L 12 AS 291/23

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 35 AS 1022/21
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AS 291/23
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold (SG) vom 17.01.2023 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Kläger in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Berücksichtigung einer Corona-Überbrückungshilfe bei den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitssuchende – (SGB II) für die Zeit vom 01.06. bis zum 31.07.2021.

 

Der 0000 geborene Kläger zu 1) besitzt die (…) Staatsangehörigkeit und ist Inhaber einer unbefristeten Niederlassungserlaubnis. Die 0000 geborene Klägerin zu 2) besitzt die (…) Staatsangehörigkeit. Die Kläger sind verheiratet. Die Klägerin zu 2) ist selbstständig tätig und betreibt seit dem 00.00.0000 einen (…)-Shop in L..

 

Für die von ihnen bewohnte Wohnung in L. mussten die Kläger monatlich 237,18 € Kaltmiete, 115 € Nebenkosten sowie 20 € Heizkosten zahlen. Die Warmwasserbereitung erfolgte nicht über die Heizung.

 

Am 28.12.2020 stellte der Kläger einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II beim Beklagten. Mit Bescheid vom 25.01.2021 bewilligte der Beklagte vorläufig Leistungen nach dem SGB II von Dezember 2020 bis Mai 2021, weil das Einkommen der Klägerin zu 2) aus selbstständiger Tätigkeit zunächst nur geschätzt werden könne.

 

Die Klägerin beantragte am 15.01.2021 bei der Bezirksregierung G. Corona-Überbrückungshilfen. Neben der Überbrückungshilfe aus Bundesmitteln beantragte sie auch Leistungen der NRW Überbrückungshilfe Plus aus Landesmitteln. Der Antrag enthielt zu den Leistungen aus Landesmitteln folgenden Hinweis: „Solo-Selbstständige, Freiberufler und im Unternehmen tätige Inhaber von Einzelunternehmen und Personengesellschaften mit höchstens 50 Vollzeitäquivalenten können im Rahmen der NRW Überbrückungshilfe Plus eine Wirtschaftsförderungsleistung (fiktiver Unternehmerlohn) beantragen. Sofern Sie die Antragsvoraussetzungen der Überbrückungshilfe (2. Phase) und die speziellen Antragsvoraussetzungen der NRW Überbrückungshilfe Plus erfüllen, können Sie hierdurch eine Förderung i. H. v. 1.000 € pro Monat für maximal vier Monate für den Zeitraum September bis Dezember 2020 aus Mitteln des Landes Nordrhein-Westfalen erhalten (maximal 4.000 €). Sie können damit beispielsweise Kosten des privaten Lebensunterhalts wie private Wohnkosten, Krankenversicherungsbeiträge sowie Beiträge zur privaten Altersvorsorge abdecken.“

 

Mit Bescheid vom 19.01.2021 bewilligte die Bezirksregierung G. der Klägerin zu 2) Überbrückungshilfe-NRW („Billigkeitsleistung“) für die Monate September bis Dezember 2020 in Höhe von 6.289,30 €. Davon stammten 4.000 € aus Landesmitteln nach Ziff. 4 Abs. 3 und 2.289,30 € aus Bundesmitteln nach Ziff. 4 Abs. 1 der Richtlinien des Landes zur fortgesetzten Gewährung der Überbrückungshilfe für kleine und mittelständische Unternehmen vom 01.10.2020 („Überbrückungshilfe II NRW“). Nach Ziff. 2 des Bescheides erfolgte die Bewilligung unter dem Vorbehalt der endgültigen Festsetzung. Nach Ziff. 4 des Bescheides ist die Überbrückungshilfe zweckgebunden und dient ausschließlich dazu, für die Monate September bis Dezember 2020 eine weitergehende Liquiditätshilfe für betriebliche Fixkosten zu gewähren. Die Regelungen der Richtlinie Überbrückungshilfe II NRW werden Bestandteil des Bescheides. Ziff. 12 der Nebenbestimmungen des Bescheides ist zu entnehmen, dass für die Wirtschaftsförderleistung (fiktiver Unternehmerlohn) aus Mitteln des Landes Nordrhein-Westfalen keine Nachweispflicht besteht. Die Leistungen sind steuerbar und nach den allgemeinen steuerrechtlichen Regelungen im Rahmen der Gewinnermittlung zu berücksichtigen.

 

Die Auszahlung der Überbrückungshilfe erfolgte im Januar 2021 zunächst auf das Konto des Klägers zu 1). Dieser überwies die Überbrückungshilfe auf das Geschäftsgirokonto der Klägerin zu 2), auf dem es am 22.01.2021 gutgeschrieben wurde.

 

Am 17.05.2021 stellten die Kläger einen Weiterbewilligungsantrag bei dem Beklagten. Mit Schreiben vom 19.05.2021 erklärten die Kläger, dass die Zahlung in Höhe von 6.289,30 € Überbrückungshilfe des Landes zur Deckung von Miete und Fixkosten und nicht für den Lebensunterhalt bestimmt sei.

 

Mit Bescheid vom 15.07.2021 bewilligte der Beklagte den Klägern vorläufig Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 339,54 € für Juni bis Juli 2021 und in Höhe von 1.006,22 € von August bis November 2021. Dabei berücksichtigte er ein prognostiziertes Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 186,40 € und im Juni und Juli zusätzlich einen Betrag in Höhe von 666,67 € als sonstiges Einkommen mit dem Betreff „Überbrückungshilfe Plus“.

 

Die Kläger legten am 20.08.2021 Widerspruch gegen den vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 15.07.2021 für die Monate Juni und Juli 2021 ein. Sie begründeten den Widerspruch damit, dass eine Berücksichtigung der erhaltenen Überbrückungshilfe nicht zulässig sei. Die Leistung für Dezember 2020 in Höhe von 1.000 € müsse im Rahmen einer Endabrechnung wieder zurückgezahlt werden, da sie im Dezember Leistungen nach dem SGB II erhalten hätten. Im Zeitraum von September bis November 2020, auf den sich die übrigen Leistungen in Höhe von insgesamt 3.000 € beziehen, hätte kein Leistungsbezug bestanden und die Leistungen seien gerade für diesen Zeitraum gewährt worden, sodass eine Berücksichtigung im Zeitpunkt des Zuflusses nicht möglich sei.

 

Mit Änderungsbescheid vom 05.11.2021 bewilligte der Beklagte weiterhin vorläufig Leistungen nach dem SGB II, für die Monate Juni und Juli 2021 in Höhe von jeweils 344,20 € und von August bis November 2021 in Höhe von jeweils 1.010,88 €.

 

Mit Widerspruchsbescheid vom 08.11.2021 wies der Beklagte den Widerspruch vom 20.08.2021 gegen den Bescheid vom 15.07.2021 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 05.11.2021 als unbegründet zurück. Die Klägerin zu 2) verfüge über Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit. Die Betriebseinnahmen seien in voller Höhe, die -ausgaben nur teilweise zu berücksichtigen. Insgesamt ergebe sich ein monatlich anrechenbares Einkommen von 181,74 €. Bei der Zahlung der Überbrückungshilfe Plus aus Landesmitteln in Höhe von 4.000 € handele es sich um eine einmalige Einnahme gemäß § 11 Abs. 3 SGB II. Diese sei für September bis Dezember 2020 in Höhe von 1.000 € pro Monat als ein sogenannter fiktiver Unternehmerlohn zur Sicherung des Lebensunterhaltes ausgezahlt worden. Sie sei rechtlich nicht als Betriebseinnahme nach § 3 ALG II-VO zu qualifizieren und daher nicht im Rahmen der Gewinnermittlung zu berücksichtigen. Maßgeblich für die Berücksichtigung sei der tatsächliche Zufluss, insofern sei es nicht von Relevanz, dass sie für den Zeitraum September bis Dezember 2020 gezahlt worden sei. Eine Rückzahlungsverpflichtung für den Monat Dezember 2020 stehe der Einkommensanrechnung nicht entgegen. Eine Rückzahlungsverpflichtung, die erst nach dem Monat des Zuflusses entstehe, lasse die Berücksichtigung als Einkommen im Zuflussmonat unberührt. Da im Monat der Auszahlung bereits Leistungen nach dem SGB II erbracht worden seien, sei die einmalige Einnahme ab Februar 2021 verteilt auf sechs Monate in Höhe von jeweils 666,67 € anzurechnen.

 

Am 03.12.2021 haben die Kläger Klage vor dem SG erhoben.

 

Nachdem die Klägerin zu 2) nach den abschließenden Angaben zum Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit für den Zeitraum von Juni bis November 2021 lediglich Verluste i.H.v. insgesamt -3.561,51 € erwirtschaftete, hat der Beklagte mit Bescheid vom 09.03.2022 die Leistungen für den Zeitraum vom 01.06.2021 bis 30.11.2021 endgültig festgesetzt. Dabei hat er in den Monaten Juni und Juli 2021 lediglich die NRW Überbrückungshilfe Plus als sonstiges Einkommen in Höhe von jeweils 666,67 € (abzüglich 30 € Versicherungspauschale) berücksichtigt.

 

Zur Begründung ihrer Klage haben die Kläger ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und ergänzend ausgeführt, dass die von der Klägerin zu 2) beantragte Überbrückungshilfe nicht als Einkommen zu berücksichtigen sei, was sich aus § 1 Abs. 1 Nr. 14 der ALG II-VO ergebe.

 

Sie haben beantragt,

ihnen unter Abänderung des Bescheids vom 15.07.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.11.2021 in der Fassung der endgültigen Leistungsbewilligung vom 09.03.2022 höhere Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.06.2021 bis 31.07.2021 – ohne die Berücksichtigung von Einkommen in Form von Überbrückungsleistungen in Höhe von 666,67 € – nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

 

Der Beklagte hat beantragt,

            die Klage abzuweisen.

           

Zur Begründung hat er sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.

 

Mit Urteil vom 17.01.2023 hat das SG den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 15.07.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.11.2021 in der Fassung der endgültigen Festsetzung vom 09.03.2022 verurteilt, den Klägern höhere Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.06. bis zum 31.07.2021 – ohne Berücksichtigung von Einkommen in Form von Überbrückungsleistungen in Höhe von monatlich 666,67 € – zu gewähren. Die im Januar zugeflossene NRW Überbrückungshilfe Plus sei eine Betriebseinnahme im Sinne des § 3 Abs. 1 ALG II-VO, die gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 ALG II-VO nur im jeweiligen Bewilligungszeitraum zu berücksichtigen sei, in dem sie zugeflossen ist. Dies sei hier der vorherige Bewilligungszeitraum. Es handele sich wertungsmäßig um Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II. Einer Anwendung von § 11a Abs. 3 S. 1 SGB II stehe entgegen, dass es sich gerade nicht um eine zweckgebundene Beihilfe handele, sondern ein zur freien Verwendung gewährter „fiktiver Unternehmerlohn“ vorliege. Einer Einordnung als Einnahme aus selbstständiger Tätigkeit würden dabei auch nicht die Vorschriften des § 1 Abs. 1 Nr. 14 ALG II-VO und des § 3 Abs. 1a ALG II-VO entgegenstehen, da diese sich nur auf das Bundesprogramm „Überbrückungshilfe III“ beziehen. Dementsprechend seien die an die Klägerin gewährten Leistungen der NRW Überbrückungshilfe Plus auch nicht als einmalige Einnahme gemäß § 11 Abs. 3 S. 4 SGB II auf einen Zeitraum von sechs Monaten aufzuteilen.

 

Gegen das dem Beklagten am 02.02.2023 zugestellte Urteil hat dieser am 16.02.2023 Berufung eingelegt. Entgegen der Ansicht des SG sei der aus Landesmitteln finanzierte Teil der NRW Überbrückungshilfe Plus keine Betriebseinnahme im Sinne des § 3 Abs. 1 S. 1 ALG II-VO, sondern als einmalige Einnahme gemäß § 11 Abs. 3 SGB II zu qualifizieren. Bei der aus öffentlichen Mitteln als Billigkeitsleistung gewährten Überbrückungshilfe fehle der für eine Betriebseinnahme erforderliche Bezug zur selbstständigen Tätigkeit. Sinn und Zweck der Überbrückungshilfe sei es, den pandemiebedingten Wegfall der Verdienstmöglichkeiten aus der selbstständigen Tätigkeit zu entschädigen. Die Überbrückungshilfe stelle daher ein Pendant zu Abfindungszahlungen für den Verlust von Arbeitsplätzen für nicht selbstständig Beschäftigte dar. Auch die Bezeichnung als „fiktiver Unternehmerlohn“ stehe dieser Einordnung nicht entgegen. Unternehmerlohn sei der Gewinn und nicht die reine Betriebseinnahme, was für eine Vergleichbarkeit mit Zahlungen aufgrund von Lohnausfällen sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter, beispielsweise in Form von Insolvenz- oder Kurzarbeitergeld, spreche.

 

Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,

            das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Die Kläger stellen keinen Antrag.  

 

Die Beteiligten sind im Rahmen eines Erörterungstermins am 04.04.2024 zu der beabsichtigten Entscheidung des Senats durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört worden.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen. Der Inhalt dieser Akten ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

 

 

II.

 

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Urteil des SG vom 17.01.2023 sowie der Bescheid vom 09.03.2022, mit dem der Beklagte die frühere Leistungsbewilligung in Bezug genommen und die Leistungshöhe für den streitigen Zeitraum endgültig festgesetzt hat. Damit haben sich die Bescheide über die vorläufige Bewilligung von Leistungen vom 15.07.2021 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 05.11.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.08.11.2021 (§ 95 SGG) gemäß § 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) erledigt (vgl. BSG Urteil vom 26.07.2016 – B 4 AS 54/15 R – juris Rn. 14).

 

Der Senat entscheidet über die Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch zurückweisenden Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens nicht für erforderlich hält. Der Sachverhalt ist nicht kompliziert und wird vom Senat – wie auch von den Beteiligten – als nicht weiter aufklärungsbedürftig angesehen. Auch die Funktion und Bedeutung der mündlichen Verhandlung als „Kernstück“ des gerichtlichen Verfahrens spricht hier nicht für die Durchführung der mündlichen Verhandlung (vgl. BSG Beschluss vom 21.10.2021 – B 5 R 51/21 B – juris Rn. 5). Weder die Schwierigkeit des Falles noch die Bedeutung der Tatsachenfragen gebieten eine solche. Auch eine ungewöhnlich lange Verfahrensdauer, die nach der Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) gegen ein vereinfachtes Verfahren nach § 153 Abs. 4 SGG sprechen könnte, liegt nicht vor.

 

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

 

Die fristgerecht eingelegte Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Die Zulässigkeit der Berufung scheitert nicht an § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG, denn der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 750 €. Der Beklagte wendet sich gegen das Urteil das SG, welches ihn verpflichtet hat, den Klägern höhere Leistungen in den Monaten Juni und Juli 2021 ohne Berücksichtigung in Form von Einkommen in Höhe von je 666,67 € zu gewähren.

 

Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Beklagte zu Recht dazu verurteilt, den Klägern höhere Leistungen nach dem SGB II für die Monate Juni und Juli 2021 ohne Anrechnung von Einkommen i.H.v. 666,67 € monatlich zu zahlen. Die Klage ist zulässig und begründet.

 

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, Abs. 4 SGG statthaft, weil die Kläger die Zahlung höherer als zunächst vorläufig und dann abschließend festgestellter Leistungen begehren (vgl. BSG Urteil vom 11.11.2021 – B 14 AS 41/20 R – juris Rn. 11).

 

Die Klage ist begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 09.03.2022 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger dadurch i. S. v. § 54 Abs. 2 S. 1 SGG in ihren Rechten.

 

Der Bescheid vom 09.03.2022 über die endgültige Festsetzung ist rechtswidrig, soweit die Überbrückungshilfe in Höhe von 666,67 € für die Monate Juni und Juli 2021 bedarfsmindernd berücksichtigt wird. Die Kläger haben einen Anspruch auf die Gewährung höherer Leistungen nach dem SGB II ohne die Berücksichtigung der NRW Überbrückungshilfe Plus.

 

Rechtsgrundlage für die endgültige Festsetzung der Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum Juni bis Juli 2021 ist § 41a Abs. 3 SGB II. Die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheiden hiernach abschließend über den monatlichen Leistungsanspruch, sofern die vorläufig bewilligte Leistung nicht der abschließend festzustellenden entspricht oder die leistungsberechtigte Person eine abschließende Entscheidung beantragt.

 

Die Voraussetzungen für eine abschließende Leistungsfestsetzung liegen vor. Die Kläger sind dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II, § 19 Abs. 1 S. 1 SGB II i.V.m. §§ 7, 7a, 8, 9 SGB II. Der 0000 geborene Kläger zu 1) und die 0000 geborene Klägerin zu 2) hatten im streitigen Zeitraum das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht. Die Kläger hatten ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in L. und damit in der Bundesrepublik Deutschland. Hinsichtlich des Klägers zu 1) lag auch kein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 2 SGB II vor. Der Kläger zu 2) als (…) Staatsangehöriger verfügt über eine unbefristete Niederlassungserlaubnis nach § 9 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Die Kläger waren erwerbsfähig im Sinne des § 8 SGB II; es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Kläger nicht in der Lage gewesen sind, eine Erwerbstätigkeit mit einer Dauer von mindestens drei Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes zu verrichten. Im betreffenden Zeitraum waren die Kläger auch hilfebedürftig im Sinne des § 9 SGB II. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht, oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Das Einkommen der Kläger war im Ergebnis nicht bedarfsdeckend.

 

Der Beklagte hat aufgrund des schwankenden Einkommens der Klägerin zu 2) aus selbstständiger Tätigkeit zunächst mit Bescheid vom 15.07.2021 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 05.11.2021 Leistungen nach dem SGB II in dem streitigen Zeitraum vorläufig nach § 41a Abs. 1 SGB II i.H.v. 344,20 € monatlich für Juni und Juli 2021 bewilligt. Die Leistungen waren mit Ablauf des Bewilligungszeitraumes endgültig festzusetzen, weil die Leistungshöhe nach Maßgabe der tatsächlich erzielten Einnahmen von der vorläufigen Bewilligung abweicht. Unter Berücksichtigung der eingereichten Unterlagen ist der den Klägern endgültig zustehende Leistungsanspruch höher als der vorläufig zuerkannte.

 

Der Bedarf der Kläger setzt sich aus dem Regelbedarf, dem Mehrbedarf und den Kosten für Unterkunft und Heizung zusammen. Die Kläger bilden gemeinsam eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 1, 3 lit. a) SGB II. Die Höhe des für die Kläger anzusetzenden Regelbedarfs als erwachsene Partner in einer Bedarfsgemeinschaft ist nach § 20 Abs. 4 SGB II i.V.m. § 28 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB X II) i.V.m. § 8 Nr. 2 des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch ab dem Jahr 2021 (RBEG)vom 09.12.2020 für das Jahr 2021 mit 401 € zu berücksichtigen. Nach § 21 Abs. 7 S. 1 SGB II wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 SGB II anerkannt wird. Nach S. 2 Nr. 1 beträgt der Mehrbedarf für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils 2,3 % des für sie geltenden Regelbedarfs. Da die Kläger ihr Warmwasser dezentral erhitzen, ist ein Mehrbedarf i.H.v. 9,22 € pro Person monatlich zu berücksichtigen. Für die von den Klägern bewohnte Mietwohnung fallen Kosten für Unterkunft und Heizung i.S.d. § 22 Abs. 1 SGB II i.H.v. 237,18 € Kaltmiete, Betriebskostenabschläge i.H.v. 115 € und Heizkostenabschläge i.H.v. 20 € monatlich an, mithin insgesamt 372,18 €. Der Gesamtbedarf der Kläger beläuft sich damit in den Monaten Juni bis Juli 2021 auf 1.192,62 € monatlich.

 

Auf den so errechneten Bedarf ist das zur Verfügung stehende Einkommen bedarfsmindernd anzurechnen. Das Einkommen der Klägerin zu 2) war im Ergebnis nicht bedarfsdeckend. Nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Vermögen, das den Freibetrag nach § 12 SGB II übersteigt, lag nicht vor. Nach § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen.

 

Die Klägerin zu 2) verfügt über kein anrechenbares Einkommen aus ihrer selbstständigen Tätigkeit in dem von ihr betriebenen (…)-Shop. Die Berechnung des Einkommens aus selbstständiger Tätigkeit richtet sich nach § 3 ALG-II-VO i.d.F. vom 16.03.2021. Nach § 3 Abs. 1 ALG-II-VO ist bei der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit von den Betriebseinnahmen auszugehen. Betriebseinnahmen sind alle aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft erzielten Einnahmen, die im Bewilligungszeitraum (§ 41 Abs. 1 S. 4 SGB II) tatsächlich zufließen. Nach § 3 Abs. 2 ALG-II-VO sind zur Berechnung des Einkommens von den Betriebseinnahmen die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen. Nach § 3 Abs. 1 ALG-II-VO sollen tatsächliche Ausgaben nicht abgesetzt werden, soweit diese ganz oder teilweise vermeidbar sind oder offensichtlich nicht den Lebensumständen während des Bezuges der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende entsprechen. Nach § 3 Abs. 4 S. 1 ALG-II-VO ist für jeden Monat der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt. Nach S. 3 dieser Vorschrift sind von dem Einkommen die Beträge nach § 11b SGB II abzusetzen. Danach sind zunächst die gesamten von der Klägerin zu 2) in der abschließenden EKS angegebenen Einnahmen im Zeitraum von Juni 2021 bis November 2021 zugrunde zu legen, mithin 3.340,27 €. Von den Betriebseinnahmen sind die Betriebsausgaben unter den oben genannten Voraussetzungen abzusetzen. Der Beklagte berücksichtigte im Rahmen der abschließenden Bewilligung Betriebsausgaben i. H. v. 6.901,78 €. Es verbleibt somit kein Betriebsgewinn. Hinsichtlich der Notwendigkeit und Angemessenheit dieser bei der Klägerin angefallenen Betriebsausgaben besteht zwischen den Beteiligten kein Streit. Für den Senat besteht kein Grund, hiervon abzuweichen. Da die tatsächlichen Grundlagen des Rechtsstreits insoweit aus Sicht der Beteiligten geklärt sind, dürfte eine weitere Überprüfung der entsprechenden Feststellungen der Verwaltung entbehrlich sein (vgl. zur Amtsermittlungspflicht des Gerichts BSG Urteil vom 19.02.2009 – B 4 AS 68/07 R – juris Rn. 10; BSG Urteil vom 16.05.2012 B 4 AS 109/11 R – juris Rn. 26; BSG Urteil vom 13.05.2009 – B 4 AS 58/08 R – juris Rn. 13, Schmidt in Meyer-Ladewig u.a., 14. Auflage 2023, § 103 Rn. 20). 

 

Die im Januar 2021 zugeflossene NRW Überbrückungshilfe Plus ist im streitgegenständlichen Zeitraum nicht als einmalige Einnahme zu berücksichtigen. Die Überbrückungshilfe ist eine Betriebseinnahme im Sinne des § 3 Abs. 1 S. 1 ALG II-VO, sie ist gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 ALG II-VO aber nur im jeweiligen Bewilligungszeitraum zu berücksichtigen ist, in dem sie zugeflossen ist. Sie ist deshalb daneben nicht als sonstiges Einkommen zu berücksichtigen deshalb auch nicht als einmalige Einnahme im Sinne des § 11 Abs. 3 S. 4 SGB II auf die Monate Februar bis Juli 2021 aufzuteilen.

 

Der Klägerin wurde mit Bescheid der Bezirksregierung G. vom 19.01.2021 eine Überbrückungshilfe i.H.v. 6.289,30 gewährt. Der Anteil der aus Bundesmitteln gewährte Überbrückungshilfe i. H. v. 2.289,30 € ist – wovon auch der Beklagte ausgegangen ist - nach § 11a Abs. 3 S. 1 SGB II nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Danach sind Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, nur so weit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Leistungen nach dem SGB II im Einzelfall demselben Zweck dienen. Der aus Bundesmitteln gewährte Teil der Überbrückungshilfe wurde gemäß § 53 Bundeshaushaltsordnung und Ziff. 4 Abs. 1 Überbrückungshilfe-NRW 2020 aus Bundesmitteln zweckgebunden gewährt. Sie dient nach Ziff. 4 Abs. 1 Überbrückungshilfe-NRW 2020 der Deckung von betrieblichen Fixkosten und damit anderen Zwecken als die Leistungen nach dem SGB II. Diese Mittel waren zweckgebunden zur Deckung von Liquiditätsengpässe im Zeitraum September bis Dezember 2020.

Entgegen der Ansicht des Beklagten ist jedoch auch der Anteil der Zahlung, der aus Mitteln des Landes Nordrhein-Westfalen gezahlten NRW Überbrückungshilfe Plus i.H.v. 4.000 € nicht als Betriebseinnahme zu berücksichtigen.

 

Der aus Landesmitteln gewährte Teil der Überbrückungshilfe ist keine zweckgebundene Leistung, fällt nicht unter § 11a Abs. 3 S. 1 SGB II und ist daher grundsätzlich als Einkommen zu berücksichtigen. Anders als bei der im Rahmen des Bundesprogramms „Soforthilfen für Kleinstunternehmer und Soloselbständige“ gewährten „Corona-Soforthilfe“ (dazu Senatsurteil vom 21.02.2024 – L 12 AS 1422/22; Senatsurteil vom 16.02. 2025 – L 12 AS 1379/22) liegt bei den hier gewährten Mitteln gerade keine Zweckbestimmung vor. Nach Ziff. 4 des Bescheides i.V.m. Ziff. 4 Abs. 3 der Richtlinien des Landes Nordrhein-Westfalen zur Gewährung der „Überbrückungshilfe II NRW“ soll mit der durch Landesmittel finanzierten „NRW Überbrückungshilfe Plus“ gerade keine zweckgebundene Beihilfe, sondern ein nicht zweckgebundener - zur freien Verwendung gewährter - sogenannter „fiktiver Unternehmerlohn“ gewährt werden. Dem Antragsformular ist explizit zu entnehmen, dass mit diesen Leistungen die Kosten des privaten Lebensunterhalts wie private Wohnkosten, Krankenversicherungsbeiträge sowie Beiträge zur privaten Altersvorsorge abdeckt werden können.

 

Der aus Landesmitteln finanzierte Teil der Überbrückungshilfe ist eine Betriebseinnahme im Sinne des § 3 Abs. 1 S. 2 ALG II-VO. Zu den Betriebseinnahmen gehören nur diejenigen Einnahmen, die einen objektiven Anknüpfungspunkt zu der selbstständigen Tätigkeit selbst haben (Hannes in BeckOK Sozialrecht, 75 Ed. <Stand: 01.03.2024> Bürgergeld-V § 3 Rn. 14 f.; vgl. Pewestorf, ALG-II-VO, 3. Auflage 2021, § 2 Rn. 4). Zur Abgrenzung von anderen Einkunftsarten ist nach der Rechtsprechung des BSG das Steuerrecht heranzuziehen (BSG Urteil vom 22.08.2013 – B 14 AS 1/13 R – juris Rn. 20). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind Betriebseinnahmen in Anlehnung an § 8 Abs. 1 und § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) alle Zugänge in Geld oder Geldeswert, die durch den Betrieb veranlasst sind (statt vieler: BFH Urteil vom 29.02.2020 – VIII R 14/17 – juris Rn. 18 BFH Urteil vom 21.11.2018 – VI R 54/16 – juris Rn. 14). Eine Einnahme ist betrieblich veranlasst, wenn ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Betrieb gegeben ist. Es ist weder erforderlich, dass der Vermögenszuwachs im Betrieb erwirtschaftet wurde, noch, dass der Steuerpflichtige einen Rechtsanspruch auf die Einnahmen hat (BFH Urteil vom 02.08.2016 – VIII R 4/14 – juris Rn. 21). Auch das „Behaltendürfen“ des Gezahlten ist nicht Merkmal des Zuflusses einer Betriebseinnahme (vgl. BFH Urteil vom 13.10.1989 – III R 30-31/85 – juris Rn. 26). Bei der hier gezahlten NRW Überbrückungshilfe Plus bestand ein hinreichender wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Betrieb. Vorgesehen war eine Zahlung i. H. von 1.000 € pro Monat für maximal vier Monate (September, Oktober, November und/oder Dezember 2020) als Wirtschaftsförderungsleistung (fiktiver Unternehmerlohn), sofern für diese Zeit keine Leistungen nach dem SGB II gezahlt wurde (Nr. 4 Abs. 3 und Nr. 5 Abs. 8 Überbrückungshilfe II NRW). Der Kreis der Antragsberechtigten war auf Freiberufler und Unternehmer begrenzt, die ihre Tätigkeit während des Förderzeitraums im Haupterwerb von einer in NRW befindlichen Betriebsstätte oder einem in NRW befindlichen Sitz der Geschäftsführung aus ausführten (Nr. 3 Abs. 1 Buchst. a Überbrückungshilfe II NRW). Die Zahlung hing zudem von der Höhe des Umsatzes im Förderzeitraum im Vergleich zum Umsatz des Vergleichsmonats ab (vgl. auch FG Düsseldorf Urteil vom 07.11.2023 – 13 K 570/22 E – juris Rn. 18 f.). Voraussetzung für die Bewilligung dieser Überbrückungshilfe war nach Ziff. 4 Abs. 3 Überbrückungshilfe II NRW, dass der Umsatzrückgang im Fördermonat mindestens 30 % im Vergleich zum Umsatz des Vergleichsmonats betrug. Andernfalls entfiel die Wirtschaftsförderung von pauschal 1.000 € anteilig für den jeweiligen Fördermonat. Die Zuwendungen wurden vom Land NRW geleistet, um dem Empfänger die Möglichkeit zu geben, sich weiter der betrieblichen oder freiberuflichen Tätigkeit zu widmen (FG Düsseldorf Urteil vom 07.11.2023 – 13 K 570/22 E – Rn. 19 juris; Heigl, Betriebsberater – BB – 2020, 2011, 2012). Diese Auslegung deckt sich auch mit den „Steuerrechtlichen Hinweisen“ unter Ziff.12 der Überbrückungshilfe II NRW. Danach ist die als Wirtschaftsförderleistung (fiktiver Unternehmerlohn) bezogene Leistung steuerbar und nach den allgemeinen steuerrechtlichen Regelungen im Rahmen der Gewinnermittlung zu berücksichtigen. Daraus folgt, dass die Berücksichtigung als Betriebseinnahme zu erfolgen hat, da gerade nicht eine Berücksichtigung als Gewinn angeordnet wird. Die Auslegung steht auch im Einklang mit dem in den FAQ unter wwww.wirtschaft.nrw/ueberbrueckungshilfe2 zum Ausdruck gebrachten gesetzgeberischen Willen. Nach Punkt 1.7 und 1.8 muss die Leistung der NRW Überbrückungshilfe Plus als Betriebseinnahme versteuert werden (ebenso: FG Düsseldorf Urteil vom 07.11.2023 – Az. 13 K 570/22 E – unter Verweis auf die ständige Rechtsprechung des BFH <vgl. oben> sowie die herrschende Ansicht in der Literatur <Heigl a.a.O.; Dellner, Neue Wirtschaftsbriefe – NWB – 2021, 1514, 1517>). Soweit im Rahmen der Revisionszulassung im Urteil des FG Düsseldorf (a.a.O.) ausgeführt wird, dass die Frage, ob eine „Corona-Überbrückungshilfe“, mit der Ausgaben der privaten Lebensführung beglichen werden können, als steuerpflichtige Betriebseinnahme dem steuerlichen Gewinn zuzurechnen ist, in der Literatur unterschiedlich beantwortet werde, bezieht sich dies ausschließlich auf einen Beitrag im Schrifttum (Seifert, NWB 2020, 1744, 1745). Darin wird für die Erfassung als Betriebseinnahme auf die tatsächliche Mittelverwendung abgestellt. In dem Beitrag wird diese Einordnung aber weder mit Normbezug vertieft begründet, noch ist sie mit der bisherigen Rechtsprechungslinie in Einklang zu bringen. Danach kommt es für die steuerrechtliche Einordnung gerade auf den Zweck an, zu dem die Einnahme fließt. Zuwendungen an einen gewerblich tätigen Unternehmer können auch dann betrieblich veranlasst sein, wenn sie nicht mit einem konkreten Leistungsaustauschverhältnis im Zusammenhang stehen, sondern aus anderen, auf das Unternehmen bezogenen Gründen gewährt werden; daher können auch öffentlich-rechtliche Zuschüsse und betriebsbezogene Preise den Betriebseinnahmen hinzugerechnet werden (Bode in Kirchhof/Seer, Einkommensteuergesetz, 24. Auflage 2025, § 4 EStG Rn. 155 unter Verweis auf BFH Urteil vom 15.12.2021 – X R 19/19 – Rn. 29 m.w.N.). Eine solche betriebliche Veranlassung wird nicht dadurch aufgehoben, dass die gewährten Mittel zur Deckung von Privataufwendungen verwendet werden durften, denn die spätere Verwendung zugeflossener Mittel hat keinen rückwirkenden Einfluss auf den wirtschaftlichen Zusammenhang (FG Düsseldorf Urteil vom 07.11.2023 – 13 K 570/22 E – juris Rn. 19).

 

Die im Januar 2021 zugeflossene Einnahme war daher im streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum von Juni bis November 2021 nicht zu berücksichtigen. Nach § 3 Abs. 1 S. 2 ALG II-VO ist eine Betriebseinnahme nur im jeweiligen Bewilligungszeitraum zu berücksichtigen, in dem sie zugeflossen ist, hier also im Januar 2021.

 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 Abs. 2 S

Rechtskraft
Aus
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