Auf die Berufung des Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 7. März 2018 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 41.908,78 € festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Erstattung der von ihm für F. G. (im Folgenden: Hilfeempfänger) vom 16.8.2011 bis 20.12.2012 erbrachten Eingliederungshilfe in der Tagesbildungsstätte H., die er mit 41.908,78 € beziffert.
Der am 19.1.2005 in Aachen, dem seinerzeitigen gewöhnlichen Aufenthaltsort seiner Mutter, geborene Hilfeempfänger ist seit seiner Geburt schwerstbehindert. Bei ihm bestehen (als Frühgeborener in der 24. Schwangerschaftswoche bei Kokainkonsum der Mutter während der Schwangerschaft) eine schwere Tetraspastik, Skoliose, eine Amaurosis beidseitig (Blindheit), ein erhöhter Pulsschlag, traumatisierte Angstzustände, Entwicklungsverzögerungen und ein gestörter Schlaf-Wachrhythmus. Nach einem Unfall im April 2007, bei dem der Hilfeempfänger beinahe ertrunken wäre, wurde er für mehrere Tage in ein künstliches Koma versetzt. Er ist mit einem Tracheostoma versorgt und wird über eine PEG-Sonde ernährt. Über eine Pumpe hat er im streitgegenständlichen Zeitraum bedarfsgemäß Schmerzmedikamente erhalten. Es besteht ein sonderpädagogischer Förderbedarf für den Bereich geistige Entwicklung (Feststellungsbescheid der niedersächsischen Landesschulbehörde vom 20.5.2011). Die Pflegestufe 3 ist anerkannt.
Bis zum 3.6.2005 wurde der Hilfeempfänger stationär im Universitätsklinikum Aachen behandelt und anschließend in eine Pflegefamilie im Zuständigkeitsbereich des Klägers aufgenommen, die über besondere Erfahrung mit Schwerstpflegebedürftigen verfügt (sonderpädagogische Pflegestellenunterbringung der Diakonie Düsseldorf).
Ab dem 16.8.2011 wurde der Hilfeempfänger in die Tagesbildungsstätte „H.“ der Lebenshilfe I. gGmbH aufgenommen und dort bis zum 20.12.2012 betreut. Die hierfür angefallenen Kosten belaufen sich nach Angaben des Klägers auf 41.908,78 €. Gemäß seinem Kostenanerkenntnis vom 11.8.2011 hat er die für den Aufenthalt des Hilfeempfängers in der Tagesbildungsstätte angefallenen Kosten als vorläufige Eingliederungshilfeleistung und Hilfe zum Lebensunterhalt in einer Einrichtung getragen.
Mit Schreiben vom 24.8.2011 machte der Kläger gegenüber der beigeladenen StädteRegion Aachen einen auf § 107 SGB XII gestützten Kostenerstattungsanspruch der vorläufig übernommenen Betreuungskosten von seinerzeit 2.160,36 € monatlich geltend. Dieses Schreiben leitete die Beigeladene mit Schreiben vom 5.9.2011 an den Beklagten weiter, der nach längerer Korrespondenz mit dem Kläger wiederholt eine Kostenerstattung ablehnte (zuletzt mit Schreiben vom 12.3.2013).
Am 22.7.2015 hat der Kläger Klage gegen den beklagten Landschaftsverband beim Sozialgericht (SG) Braunschweig erhoben und macht diesen Anspruch hilfsweise gegen die mit Beschluss vom 4.7.2017 (einfach) Beigeladene geltend. Er hat seinen Anspruch auf § 107 SGB XII i.V.m. §§ 106 Abs. 1 S. 1 und 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII gestützt. Örtlich zuständiger Träger der Sozialhilfe sei die Beigeladene, weil der jahrelange, ununterbrochene Aufenthalt des Hilfeempfängers in der Pflegefamilie nicht zu einer Änderung der örtlichen Zuständigkeit geführt habe (§ 109 SGB XII). Der Gesamtfallgrundsatz führe dazu, dass infolge der Zuständigkeit für die stationäre Wohnunterbringung in der Pflegefamilie auch die teilstationäre Leistung hiervon umfasst sei. Sachlich zuständig sei für die in Streit stehenden teilstationären Eingliederungshilfeleistungen der Beklagte als überörtlicher Sozialhilfeträger. Aus § 97 Abs. 4 SGB XII ergäben sich keine Rückschlüsse auf die örtliche, sondern nur auf die sachliche Zuständigkeit.
Der Beklagte hat erwidert, die Unterbringung in der Pflegestelle sei keine Hilfe in einer Einrichtung im Sinne des Sozialhilferechts. Er hat sich insoweit auf die Sitzungsniederschrift des SG Aachen vom 1.3.2011 (- S 20 SO 93/09 -) berufen. Die zum Besuch der Tagesbildungsstätte erbrachte Eingliederungshilfe stelle eine eigenständige Hilfe in Form teilstationärer Eingliederungshilfe nach § 98 Abs. 1 SGB XII dar, so dass der tatsächliche Aufenthalt maßgeblich sei. Auf § 98 Abs. 1 SGB XII werde in § 107 SGB XII gerade nicht verwiesen. Da der Hilfeempfänger weder vollstationäre Eingliederungshilfe in einer Einrichtung noch Leistungen zum selbständigen Wohnen erhalte, richte sich die örtliche Zuständigkeit nicht nach § 97 Abs. 4 bzw. § 98 Abs. 5 SGB XII.
Die Beigeladene hat die Ansicht vertreten, der Beklagte sei für teilstationäre Hilfen wie die der Tagesbildungsstätte gemäß § 97 Abs. 2 S. 1 SGB XII sachlich zuständig. Die für die Tagesbildungsstätte anfallenden Kosten stünden nicht im Zusammenhang mit der Familienpflege, es handele sich insoweit nicht mehr um einen Gesamtfall. Der Schutz der Pflegeorte gelte nicht für teilstationäre Hilfen, weil sie mangels stationären Bezugs nicht von § 98 Abs. 2 SGB XII erfasst seien. Der Kläger sei gemäß § 98 Abs. 1 S. 1 SGB XII örtlich zuständig gewesen. Der Wortlaut des § 107 SGB XII sei eindeutig und umfasse nur die Kostenerstattung bei Unterbringung in einer anderen Familie.
Das SG Braunschweig hat den Beklagten mit Urteil vom 7.3.2018 verpflichtet, die seit dem 16.8.2011 entstandenen Kosten für die Betreuung des Hilfeempfängers in der Tagesbildungsstätte H. zu übernehmen und dem Kläger die bisher angefallenen Kosten in Höhe von 41.908,78 € zu erstatten. Die in § 107 SGB XII geregelte entsprechende Anwendung von § 98 Abs. 2 und § 106 SGB XII führe dazu, dass die Unterbringung in der Pflegefamilie als maßgebende stationäre Leistung im Sinne des
§ 98 Abs. 2 SGB XII anzusehen sei, so dass die hierdurch begründete Zuständigkeit gemäß § 97 Abs. 4 SGB XII auch eine Zuständigkeit für den Besuch der Tagesbildungsstätte begründe. Dabei sei nicht entscheidend, dass es sich hierbei um teilstationäre Eingliederungshilfe handele. Das vom Beklagten zitierte Urteil des BSG vom 23.7.2015 (- B 8 SO 7/14 R -) sei in der vorliegenden Konstellation nicht einschlägig. Der Beklagte sei der sachlich zuständige überörtliche Träger.
Hiergegen richtet sich die am 17.4.2018 eingelegte Berufung des Beklagten. Er ist der Auffassung, weder sachlich noch örtlich zuständig zu sein. Örtlich zuständig sei der Kläger. § 107 SGB XII sei nicht einschlägig, weil es nicht um die Erstattung der Kosten für die Unterbringung in der Familie, sondern um die Erstattung der Kosten für die Betreuung in einer teilstationären Einrichtung gehe. Die Unterbringung in der Pflegefamilie stelle keine maßgebende stationäre Leistung im Sinne des § 98 Abs. 2 SGB XII dar. Auch sei der Beklagte zu keinem Zeitpunkt Kostenträger dieser Maßnahme gewesen, was sich aus der Sitzungsniederschrift des SG Aachen ergebe. Ferner verweist er auf das Urteil des BSG vom 26.10.2017 (- B 8 SO 12/16 R - juris Rn. 34 ff.). Die teilstationäre Leistung müsse von der Unterbringung in einer Pflegefamilie unterschieden werden. Dies mache auch das Urteil des BSG vom 23.7.2015 (- B 8 SO 7/14 R - juris
Rn. 15) deutlich, weil der Begriff „stationäre Leistung“ kein Oberbegriff für vollstationäre und teilstationäre Leistungen sei. § 97 Abs. 4 SGB XII greife nicht, weil der Beklagte nicht sachlich für die Unterbringung in der Pflegefamilie zuständig gewesen und diese nicht mit einer stationären Leistung gleichzusetzen sei. Da eine einheitliche Zuständigkeit nicht erreicht werden könne, müsse auf § 98 Abs. 1 S. 1 SGB XII und nicht auf
§ 97 Abs. 4 SGB XII abgestellt werden.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 7. März 2018 aufzuheben und
die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er wendet ein, dem Schutzbedürfnis der Familienpflegestellen werde über § 107 SGB XII Rechnung getragen. Auch das SG Aachen sei daher zutreffend zu der Überzeugung gelangt, dass die Beigeladene der örtlich zuständige Sozialhilfeträger sei. Bereits das BVerwG habe die Zuständigkeit für teilstationäre Leistungen ebenso wie für stationäre Leistungen bestimmt, sofern der Hilfeberechtigte beider Hilfearten gleichermaßen bedurfte (Urteil vom 9.10.2006 - 5 C 26/06 -). Die Familienpflege solle stationäre Leistungen in Einrichtungen ersetzen. Sie verfolge im Ergebnis dasselbe Leistungsziel. Diese ambulante Leistungsform stelle § 107 SGB XII stationären Leistungen gleich, der alle Zusammenhangskosten umfasse. Hierdurch erreiche der Gesetzgeber einen Schutz der Einrichtungs- und Pflegestellenorte.
Die (im Berufungsverfahren notwendig) Beigeladene ist der Auffassung, dass der Beklagte zu Recht zur Kostenerstattung verpflichtet worden ist.
Die Beteiligten haben sich zuletzt mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsätze vom 27.5., 7. und 14.6.2022).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Prozessakte des SG Aachen (- S 20 SO 93/09 -) und der beigezogenen Verwaltungsakten des Klägers und des Beklagten verwiesen. Diese Akten haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
EnTscheidungsgründe
Die Entscheidung ergeht mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG
durch Urteil ohne mündliche Verhandlung.
Die Berufung ist statthaft (§ 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG) und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet. Das SG hat den Beklagten zu Unrecht zur Kostenerstattung verurteilt.
Die Klage ist als (isolierte) Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) statthaft, jedoch nicht begründet. Der Kläger hat weder gegen den Beklagten noch gegen die Beigeladene einen Anspruch auf Erstattung der von ihm vorläufig an den Hilfeempfänger erbrachten Leistungen der Eingliederungshilfe für den Besuch der Tagesbildungsstätte H. für die Zeit vom 16.8.2011 bis 20.12.2012 in Höhe von 41.908,78 €.
Eine Beiladung des Hilfeempfängers gemäß § 75 Abs. 2 1. Alt. SGG ist nicht erforderlich, weil dessen Position durch den Erstattungsstreit nicht berührt wird (BSG, Urteil vom 25.8.2013 - B 8 SO 6/12 R - juris Rn. 10). Das SG hat zu Recht die StädteRegion Aachen beigeladen, wobei es sich entgegen der Annahme des SG um eine echte notwendige Beiladung im Sinne des § 75 Abs. 2 1. Alt. SGG gehandelt hat, weil die Entscheidung auch ihr gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Eine Entscheidung kann in der Sache nicht ergehen, ohne dass dadurch zwangsläufig mit festgestellt wird, ob nicht die Beigeladene, die von dem Kläger mit Schreiben vom 24.8.2011 zur Erstattung aufgefordert worden war und der das Schreiben am 5.9.2011 an den Beklagten weitergeleitet hat, zuständig ist.
Dem Kläger steht kein Erstattungsanspruch für die ab dem 16.8.2011 entstandenen Kosten für die Betreuung des Hilfeempfängers in der Tagesbildungsstätte H. zu, weil er selbst für die Leistungserbringung zuständig gewesen ist.
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Erstattungsanspruch ist § 107 SGB XII i.V.m. § 106 Abs. 1 S. 1 SGB XII.
Nach § 106 Abs. 1 S. 1 SGB XII hat der nach § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII zuständige Träger der Sozialhilfe dem nach § 98 Abs. 2 S. 3 SGB XII vorläufig leistenden Träger die geleisteten Aufwendungen zu erstatten. Gemäß § 107 SGB XII gelten § 98 Abs. 2 und § 106 SGB XII entsprechend, wenn ein Kind oder ein Jugendlicher in einer anderen Familie oder bei anderen Personen als bei seinen Eltern oder einem Elternteil untergebracht ist.
Der am 19.1.2005 geborene Hilfeempfänger ist noch minderjährig und unterfällt damit dem von der Vorschrift erfassten Personenkreis. Dahingestellt bleiben kann, ob vom Anwendungsbereich des § 107 SGB XII nur Familienpflege umfasst ist, die auf sozialhilferechtlicher Grundlage durchgeführt wird bzw. nicht dem SGB VIII unterfällt (so etwa Böttiger in jurisPK-SGB XII, Vorauflagen der 3. Aufl., vgl. hierzu 3. Aufl. 2020,
§ 107 Rn. 14 m.w.N.). Der Hilfeempfänger leidet schon seit seiner Geburt - unabhängig vom Unfall im Jahr 2007 - unter einer schweren geistigen und körperlichen Behinderung. Selbst wenn aufgrund fehlender Erziehungskompetenz der drogenabhängigen Mutter die Unterbringung in der Pflegefamilie als Hilfe zur Pflege in Vollzeitpflege hier auch auf § 33 SGB VIII fußen kann, ist jedenfalls aufgrund des Vorrangs der Sozialhilfe (§ 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII) auf diese abzustellen. Dies folgt insbesondere daraus, dass die Schwere des von Geburt an bestehenden Behinderungsbildes des Hilfeempfängers die Unterbringung in einer spezialisierten Pflegefamilie erforderlich gemacht hat (vgl. hierzu auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.2.2011 - L 20 SO 110/08 - juris Rn. 55 ff.), in der er, vergleichbar zu einem stationären Aufenthalt, vollumfänglich betreut worden ist. Die Unterbringung ist auf behördliche Veranlassung in Absprache mit dem zuständigen Jugendamt erfolgt (zu diesem Erfordernis vgl. Senatsurteil vom 28.2.2019 - L 8 SO 74/16 - S. 7 f.; Böttiger, a.a.O., § 107 Rn. 35, 36 m.w.N.).
Jedoch ist der Kläger selbst und weder der Beklagte noch die Beigeladene sachlich und örtlich zuständiger Sozialhilfeträger für die in der Tagesbildungsstätte an den Hilfeempfänger erbrachten Eingliederungshilfeleistungen, die (vor allem aus historischen Gründen) in Niedersachsen rechtswidrig gänzlich als Eingliederungshilfeleistungen finanziert werden, obwohl nach niedersächsischem Schulrecht zugleich die Schulpflicht in der Tagesbildungsstätte erfüllt wird (dazu später).
Für die Sozialhilfe sachlich zuständig ist der örtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist (§ 97 Abs. 1 SGB XII in der Fassung vom 27.12.2003 - a.F.). Dabei wird die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe nach Landesrecht bestimmt (§ 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII). Gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 lit. a Nds. AG-SGB XII (a.F.) ist der überörtliche Träger für teilstationäre und stationäre Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach den §§ 53 bis 60 SGB XII (a.F.) zuständig (gewesen), wenn diese Leistungen wegen der Behinderung oder des Leidens der Leistungsberechtigten in Verbindung mit den Besonderheiten des Einzelfalls erforderlich sind. Die in Streit stehenden Kosten für die Betreuung des Hilfeempfängers in der Tagesbildungsstätte H. stellen
- soweit nicht der Kernbereich pädagogischer Arbeit betroffen ist (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 21.9.2017 - B 8 SO 24/15 R - juris Rn. 14, dazu noch später) - Leistungen der Eingliederungshilfe im Sinne des § 53 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 SGB XII (a.F.) dar. Bei dem Hilfeempfänger hat ein sonderpädagogischer Förderbedarf in allen Entwicklungsbereichen aufgrund seiner geistigen und körperlichen Behinderung bestanden. Aufgrund der starken Entwicklungsverzögerungen in den grundlegenden Entwicklungsbereichen Wahrnehmung, Sprache, Denken, Motorik und Handeln hat er ein ganzheitliches individualisiertes Förderangebot sowie eine intensiv-medizinische Förderpflege wegen seiner körperlichen Behinderungen, insbesondere des Bewegungs- und Stützapparates sowie in Anbetracht des Tracheostomas benötigt (vgl. insbesondere Bescheid der Niedersächsischen Landesschulbehörde vom 20.5.2011, an den der Sozialhilfeträger gebunden ist - vgl. BSG, Urteil vom 23.8.2013 - B 8 SO 10/12 R - juris Rn. 21). Ob die Rückausnahme des § 6 Abs. 5 S. 1 Nds. AG-SGB XII (a.F.) hier einschlägig ist, wonach der überörtliche Träger abweichend von § 6 Abs. 1 Nds. AG-SGB XII (a.F.) nicht zuständig ist, wenn Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung für den Besuch von Schulen in freier Trägerschaft gewährt wird, kann im Ergebnis offenbleiben. Ergibt sich die Zuständigkeit des Klägers nicht bereits unmittelbar aus § 6 Abs. 2 Nds. AG-SGB XII (a.F.), so ist der Kläger als örtlicher Sozialhilfeträger (§ 3 Abs. 3 SGB XII i.V.m. § 1
Abs. 2 S. 1 Nds. AG-SGB XII) vom Land Niedersachsen als überörtlichem Träger (§ 3 Abs. 2 S. 1 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 3 Nds. AG-SGB XII) zur Durchführung von dessen Aufgaben gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 Nds. AG SGB XII (a.F.) i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1
DVO Nds. AG-SGB XII (Fassung vom 27.6.2011) herangezogen worden und hat dabei im eigenen Namen gehandelt (§ 8 Abs. 2 i.V.m. § 9 Abs. 5 S. 1 Nds. AG-SGB XII). Der Kläger ist berechtigt, den Erstattungsanspruch gegenüber dem Beklagten bzw. der Beigeladenen selbst zu verfolgen und damit auch aktivlegitimiert (vgl. § 70 SGG), weil es sich bei beiden nicht um einen niedersächsischen Träger handelt (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 5 bzw. 6 DVO Nds. AG-SGB XII).
Die örtliche Zuständigkeit des Klägers folgt aus § 98 Abs. 1 S. 1 SGB XII, weil sich der Hilfeempfänger in seinem Zuständigkeitsbereich durch die in Goslar beheimatete Pflegefamilie tatsächlich aufgehalten hat. § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII ist nicht einschlägig, wonach für stationäre Leistungen der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig ist, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Die Tagesbildungsstätte kann allenfalls als teilstationäre Einrichtung (so LSG NRW, Urteil vom 15.5.2013 - L 20 SO 67/08 - juris Rn. 48 ff.; offen gelassen im Urteil vom 11.8.2015 - L 20 SO 316/12 - juris Rn. 38; Zweifel jedenfalls bei allgemeinbildenden Schulen: BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R - juris Rn. 12; offen gelassen, ob ambulant oder teilstationär im Urteil vom 21.9.2017 - B 8 SO 24/15 - juris Rn. 12) und nicht als (voll-)stationäre Einrichtung in Betracht kommen, die allein von § 98 Abs. 2 SGB XII umfasst sind (vgl. BSG, Urteil vom 23.7.2015 - B 8 SO 7/14 R - juris Rn. 15 ff.; Urteil vom 20.4.2016 - B 8 SO 8/14 R - juris Rn. 17; Urteil vom 6.12.2018 - B 8 SO 9/18 R - juris Rn. 26; Söhngen in jurisPK-SGB XII, 3. Aufl. 2020, § 98 Rn. 40 m.w.N.; Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider/Legros, 20. Aufl. 2020, § 98 Rn. 30).
Eine andere Zuständigkeit ergibt sich vorliegend nicht daraus, dass die Beigeladene der für die Leistungen der Familienpflege örtlich zuständige Träger ist, weil der Hilfeempfänger zum Zeitpunkt des Beginns der Familienpflege seinen gewöhnlichen Aufenthalt zuvor in deren Zuständigkeitsbereich (abgeleitet vom Aufenthaltsort seiner Mutter) hatte (§§ 107, 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII; so auch SG Aachen in dem zwischen dem Beklagten und der Beigeladenen geführten Kostenerstattungsstreit - S 20 SO 93/09 -, in dem die Kosten für die Unterbringung in der Pflegefamilie streitig gewesen sind und nicht für eine teilstationäre Leistung wie hier). Die Verweisung in § 107 SGB XII verlagert in ihrem Ausgangspunkt die örtliche Zuständigkeit zum Schutz der Pflegestellenorte auf den Ort, in dem das Pflegekind vor Aufnahme in der Pflegefamilie seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte (Deckers in Grube/Wahrendorf/Flint, SGB XII, 7. Aufl. 2020, § 107 Rn. 3). Wird ein Kind wie der Hilfeempfänger in einem Krankenhaus geboren, ist gemäß dem Wortlaut des § 98 Abs. 2 S. 4 SGB XII auf die Geburt in dieser „Einrichtung“ abzustellen (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.2.2011 - L 20 SO 110/08 - juris Rn. 80). Da ein Kind noch keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründen kann, erklärt das Gesetz auch insoweit den gewöhnlichen Aufenthalt der Mutter für maßgeblich, den diese bei der Geburt des Kindes hatte (LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.), vorliegend mithin Aachen. Die sachliche Zuständigkeit des örtlichen oder überörtlichen Trägers der Sozialhilfe wird durch § 107 SGB XII nicht geregelt. Sie richtet sich allein nach § 97 SGB XII (Böttiger in jurisPK-SGB XII, 3. Aufl. 2020, § 107 Rn. 60).
Eine Zuständigkeit des Beklagten oder der Beigeladenen für den geltend gemachten Anspruch folgt weder aus § 107 SGB XII i.V.m. § 98 Abs. 2 SGB XII noch aus § 97
Abs. 4 SGB XII analog aufgrund des Gesamtfallgrundsatzes (vgl. hierzu § 109 SGB XII) im Hinblick auf die Zuständigkeit der Beigeladenen für die Leistungen, die Pflegefamilie betreffend.
Für den Fall, dass - wie im Falle des Hilfeempfängers - ein Kind oder Jugendlicher in einer anderen Familie untergebracht ist, gelten gemäß § 107 SGB XII § 98 Abs. 2 und § 106 SGB XII entsprechend. Unbeschadet dessen, dass der Gesetzgeber die Regelung dem Kostenerstattungsrecht zugeordnet hat, ist § 107 SGB XII dahingehend auszulegen, dass er, soweit er auf § 98 Abs. 2 SGB XII verweist, auch eine örtliche Zuständigkeitsvorschrift ist (Böttiger in jurisPK-SGB XII, 3. Aufl. 2020, § 107 Rn. 6 m.w.N.; Scheider in Schellhorn/Hohm/Scheider/Legros, SGB XII, 20. Aufl. 2020, § 107 Rn. 4). Entsprechend hat das BVerwG die Vorgängervorschrift des § 104 BSHG ausgelegt und die Auslegung sowohl als Zuständigkeits- als auch als Kostenerstattungsregelung insbesondere mit dem Sinn und Zweck des § 104 BSHG begründet. Danach sollten nicht nur maßnahmebezogen allein die für die Unterbringung in einer anderen Familie anfallenden Kosten, sondern im Sinne einer umfassenden Zuständigkeit auch damit in Zusammenhang stehende Sozialhilfeleistungen umfasst sein (BVerwG, Urteil vom 17.12.2003 - 5 C 14/02 - juris Rn. 18, 19). Auf diese Weise werde ein Auseinanderfallen der örtlichen Zuständigkeit vermieden und Sozialhilfeträger vor übermäßigen Kostenbelastungen durch Familienpflege in ihrem Bereich geschützt.
Der Wortlaut des § 107 SGB XII gibt keinen Aufschluss darüber, für welche Leistungen die Erstattung gelten soll. Zwar ist § 98 Abs. 2 SGB XII bei der Unterbringung eines Kindes in einer Pflegefamilie entsprechend anzuwenden, obwohl diese Unterbrin-gung keine Unterbringung in einer stationären Einrichtung gemäß § 13
SGB XII darstellt (BSG, Urteil vom 25.9.2014 - B 8 SO 7/13 R - juris Rn. 13; auch nicht, wenn es sich um eine Sonderpflegestelle handelt: vgl. hierzu Hohm, in Schellhorn/Hohm/Scheider/Legors, SGB XII, 20. Aufl. 2020, § 98 Rn. 34 m.w.N.), weil es sich hierbei um eine Leistung der Eingliederung in einer Pflegefamilie nach § 54 Abs. 3 SGB XII (Fassung vom 30.7.2009 - a.F.) mit der Folge handelt, dass
§ 98 Abs. 2 SGB XII über § 107 SGB XII entsprechende Anwendung findet (BSG, Urteil vom 26.10.2017 - B 8 SO 12/16 R - juris Rn. 25, 34 ff.). § 107 SGB XII kann hinsichtlich der vorliegend länderübergreifend in Streit stehenden Kosten für den Besuch der Tagesbildungsstätte, die - rechtswidrig - neben den Bedarfen der Eingliederung in Niedersachsen auch Bildungskosten mit beinhalten (dazu später mehr), nicht so weitgehend ausgelegt werden, dass diese als sog. Zusammenhangskosten hiervon umfasst wären (für eine Einbeziehung von für während des Pflegestellenaufenthaltes anfallende Zusammenhangskosten generell: Steimer/Zink in Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, 54. Lfg. Stand 07/21, § 107 Rn. 8; Scheider in Schellhorn/Hohm/Scheider/Legros, SGB XII, 20. Aufl. 2020, § 107 Rn. 15 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BVerwG, a.a.O.; Bayerischer VGH, Urteil vom 02.08.2001 - 12 B 98.763 - juris
Rn. 19 f.; Böttiger in jurisPK-SGB XII, 3. Aufl. 2020, § 107 Rn. 64; a.A.: OVG Hamburg, Beschluss vom 14.1.2004 - 4 Bf 355/01 - juris Rn. 41 ff. für Kosten in einer Tagesbildungsstätte, später ohne nähere Begründung aufgegeben mit Urteil vom 1.9.2005 - 4 Bf 441/01 - juris Rn. 22; Hauck/Noftz, SGB XII, Erg.-Lfg. 5/21, § 107 Rn. 7 m.w.N. für Leistungen ohne ausreichenden Zusammenhang zu Familienpflege wie Betreuungskosten in Einrichtung, z.B. Sonderkindergarten; Rabe in Fichtner/Wenzel, SGB XII, 4. Aufl. 2009, § 107 Rn. 2; ZSpr. EuG 1999, 152-156 für im Zusammenhang angefallene ambulante oder teilstationäre Hilfen).
Auch wenn § 107 SGB XII der zuständigkeits- und kostenrechtlichen Gleichstellung von einrichtungsersetzenden Pflegefamilien mit stationären Einrichtungen dienen soll (s. hierzu Böttiger in jurisPK-SGB XII, 3. Aufl. 2020, § 107 Rn. 5; Adams in BeckOK SozR, 65. Edition, Stand: 1.6.2022, § 107 SGB XII Rn. 2, 8), kann hinsichtlich der für den Besuch der Tagesbildungsstätte anfallenden Kosten nicht die Zuständigkeitsregelung in § 98 Abs. 2 SGB XII über § 107 SGB XII entsprechend herangezogen werden. Soweit sich der Kläger auf den Schutz des „Einrichtungsortes“ beruft (so auch BSG, Urteil vom 26.10.2017 - B 8 SO 12/16 R - juris Rn. 34 -; vgl. hierzu auch § 109 SGB XII), ist er nicht in gleichem Maße schutzbedürftig wie Sozialhilfeträger, die stationäre Einrichtungen in ihrem Zuständigkeitsbereich betreiben. Zwar verfolgt § 107 SGB XII insbesondere den Zweck, den Sozialhilfeträger am Ort der Familienhilfe zu entlasten und die Kosten dem Sozialhilfeträger aufzuerlegen, der auch bei einer stationären Unterbringung zuständig wäre (Adams in BeckOK SozR, 65. Edition, Stand: 1.6.2022, § 107 SGB XII Rn. 2). Auch wenn § 54 Abs. 3 SGB XII a.F. eine kostenrechtliche Gleichstellung von stationären Einrichtungen mit einrichtungsersetzenden Pflegefamilien vorsieht, benötigen Familienpflegestellen nicht den gleichen Schutz wie stationäre Einrichtungen, die oft historisch bedingt auf bestimmte Orte konzentriert sind und daher des Schutzes vor übermäßiger Inanspruchnahme bedürfen (Deckers in Grube/Wahrendorf/Flint, SGB XII, 7. Aufl. 2020, § 107 Rn. 1). In Anbetracht dessen, dass es sich vorliegend um eine Sonderpflegestelle (für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche, vgl. § 33 S. 2 SGB VIII) handelt, die nicht gleichmäßig verteilt im Bundesgebiet und in geringerer Zahl vorhanden sind, rechtfertigt der Zweck der Vorschrift hier keine Kostentragung durch die Beigeladene. So tritt ein Schutz der Pflegestellenorte in einer solchen Fallkonstellation schon dadurch ein, dass die in der Pflegefamilie anfallenden Kosten durch den Träger am Aufenthaltsort vor der Aufnahme in die Pflegefamilie zu tragen sind. Der Anreiz zur Einrichtung von Familienpflegestellen, der durch § 107 SGB XII geschaffen werden soll (Deckers, a.a.O., § 107 Rn. 2), wird bereits hierdurch gesetzt. Naturgemäß werden im Rahmen einer Pflegefamilie, insbesondere in einer Sonderpflegestelle für behinderte Kinder, deutlich weniger Hilfebedürftige betreut als in stationären Einrichtungen, was zu einer deutlich geringeren Kostenbelastung führt. Dies gilt umso mehr, als die Unterbringungskosten in Pflegefamilien nicht selten von den Trägern der Jugendhilfe zu übernehmen sind, so dass es auch vor diesem Hintergrund an einem mit der stationären Unterbringung von Sozialhilfeempfängern vergleichbaren Schutzbedürfnis der Sozialhilfeträger fehlt (so auch OVG Hamburg, Urteil vom 14.1.2004 - 4 Bf 355/01 - juris Rn. 41). Maßgeblich wirkt sich vorliegend aus, dass die Erstattung von Kosten für den (Schul-)Besuch einer Tagesbildungsstätte beansprucht wird, die bundesweit nur in Niedersachsen als Eingliederungshilfeleistungen anfallen und es sich hierbei um eine rechtswidrig dem Sozialhilfeträger auferlegte Leistungsart handelt (dazu sogleich noch).
Soweit zu den zu erstattenden Kosten im Sinne des § 107 SGB XII insbesondere als Zusammenhangskosten auch Leistungen für Bekleidung und ambulante Bedarfe, Kosten für Hortunterbringung etc. fallen sollen (so etwa Homann/Schoch in Bieritz-Harder/Conradis/Thie, SGB XII, 12. Aufl. 2020, § 107 Rn. 4), hat das BSG klargestellt, dass der Gesetzgeber mit der zum 5.8.2009 erfolgten Neuregelung des § 54 Abs. 3 SGB XII (Fassung vom 30.7.2009 - a.F.) jede erforderliche Betreuung eines behinderten Kindes in einer Pflegefamilie typisierend als Eingliederungshilfe normiert hat, so dass insbesondere auch die für den Lebensunterhalt erforderlichen Leistungen hiervon umfasst seien (BSG, Urteil vom 26.10.2017 - B 8 SO 12/16 R - juris Rn. 37). Bei der Unterbringung in einer Pflegefamilie handelt es sich um eine Leistung der Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 3 SGB XII, hinsichtlich derer § 98 Abs. 2 SGB XII über § 107 SGB XII entsprechend Anwendung findet. Die in einer teilstationären Einrichtung anfallenden Betreuungsleistungen werden jedoch gerade außerhalb der Pflegestelle erbracht und sind von den in der Pflegefamilie anfallenden Betreuungsleistungen zu unterscheiden (so auch OVG Hamburg, Urteil vom 14.1.2004 - 4 Bf 355/01 - juris Rn. 37-41). Auch das BSG hat hervorgehoben, dass die Unterbringung in der Pflegefamilie nicht mit anderen ambulanten Leistungen vom Gesetzgeber gleichgesetzt worden ist (BSG, a.a.O., juris Rn. 33). Demgemäß wird eine Pflegestellenunterbringung durch Verbindung mit einer teilstationären Maßnahme regelmäßig auch nicht zu einer vollstationären Maßnahme, weil die Pflegestellenunterbringung vielmehr als selbständige, offene Hilfe neben die teilstationäre Maßnahme tritt (so auch Scheider in Schellhorn/Hohm/Scheider/Legros, SGB XII, 20. Aufl. 2020, § 107 Rn. 18).
Da der Gesetzgeber im Zuge der Einführung des § 107 SGB XII zum 1.1.2005 - auch im Hinblick auf den insoweit schon zu Zeiten des BSHG bestehenden Streitpunkt - und dem Einfügen des Abs. 3 in § 54 SGB XII (a.F.) zum 5.8.2009 im Wege einer Neuregelung (nicht nur Klarstellung - BT-Drucks. 16/13417, S. 6) keine Verknüpfung zu weiteren, im Zusammenhang mit der Betreuung in einer Pflegefamilie anfallenden Eingliederungshilfeleistungen vorgenommen hat, sieht der Senat hier keine Möglichkeit für eine weitergehende Auslegung. Eine Einbeziehung der (für den Besuch der Tagesbildungsstätte) angefallenen Kosten in die gesetzlichen Regelungen obläge dem Gesetzgeber. Das BVerwG hat die Erfassung von Zusammenhangskosten für das SGB XII - anders als zum BSHG - offen gelassen (Urteil vom 16.12.2004 - 5 C 25/04 - juris Rn. 14, 15). § 107 SGB XII setzt die Unterbringung in einer Pflegefamilie auch nicht mit anderen ambulanten Leistungen (insbesondere mit ambulant-betreutem Wohnen) gleich, sondern erklärt vielmehr die Vorschriften zur Zuständigkeit bei stationärer Unterbringung nur für analog anwendbar (BSG, Urteil vom 26.10.2017 - B 8 SO 12/16 R - juris Rn. 33). Sie wird nicht im Wege der Fiktion einem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung gleichgestellt.
Zusätzlich zu den vorstehenden Erwägungen im Rahmen der Auslegung des § 107 SGB XII kommt vorliegend eine Erstattung insbesondere deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei der für den Besuch der Tagesbildungsstätte erstattet verlangten Kosten um eine rechtswidrige Leistung gehandelt hat. In Niedersachsen kann ein sonderpädagogischer Förderbedarf auch im Rahmen des Bildungskonzeptes einer anerkannten Tagesbildungsstätte erbracht und so der Schulpflicht nachgekommen werden (vgl. § 162 S. 1 NSchG). Soweit in der Tagesbildungsstätte mithin zugleich Bedarfe für den Kernbereich der schulischen Ausbildung als Bedarfe der Eingliederungshilfe von dem Kläger als Sozialhilfeträger erbracht worden sind, handelt es sich um rechtswidrige Leistungen, weil für schulische Leistungen der Sozialhilfeträger nicht zuständig ist (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 21.9.2017 - B 8 SO 24/15 R - juris Rn. 14 ff.). Kosten des Kernbereichs der pädagogischen Tätigkeit sind keine Kosten der Eingliederungshilfe, selbst wenn solche Kosten allein darauf zurückzuführen sind, dass der Schulbesuch zumutbar nur an einer Tagesbildungsstätte erbracht werden kann (BSG, a.a.O., juris Rn. 14). Das BSG hat betont, dass Kosten, die an einer Tagesbildungsstätte entstehen, nicht insgesamt zu Kosten der Eingliederungshilfe werden können, selbst wenn ein Land - wie Niedersachsen - seiner Verpflichtung zur Gewährung einer kostenfreien Bildung nicht nachkommt (BSG, a.a.O., juris Rn. 18, 19). Hierdurch kann der Sozialhilfeträger eines anderen Landes nicht gebunden werden (BSG, a.a.O., juris Rn. 19).
Eine Zuständigkeit des Beklagten oder der Beigeladenen folgt auch nicht aus der erweiternden Anwendung des § 97 Abs. 4 SGB XII (auch wenn dieser nach § 97
Abs. 2 S. 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr.1 lit. a AV-SGB XII NRW unberührt bleibt). Zwar kann nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 6.12.2018 - B 8 SO 9/18 R - juris Rn. 26) der sachlichen Zuständigkeit die örtliche Zuständigkeit über § 97 Abs. 4 SGB XII analog für erbrachte teilstationäre Leistungen nachfolgen, um ein Auseinanderfallen der örtlichen Zuständigkeit für die stationäre und für gleichzeitig erbrachte andere Sozialhilfeleistungen zu vermeiden, was mit dem Sinn und Zweck des § 97 Abs. 4 SGB XII nicht vereinbar wäre. Ziel sei es, dass die Hilfen aus einer Hand erfolgen und insbesondere keine Differenzierung zwischen ambulanten, teilstationären und stationären Leistungen entstehe (BSG, a.a.O.). Einer entsprechenden Heranziehung des § 97 Abs. 4 SGB XII steht jedoch entgegen, dass § 107 SGB XII die Unterbringung in einer Pflegefamilie nicht im Wege einer gesetzlichen Fiktion einem stationären Aufenthalt gleichstellt (Böttiger in jurisPK-SGB XII, 3. Aufl. 2020, § 107 Rn. 5; Adams in BeckOK, SozR 65. Edition, Stand: 1.6.2022, § 107 SGB XII Rn. 1). Auch der Umstand, dass § 107 SGB XII nur die örtliche Zuständigkeitsregelung des § 98 Abs. 2 SGB XII, nicht jedoch auch § 97 Abs. 4 SGB XII für entsprechend anwendbar erklärt, spricht gegen eine Heranziehung im Falle der Unterbringung in einer Pflegefamilie.
Ob das an die Beigeladene mit Schreiben vom 24.8.2011 gerichtete Erstattungsersuchen, das diese am 5.9.2011 zuständigkeitshalber (ihrer Auffassung nach) an den Beklagten weitergeleitet hat, den Anforderungen an ein ernsthaftes Erstattungsersuchen gegenüber dem Beklagten im Sinne des § 111 SGB XII entspricht (vgl. hierzu Böttiger in jurisPK-SGB XII, 3. Aufl. 2020, § 111 Rn. 56 m.w.N.), an den sich der Kläger selbst nicht gewandt hat, kann vor diesem Hintergrund offen bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 SGG i.V.m. § 154
Abs. 1 und 2 VwGO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, weil es infolge der Änderung des Eingliederungshilferechts unter Neuregelung der maßgeblichen Vorschriften zum 1.1.2020 an einer grundsätzlichen Bedeutung fehlt (§ 160 Abs. 2 SGG). Insbesondere ist die Unterscheidung nach Art der Leistung (ambulant - teilstationär - stationär) im neuen Eingliederungshilferecht aufgegeben worden. Die Zuständigkeit bestimmt sich nun nach dem gewöhnlichen Aufenthalt zum Zeitpunkt der ersten Antragstellung (§ 108 Abs. 1 SGB IX; vgl. näher Böttiger in jurisPK-SGB XII,
3. Aufl. 2020, § 107 Rn. 9).
Das Verfahren ist nach §§ 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG gerichtskostenpflichtig. Die Höhe des Streitwerts richtet sich nach den Anträgen des Rechtsmittelführers (§ 47 Abs. 1 S. 1 GKG). Der Beklagte hat sich mit der Berufung gegen die Verurteilung zur Erstattung von 41.908,78 € gewandt. Die Streitwertentscheidung ist unanfechtbar, § 177 SGG.