Eine Mamillenpigmentierung ist nicht notwendiger Bestandteil einer Brustwarzenrekonstruktion.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 17.03.2022 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 08.02.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.06.2021 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
Streitig ist die Erstattung der Kosten für eine Mamillenpigmentierung.
Die 1969 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. 1999 wurde bei ihr erstmals Brustkrebs diagnostiziert und operiert, 2017 ein Rezidiv, jeweils an der linken Brust. Beide Male erfolgte eine brusterhaltende Therapie mit anschließender Bestrahlung. Die 2019 beantragte Kostenübernahme für eine Restmastektomie und Wiederaufbau mittels Lappenplastik wurde zunächst abgelehnt, da die Asymmetrie durch einen BH ausgeglichen werden könne. Im Widerspruchsverfahren erfolgte am 13.07.2020 eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Bayern mit dem Ergebnis, dass das Ansinnen unter Berücksichtigung der infolge der Operation und Bestrahlungen diffizilen Anatomie der linken Brust nachvollzogen werden könne. Eine lebenslange dermatologische Beeinträchtigung, auch bei dauerhafter dermatologischer Behandlung, sei nachvollziehbar. Mit Bescheid vom 17.07.2020 bewilligte daraufhin die Beklagte die Kostenübernahme für eine angleichende Mammareduktionsplastik (Restmastektomie und Brustaufbau) der linken Brust. Der Eingriff erfolgte am 22.10.2020.
Anschließend beantragte die Klägerin unter Vorlage eines ärztlichen Attestes des behandelnden Chirurgen Prof. Dr. H vom 12.11.2020 eine angleichende Mammareduktionsplastik rechts bei auch in bekleidetem Zustand sichtbarer Asymmetrie. Im Zuge dieser Operation könne auf der linken Seite die Brustwarzenrekonstruktion im Sinne einer lokalen Lappenplastik als Star-Flap-Technik erfolgen. Die Kostenübernahme für die angleichende Mammareduktionsplastik rechts erfolgte mit Bescheid vom 20.11.2020, der Eingriff (angleichende Mammareduktionsplastik rechts, Nippelrekonstruktion links) am 20.01.2021.
Am 03.02.2021 leitete die Klägerin der Beklagten ein ärztliches Attest von Dr. R vom selben Tag weiter, mit der Bitte, die Kosten für eine Pigmentierung entsprechend der Ziffer 2419 der Gebührenordnung der Ärzte (GOÄ) in Höhe von 475,65 € je Sitzung (erforderlich mindestens zwei Sitzungen) zu übernehmen. Die Beklagte lehnte die Übernahme mit Bescheid vom 08.02.2021 ab, da es sich bei der Mamillenpigmentierung nicht um eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung handle. Es handle es sich um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, für die der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) keine Empfehlung abgegeben habe. Die Klägerin legte gegen die ablehnende Entscheidung Widerspruch ein. Sie verwies auf das Attest von Prof. Dr. H, wonach bei der Operation (Mammareduktionsplastik im DiepLap-Verfahren) die Brustwarze nicht habe erhalten werden können, weswegen diese habe neu aufgebaut werden müssen. Hierbei gehöre die Pigmentierung zur Finalisierung.
Die Beklagte vertrat die Auffassung, dass nur die Wiederherstellung der Brustwarze und des Brustwarzenhofes Bestandteil einer Rekonstruktionsoperation sei. Hierfür lägen entsprechende Abrechnungsziffern vor, nicht aber für die gewählte Therapieform. Auch eine medizinische Tätowierung sei keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Mit Widerspruchsbescheid vom 02.06.2021 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Eine alleinige Mamillenpigmentierung sei kein Bestandteil der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung.
Mit ihrer Klage zum Sozialgericht München hat die Klägerin vorgetragen, dass sich nach der Rekonstruktion der linken Brust in zwei Operationen die Farbgebung der linken rekonstruierten Mamille deutlich von der rechten gesunden Brustwarze abgehoben habe. Dies habe ihr Selbstwertgefühl erheblich gestört und sie habe sich dadurch minderwertig und als Mensch zweiter Klasse empfunden. Die Rekonstruktion der Brust beinhalte auch die Anpassung der Mamillenpigmentierung. Dass dies nachträglich zum operativen Haupteingriff erfolgt sei, stehe dem nicht entgegen. Beides müsse nicht zwingend notwendig unmittelbar nacheinander gemacht werden. Bereits der Antrag auf eine visuelle Angleichung der Brüste aus dem Jahr 2020 habe nicht anders verstanden werden können, als dass die Mamillen zumindest optisch nachgebildet werden. Die Entscheidung der Beklagten vom 08.02.2021 sei inhaltlich so dürftig gewesen, dass sie nicht nachvollziehbar gewesen sei und nicht als abschließend habe angesehen werden können. Die Beklagte habe sich insbesondere nicht ausreichend damit auseinandergesetzt, weshalb die Leistung nicht zum Katalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehören solle. Die Klägerin hat außerdem die Abrechnung (nach GOÄ) vom 20.05.2021 vorgelegt, wonach die streitgegenständliche Behandlung in zwei Terminen am 22.04.2021 und am 20.05.2021 ambulant durchgeführt worden ist und Kosten in Höhe von 1.208,38 € entstanden sind.
Das Gericht hat in mehreren Hinweisen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung geäußert. Insbesondere stehe für den streitigen Eingriff, sofern er stationär durchgeführt werde, mit der OPS 5-882.5 eine Abrechnungsmöglichkeit zur Verfügung. Insoweit sei ein Systemversagen zu diskutieren. Die medizinisch nicht nachvollziehbare Differenzierung widerspreche auch dem Grundsatz ambulant vor stationär.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass kein Systemversagen vorliege, da mit der operativen Brustwarzenrekonstruktion eine anerkannte Leistung zur Verfügung gestanden habe. Da eine Brustwarzenrekonstruktion auch ambulant erbracht werden könne, führe auch der Grundsatz ambulant vor stationär nicht zu einem Systemversagen. Schließlich müsse bei der vorliegend durchgeführten Pigmentierung mit einer Nachbearbeitung gerechnet werden, da sie nach ca. fünf Jahren aufgefrischt werden müsse. Mit Urteil vom 21.11.2017 (Az.: S 6 KR 3899/16) habe das Sozialgericht Karlsruhe entschieden, dass eine unterschiedlich gefärbte Mamille keine entstellende Wirkung habe.
Mit Urteil vom 17.03.2022 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 08.02.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.06.2021 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.208,38 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) aufgrund Systemversagens, da die Beklagte die Leistung zu Unrecht abgelehnt habe. Die Klägerin habe vorliegend den Beschaffungsweg eingehalten, da der Antrag mit Bescheid vom 08.02.2021 abgelehnt, die Behandlung selbst aber erst am 22.04.2021 begonnen worden sei. An die Stelle des Anspruchs auf eine Sach- oder Dienstleistung trete in diesem Fall der Kostenerstattungsanspruch, der bestehe, soweit die selbst beschaffte Leistung ihrer Art nach zu den Leistungen gehöre, die von den gesetzlichen Krankenkassen als Sachleistung zu erbringen seien. Die von der Klägerin selbstbeschaffte Leistung zähle wegen Systemversagens (vgl. BSG, Urteil vom 07.05.2013 - B 1 KR 44/12 R -, juris Rn. 17 ff. m.w.N., stRspr) dazu, so dass es auf die fehlende positive Empfehlung des G-BA nicht ankomme. Denn es gebe im Bereich der Krankenhausbehandlung mit dem OPS 5-882.6 (Plastische Rekonstruktion durch Tätowierung) eine abrechenbare Leistung, die der hier durchgeführten Leistung Ziffer 2419a GOÄ (interdermale Pigmentierung der Brustwarze) im Hinblick auf den gewünschten Erfolg - optische Angleichung der beiden Brustwarzen - entspreche, nicht aber ambulant, da ambulantes Operieren im Krankenhaus nur im Rahmen von § 115b SGB V möglich und die Mamillentätowierung nicht im AOP-Katalog aufgeführt sei. Lediglich der OPS 5-882.5 (Operationen an der Brustwarze: Plastische Rekonstruktion durch Hauttransplantation) sei dort gelistet. Es müsse der medizinischen Einschätzung der Ärzte überlassen bleiben, welche konkrete Leistung zur optischen Angleichung mit der geringsten gesundheitlichen Belastung für die Klägerin durchzuführen sei. Dabei könne dahinstehen, ob es medizinische Gründe für die spätere Einfärbung gegeben habe, da auch eine mögliche, aber nicht erfolgte Durchführung während der plastischen Operation der Beklagten als Sachleistungserbringerin zuzurechnen wäre. Auf eine Entstellungswirkung komme es nicht an, da es sich nicht um eine bloße Schönheitsoperation gehandelt habe. Die farbliche Angleichung der beiden Brustwarzen gehöre zum Gesamtkomplex der lege artis vorgenommenen Brustrekonstruktion, die die Beklagte der Klägerin im Rahmen des Sachleistungsanspruchs der Klägerin geschuldet habe und die der Klägerin mit Bescheid vom 17.07.2020 zugesagt worden sei. Der Brustaufbau sei erst mit einer optischen Angleichung der beiden Mamillen abgeschlossen. Die Nichtaufnahme der Mamillenpigmentierung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab stelle mithin ein Systemversagen dar. Entsprechend werde der Eingriff von vielen Krankenkassen auch genehmigt. Der Gesetzgeber habe den Fall des im medizinischen Einzelfall notwendigen zweischrittigen Behandlungsvorgangs (operativer Brustaufbau mit nachfolgender ambulanter Pigmentierung), der auch ein anerkanntes medizinisches Verfahren zur Rekonstruktion des Brustwarzenvorhofes darstelle, mithin schlicht übersehen. Medizinische Gründe für das Leistungsangebot im stationär-operativen Bereich, nicht aber im ambulanten Bereich, seien nicht ersichtlich und von der Beklagten auch nicht vorgebracht worden. Auch die Sozialgerichtsbarkeit habe die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit einer ärztlich ambulant durchgeführten Mamillenpigmentierung vorausgesetzt und nicht weiter angezweifelt (vgl. Bayer. Landessozialgericht, Urteil vom 27.02.2020 - L 20 KR 306/19 - Rn. 68, juris). Die Verzinsung folge aus §§ 291, 288 BGB in entsprechender Anwendung.
Am 27.04.2022 hat die Beklagte Berufung gegen das Urteil eingelegt. Ein Systemversagen liege nur dann vor, wenn die fehlende Anerkennung darauf zurückzuführen sei, dass die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben sei, wenn es der Krankenkasse also nicht möglich sei, im Rahmen des Sachleistungssystems eine ausreichende, zweckmäßige, notwendige und dem anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechende Behandlung zu erbringen, nicht aber schon dann, wenn eine Krankenkasse eine bestimmte Behandlungsmethode nicht erbringen könne oder wolle. Vorliegend sei ein Ausweichen auf außervertragliche Leistungen nicht notwendig gewesen, weil mit der operativen Brustwarzenkonstruktion eine anerkannte Leistung zur Verfügung gestanden habe. Dass es sich bei der Mamillenpigmentierung um eine weniger belastende Maßnahme gehandelt habe, sei zweifelhaft, da anders als bei einer bis in die Unterhaut vorgenommenen Tätowierung mit Nachbearbeitungen gerechnet werden müsse, in der Regel nach fünf Jahren. Geschuldet sei lediglich eine Rekonstruktion der Brustwarze im Sinne einer optischen Angleichung, wobei das BSG mit Urteil vom 08.03.2016 (Az.: B 1 KR 35/15 R) festgestellt habe, dass selbst dem vollständigen Fehlen einer angelegten Brust kein Krankheitswert zukomme. Die vorliegende Konstellation sei auch nicht mit der Erstattungsfähigkeit einer Mamillenpigmentierung nach Eintritt der Genehmigungsfiktion zu vergleichen. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die Pigmentierung als "zweiten Behandlungsschritt" übersehen habe.
Im Erörterungstermin am 15.09.2022 hat die Klägerin erklärt, dass nach der Brustwarzenrekonstruktion das Gewebe erst habe abschwellen müssen, bevor die Pigmentierung möglich gewesen sei. Ob die Pigmentierung bereits bei der Rekonstruktion hätte erfolgen können, sei ihr nicht bekannt.
Im Nachgang ist von der Beklagten noch zum Ablauf Stellung genommen worden. Danach sei mit Attest des S MVZ vom 12.11.2020 eine angleichende Mammareduktionsplastik rechts empfohlen und mit Bescheid vom 12.11.2020 bewilligt worden. Nur mit einem Nebensatz sei im Attest vom 12.11.2020 erwähnt worden, dass im Zuge der Operation auf der linken Seite die Brustwarzenrekonstruktion im Sinne einer lokalen Lappenplastik als Star-Flap-Technik erfolgen könne. Entsprechend habe die Beklagte hierin auch keinen Antrag gesehen und hinsichtlich der Brustwarzenrekonstruktion auch nicht verbeschieden. Im Rahmen der stationären Behandlung in der A Klinik vom 20.01.2021 bis 22.01.2021 seien dann sowohl die Mammareduktionsplastik rechts mit gestieltem Brustwarzenimplantat als auch die plastische Rekonstruktion der linken Brust durchgeführt und mit folgenden OPS-Schlüsseln abgerechnet worden:
- 5-882.5: Operation an der Brustwarze: Plastische Rekonstruktion durch Hauttransplantation links
- 5-884.2: Mammareduktionsplastik: Mit gestieltem Brustwarzenimplantat links.
Die plastische Rekonstruktion der Brustwarze durch Tätowierung (OPS-Schlüssel 5-882.6) als Bestandteil der Brustrekonstruktionsbehandlung wäre dem Grunde nach möglich gewesen, sei aber nicht vorgenommen worden.
Die Frauenklinik M hat auf Anforderung Unterlagen über die Operation vom 19.11.2019 vorgelegt, Prof. Dr. H Berichte über den stationären Aufenthalt vom 21.10.2020 bis 26.10.2020, den Operationsbericht vom 20.01.2021 sowie den Entlassungsbericht vom 22.01.2021. Die Klägerin wurde danach vor den streitigen Eingriffen mit gesondertem Schreiben darauf hingewiesen, dass es sich nicht um eine Regelleistung der Krankenkasse handle, weswegen die Kostenübernahme vorher beantragt werden müsse. Bei fehlender Kostenübernahme seien die Kosten von ihr selbst zu tragen. Zur Frage (Nr. 9), welche Gründe der Durchführung und Abrechnung der Mamillenpigmentierung im Rahmen des OPS 5-882.6 entgegengestanden hätten, ist seitens Prof. Dr. H die Angabe "nur Pigmentierung ambulant" erfolgt.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 17.03.2022 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 17.03.2022 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 08.02.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.06.2021 abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung, die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und auch in der Sache begründet.
Die Klage ist nach Durchführung der streitigen Behandlung als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig (§ 54 Abs. 4 SGG), aber unbegründet. Gegenstand des Verwaltungs- und des Klageverfahrens und vom Senat inhaltlich zu überprüfen sind ausschließlich die Kosten für die beiden am 22.04.2021 und 20.05.2021 ambulant durchgeführten Mamillenpigmentierungen gemäß privatärztlicher Rechnung vom 20.05.2021. Auf deren Übernahme hat die Klägerin keinen Anspruch.
1.
Ein Anspruch der Klägerin auf Kostenerstattung folgt vorliegend nicht aus § 13 Abs. 3a SGB V (Genehmigungsfiktion). Denn die Beklagte hat über den Antrag vom 03.02.2021 innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang mit Bescheid vom 08.02.2021 entschieden. Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus den Kostenübernahmebescheiden vom 17.07.2020 und 20.11.2020, mit denen die Beklagte der Klägerin Kosten für eine Restmastektomie und den Brustaufbau sowie eine angleichende Mammareduktionsplastik rechts zugesagt hat. Auch unter Zugrundelegung des mit Attest vom 12.11.2020 gestellten Antrags ergibt sich keine andere Auslegung. Denn sowohl der Antrag als auch das ärztliche Attest bezogen sich ausschließlich auf eine Mammareduktionsplastik rechts mit dem weiteren Vorschlag einer Brustwarzenkonstruktion links "im Sinne einer lokalen Lappenplastik als Star-Flap-Technik", nicht aber auf eine anschließende Pigmentierung. Es kann also dahingestellt bleiben, ob der allgemein gehaltene Bescheid vom 20.11.2020 dahingehend auszulegen ist, dass er sich auch auf die Brustwarzenkonstruktion links bezog. Denn in jedem Fall war die streitige Pigmentierung weder vom Antrag noch von der Bewilligungsentscheidung erfasst. Der Umfang der Bewilligung und der daraus resultierende Anspruch können nicht weiter gehen als die konkret beantragte Behandlung (vgl. zu diesem Maßstab etwa BSG, Urteil vom 16.08.2021 - B 1 KR 8/21 R -, SozR 4-2500 § 28 Nr. 10).
Dass im Zuge des Brustaufbaus, der letztlich aus medizinischen Gründen erforderlich war, de lege artis, also nach dem Stand der medizinischen Erkenntnis neben der chirurgischen Brustwarzenrekonstruktion abschließend noch eine Finalisierung im Sinne einer optischen Angleichung durch die Pigmentierung der rekonstruierten Brustwarze erforderlich und damit geschuldet war, vermag der Senat nicht zu erkennen. Dies ergibt sich auch nicht aus der Möglichkeit, einen vergleichbaren Eingriff unter bestimmten Umständen stationär abrechnen zu können.
In formaler Hinsicht ergibt sich dies aus dem Fehlen einer Empfehlung des G-BA. Auch die interdisziplinäre S3-Leitlinie für die Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms (Langversion 4.4 - Juni 2021, insofern identisch mit der Vorgängerversion) führt unter 4.4.4. (Plastische rekonstruktive Eingriffe) lediglich aus: "Eine Angleichung der Operation der gegenseitigen Brust kann erforderlich werden, um ein symmetrisches Bild zu erreichen. Die Wiederherstellung der Brustwarze erfolgt durch Rekonstruktion des Mamillen-Areola-Komplexes und/oder durch Tätowierung." Auch andere Empfehlungen sind nicht eindeutig. Der Bundesverband Frauenselbsthilfe nach Krebs e.V. führt in seiner Informationsbroschüre "Brustamputation - wie geht es weiter?" aus (Seite 24): "Um die neue Brustwarze entsprechend der Gegenseite zu gestalten, ist häufig eine Mikropigmentierung nach vollständiger Einheilung des Warzenhofs erforderlich. Dabei werden mittels eines feinen Nadelmodulsystems Farbpigmente in die Haut eingebracht, die sich dortbleibend verkapseln. Die Farbgebung ist langanhaltend und gesundheitlich unbedenklich." Die Deutsche Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie führt in ihrer Broschüre "Brustrekonstruktion" (Stand 01.06.2024) auf Seite 24 aus: "Um ein möglichst natürliches Brustbild zu erreichen, kann die wiederhergestellte Brust in einer Folgeoperation durch eine rekonstruierte Brustwarze sowie einen rekonstruierten Warzenvorhof ergänzt werden. Hierfür gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, die der plastische Chirurg mit Ihnen erörtern wird. Grundsätzlich gibt es den Aufbau der Brustwarze durch Gewebeverschiebung vor Ort, den Aufbau der Brustwarze mit Verwendung von Brustwarzengewebe der Gegenseite, den Aufbau des Warzenvorhofs mit Haut aus der Leiste sowie der Aufbau des Warzenvorhofs durch Tätowierung. Diese Operation sollte erst einige Monate nach der Brustrekonstruktion stattfinden, da es noch zu deutlichen Formveränderungen nach der Rekonstruktion kommen kann." Aus keiner dieser Veröffentlichungen ergibt sich eine medizinische Indikation oder eine Aussage dahingehend, dass eine Brustrekonstruktion erst mit einer Wiederherstellung und Pigmentierung der Brustwarze abgeschlossen wäre. Nichts anderes gilt für die vom Sozialgericht zitierten Seiten. Das Mammazentrum H führt aus, dass nach einem Wiederaufbau der entfernten Brust von vielen Patientinnen eine Wiederherstellung des Warzenhofes und der Brustwarze (Mamillenrekonstruktion) gewünscht wird, was durch eine Operation und/oder eine Permanent-Pigmentierung durchgeführt werden könne, wobei mit einem Kostenvoranschlag die Kosten von den meisten Krankenkassen übernommen würden, da die Pigmentierung eine Komplettierung der operativen Rekonstruktion darstelle und somit medizinisch indiziert sei. Das Klinikum B bezeichnet die Neubildung der Brustwarze als "I-Tüpfelchen" der Brustrekonstruktion, wobei im Einzelnen verschiedene Möglichkeiten zur Bildung der Brustwarze aufgezeigt werden, nämlich entweder den Aufbau der Brustwarze durch Gewebeverschiebung vor Ort, den Aufbau der Brustwarze mit Verwendung von Brustwarzengewebe der Gegenseite, den Aufbau des Warzenvorhofes mit Haut aus der Leiste oder den Aufbau des Warzenvorhofes durch Tätowierung, also im Sinne einer Alternative zum geweblichen Aufbau. Auch danach handelt es sich also lediglich um eine Option, die von einem Teil der Frauen gewünscht wird, aber nicht um einem notwendigen Teil der Brust- bzw. Brustwarzenrekonstruktion.
2.
Ein Anspruch nach der 1. Alternative des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V scheidet mangels Vorliegens einer Unaufschiebbarkeit der Leistung aus. Eine Leistung ist unaufschiebbar im Sinne dieser Regelung, wenn sie im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich war, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs mehr bestand (Helbig in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 13 SGB V (Stand: 13.09.2024), Rn. 59). Dafür liegen vorliegend keine Anhaltspunkte vor.
3.
Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch kommt deshalb nur § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V in Betracht. Danach hat die Krankenkasse die Kosten für eine zu Unrecht abgelehnte und vom Versicherten selbstbeschaffte Leistung zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Anspruch reicht allerdings nicht weiter als der ursprünglich geltend gemachte Sachleistungsanspruch. Geht es wie vorliegend um Kostenerstattung für eine abgeschlossen in der Vergangenheit liegende Behandlung, ist die Sach- und Rechtslage zu diesem Zeitpunkt maßgeblich (Helbig in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 13 SGB V (Stand: 19.03.2024), Rn. 195; BSG, Urteil vom 08.03.1995 - 1 RK 8/94 - SozR 3-2500 § 31 Nr. 3).
Die Beklagte hat den Antrag allerdings zu Recht abgelehnt (§ 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V). Die Klägerin hatte im Zeitpunkt der Selbstbeschaffung keinen Anspruch auf die Brustwarzenpigmentierung als Naturalleistung (vgl. hierzu zuletzt BSG, Urteil vom 25.03.2021 - B 1 KR 25/20 R -, BSGE 132, 67-77, SozR 4-2500 § 137c Nr. 15).
Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die jeweilige Behandlungsmethode muss von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein, d.h. die Krankenkassen sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Behandlungsmethode nach eigener Einschätzung der Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben (vgl. BSG, Urteile vom 16.12.2008 - B 1 KR 11/08 R -, und vom 07.05.2013 - B 1 KR 44/12 R -). Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen Versorgung nur zu Lasten der GKV erbracht werden, wenn der G-BA eine positive Empfehlung abgegeben hat. Liegt eine solche Empfehlung nicht vor, kommt eine Leistungserbringung und damit auch eine Abrechnungsfähigkeit in der vertragsärztlichen Versorgung regelmäßig nicht in Betracht (Ihle in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 135 SGB V (Stand: 15.06.2020), Rn. 20). Dies dient auch dazu, den Versicherten und die Versichertengemeinschaft vor riskanten oder in ihrer Effektivität zweifelhaften medizinischen Maßnahmen zu schützen.
Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch Versicherter unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Die Krankenkassen sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn eine begehrte Therapie nach eigener Einschätzung der Klägerin oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der GKV umfasst sein. Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden grundsätzlich nur dann der Fall, wenn zunächst der G-BA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat und der Bewertungsausschuss sie zudem zum Gegenstand des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM) gemacht hat. Durch die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 135 Abs. 1 SGB V wird nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw.) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien, die als untergesetzliche Rechtsnormen anerkannt sind, auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (BSG, Urteil vom 07.05.2013 - B 1 KR 44/12 R -, BSGE 113, 241-250, stRspr).
Bei erforderlicher, aber fehlender Empfehlung besteht demgemäß kein Primäranspruch und damit kein Erstattungsanspruch (Helbig in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 13 SGB V (Stand: 12.11.2024), Rn. 54). Ein Kostenerstattungsanspruch kommt dann nur in Betracht, wenn die fehlende Anerkennung der neuen Methode auf einem Mangel des gesetzlichen Leistungssystems beruht.
Eine positive Empfehlung des G-BA ist vorliegend nicht gegeben, was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist. Lediglich im Rahmen stationärer Behandlung gibt es eine Abrechnungsmöglichkeit für eine plastische Rekonstruktion durch Tätowierung (OPS-Schlüssel 5-882.6), die aber auf die vorliegend ambulant durchgeführte Mamillenpigmentierung keine Anwendung findet. Entsprechend handelt es sich um eine "neue" Behandlungsmethode. Ein Systemversagen liegt nicht vor.
Eine Leistungspflicht der GKV wegen Systemversagens setzt voraus, dass die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem G-BA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht oder nicht ordnungsgemäß betrieben wird und dies auf eine willkürliche oder sachfremde Untätigkeit oder Verfahrensverzögerung zurückzuführen ist (BSG, Urteil vom 07.05.2013 - B 1 KR 44/12 R -, BSGE 113, 241-250, SozR 4-2500 § 13 Nr. 29). Dafür liegen vorliegend keine Anhaltspunkte vor.
Ob und unter welchen Voraussetzungen die OPS 5-882.6 zur Anwendung kommen könnte, insbesondere neben der im Falle der Klägerin bereits abgerechneten OPS 5-882.5, kann aus Sicht des Senats dahingestellt bleiben. Die Tatsache, dass es bei stationärer Behandlung neben der vorliegend durchgeführten plastischen Rekonstruktion durch Hauttransplantation (OPS 5-882.5) auch die Möglichkeit einer plastischen Rekonstruktion der Brustwarze durch Tätowierung (OPS-Schlüssel 5-882.6) gegeben hätte, bestätigt zunächst nur, dass es sich bei der chirurgisch durchgeführten Rekonstruktion durch Hauttransplantation und der plastischen Rekonstruktion durch Tätowierung um zwei unterschiedliche Eingriffe (aliud) und nicht um zwei (notwendige) Schritte eines einheitlich zu beurteilenden Eingriffs handelt.
Auch wenn grundsätzlich Erkenntnisse aus Verfahren nach § 135 und § 137c SGB V geeignet sein können, sektorenübergreifend zu wirken, wenn diese Beurteilungen gebietsübergreifende Aussagen beinhalten und sie sachliche Geltung beanspruchen, etwa weil das aufbereitete wissenschaftliche Material generelle Bewertungen enthält (BSG, Urteil vom 07.05.2013 - B 1 KR 44/12 R -, BSGE 113, 241-250, SozR 4-2500 § 13 Nr. 29), liegt hier ein solcher Fall nicht vor. Vor allem wäre auch bei stationärer Durchführung die Tätowierung nur bei Vorliegen einer Indikation im Einzelfall abrechnungsfähig.
Tatsächlich hat aber eine Indikation für die streitige Pigmentierung nach der bereits erfolgten Brustwarzenrekonstruktion nicht mehr vorgelegen. Abzustellen ist dabei allein auf die optische Angleichung der rekonstruierten Brustwarze, nicht auf die ursprüngliche Karzinomerkrankung oder die nachfolgend korrigierte Wiederherstellung des durch die Bestrahlungen zerstörten Gewebes (Bayerisches LSG, Urteil vom 25.11.2021 - L 4 KR 276/20 -, Rn. 45, juris). Der danach bei der Klägerin vorliegende körperliche Zustand stellte keine Beeinträchtigung von Körperfunktionen (mehr) dar, der einer körperlichen Behandlung bedurft hätte. Unter dem Gesichtspunkt der körperlichen Fehlfunktion kann der Zustand der Klägerin schon deshalb nicht als behandlungsbedürftige Krankheit bewertet werden, weil weder die begehrte Mamillenpigmentierung noch ein anderes Mittel in der Lage ist, elementare Körperfunktionen der weiblichen Brust wiederherzustellen. Insofern fehlt es am Merkmal der Behandlungsbedürftigkeit, das seinerseits die Behandlungsfähigkeit voraussetzt. Soweit das Bayer. Landessozialgericht dies mit Urteil vom 27.02.2020 (Az.: L 20 KR 306/19 -, Rn. 66 - 72, juris) etwas weitgehender formuliert hat, hat es sich, anders als hier, um einen Fall gehandelt, in dem eine Genehmigungsfiktion eingetreten war.
Die Leistungspflicht der Beklagten lässt sich auch nicht mit einer Entstellung begründen. Um eine Entstellung annehmen zu können, genügt nicht jede körperliche Anomalität. Vielmehr muss es sich objektiv um eine erhebliche Auffälligkeit handeln, die naheliegende Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit hervorruft und damit zugleich erwarten lässt, dass der Betroffene ständig viele Blicke auf sich zieht, zum Objekt besonderer Beachtung wird und sich deshalb aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückzuziehen und zu vereinsamen droht, sodass die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gefährdet ist (vgl. BSG, Urteil vom 08.03.2016 - B 1 KR 35/15 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 28 Rn. 13). Ausgehend vom objektiven Krankheitsbegriff kommt es dabei nicht auf eine subjektive oder persönliche Einschätzung der Betroffenen an. Die Feststellung, dass im Einzelfall Versicherte wegen einer körperlichen Abnormität entstellt sind, ist anhand eines objektiven Maßstabes zu beurteilen und in erster Linie Tatfrage. Die Rechtsprechung hat als Beispiele für eine Entstellung das Fehlen natürlichen Kopfhaares bei einer Frau (vgl. BSG, Urteil vom 23.07.2002 - B 3 KR 66/01 R - SozR 3-2500 § 33 Nr. 45), eine Wangenatrophie (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02.05.2002 - L 5 KR 93/01 - juris) oder Narben im Lippenbereich (vgl. BSG, Urteil vom 26.01.1994 - 9 RV 25/93 - SozR 3-1750 § 372 Nr. 1) angenommen oder erörtert. Bei der Fehlanlage eines Hodens ist demgegenüber eine Entstellung nicht einmal für erörterungswürdig angesehen worden (vgl. BSG, Urteil vom 09.06.1998 - B 1 KR 18/96 R - BSGE 82, 158, 163 f = SozR 3-2500 § 39 Nr. 5) und auch bei fehlender oder wenig ausgeprägter Brustanlage sowie bei Asymmetrie der Brüste ist eine Entstellung unter Berücksichtigung der außerordentlichen Vielfalt in Form und Größe der weiblichen Brust mehrfach abgelehnt worden (vgl. BSG, Urteil vom 08.03.2016, a.a.O.), was auch darauf gestützt worden ist, dass sich diese im Alltag durch vorhandene Prothesen, die auch unter einem Badeanzug getragen werden können, verdecken lässt (vgl. BSG, Urteil vom 28.02.2008 - B 1 KR 19/07 R - BSGE 100, 119). Nach neuerer Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 10.03.2022 - B 1 KR 3/21 R -, BSGE 134, 13-18) kann in eng begrenzten Ausnahmefällen zwar eine Entstellung auch an üblicherweise von Kleidung bedeckten Körperstellen möglich sein. Allerdings müssten in diesen Bereichen die Auffälligkeiten besonders schwerwiegend sein. Erforderlich ist, dass selbst die Offenbarung im privaten Bereich die Teilhabe, etwa im Rahmen der Sexualität, nahezu ausschließen würde, wobei nicht das subjektive Empfinden der Betroffenen maßgeblich, sondern allein die objektiv zu erwartende Reaktion. Die Auffälligkeit muss evident abstoßend wirken. Diese Erheblichkeitsschwelle wird auch nach der neueren Rechtsprechung in den oben genannten Fällen nicht erreicht. Gleiches gilt in aller Regel auch für Hautüberschüsse, wie sie etwa nach einem erheblichen Gewichtsverlust infolge einer strengen Diät oder einer bariatrischen Operation verbleiben können (vgl. dazu etwa LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 17.11.2020 - L 16 KR 143/18 - juris Rn. 29 ff; Bayerisches LSG, Urteil vom 13.08.2020 - L 4 KR 287/19 - juris Rn. 44 ff; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 04.07.2019 - L 6 KR 55/15 - juris Rn. 36 ff). Gemessen an diesen Maßstäben ergibt sich bei der Klägerin keine Behandlungsbedürftigkeit wegen Entstellung.
Eine mögliche psychische Belastung der Klägerin aufgrund ihres Erscheinungsbildes rechtfertigt ebenfalls keinen operativen Eingriff auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung. Vorliegend fehlen bereits Nachweise für eine psychische Erkrankung der Klägerin aufgrund der fehlenden Pigmentierung, zumal die Klägerin den Eingriff zeitnah im Zusammenhang mit der Brustwarzenrekonstruktion durchführen hat lassen. Allerdings wäre diese vorrangig nervenfachärztlich zu behandeln.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt im Sinne des Erfolgsprinzips den Ausgang des Verfahrens.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).