L 14 U 6/21

Land
Niedersachsen-Bremen
Sozialgericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Sachgebiet
Unfallversicherung
1. Instanz
SG Bremen (NSB)
Aktenzeichen
S 2 U 130/17
Datum
2. Instanz
LSG Niedersachsen-Bremen
Aktenzeichen
L 14 U 6/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Ein Verwaltungsakt, der erneut zeitlich unbegrenzt die Feststellung einer Berufskrankheit ablehnt, wird nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand einer zum Erlasszeitpunkt anhängigen, sich gegen eine zuvor verfügte Ablehnung einer Berufskrankheit erhobenen Klage.

Die Berufungen des Klägers gegen die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Bremen vom 14. April und 16. Dezember 2020 sowie 26. November 2021 werden zurückgewiesen. Die Klagen gegen den Bescheid vom 11. August 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2021 sowie den Bescheid vom 29. März 2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2023 werden abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Feststellung einer Berufskrankheit (BK) Nr. 4103 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung sowie die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung, z.T. im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens.

Der H. geborene Kläger absolvierte in den Jahren 1965 und 1966 eine Ausbildung zum Schweißer. Anschließend war er bis Ende 1992 bei verschiedenen Unternehmen bzw. Werften als Schweißer im Schiffsbau tätig. Ab Februar 1993 bis zum Ende seiner beruflichen Tätigkeit mit März 1999 war er als Elektro- und MAG-Schweißer im Bereich Schiffssektionsbau und Schiffsreparatur beschäftigt. Ab April 1999 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt und arbeitslos. Seit dem 1. Oktober 1999 steht er im Bezug einer Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. Altersrente.

Mit Schreiben vom 2. November 1999 meldete die Krankenkasse des Klägers bei der Beklagten unter Angabe der Diagnose einer chronischen obstruktiven Bronchitis den Verdacht auf das Vorliegen einer BK an. Der Präventionsdienst der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden ebenfalls Beklagte) nahm am 14. März 2001 dahingehend Stellung, dass für die Beschäftigung des Klägers bei der Firma I. (August 1987 bis Dezember 1992) gelegentliche Asbestkontakte als Bystander anzunehmen sind. Am 11. Mai 2001 nahm der Pneumologe Dr. J. für die Beklagte dahingehend Stellung, dass eine Asbestose zwar nicht sicher ausgeschlossen werden kann, allerdings ergeben sich aus dem vorliegenden Befund der hochauflösenden Computertomographie (HRCT) keine Zeichen einer Asbestose. Mit Bescheid vom 15. Juni 2001 lehnte die Beklagte daraufhin die Feststellung der BK 4103 ab. Ein Anspruch auf Entschädigung wegen dieser Erkrankung bestehe nicht. Zwar sei bei der Tätigkeit des Klägers für die Firma I. ein gelegentlicher Asbestkontakt anzunehmen. Anhand eingeholter CT-Aufnahmen (HRCT) ließen sich jedoch – auch bei gelegentlichem Asbestkontakt – keine Zeichen einer Asbestose finden. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 2002 als unbegründet zurück. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens holte die Beklagte ein Gutachten des Radiologen Prof. Dr. K. vom 26. September 2001 ein, wonach sich kein Nachweis von pleuralen oder parenchymatösen Veränderungen, die auf eine Asbestose hinweisen könnten, ergab. Die gegen den Widerspruchsbescheid erhobene Klage (S 2 U 32/02) nahm der Kläger zurück. Am 3. Juli 2003 erstatte Prof. Dr. K. ein weiteres Gutachten, wonach auf Grundlage einer HRCT sich vereinzelte Pleuraverkalkungen darstellten, die Ausdruck einer Asbestose ohne Nachweis asbestosetypischer Fibrosen sein können. Dr. J. nahm am 26. August 2003 dahingehend Stellung, dass bei nochmaliger Durchsicht der Aufnahmen der Thorax-CTs eine Asbestose nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit feststellbar ist.

Auf einen mit Schreiben vom 9. November 2006 gestellten Neufeststellungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22. März 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Mai 2007 eine Rücknahme des Bescheides vom 15. Juni 2001 nach § 44 SGB X ab. In dem Überprüfungsverfahren holte die Beklagte ein weiteres Gutachten von Prof. Dr. K. vom 2. März 2007 ein, wonach sich computertomographisch kein Nachweis asbesttypischer Veränderungen ergab. Der in der Voruntersuchung von 2003 geäußerte Verdacht auf asbestinduzierte Verkalkungen lasse sich bei verbesserter Bilddarstellung nicht reproduzieren. Es bestünden Bronchiektasien im rechten Oberlappen mit narbiger Verziehung. Der Befund sei unverändert zur Voruntersuchung von 2003. Dagegen erhob der Kläger beim Sozialgericht (SG) Bremen Klage (S 29 U 152/13). Im Rahmen des Klageverfahrens brachte die Beklagte ein Gutachten von Prof. Dr. L. vom 29. Januar 2013 bei, welches sie in einem weiteren Nachprüfungsverfahren (s.u.) eingeholt hatte. Danach sind bei dem Kläger die arbeitstechnischen und medizinischen Voraussetzungen einer BK 4103 erfüllt. Die Untersuchung ergebe Hinweise auf eine beginnende Störung des Gasaustausches unter Belastung, so dass ab dem 11. Juni 2012 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 10 v.H. anzunehmen sei. Es sei eine Nachuntersuchung in zwei Jahren angezeigt. Das SG holte sodann ein Gutachten von dem Arbeits- und Sozialmediziner Prof. Dr. M. vom 10. Oktober 2014 ein, wonach sich eine BK 4103 nicht hinreichend wahrscheinlich machen lässt. Auf Anforderung des SG nahm Prof. Dr. L. am 26. März 2015 dahingehend Stellung, dass der Lungenbefund nach der nunmehr vorliegenden sensitiveren und spezifischeren CT nach seiner Einschätzung nicht eindeutig i.S. einer Asbestose verändert ist. Mit Urteil vom 25. August 2015 wies das SG die Klage ab. Dagegen legte der Kläger Berufung (L 14 U 288/15) ein. Im Rahmen des Berufungsverfahrens holte der Senat auf Antrag des Klägers (§ 109 SGG) ein Gutachten des Arbeitsmediziners Prof. Dr. N. vom 3. Oktober 2016 ein. Danach ist die zunehmende restriktive Lungenerkrankung auf Traktionsnarben im rechten Lungenoberlappen und eine Teilatelektase des rechten Segmentbronchus durch ein bronchiales Neurom zurückzuführen. Die Lungenfunktionseinschränkungen seien nicht als Asbestinhalationsfolgen zu bewerten, so dass die Anerkennung einer BK 4103 nicht empfohlen werden könne. Regelmäßige Nachuntersuchungen seien anzuberaumen. Die Berufung wies der Senat mit Urteil vom 23. Mai 2017 zurück. Eine BK 4103 sei nicht anzuerkennen, da das Vorliegen einer Asbestose oder einer asbestbedingten Erkrankung der Pleura nicht im notwendigen Vollbeweis festzustellen sei. Dies ergebe sich aus den eingeholten Gutachten. Soweit Prof. Dr. L. in seinem Gutachten vom 29. Januar 2013 die Auffassung vertreten habe, dass bei dem Kläger Befunde vorlägen, die auf einen beginnenden fibrosierenden Umbau i.S. einer Asbestose schließen ließen, vermöge dies nicht zu überzeugen. Bereits das SG habe zutreffend ausgeführt, dass unter Berücksichtigung der sog. Falkensteiner Empfehlungen [eigentlich Empfehlung für die Begutachtung asbestbedingter Berufskrankheiten – Falkensteiner Empfehlung –, Stand: Februar 2011] die von Prof. Dr. L. festgestellte vermehrte Lungengerüstzeichnung beidseits für eine solche Schlussfolgerung bereits nicht ausreichend sei. Zudem habe Prof. Dr. L. in seinem Gutachten auch ausdrücklich ausgeführt, dass sich radiologisch keine asbesttypischen Pleuraplaques objektivieren ließen. Weiterhin habe er seine Einschätzung im Rahmen der ergänzenden Stellungnahme vom 26. März 2015 unter Berücksichtigung der Befunde und Ergebnisse des Gutachtens von Prof. Dr. M. nochmals dahingehend relativiert, als er eingeräumt habe, dass nach dem jetzt vorliegenden sensitiveren und spezifischeren CT der Lungenbefund nicht eindeutig i.S. einer Asbestose verändert sei. Die benannten Gutachten würden im Übrigen auch durch das Gutachten von Prof. Dr. N. bestätigt.

In einem weiteren Nachprüfungsverfahren hinsichtlich der streitigen BK holte die Beklagte das bereits benannte Gutachten von Prof. Dr. L. vom 29. Januar 2013 ein. Eine auf Anforderung der Beklagten daraufhin durchgeführte MSCT des Thorax ergab im Vergleich zur Voruntersuchung von 2006 keine richtungweisende Befundveränderung (vgl. Bericht vom 18. April 2013. Mit Bescheid vom 21. Mai 2013 lehnte die Beklagte daraufhin u.a. erneut die Feststellung einer BK 4103 ab und wies den dagegen eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. September 2013 als unbegründet zurück. Die dagegen erhobene Klage (S 29 U 134/15 WA) wies das SG mit Urteil vom 22. März 2016 unter Hinweis auf die bereits eingeholten Gutachten und Stellungnahmen ab. Die dagegen eingelegte Berufung (L 14 U 85/16) wies der Senat mit Urteil vom 23. Mai 2017 zurück. Zur Begründung wiederholte er im Wesentlichen seine Ausführungen aus dem Urteil in dem Verfahren L 14 U 288/15.

Mit Schreiben vom 12. Juli 2017 beantragte der Kläger erneut die Überprüfung des Bescheides vom 15. Juni 2001 und machte eine Verschlimmerung geltend. Prof. Dr. L. habe in seinem Gutachten von 29. Januar 2013 eine BK 4103 mit einer MdE von 10 v.H. festgestellt. Er [der Kläger] sei während seiner Tätigkeit bei der Firma I. Asbestexpositionen als Bystander ausgesetzt gewesen. Mit Bescheid vom 25. Juli 2017 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 15. Juni 2001 sowie die Feststellung einer Verschlimmerung ab. Der Kläger trage keine neuen Erkenntnisse vor, die eine Rücknahme des Bescheides rechtfertigten. Hinsichtlich der Verschlimmerung sei festzustellen, dass sich aus dem Gutachten von Prof. Dr. N. vom 24. August 2016 [gemeint dürfte der 3. Oktober 2016 sein] ergebe, dass die Voraussetzungen einer BK 4103 weiterhin nicht vorlägen. Den dagegen eingelegten Widerspruch [er bezieht sich wörtlich auf die BK 1315], den der Kläger erneut unter Hinweis auf das Gutachten von Prof. Dr. L. und die Asbestexposition begründete, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2017 als unbegründet zurück.

Dagegen hat der Kläger am 17. November 2017 Klage (S 2 U 130/17) beim Sozialgericht (SG) Bremen erhoben. Im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X hätten Verwaltung und Gerichte auch ohne neues Vorbringen zu prüfen, ob bei Erlass des bestandskräftigen Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt worden sei. Der Beweis des Vorliegens einer Asbestose sei durch ein unabhängiges arbeitsmedizinisches Sachverständigengutachten zu erbringen. Eine BK 4103 könne sich im Übrigen auch später entwickeln. Im Rahmen des Klageverfahrens brachte die Beklagte ein aufgrund einer weiteren Nachprüfung (s.u.) eingeholtes Gutachten von Prof. Dr. L. vom 7. Dezember 2018 bei. Danach liegen bei dem Kläger diskrete fibrotische Pleuraveränderungen beidseits vor, die derzeit nicht eindeutig das Vorliegen einer BK belegten. Da es sich bei den aktuell diskreten pleuralen Veränderungen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit um beginnende asbestbedingte Pleuraplaques handele, werde eine Nachbegutachtung in zwei Jahren empfohlen. Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 16. Dezember 2020 die Klage abgewiesen. Soweit der Kläger Verletztenrente geltend mache, sei die Klage bereits unzulässig, da die angefochtenen Bescheide ihn insoweit nicht beschwerten. Sowohl mit dem im Rahmen des Überprüfungsverfahrens angefochtenen Bescheid vom 15. Juni 2001 als auch mit demjenigen vom 25. Juli 2017 sei allein über die Anerkennung einer Asbestose als BK entschieden worden, nicht jedoch über Ansprüche auf konkrete Geld- und Sachleistungen im Zusammenhang mit der BK. Die Klage sei auch unbegründet, da weder zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 15. Juni 2001 noch aktuell die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK 4103 erfüllt seien. Es fehle an einer Asbestose oder einer durch Asbeststaub verursachten Erkrankung der Pleura im Vollbeweis. Dies ergebe sich aus den zahlreich eingeholten Gutachten, Stellungnahmen und Befunden. Das Gutachten von Prof. Dr. L. vom 29. Januar 2013 vermöge nicht zu überzeugen. Dieser sei in seinem Gutachten vom 7. Dezember 2018 von seiner damals vertretenen Auffassung abgerückt.

Dagegen hat der Kläger am 12. Januar 2021 Berufung eingelegt (L 14 U 6/21). Im Rahmen des Berufungsverfahrens hat die Beklagte ein in einem weiteren Nachprüfungsverfahren (s.u.) eingeholtes Gutachten des Pneumologen O. vom 22. Juni 2021 beigebracht. Danach leidet der Kläger unter einer Belastungsdyspnoe. Es bestehe übersichtsradiologisch kein Hinweis auf eine Asbestose. Die antiobstruktive Therapie i.S. einer COPD-Behandlung sei nicht nachvollziehbar. Es ergäben sich keine Hinweise auf eine pleurale Asbestose. Das Vorliegen einer BK 4103 könne nicht festgestellt werden. Es sei eine Nachuntersuchung in zwei Jahren zu empfehlen.

Mit Schreiben vom 6. August 2018 wandte sich der Kläger erneut an die Beklagte und teilte mit, dass nach entsprechender Asbestbelastung eine regelmäßige Nachuntersuchung geboten sei. Daraufhin holte die Beklagte das bereits benannte Gutachten von Prof. Dr. L. vom 7. Dezember 2018 ein. Mit Schreiben vom 20. Dezember 2018 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass eine BK 4103 weiterhin nicht vorliegt. Den dagegen eingelegten Widerspruch, den der Kläger damit begründete, dass die Begutachtung durch Prof. Dr. L. eine Verschlechterung ergeben habe und sich dies auf die MdE auswirken müsse, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. April 2019 als unbegründet zurück.

Dagegen hat der Kläger am 9. Mai 2019 Klage beim SG erhoben (S 2 U 58/19). Zur Begründung hat er seinen bisherigen Vortrag wiederholt. Prof. Dr. L. habe mit seinem Gutachten vom 29. Januar 2013 eine BK 4103 mit einer MdE von 10 v.H. angenommen. Es sei ein unabhängiges Sachverständigengutachten einzuholen. Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 14. April 2020 die Klage abgewiesen. Soweit der Kläger eine Verletztenrente und Übergangsleistungen geltend mache, sei die Klage bereits unzulässig. Denn sie habe in den angefochtenen Bescheiden nicht über solche Leistungen entschieden. Im Übrigen werde auf den Widerspruchsbescheid verwiesen. Der Kläger habe nicht dargelegt, weshalb er – trotz des entgegenstehenden Gutachtens von Prof. Dr. L. – davon ausgehe, dass bei ihm eine BK 4103 vorliege.

Dagegen hat der Kläger am 4. Mai 2020 Berufung (L 14 U 124/20) eingelegt. Die Beklagte hat in dem Verfahren das in einem weiteren Nachprüfungsverfahren (s.u.) eingeholte Gutachten von Herrn O. vom 22. Juni 2021 beigebracht.

Im Rahmen einer weiteren Nachprüfung holte die Beklagte das bereits benannte Gutachten von Herrn O. vom 22. Juni 2021 ein. Mit Bescheid vom 11. August 2021 lehnte die Beklagte daraufhin erneut die Feststellung einer BK 4103 ab. Es sei keine Änderung gegenüber den Vorbefunden eingetreten. Den dagegen eingelegten Widerspruch, den der Kläger damit begründete, dass es nach stattgehabter Asbestexposition ausgeschlossen sei, dass keine Asbestfasern und keine Asbestkörperchen verblieben seien, und angeregt werde, eine Elementaranalyse auf Asbest durchzuführen, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. September 2021 unter Hinweis auf das Gutachten von Herrn O. als unbegründet zurück.

Dagegen hat der Kläger am 6. Oktober 2021 Klage beim SG erhoben (S 29 U 95/21), zu deren Begründung er im Wesentlichen seinen bisherigen Vortrag wiederholt und die Einholung eines Sachverständigengutachtens begehrt hat. Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 26. November 2021 abgewiesen. Soweit der Kläger Entschädigungsleistungen geltend mache, sei die Klage bereits unzulässig, da die Beklagte über solche mit den angefochtenen Bescheiden nicht entschieden habe. Im Übrigen sei die Klage unbegründet, da die Voraussetzungen für eine Anerkennung der BK 4103 nicht vorlägen. Es werde auf die Ausführungen in den Urteilen vom 25. August 2015 (S 29 U 152/13) und 22. März 2016 (S 29 U 134/15 WA) und das Gutachten von Prof. Dr. M. vom 10. Oktober 2014 verwiesen. Prof. Dr. N. habe dieses mit seinem Sachverständigengutachten vom 3. Oktober 2016 bestätigt. Des Weiteren werde zur Begründung auf die Ausführungen in den Senatsurteilen vom 23. Mai 2017 (L 14 U 288/15 und L 14 U 85/16) Bezug genommen. Neue Befunde oder medizinische Einschätzungen, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen oder eine geänderte Sachlage begründen könnten, lägen nicht vor. Vielmehr hätten die Gutachten von Prof. Dr. L. vom 7. Dezember 2018 und von Herrn O. vom 22. Juni 2021 fehlende asbestbedingte Veränderungen der Lunge oder Pleura bestätigt. Auf diese Gutachten werde ebenfalls verwiesen.

Gegen den Gerichtsbescheid hat der Kläger am 20. Dezember 2021 Berufung (L 14 U 186/21) eingelegt. Im Rahmen des Berufungsverfahrens hat die Beklagte ein in einem weiteren Nachprüfungsverfahren in Auftrag gegebenes Gutachten der Pneumologen P. / Dr. Q. vom 17. Januar 2023 beigebracht, wonach eine BK 4103 i.S. asbestbedingter Pleuraplaques unter Einbeziehung des vorliegenden CT-Thoraxbefundes vom 26. Juli 2022 weiterhin nicht festzustellen ist. Eine Nachuntersuchung in zwei Jahren werde empfohlen.

Mit Beschluss vom 22. Januar 2025 hat der Senat die Verfahren L 14 U 124/20, L 14 U 6/21 und L 14 U 186/21 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Führend ist das Verfahren L 14 U 6/21.

Der Kläger verweist zur Begründung auf das Gutachten von Prof. Dr. L. vom 29. Januar 2013. Im Hinblick auf das Gutachten von Herrn O. werde darauf hingewiesen, dass nur eine Röntgenaufnahme angefertigt worden sei, obwohl sich zuletzt im CT ein Befund gezeigt habe, der den Verdacht einer pleuralen Asbestose nahe lege. Hinzu komme, dass die Untersuchung der Lungenfunktion nicht verwertbar sei. Es müssten weitere Ermittlungen von Amts wegen erfolgen. Es handele sich bei der Erkrankung um einen typischen Fall einer Asbestose mit entsprechend mittelschwerer restriktiver Ventilationsstörung.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

  1. die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Bremen vom 14. April und 16. Dezember 2020 sowie 26. November 2021 aufzuheben,
  2. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2017 zu verpflichten, den Bescheid vom 15. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 2002 zurückzunehmen,
  3. den Bescheid vom 20. Dezember 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2019 sowie den Bescheid vom 11. August 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2021 aufzuheben und
  4. die Beklagte zu verpflichten, die bei ihm bestehende Lungenerkrankung als Berufskrankheit Nr. 4103 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung festzustellen und insbesondere in Form der Verletztenrente und durch Übergangsleistungen zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

            die Berufungen zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für rechtmäßig. Die Entscheidung, ob eine CT erforderlich sei, obliege dem Gutachter. Die lungenfunktionelle Diagnostik sei aufgrund fehlender Mitarbeit des Klägers nicht zu verwerten gewesen.

Mit Bescheid vom 29. März 2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2023 hat die Beklagte nach Einholung des Gutachtens von Herrn P. und Dr. Q. (s.o.) erneut die Anerkennung einer BK 4103 abgelehnt. Dagegen hat der Kläger am 6. Oktober 2023 Klage beim SG (S 2 U 90/23) erhoben.

Mit Schriftsätzen vom 2. und 16. Dezember 2024 sowie 10. Januar 2025 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Rechtsstreits wird auf den Inhalt der Verwaltungs- sowie der (beigezogenen) Gerichtsakten verwiesen. Der Senat hat die Gerichtsakte L 14 U 85/16 sowie S 2 U 90/23 beigezogen.

Entscheidungsgründe

Die zulässigen Berufungen sind unbegründet. Diejenigen zu den vormaligen Az. L 14 U 124/20 und L 14 U 186/21 bereits deshalb, weil die zugrunde liegenden Klagen unzulässig sind (vgl. dazu unter I.). Diejenige zum Az. L 14 U 6/21 ist unbegründet, da die zugrunde liegende Klage teilweise unzulässig (dazu unter II.), im Übrigen unbegründet ist (dazu unter III.). Soweit der Senat über den Bescheid vom 11. August 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2021 sowie den Bescheid vom 29. März 2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2023 aufgrund deren Einbeziehung nach §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 SGG in das Verfahren L 14 U 6/21 (vgl. dazu unter I.) erstinstanzlich „auf Klage“ zu entscheiden hatte (vgl. dazu BSG, Urt. v. 30. Januar 1963 – 2 RU 35/60 – Rn. 24 ff., juris; vgl. BSG, Urt. v. 18. März 2015 – B 2 U 8/13 R – Rn. 15, juris) ist die Klage z.T. unzulässig (dazu ebenfalls unter II.), im Übrigen unbegründet (dazu ebenfalls unter III.).

 I. Die unter den vormaligen Aktenzeichen S 2 U 58/19 (L 14 U 124/20) und S 29 U 95/21 (L 14 U 186/21) erhobenen Klagen sind bereits unzulässig, da die mit diesen angegriffenen Bescheide gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens L 14 U 6/21 (S 2 U 130/17) geworden sind. Nach dieser Vorschrift wird nach Klageerhebung ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Die Vorschrift ist über § 153 Abs. 1 SGG auch im Berufungsverfahren anwendbar (vgl. Klein in jurisPK-SGG, § 96 Rn. 87, Stand: 17. September 2024 m.w.N.; vgl. zur Einbeziehung des neuen Verwaltungsakts in ein anhängiges Berufungsverfahren auch BSG, Urt. v. 29. April 1984 – 9b RU 76/83 – Rn. 14, juris) und bewirkt, dass der einzubeziehende neue Verwaltungsakt während des laufenden sozialgerichtlichen Verfahrens von keinem Beteiligten bei demselben oder einem anderen Gericht anhängig gemacht werden kann („prozessuale Sperrwirkung“); eine dennoch erhobene („zweite“) Klage gegen den neuen Bescheid ist unzulässig (vgl. Klein, a.a.O., Rn. 56, Stand: 17. September 2024, unter Hinweis auf BSG, Urt. v. 15. November 2012 – B 8 SO 22/10 R – Rn. 12, juris; BSG, Urt. v. 17. Dezember 2015 – B 8 SO 14/14 R – Rn.12, juris; BSG v. Urt. v. 26. April 2016 –B 2 U 13/14 R – Rn. 19, juris; BSG Urt. v. 14. Juli 2021 – B 6 KA 1/20 R – Rn. 27, juris).

1. Klagegegenstand des Verfahrens L 14 U 6/21 (S 2U 130/17) ist zunächst gemäß § 95 SGG der Bescheid vom 25. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2017, mit dem die Beklagte zum einen die Rücknahme des Bescheides vom 15. Juni 2001 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 2002) und gleichzeitig einen „Verschlimmerungsantrag“ des Klägers abgelehnt hat. Der Senat legt die letztgenannte Verfügung – wie im Ergebnis auch bereits das SG – als erneute Ablehnung der Feststellung einer BK 4103 aus. Denn eine Verschlimmerung zu prüfen, scheidet in solchen Fällen aus, in denen zuvor – wie hier – keine stattgebende Entscheidung hinsichtlich des Bestehens einer BK erlassen worden ist. Es fehlt insoweit an dem Vergleichsmaßstab, an dem der Eintritt der Verschlimmerung zu prüfen wäre. Der dennoch gestellte „Verschlimmerungsantrag“ ist daher als erneuter Feststellungs- oder Neufeststellungsantrag auszulegen, den die Beklagte hier mit Verwaltungsakt (§ 31 Satz 1 SGB X) beschieden hat (sog. unechte Verschlimmerung, vgl. Senatsurteile vom 17. Januar 2025 – L 14 U 59/24 – und vom 13. Dezember 2018 – L 14 U 123/14 – nicht veröffentlicht).

2. Das Schreiben vom 20. Dezember 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2019 (S 2 U 58/19 bzw. L 14 U 124/20), der Bescheid vom 11. August 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2021 (S 29 U 95/21 bzw. L 14 U 186/21) sowie der Bescheid vom 29. März 2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2023 (S 2 U 90/23) sind gemäß § 96 Abs. 1 SGG (i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG) ebenfalls Gegenstand des Verfahrens L 14 U 6/21 (S 2 U 130/17) geworden, da diese nach Klageerhebung am 17. November 2017 bzw. nach Einlegung der Berufung am 12. Januar 2021 erlassen worden sind und den Bescheid vom 25. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2017 ersetzen, soweit mit ihnen ebenfalls die Feststellung einer BK 4103 abgelehnt worden ist. Das Schreiben vom 20. Dezember 2018 legt der Senat nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) als Verwaltungsakt über die Ablehnung der Feststellung einer BK 4103 aus. Ein objektiver Empfänger durfte davon ausgehen, dass die Beklagte mit dem Schreiben, auch wenn dieses weder eine Rechtsbehelfsbelehrung enthält noch ausdrücklich als Bescheid betitelt wird, eine Regelung i.S. einer Ablehnung einer Feststellung einer BK treffen wollte. Sie stellt mit dem Schreiben ausdrücklich fest, dass eine BK (weiterhin) nicht vorliegt. Die Beklagte hat das Schreiben in dem Widerspruchsbescheid vom 10. April 2019 zudem ausdrücklich als Verwaltungsakt bezeichnet. Darüber hinaus hat sie den Widerspruch in der Sache als unbegründet zurückgewiesen, aber nicht als unzulässig bzw. unstatthaft verworfen, was die zutreffende Vorgehensweise bei einem Widerspruch gegen ein Schreiben, welches nicht als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist, gewesen wäre (vgl. dazu Gall in: jurisPK-SGG, § 84 Rn. 43, Stand: 15. Juni 2022; vgl. zu einem unstatthaften Widerspruch bei fehlendem Ausgangs-Verwaltungsakt BSG, Urt. v. 18. Januar 2011 – B 2 U 15/10 R – Rn. 9 ff., juris)

„Geändert“ i.S.v. § 96 Abs. 1 SGG wird ein Verwaltungsakt, wenn er teilweise aufgehoben oder teilweise zurückgenommen wird und insoweit eine neue Regelung hinsichtlich des ursprünglichen Ausgangsbescheides erfolgt, so dass in der Folge der ursprüngliche Bescheid hinsichtlich des nicht geänderten Teils weiterhin Bestand hat (vgl. Klein, a.a.O., Rn. 27, unter Hinweis auf BSG, Urt. v. 15. September 2016 – B 12 R 2/15 R – Rn. 15 f., juris). „Ersetzt“ wird ein Verwaltungsakt, wenn der neue Verwaltungsakt vollständig an die Stelle des bisherigen tritt, also zum gesamten Regelungsgegenstand des bisherigen Verwaltungsaktes ein neuer Verwaltungsakt ergeht und demzufolge zum Klagegegenstand wird (vgl. Klein, a.a.O., Rn. 28, unter Hinweis auf BSG, Urt. v. 15. September 2016 – B 12 R 2/15 R – Rn. 15 und Urt. v. 6. Oktober 1994 – GS 1/91 – Rn. 16, juris). Einem „Ändern“ oder „Ersetzen“ in diesem Sinne steht es gleich, wenn die Verwaltung, etwa aufgrund neuer Umstände, die von ihr vorgenommene Regelung zum Streitgegenstand (hier Ablehnung Feststellung einer BK) überprüft, daraufhin neu entscheidet, in der Sache aber an ihrer bisherigen Regelung festhält. Formal ist zwar in solchen Fällen keine Änderung der Beschwer eingetreten. Doch rechtfertigt die vorgenommene neue Sachprüfung, auch eine solche Entscheidung wie eine Änderung oder Ersetzung i.S.v. § 96 Abs. 1 SGG zu behandeln, mit der Folge einer unmittelbaren Anwendung dieser Vorschrift (vgl. BSG, Urt. v. 16. Juni 2015 – B 4 AS 37/14 R – Rn. 13, juris; vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 14. Dezember 2022 – L 10 U 1783/18 – Rn. 43, juris; vgl. auch Klein, a.a.O., Rn. 32; vgl. weiter bei erneuter Ablehnung eines Verletztenrentenanspruchs LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27. Februar 2024 – L 15 U 228/18 – Rn. 80, juris; vgl. zur Einbeziehung einer erneuten Ablehnung der Änderung eines Bewilligungsbescheides BSG, Urt. v. 13. Juli 2017 – B 4 AS 12/16 R – Rn. 13, juris; vgl. zur erneuten Ablehnung einer Rente wegen Erwerbsminderung BSG, B. v. 17. August 2017 – B 5 R 248/16 B – Rn. 9, juris; BSG, B. v. 21. Oktober 2020 – B 13 R 59/19 B – Rn. 11, juris). Aufgrund der erneuten Ablehnung der Feststellung einer BK erledigten sich die zuvor erlassenen Bescheide nach § 39 Abs. 2 SGB X (insoweit) „auf sonstige Weise“ (vgl. so zum Zweitbescheid BSG, Urt. v. 7. Juli 2005 – B 3 P 8/04 R – Rn. 18, juris; BSG, Urt. v. 7. April 2016 – B 5 R 26/15 R – Rn. 18, juris; BSG, Urt. v. 15. Februar 2023 – B 4 AS 2/22 R – Rn. 17, juris).

Der Senat schließt sich dieser Auffassung für den hiesigen Fall einer erneuten Ablehnung einer Feststellung einer BK – auch im Wege einer Neufeststellung und Nachprüfung – an, jedenfalls wenn – wie hier – den angegriffenen Bescheiden eine hinreichend bestimmte zeitliche Begrenzung der ablehnenden Entscheidung nicht entnommen werden kann. Für diese weite Auslegung des § 96 Abs. 1 SGG spricht vor allem der Sinn und Zweck der Vorschrift. Sie dient der Prozessökonomie (vgl. Klein, a.a.O., Rn. 13) und verfolgt das Ziel, eine schnelle, erschöpfende Entscheidung über das gesamte Streitverhältnis in einem Verfahren zu ermöglichen, divergierende Entscheidungen zu vermeiden und den Kläger vor Rechtsnachteilen zu schützen, die ihm daraus erwachsen, dass er im Vertrauen auf den eingelegten Rechtsbehelf bezüglich weiterer Verwaltungsakte rechtliche Schritte unterlässt (vgl. BT-Drs. 16/7716, S. 18 f.). Die Einbeziehung auch von weiteren Ablehnungsbescheiden in Bezug auf die Feststellung einer BK entspricht diesem Zweck einer erschöpfenden Entscheidung über den Streitgegenstand der BK-Feststellung in einem Klage- bzw. Berufungsverfahren. Dies gilt umso mehr, als dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der statthaften (kombinierten Anfechtungs- und) Verpflichtungs- oder Feststellungsklage jeweils derjenige der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz ist (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 54 Rn. 34, § 55 Rn. 13b, 13c und 21). Mithin hat das Gericht den bis zu diesem Zeitpunkt sich – ggf. auch aus weiteren behördlichen oder gerichtlichen Aufklärungsbemühungen – ergebenden Sachverhalt seiner Entscheidung zugrunde zu legen, wenn – wie hier – den angegriffenen Bescheiden selbst keine hinreichend bestimmte zeitliche Begrenzung in Bezug auf die getroffene Ablehnungsentscheidung zu entnehmen ist. Es erschiene umständlich, die im Rahmen der Neu- bzw. Nachprüfungen im Verwaltungsverfahren ggf. gewonnenen Erkenntnisse zwar im Rahmen der Prüfung der materiellen Sach- und Rechtslage im anhängigen gerichtlichen Verfahren zu verwerten, die jeweils erlassenen Bescheide jedoch nicht nach § 96 Abs. 1 SGG in das bereits anhängige gerichtliche Verfahren einzubeziehen. Auch wird divergierenden Entscheidungen durch verschiedene Gerichte im Hinblick auf das Bestehen einer BK sowie unnötiger, ggf. parallel verlaufender Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhaltes, worunter insbesondere die Einholung von ggf. kostenintensiven Sachverständigengutachten fällt, vorgebeugt. Die fehlende Einbeziehung zwänge den Kläger zudem – wie vorliegend – gegen die Ablehnungsbescheide vorzugehen, um deren Bestandskraft (vgl. § 77 SGG) und damit ggf. einhergehende nachteilige Folgen zu vermeiden. Soweit vertreten wird, dass eine Einbeziehung weiterer Ablehnungsbescheide nach § 96 Abs. 1 SGG nicht erfolgen, gleichzeitig ihnen aber eine (zeitliche) Zäsurwirkung zukommen soll (so wohl Bienert, NZS 2015, 844 849 f.), schließt sich der Senat dem vor dem Hintergrund der Prozessökonomie nicht an. Auch existiert keine Vorschrift im SGB VII, die Rechtsgrundlage für eine Zäsurwirkung bei erneuter Ablehnung einer Feststellung ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Unfallversicherungsträger auf Antrag tätig wird. Anders als in anderen Sozialgesetzbüchern (vgl. z.B. § 37 Abs. 2 SGB II, vgl. zur zeitlichen Zäsurwirkung des Leistungsantrages im SGB II BSG, Urt. v. 6. Juni 2023 – B 4 AS 4/22 R – Rn. 37, juris) – existiert im SGB VII keine Vorschrift, die einem Antrag auf Nachprüfung oder (Neu-)Feststellung einer BK rechtliche Wirkung zubilligt. Ob etwas Anderes gelten könnte, wenn die Behörde die Ablehnungsentscheidung hinreichend konkret auf einen Zeitraum ab einem bestimmten Zeitpunkt beschränkt, kann der Senat offen lassen, weil sich eine solche zeitliche Beschränkung – wie bereits dargelegt – aus den hier streitgegenständlichen Bescheiden nicht ergibt.

II. Soweit der Kläger in dem Verfahren L 14 U 6/21 (S 2 U 130/17) mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage und in Bezug auf die beantragte Überprüfung des Bescheides vom 15. Juni 2001 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 2002) nach § 44 SGB X mit einer kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (vgl. BSG, Urt. v. 30. März 2023 – B 2 U 5/21 R – Rn. 11, juris) die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung begehrt, ist dies ebenfalls unzulässig, da die angefochtenen Bescheide keine gerichtlich überprüfbaren Verwaltungsentscheidungen über etwaige Leistungen enthalten (vgl. dazu BSG, Urt. v. 21. September 2010 – B 2 U 25/09 R – Rn. 12 f., juris).

1. Bereits dem Wortlaut nach lassen sich weder dem Bescheid vom 25. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2017 noch dem Bescheid vom 20. Dezember 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2019, dem Bescheid vom 11. August 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2021 und dem Bescheid vom 29. März 2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2023 eine Entscheidung über etwaige (konkrete) Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung entnehmen, sondern allein eine Ablehnung der Feststellung einer BK 4103.

2. Der zur Überprüfung nach § 44 SGB X gestellte Bescheid vom 15. Juni 2001 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 2002) führt demgegenüber zwar im Tenor aus, dass ein Anspruch auf Entschädigung wegen der Erkrankung des Klägers nicht besteht, und in der Begründung, dass eine Entschädigung als BK nicht möglich ist. Dabei handelt es sich jedoch allenfalls um eine pauschale Leistungsablehnung i.S. einer sog. Annexfloskel, denen keine Verwaltungsaktqualität zukommt (vgl. BSG, Urt. v. 16. März 2021 – B 2 U 7/19 R und B 2 U 17/19 R). Dass eine Entscheidung über Leistungen mit dem Bescheid nicht erfolgen sollte, bestätigt der Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 2002, der ausführt, dass mit dem Bescheid vom 15. Juni 2001 die Anerkennung einer Asbestose abgelehnt worden ist, da die medizinischen Voraussetzungen nicht vorliegen, und eine Anerkennung einer BK nicht erfolgen kann, da keine entsprechenden Krankheitszeichen festgestellt wurden. Dass mit dem Ausgangsbescheid eine etwaige Entscheidung über Leistungen getroffen worden ist, wird dort nicht angeführt. Mithin ist auch die kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage des Klägers gerichtet auf die Verpflichtung der Beklagten, den Bescheid vom 15. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 2002 unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2017 aufzuheben und die BK zu entschädigen, mangels einer Überprüfung nach § 44 SGB X zugänglichen Verwaltungsentscheidung über etwaige Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung unzulässig.

III. Soweit die Klagen zulässig sind, sind sie unbegründet. Der Kläger hat weder Anspruch auf Feststellung des Bestehens einer BK 4103 (dazu unter 1.) noch auf Verpflichtung der Beklagten zur Rücknahme des Bescheides vom 15. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 2002 nach § 44 SGB X und Feststellung der BK 4103 (dazu unter 2.). Die angegriffenen und einbezogenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten.

1. Rechtsgrundlage für die Anerkennung der streitigen BK ist § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII i.V.m. Nr. 4103 der Anlage 1 zur BKV. Diese hat folgenden Wortlaut: „Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) oder durch Asbeststaub verursachte Erkrankungen der Pleura“. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind BKen nur diejenigen Krankheiten, die durch die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als solche bezeichnet sind (sog. Listen-BK) und die der Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleidet. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist für die Feststellung einer Listen-BK (Versicherungsfall) erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und diese Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urt. v. 27. September 2023 – B 2 U 13/21 R – Rn. 28, juris m.w.N.).

Zur Überzeugung des Senats liegt die hier erforderliche Asbesteinwirkung während der versicherten Beschäftigung bei der Firma I. im erforderlichen Vollbeweis vor. Es fehlt allerdings in dem erforderlichen Vollbeweis an der Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) oder durch Asbeststaub verursachte Erkrankungen der Pleura. Der Senat verweist diesbezüglich auf seine Ausführungen auf S. 8 bis 13 des Urteils vom 23. Mai 2017 – L 14 U 288/15 – sowie auf S. 8 bis 10 des Urteils vom 23. Mai 2017 – L 14 U 85/16 – und sieht nach erneuter Prüfung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (vgl. zur Zulässigkeit einer solchen Verweisung Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 136 Rn. 7c). Die vom Senat damals zugrunde gelegten Gutachten von Prof. Dr. K. vom 26. September 2001, 3. Juli 2003 sowie 2. März 2007, das Gutachten von Prof. Dr. L. vom 29. Januar 2013 einschließlich der Stellungnahme vom 26. März 2015, das Gutachten von Prof. Dr. M. vom 10. Oktober 2014 sowie das Gutachten von Prof. Dr. N. vom 3. Oktober 2016, die hier in den Verwaltungsvorgängen der Beklagten vorgelegen haben, verwertet der Senat im Wege des Urkundenbeweises (vgl. BSG, Urt. v. 27. September 2023 – B 2 U 13/21 R – Rn. 32, juris).

Dass darüber hinaus weiterhin keine asbestbedingte Erkrankung des Klägers in dem erforderlichen Vollbeweis vorliegt, ergeben die von der Beklagten nach den Senatsurteilen vom 23. Mai 2017 eingeholten Gutachten. So hat Prof. Dr. L. in seinem Gutachten vom 7. Dezember 2018 ausgeführt, dass bei dem Kläger lediglich diskrete fibrotische Pleuraveränderungen vorliegen, die derzeit nicht eindeutig das Vorliegen einer BK belegen. Bei den Veränderungen handele es sich lediglich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit um beginnende asbestbedingte Pleuraplaques. Prof. Dr. L. kam zu diesem Ergebnis u.a. unter Auswertung einer CT des Thorax vom 7. Juni 2018. Auch der Pneumologe O. kam in seinem Gutachten vom 22. Juni 2021 unter Auswertung einer durchgeführten Röntgenuntersuchung zu dem Ergebnis, dass sich konventionell-radiologisch kein Hinweis auf das Vorliegen einer pleuralen Asbestose ergibt, mithin die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK 4103 nicht vorliegen. Diese Einschätzung bestätigen die Pneumologen P. und Dr. Q. in ihrem Gutachten vom 17. Januar 2023. Danach ist eine BK 4103 i.S. asbestbedingter Pleuraplaques unter Einbeziehung eines vorliegenden CT-Thoraxbefundes vom 26. Juli 2022 weiterhin nicht festzustellen. Auch in der von den Ärzten durchgeführten konventionell-radiologischen Röntgenaufnahme fand sich kein Nachweis asbesttypischer Pleuraveränderungen und kein Nachweis einer pulmonalen Asbestose. Nach den Gutachtern bestehen zwar fibrotische Pleuraveränderungen rechtslateral und beidseits dem Zwerchfell aufliegend; diese sind aber nicht eindeutig als asbesttypische Pleuraveränderungen zu bewerten. Diese Veränderungen seien nach dem schriftlichen Befund unter Berücksichtigung der stattgehabten Asbestaubexposition als beginnender und progredienter Prozess infolge beruflicher Tätigkeit nur möglich (vgl. S. 18 ff. des Gutachtens). Diese Ausführungen der Gutachter Dr. L., O. sowie P. und Dr. Q. macht sich der Senat als Feststellungen zu Eigen. Die Gutachten verwertet er ebenfalls im Wege des Urkundenbeweises.

Der Vortrag des Klägers in den hiesigen Verfahren vermag ein anderes Ergebnis nicht zu rechtfertigen. Soweit er wiederholt auf das Gutachten von Prof. Dr. L. vom 29. Januar 2013 verweist, hat der Senat sich damit ebenfalls bereits in den obigen Urteilen ausführlich auseinandergesetzt, auf die erneut verwiesen wird. Wie auch dort bereits ausgeführt, hat Prof. Dr. L. in seiner Stellungnahme vom 23. März 2015 seine Einschätzung des Bestehens von asbestbedingten Erkrankungen i.S. der BK 4103 in Ansehung des Gutachtens von Prof. Dr. M. relativiert und schließlich in seinem Gutachten vom 7. Dezember 2018 sogar ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Feststellung einer BK 4103 nicht vorliegen. Soweit der Kläger in Bezug auf das Gutachten von Herrn O. bemängelt, dass dieser nur eine Röntgenaufnahme angefertigt habe, obwohl sich zuletzt in einem CT-Befund der Verdacht einer pleuralen Asbestose gezeigt habe, bleibt zunächst offen, auf welche Aufnahmen der Kläger abstellt. Dass diese den Verdacht einer pleuralen Asbestose zeigten, führt zudem nicht zu der Annahme einer solchen Erkrankung in dem erforderlichen Vollbeweis, insbesondere auch deshalb, weil die Pneumologen P. und Dr. Q. in ihrem Gutachten vom 17. Januar 2023 sogar unter Einbeziehung eines damals vorliegenden CT-Thoraxbefundes vom 26. Juli 2022 asbestbedingte Erkrankungen weiterhin nicht festzustellen konnten. Auch dass Herr O. selbst ausführt, dass asbesthaltige Pleuraplaques aufgrund des CT-morphologisch unklaren Befundes nicht auszuschließen sind, führt nicht dazu, dass die genannten Erkrankungen im Vollbeweis vorliegen. Die fehlende Möglichkeit einen Umstand auszuschließen, steht nicht dem sicheren Nachweis dieses Umstandes gleich. Dass die lungenfunktionelle Diagnostik von Herrn O. nicht bei der Begutachtung durchgeführt werden konnte, schmälert den Beweiswert des Gutachtens nicht. Für die Feststellung der BK 4103 kommt es nur auf das Bestehen der asbestbedingten Erkrankungen im Vollbeweis an. Etwaige Einschränkungen der Lungenfunktion wären bei der Feststellung der MdE als Funktionsbeeinträchtigungen relevant. Welche Folgen es hat, dass nach Herrn O. die Lungenfunktionsprüfung mangels Mitwirkung des Klägers nicht durchgeführt werden konnte, kann daher offen bleiben.

Angesichts der von der Beklagten in regelmäßigen zeitlichen Abständen durchgeführten Sachverhaltsermittlungen durch Einholung zahlreicher Gutachten sieht sich der Senat nicht verpflichtet, weitere Sachverhaltsermittlungen von Amts wegen durchzuführen, insbesondere weitere Gutachten einzuholen. Soweit der Kläger bereits in Bezug auf den Bescheid vom 11. August 2021 die Einholung einer Elementanalyse geltend gemacht hat, ist für den Senat bereits nicht ersichtlich, inwieweit diese in dem vorliegenden Fall weitere Erkenntnisse erbringen soll. Es ist zudem nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen, dass eine der Fallgruppen vorliegt, die nach der sog. Falkensteiner Empfehlung eine solche erforderlich machen (vgl. dort S. 48). Die Exposition während der Tätigkeit bei der Firma I. ist im Übrigen – wie oben dargelegt – vollbeweislich anzunehmen. Diesbezüglich bedarf es – jedenfalls nach bisherigem Kenntnisstand – zum Nachweis nicht der Einholung einer Elementanalyse. Dem insoweit unsubstantiierten Vortrag musste der Senat nicht weiter nachgehen.

2. Rechtsgrundlage für die Rücknahme der (bestandskräftigen) Bescheide ist § 44 Abs. 2 SGB X. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X gilt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Gemäß § 44 Abs. 2 SGB X ist im Übrigen ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen (Satz 1). Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden (Satz 2). § 44 Abs. 2 SGB X findet dabei immer dann als Auffangnorm Anwendung, wenn – wie hier – nicht unmittelbar über Ansprüche auf Sozialleistungen entschieden wird, sondern das Vorliegen einer BK als Grundlage der in Frage kommenden Sozialleistungen (Verletztengeld und/oder -rente etc.) abgelehnt wird (vgl. BSG, Urt. v. 27. September 2023 – B 2 U 13/21 R – Rn. 10, juris).

Die zur Überprüfung gestellten Bescheide sind nicht zurückzunehmen, weil sie nicht rechtswidrig sind. Rechtswidrig i.S. von § 44 Abs. 2 SGB X ist ein Verwaltungsakt, soweit er bereits bei seinem Erlass rechtswidrig gewesen ist (Schütze in: Schütze, SGB X, 9. Aufl. 2020, § 44 Rn. 25). Dies ist dann der Fall, wenn die Behörde das im Erlasszeitpunkt geltende Recht – aus heutiger Sicht – („geläuterte Rechtsauffassung“) unrichtig angewandt hat oder von einem Sachverhalt ausgegangen ist, der sich als unrichtig erweist (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 26 m.w.N.). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Zum Erlasszeitpunkt lagen die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK 4103 nicht vor. Auch diesbezüglich verweist der Senat auf seine Ausführungen in den Urteilen vom 23. Mai 2017 (s.o.) und sieht nach erneuter Prüfung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Die nach den Urteilen weiter durchgeführten Sachverhaltsermittlungen bestätigen, dass bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der zur Überprüfung gestellten Bescheide die Voraussetzungen für die Feststellung einer BK 4103 nicht vorlagen. Auf die obigen Ausführungen unter 1. wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG und berücksichtigt das Unterliegen des Klägers in der Sache. Eine (teilweise) Kostentragung durch die Beklagte unter Zugrundelegung des Veranlassungsprinzips aufgrund fehlerhafter Rechtsfolgenbelehrungen in Bezug auf eine Einbeziehung von Bescheiden nach § 96 Abs. 1 SGG kommt vorliegend nicht in Betracht. Zwar hat die Beklagte dadurch Veranlassung zu Widerspruchseinlegung und Klageerhebung gegeben (vgl. dazu BSG, Urt. v. 20. Oktober 2010 – B 13 R 15/10 R – Rn. 41, juris). Allerdings gab es zu dem Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide noch keine Senatsrechtsprechung oder des 2. Senats des BSG, aufgrund derer die Beklagte sicher davon ausgehen konnte, dass weitere Nachprüfungs- bzw. Neuprüfungsbescheide Gegenstand eines anhängigen Rechtsstreits über die Feststellung einer BK werden können. Es erscheint daher unbillig, ihr die Kosten aufzuerlegen.

Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zu (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Der Frage, ob weitere Bescheide über die Feststellung einer BK in ein bereits anhängiges Verfahren über die Feststellung derselben BK einzubeziehen sind, misst der Senat grundsätzliche Bedeutung zu.

 

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