L 8 KR 277/22

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 13 KR 337/19
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 277/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil


Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 15. September 2022 aufgehoben und die Klage abgewiesen. 

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz allein. In der zweiten Instanz trägt die Klägerin 70%, die Beklagte 30% der Kosten. 

Die Revision wird nicht zugelassen.


Tatbestand

Die Beteiligten streiten noch um Zinsen für die Kosten einer stationären Krankenhausbehandlung.

In dem Krankenhaus der Klägerin wurde die bei der Beklagten versicherte K. im Zeitraum vom 26. November 2018 bis 24. Dezember 2018 behandelt. Die Klägerin rechnete die Behandlung am 2. August 2019 nach DRG I26Z (Intensivmedizinische Komplexbehandlung) mit einer Rechnungssumme von 37.582,93 € ab. Hierzu übersandte sie der Beklagten die Daten nach § 301 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und teilte als „aufnehmende Fachabteilung“ 2300 Orthopädie mit. 

Die Beklagte teilte der Klägerin am 15. August 2019 mit, dass die § 301-Daten für die Prüfung nicht ausreichen würden, und forderte sie auf, die exakten Zeiten mitzuteilen, die der Patient auf der Intensivstation gelegen hätte. Sie fordere nur rein zeitliche, keine medizinischen Daten. Die Klägerin lehnte dies ab, da mit den § 301-Datensätzen alle Mindestangaben übermittelt worden seien. Alle anderen Angaben würden dem Datenschutz unterliegen und dürften nur an den MDK weitergeleitet werden. Die Beklagte erwiderte, der OPS 8-98* (Intensivmedizinische Komplexbehandlung) dürfe nur auf einer Intensivstation bzw. in einem Intensivbett erbracht werden, anhand der übermittelten § 301 SGB V Daten lasse sich diese Information jedoch nicht ableiten. Es werde deshalb erneut um Angaben der Intensivzeiten gebeten. Andernfalls werde die Rechnung um den OPS 8-980.20 gekürzt. Nachdem die Klägerin hierauf nicht reagierte, überwies die Beklagte lediglich einen Betrag in Höhe von 14.289,81 € und informierte die Klägerin mit Schreiben vom 12. September 2019, dass nur das Entgelt der DRG-Fallpauschale I09F vergütet werde. 

Die Klägerin hat am 23. Dezember 2019 Klage am Sozialgericht Marburg erhoben, mit der sie zunächst begehrt hat, die Beklagte zu verurteilen, an sie 23.293,12 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24. August 2019 zu zahlen. Sie hat vorgetragen, es habe keine Mitteilung der weiterbehandelnden Fachabteilung erfolgen müssen, da in ihrem orthopädischen Fachkrankenhaus die Intensivstation der Orthopädie zugewiesen sei. Es habe damit keine Verlegung in eine weiterbehandelnde Fachabteilung vorgelegen. Bei einer internen Verlegung auf die Intensivstation werde der Fachabteilungsschlüssel der Orthopädie beibehalten. Die von der Beklagten begehrte Information, wie lange sich die Versicherte auf der Intensivstation aufgehalten habe, sei nicht von § 301 SGB V gedeckt. 

Im weiteren Verlauf hat die Klägerin am 12. Mai 2021 mitgeteilt, die Patientin habe im gesamten Behandlungszeitraum auf der Intensivstation gelegen, und am 4. Februar 2022 Auszüge aus der Patientendokumentation sowie einen Intensivmedizinischen Verlegungsbericht vorgelegt, wonach die Patientin anästhesiologisch und intensivstationär behandelt worden ist. Hierauf hat die Beklagte am 6. September 2022 mitgeteilt, sie werde die Restsumme von 23.293,12 € an die Klägerin überweisen, und zugleich erklärt, Fälligkeitszinsen seien erst ab dem Zeitpunkt der Übermittlung der Intensivzeiten zu zahlen. Die Klägerin hat dies als Teilanerkenntnis angenommen und nachfolgend beantragt, die Beklagte zur Zahlung von Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 23.293,12 € seit dem 2. September 2019 zu verurteilen (Schriftsatz vom 13. September 2022). 

Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Um den OPS 8-980.20 abrechnen zu können, müsse der Patient auf einer Intensivstation behandelt worden sein, denn der OPS fordere eine „ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation“. Wenn die Klägerin als Fachabteilungsschlüssel 23 für die Orthopädie liefere, sei nicht schlüssig dargelegt, dass es sich um eine Behandlung auf der Intensivstation gehandelt habe. 

Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 15. September 2022 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, über den ursprünglich eingeklagten und im Verfahren beglichenen Betrag in Höhe von 23.293,12 € hinaus der Klägerin Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem Betrag von 23.293,12 € „seit dem 24.08.2019“ zu zahlen. Die Klägerin habe Anspruch auf Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz „seit dem 02.09.2019“. Die Klägerin habe der Beklagten eine formal ordnungsgemäße Rechnung übermittelt. Entgegen der Auffassung der Beklagten stehe der Fälligkeit nicht entgegen, dass die Klägerin ihr keine weiteren Angaben übermittelt habe. Die Übermittlung von Informationen zu den Fachabteilungen und zu durchgeführten Verlegungen nach § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und Nr.7 SGB V setze voraus, dass eine Verlegung stattgefunden habe. Fehle es an einer solchen Verlegung, könnten auch keine diesbezüglichen Daten übermitteln werden. Die von der Beklagten zusätzlich angeforderten Daten beträfen letztendlich die Frage, ob eine intensivmedizinische Behandlung durchgeführt worden sei, was eine medizinisch-kodierrechtliche Frage sei, die die Beklagte ihrerseits nur durch die Beauftragung des MDK beantworten könne. Die Klägerin habe die Patientin durchgängig intensivmedizinisch auf einer der Orthopädie zugewiesenen Fachabteilung behandelt. Die dadurch über § 301 SGB V zu übermittelnden Daten habe sie der Beklagten vorgelegt. Soweit bei der Beklagten aufgrund der übermittelten Daten Zweifel an einer Behandlung auf der Intensivstation entstanden seien, hätte sie den MDK mit der Begutachtung des Falles beauftragen müssen.

Gegen das am 20. September 2022 zugestellte Urteil richtet sich die am 11. Oktober 2022 eingegangene Berufung der Beklagten. 

Am 17. Mai 2023 hat die Beklagte die Hauptforderung in Höhe von 23.293,12 € sowie Zinsen in Höhe von 1.450,10 € für die Zeit vom 2. Februar 2022 bis 16. Mai 2023 gezahlt. Ferner hat sie in der mündlichen Verhandlung vom 30. November 2023 den Zinsanspruch der Klägerin ab dem 13. Mai 2021 bis 1. Februar 2022 anerkannt und nachfolgend weitere 699,38 € gezahlt. Die Klägerin hat dies als weitere Teilanerkenntnisse angenommen. 

Die Beklagte wehrt sich noch gegen die Verurteilung zur Zahlung von Zinsen für den Zeitraum vom 24. August 2019 bis zur erstmaligen Mitteilung einer Behandlung auf der Intensivstation. Bis zu diesem Zeitpunkt sei die Rechnung der Klägerin nicht fällig gewesen. Das Sozialgericht würdige nicht hinreichend die gesetzlich und in der Rechtsprechung des BSG konkretisierten Prüfrechte und Prüfpflichten. Die Klägerin müsse in dem § 301-Datensatz den Aufenthalt auf einer Intensivstation mit der Angabe „3600“ entsprechend der Datenübermittlungsvereinbarung nach § 301 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 3 SGB V kodieren. Insoweit stehe den Krankenkassen ein eigenständiges Prüfrecht zu. Die § 301-Daten seien gesetzlich vorgeschrieben und durch die § 301-Datenübermittlungsvereinbarung ausgestaltet worden. Danach sei für die Behandlung auf der Intensivstation die Nummer 3600 zu tätigen, da sie eine eigene spezialisierte Behandlungseinheit darstelle, auf der eine andere Versorgung erfolge, die nicht in den allgemeinen Fachteilungen geleistet werden könne und besonders teuer sei. 

Die Beklagte beantragt, 
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 15. September 2022 aufzuheben und die Klage abzuweisen. 

Die Klägerin beantragt, 
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen. 

Sie trägt vor, an keiner Stelle des § 301 SGB V sei normiert, dass Krankenhäuser die Zeiten auf der Intensivstation zu melden hätten. Planungsrechtlich sei ein Fachabteilungsschlüssel für die Intensivstation in Hessen im Hessischen Krankenhausplan nicht vorgesehen. Das Bundesrecht kenne ebenso wenig wie das Hessische Krankenhausrecht eine Definition einer Fachabteilung. Der einzige Grund, warum die Beklagte hier eine Begründungsfrist contra legem behaupte, sei, ohne Einschaltung des Medizinischen Dienstes weitere Fälle prüfen zu können. Die Länge der Behandlung auf der Intensivstation stelle eindeutig eine medizinische Information dar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen. 


Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts kann keinen Bestand haben.

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist nach dem Teilanerkenntnis der Beklagten hinsichtlich des Zinszeitraums ab dem 13. Mai 2021 nur noch der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Zinsen für den Zeitraum vom 24. August 2019 bis 12. Mai 2021. Hinsichtlich des Zinsanspruch für die Zeit ab 2. Februar 2022 hat die Beklagte bereits im Schriftsatz vom 6. September 2022, mit dem sie hinsichtlich der Hauptforderung ein Anerkenntnis abgab, zugleich ihre Bereitschaft erklärt, Fälligkeitszinsen „ab Übermittlung der Intensivzeiten“ zu zahlen. Damit hat sie der Sache nach ein weiteres Teilanerkenntnis dem Grunde nach abgegeben, was die Klägerin auch so verstanden hat, denn sie hat beide Teilanerkenntnisse mit ihrem Schriftsatz vom 8. September 2022 angenommen. Ferner hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ein weiteres Teilanerkenntnis abgegeben hinsichtlich des Zinsanspruchs für den Zeitraum ab 13. Mai 2021. Der Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung der Zinsen hat dagegen keine eigenständige prozessuale Bedeutung, da der Rechtsstreit insoweit bereits erledigt ist bzw. war (§ 101 Abs. 2 SGG). Es handelt sich insoweit nur um eine Frage der Erfüllung des dem Grunde nach anerkannten Anspruchs, die lediglich im Rahmen einer ggf. erforderlichen Vollstreckung aus dem Anerkenntnis (§ 199 Abs. 1 Nr. 3 SGG) von Bedeutung ist.

Hinsichtlich des damit allein noch streitigen Zinsanspruchs für den Zeitraum vom 24. August 2019 (dieses Datum hat das Sozialgericht versehentlich ausgeurteilt; tatsächlich hatte die Klägerin ihre Zinsforderung vor der erstinstanzlichen Entscheidung auf die Zeit ab dem 2. September 2019 beschränkt) bis 12. Mai 2021 war das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen, denn die Klägerin hat insoweit keinen Anspruch auf Zahlung von Zinsen gem. §§ 286 Abs. 2, 288, 291 BGB iVm § 10 Abs. 4 des Landesvertrags über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung. Die Hauptforderung der Klägerin in Höhe von 23.293,12 € aus dem Behandlungsfall der Patientin K. wurde erst mit dem Zugang der Mitteilung der Klägerin vom 12. Mai 2021 über die Behandlung der Patientin auf der Intensivstation fällig, sodass vorher keine Zinsen zu zahlen sind. Die Rechnung der Klägerin vom 2. August 2019 genügte hinsichtlich der Abrechnung der DRG I26Z (Intensivmedizinische Komplexbehandlung) nicht den Anforderungen an eine formal ordnungsgemäße Rechnung, weshalb die Beklagte zu Recht lediglich eine Vergütung nach der DRG I09F vorgenommen hat. 

Grundvoraussetzung der Fälligkeit ist eine formal ordnungsgemäße Abrechnung. Diese setzt eine ordnungsgemäße Information der Krankenkasse über die vom Krankenhaus abgerechnete Versorgung nach Maßgabe der Informationsobliegenheiten und -pflichten voraus, insbesondere aus § 301 SGB V sowie ggf. ergänzenden landesvertraglichen Bestimmungen (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 28. Mai 2003 - B 3 KR 10/02 R, juris Rn. 19; vom 23. Mai 2017 - B 1 KR 24/16 R -, juris Rn. 27; vom 9. April 2019 - B 1 KR 3/18 R, juris Rn. 25). Nach stRsprg des BSG ist eine ordnungsgemäße Information der Krankenkasse über die vom Krankenhaus abgerechnete Versorgung nach Maßgabe der Mitwirkungsobliegenheiten insbesondere aus § 301 SGB V unverzichtbare Grundlage und Bestandteil einer ordnungsgemäßen Abrechnung. Fehlt es an einer dieser Angaben, so tritt mangels formal ordnungsgemäßer Abrechnung bereits die Fälligkeit der abgerechneten Forderung nicht ein (BSG, Urteil vom 9. April 2019 – B 1 KR 3/18 R –, BSGE 128, 54-65, juris Rn. 25). Zwingend sind auf der ersten Stufe der Sachverhaltserhebung zunächst die Angaben nach § 301 Abs. 1 SGB V. Danach besteht die Pflicht des Krankenhauses, der Krankenkasse bei Krankenhausbehandlung die wesentlichen Aufnahme- und Behandlungsdaten zu übermitteln. Aus datenschutzrechtlichen Gründen ist abschließend und enumerativ aufgelistet, welche Angaben der Krankenkasse bei einer Krankenhausbehandlung ihrer Versicherten auf jeden Fall zu übermitteln sind (vgl BT-Drucks 12/3608 S. 124). Dazu zählen nach § 301 Abs. 1 S. 1 Nr 3 SGB V vor allem die Stammdaten des Versicherten sowie Detailangaben über Aufnahme, Verlegung, Art der Behandlung und Entlassung einschließlich der Angabe des einweisenden Arztes mit Einweisungs- und Aufnahmediagnose, aber auch die medizinische Begründung für eine Verlängerung der Verweildauer sowie Datum und Art der durchgeführten Operationen und Prozeduren. Nach der zu Grunde liegenden Vorstellung des Gesetzgebers sind damit die Mindestangaben bezeichnet, die die Krankenkasse insbesondere zur ordnungsgemäßen Abrechnung und zur Überprüfung der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung benötigt (vgl. BT-Drucks 12/3608 S. 124). Genügt die Anzeige des Krankenhauses diesen (Mindest-)Anforderungen nicht, fehlt es bereits an der Fälligkeit der Vergütungsforderung (BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 1 Rn. 12). Deshalb dürfen die Krankenkassen bei Zweifeln oder Unklarheiten in Bezug auf die gemäß § 301 SGB V übermittelten Daten durch nicht-medizinische Nachfragen selbst beim Krankenhaus klären, ob die jeweiligen Voraussetzungen der Zahlungspflicht im Einzelfall gegeben sind (BSG, Urteil vom 16. Mai 2012 – B 3 KR 14/11 R –, BSGE 111, 58-71, juris Rn. 19).

Vorliegend genügte die Rechnung des Krankenhauses nicht den sich aus § 301 Abs. 1 SGB V ergebenden Pflichten.

Nach § 301 Abs. 1 Nr 5 SGB V sind die nach § 108 zugelassenen Krankenhäuser oder ihre Krankenhausträger verpflichtet, den Krankenkassen bei Krankenhausbehandlung „die Bezeichnung der aufnehmenden Fachabteilung, bei Verlegung die der weiterbehandelnden Fachabteilungen“ zu übermitteln. In der Anlage 2 zur § 301-Vereinbarung/Schlüsselverzeichnis, Schlüssel 6: Fachabteilungen, sind als „Fachabteilungen gemäß Anhang 1 der BPflV in der am 31.12.2003 geltenden Fassung“ u.a. gelistet: 2300 Orthopädie; 3600 Intensivmedizin. 

Hiernach war die Klägerin verpflichtet, auf Nachfrage der Beklagten die Behandlung der Patientin auf der Intensivstation mitzuteilen. Die Mitteilung einer Behandlung in der „Fachabteilung Orthopädie 2300“ genügte im Hinblick auf die gleichzeitig mitgeteilte „intensivmedizinische Komplexbehandlung“ nicht den Mindestangaben, welche der Beklagten auf der ersten Stufe des vom BSG entwickelten Prüfungssystems eine sachliche Rechnungsprüfung im Rahmen nichtmedizinischer Nachfragen ermöglicht hätte. Denn der OPS 8-980 Intensivmedizinische Komplexbehandlung (Basisprozedur) benennt als Mindestmerkmale:  

  • Kontinuierliche, 24-stündige Überwachung und akute Behandlungsbereitschaft durch ein Team von Pflegepersonal und Ärzten, die in der Intensivmedizin erfahren sind und die aktuellen Probleme ihrer Patienten kennen
  • Behandlungsleitung durch einen Facharzt mit der Zusatzweiterbildung "Intensivmedizin"
  • Eine ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation muss gewährleistet sein (Hervorhebung durch den Senat). Der Arzt der Intensivstation kann zu einem kurzfristigen Notfalleinsatz innerhalb des Krankenhauses (z.B. Reanimation) hinzugezogen werden
  • Die Anzahl der Aufwandspunkte errechnet sich aus der Summe des täglichen SAPS II (ohne Glasgow Coma Scale) über die Verweildauer auf der Intensivstation (total SAPS II) plus der Summe von 10 täglich ermittelten aufwendigen Leistungen aus dem TISS-Katalog über die Verweildauer auf der Intensivstation


Demnach enthielt der Datensatz nach § 301 SGB V, welcher der Beklagten übermittelt wurde, zwei gegenläufige Informationen: Einerseits teilte die Klägerin die DRG I26Z und die zugehörige Prozedur 8-890 (Intensivmedizinische Komplexbehandlung) mit, was eine Behandlung auf der Intensivstation voraussetzte. Andererseits übermittelte sie als aufnehmende Fachabteilung „2300 Orthopädie“ und nicht die Schlüsselnummer „3600 Intensivmedizin“. 

Aus der Mitteilung der Behandlung in der Fachabteilung 2300 Orthopädie folgt zwar noch nicht, dass damit eine intensivmedizinische Behandlung ausgeschlossen ist. Denn ein Krankenhaus muss eine Intensivstation nicht ausdrücklich als solche kennzeichnen. Maßgeblich ist, ob die Station die Mindestmerkmale einer Intensivstation im Sinne des OPS erfüllt. Der Begriff der Intensivstation wird inhaltlich durch Merkmale bestimmt, wie sie bspw. in der „Empfehlung zur Struktur und Ausstattung von Intensivstationen 2022“ der Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin festgehalten sind (so zutreffend SG Osnabrück, Urteil vom 13. Januar 2020 – S 46 KR 367/17 –, Rn. 38, juris). 

Jedoch schaffte die Klägerin durch die Mitteilung der Fachabteilung 2300 Orthopädie als „aufnehmender Fachabteilung“ Zweifel an der Korrektheit der Abrechnung, welche die Beklagte berechtigte, durch nicht-medizinische Nachfrage beim Krankenhaus zu klären, ob die Voraussetzungen der Zahlungspflicht im Einzelfall gegeben waren. Denn die Frage, ob die Behandlung entsprechend den Anforderungen des OPS 8-890 auf der Intensivstation stattgefunden hat, betrifft – anders als vom Sozialgericht angenommen – keine Prüfung der medizinischen Behandlungsnotwendigkeit im Einzelfall auf der zweiten bzw. dritten Stufe der Sachverhaltserhebung im Prüfverfahren. Die Beklagte stellte keine Frage zum medizinischen Vorgehen oder Einzelheiten der Behandlung der Versicherten, welche die Bewertung medizinischer Umstände betraf, sondern begehrte lediglich eine Auskunft zum äußeren, organisatorischen Rahmen der Behandlung. Der Klägerin oblag nicht mehr als die Pflicht, der Beklagten mitzuteilen, dass die Behandlung der Patientin im gesamten Behandlungszeitraum auf der Intensivstation erfolgt war, so wie sie es mit dem Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 12. Mai 2021 dann auch getan hat. Die begehrte Mitteilung ging damit nicht über das hinaus, was das Krankenhaus im Rahmen seiner Datenübermittlungsbefugnisse nach § 301 Abs. 1, 3 SGB V der Beklagten berechtigt mitteilen durfte. 

Dabei kommt es nicht darauf an, dass der hessische Krankenhausplan die Intensivmedizin nicht als Fachgebiet beplant, sondern die intensivmedizinischen Fälle standardmäßig den anderen Fachgebieten (wie im Fall der Klägerin der Orthopädie) zuordnet und dementsprechend in den krankenhausplanerischen Feststellungsbescheiden auch keine Versorgungsaufträge für Intensivmedizin erteilt werden (vgl. den Krankenhausplan 2020 des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration, S. 144). Denn die dort getroffenen landesplanerischen Festlegungen haben für die Abrechnung der im Krankenhaus erbrachten Leistungen keine Bedeutung. Maßgeblich sind hier allein die Vorgaben von § 301 SGB V und die sich daraus auf der Ebene von Bundesrecht ergebenden Mitteilungspflichten der Krankenhäuser bei der Abrechnung von Krankenhausleistungen. Soweit der OPS in den Komplexziffern strukturelle Anforderungen definiert, regelt er Vergütungsvoraussetzungen, über die sich die Vertragspartner auf Bundesebene verständigt haben. Diese Voraussetzungen beschreiben vorgefundene medizinische Erfordernisse und bilden zugleich die sich daraus ergebenden erforderlichen Ressourcen ab, um die vergütungsrechtliche Gleichbehandlung der Krankenhäuser zu gewährleisten. Dies ist unabhängig von der Befugnis der Länder, infrastrukturelle Planungs- und Investitionsentscheidungen über die von ihnen für erforderlich gehaltene Versorgung zu treffen (BSG, Urteil vom 19. Juni 2018 – B 1 KR 39/17 R –, juris Rn. 10 ff mwN; vgl. auch Beschluss vom 14. Dezember 2020 – B 1 KR 16/20 B –, juris Rn. 8).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a SGG, 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Hinsichtlich des erledigten Teils des Rechtsstreits entspricht es der Billigkeit, dass die Klägerin die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt. Die Klage auf Zahlung von 23.293,12 € nebst Zinsen war im Zeitpunkt der Klageerhebung im Dezember 2019 unbegründet. Erst durch die Mitteilung einer Behandlung auf der Intensivstation am 12. Mai 2021 ist Fälligkeit der Hauptforderung eingetreten. Die Beklagte hat dem durch ihre Teilanerkenntnisse vom September 2022 noch vor der Entscheidung des Sozialgerichts Rechnung getragen; die zeitliche Verzögerung hat keinen abgrenzbaren prozessualen Aufwand (insbesondere in Form von Terminen) verursacht und rechtfertigt daher keine Kostenbelastung der Beklagten. Streitgegenständlich war erstinstanzlich anschließend nur noch der Zinsanspruch für die Zeit vom 2. September 2019 bis 1. Februar 2022 im Umfang von 2.347,12 €. Insoweit ist – aufgrund des weiteren Teilanerkenntnisses der Beklagten vom 30. November 2023 – ein Prozesserfolg der Klägerin nur für die Zeit vom 13. Mai 2021 bis 1. Februar 2022 im Umfang von 699,38 € zu verzeichnen; dieser im Verhältnis zur ursprünglich eingeklagten Forderung geringfügige Prozesserfolg rechtfertigt keine Kostenbelastung der Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren. Im Berufungsverfahren ist das Teilanerkenntnis der Beklagten für die Zeit vom 13. Mai 2021 bis 1. Februar 2022 in Höhe von 699,38 € als Prozesserfolg der Klägerin, die Abweisung des klägerischen Zinsanspruchs für die Zeit vom 24. August 2019 bis 12. Mai 2021 in Höhe von 1.648,54 € dagegen als Prozesserfolg der Beklagten zu berücksichtigen, was einer gerundeten Kostenquote von 30% zu 70% entspricht. 

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. 
 

Rechtskraft
Aus
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