L 5 R 3602/22

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5.
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 502/22
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 3602/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Im Jahr 2020 steuer- und sozialversicherungspflichtig ausbezahlte Coronasonderzahlungen sind im Rahmen der Prüfung der Einhaltung der Hinzuverdienstgrenzen nach § 96a SGB VI zu berücksichtigen. Der vom Arbeitgeber an die Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg entrichtete Zusatzversorgungshinzurechnungsbetrag stellt eine Zuwendung nach § 3 Nr. 56 EStG dar. Ob und wenn ja in welcher Höhe dieser Betrag dem Arbeitsentgelt hinzuzurechnen und damit im Rahmen der Prüfung der Einhaltung der Hinzuverdienstgrenzen nach § 96a SGB VI zu berücksichtigen ist, bestimmt sich nach § 1 Abs. 1 Nr. 4a Sätze 3 und 4 der Sozialversicherungsentgeltverordnung.

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 15.11.2022 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.



Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Berücksichtigung des vom Arbeitgeber der Klägerin zur Zusatzversorgung entrichteten Zusatzversorgungshinzurechnungsbetrags (ZV SV-Hinz-Betrag) i.H.v. 1.074,34 € und von an die Klägerin gezahlten Coronasonderzahlungen als Hinzuverdienst im Jahr 2020 bei der ihr bewilligten unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und die deshalb festgesetzte Erstattung der Überzahlung.

Die 1962 geborene Klägerin ist beim Gesundheitsamt H1 als Verwaltungsangestellte beschäftigt. Auf ihren Antrag vom 19.07.2012 bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 30.11.2012 ab 01.07.2012 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Dauer. Die Rente wurde ungekürzt ausbezahlt.

Mit Bescheid vom 10.11.2020 berechnete die Beklagte die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.01.2019 neu. Dabei berücksichtigte sie im Jahr 2020 ein (voraussichtliches) Arbeitsentgelt i.H.v. 29.956,00 € als Hinzuverdienst. Da die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze von 31.543,31 € (im Jahr 2020) damit nicht überschritten wurde, wirkte sich der Hinzuverdienst nicht auf die Rente aus. Für die Zeit vom 01.01.2020 bis 30.06.2020 wurde der Zahlbetrag der monatlichen Rente auf 541,92 € brutto (482,59 € netto) und vom 01.07.2020 bis 31.12.2020 auf 566,61 € brutto (499,23 € netto) festgesetzt. Ergänzend wies die Beklagte darauf hin, dass zum 01.07. jedes Jahres der Hinzuverdienst für das zurückliegende Kalenderjahr überprüft werde. Wenn voraussichtlicher und tatsächlicher Hinzuverdienst voneinander abwichen, werde die Rente rückwirkend neu berechnet, daraus könne sich eine Nachzahlung, aber auch Erstattung ergeben.

Im Jahr 2020 erhielt die Klägerin im August (i.H.v. 2.565,81 €), im Oktober (i.H.v. 450,00 €) und im Dezember (i.H.v. 2.356,08 €) Corona-Sonderzahlung i.H.v. insgesamt 5.371,89 €. Davon wurden 1.500,00 € steuer- und sozialversicherungsfrei und 3.871,89 € steuer- und sozialversicherungspflichtig ausbezahlt. Außerdem führte ihr Arbeitgeber im Jahr 2020 von ihm allein erbrachte Zusatzversorgungsbeiträge (ZV-Beiträge AG), einen Zusatzversorgungs-Sanierungsbeitrag (ZV-Sanierungsbeitrag), einen ZV SV-Hinz-Betrag und Zusatzversorgungsbeiträge (ZV-Umlage AG) sowie eine allein von der Klägerin erbrachte Umlage (Abzüge wegen ZV-AN-Umlage), die vom Netto-Arbeitsentgelt der Klägerin in Abzug gebracht wurde, an die Zusatzversorgungskasse ab. Als Arbeitsentgelt meldete der Arbeitgeber für das Jahr 2020 Arbeitsentgelt i.H.v. 34.840,00 €.

Mit Bescheid vom 10.05.2021 berechnete die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 10.11.2020 hinsichtlich der Rentenhöhe nach § 96a Abs. 5 i.V.m. § 34 Abs. 3f Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) die Rente ab 01.01.2020 neu und stellte für die Zeit vom 01.01.2020 bis zum 30.06.2020 eine Überzahlung von 2.237,57 € fest. Wegen Überschreitens des Hinzuverdienstes stehe der Klägerin die Rente für die Zeit vom 01.01.2020 bis zum 31.12.2020 nur teilweise, vom 01.01.2021 bis zum 30.06.2021 in voller Höhe und ab dem 01.07.2021 teilweise zu. Für die Zeit vom 01.01.2020 bis zum 30.06.2021 ergebe sich eine Überzahlung von 2.237,57 €. Dieser Betrag sei zu erstatten. In der Anlage „Berechnung der Rente“ führte die Beklagte aus, dass im Jahr 2020 als Hinzuverdienst Arbeitsentgelt i.H.v. 34.840,00 € berücksichtigt werde und legte im Einzelnen die Hinzuverdienstgrenzen, den Hinzuverdienstdeckel und die Berechnung dar.

Mit ihrem Widerspruch vom 09.06.2021 machte die Klägerin geltend, die Überzahlung in der genannten Höhe sei nicht gerechtfertigt. Das eingesetzte Gehalt in Höhe von 34.840,00 € sei fehlerhaft. Nach der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2020 habe sie lediglich ein Gesamtgehalt i.H.v. 33.765,00 € erhalten. In diesem sei eine steuerfreie Coronasonderzahlung in Höhe von 1.500,00 € enthalten. Die Zahlungen an die Zusatzversorgungskasse flössen ihrem Einkommen derzeit nicht zu. Wie die Coronasonderzahlung seien sie kein Arbeitsentgelt. Sie stellten keinen Hinzuverdienst im Sinne von § 96a SGB VI dar.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.01.2022 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Der Bescheid vom 10.11.2020 sei hinsichtlich der Rentenhöhe ab dem 01.01.2020 nach § 96a Abs. 5 i.V.m. § 34 Abs. 3f Satz 1 SGB VI aufgehoben worden. Die entstandene Überzahlung betreffe den Zeitraum vom 01.01.2020 bis zum 31.12.2020, verwiesen werde auf die Anlage „Abrechnung für abgelaufene Zeiträume“. Für das Jahr 2020 sei der tatsächliche Hinzuverdienst berücksichtigt worden. Vom Arbeitgeber sei ein sozialversicherungspflichtiges Entgelt i.H.v. 34.840,00 € für das Jahr 2020 gemeldet worden. Maßgeblich sei dieses vom Arbeitgeber gemeldete Entgelt, nicht das steuerrechtlich zu berücksichtigende Entgelt, hierbei könne es durchaus zu Abweichungen kommen. Geringere Entgelte habe die Klägerin nicht nachgewiesen. Die Klägerin sei daher zur Erstattung des Betrags von 2.237,52 € nach § 50 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) verpflichtet.

Hiergegen hat die Klägerin am 04.02.2022 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben und zur Begründung ausgeführt, sie begehre die Zahlung ihrer Erwerbsminderungsrente ohne Anrechnung eines Hinzuverdienstes. Sie wende sich insoweit sowohl gegen die Berücksichtigung der Coronasonderzahlung für das Jahr 2020 als auch der Zahlungen des Arbeitgebers zur Zusatzversorgung als Hinzuverdienst. Die Coronaprämie dürfe überhaupt nicht als Hinzuverdienst gewertet werden, weil sie einen Gegenwert für die höhere Belastung der Mitarbeiter im Rahmen ihrer Arbeit im Gesundheitsamt darstelle. Daher sei die summenmäßig begrenzte Nichtberücksichtigung der Coronaprämie beim Hinzuverdienst, die die Beklagte vorgenommen habe, unrechtmäßig und verstoße gegen Verfassungsrecht. Es bestehe insoweit ein Anspruch auf vollständige Nichtberücksichtigung. Auch die Arbeitgeberleistung zur Zusatzversorgung in Höhe von 1.074,34 € stelle keinen Hinzuverdienst dar. Dabei handele es sich nur um eine Rechengröße für die Sozialversicherungsbeiträge, aber nicht um Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV), weil ihr diese Zahlungen nicht zugeflossen seien. Mit Blick auf § 14 SGB IV könne insoweit darüber diskutiert werden, dass das Entstehungsprinzip hinsichtlich der Beitragsseite maßgeblich sei; hier gehe es aber um das Einkommen und die Leistungsgewährung. Insoweit sei das Zuflussprinzip nicht ungewöhnlich, sodass für die Anrechnung von Einkommen der tatsächliche Zugriff auf die Zahlung erforderlich wäre und (nur) ein Anspruch auf (spätere) Auszahlung (gegen Dritte) die Voraussetzung für eine Einnahme nicht erfülle. Gelder, die der Arbeitgeber aufgrund tarifvertraglicher Regelungen an die Zusatzversorgungskasse überweise, seien ihr nicht zugeflossen und könnten daher auch nicht als Hinzuverdienst angerechnet werden.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass während des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erzieltes Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen oder vergleichbares Einkommen grundsätzlich Hinzuverdienst im Sinne des § 96a SGB VI darstelle. Als Hinzuverdienst seien grundsätzlich sämtliche Zuwendungen des Arbeitgebers zu berücksichtigen, die Arbeitsentgelt im Sinne der §§ 14, 17 SGB IV in Verbindung mit der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) seien (unter Hinweis auf Urteile zuletzt des Bundessozialgerichts <BSG> vom 10.07.2012 - B 13 R 85/11 R -, in juris). Ein vom Bruttoarbeitsentgelt gegebenenfalls abweichender steuerpflichtiger Betrag sei im Rahmen der Hinzuverdienstregelung nicht zu berücksichtigen. Hier liege eine Entgeltmeldung des Arbeitgebers über 34.840,00 € für das Jahr 2020 vor. Dieser Betrag sei z.B. auch bei einer folgenden Rentenberechnung für die Ermittlung der Entgeltpunkte maßgebend.

Mit Gerichtsbescheid vom 15.11.2022 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtene Entscheidung der Beklagten sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten, denn sie habe keinen Anspruch auf die Gewährung einer höheren Rente ohne Berücksichtigung des von der Beklagten ermittelten Hinzuverdienstes. Die Überzahlung in Höhe von 2.237,52 € sei von der Klägerin zu erstatten. Unter Verweis auf die Ausführungen der Beklagten in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 28.01.2022 hat das SG zur Begründung ergänzend ausgeführt, Rechtsgrundlage für die teilweise Aufhebung des die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bewilligenden Bescheids vom 10.11.2020 hinsichtlich der Rentenhöhe für die Zeit ab dem 01.01.2020 sei § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 SGB X i.V.m. § 96a Abs. 1 und § 100 Abs. 1 SGB VI. Nach § 96a Abs. 1 SGB VI werde eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur dann in voller Höhe geleistet, wenn die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten werde. Werde die Hinzuverdienstgrenze überschritten, werde die Rente nach § 96a Abs. 1a SGB VI in der hier maßgeblichen, ab dem 01.01.2017 geltenden Fassung, nur teilweise geleistet. Nach § 96a Abs. 2 SGB VI seien als Hinzuverdienst Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen und vergleichbares Einkommen zu berücksichtigen. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG sei für die Frage des Hinzuverdienstes im Sinne des § 96a SGB VI auf die für alle Zweige der Sozialversicherung geltenden Regelungen in § 14 SGB IV sowie auf die Regelungen der SvEV zurückzugreifen. Der Begriff des "Arbeitsentgelts" in § 96a SGB VI werde durch § 14 SGB IV legal definiert. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV seien Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen bestehe, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet würden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt würden. Der gesetzliche Wortlaut von § 14 Abs. 1 SGB IV enthalte somit keinerlei Einschränkung des Arbeitsentgeltbegriffs im Hinblick auf die von einem potentiellen Arbeitgeber gegebenenfalls mit einer Zahlung bezweckte Zielrichtung. Maßgebend sei lediglich, dass die Zahlung des Entgelts deshalb erfolge, weil der Begünstigte in einem Beschäftigungsverhältnis zu einem Arbeitgeber stehe. Auch aus der SvEV ergebe sich keine Eingrenzung des Begriffs des Arbeitsentgeltes wegen einer bestimmten Zielsetzung der Zahlung. Das Gesetz regele in § 14 Abs. 1 SGB IV das Arbeitsentgelt eigenständig und losgelöst vom Begriff des Arbeitslohns im Einkommensteuerrecht. Über die Verordnungsermächtigung des § 17 Abs. 1 SGB IV könnten Ausnahmen vom Arbeitsentgelt z.B. für zusätzliches Arbeitsentgelt oder für den Aufbau einer betrieblichen Altersversorgung bestimmt werden (unter Verweis auf Werner in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl., § 14 SGB IV, Stand: 01.08.2021, Rn. 35). § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV gehe vom ungekürzten, nicht um Abgaben, Werbungskosten, Sonderausgaben und ähnliche Beträge geminderten Bruttolohn aus. Das Bruttolohnprinzip ergebe sich aus dem Zusammenhang mit § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IV. Daraus folge insgesamt, dass das Arbeitsentgelt um Abzugsbeträge (wie etwa Sonderausgaben, Steuern und Sozialversicherungsbeiträge) oder andere Aufwendungen und Belastungen ohne ausdrückliche Grundlage im Gesetz nicht vermindert werden könne (unter Verweis auf Werner in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, a.a.O. Rn. 36). Auch wenn Zahlungen des Arbeitgebers ein besonderer Zweck zugemessen werden könne – wie etwa der sog. Coronasonderzahlung –, werde die Zahlung durch den Arbeitgeber aufgrund des Umstandes erbracht, dass zwischen ihm und der Klägerin ein Beschäftigungsverhältnis bestehe bzw. bestanden habe und kein anderweitiger Ausschlusstatbestand ersichtlich sei (unter Verweis auch auf Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 05.06.2019 - L 19 R 493/18 -). Eine Verfassungswidrigkeit der von der Klägerin geltend gemachten begrenzten Nichtberücksichtigung der Coronaprämie beim Hinzuverdienst vermöge das Gericht nicht zu erkennen. Der Arbeitgeber der Klägerin habe für das Jahr 2020 ein sozialversicherungspflichtiges Entgelt i.H.v. 34.840,00 € gemeldet. Von diesem sei die Beklagte in der angefochtenen Entscheidung bei der Berechnung des Hinzuverdienstes ausgegangen. Nachweise für einen vom durch den Arbeitgeber gemeldeten Bruttoarbeitsentgelt abweichenden Betrag habe die Klägerin nicht vorgelegt. Deshalb seien der ermittelte Hinzuverdienst und die Rückforderung der Überzahlung i.H.v. 2.237,52 € nicht zu beanstanden. Letzteres folge aus § 96a Abs. 5 SGB VI i.V.m. § 34 Abs. 3f SGB VI, § 50 SGB X.

Gegen den dem damaligen Klägerbevollmächtigten am 23.11.2022 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 22.12.2022 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegte Berufung der Klägerin. Sie wendet sich – wie sie in der mündlichen Verhandlung des Senats am 21.02.2024 klargestellt hat – weiter gegen die Anrechnung der Coronasonderzahlungen und die Berücksichtigung eines Betrags i.H.v. 1.074,34 €, den sie als „Arbeitnehmerumlage“ bezeichnet, als Hinzuverdienst auf ihre Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für das Jahr 2020. Im Hinblick auf den von ihr als „Arbeitnehmerumlage“ bezeichneten Betrag hat sie noch einmal betont, dass der ZV SV-Hinz-Betrag kein steuerpflichtiges Einkommen sei und daher auch nicht als Einkommen/Hinzuverdienst angerechnet werden dürfe. Ob und wieviel ihr von diesen Zahlungen mal als Zusatzrente zuflössen, sei völlig unbestimmt. Was und wieviel der Arbeitgeber hierfür leiste, sei ihr nicht bekannt. Die Arbeitnehmerumlage i.H.v. 1.074,34 € werde vom Gehalt einbehalten.

Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hat ausgeführt, das SG habe die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Argumentation der Klägerin überzeuge nicht. Dass unklar sei, ob und in welcher Höhe die Klägerin eine Zusatzversorgung im Alter erhalte, spiele vorliegend keine Rolle. Der Arbeitgeber habe ihr, der Beklagten, in der elektronisch übermittelten Entgeltmeldung für das Jahr 2020 34.840,00 € gemeldet. Dieser Betrag sei z.B. auch bei einer folgenden Rentenberechnung für die Ermittlung der Entgeltpunkte maßgebend. Als Hinzuverdienst seien grundsätzlich sämtliche Zuwendungen des Arbeitgebers zu berücksichtigen, die Arbeitsentgelt i.S. der §§ 14,17 SGB IV i.V. mit der SvEV seien. Im Übrigen sei auch die Klägerin von einen RV-pflichtigen Brutto von 34.839,87 € ausgegangen. Ein vom Bruttoarbeitsentgelt ggf. abweichender steuerpflichtiger Betrag sei im Rahmen der Hinzuverdienstregelung nicht zu berücksichtigen.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 15.11.2022 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 10.05.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.01.2022 zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 01.01.2020 bis 31.12.2020 eine höhere Rente ohne Berücksichtigung eines Hinzuverdienstes aufgrund der Coronasonderzahlungen und des Zusatzversorgungshinzurechnungsbetrags i.H.v. 1.074,34 € zu gewähren.    

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und ihre Bescheide für zutreffend.

Die Vorsitzende hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten am 12.07.2023 erörtert.

Auf Anforderung des Senats hat die Klägerin noch ihre das Jahr 2020 betreffenden Entgeltabrechnungen vorgelegt und das Landratsamt H1 hat die Zahlungen an die Zusatzversorgungskasse erläutert. Auf den Schriftsatz des Landratsamts H1 vom 25.10.2023 wird verwiesen (Bl. 86 – 93 der LSG-Akte).

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.



Entscheidungsgründe

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und auch ansonsten statthafte Berufung der Klägerin ist, nachdem ein zu erstattender Betrag i.H.v. 2.237,52 € im Streit ist, womit der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG von 750,00 € überschritten wird, zulässig.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat jedoch keinen Erfolg. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 15.11.2022 zu Recht abgewiesen.

Streitgegenstand der Berufung ist die teilweise Berücksichtigung der Coronasonderzahlungen als Hinzuverdienst und die Berücksichtigung des vom Arbeitgeber der Klägerin an die Zusatzversorgungskasse entrichteten ZV SV-Hinz-Betrag für das Jahr 2020 i.H.v. 1.074,34 €.

Der mit einer Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. SGG) angefochtene, u.a. die teilweise Coronasonderzahlung und den ZV SV-Hinz-Betrag berücksichtigende Bescheid der Beklagten vom 10.05.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.01.2022 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte war berechtigt die Coronasonderzahlung und den für die Klägerin geleisteten ZV SV-Hinz-Betrag als Hinzuverdienst i.S. des § 96a Abs. 1 SGB VI bei ihrer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu berücksichtigen und den Überzahlungsbetrag zurückzufordern. 

Nach § 96a Abs. 1 SGB VI in der hier maßgeblichen vom 01.07.2016 bis 31.12.2022 geltenden Fassung des Flexirentengesetzes wird eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur in voller Höhe geleistet, wenn die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze nach Abs. 1c nicht überschritten wird. Gemäß § 96a Abs. 1a SGB VI wird die Rente bei Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze nur teilweise geleistet. Die Verfahrensgrundsätze ergeben sich über § 96a Abs. 5 SGB VI dabei sinngemäß aus § 34 Abs. 3c bis 3g SGB VI.

Grundlage für die Aufhebung des Bescheids vom 10.11.2020 ist daher – entgegen der Annahme des SG nicht § 48 SGB X –, sondern § 34 Abs. 3f SGB VI. Danach sind die bisherigen Bescheide von dem sich nach den jeweiligen Absätzen ergebenden Zeitpunkt an aufzuheben, soweit sich nach den Abs. 3c bis 3e eine Änderung ergibt, die den Rentenanspruch betrifft. Dabei sind gemäß § 34 Abs. 3f Satz 3 SGB VI die Vorschriften zur Anhörung Beteiligter (§ 24 des Zehnten Buches) zur Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes (§ 45 des Zehnten Buches) und zur Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse (§ 48 des Zehnten Buches) nicht anzuwenden.

Eine den Rentenanspruch betreffende Änderung ergab sich durch die Auszahlung der Coronasonderzahlungen im Jahr 2020 und die Berücksichtigung des insoweit erfolgten steuer- und sozialversicherungspflichtig Betrags i.H.v. 3.871,89 € sowie des ZV SV-Hinz-Betrag i.H.v. 1.074,34 €. Beide Zahlungen i.H.v. insgesamt 4.946,23 € bewirken ein Überschreiten der in § 96a Abs. 1c Nr. 1 SGB VI für Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung bestimmten Hinzuverdienstgrenze. Die Zahlungen sind Arbeitsentgelt nach § 96a Abs. 2 SGB VI und damit als Hinzuverdienst aus einem Beschäftigungsverhältnis während des Rentenbezugs zu berücksichtigen. 

Die nach § 96a Abs. 1 SGB VI in seiner hier maßgeblichen, ab dem 01.07.2017 geltenden Fassung des Flexirentengesetzes teilweise zu leistende Rente wird berechnet, indem ein Zwölftel des die Hinzuverdienstgrenze übersteigenden Betrags zu 40 Prozent von der Rente in voller Höhe abgezogen wird. Überschreitet der sich dabei ergebende Rentenbetrag zusammen mit einem Zwölftel des kalenderjährlichen Hinzuverdienstes den Hinzuverdienstdeckel nach Absatz 1b, wird der überschreitende Betrag von dem sich nach Satz 2 ergebenden Rentenbetrag abgezogen. Die Hinzuverdienstgrenze beträgt nach § 96a Abs. 1c Nr. 1 SGB VI bei einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung das 0,81fache der monatlichen Bezugsgröße, vervielfältigt mit den Entgeltpunkten (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI) des Kalenderjahres mit den höchsten Entgeltpunkten aus den letzten 15 Kalenderjahren vor Eintritt der Erwerbsminderung, mindestens jedoch mit 0,5 Entgeltpunkten. Der Hinzuverdienstdeckel wird nach § 96a Abs. 1b SGB VI berechnet, indem die monatliche Bezugsgröße mit den Entgeltpunkten (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI) des Kalenderjahres mit den höchsten Entgeltpunkten aus den letzten 15 Kalenderjahren vor Eintritt der Erwerbsminderung vervielfältigt wird. Er beträgt bei einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung mindestens die Summe aus einem Zwölftel des nach Absatz 1c Satz 1 Nr. 1 berechneten Betrags und dem Monatsbetrag der Rente in voller Höhe (§ 96a Abs. 1c Nr. 1 SGB VI). Nach § 96a Abs. 2 SGB VI sind als Hinzuverdienst Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen und vergleichbares Einkommen zu berücksichtigen. Diese Einkünfte sind zusammenzurechnen.

Was als Arbeitsentgelt i.S. dieser Bestimmung anzusehen ist, bestimmt sich nach den für alle Versicherungszweige geltenden Regelungen in § 14 SGB IV. Der Begriff des Arbeitsentgelts in § 96a Abs. 2 SGB VI ist durch § 14 SGB IV legal definiert (BSG, Urteil vom 10.07.2012 - B 13 R 85/11 R -, in juris m.w.N.). Nach dessen Absatz 1 sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Diese weite Begriffsbestimmung umfasst alle Einnahmen, die dem Versicherten in ursächlichem Zusammenhang mit einer Beschäftigung zufließen. Hierunter fallen die Gegenleistungen des Arbeitgebers für eine bestimmte Arbeitsleistung, aber auch Zuwendungen, denen ein Anspruch des Arbeitgebers auf eine konkrete Arbeitsleistung nicht gegenübersteht, wie die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder das Urlaubsentgelt (BSG, Urteil vom 06.09.2017 - B 13 R 21/15 R -, in juris m.w.N.). § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV geht vom ungekürzten, nicht um Abgaben, Werbungskosten, Sonderausgaben und ähnliche Beträge geminderten Bruttolohn aus. Ohne ausdrückliche Grundlage im Gesetz ist das Arbeitsentgelt um Abzugsbeträge (Sonderausgaben, Werbungskosten, Steuern und Sozialversicherungsbeiträge) oder andere Aufwendungen und Belastungen nicht zu vermindern (Werner in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl., § 14 SGB IV, Stand: 01.08.2021, Rn. 36). Der gesetzliche Wortlaut von § 14 Abs. 1 SGB IV enthält keinerlei Einschränkung des Arbeitsentgeltbegriffs im Hinblick auf die von einem potentiellen Arbeitgeber gegebenenfalls mit einer Zahlung bezweckte Zielrichtung. Maßgebend ist lediglich, dass die Zahlung des Entgelts deshalb erfolgt, weil der Begünstigte in einem Beschäftigungsverhältnis zu einem Arbeitgeber steht. In § 14 Abs. 1 SGB IV wird das Arbeitsentgelt eigenständig und losgelöst vom Begriff des Arbeitslohns im Einkommensteuerrecht geregelt. Sofern nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, ist von einer grundsätzlichen Identität des Arbeitsentgeltbegriffs im Leistungs- und Beitragsrecht auszugehen (BSG, Urteil vom 21.04.1988 - 7 RAr 71/86 -, in juris).

Ergänzend zu § 14 SGB IV sind die Bestimmungen der auf der Grundlage von § 17 Abs. 1 SGB IV erlassenen „Verordnung über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Zuwendungen des Arbeitsgebers als Arbeitsentgelt“ (Sozialversicherungsentgeltverordnung - SvEV vom 21.12.2006 -, BGBl I 3385) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 06.09.2017 - B 13 R 21715 R -, in juris m.w.N.). Über die Verordnungsermächtigung des § 17 Abs. 1 SGB IV können Ausnahmen vom Arbeitsentgelt z.B. für zusätzliches Arbeitsentgelt oder für den Aufbau einer betrieblichen Altersversorgung bestimmt werden (Werner in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl., § 14 SGB IV, Stand: 01.08.2021, Rn. 35).  § 1 Abs. 1 SvEV enthält eine Aufzählung von Einnahmen, die nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind. Es geht im Wesentlichen um Fälle, in denen der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber neben und zusätzlich zu Lohn oder Gehalt weitere Zuwendungen oder Zuschläge enthält. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4a SvEV sind dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen Zuwendungen nach § 3 Nr. 56 und § 40b des Einkommensteuergesetzes (EStG), die zusätzlich zu Löhnen und Gehältern gewährt werden und für die Satz 3 und 4 nichts Abweichendes bestimmt, und nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 SvEV sind u.a. steuerfreie Zuwendungen an Pensionskassen, Pensionsfonds oder Direktversicherungen nach § 3 Nr. 63 Satz 1 und 2 sowie § 100 Abs. 6 Satz 1 des EStG im Kalenderjahr bis zur Höhe von insgesamt 4 % der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen. Dasselbe gilt nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 SvEV für Leistungen eines Arbeitgebers oder einer Unterstützungskasse an einen Pensionsfonds zur Übernahme bestehender Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften durch den Pensionsfonds, soweit diese nach § 3 Nr. 66 EStG steuerfrei sind. Dem Arbeitsentgelt sind nach § 1 Abs. 1 Satz 2 SvEV die in Satz 1 Nr. 1 bis 4a, 9 bis 11, 13, 15 und 16 genannten Einnahmen, Zuwendungen und Leistungen nur dann nicht zuzurechnen, soweit diese vom Arbeitgeber oder von einem Dritten mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum lohnsteuerfrei belassen oder pauschal besteuert werden. Die Summe der in Satz 1 Nr. 4a SvEV genannten Zuwendungen nach § 3 Nr. 56 und § 40b EStG, die vom Arbeitgeber oder von einem Dritten mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum lohnsteuerfrei belassen oder pauschal besteuert werden, höchstens jedoch monatlich 100 €, sind bis zur Höhe von 2,5 Prozent des für ihre Bemessung maßgebenden Entgelts dem Arbeitsentgelt zuzurechnen, wenn die Versorgungsregelung mindestens bis zum 31.12.2000 vor der Anwendung etwaiger Nettobegrenzungsregelungen eine allgemein erreichbare Gesamtversorgung von mindestens 75 Prozent des gesamtversorgungsfähigen Entgelts und nach dem Eintritt des Versorgungsfalles eine Anpassung nach Maßgabe der Entwicklung der Arbeitsentgelte im Bereich der entsprechenden Versorgungsregelung oder gesetzlicher Versorgungsbezüge vorsieht; die dem Arbeitsentgelt zuzurechnenden Beiträge und Zuwendungen vermindern sich um monatlich 13,30 € (§ 1 Abs. 1 Satz 3 SvEV). Nach § 1 Abs. 1 Satz 4 SvEV gilt Satz 3 mit der Maßgabe, dass die Zuwendungen nach § 3 Nr. 56 und § 40b EStG dem Arbeitsentgelt insoweit zugerechnet werden, als sie in der Summe monatlich 100 € übersteigen. Leistungsrechtlich unbeachtlich ist danach mithin Arbeitsentgelt, für das Lohnsteuerfreiheit besteht (so BSG, Urteil vom 09.05.1996 - 7 RAr 36/95 -, in juris zu der nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV erlassenen ArEV). Eine Eingrenzung des Begriffs des Arbeitsentgeltes wegen einer bestimmten Zielsetzung der Zahlung ergibt sich aber auch aus der SvEV nicht.

Schließlich ist grundsätzlich zu untersuchen, ob Sonderregelungen außerhalb der §§ 14, 17 SGB IV das Arbeitsentgelt abweichend regeln (§ 1 Abs. 3 SGB IV; BSG, Urteil vom 06.09.2017 - B 13 R 21/15 R -, in juris m.w.N.). Dies ist für den Fall von Altersversorgungsleistungen nicht der Fall.

Bei Zugrundelegung dieser rechtlichen Maßstäbe war vorliegend die Rente der Klägerin gemäß § 96a Abs. 1a, 1b und 1c SGB VI wegen Zusammentreffens mit Hinzuverdienst teilweise nicht zu zahlen, weil die zulässige Hinzuverdienstgrenze überschritten worden ist. Diese betrug bei Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung im Jahr 2020 31.543,31 €; diesen Betrag hat die Klägerin auf Grund des von ihrem Arbeitgeber gemeldeten Bezugs von Arbeitsentgelt i.H.v. 34.840,00 € überschritten. Somit errechnete sich eine Überzahlung i.H.v. 2.237,57 €. Die Berechnung der Höhe der Überzahlung ist unter den Beteiligten nicht streitig.

Im Gegensatz zur Rechtsmeinung der Klägerin ist der von ihrem Arbeitgeber gemeldete Betrag des Arbeitsentgelts nicht zu beanstanden. Er ist nicht um die im vorliegenden Fall steuer- und sozialversicherungspflichtig ausbezahlte Coronasonderzahlung i.H.v. 3.871,89 € und auch nicht um den ZV SV-Hinz-Betrag i.H.v. 1.074,34 €, der vom Arbeitgeber der Klägerin an die Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg entrichtet wurde, zu reduzieren.

Bei den Coronasonderzahlungen handelte es sich um Einnahmen, die zusätzlich zum Gehalt gewährt wurden. Sie wurden durch den Arbeitgeber aufgrund des Umstandes erbracht, dass zwischen ihm und der Klägerin ein Beschäftigungsverhältnis besteht bzw. bestanden hat. Damit sind die Zahlungen dem Arbeitsentgelt zuzurechnen. Der damit verfolgte Zweck spielt keine Rolle. Eine Ausnahme besteht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 SvEV nur für die Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen und Gehältern gewährt werden, soweit sie lohnsteuerfrei sind. Dies hat der Arbeitgeber der Klägerin bei der Meldung des Arbeitseinkommens berücksichtigt. Gemeldet wurde nur der Teil der Coronasonderzahlungen, der steuer- und sozialversicherungspflichtig war, hier ein Betrag i.H.v. 3.871,89 €. Der steuer- und sozialversicherungsfrei an die Klägerin ausbezahlte Betrag i.H.v. 1.500,00 € blieb außen vor. Dies bestreitet auch die Klägerin nicht.

Zum Arbeitsentgelt gehören grundsätzlich auch die vom Arbeitgeber entrichteten Zuwendungen an Pensionskassen (§ 1 Abs. 1 Nr. 9 SvEV) und auch Zuwendungen nach § 3 Nr. 56 und § 40 des EStG, die zusätzlich zu Löhnen und Gehältern gewährt werden (§ 1 Abs.1 Nr. 4a SvEV). Bei Zuwendungen nach § 3 Nr. 56 EStG handelt es sich um Zuwendungen des Arbeitgebers nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 aus dem Dienstverhältnis an eine Pensionskasse zum Aufbau einer nicht kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung, bei der eine Auszahlung der zugesagten Alters- und Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung in Form einer Rente oder eines Auszahlplans vorgesehen ist, soweit diese Zuwendungen im Kalenderjahr 2 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen. Diese Zuwendungen stellen ebenfalls Einnahmen aus einer Beschäftigung dar. Dass diese Zuwendungen nicht direkt an die Klägerin fließen, ist insoweit ohne Belang. Dies ändert nichts daran, dass es sich um eine Gegenleistung des Arbeitgebers für die konkrete Arbeitsleistung der Klägerin handelt, die zwar nicht der Klägerin selbst zufließt, die jedoch zum Aufbau einer zusätzlichen Altersversorgung der Klägerin dient. Dem entspricht, dass das zu berücksichtigende Arbeitsentgelt auch nicht um die sonstigen Sozialversicherungsbeiträge zu mindern ist. Auch die Arbeitnehmeranteile der Gesamtsozialversicherungsbeiträge sind bei der Berechnung des Hinzuverdienstes zu berücksichtigen und kommen nicht zum Abzug, obwohl auch sie dem Versicherten nicht als zu verbrauchende Einkünfte zur Verfügung stehen. Was ein Arbeitgeber mit der Zahlung bezweckt ist – wie ausgeführt – nicht entscheidend (vgl. zu Zuwendungen des Arbeitgebers für Zusatzversorgungen im öffentlichen Dienst auch Bayerisches LSG, Urteil vom 05.06.2019 - L 9 R 493/18 -, in juris Rn. 40).

Bei dem ZV SV-Hinz-Betrag i.H.v. 1.074,34 €, der vom Arbeitgeber der Klägerin an die Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg entrichtet wurde, handelt es sich um den Zusatzbeitrag zum Aufbau eines Kapitalstocks für die Anwartschaften gem. § 64 der Satzung des Kommunalen Versorgungsverband Baden-Württemberg für die Zusatzversorgungskasse vom 02.07.2002. Dieser Betrag stellt damit eine Zuwendung nach § 3 Nr. 56 EStG dar. Maßgeblich ist damit bzgl. dieses Betrags § 1 Abs. 1 Nr. 4a SvEV.

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4a SvEV sind Zuwendungen nach § 3 Nr. 56 EStG, die zusätzlich zu Löhnen und Gehältern gewährt werden und für die Satz 3 und 4 nichts Abweichendes bestimmen, dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen. Nach § 1 Abs. 1 Satz 3 SvEV ist die Summe der in Satz 1 Nr. 4a SvEV genannten Zuwendungen nach § 3 Nr. 56 und § 40b EStG, die vom Arbeitgeber oder von einem Dritten mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum lohnsteuerfrei belassen oder pauschal besteuert werden, höchstens jedoch monatlich 100 € sind bis zur Höhe von 2,5 Prozent des für ihre Bemessung maßgebenden Entgelts dem Arbeitsentgelt zuzurechnen, wenn die Versorgungsregelung mindestens bis zum 31.12.2000 vor der Anwendung etwaiger Nettobegrenzungsregelungen eine allgemein erreichbare Gesamtversorgung von mindestens 75 Prozent des gesamtversorgungsfähigen Entgelts und nach dem Eintritt des Versorgungsfalles eine Anpassung nach Maßgabe der Entwicklung der Arbeitsentgelte im Bereich der entsprechenden Versorgungsregelung oder gesetzlicher Versorgungsbezüge vorsieht; die dem Arbeitsentgelt zuzurechnenden Beiträge und Zuwendungen vermindern sich um monatlich 13,30 €. Nach § 1 Abs. 1 Satz 4 SvEV gilt Satz 3 mit der Maßgabe, dass die Zuwendungen nach § 3 Nr. 56 und § 40b EStG dem Arbeitsentgelt insoweit zugerechnet werden, als sie in der Summe monatlich 100 € übersteigen.
Der Arbeitgeber der Klägerin hat im Zusammenhang mit der Meldung des Bruttoarbeitsentgelts und des darin enthaltenen Betrags der ZV Hinz-SV-Beträge § 1 Abs. 1 Sätze 3 und 4 SvEV berücksichtigt. Er hat nicht die kompletten ZV Hinz-SV-Beträge dem sozialversicherungspflichtigen Entgelt zugeschlagen, sondern die in das Bruttoentgelt eingeflossenen Beträge der ZV Hinz-SV-Beträge auf der Grundlage des § 1 Abs. 1 Satz 3 und 4 SvEV errechnet. Auf den Schriftsatz des Arbeitgebers der Klägerin vom 25.10.2023, in dem die Berechnung für den Monat Dezember 2020 im Einzelnen dargestellt wurde (Bl. 86/87 der LSG-Akte), wird insoweit verwiesen. Dass die Berechnung – auch für die weiteren Monate des Jahres 2020 – insoweit fehlerhaft war, trägt die Klägerin nicht vor. Anhaltspunkte hierfür sind auch dem Senat nicht ersichtlich. Der Betrag i.H.v. 1.074,34 € ist damit ebenfalls als Arbeitsentgelt bei der Berechnung des Hinzuverdiensts zu berücksichtigen.

War demnach die Teilaufhebungsentscheidung der Beklagten rechtmäßig, steht zugleich fest, dass der angefochtene Bescheid auch insoweit nicht zu beanstanden ist, als er die Rückforderung der zu viel gezahlten Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung für das Jahr 2020 zum Inhalt hat (§ 50 Abs. 1 SGB X).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.


 

Rechtskraft
Aus
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