiter der Stadt E nicht allzu oft gekommen sein. Die Angaben der Zeugen G und S2 werden auch durch die von der Stadt E vorgelegten Rechnungen aus dem fraglichen Zeitraum bestätigt. So hat die Firma Elektro-H mit Rechnung vom 26. November 2010 für den Weihnachtsmarkt 2010 für 300 Stück Kabelbrücken einen Betrag von 1.050,00 € (d.h. 3,50 € pro Kabelbrücke) in Rechnung gestellt. Aus den Angaben der Zeugen K, G und S2 ergibt sich insoweit, dass dieser Preis für das Verlegen und Aufnehmen der stadteigenen Kabelbrücken berechnet worden ist. Aus einer Rechnung vom 15. Dezember 2009 hinsichtlich Zusatzkosten Weihnachtsmarkt 2009 ergibt sich, dass für 100 Stück Kabelbrücken ein Betrag von 800,00 € (d.h. 8,00 € pro Kabelbrücke) in Ansatz gebracht worden ist. Hierbei handelt es sich nach den Ausführungen der Zeugen K und S2 um den Preis für die Vermietung von Kabelbrücken an die Stadt E einschließlich Verlegen und Aufnehmen. Von daher sind die Angaben des Klägers aus seiner Arbeitsanamnese deutlich widerlegt, dass er z. B. im Zusammenhang mit dem Aufbau des Weihnachtsmarktes jeweils z. B. am dritten Tag 80 Kabelbrücken einhändig allein angehoben und im Transporter abgesetzt und später verlegt hat. Aus den Angaben der Zeugen G, S2 und K lässt sich vielmehr nur entnehmen, dass der Kläger für kleinere Veranstaltungen, bei denen die Firma Elektro-H nicht beauftragt worden war, Kabelbrücken im Lager der Firma abgeholt und diese dann vor Ort verlegt und am Ende wiederaufgenommen hat. Bereits diese deutlichen Diskrepanzen ergeben erhebliche Zweifel an der Realitätsnähe der vom Kläger im Rahmen der Arbeitsanamnese gemachten Angaben. Darüber hinaus folgen weitere erhebliche Zweifel an der Realitätsnähe der Angaben des Klägers daraus, dass der Kläger in der Arbeitsanamnese durchgängig angegeben hat, dass die zum Einsatz gekommenen Betonfüße für die Bauzäune alle ein Gewicht von 35,5 kg gehabt hätten, so wie dies der Sachverständige B in seinem Gutachten seiner Berechnung zugrunde gelegt hat. Aus den Rechnungen der Firma S1 aus den Jahren 2010, 2009 und 2008 folgt hingegen, dass im Zusammenhang mit der Anlieferung von Bauzaunfeldern jeweils Recyclingfüße mit einem Gewicht von 17 kg für den Bauzaun angeliefert worden sind. Der Zeuge K hat insoweit in seiner Vernehmung vor dem Senat ausgeführt, dass diese Recyclingfüße für das Aufstellen der Bauzäune erforderlich waren. Dass diese mit 0 € in Ansatz gebracht wurden, konnte er sich nur so erklären, dass es sich möglicherweise um eine Mischkalkulation handelte. Auch bezüglich des Aufbaus der Bauzäune ergeben sich hinreichende Zweifel an der Realitätsnähe der Angaben des Klägers. Der Kläger hat in seiner Arbeitsanamnese durchgehend angegeben, dass die Bauzäune überwiegend allein transportiert und aufgestellt werden mussten. Daran bestehen aus Sicht des Senats erhebliche Zweifel. Der Kläger hat insoweit in seiner Anhörung vor dem Senat am 14. Dezember 2023 selbst ausgeführt, dass noch sogenannte Stundendienstleister, d.h. Personen, die aufgrund gerichtlicher Auflagen Sozialstunden ableisten mussten, zum Einsatz kamen. Der Zeuge K hat als technischer Leiter in der damaligen Zeit den Aufbau der Bauzäune am Parkplatz G1 beispielhaft derart geschildert, dass für den jeweiligen Tag in der Regel immer zwei Kollegen eingesetzt waren und sich die Zeiträume der Anwesenheit überlappt haben. Hintergrund hierfür war, dass die Schausteller den ganzen Tag über einen Ansprechpartner brauchten. Daher musste ein Mitarbeiter seine Tätigkeit früh aufnehmen und ein anderer bis spät arbeiten. Bei einer normalen Schichtlänge kam es jedoch zu der vom Zeugen K geschilderten Überlappung. Dazu kam, dass noch Personen eingeteilt waren, die Sozialstunden ableisten mussten. Naturgemäß ist es nach so langer Zeit und mangels Vorlage entsprechender Unterlagen nicht mehr möglich, deren Einsatz im Einzelnen zu beziffern. Jedenfalls steht fest, dass weit häufiger als vom Kläger in der Arbeitsanamnese angegeben zum Aufstellen der Bauzäune zwei Personen zur Verfügung standen. Der Vortrag des Klägers zu den in die eigene Sphäre fallenden Ereignissen ist daher nicht geeignet, ein realitätsnahes Bild der damaligen Verhältnisse zu vermitteln. Aufgrund all dieser Unstimmigkeiten in den vom Kläger gemachten Angaben wäre es eigentlich erforderlich, die ermittelte Gesamtbelastungsdosis im Rahmen der Tätigkeit für die Stadt E noch weiter zu reduzieren. Da jedoch bereits nach dem bisherigen Ergebnis die untere Grenze der erforderlichen Gesamtbelastungsdosis von 12,5 MNh unterschritten wird, sieht der Senat hiervon ab.

Bezüglich des Zeitraums der Ausbildung zum Zerspanungsmechaniker folgt der Senat der Stellungnahme des TAD der BG Holz und Metall vom 26. Januar 2023. Darin hat dieser die berufliche Gesamtdosis im Sinne der BK 2108 für den Zeitraum 1. September 1989 bis 28. Februar 1993 mit 0,84 MNh beziffert. Soweit der Sachverständige B in seinem Gutachten vom 23. November 2020 eine Gesamtbelastungsdosis von 1,512 MNh ermittelt, sind die Unterschiede darin begründet, dass der TAD in seiner Stellungnahme vom 26. Januar 2023 vom Vorhandensein einer Lehrwerkstatt und einer dort erfolgten Einarbeitungszeit von etwa einem halben Jahr ausgeht und des Weiteren die fehlende Differenzierung hinsichtlich des Arbeitsergebnisses zwischen den Lehrjahren anders einschätzt als der Sachverständige B. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Kläger ausweislich der Angaben in seiner Arbeitsanamnese im Zeitraum September 1989 bis Februar 1993 zwar den im Blockmodell absolvierten Berufsschulunterricht berücksichtigt, jedoch ansonsten hinsichtlich seiner Tätigkeit die übliche Anzahl von fünf Arbeitstagen pro Woche von Anbeginn seiner Ausbildung an zugrunde gelegt hat. Abzüge für Tätigkeiten in der Lehrwerkstatt bzw. für die Teilnahme an Lehrgängen sind nicht erfolgt. Auf Befragen durch den Senat hat der Kläger insoweit im Fortsetzungstermin am 19. Dezember 2023 angegeben, dass es in der Firma U damals eine Lehrwerkstatt gegeben habe und er dort zu Beginn seiner Lehre tätig gewesen sei. Wie lange dies der Fall war, konnte er heute nicht mehr angeben. Der Lehrgang „Grundlagen Drehen“ vom 5. Februar bis 30. April 1990 und der Schweißerlehrgang fanden nach seiner Erinnerung in der Lehrwerkstatt statt. Soweit der Kläger angegeben hat, dass sich auch in der Lehrwerkstatt Fräs-, Dreh- und Bohrmaschinen befanden, dort auch größere Maschinen zum Einsatz gekommen seien und z. B. Gussteile in einer Drehmaschine bearbeitet wurden, ändert dies jedenfalls nichts daran, dass für die Tätigkeiten in der Lehrwerkstatt und im Rahmen der Absolvierung der Lehrgänge nicht die Annahme einer vollen Gesamtbelastungsdosis wie im normalen Produktionsbetrieb gerechtfertigt ist. Von daher ist die Einschätzung des TAD der BG Holz und Metall vom 26. Januar 2023 wesentlich realitätsnäher. Der Senat legt daher eine Gesamtbelastung für diesen Zeitraum von 0,84 MNh zugrunde.

Soweit der Senat bei der Entscheidung auf die Erkenntnisse des TAD der BG Holz und Metall vom 26. Januar 2023 bzw. der nachvollziehbaren Berechnung des TAD der Beklagten vom 30. Juni 2021 abstellte, hat er diese Stellungnahmen im Wege des Urkundenbeweises gewürdigt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. ZPO). Im Gerichtsverfahren können die in den Behördenakten vorhandenen Stellungnahmen des TAD im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden (Bieresborn, Die Ermittlung der Einwirkungen bei Berufskrankheiten, NZS 2008 S. 354 ff.). Die Stellungnahmen erfüllten die inhaltlichen Anforderungen an eine Ermittlung der Belastungsdosis nach dem MDD.  Gründe, die gegen die Verwertung dieser Stellungnahmen sprechen, sind nicht ersichtlich. Auch die Besonderheiten des Urkundenbeweises (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 415 ZPO), wie z.B. die fehlende Verantwortlichkeit des Verfassers der Stellungnahme gegenüber dem Gericht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 404a, 407a ZPO), die fehlende Strafandrohung der §§ 153 ff. des Strafgesetzbuches (StGB) und die fehlende Möglichkeit der Beeidigung (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 410 ZPO), das fehlende Ablehnungsrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 406 ZPO) und insbesondere das fehlende Fragerecht (§§ 116 Satz 2, 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 397, 402, 411 Abs. 4 ZPO; § 62 SGG) begründen hier nicht die Einholung eines (weiteren) Sachverständigengutachtens. Soweit der Senat der von B in seinem Gutachten konkret berechneten Gesamtbelastungsdosis nach dem MDD nicht folgt, beruht dies darauf, dass er die zugrunde zu legenden Tatsachen anders bewertet. Einem zur Begutachtung berufenen Sachverständigen sind die hierfür erforderlichen Anknüpfungstatsachen mitzuteilen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m.  § 404a Abs. 3 ZPO). Es ist tatrichterliche Aufgabe, sich über die der Entscheidung zugrunde zu legenden Anknüpfungstatsachen klar zu werden. Zwar kann die Ermittlung zunächst auch einem Sachverständigen überlassen werden, wenn es im Zeitpunkt der Beweisanordnung nicht voraussehbar ist, auf welche Anknüpfungs- und Befundtatsachen es im Einzelfall ankommen wird (Leopold in Roos/Wahrendorf, SGG, 2. Auflage 2021, § 118 Rn. 89 - 92). Anschließend hat sich das Gericht aber von ihrem Vorliegen nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung zu überzeugen. Vorliegend handelt es sich hinsichtlich der Tatsachen, die zur Ermittlung des Umfangs belastender Tätigkeiten im Sinne der BK 2108 erforderlich sind, wie Gewicht der Kabelbrücken, Häufigkeit ihres Tragens, Tätigkeiten in der Lehrwerkstatt, um Anknüpfungstatsachen, deren Feststellung generell nicht in den Aufgabenbereich eines Sachverständigen fällt. Daher war der Senat auch nicht gehalten, eine ergänzende Stellungnahme von B einzuholen, da die abweichende Ermittlung der Gesamtbelastungsdosis nicht auf Abweichung fachspezifischer Art beruht. 

Bezüglich der Zeit der Tätigkeit des Klägers bei der Bundeswehr zwischen April 1993 und Februar 1997 steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die vom Sachverständigen B angenommene Gesamtbelastung von 1,00 MNh deutlich übersetzt ist. Der Senat legt insoweit eine Gesamtbelastung für diesen Zeitraum von 0,80 MNh zugrunde. Der Kläger hat insoweit in seiner Arbeitsanamnese angegeben, dass er nach Absolvierung der Grundausbildung ab November 1993 pro Jahr für zehn Monate Wirbelsäulenbelastungen durch den Transport von Medikamentenkartons ausgesetzt gewesen sei. Er hat dies in der mündlichen Verhandlung dahingehend erläutert, dass die Medikamente für den Sanitätsstützpunkt transportiert werden mussten und darüber hinaus regelmäßig ein Austausch im Lager für Verbandsmaterial und z. B. auch Infusionsflaschen erfolgte. Nach dem Transport hätten die Medikamente einsortiert und Listen geführt werden müssen. Hinsichtlich des zugrunde gelegten Lastgewichts hat der Kläger das Gewicht nach seinen eigenen Angaben im Fortsetzungstermin vor dem Senat am 19. Dezember 2023 im Nachgang geschätzt. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger bereits im Rahmen der anderen Arbeitsabschnitte in seinem Leben deutlich übersetzte Angaben gemacht hat, hält der Senat hier eine Reduzierung der ermittelten Gesamtbelastungsdosis um 20 % für angemessen.

Hinsichtlich des Zeitraums August 2003 bis Juli 2005 (Umschulung zur Fachkraft für Veranstaltungstechnik bei der Firma L & L in E) übernimmt der Senat den vom Sachverständigen B ermittelten Wert einer Gesamtbelastung von 4,32 MNh. Auch insoweit bestehen zwar seitens des Senats nicht unerhebliche Bedenken, ob die vom Kläger im Rahmen seiner Arbeitsanamnese gemachten Angaben, insbesondere zu den getragenen Lastgewichten und zu der Anzahl der Hebe- und Tragevorgänge, wirklich zutreffen. So hat der im Fortsetzungstermin am 19. Dezember 2023 als Zeuge gehörte damalige Firmeninhaber J zwar ausgeführt, dass seine Firma in dem maßgeblichen Zeitraum z. B. viele Heavy-Metal-Konzerte begleitet hat und die damals zum Einsatz kommende analoge Technik noch sehr schwer war. Ferner hat er ausgeführt, dass die Technik je nach Bedarf sowohl im Lkw als auch am Einsatzort hochgestapelt werden musste. Je nach Örtlichkeit konnte es nach seinen Angaben auch vorkommen, dass Transportrollen nicht zum Einsatz kommen konnten. Zugleich hat er jedoch angegeben, dass je nach Schwere der Technik diese von mehreren Mitarbeitern bewegt wurde und auch örtliche Helfer anwesend waren. Die Anzahl der vor Ort tätigen Leute schwankte nach seinen Angaben. In Ausnahmefällen konnten es bei größeren Veranstaltungen bis zu 100 sein. Der Zeuge J hat des Weiteren ausgeführt, dass bezüglich der vom Kläger angegebenen Arbeitszeit zu berücksichtigen ist, dass viel Arbeitszeit auch für die Fahrten zum Veranstaltungsort benötigt wurde. Dafür gab es später Zeitausgleich. Sowohl für die reinen Fahrzeiten als auch für den gewährten Zeitausgleich ist jedoch eine Belastung im Sinne der BK 2108 zu verneinen. Hinzu kommt, dass die Mitarbeiter der Firma nach dem Aufbau weiter vor Ort waren und dies auch z. B. im Rahmen der erforderlichen Proben und der eigentlichen Veranstaltung selbst. Diese Tätigkeit war nach den nachvollziehbaren Angaben des Zeugen J in der Regel jedoch nicht mit schwerem Heben verbunden. Abschließend ist noch anzuführen, dass Gegenstand der Ausbildung auch die technische Planung war. Die entsprechenden Kenntnisse mussten dem Kläger jedenfalls vermittelt werden. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die vom Sachverständigen B für diesen Berufsabschnitt des Klägers ermittelte Gesamtbelastungsdosis von 4,32 MNh nach Auffassung des Senats deutlich zu hoch angesetzt sein dürfte. Zugunsten des Klägers soll aber insoweit die von B ermittelte Gesamtbelastungsdosis von 4,32 MNh Berücksichtigung finden.

Daraus folgt, dass sich eine Gesamtbelastungsdosis für die berufliche Tätigkeit des Klägers bis Juli 2011 in Höhe von 10,96 MNh errechnet (0,84 MNh Ausbildung Zerspanungsmechaniker + 0,80 MNh Bundeswehrzeit + 4,32 MNh Umschulungszeit + 5 MNh Tätigkeit bei der Stadt E). Damit ist die untere Grenze von 12,5 MNh ersichtlich unterschritten. Angesichts dessen muss der Senat nicht prüfen, ob die medizinischen Voraussetzungen einer BK 2108 im Fall des Klägers vorliegen oder nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 SGG nicht vorliegen.

Rechtskraft
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