1. Der Bescheid der Beklagten in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.04.2017 wird aufgehoben.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger für die Beschäftigung der Beigeladenen zu 4.-6. im Zeitraum 2012 – 2015 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 68.530,38 zu entrichten hat, oder ob die Beigeladenen als Selbständige nicht der Sozialversicherungspflicht unterlegen haben.
Der Kläger betreibt ein Einzelunternehmen im Bereich Sanitär/Heizung/Klima, wobei er hauptsächlich Bädersanierungen durchführt. Im streitgegenständlichen Zeitraum beauftragte er die Beigeladenen zu 4.-6. mit der Durchführung von Arbeiten.
Die Beigeladenen zu 4.-6. (im Folgenden nur: „die Beigeladenen“) lernte der Kläger kennen, als sie auf Baustellen noch für andere Auftraggeber tätig waren. Der Kläger verfügte über einen polnischsprachigen Mitarbeiter, so kam im Wesentlichen der Kontakt zwischen Kläger und Beigeladenen, die seinerzeit ausschließlich polnisch sprachen, zu Stande. Dabei stand jeder Beigeladene grundsätzlich alleine für sich – der Sachverhalt war aber im Falle aller Beigeladenen im Wesentlichen der gleiche.
Die Beigeladenen nahmen in der Folge Aufträge des Klägers an. Hierbei handelte es sich hauptsächlich um Bädersanierungen und damit zusammenhängende Arbeiten. Die Auftragsvergabe erfolgte dabei dergestalt, dass der Kläger gemeinsam mit den Beigeladenen eine Baustelle besichtigte und zeigte, welche Arbeiten es zu erledigen galt. Es kam dann zu Preisverhandlungen. Wurde eine Einigung gefunden, nahmen die Beigeladenen die Arbeit auf. Dabei wurde ein Festpreis vereinbart, den die Beigeladenen so kalkulierten, dass die Arbeit sich „für sie lohnte“; dabei stellten die Beigeladenen maßgeblich auf den von ihnen prognostizierten Zeitaufwand ab, wobei sie einen Stundensatz zwischen 15 und 20 Euro veranschlagten. Stellte sich heraus, dass eine Arbeit mehr Zeit benötigte als von den Beigeladenen veranschlagt, trugen diese das Risiko; eine zusätzliche Vergütung erhielten sie vom Kläger in diesem Falle nicht. Es wurde jeweils ein Fertigstellungstermin vereinbart. Konnte ein Beigeladener den Termin nicht einhalten, verzögerte sich die Fertigstellung der Arbeiten. Kam es etwa zur Erkrankung eines Beigeladenen, teilte dieser dies dem Kläger mit. Der Kläger nahm die damit verbundenen Verzögerungen hin. Erst bei längeren Verzögerungen, zu denen es aber im vorliegend zu beurteilenden Fall nicht kam, hätte der dem Beigeladenen den Auftrag entzogen und einen Ersatz gesucht. Der Kläger selbst war gelegentlich auf den von ihm bearbeiteten Baustellen anwesend und kontrollierte den Fortschritt der Arbeiten. Daneben war regelmäßig ein weiterer Angestellter des Klägers anwesend, der gänzlich andere Arbeiten verrichtete als die Beigeladenen. Die Arbeitszeiten bestimmten die Beigeladenen selbst. Die Beigeladenen verfügten auch über das für ihre Arbeit erforderliche Kleinwerkzeug. Wenn größeres Werkzeug benötigt wurde, stellte der Kläger dies zur Verfügung. Das zu verarbeitende Material war auf den Baustellen schon vorhanden und wurde meist durch den Bauherrn selbst beschafft. Die Beigeladenen waren auch für andere Auftraggeber tätig, wobei der Kläger allerdings in allen Fällen für einen weit überwiegenden Teil des Umsatzes der Beigeladenen verantwortlich war.
Ein Auftrag wurde durch den Kläger regelmäßig an einen Beigeladenen vergeben. Waren Aufträge so groß, dass ein Beigeladener diesen nur gemeinsam mit einem anderen Beigeladenen ausführen konnte, einigten sich beide Beigeladenen mit dem Kläger auf einen Gesamtpreis. Nach getaner Arbeit einigten die Beigeladenen sich dann untereinander über die Verteilung der Rechnungssumme und stellten ihren Anteil dem Kläger jeweils in Rechnung.
Sozialversicherungsbeiträge wurden im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Beigeladenen durch den Kläger nicht abgeführt.
Die Beklagte führte bei dem Kläger eine Betriebsprüfung nach § 28p Sozialgesetzbuch – Viertes Buch – (SGB IV) durch und stellte mit hier angegriffenem Bescheid vom 21.11.2016 fest, dass die Beigeladenen beim Kläger abhängig beschäftigt gewesen sind und setzte hierfür Sozialversicherungsbeiträge inkl. Säumniszuschläge in Höhe von EUR 68.530,38 fest. ein hiergegen aus den Gründen des Klageantrags gerichteter Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 25.04.2017 zurückgewiesen, wogegen sich die vorliegende, am 11.05.2017 bei Gericht eingegangene Klage richtet.
Zu ihrer Begründung trägt der Kläger vor, dass die Beigeladenen nicht bei ihm sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sind, vielmehr habe es sich um selbständige Subunternehmer gehandelt. Mit diesen habe er Werkverträge abgeschlossen, die von den Beigeladenen auch eigenständig abgearbeitet worden sind. Weisungsgebundenheit und betriebliche Eingliederung haben bei den Beigeladenen nicht vorgelegen; diese seien auch im Übrigen nicht an den Kläger gebunden gewesen und seien am Markt aufgetreten und haben sich weitere Auftraggeber gesucht.
Der Kläger beantragt,
wie erkannt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verteidigt ihre Entscheidungen. Die Beigeladenen seien abhängig beschäftigt gewesen. Das äußere sich schon darin, dass diese kein unternehmerisches Risiko getragen hätten, insbesondere mussten sie kein nennenswertes Kapital für Werkzeuge oder andere Betriebsmittel aufwenden; vielmehr setzten sie ausschließlich ihre Arbeitskraft ein. Es sei auch nicht erkennbar, dass die Beigeladenen irgendeine Haftung getragen hätten, es fehle in diesem Zusammenhang an jedweder Mängeldokumentation. Auch seien die Beigeladenen in den klägerischen Betrieb eingegliedert gewesen, ihre Arbeiten haben aufeinander aufgebaut und es sei eine Koordination durch den Kläger notwendig gewesen. Eine laufende Beaufsichtigung sei auch deswegen erforderlich gewesen, weil die Beigeladenen teilweise Tätigkeiten des zulassungspflichtigen Handwerks ausgeübt hätten.
Mit Beschluss vom 06.06.2018 wurden die Beigeladenen zu 1.-3. als betroffene Sozialversicherungsträger und die Beigeladenen zu 4.-6. als betroffene Auftragnehmer gemäß § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz notwendig beigeladen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den Inhalt von Gerichts- und Verwaltungsakte, dabei insbesondere die gewechselten Schriftsätze. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung, auf deren Protokoll ebenfalls verwiesen wird.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet.
Die Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Sie sind daher aufzuheben.
Rechtsgrundlage der Bescheide der Beklagten ist § 28p Abs. 1 SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV erfüllen und erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in den einzelnen Sozialversicherungszweigen.
Die Beklagte hat vorliegend zu Unrecht festgestellt, dass die beigeladenen Auftragnehmer bei der Klägerin abhängig beschäftigt waren und in diesem Zusammenhang Sozialversicherungsbeiträge nachgefordert.
Eine (abhängige) Beschäftigung besteht nach § 7 SGB IV im Falle nichtselbständiger Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach dem Gesetz eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist hierzu die persönliche Abhängigkeit des Auftragnehmers erforderlich. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (vgl. statt vieler nur BSG v. 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R). Zur Abgrenzung sind dabei regelmäßig die von den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen heranzuziehen (BSG v. 29.06.2016, B 12 R 5/14 R).
Ausgehend von diesen Maßstäben kann die Kammer sich vorliegend nicht davon überzeugen, dass die Voraussetzungen einer abhängigen Beschäftigung der Beigeladenen gegeben sind. Eine Abwägung der für und gegen eine abhängige Beschäftigung sprechenden Gesichtspunkte führt vorliegend dazu, dass die für eine selbständige Tätigkeit sprechenden Anhaltspunkte diejenigen, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, überwiegen.
Von entscheidender Bedeutung ist für die Kammer dabei, dass nicht festgestellt werden kann, dass die Beigeladenen weisungsgebunden und in den klägerischen Betrieb eingegliedert tätig geworden wären. Dabei würdigt die Kammer die umfangreichen Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung dahingehend, dass zwischen Kläger und Beigeladenen jeweils werkvertragstypische Absprachen getroffen wurden, die die eigenständige (d.h. ohne zu erteilender Einzelweisungen des Klägers) Bearbeitung von abgegrenzten Gewerken zum Gegenstand hatten. In diesem Zusammenhang wurden (nur) Pauschalpreise und Fertigstellungstermine vereinbart – dies stellt auch ein unternehmerisches Risiko der Beigeladenen dar. Demgegenüber haben die Beigeladenen nicht bloß ihre Arbeitskraft gegen ein garantiertes, nach Zeit bemessenes Entgelt zur Verfügung gestellt; vielmehr mussten sie das Risiko tragen, sich zu verkalkulieren und für Mehrarbeit keine Vergütung zu erhalten. Auch eine Eingliederung in den klägerischen Betriebsablauf kann nicht festgestellt werden – jedenfalls nicht über das hinaus was auch bei der Beauftragung eines (echten) Subunternehmers unbedingt erforderlich ist. So ist auch vorliegend niemand auf den Baustellen aufgetreten, der „als Chef“ die verschiedenen Tätigkeiten der Beigeladenen koordiniert hätte; vielmehr haben diese ihre Gewerke eigenständig erledigt. Das wird auch verdeutlicht durch die Vorgehensweise der Beigeladenen bei größeren Aufträgen, bei denen es diesen selbst überlassen war, wie sie ihre Arbeit aufgeteilt und organisiert haben; jedenfalls kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger die Arbeitsleistung der Beigeladenen im Einzelnen gesteuert hätte. Soweit die Beklagte sich in diesem Zusammenhang darauf beruft, dass zulassungspflichtiges Handwerk ausgeübt worden sei, welches die Überwachung durch einen Meister voraussetze, ersetzt dies nicht die Feststellung, dass eine solche Überwachung tatsächlich erfolgt ist – wovon die Kammer sich aber nicht überzeugen konnte.
Die Kammer verkennt indes nicht, dass auch beachtliche Anhaltspunkte für eine abhängige Beschäftigung vorliegen. Dies betrifft in erster Linie das äußere Erscheinungsbild der hier zu beurteilenden Tätigkeiten – Ausführung von Bautätigkeiten auf einer Baustelle ohne erkennbar eigenen betrieblichen Auftritt, „Rechnungen“, die sich bei verschiedenen Beteiligten in wesentlichen Punkten ähneln, keine von einem ernsthaft betriebenen Unternehmen zu erwartende Dokumentation (Angebote, Verträge etc.). Auch die Tatsache, dass die Beigeladenen weit überwiegend für den Kläger tätig geworden sind, ist ein Indiz für eine abhängige Beschäftigung.
Angesichts der Tatsache aber, dass Weisungsgebundenheit und betriebliche Eingliederung vorliegend nicht bejaht werden konnten und es sich hierbei um bei der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbständigkeit vom Gesetzgeber in § 7 Abs. 1 SGB IV hervorgehobene Merkmale handelt, vermögen die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Anhaltspunkte vorliegend kein anderes Ergebnis rechtfertigen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 197a SGG i.V.m. 154 Abs. 1 VwGO.