L 13 R 2699/24

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 1317/24
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 2699/24
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 02.08.2024 wird verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.



Tatbestand

Der Kläger begehrt die Auszahlung seiner Regelaltersrente mittels kostenfreier Übersendung eines Schecks.

Der 1947 geborene Kläger bezieht seit Juni 2012 von der Beklagten Regelaltersrente (Rentenbescheid vom 30.03.2012). Die Rente wurde zunächst auf das vom Kläger im Rentenantrag angegebene Konto bei der S1-Bank überwiesen. Zum 31.12.2013 löste der Kläger sein Konto auf und beantragte die Auszahlung der Rente per Scheck. Die Beklagte zahlte daraufhin die Rente durch den Renten Service der P1 AG mittels Zahlungsanweisung zur Verrechnung (Scheck) aus.

Mit Bescheid vom 15.12.2021 hob die Beklagte den bisherigen Bescheid über die Rentengewährung zum 01.01.2022 auf und stellte fest, dass die Kosten für die Zahlung durch den Renten Service der P1 AG i.H.v. 9 € monatlich ab 01.01.2022 abzuziehen seien. Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und führte aus, vor Jahren habe man ihm die Rente und sonstige Guthaben unter Mitwirkung der S1 Bank rechtswidrig auf Betreiben der I1 gepfändet. Dies sei gerichtlich bestätigt und die illegal gepfändeten Gelder seien erst nach einem Jahr und mehreren Mahnungen zurückgezahlt worden. Daher komme eine Überweisung auf ein Konto für ihn nie mehr infrage. Er sei nicht gewillt, sich von der „B1Bank P2“ um ein Entgelt von der Hungerrente unter Mitwirkung der Beklagten betrügen zu lassen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.2022 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Die hiergegen zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage (S 10 R 1087/22) wies das SG mit Gerichtsbescheid vom 25.08.2022 als unbegründet zurück. Die hiergegen zum Landessozialgericht Baden-Württemberg erhobene Berufung (L 8 R 2784/22) wurde mit Urteil vom 20.01.2023 zurückgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Auszahlung seiner Altersrente mittels Schecks ohne Abzug der hierfür anfallenden Kosten. Die hiergegen zum Bundessozialgericht (BSG) erhobene Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (B 5 R 9/23 AR) wurde als unzulässig verworfen (Beschluss vom 08.03.2023).

Nachdem die Beklagte die Auszahlung ab Januar 2022 wieder aufnahm (Bescheid vom 02.03.2023), der Kläger die Zahlungsanweisungen aber zurücksandte, stellte die Beklagte die Auszahlung zum 30.06.2023 vorläufig wieder ein und hinterlegte die Rente auf ein Verwahrkonto. Unter dem 10.09.2023 teilte der Kläger mit, dass er mit einer Überweisung auf das momentan bestehende Konto nicht einverstanden sei.
Mit Bescheid vom 17.10.2023 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass es ihr nicht möglich sei, ihm die zustehenden Rentenbeträge kostenfrei zukommen zu lassen, da er die Zahlungsanweisungen zur Verrechnung (Schecks) regelmäßig uneingelöst zurücksende. Sollte der Kläger die Rentenzahlungen auf ein Girokonto wünschen, bitte man um Mitteilung der Bankverbindung. Wenn die Anweisung per Zahlungsanweisung zur Verrechnung unter Berücksichtigung des Kostenabzugs von 9 € pro Anweisung akzeptiert werde, bitte man um kurze schriftliche Mitteilung. Sobald die Angaben vorlägen, würden die Rentenzahlungen umgehend wieder aufgenommen.

Der Kläger erhob mit Schreiben vom 25.10.2023 am 03.11.2023 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.04.2024 zurückwies. Das Grundsicherungsamt habe mitgeteilt, dass die Leistungen nach dem SGB XII auf ein Girokonto überwiesen würden. Eine Überweisung der Rente auf ein Girokonto habe der Kläger abgelehnt. Eine gewünschte kostenfreie Auszahlung der Rente habe nicht zu erfolgen. Die Auszahlung per Scheck sei nur möglich, wenn der Empfänger gewillt sei, diesen auch in Empfang zu nehmen, was nicht zu erwarten sei. Es verbleibe daher bei der Einstellung der Rente.

Am 22.05.2024 hat der Kläger erneut Klage zum SG erhoben. Er hat sich im Wesentlichen darauf berufen, dass ihm wie früher (Bestandsrecht) weiterhin eine Rentenzahlung per postalischer Übersendung eines Schecks ohne Abzüge zustehe.

Das SG hat die Verwaltungsakten des Grundsicherungsträgers beigezogen, wonach der Kläger seine Leistungen auf ein Konto bei der P2 überwiesen bekommt.

Mit Gerichtsbescheid vom 02.08.2024 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 17.10.2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.04.2024 sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte habe damit den Abzug der Kosten nach § 47 Abs. 1 SGB I von der Rentenleistung bekräftigt sowie die Einstellung der Scheckübersendung verfügt. Der Kläger habe weiterhin keinen Anspruch auf Auszahlung einer ungekürzten Rente, wie bereits das SG im Gerichtsbescheid vom 25.08.2022 sowie das LSG im Urteil vom 20.01.2023 zutreffend ausgeführt hätten. Die Einstellung der Rente, bis der Kläger entweder bereit ist, ein Girokonto zu benennen oder einen Abschlag zu akzeptieren, sei nicht zu beanstanden. Sei der Kläger Inhaber des Kontos, auf das der Grundsicherungsträger die Leistungen überweise, könne er die Auszahlung auf dieses Konto ohne Abzug erreichen. Ansonsten könne er auch ein Pfändungsschutzkonto einrichten. Dem Kläger stehe auch ohne die Inanspruchnahme von gerichtlicher Hilfe ein einfacher und zumutbarer Weg zur Verfügung, an die ihm zustehenden Rentenzahlungen zu gelangen.

Am 04.09.2024 hat der Kläger Berufung gegen den am 07.08.2024 zugestellten Gerichtsbescheid eingelegt und die Beklagte, die Justiz und den Staat sowie die – geflüchteten - Ausländer diskreditiert. Er werde der Beklagten keine Kontonummer übermitteln.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe sowie den Bescheid der Beklagten vom 17.10.2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.04.2024 aufzuheben und die Altersrente ohne Abzug von Kosten für die Auszahlung mittels Zahlungsanweisung zur Verrechnung auszuzahlen.


Die Beklagte beantragt,

die Berufung zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.

Eine Anweisung der ungekürzten Rentenzahlung könne umgehend veranlasst werden, wenn ein Girokonto benannt werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten ergänzend verwiesen.

                                                           Entscheidungsgründe


Die Berufung ist zwar form- und fristgerecht (§ 143, 144 und 151 SGG) erhoben, aber mangels Rechtsschutzinteresses nicht statthaft.

Jede Rechtsverfolgung setzt ein Rechtsschutzbedürfnis (Rechtsschutzinteresse) voraus. Diese Sachentscheidungsvoraussetzung begründet sich aus dem auch im Prozessrecht geltenden Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB), dem Verbot des Missbrauchs prozessualer Rechte und dem Grundsatz der Effizienz staatlichen Handelns (vgl. nur Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, Kommentar zum SGG, 14. Aufl., vor § 51 SGG Rdnr. 16 ff.).

Angesichts dessen, dass der Kläger sich die Leistungen nach dem SGB XII vom Grundsicherungsträger auf ein Girokonto überweisen lässt, er ein Konto hat (s. auch sein Schreiben vom 10.09.2023), ist auch nicht ansatzweise ein vernünftiger Grund dafür ersichtlich, dieses Girokonto nicht auch der Beklagten zur kostenfreien Überweisung der Altersrente zu benennen. Der Kläger kann das angestrebte Ergebnis, die Rente kostenfrei zu erhalten, auf einfachere Weise als durch gerichtliche Rechtsverfolgung erreichen, indem er dieses Konto auch der Beklagten benennt und die Bestimmung erteilt, dass auf dieses Konto - mit erfüllender Wirkung (s. BSG, Urteil vom 14.08.2003, B 13 RJ 11/03 R, juris) - geleistet werden soll. Eines - erneuten- gerichtlichen Verfahrens bedarf es nicht, weshalb auch die Klage unzulässig ist.

Soweit der Kläger sich gegen die Erhebung eines Kostenbeitrages i.H.v. 9 € monatlich für die Zahlung durch den Rentenservice der P1 AG wendet, ist das Begehren auch unbegründet, wie bereits das LSG in seinem Urteil vom 20.01.2023 überzeugend entschieden hat. Die zum 01.12.2021 eingeführte gesetzliche Regelung des § 47 SGB I über die Kostentragungslast enthält auch keine Übergangsvorschrift oder eine Bestandsschutzregelung, was verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Soweit der Kläger sich gegen die Einstellung der Scheckübersendung mit Schreiben vom 17.10.2023, was als Regelung zu werten ist (§ 31 SGB X), wendet, ist das Begehren auch unbegründet, da der Kläger in Annahmeverzug (§ 293 BGB) ist und die Beklagte das Geld hinterlegen darf (§ 372 BGB).


Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des den Gerichten danach eingeräumten Ermessens sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Sach- und Rechtslage bzw. der Ausgang des Verfahrens (s. hierzu Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, Kommentar zum SGG, 14. Auflage, § 193 Rdnr. 12 ff.). Hiernach war für den Senat maßgeblich, dass das eingelegte Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist und kein berechtigter Anlass für dessen Einlegung bestanden hat. Bei einer Verwerfung eines Rechtsmittels hat das Gericht -anders als bei einer Zurückweisung (vgl. Beschluss des erkennenden Senates vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, juris)- in Abweichung vom Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden (so Lüdtke/Berchtold, Kommentar zum SGG, 5. Auflage, § 193 Rdnr. 8; Roos/Wahrendorf, Kommentar zum SGG, § 193 Rdnr. 8; a. A. BSG, Beschluss vom 23.04.2013, B 9 V 4/12 R, juris). Denn ein Rechtsmittel, das sich nur gegen die Kostenentscheidung richtet, hat der Gesetzgeber ausgeschlossen (Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, a. a. O., § 193 Rdnr. 16 m.w.N.), womit verhindert wird, dass das Rechtsmittelgericht trotz rechtskräftiger Entscheidung in der Hauptsache die Sach- und Rechtslage allein wegen der Kostenentscheidung zu prüfen hat und zu einer gegenüber der vorausgehenden Instanz abweichenden Auffassung gelangen kann. Eine vergleichbare Konstellation besteht, wenn ein Rechtsmittel in der Hauptsache zwar eingelegt wird, das aber unzulässig ist. Auch dann kann dem Rechtsmittelgericht nicht allein wegen der Kostenentscheidung die Kompetenz eingeräumt sein, die Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu prüfen (vgl. BSG, Beschluss vom 12.09.2011, B 14 AS 25/11 B; BGH, Beschluss vom 15.05.2012, VI ZB 27/11; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 07.12.2009, 5 So 192/09, alle veröffentlicht in Juris).


Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.



 

Rechtskraft
Aus
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