Gesetzliche Unfallversicherung - Arbeitsunfall - haftungsbegründende Kausalität - hinreichende Wahrscheinlichkeit - Voraussetzungen für eine traumatische Rotatorenmanschettenruptur – Luxation der langen Bizepssehne – typisches Verletzungsbild – geeigneter Unfallhergang - Abgrenzung zur Gelegenheitsursache - Wesentlichkeit einer (Mit-)Ursache
1. Zu den Voraussetzungen, unter denen eine Ruptur der rechten Rotatorenmanschette sowie eine Luxation der langen Bizepssehne mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf ein Unfallereignis zurückgeführt werden kann.
2. Der Sturz auf den nach hinten ausgestreckten Arm kann neben einer Schädigung der vorderen und oberen Anteile der Rotatorenmanschette, der Subscapularissehne und der Supraspinatussehne auch eine Luxation der langen Bizepssehne verursachen.
3. Die Wesentlichkeit einer (Mit-)Ursache ist eine reine Rechtsfrage, die sich nach dem Schutzzweck der Norm beantwortet (vgl. BSG, Urteil vom 30. März 2017 – B 2 U 6/15 R).
4. Der Unfallversicherungsträger trägt die Beweislast für das Ausmaß einer konkurrierenden inneren Ursache.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 8. September 2021 aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2017 wird abgeändert. Es wird festgestellt, dass bei dem Kläger als weitere Unfallfolge des Ereignisses vom 27. Juni 2015 eine Ruptur der rechten Rotatorenmanschette sowie eine Luxation der langen Bizepssehne rechts vorliegt. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 15. Dezember 2015 bis zum 31. Dezember 2016 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v. H. zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 90 %.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob als weitere Folge eines als Arbeitsunfall anerkannten Unfallereignisses vom 27. Juni 2015 eine Ruptur der rechten Rotatorenmanschette sowie eine Luxation der langen Bizepssehne rechts anzuerkennen ist und der Kläger deshalb eine Verletztenrente beanspruchen kann.
Der 1972 geborene Kläger führte am 27. Juni 2015 (zu diesem Zeitpunkt war der Kläger in seiner Autoreparaturwerkstatt selbständig tätig und bei der Beklagten freiwillig gesetzlich unfallversichert) eine Kontrolle am Dach des Firmengebäudes durch und fiel beim Herabsteigen von der Leiter. Der sofort im Anschluss aufgesuchte Durchgangsarzt diagnostizierte eine Prellung der Schulter rechts, eine Schnittwunde am linken Unterarm und bescheinigte Arbeitsunfähigkeit. Als Unfallhergang wurde ein Sturz von der Leiter und ein Abstützen mit dem rechten Arm beschrieben. Bei einer Vorstellung in der Klinik für Schulterchirurgie N am 6. Juli 2015 schilderte der Kläger den Hergang dahingehend, dass er bei einem Leitersturz während der Arbeit in seiner Kfz-Werkstatt mit dem ausgestreckten rechten Arm aus ca. zwei Meter Höhe gestürzt sei und danach stark einschießende Schmerzen in der rechten Schulter verspürt habe. Er könne seither den Arm nicht mehr heben. Diagnostiziert wurde eine traumatische Massenruptur der gesamten Rotatorenmanschette. Eine Indikation zur zeitnahen Rekonstruktion der Rotatorenmanschette sowie der langen Bizepssehne wurde gestellt. In einem Fragebogen schilderte der Kläger am 15. Juli 2015 den Unfallhergang dahingehend, dass er von der Leiter auf die Seite mit ausgestrecktem rechten Arm gestürzt sei. Nach dem Sturz sei er zum Abdecken der Wunde in die Werkstatt gelaufen und anschließend habe ihn seine Lebensgefährtin zur Notaufnahme nach Suhl gefahren. Seine Lebensgefährtin habe von dem Sturz nichts mitbekommen. Der Kläger befand sich vom 10. bis 15. Juli 2015 in stationärer Behandlung der Klinik für Schulterchirurgie N. Im Rahmen einer Arthroskopie der Schulter rechts erfolgte eine offene Rotatorenmanschettenrekonstruktion sowie Tenodese der langen Bizepssehne. Laut OP-Bericht entleerte sich ein Hämatom, und frisch ausgefetzte Sehnenfasern kamen zur Darstellung. Nach Auffassung des Operateurs handelte es sich um eine frische Ruptur. Der Beratungsarzt der Beklagten, der Facharzt für Chirurgie B, führte in einer Stellungnahme vom 17. November 2015 aus, dass der beschriebene Hergang (Sturz auf den ausgestreckten Arm) nicht geeignet sei, eine Verletzung der Rotatorenmanschette zu verursachen. Eine Zugbeanspruchung der Sehnenanteile mit unnatürlicher Längendehnung habe nicht stattgefunden. Ein frisches traumatisches Knochenmarködem oder Einblutungen seien nicht dokumentiert. Deutliche Zeichen einer degenerativen Läsion seien feststellbar. Bei einer derart ausgeprägten Läsion der Rotatorenmanschette müsse zumindest ein Knochenmarködem in den knöchernen Strukturen vorliegen. Der Hergang, die Art und Größe der Läsion, der MRT-Befund und das fehlende Knochenmarködem sprächen gegen einen Zusammenhang. Am 19. Mai 2016 beantragte der Kläger die Gewährung einer Verletztenrente. Nach Anhörung des Klägers erstattete der Facharzt für Unfallchirurgie Ullrich am 7. November 2016 im Auftrag der Beklagten ein Zusammenhangsgutachten. In der Zusammenschau aller verfügbaren Informationen spreche im vorliegenden Fall mehr dagegen als dafür, dass es sich um eine traumatische Ruptur handele. Möglicherweise seien unfallbedingt noch einige Restfasern der Rotatorenmanschette gerissen. Die Hergangsschilderung lasse zumindest eine indirekte Gewalteinwirkung im Sinne der axialen Stauchung erkennen. Der wesentliche Ursachenbeitrag zur Schultererkrankung werde jedoch von einem degenerativ bedingten Rotatorenmanschettendefekt geleistet. Eine Defektbildung unter Einbezug mehrerer Sehnen der Rotatorenmanschette sei ein typischer Verschleißbefund. Ferner fehlten jegliche Begleitverletzungen am Kapselbandapparat.
Daraufhin erkannte die Beklagte durch Bescheid vom 2. Dezember 2016 das Ereignis vom 27. Juni 2015 als Arbeitsunfall mit der Folge einer folgenlos verheilten Risswunde an der linken Ellenbeuge an. Ausdrücklich festgestellt wurde, dass der Riss der Rotatorenmanschette an der rechten Schulter nicht Unfallfolge sei. Daher bestehe kein Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente. Hiergegen legte der Kläger fristgerecht Widerspruch ein. Vorgelegt wurde ein Gutachten des Unfallchirurgen W vom 4. September 2016 für die private Unfallversicherung. Darin führt dieser aus, dass ausweislich des vorliegenden Operationsberichtes von einer frischen traumatischen Schädigung der Rotatorenmanschette auszugehen sei. Dem Alter vorauseilende verschleißbedingte Veränderungen seien nicht erkennbar. Durch Widerspruchsbescheid vom 8. März 2017 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Erneut wurde darauf hingewiesen, dass eine Defektbildung unter Einbezug mehrerer Sehnen der Rotatorenmanschette einen typischen Verschleißbefund darstelle. Das Gutachten von W sei für die private Unfallversicherung erstellt worden. Dort fänden andere Beurteilungskriterien Anwendung.
Hiergegen hat der Kläger vor dem Sozialgericht Meiningen Klage erhoben. In der Klagebegründung wurde ausgeführt, dass der Kläger beim Abstieg von einer Leiter auf der obersten Stufe stehend von dieser heruntergestürzt sei. Die Leiter sei unter dem Kläger weggekippt mit der Folge, dass der Kläger ungebremst seitlich nach hinten auf den Betonboden gefallen sei, wobei er auf den überwiegend nach hinten ausgestreckten rechten Arm gestürzt sei. Der den Kläger in der Schulterchirurgie behandelnde Arzt habe diesem gegenüber geäußert, dass nur aufgrund der vorhandenen guten Muskulatur des Klägers nicht noch ein größerer Schaden entstanden sei.
Der Kläger hat in einem Erörterungstermin vor dem Sozialgericht Meiningen am 16. Oktober 2017 den Unfallhergang ausführlich geschildert. Anschließend hat das Sozialgericht den Facharzt für Unfallchirurgie K mit einem Zusammenhangsgutachten beauftragt. Dieser führt in seinem Gutachten vom 12. Dezember 2017 aus, dass durch einen Sturz auf den nach hinten geführten Arm eine pathologische Gewalteinwirkung auf Strukturen der Drehmanschette der Schulter einwirken könne. Wenn es unfallbedingt zu einer Verletzung der schulterumgebenden Muskel-Sehnenplatte komme, sei eine sogenannte Pseudoparalyse zu fordern. Diese liege ausweislich des ärztlichen Erstuntersuchungsbefundes vom Unfalltag vor, denn es sei explizit nur eine Abhebefähigkeit von 30 bis 40 Grad festgestellt worden. Die primäre Pseudoparalyse spreche dafür, dass es unfallbedingt zumindest teilweise zu einer Läsion der Drehmanschette gekommen sei. Allerdings könne in Übereinstimmung mit dem Vorgutachter U eine Rotatorenmanschettenmassenläsion nicht durch eine einmalig unfallbedingt einwirkende Gewalt entstehen. Einschränkend müsse aber gesagt werden, dass beim Abfangen eines Sturzes mit dem nach hinten geführten Arm natürlich auch nicht nur eine eindimensionale Gewalteinwirkung auf die komplexen Schulterbinnenstrukturen zu unterstellen sei, sondern eher Kombinationsbelastungen. Die im MRT-Befund beschriebene Retraktion der Sehne des Obergrätenmuskels bis in die Mitte des Oberarmkopfes könne nicht im zeitlichen Fenster zwischen Unfallereignis und Bildgebung entstanden sein. Für die Ausbildung einer derart großen Retraktion brauche es einen wesentlich längeren Zeitraum. Die Läsion der Sehne des Obergrätenmuskels sei daher unzweifelhaft vorbestehend gewesen. Gegen eine Unfallbedingtheit der Verletzung spreche auch die fehlende Verletzung des Schulterkappenmuskels, da dieser von der Hauptzugrichtung eine ähnliche Wirkung habe, wie der Obergrätenmuskel. Dafür, spreche aber wieder das intramuskuläre Ödem, welches zusätzlich ganz ausgeprägt im Bereich des Untergrätenmuskels vorhanden gewesen sei. Teilläsionen von Sehnen stünden zwar einer Unfallbedingtheit entgegen. Dies müsse man aber bei Kombinationsbewegungen anders sehen. Der Operationsbericht beschreibe nachgewiesen frische Verletzungszeichen mit Entleerung eines Blutergusses und frisch ausgefetzte Sehnenfasern. Hinsichtlich der Läsion des Untergrätenmuskels sei eine unfallbedingte Entstehung eher wahrscheinlich zu machen. Hierfür spreche neben dem Unfallmechanismus die primär dokumentierte Pseudoparalyse und das Entleeren eines blutigen Ergusses. In einer Gesamtschau seien die für und gegen eine Unfallbedingtheit sprechenden Faktoren eher gleichwertig einzuordnen. Bis Ende des Jahres 2016 sei die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf 20 v. H. zu schätzen, für die Zeit danach auf 10 v. H. In einer Stellungnahme vom 20. Februar 2018 hat der Beratungsarzt der Beklagten B ausgeführt, dass die MRT der rechten Schulter vom 1. Juli 2015 deutliche Zeichen einer lange vorbestehenden Läsion der Supraspinatussehne mit Retraktion des Sehnenstumpfes zeige. Alles spreche für eine vorbestehende Massenläsion. Wäre die Verletzung der rechten Schulter des Klägers traumatisch verursacht, setze dies eine Gewalteinwirkung von drei verschiedenen Richtungen voraus. Das sei bei einem Flugzeugabsturz denkbar, aber nicht bei einem mit dem anderen Arm abgebremsten Sturz. Im OP-Bericht festgestellte frische Rissveränderungen zeigten nur den natürlichen Verlauf einer degenerativen Läsion auf, die über ein kontinuierliches Fortschreiten unbehandelt in eine sogenannte Defekt-Arthropathie münde.
Auf Antrag des Klägers hat das Sozialgericht sodann W mit der Erstellung eines Gutachtens nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beauftragt. Dieser führt in seinem Gutachten vom 31. Mai 2018 aus, dass sich die von U und K festgestellte vorbestehende Zusammenhangstrennung der Supraspinatussehne im schriftlichen Befund des Radiologen nicht wiederfinde. Der Operationsbericht weise eindeutig eine frische Ruptur auf. Dem Operationsbericht komme in der Regel eine höhere Aussagekraft als der MRT zu. Der zugrunde gelegte Geschehenshergang, der Erstbefund und der intraoperative Befund würden eindeutig für eine unfallbedingte Schädigung sprechen. Zu berücksichtigen sei, dass ein nicht ganz unerhebliches Trauma, nämlich der abgefangene Sturz, vorgelegen habe. Die MdE sei ab 7. Juni 2017 auf 10 v. H. einzuschätzen und für die Zeit davor auf 20 v. H. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 15. Oktober 2018 hat W seine Ausführungen vertieft. Die Röntgenaufnahme der rechten Schulter vom 27. Juni 2015 zeige keinen Hochstand des Oberarmkopfes. Deshalb sei eine länger vorbestehende Zusammenhangstrennung der Supraspinatussehne auszuschließen. Der MRT-Befund vom 1. Juli 2015 beschreibe nur einen Rückzug der Supraspinatussehne im Umfang von zwei bis drei Zentimeter. Nach wie vor spreche mehr für als gegen die Ursächlichkeit des Ereignisses vom 27. Juni 2015 für die Schäden im Bereich der rechten Schulter des Klägers. In einer weiteren beratungsärztlichen Stellungnahme vom 12. Januar 2019 führt der Chirurg B aus, dass den bildgebenden Befunden sehr wohl ein Hochstand des Oberarmkopfes zu entnehmen sei. W lasse auch das Fehlen von Kombinationsverletzungen, beispielsweise im Bandapparat, unberücksichtigt. Darauf hat W in einer Stellungnahme vom 8. April 2019 entgegnet, dass nach seiner Befundung ein völlig normaler Abstand zwischen Oberarmkopf und Schulterhöhe vorliege. Die Radiologen des Klinikums S hätten ausdrücklich keine wesentlich humeroglenoidale Degeneration und keine relevanten subakromialen Anbauten festgestellt, sondern einen Normalbefund.
Daraufhin hat das Sozialgericht den Radiologen H mit der Erstellung eines Gutachtens nach Aktenlage beauftragt. Dieser führt in seinem Gutachten vom 12. Mai 2020 aus, dem MRT-Befund der rechten Schulter vom 1. Juli 2015 könne der Nachweis eines Humeruskopfhochstandes nicht entnommen werden. Es fänden sich Zeichen einer geringgradigen hypertrophen AC-Gelenksarthrose ohne relevante Einengung des Subakromialraumes. Bezüglich des Kapselapparates finde sich ein deutlich vermehrtes Flüssigkeitssignal im Sinne einer Bursitis. Ein Hinweis auf eine Kapselruptur bestehe nicht. Eine Komplettruptur der Sehnen des Musculus infraspinatus und supraspinatus mit Retraktion nach Patte Grad II und subtotale Ruptur der Sehne des Musculus subscapularis seien nachgewiesen. Die jeweiligen Muskelbäuche seien atroph als Hinweis auf eine bereits länger andauernde Inaktivität. Bezüglich der Bizepssehne liege eine Dislokation der langen Bizepssehne vor. Ein Hochstand des Humeruskopfes anhand einer Röntgenaufnahme sei kein hartes Kriterium zur Bestätigung oder zum Ausschluss einer Rotatorenmanschettenläsion. Aus radiologischer Sicht seien die Voraussetzungen für das Vorliegen einer frischen Ruptur der Rotatorenmanschette nicht gegeben. Die Retraktion nach Patte Grad II sowie die Atrophie der Muskulatur seien klare Indizien für das Vorliegen einer degenerativen Veränderung. Dies seien typische Folgen einer kompletten Rotatorenmanschettenruptur. Die Veränderungen der Rotatorenmanschette seien daher als Folge eines degenerativen Prozesses zu werten. Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat das Sozialgericht sodann ein radiologisches Gutachten von N1 vom 30. November 2020 eingeholt. Darin führt dieser aus, dass sich den Röntgenaufnahmen vom Unfalltag keine Anzeichen für eine degenerative Vorschädigung im Sinne einer Läsion der Rotatorenmanschette oder einer Defektarthropathie entnehmen ließen. Im MRT-Befund der Schulter rechts vom 1. Juli 2015 sei eine kräftige Ergussbildung im Schleimbeutel sowie ein deutlicher Gelenkerguss im Schultergelenk zu sichern. Ein massives Ödem der Gelenkkapsel und in den Weichteilstrukturen des Oberarmknochens sei zu erkennen. Die Sehne des Musculus supraspinatus sei direkt vor dem Ansatz komplett abgerissen. Ebenso sei die Sehne des Musculus infraspinatus komplett rupturiert. Es biete sich das Bild einer sogenannten Massenruptur der Rotatorenmanschette. Von den fünf gelenksstabilisierenden Sehnenverläufen sei lediglich der Musculus teres minor intakt erhalten geblieben. Der Musculus supraspinatus weise eine ansatznahe Komplettruptur mit Rückzug des Sehnenstumpfes auf. Eine Atrophie im Sinne einer Rückbildung des Musculus supraspinatus sei nicht erkennbar. Arthrosezeichen fänden sich nicht. Eine chronische Rückbildung von Muskelmasse an den Muskeln der Rotatorenmanschette sei nicht gegeben. Aus radiologischer Sicht sei einzig plausibel eine massive Gewalteinwirkung auf das Gelenk durch Zug nach außen mit Auseinanderziehen. Es fehlten jegliche Zeichen einer degenerativen Vorschädigung des Schultergelenks. Dies werde durch den intraoperativen Befund gestützt. Das radiologische Gutachten von H vom 12. Mai 2020 negiere das Vorliegen frischer Verletzungsmerkmale und hebe auf eine muskuläre Atrophie ab. Hier werde ganz offensichtlich Schwellung/Ödem mit dem typischen Fettsignal bei Atrophie verwechselt. Das Einholen weiterer Gutachten in gleicher Sache würde aus seiner Sicht nicht zu einer weiteren Klärung beitragen, sondern weiterhin Energie und Ressourcen im Sinne einer Mehrheitsentscheidung bewegen. Dem hat der Sachverständige H in einer ergänzenden Stellungnahme vom 5. März 2021 entgegengehalten, dass dem MRT-Befund gesichert atrophierte Muskelanteile zu entnehmen seien. Unzweifelhaft sei der weit überwiegende Teil der vorliegenden Schädigung älterer und unfallunabhängiger Genese. Darauf hat N1 in einer ergänzenden Stellungnahme vom 25. Mai 2021 erwidert, dass er die MRT-Aufnahme anonym einem fachlich sehr geschätzten Kollegen vorgelegt habe. Auch dieser habe spontan ein frisches Weichteiltrauma bestätigt. Es sei festzuhalten, dass aus radiologischer Sicht mit hoher Wahrscheinlichkeit die Rotatorenmanschette des Klägers vor dem Unfall strukturell intakt gewesen und allenfalls geringgradige degenerative Veränderungen aufgewiesen habe. Am Musculus supraspinatus zeigten sich keine Atrophiezeichen am Muskelbauch.
Durch Urteil vom 8. September 2021 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Kammer sei in Auswertung des Verwaltungsvorganges und aller eingeholter Sachverständigengutachten nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit davon überzeugt, dass das Ereignis vom 27. Juni 2015 geeignet war, die später festgestellten Verletzungen hervorzurufen. Der vom Kläger zuerst dargelegte Hergang des Geschehens sei nicht geeignet, eine traumatische Rotatorenmanschettenruptur zu verursachen. Ein Abfangen mit dem seitlich ausgestreckten Arm könne nicht die erforderliche Gewalteinwirkung auf das gespannte Muskel-Sehnen-System des Schulterblattmuskels erbringen. Soweit der Kläger nachgehend von einem Sturz auf den ausgestreckten rechten Arm gesprochen habe, stehe diese Unfallschilderung nicht im Einklang mit den Erstbefunden. Nach dem Bericht des Durchgangsarztes T seien multiple Schürfwunden am rechten Unterarm gesichert. Dieser Befund passe lediglich zur ursprünglichen Unfallschilderung. Auch im Übrigen würden erheblich Zweifel am Vorliegen einer traumatischen Rotatorenmanschettenruptur bestehen. Der Durchgangsarzt habe bereits keine Pseudolähmung des rechten Armes festgestellt. Die aktive Abduktion sei - wenngleich stark eingeschränkt - mit 30 Grad noch vorhanden gewesen. Radiologischerseits seien die zu erwartenden Begleitverletzungen nicht gesichert worden. U habe darauf hingewiesen, dass die gleichzeitige Beteiligung aller wesentlichen Muskeln der Rotatorenmanschette gegen einen Unfallzusammenhang spreche. Insbesondere diese festgestellte Multizentrizität der Veränderungen sprächen gegen einen Unfallzusammenhang. Die Rekonstruktionsmöglichkeit der rupturierten Rotatorenmanschette bestehe unter gewissen Voraussetzungen auch bei degenerativen Veränderungen. Daher habe der Kläger auch keinen Anspruch auf Zahlung einer Verletztenrente.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Das Sozialgericht habe bereits einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt. Zugrunde zu legen sei ein Sturz auf den überwiegend nach hinten ausgestreckten rechten Arm. Der Durchgangsarztbericht belege entgegen den Ausführungen des Sozialgerichts ein absolutes Funktionsdefizit des rechten Armes. Degenerative Veränderungen seien gerade nicht nachgewiesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 8. September 2021 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2017 abzuändern und als weitere Folge des Unfallereignisses vom 27. Juni 2015 eine Ruptur der rechten Rotatorenmanschette und eine Schädigung der langen Bizepssehne rechts festzustellen und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE von wenigstens 20 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Ausführungen des Sozialgerichts in dem angegriffenen Urteil.
Der Senat hat den Chirurgen S1 mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dieser legt in seinem Gutachten vom 21. Februar 2023 dar, dass die Ruptur der rechten Rotatorenmanschette sowie die Luxation der langen Bizepssehne mit Wahrscheinlichkeit wesentlich teilursächlich auf den Sturz vom 27. Juni 2015 zurückzuführen seien. Bei dem Sturzgeschehen, welches mit nach hinten gestrecktem rechtem Arm abgefangen worden sei, sei ein nach vorne oben gerichteter Schub des Oberarmkopfes festzustellen, bei dem wesentliche Teile der Subscapularissehne und dem damit zusammenhängenden Pulley-System für die lange Bizepssehne unfallbedingt geschädigt worden seien. Vor dem Unfallereignis sei der 43 Jahre alte Kläger voll belastbar gewesen. Ein Sturzereignis sei dann geeignet, die Rotatorenmanschette zu gefährden, wenn der Sturz auf den nach hinten ausgestreckten Arm erfolge und der Sturz durch einen Aufprall auf die Hand oder den Ellenbogen abgefangen werde. Gemäß der Schilderung des Hergangs im Rahmen eines Erörterungstermins vor dem Sozialgericht Meiningen sei dies so gewesen. Ein Sturz auf den nach hinten gestreckten Arm könne sowohl zur Schädigung an der Supraspinatussehne als auch an der Subscapularissehne führen. Für einen Unfallzusammenhang spreche die sofortige Arbeitsniederlegung und die Feststellung einer sogenannten Pseudoparalyse. Nach einer unfallbedingten Ruptur der Rotatorenmanschette seien die Verletzten nicht mehr in der Lage, den Arm mehr als 30 oder 40 Grad anzuheben. Im Durchgangsarztbericht vom Unfalltage werde eine aktive Abduktion bis 30 Grad und eine Anteversion bis 40 Grad festgestellt. Auch die Berichte vom 3. und 6. Juli 2015 wiesen ein absolutes Funktionsdefizit auf. Die Pseudoparalyse des rechten Arms sei daher ein gewichtiger Aspekt, der für einen Unfallzusammenhang spreche. Im Durchgangsarztbericht werde kein Hämatom im Bereich der Schulter verzeichnet. Jedoch werde im Bericht vom 6. Juli 2015 der Klinik für Schulterchirurgie von einer leichten Schwellung und einem diskreten Erguss berichtet. Dies spreche ebenfalls für einen Unfallzusammenhang. Die Röntgenuntersuchung am Unfalltage zeige einen altersentsprechenden Normalbefund. Soweit bei einer frischen unfallbedingten Ruptur der Rotatorenmanschette ein Knochenmarksödem zu erwarten sei, sei diese Einschätzung medizinisch umstritten. Ein solches Ödem sei dem MRT-Befund vom 1. Juli 2015 nicht zu entnehmen. Der nach der Literatur geforderte blutige Gelenkerguss sei sowohl im MRT-Befund als auch im Operationsbericht beschrieben. Bei der Operation am 10. Juli 2015 habe sich ein Bluterguss entleert, was nur verständlich sei, wenn es unmittelbar nach dem Unfall zu einer erheblichen Einblutung gekommen sei. Gegen einen Unfallzusammenhang würden der langjährige Nikotinmissbrauch (15 bis 20 Zigaretten pro Tag) und die fehlenden Begleitverletzungen sprechen. In der MRT vom 1. Juli 2015 sei die Supraspinatussehne weit retrahiert im Sinne des Schweregrades Patte II. Dies spreche für eine vorbestehende Texturschädigung dieser Sehne. Laut OP-Bericht handele es sich aber um eine frische Ruptur. Die Sehnen der Rotatorenmanschette hätten gut rekonstruiert werden können. Dies spreche für eine frische unfallbedingte Ruptur. Bei Abwägung aller Umstände gehe er daher davon aus, dass der Sturz vom 27. Juni 2015 wesentlich teilursächlich für die umfängliche Schädigung der Rotatorenmanschette gewesen sei. Beim Kläger wäre es ohne den Sturz nicht etwa zur selben Zeit zu einer vergleichbaren Schädigung an der Rotatorenmanschette gekommen. Die MdE werde für den Zeitraum bis 31. Dezember 2016 auf 20 v. H. und ab dem 1. Januar 2017 auf 10 v. H. geschätzt.
Diesen Ausführungen ist die Beklagte entgegengetreten. S1 lasse unberücksichtigt, dass das Sozialgericht in seinem Urteil zu Recht darauf hingewiesen habe, dass das Verletzungsbild nicht mit dem nachträglich geändert geschilderten Hergang im Einklang stehe. Es sei offen, warum der Kläger mit einer vierstufigen Leiter über eine Tür an der höchsten Stelle auf das Dach gestiegen sein wolle, um dieses zu prüfen. Unklar sei auch, warum sich die Heizung auf dem Dach befunden haben solle. Es dränge sich die Frage auf, über welche außergewöhnlichen sportlichen Fähigkeiten der Kläger verfügt habe. Unklar sei auch, ob der Kläger vor dem Unfall nicht bereits wegen Schulterbeschwerden in Behandlung gewesen sei.
Daraufhin hat der Senat ergänzend Unterlagen von den früher den Kläger behandelnden Ärzten, eine Auskunft seiner privaten Krankenversicherung für die Zeit vor dem Unfallereignis und eine weitere Stellungnahme der Klinik für Schulterchirurgie eingeholt. Die Klinik für Schulterchirurgie hat mit Schreiben vom 10. August 2023 mitgeteilt, dass am 10. Juli 2015 keine intraoperativen Bilder angefertigt worden sind. Aus den beigezogenen Krankenunterlagen des Klägers ergibt sich, dass dieser am 14. April 2015 wegen Schmerzen im Genick mit der Diagnose Myogelosen im Schulter-Nackenbereich hausärztlich behandelt wurde. Ferner wurde ein Cervikalsyndrom diagnostiziert.
Anschließend hat der Senat eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen S1 vom 11. August 2024 eingeholt. Darin hält dieser an seinen Ausführungen im Sachverständigengutachten fest. Zutreffend sei, dass beim Kläger auch an der Gegenseite im Bereich der linken Schulter eine linsengroße Sehnenverkalkung ansatznah am Oberarmkopf zu finden sei. Diese könne ein Zeichen für erhebliche Texturstörungen sein. Auf diese Verkalkung der linken Schulter sei er nicht mehr weiter eingegangen, da er bezüglich der rechten Schulter von einer weiten Retraktion der Supraspinatussehne ausgegangen sei. Eine solche sei der wesentlich stärkere Hinweis auf eine vorliegende asymptomatische Texturstörung in den Sehnen der Rotatorenmanschette. Insbesondere aufgrund des Vorliegens von Texturstörungen im Bereich der rechten Rotatorenmanschette sei er nur von einer wesentlichen Teilursächlichkeit der Sehnenschäden ausgegangen. Ohne eine solche könne er sich nicht erklären, wie es unmittelbar nach dem Unfall zu einer Pseudoparalyse, einer Hämatombildung am Oberarm sowie einem sich intraoperativ entleerenden Hämatom gekommen sei und gleichzeitig die Rotatorenmanschette spannungsfrei habe rekonstruiert werden können. Die fehlenden Begleitverletzungen und die weite Retraktion aller Sehnen müssten mit den anderen Aspekten abgewogen werden. Hinsichtlich des Unfallhergangs sei er der vom Gericht vorgegebenen Schilderung gefolgt. Soweit die Beklagte einwende, dass sich weder am rechten Ellenbogen noch an der Hand Prellmarken oder äußere Verletzungszeichen gefunden hätten, sondern Schürfwunden am Unterarm, sei zu beachten, dass multiple oberflächliche Schürfwunden am rechten Unterarm und eine dreckige Risswunde festgestellt worden seien. Diese Verletzungen widersprächen nicht der Hergangsschilderung des Klägers. Es handele sich um ein dynamisches Geschehen. Nach dem ersten Abfangen des Sturzes auf die Hand bewege sich der Körper weiter nach hinten, was ein zusätzliches Abfangen mit dem Unterarm erkläre. Dies könne sowohl die Schürfwunden als auch die verschmutzte Risswunde nachvollziehbar machen. Aus den nunmehr vorliegenden ärztlichen Behandlungsberichten für die Zeit vor dem Unfallereignis ergäben sich keine Belege für eine bestehende Erkrankung im Schulterbereich. Die im April 2015 berichteten Verhärtungen im Bereich der Muskulatur von Schulter und Nacken nach einer vorausgegangenen Bronchitis seien hierfür kein ausreichender Hinweis.
Der Kläger wurde in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zum Unfallhergang ergänzend befragt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist zulässig und hat in der Sache im tenorierten Umfang Erfolg (§§ 143,151 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
Der Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2017 ist teilweise rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 54 SGG). Der Kläger hat Anspruch auf Feststellung weiterer gesundheitlicher Beeinträchtigungen im Bereich der rechten Schulter aufgrund des Ereignisses vom 27. Juni 2015 (dazu unter 1.) und auf Gewährung einer Verletztenrente nach § 56 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII - dazu unter 2.).
1. Richtige Klageart für die Feststellung weiterer Unfallfolgen ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG und § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG.
In der Unfallversicherung gilt:
Die als Gesundheitserstschaden, d.h. als unmittelbar durch das Unfallereignis verursacht, geltend gemachte Gesundheitsstörung muss im Vollbeweis, d.h. mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Diese liegt vor, wenn kein vernünftiger die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch noch zweifelt. Vermutungen, Annahmen, Hypothesen und sonstige Unterstellungen reichen daher ebenso wenig aus wie eine (möglicherweise hohe) Wahrscheinlichkeit. Hinreichende Wahrscheinlichkeit wird von der ständigen Rechtsprechung u.a. für die Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden (haftungsbegründende Kausalität) sowie dem Gesundheitserstschaden und der Unfallfolge im Sinne eines länger andauernden Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) für ausreichend erachtet (vgl. BSG, Urteil vom 20. März 2007 - B 2 U 27/06 R, nach juris). Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände diejenigen so stark überwiegen, die für den Ursachenzusammenhang sprechen, dass darauf eine richterliche Überzeugung gegründet werden kann (vgl. BSG, Urteile vom 31. Januar 2012 - B 2 U 2/11 R und 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R, nach Juris). Es gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung. Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheits(erst-)schaden bzw. dem Gesundheitserstschaden und der Unfallfolge voraus und in einem zweiten wertenden Schritt, dass das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben.
Die auf der 2. Prüfungsstufe der Kausalität zu prüfende Wesentlichkeit einer Bedingung ist eine reine Rechtsfrage (vgl. zur Theorie der wesentlichen Bedingung BSG, Urteil vom 30. März 2017 - B 2 U 6/15 R – nach Juris Rn. 23 ff. m. w. N. aus der Rechtsprechung und Literatur). Eine Rechtsvermutung dafür, dass die versicherte Einwirkung wegen ihrer objektiven Mitverursachung der Erkrankung auch rechtlich wesentlich war, besteht nicht. Welche Ursache im Einzelfall rechtlich wesentlich ist und welche nicht, muss nach der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs vom Rechtsanwender (Juristen) wertend entschieden werden und beantwortet sich nach dem Schutzzweck der jeweiligen Norm (grundlegend P. Becker, MED SACH 2007, 92; Spellbrink, MED SACH 2017, 51, 55). In die Bewertung fließt ein, ob die auf der ersten Stufe abschließend festgestellte faktische Mitverursachung des Gesundheitsschadens durch die versicherte Verrichtung/versicherte Einwirkung überhaupt ein versichertes Risiko der gesetzlichen Unfallversicherung verwirklicht hat. Ggf. hängt die Rechterheblichkeit davon ab, ob unversicherte Mitursachen und ihr Mitwirkungsanteil nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweiligen Versicherung in einer Gesamtabwägung dieser Umstände des Einzelfalls die Schadensverursachung derart prägen, dass dieser nicht mehr dem Schutzbereich der Versicherung, sondern dem allgemeinen Lebensrisiko unterfällt (BSG, Urteil vom 24. Juli 2012, B 2 U 9/11 R, nach Juris). Wesentlich ist dabei nicht gleichzusetzen mit „gleichwertig“ oder „annähernd gleichwertig“. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere Ursache keine überragende Bedeutung hat.
Im Ergebnis dieser Abwägung ist vorliegend in dem Unfallereignis auch die wesentliche Bedingung für die Ruptur der Rotatorenmanschette und die Läsion der langen Bizepssehne rechts zu sehen. Mit dem Sturz von der Leiter hat sich ein vom Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung umfasstes Risiko verwirklicht, welches die Entstehung der Unfallfolgen derart geprägt hat, dass anlagebedingte Veränderungen, sofern ihnen überhaupt ein Stellenwert zugeordnet werden kann, als unwesentlich erscheinen.
Bei dem Kläger liegen nach der Überzeugung des Senats - dies wird von den Beteiligten im Ergebnis auch nicht in Abrede gestellt - eine Ruptur der Rotatorenmanschette rechts sowie eine Luxation der langen Bizepssehne rechts vollbeweislich gesichert vor.
Zunächst stellt der Sturz des Klägers von der Leiter am 27. Juni 2015 ein für eine Schädigung der Rotatorenmanschette potentiell geeigneten Verletzungsmechanismus dar. Dies gilt unter Zugrundelegung der Ausführungen im wissenschaftlichen Standardwerk zur medizinischen Unfallbegutachtung (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 10. Auflage 2024 S. 433 ff). Danach sind hierfür potentiell geeignete Verletzungsmechanismen ein massives plötzliches Rückwärtsreißen oder Heranführen des Armes, wenn dieser zuvor fixiert war, ein Sturz aus der Höhe nach vorn und Festhalten mit der Hand oder Treppensturz und Festhalten mit der Hand am Geländer, so dass der Arm nach hinten gerissen wird, das ungeplante Auffangen eines schweren stürzenden Gegenstandes oder der Sturz auf den nach hinten ausgestreckten Arm mit Aufprall auf Hand oder Ellenbogen. In diesem Sinne grundsätzlich ungeeignete Hergänge sind demgegenüber die direkte Krafteinwirkung auf die Schulter durch Sturz, Prellung oder Schlag, der Sturz auf den nach vorn ausgestreckten Arm oder den angewinkelten Ellenbogen, eine fortgeleitete Krafteinwirkung bei seitlicher oder vorwärts geführter Armhaltung (Stauchung), aktive Tätigkeiten, die zu einer abrupten aber planmäßigen Muskelkontraktion führen und plötzliche Muskelanspannungen.
Nach dem Ergebnis der durchgeführten persönlichen Anhörung des Klägers im Termin vor dem Senat, seiner Einvernahme vor dem Sozialgericht Meiningen im Rahmen eines Erörterungstermins am 16. Oktober 2017 und seinen Angaben im Verwaltungsverfahren steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger am 27. Juni 2015 nach der Kontrolle des Dachs eines Teils seines Werkstattgebäudes beim Versuch, über eine Stehleiter wieder herabzusteigen, von der Leiter nach hinten weggefallen und auf den nach hinten ausgestreckten rechten Arm gestürzt ist. Grund hierfür war, dass die Leiter nach innen ins Gebäude reingefallen ist. Der Kläger ist dann mit der linken Hand am Türblatt runtergerutscht und hat sich dort die Risswunde zugezogen. Anschließend ist er auf den nach hinten ausgestreckten rechten Arm gestürzt und dann auf den übrigen rückwärtigen Körperteilen aufgeschlagen. Im Ergebnis der persönlichen Anhörung des Klägers und der Auswertung des gesamten Akteninhalts hat der Senat keinen Zweifel an dem geschilderten Unfallhergang. Der festgestellte Unfallhergang steht entgegen der Auffassung der Beklagten auch mit dem Akteninhalt und den früher abgegebenen Schilderungen des Klägers im Einklang. Insbesondere handelt es sich nicht um einen nachträglich konstruierten Hergang. Soweit die Beklagte beanstandet, dass der Kläger das Dach prüfen wollte, weil die Heizung nicht funktionierte, und dies bezweifelt, hat die Befragung des Klägers vor dem Senat ergeben, dass die Heizung einen Fehler anzeigte. Dies war auch im Sommer relevant wegen der Warmwasserversorgung. Der Kläger vermutete den Fehler auf dem Dach des Nebengebäudes im Bereich des Schornsteines bzw. dessen Lüftung und hat daher das Dach betreten. Soweit die Beklagte beanstandet, dass der Kläger eine ungewöhnliche und selbstgefährdende Aktion vorgenommen hat, hat dies keine Auswirkungen. Nach § 7 Abs. 2 SGB VII spielt Mitverschulden bereits vom rechtlichen Ausgangspunkt her keine Rolle. Der Senat vermag keine relevanten Unstimmigkeiten im Vortrag des Klägers festzustellen. Bezüglich seines Vortrags im Verwaltungsverfahren ist darauf hinzuweisen, dass bereits im Durchgangsarztbericht vom 13. Juli 2015, welcher die Vorstellung des Klägers in der Notaufnahme im Klinikum in S am Unfalltag selbst betrifft, als Angabe des Klägers zum Unfallhergang aufgeführt ist, dass der Kläger von der Leiter gestürzt und sich mit dem rechten Arm abgestützt hat. In seiner Unfallanzeige vom 1. Juli 2015 hat der Kläger nur ausgeführt, dass er beim Absteigen von der Leiter herabgefallen ist. Wie der rechte Arm bewegt wurde, ist dort nicht im Einzelnen beschrieben. Soweit der Kläger in einer Hergangsschilderung vom 15. Juli 2015 auf der Anlage 2 dort in der Skizze angekreuzt hat, dass er mit dem Arm auf die Seite mit ausgestrecktem Arm stürzte, begründet dies ebenfalls keinen erheblichen Widerspruch. Der Senat folgt insoweit auch nicht der Auffassung des Sozialgerichts in dem angegriffenen Urteil, wonach ein Sturz auf den nach hinten ausgestreckten rechten Arm mit den Erstbefunden nicht im Einklang steht. Nach den Erstbefunden lagen multiple Schürfwunden am rechten Unterarm vor. Die Entstehung dieser Schürfwunden kann nicht nur mit einem Sturz auf den seitlich ausgestreckten Arm in Einklang gebracht werden. Insoweit ist z. B. auf die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen S1 vom 11. August 2024 hinzuweisen, worin dieser darauf hinweist, dass es sich um dynamisches Geschehen handelte und nach einem ersten Abfangen des Sturzes durch die Hand der Körper sich weiter nach hinten bewegte und dies die Schürfwunden erklärt. Insoweit hat auch der Kläger in der Anhörung vor dem Sozialgericht Meiningen am 16. Oktober 2017 dargelegt, dass er zunächst auf den nach hinten ausgestreckten Arm und dann auf den übrigen rückwärtigen Körperteilen aufgeschlagen ist. Damit steht fest, dass das Vorbringen des Klägers in seinem Kern konsistent ist. Auch unter Berücksichtigung dessen, dass dieser Vorgang sich in Sekundenschnelle vollzogen hat, hält das Gericht die vom Kläger gemachten Angaben im Kern für glaubhaft.
Darüber hinaus ist festzustellen, dass entgegen den Ausführungen des Sozialgerichts im angegriffenen Urteil, der erstbehandelnde Durchgangsarzt die erforderliche Pseudoparalyse (Drop-Arm-Syndrom) befundet hat. Es entspricht unfallmedizinischer Erfahrung, dass nach einer abrupten Ruptur der Rotatorenmanschette die Verletzten nicht mehr in der Lage sind, den Arm um mehr als 30 oder 40 Grad anzuheben (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 10. Auflage 2024, S. 433 ff.). Insoweit führt S1 in seinem Sachverständigengutachten vom 21. Februar 2023 aus, dass sich dem Durchgangsarztbericht vom Unfalltag bezüglich der Funktionalität der rechten Schulter eine aktive Abduktion bis 30 Grad und eine Anteversion bis 40 Grad entnehmen lässt. Damit sind die Voraussetzungen für eine Pseudoparalyse erfüllt. Auch dem Befund der Vorstellung in der Klinik für Schulterchirurgie am 3. Juli 2015 lässt sich entnehmen, dass eine Abduktion nur bis höchstens 30 Grad und eine Außenrotation sogar nur bis 10 Grad möglich war. Dies hat auch der Sachverständige K in seinem Sachverständigengutachten vom 12. Dezember 2017 ausdrücklich bestätigt. Das Sozialgericht hat es insoweit bereits unterlassen, sich mit dessen Ausführungen in seinen Entscheidungsgründen zu diesem Punkt auseinanderzusetzen. Das Verhalten des Klägers nach dem Unfall entspricht ebenfalls der unfallmedizinischen Erfahrung. Er hat sofort die Arbeit niedergelegt und die Notaufnahme im Krankenhaus aufgesucht. Ferner weist der Sachverständige S1 zu Recht darauf hin, dass die im Fall des Klägers dokumentierte Symptomatik mit Hämatombildung am vorderen Bizeps an der Innenseite des Oberarms für einen Unfallzusammenhang spricht. Zwar lässt sich ein solcher Befund nicht dem Durchgangsarztbericht vom Unfalltag entnehmen, dieser findet sich jedoch in dem Bericht über die ambulante Untersuchung vom 3. Juli 2015 in der Klinik für Schulterchirurgie. Dort wird ausdrücklich von einer leichten Schwellung und einem diskreten Erguss berichtet. In diesem Zusammenhang spricht auch wesentlich für einen Unfallzusammenhang, dass sowohl im kernspintomografischen Untersuchungsbefund vom 1. Juli 2015 ein deutlicher Gelenkerguss beschrieben wird und im Operationsbericht vom 10. Juli 2015 ausdrücklich ausgeführt wird, dass sich im Rahmen der Operation an der Rupturstelle der Rotatorenmanschette ein Hämatom entleerte. Dies wertet der Sachverständige S1 zu Recht als Zeichen für einen Unfallzusammenhang. Darüber hinaus führt der Sachverständige S1 in seinem Gutachten vom 21. Februar 2023 zu Recht aus, dass die laut Operationsbericht mögliche spannungsfreie Rekonstruierbarkeit der Rotatorenmanschette ebenfalls für einen Unfallzusammenhang spricht. Dies entspricht der unfallmedizinischen Literatur (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 10. Auflage 2024, S. 433 ff.). Soweit S1 in seinem Gutachten das Fehlen eines Knochenmarksödems anhand des MRT-Befundes vom 1. Juli 2015 und die fehlenden Begleitverletzungen als Aspekte anführt, die gegen einen Unfallzusammenhang sprechen, sind dies für den Senat keine Gesichtspunkte, die erhebliche, durchgreifende Zweifel am Unfallzusammenhang wecken. Nach der unfallmedizinischen Literatur sind in der Regel bei traumatischen Rotatorenmanschettenschäden Begleitschädigungen an den Kapselbandstrukturen und an der Deltamuskulatur zu erwarten. Solche sind im Falle des Klägers nicht gesichert. Stärker ins Gewicht fällt jedoch, dass das Verletzungsbild des Klägers typisch für einen Sturz auf den nach hinten ausgestreckten Arm ist. Nach den unfallmedizinischen Erfahrungswerten (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 10. Auflage 2024, S. 435) führt der Sturz auf den nach hinten ausgestreckten Arm vorwiegend zu einer Schädigung der vorderen und oberen Anteile der Rotatorenmanschette, der Subscapularissehne und der Supraspinatussehne. Auch eine Luxation der langen Bizepssehne an der Knochenrinne kann zusätzlich erscheinen. Das beim Kläger vorliegende Verletzungsbild entspricht diesen Vorgaben. Auch die verlangte Einblutung liegt in Form eines Gelenkergusses an der Schulter vor. Damit ist insbesondere Ausführungen im Rahmen dieses Verfahrens der Boden entzogen, wonach eine Verletzung mehrerer Sehnen der Rotatorenmanschette gegen einen Unfallzusammenhang spricht, weil die Zugrichtung der Sehnen unterschiedlich ist. Das beim Kläger festgestellte Verletzungsbild entspricht gerade demjenigen, was zu erwarten ist, bei einem Sturz auf den nach hinten ausgestreckten Arm.
Bezüglich der radiologischen Befunde folgt der Senat den Feststellungen von S1 in seinem Gutachten vom 21. Februar 2023. Die radiologischen Sachverständigen H und N1 sind insoweit insbesondere bezüglich des Vorliegens einer Atrophie des Muskelbauches zu unterschiedlichen Einschätzungen gelangt. S1 verweist insoweit auf die besondere Wertigkeit der klinischen Untersuchungsbefunde und des intraoperativen Befundes. Nachvollziehbar legt er insoweit dar, dass aus den zeitnah erhobenen Befunden durch das Unfallereignis es zu substantiellen Schädigungen gekommen ist und diese Befunde nicht durch das Abreißen letzter noch intakter Sehnenfasern erklärt werden können. Zwar bestanden zum Zeitpunkt des Unfallereignisses bereits degenerative Veränderungen im Bereich der rechten Rotatorenmanschette in Form einer weiten Retraktion. S1 geht insoweit davon aus, dass aufgrund der weiten Retraktion der rupturierten Sehnen von asymptomatischen Texturstörungen in den Sehnen der Rotatorenmanschette vor dem Unfallereignis auszugehen ist. Insoweit führen die Sachverständigen K und S1 übereinstimmend aus, dass dies kein Befund ist, der im zeitlichen Fenster zwischen unfallbedingt einwirkender Gewalt und Bildgebung hat entstehen können. Diese Veränderungen sind zwar nach Auffassung des Senats mitursächlich für die eingetretene Ruptur, jedoch ist diesen keine überragende Bedeutung zuzumessen. Bei den gegebenen Umständen ist das Unfallereignis nicht als bloße Gelegenheitsursache zu bewerten. Selbst wenn man insoweit davon ausgeht, dass diese bestehenden Texturstörungen die Rissbereitschaft der Sehnen erhöht haben, führt die Tatsache der Vorschädigung auf der zweiten Stufe der Kausalitätsprüfung jedoch nicht dazu, die Wesentlichkeit des Unfallereignisses zu verneinen. Kriterien zur Beurteilung der Wesentlichkeit einer Ursache bei medizinischen Sachverhalten sind die versicherte Ursache als solche hinsichtlich Art und Stärke, einschließlich des zeitlichen Ablaufs, die konkurrierende(n) Ursache(n) hinsichtlich Art und Stärke, Krankheitsbild und Krankengeschichte, also die weitere Entwicklung und mögliche Vorgeschichte. Der Vorschädigung kommt hier gegenüber dem Unfallereignis keine überragende Bedeutung zu, weil sich beim Kläger eine altersvorauseilende Schädigung der rupturierten Sehnen im Zeitpunkt des Unfallereignisses nicht mit Sicherheit feststellen lässt. Entsprechend lässt sich auch eine Rissbereitschaft der Sehnen in einem Ausmaß, das auf jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit den Gesundheitsschaden ausgelöst hätte, nicht belegen. Den Ausführungen insbesondere des Sachverständigen S1 ist zu entnehmen, dass die vorliegenden Befunde im Fall des Klägers keinen Nachweis für schwerwiegende bzw. altersvorauseilende Texturstörungen beinhalten. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass nach übereinstimmender Auffassung der Sachverständigen S1, K und auch der radiologischen Sachverständigen beim Kläger ein Humeruskopfhochstand nicht vorlag. Dieser wäre nach der unfallmedizinischen Literatur auf jeden Fall ein Anzeichen für erhebliche degenerative Veränderungen. Dabei berücksichtigt der Senat bei allen unterschiedlichen Bewertungen der radiologischen Befunde durch die Sachverständigen H und N1, dass sich aus dem Operationsbericht keine Hinweise für erhebliche degenerative Vorschädigungen der Sehnen im Bereich der rechten Rotatorenmanschette ergeben. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass sich aus den vom Senat beigezogenen Berichten der den Kläger behandelnden Hausärzte vor dem Unfallereignis nichts dafür ergibt, dass an der rechten Schulter schon vorher Behandlungsbedarf bestanden hat. Die objektive Beweis- und Feststellungslast für das Vorliegen einer konkurrierenden Ursache, die die versicherte Ursache verdrängt, trägt dabei die Beklagte, weil es für diese günstig ist, wenn die nicht versicherte Ursache gegenüber der versicherten Ursache von überragender Bedeutung ist und deshalb kein Arbeitsunfall vorliegt (BSG, Urt. v. 30. Januar 2007 - B 2 U 23/05 R, nach Juris Rn. 26). Dies gilt auch für das Ausmaß einer konkurrierenden Ursache als Voraussetzung für die Beurteilung einer überragenden Bedeutung (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 23. April 2015 - L 10 U 5600/13, nach Juris Rn. 31, 36 m.w.N).
In der Gesamtschau ist daher festzustellen, dass die Ruptur der rechten Rotatorenmanschette und die Läsion der langen Bizepssehne rechts mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis vom 27. Juni 2015 zurückzuführen sind.
2. Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben Anspruch auf Verletztenrente (§ 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).
In Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich, dass der Kläger für den Zeitraum vom 15. Dezember 2015 (Wiedereintritt seiner Arbeitsfähigkeit) bis zum 31. Dezember 2016 einen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. hat. Vor dem 15. Dezember 2015 erhielt der Kläger Verletztengeld, sodass eine frühere Verletztenrentengewährung bereits kraft Gesetzes nicht in Betracht kommt (§ 72 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII). Danach werden Renten an Versicherte von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folgt, an dem der Anspruch auf Verletztengeld endet.
Der Senat folgt insoweit der überzeugend begründeten Einschätzung des Sachverständigen S1 in seinem Gutachten vom 21. Februar 2023. Nach den Erfahrungswerten rechtfertigt eine Bewegungseinschränkung an der Schulter in Vorwärts- und in Seitwärtsrichtung bis 90 Grad bei freier Rotation eine MdE von 20 v. H. Ein solcher Zustand ist beim Kläger zum Zeitpunkt der Begutachtung bei U am 20. Oktober 2016 mit einer Bewegungsminderung in Vorwärts- und Seitwärtsrichtung von je 70 Grad festgestellt. K hat am Untersuchungstag 12. Dezember 2017 eine Vorwärts- und Seitwärtshebung auf 140 Grad berichtet. Dies erfüllt nicht mehr die Anforderungen für eine rentenberechtigende MdE. Insoweit hat S1 in seinem Gutachten nachvollziehbar dargelegt, dass nach ärztlicher Erfahrung spätestens mit Ablauf des Jahres 2016 die Beweglichkeit sich derart verbesserte, dass eine rentenberechtigende MdE nicht mehr zu rechtfertigen ist. Jedenfalls liegen keine Feststellungen vor, die über den 31. Dezember 2016 hinaus eine Bewegungseinschränkung an der Schulter in Vorwärts- und in Seitwärtsrichtung bis 90 Grad bei freier Rotation belegen. Auch bei der Untersuchung bei W am 18. Mai 2018 und bei S1 am 7. Februar 2023 wurden keine rentenberechtigenden Bewegungsausmaße ermittelt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).