S 8 KR 41/24

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 8 KR 41/24
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Kostenbeschluss
Leitsätze


1. Kosten für eine trotz Mitteilung über die Entscheidung über den Widerspruch erhobene Untätigkeitsklage sind vor dem Hintergrund des Veranlassungsprinzipes nur anteilig zu erstatten, da einerseits die Untätigkeitsklage aufgrund des Ablaufs der Frist und die Nicht-Entscheidung ohne zureichenden Grund zulässig und begründet war, andererseits die Klägerseite das Verfahren maßgeblich veranlasst hat.

2. Es erscheint bei dieser Sachlage aber unangemessen, der Klägerseite die vollen Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Dadurch würde die mangelhafte Verwaltungsorganisation der Beklagten, über den Widerspruch rechtzeitig zu entscheiden, anerkannt. Eine mangelhafte Verwaltungsorganisation ist aber regelmäßig nicht als zureichender Grund für die Untätigkeit der Behörde anzusehen. Auch im Rahmen einer Kostenentscheidung kann damit keine Rechtfertigung der Untätigkeit erfolgen.


Die Beklagte hat der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten zur Hälfte zu erstatten.


Gründe

Gemäß § 193 Abs. 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Gericht, wenn das Verfahren anders als durch Urteil endet, auf Antrag durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden. Die Entscheidung über die Verpflichtung der Kostentragung erfolgt nach billigem Ermessen. Die Kostenentscheidung nach § 193 SGG enthält bei einer Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage zugleich eine Entscheidung über die Kosten des Vorverfahrens nach § 63 SGB X (vgl. LSG München, Beschluss vom 31.01.2013, Az.: L 7 AS 883/13 B PKH).

Grundsätzlich hat das Gericht zur Ausfüllung des Begriffs des „billigen Ermessens“ im konkreten Einzelfall den gesamten bisherigen Sach- und Streitstand zu bewerten. Dabei kommt im Wesentlichen den Bewertungskriterien der Erfolgsaussicht der Klage sowie des sog. „Veranlassungsprinzips“ Bedeutung zu (Leitherer in Meyer-Ladewig, § 193 Rn. 12a f.). Dabei ist gesondert zu berücksichtigen, dass eine gesonderte Beweisaufnahme nicht vorzunehmen ist (vgl. Gutzler in Roos/Wahrendorf/Müller SGG, § 193 Rn. 29).

Das Gericht hält es im Hinblick auf die gesetzliche Regelung und dem Veranlasserprinzip für angemessen, dass die Beklagte der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten zur Hälfte erstattet. Nach § 88 Abs. 1, 2 SGG ist eine Untätigkeitsklage statthaft und begründet, wenn eine Behörde über einen Widerspruch gegen einen Bescheid nicht innerhalb von drei Monaten ohne zureichenden Grund nicht entschieden hat. Vorliegend sind diese Voraussetzungen erfüllt. Der am 27.03.2023 erhobene Widerspruch ist nach Einholung zweier Stellungnahme des Medizinischen Dienstes (vom 07.07.2023 und 27.07.2023) bis zum 19.01.2024 nicht bearbeitet worden. Ein zureichender Grund hat die Beklagte weder dargelegt noch nachgewiesen. Verwaltungsorganisatorische Mängel sind regelmäßig nicht als zureichende Gründe für eine Untätigkeit anzuerkennen. Das Gericht kann zudem nicht erkennen, dass die Beklagte alles Mögliche und Zumutbare getan hat, um einen reibungslosen Verwaltungsablauf zu gewährleisten. 

Das Gericht vertritt auch nicht die Auffassung der 18. Kammer des Sozialgerichts Darmstadt im Beschluss vom 18.12.2018, Az.: S 14 KR 467/18, dass aus dem Veranlassungsprinzip der Klägerseite die kompletten Kosten aufzuerlegen sind. Richtig ist, dass die Beklagte der Prozessbevollmächtigten mitgeteilt hat, dass über den Widerspruch am 26.02.2024 entschieden werden wird. Sie hat trotz dieser Mitteilung Untätigkeitsklage erhoben, sodass sie das Verfahren zur Hälfte auch verursacht und somit veranlasst hat. Eine Auferlegung der kompletten Kosten würde allerdings das Strukturversagen der Beklagten, über den Widerspruch rechtzeitig zu entscheiden, außer Acht lassen. Zudem würde inzident die mangelhafte Verwaltungsorganisation der Beklagten durch die Hintertür doch als wichtiger Grund anerkannt.

Vor diesem Hintergrund erscheint es angemessen, dass die Beklagte die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen hat.

Die Beschwerde gegen diesen Beschluss ist ausgeschlossen § 172 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
 

Rechtskraft
Aus
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