L 15 U 179/24

Land
Niedersachsen-Bremen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 18 U 337/23
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 15 U 179/24
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 22.03.2024 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) die Anerkennung der Berufskrankheit (BK) Nr. 1108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV <Erkrankungen durch Arsen oder seine Verbindungen>).

 

Die am 00.00.0000 geborene Klägerin absolvierte in der Zeit von 1980 bis 1982 eine Ausbildung zur Bürogehilfin und war anschließend bis 1989 bei einer Sanitärfirma beschäftigt. Sodann war die Klägerin von April 1989 bis November 1998 bei der F. AG und anschließend von Dezember 1998 bis Juli 2001 bei der F. GmbH & Co. KG als Sachbearbeiterin im Bereich Rechnungswesen beschäftigt. Im Anschluss war sie bis Dezember 2002 bei der Firma L. beschäftigt. Seit Januar 2003 ist die Klägerin nicht mehr erwerbstätig.

 

Am 04.10.2000 erstattete der Facharzt für Dermatologie J. bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Berufsgenossenschaft für den Einzelhandel (BGE), eine ärztliche Anzeige über eine Berufskrankheit. Die Klägerin klage über Atemnot, Zittern, Schlafstörungen, Druck im Kopf sowie Konzentrationsstörungen und führe dies auf Ausdünstungen von Tonersubstanz der Kopiergeräte zurück. Er gehe vom Vorliegen einer toxischen Einwirkung von chemischen Lösungsmitteln bei Atopiediathese aus.

 

Die BGE leitete daraufhin ein Feststellungsverfahren ein.

 

Nach Beiziehung ärztlicher Unterlagen sowie einer Auskunft der M., Befragung der Klägerin und Einholung von Stellungnahmen des Arbeitgebers sowie ihres Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) lehnte die BGE die Entschädigung der bei der Klägerin bestehenden Beschwerden (z.B. Atemnot, Konzentrations- und Schlafstörungen) als Berufskrankheit ab (Bescheid vom 06.02.2001, Widerspruchsbescheid vom 26.06.2001). Aufgrund der derzeitigen arbeitsmedizinischen Erkenntnisse stehe fest, dass eine Gesundheitsgefährdung durch Toneremissionen im Bereich des Arbeitsplatzes der Klägerin nicht bestanden habe, zumal auch eine relevante toxische Einwirkung an Ozon oder flüchtigen organischen Verbindungen beim Betrieb der von der Klägerin angeschuldigten Drucker/Kopierer habe ausgeschlossen werden können. Die anschließend beim Sozialgericht (SG) Köln erhobene Klage (S 16 U 159/01) wurde sodann mit Urteil vom 11.11.2004 abgewiesen, die Berufung (L 4 U 113/04) zurückgenommen.

 

Ein bereits mit Schreiben vom 29.11.2005 gestellter Antrag auf Anerkennung einer BK 4302 wurde ebenfalls abgelehnt (Bescheid vom 18.01.2006, Widerspruchsbescheid vom 08.05.2006). Die beim SG Köln erhobene Klage (S 16 U 130/06, Wiederaufnahme unter S 16 U 154/08) wurde mit Gerichtsbescheid vom 25.08.2009 abgewiesen, die Berufung (L 4 U 118/09) zurückgenommen.

 

Mit Schreiben vom 30.11.2009 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Anerkennung ihres Basalioms/Basalzellkarzinoms am rechten Oberbauch als Berufskrankheit.

 

Die Beklagte holte eine Stellungnahme ihres Präventionsdienstes ein. Dieser führte aus, dass in der wissenschaftlichen Literatur keinerlei Hinweise dafür vorlägen, dass durch Toner Krebserkrankungen ausgelöst werden können (hier: Basaliom). Darüber hinaus bestünden Toner aus sehr kleinen Partikeln thermoplastischen Kunststoffs, die keine Einwirkung im Sinne der BK 5102 darstellen würden. Aus physikalisch-technischen Gründen sei überdies keine gesundheitsrelevante Toner-Emission beim Arbeiten mit Büromaschinen zu erwarten: Die Freisetzung des Tonerpulvers aus dem geschlossenen Vorratsbehälter erfolge über eine sehr feine Schlitzöffnung, die sich unmittelbar an der Oberfläche des vorbeigeführten, elektrostatisch aufgeladenen Papiers befindet. Die Tonerpartikel würden von dem elektrostatisch aufgeladenen Papier angezogen und könnten damit nicht emittiert werden. Nach dem Aufschmelzen und Fixieren des Toners in der Fixiereinheit und dem Abstreifen von überschüssigem Toner könnten von dem bedruckten Papier keine Emissionen von Tonerstaub mehr ausgehen (Stellungnahme vom 21.12.2009).

 

Daraufhin lehnte die Beklagte die Entschädigung des Basalioms/Basalzellkarzinoms am rechten Oberbauch als Berufskrankheit ab (Bescheid vom 06.01.2010, Widerspruchsbescheid vom 30.03.2010). In dem dagegen beim SG Köln geführten Klageverfahren (S 16 U 129/10) wurde nach § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens nach Aktenlage von Y.. Dieser verneinte das Vorliegen einer BK 5102. Tonerstaub sei kein Listenstoff im Sinne dieser BK. Da eine Karzinogenese im Zusammenhang mit Arsen oder ionisierender Strahlung ebenso nicht gegeben sei, sei auch das Vorliegen einer BK 1108 und BK 2402 ausgeschlossen (Gutachten vom 22.04.2013). Die Klage wurde sodann mit Gerichtsbescheid vom 04.11.2013 abgewiesen, die Berufung (L 15 U 670/13) mit Urteil vom 20.01.2015 zurückgewiesen.

 

Mit Bescheid vom 25.02.2014 lehnte die Beklagte sodann die Anerkennung einer BK 1108 ab. Ungeprüft des Nachweises einer tatsächlichen beruflichen Einwirkung durch Arsen oder seiner Verbindungen beim Umgang mit Tonerstäuben gebe es keinen als gesichert anzusehenden wissenschaftlichen Forschungsstand, der einen Zusammenhang zwischen einer Tonerstaubexposition und einem Basalzellkarzinom belegen könne. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27.05.2014 zurückgewiesen. Im anschließenden Klageverfahren beim SG Köln (S 18 U 283/14) wurde auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG ein Gutachten von S. eingeholt. Dieser führte in seinem nach Aktenlage erstellten Gutachten aus, dass es bereits an einer beruflich bedingten Arsenexposition fehle. Darüber hinaus sei auch die Diagnose eines Basalioms nicht gesichert (Gutachten vom 01.03.2016). Die Klägerin beantragte sodann die „Löschung“ des Gutachtens, da keine ambulante Untersuchung erfolgt sei. Die Klage wurde sodann mit Urteil vom 20.04.2018 abgewiesen, die dagegen eingelegte Berufung (L 17 U 297/18) mit Beschluss vom 26.01.2022 zurückgewiesen. Die Klage auf Wiederaufnahme (L 17 U 306/22 WA) wurde mit Beschluss vom 17.07.2023 als unzulässig verworfen.

 

Mit Schreiben vom 12.04.2023 stellte die Klägerin u.a. bezüglich der BK 1108 einen Überprüfungsantrag. Sie habe aufgrund der beruflich verursachten Tonerintoxikation u.a. Hautkrebs (fortgeschrittenes Stadium) und noch Leukämie.

 

Mit Bescheid vom 27.06.2023 lehnte die Beklagte eine Rücknahme des Bescheides vom 25.02.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2014 ab. Die Klägerin würde nicht näher ausführen, aus welchen Gründen und aufgrund welcher genauer Arbeitsplatzbedingungen sie einer Einwirkung von Arsen oder seinen Verbindungen im Sinne der BK 1108 ausgesetzt gewesen sein sollte. Mit den konkreten Anerkennungsvoraussetzungen der BK setze sie sich nicht auseinander. Es ergäben sich somit keine neuen Gesichtspunkte, welche eine Neufeststellung bedingen könnten.

 

Dagegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 30.06.2023 Widerspruch ein. Sie habe durch ihre berufliche Tätigkeit Kontakt zu Tonerstaub gehabt, welcher u.a. Arsen enthalte. Diesbezüglich lägen Beweismittel vor.

 

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 11.09.2023 zurückgewiesen. Die Ablehnung der Anerkennung des Basalzellkarzinoms im rechten Oberbauch als BK 1108 sei erfolgt, da keine wissenschaftlichen Erkenntnisse dahingehend vorlägen, dass eine etwaige Exposition gegenüber Arsen geeignet sein könnte, eine derartige Erkrankung zu verursachen. Ob und in welchem Umfang die Klägerin tatsächlich einer beruflichen Arsenexposition ausgesetzt war, könne bei diesem Sachverhalt ungeklärt bleiben.

 

Dagegen hat die Klägerin am 11.10.2023 Klage beim SG Köln erhoben und zur Begründung auf die Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz zum Thema Gefahrstoffe beim Drucken und Kopieren im Büro aus August 1993 hingewiesen. Danach werde u.a. Arsen eingesetzt.

 

Die Klägerin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

 

die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 27.06.2023 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.09.2023 aufzuheben und bei ihr unter Rücknahme des Bescheides vom 25.02.2014 die Berufskrankheit nach der Ziffer 1108 nach der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung anzuerkennen.

 

Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

 

            die Klage abzuweisen.

 

Das SG hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 22.03.2024 abgewiesen. Nach den Stellungnahmen des Präventionsdienstes fehle es bereits an den arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 1108. Auch der im Verfahren S 18 U 283/14 auf Antrag der Klägerin gehörte Sachverständige S. habe in seinem Gutachten vom 01.03.2016 eine beruflich bedingte Arsenexposition verneint.

 

Gegen den ihr am 27.03.2024 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 26.04.2024 Berufung eingelegt. Der Gerichtsbescheid enthalte zahlreiche sachliche und inhaltliche Fehler und auch Falschangaben der Beklagten und des Präventionsdienstes. Außerdem sei durch die Beklagte keine korrekte Ermittlung und keine Begutachtung erfolgt. Ihre Tonerintoxikation sei durch ihre berufliche Tätigkeit ab 01.04.1989 ausgelöst bzw. verursacht und ihre Krebserkrankungen stünden damit im Zusammenhang.

 

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

 

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 22.03.2024 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.06.2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.09.2023 zu verurteilen, den Bescheid vom 25.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2014 zurückzunehmen und das Vorliegen einer BK 1108 nach der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung anzuerkennen.

 

Die Beklagte beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.

 

Die Klägerin hat am 13.11.2024 beim SG Köln Akteneinsicht genommen.

 

Mit Schreiben vom 07.01.2025, bei Gericht eingegangen am 14.01.2025, hat die Klägerin mit Hinweis auf eine am Terminstag stattfindende Beerdigung eines sehr guten Freundes ihrer Familie sowie weitere (Arzt-)Termine die Verlegung des für den 14.01.2025 um 14.00 Uhr anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung beantragt. Der Antrag wurde mit Verfügung des Vorsitzenden vom 14.01.2025 um 12.47 Uhr abgelehnt.

 

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 14.01.2025 ist die Klägerin nicht erschienen.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten, die beigezogene Akte S 18 U 283/14 sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Der Senat konnte in Abwesenheit der Klägerin verhandeln und entscheiden, weil die Klägerin auf diese Möglichkeit in der ihr mittels Postzustellungsurkunde am 20.12.2024 zugestellten Terminsmitteilung vom 10.12.2024 hingewiesen worden ist (§§ 153 Abs. 1110 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Klägerin konnte auch nicht davon ausgehen, dass der Termin aufgrund des von ihr gestellten Verlegungsantrags aufgehoben wird. Die Klägerin hat keine erheblichen Gründe (§ 202 SGG i.V.m. § 227 Abs. 1 Zivilprozessordnung <ZPO>) für die beantragte Verlegung der mündlichen Verhandlung vorgetragen oder glaubhaft gemacht, weshalb ihr Antrag mit Verfügung des Vorsitzenden vom 14.01.2025 noch vor Beginn der Terminsstunde abgelehnt worden ist. Zwar konnte der Senat nicht davon ausgehen, dass die Ablehnung des Verlegungsantrags die Klägerin noch rechtzeitig vor der Verhandlung erreichen werde, da die Klägerin weder eine Telefon- oder Faxnummer noch eine E-Mailadresse angegeben hat. In einer solchen Fallkonstellation obliegt es jedoch der Klägerin, sich ggf. durch telefonische Nachfrage auf der Geschäftsstelle kundig zu machen, ob ihrem Verlegungsantrag stattgegeben worden ist (vgl. Bundessozialgericht <BSG>, Beschluss vom 18.01.2011 - B 4 AS 129/10 B -, juris Rn. 7 m.w.N.).

 

Soweit die Klägerin zudem darauf hingewiesen hat, der Termin zu mündlichen Verhandlung sei ihr „zu kurzfristig“ mitgeteilt worden, weist der Senat darauf hin, dass der Klägerin die Terminsmitteilung für den 14.01.2025 am 20.12.2024 und mithin innerhalb der gemäß § 110 Abs. 1 SGG in der Regel einzuhaltenden Ladungsfrist von zwei Wochen zugestellt worden ist.

 

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Feststellungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 und 3, 55 Abs. 1 Nr. 356 SGG, gerichtet auf die gerichtliche Aufhebung der Ablehnungsentscheidung in dem Bescheid vom 27.06.2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.09.2023 (§ 95 SGG), die behördliche Rücknahme des bestandskräftigen (§ 77 SGG) Bescheides vom 25.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2014 sowie auf die gerichtliche Feststellung der BK 1108 (vgl. zur statthaften Klageart BSG, Urteil vom 16.03.2021 - B 2 U 11/19 R -, juris Rn. 9 m.w.N.) hat keinen Erfolg. Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid vom 27.06.2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.09.2023 nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Sie hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 25.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2014 und Anerkennung einer BK 1108.

 

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen (§ 44 Abs. 2 Satz 1 SGB X). Er kann nach § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

 

Die allgemeine Regelung des § 44 Abs. 2 SGB X bildet einen Auffangtatbestand ("im Übrigen") für Fälle, in denen der spezielle § 44 Abs. 1 SGB X – wie hier – nicht anwendbar ist, da der Verwaltungsakt über die Ablehnung der BK 1108 im Ausgangsbescheid vom 25.02.2014 lediglich die Grundlage der in Frage kommenden Sozialleistungen verneint, ohne sie unmittelbar selbst zu regeln, sodass der Anwendungsbereich des § 44 Abs. 1 SGB X nicht eröffnet ist. Etwas anderes gilt nicht deshalb, weil die Beklagte im Ausgangsbescheid vom 25.02.2014 „Ansprüche auf Leistungen“ pauschal versagt hat, da diese pauschale Leistungsablehnung keine Regelung darstellt (vgl. insgesamt BSG, Urteil vom 27.09.2023 - B 2 U 13/21 R -, juris Rn. 10 m.w.N.).

 

Ein Verwaltungsakt ist rechtswidrig, wenn die Behörde das im Erlasszeitpunkt geltende Recht – aus heutiger Sicht ("geläuterte Rechtsauffassung“) unrichtig angewandt hat oder von einem Sachverhalt ausgegangen ist, der sich als unrichtig erweist (BSG, Urteil vom 27.09.2023 - B 2 U 13/21 R -, juris Rn. 26 m.w.N.).

 

Der Bescheid vom 25.02.2014 war nicht rechtswidrig.

 

Rechtsgrundlage für die Anerkennung der BK ist § 9 Abs. 1 SGB VII i.V.m. der BK Nr. 1108.

 

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind BKen nur diejenigen Krankheiten, die durch die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als solche bezeichnet sind (sog. Listen-BK) und die der Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 23 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleidet. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist für die Feststellung einer Listen-BK (Versicherungsfall) erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und diese Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises – also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit – vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit. Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK, wohl aber für eine Leistung (Leistungsfall; vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 16.03.2021 - B 2 U 11/19 R -, juris Rn. 12 m.w.N.).

 

Die Feststellung einer Berufskrankheit setzt mithin voraus, dass zum einen die arbeitstechnischen Voraussetzungen gegeben sind und dass zum anderen das typische Krankheitsbild dieser Berufskrankheit vorliegt und dieses im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätslehre wesentlich ursächlich auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen ist.

 

Die BK 1108 erfasst Erkrankungen durch Arsen und seine Verbindungen.

 

Vorliegend ist zur Überzeugung des Senats bereits nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen, dass die Klägerin während ihrer beruflichen Tätigkeit der Einwirkung von Arsen oder seinen Verbindungen ausgesetzt war.

 

Nach dem Merkblatt (Bek. des BMA vom 19.05.1964, BArbBl. 1964, S. 125 f.) sind Gefahrenquellen u.a. Verhüttung und Rösten arsenhaltiger Mineralien, Herstellung von Arsenik, arsenhaltigen Farben und Anstrichmitteln (Schiffsbodenanstrich), Verwendung arsenhaltiger Ausgangsstoffe in der Pharmazie, in der chemischen, keramischen und Glasindustrie. Dies gilt auch für Gerbereien, Kürschnereien (Beizmittel), zoologische Handlungen und für die vereinzelt noch in der Bundesrepublik Deutschland vorkommende Herstellung und Verwendung arsenhaltiger Schädlingsbekämpfungsmittel.

 

Der auf Antrag der Klägerin im Verfahren S 18 U 283/14 gehörte Sachverständige S. hat dementsprechend in seinem Gutachten vom 01.03.2016, welches der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwertet, unter Auswertung der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse schlüssig und überzeugend ausgeführt, dass die Klägerin an ihrem Büroarbeitsplatz keinen Einwirkungen im Sinne der BK 1108 ausgesetzt war. Darüber hinaus hat S. zutreffend darauf hingewiesen, dass auch eine entsprechende Diagnostik auf eine Arsen-Exposition zu keinem Zeitpunkt durchgeführt wurde und somit auch kein chemischer Nachweis einer entsprechenden Exposition vorliegt.

 

Die Ausführungen des Sachverständigen entsprechen auch dem bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand, wie er sich insbesondere aus den Veröffentlichungen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) vom 31.03.2008 und der Gefährdungsbeschreibung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) aus Juli 2015 ergibt. Danach gibt es keine gesicherten Erkenntnisse für einen Zusammenhang zwischen Emissionen aus Druckern und Kopierern und Krebserkrankungen. In Übereinstimmung damit hat auch die Bundesregierung in ihrer Antwort vom 15.10.2020 auf die Anfrage von Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE (BT-Drs. 19/23457) darauf hingewiesen, dass sich das BfR, die BAuA, die BAM und das Umweltbundesamt (UBA) intensiv mit der Thematik von Emissionen aus Laserdruckern befasst haben und zum Ergebnis gekommen sind, dass Laserdrucker keine spezifische Gesundheitsgefahr darstellen.

 

Die Klägerin hat weder substantiiert vorgetragen noch nachgewiesen, dass die Ausführungen des Sachverständigen unzutreffend sind. Es reicht nicht aus, wenn die Klägerin die Richtigkeit der Ausführungen lediglich bestreitet und rein pauschal Gegenteiliges behauptet. Das weitere Vorbringen der Klägerin beschränkt sich im Wesentlichen auf Versuche, wissenschaftliche Einschätzungen in Zweifel zu ziehen. Dabei beruft sie sich auf eine Vielzahl von Darlegungen wie Zeitungsartikel oder Einschätzungen von „nano-Control“ – einer Stiftung, die u.a. die angebliche Gefährdung der Innenraumluft in Büros durch Nanopartikel und Schadstoffe aus Laserdruckern und Kopierern bekämpft (vgl. www.nano-control.org) – sowie der „Interessengemeinschaft Tonergeschädigter“. Diese Meinungsäußerungen setzen sich mit den vorstehend aufgeführten Erkenntnissen nicht hinreichend auseinander und geben nicht den aktuellen Stand der Wissenschaft wieder. Die überreichten Unterlagen der Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz enthalten darüber hinaus lediglich generelle Ausführungen dahingehend, dass in den Walzen von Laserdruckern Arsen enthalten sein könne. Diesen Vermutungen stehen aber die von S. aufgeführten Studien und Untersuchungen, die sich auf die konkreten Verhältnisse in Deutschland beziehen, entgegen.

 

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass auch das Krankheitsbild einer BK 1108 bislang nicht im Vollbeweis gesichert ist. Insoweit hat S. zutreffend darauf hingewiesen, dass in drei von vier Berichten des Instituts für Pathologie Köln aus November 2004 kein Basaliom diagnostiziert worden ist. Aktuelle Befunde liegen nicht vor. Die Klägerin hat sich zuletzt im Verfahren L 17 U 617/18 trotz mehrfacher Aufforderung geweigert, ihre behandelnden Ärzte zu benennen und diese von der Schweigepflicht zu entbinden, so dass weitere medizinische Ermittlungen nicht erfolgen konnten.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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