S 10 SO 48/23

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Landshut (FSB)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
10.
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 10 SO 48/23
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

I. Der Bescheid vom 03.07.2025 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.10.2023 wird aufgehoben und der Beklagten dazu verurteilt, dem Kläger die Kosten
   für den behindertengerechten Umbau seines Kfz gemäß Rechnung vom 28.09.2023 in Höhe von 18.687,27 Euro zu erstatten.

II. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

 

T a t b e s t a n d

Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Kosten für den behindertengerechten Umbau eines VW T7 Multivan im Rahmen der Eingliederungshilfe.

Der im Jahr 1979 geborene Kläger leidet an einer kompletten Tetraplegie unterhalb der Halswirbelsäule. Er ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 100 mit den Merkzeichen B, G, aG, H und RF und auf die Nutzung eines Rollstuhls angewiesen. Es besteht der Pflegegrad 5.

Im Rahmen der Anschaffung eines neuen Pkw war dessen behindertengerechter Umbau erforderlich. Am 11.04.2023 beantragte der Kläger beim Beklagten daher die Übernahme der Umbaukosten im Rahmen der Kfz-Hilfe. Eine Vermögensprüfung führte zu dem Ergebnis, dass beim Kläger die Freigrenze übersteigendes, verwertbares Vermögen von 350.347,96 Euro vorliegt. Dabei handelt es sich insbesondere um Geldvermögen, das auf entsprechenden Depots oder Bankkonten für den Kläger verbucht ist. Mit Bescheid vom 03.07.2023 lehnte der Beklagte den Antrag auf Kfz-Hilfe daher ab. Aufgrund seines die Freigrenze übersteigenden Vermögens sei es ihm zuzumuten, einen behindertengerechten Umbau selbst zu finanzieren.

Am 17.07.2023 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch. Die Kosten für einen behindertengerechten Umbau seien vom Einkommen und Vermögen freigestellt. Das von ihm angesparte Vermögen diene der Absicherung seiner täglichen Kosten bzw. der Absicherung seines noch vor ihm liegenden Lebens. Seine Erkrankung habe keine lebensverkürzenden Auswirkungen, sehr wohl aber auf die wesentlich höheren Kosten durch die besonderen Bedarfe. Auch mit Blick auf die Gleichstellung mit einer nichtbehinderten Person, sehe er sich diskriminiert und benachteiligt. Es sei seine Erkrankung, die den Bedarf für den behindertengerechten Umbau generiere, nicht sein sozialer Status.

Der Beklagte half dem Widerspruch nicht ab und legte ihn am 18.09.2023 der Regierung von Niederbayern zur Entscheidung vor.

Der behindertengerechte Umbau wurde zwischenzeitlich im September 2023 durch eine Fachfirma durchgeführt. Laut Rechnung vom 28.09.2023 wurden dem Kläger hierfür ein Betrag von 18.687,27 Euro in Rechnung gestellt, den der Kläger laut Überweisungsbeleg am 02.10.2023 überwiesen hat.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.10.2023 wies die Regierung von Niederbayern den Widerspruch zurück. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für den behindertengerechten Umbau, da ihm der Einsatz seines die Freigrenze überschreitenden Vermögens zumutbar sei. Die Leistungen der Eingliederungshilfe seien nachrangig und es sei hierfür ein entsprechender Beitrag nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften aufzubringen. Eine besondere Härte sei zudem nicht anzunehmen, da der Kläger zusätzlich zu seinem Vermögen ein regelmäßiges Einkommen aus einer Erwerbsminderungsrente, einer Photovoltaik-Einspeisevergütung und Zinsen habe; überdies bestehe ein unentgeltliches Wohnrecht. Für den Umbau müsse der Kläger darüber hinaus lediglich 4,3 % seines übersteigenden Vermögens einsetzen. Die Vorschrift des § 7 der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung (KfzHV), nach der die Kosten für einen behindertengerechten Umbau übernommen werden, sei nicht einschlägig, da der Einkommens- und Vermögenseinsatz in der Eingliederungshilfe gesondert geregelt sei. Bis zum Inkrafttreten des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) habe die Leistung sogar Hilfebedürftigkeit vorausgesetzt. Ausweislich der Gesetzesbegründung habe der Gesetzgeber diesbezüglich keine Änderung an der Abhängigkeit von Einkommen und Vermögen einführen wollen.

Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten am 27.10.2023 Klage zum Sozialgericht Landshut erhoben. Zur Begründung nimmt er Bezug auf seine Ausführungen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes unter dem Aktenzeichen S 10 SO 39/23 ER. Demnach schließe das Eingliederungshilferecht nach dem Gesetzeswortlaut ausschließlich die §§ 6 und 8 der KfzHV aus, nicht jedoch den hier maßgeblichen § 7 KfzHV. Der Anspruch sei daher nicht von Einkommen und Vermögen abhängig.

Die Beklagte beruft sich zur Erwiderung auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.

Nach alldem beantragt der Kläger,
den Bescheid vom 03.07.2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.10.2023 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger die Kosten für den behindertengerechten Umbau seines Kfz gemäß Rechnung vom 28.09.2023 in Höhe von 18.687,27 Euro zu erstatten.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Beklagtenakte Bezug genommen.


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:


I.

Die Klage ist zulässig und begründet.

1.
Die Klage ist zulässig.

Streitgegenständlich sind der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 03.07.2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.10.2023 sowie die Frage, ob der Kläger im Rahmen der Eingliederungshilfe einen Kostenerstattungsanspruch für den behindertengerechten Umbau seines Pkw gegen den Beklagten hat. Statthafte Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 SGG.

Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen im Übrigen keine Bedenken.

2.
Die Klage ist auch begründet.

Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für den behindertengerechten Umbau seines Pkw in der aufgewendeten Höhe von 18.687,27 Euro, ohne dass er sein Einkommen oder Vermögen hierfür einsetzen muss. Die streitgegenständlichen Bescheide verletzen den Kläger daher in seinen Rechten und sind aufzuheben.

a.
Rechtsgrundlage für den Kostenerstattungsanspruch ist § 18 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2 SGB IX. Die Vorschrift lautet:
Hat der Rehabilitationsträger eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Leistungsberechtigten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese vom Rehabilitationsträger in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.

Die Vorschrift gilt für den Träger der Eingliederungshilfe (§ 18 Abs. 7 SGB IX e contrario). Ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Kostenlast des Leistungsberechtigten ("dadurch") ist vorliegend gegeben, da der Kläger den behindertengerechten Umbau erst zwei Monate nach der Leistungsablehnung hat durchführen lassen. Die Kosten sind ihm ausweislich des vorgelegten Überweisungsbelegs auch entstanden. Dass der behindertengerechte Umbau in der tatsächlichen Durchführung notwendig war, ist unstreitig.

Die Leistungsablehnung erfolgte auch zu Unrecht. Denn der Kläger hatte einen Anspruch auf Gewährung von Eingliederungshilfe zum behindertengerechten Umbau seines Pkw (dazu b.), ohne dass sein Einkommen und Vermögen anzurechnen ist (dazu c.).

b.
Der Kläger hatte einen Anspruch auf Gewährung von Eingliederungshilfe zum behindertengerechten Umbau seines Pkw. Er gehört unstreitig zum leistungsberechtigten Personenkreis im Sinne des § 99 Abs. 1 SGB IX. Vorliegend kommen nur Leistungen zur Sozialen Teilhabe in Betracht; vorrangige Leistungen sind nicht ersichtlich (§ 102 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 SGB IX).

Anspruchsgrundlage für die beantragte Kostenübernahme für den behindertengerechten Umbau des Pkw des Klägers ist § 113 Abs. 1, 2 Nr. 7, Abs. 3, 114 SGB IX in Verbindung mit § 83 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, 3 Satz 1 Nr. 2 SGB IX.

Der vom Kläger beantragte behindertengerechte Umbau ist eine Leistung der Sozialen Teilhabe in Form der Leistungen zur Mobilität (§ 113 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX). Zur Konkretisierung des Anspruchs verweist das Leistungsrecht der Eingliederungshilfe (Teil 2 des SGB IX) durch § 113 Abs. 3 Hs. 1 SGB IX in den allgemeinen Teil des Teilhaberechts (Teil 1 des SGB IX), hier auf die §§ 77 ff. SGB IX, mit denen die Ansprüche auf Leistungen der Sozialen Teilhabe weiter ausgestaltet werden. Die hier beantragten Leistungen zur Mobilität sind in § 83 SGB IX aufgeführt und umfassen Leistungen für die erforderliche Zusatzausstattung für ein Kfz (§ 83 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB IX). § 114 SGB IX, auf den § 113 Abs. 3 Hs. 2 SGB IX verweist, enthält Regelungen, die bei der Anwendung des § 83 SGB IX im Rahmen der Eingliederungshilfe zu beachten sind.

Das Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen ist zwischen den Beteiligten grundsätzlich unstreitig: Der Kläger kann Leistungen zur Mobilität verlangen, da ihm die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmittel aufgrund der Art und Schwere seiner Behinderung nicht zumutbar ist (§ 83 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Weiterhin kann der Kläger ein Kraftfahrzeug selbst führen und eine bloße Beförderungsleistung, etwa in Form eines Beförderungsdienstes, wäre weder zumutbar noch wirtschaftlich (vgl. § 83 Abs. 2 Satz 2 SGB IX). Darüber hinaus ist er zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ständig auf die Nutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen (§ 114 Nr. 1 SGB IX). Anhaltspunkte dafür, dass der behindertengerechte Umbau über das erforderliche Maß einer Zusatzausstattung hinausgeht, bestehen nicht (§ 83 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB IX).

c.
Die Kosten für den behindertengerechten Umbau sind in vollem Umfang vom Beklagten zu übernehmen. Eine Anrechnung von Einkommen und Vermögen erfolgt nicht.

§ 83 Abs. 3 Satz 2 SGB IX regelt, dass sich die Bemessung der Leistungen zur Mobilität an der KfzHV orientiert. Nach § 2 Abs. 1 KfzHV umfasst die Kraftfahrzeughilfe Leistungen
1. zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs (dazu näher § 6 KfzHV),
2. für eine behinderungsbedingte Zusatzausstattung (dazu näher § 7 KfzHV) und
3. zur Erlangung einer Fahrerlaubnis (dazu näher § 8 KfzHV).

Während die §§ 6 und 8 KfzHV die Leistung als Zuschuss vorsehen, der sich gestaffelt am Einkommen des behinderten Menschen orientiert, regelt der hier einschlägige § 7 Satz 1 KfzHV, dass die Kosten für eine Zusatzausstattung, die wegen der Behinderung erforderlich ist, ihren Einbau, ihre technische Überprüfung und die Wiederherstellung ihrer technischen Funktionsfähigkeit in vollem Umfang übernommen werden.

Gegenüber der grundsätzlichen Beitragspflicht in der Eingliederungshilfe (§ 92 SGB IX in Verbindung mit den §§ 135 ff. SGB IX) ist die Anordnung der vollumfänglichen Kostenübernahme für behinderungsbedingte Zusatzausstattung über §§ 113 Abs. 3 Hs. 1, 83 Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 7 Satz 1 KfzHV daher lex specialis.

Etwas Anderes folgt auch nicht aus § 114 Nr. 2 SGB IX, der wie ausgeführt Regelungen enthält, die bei der Anwendung des § 83 SGB IX im Rahmen der Eingliederungshilfe zu beachten sind. Denn § 114 Nr. 2 SGB IX erklärt ausweislich seines expliziten Wortlautes lediglich die §§ 6 und 8 KfzHV bei der Anwendung des § 83 Abs. 3 Satz 2 SGB IX für unmaßgeblich, nicht jedoch den hier einschlägigen § 7 KfzHV. Im Anwendungsbereich der §§ 6 und 8 KfzHV soll daher die Einkommens- und Vermögensprüfung des Eingliederungshilferechts zur Anwendung kommen (vgl. etwa Luthe in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 4. Aufl., § 114 SGB IX (Stand: 01.10.2023), Rn. 12), nicht jedoch im Anwendungsbereich des § 7 KfzHV.

Soweit § 113 Abs. 3 Hs. 2 SGB IX auf abweichende Vorschriften dieses Teils verweist und der Gesetzeswortlaut damit nicht nur die Regelungen in § 114 SGB IX meinen könnte, sondern den gesamten Teil 2 des SGB IX und damit auch die Beitragspflicht der Eingliederungshilfe nach § 92 SGB IX, ist nach Ansicht der Kammer dennoch zu konstatieren, dass die Beitragspflicht nach § 92 SGB IX die allgemeinere Regelung darstellt, die Anordnung der vollumfänglichen Kostentragung über § 113 Abs. 3 Hs. 1 SGB IX in Verbindung mit § 83 Abs. 3 Satz 2 SGB IX und § 7 KfzHV hingegen die speziellere Regelung; dies nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass die vollumfängliche Kostentragung nicht durch die noch speziellere Regelung des § 114 Nr. 2 SGB IX wieder aufgehoben wurde. Anderenfalls würde sich § 113 Abs. 3 Hs. 2 SGB IX nicht in die Gesetzessystematik einfügen.

Das gefundene Ergebnis lässt sich auch mit dem Sinn und Zweck der Vorschriften zur Mobilitätshilfe im Eingliederungshilferecht begründen. Denn mit den Leistungen zur Sozialen Teilhabe wird nach § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB IX bezweckt, dem behinderten Menschen eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Dass der Gesetzgeber vor diesem Hintergrund die Leistungen zur Beschaffung eines Kfz und zur Erlangung einer Fahrerlaubnis unter die Beitragspflicht der Eingliederungshilfe stellt, ist nachvollziehbar, da die Beschaffung eines Kfz und die Erlangung der Fahrerlaubnis an sich nichts mit der Behinderung zu tun haben, sondern es sich um Kosten handelt, die auch nicht behinderte Menschen gleichsam aus ihrem Einkommen und Vermögen aufbringen müssten. Würde hierfür keine Beitragspflicht bestehen, sondern nur die gestaffelte Einkommensheranziehung der §§ 6 und 8 KfzHV würden behinderte Menschen (mit Vermögen) gegenüber nicht behinderten Menschen (mit und erst recht ohne Vermögen) ohne sachlichen Grund privilegiert. Sie wären dann gewissermaßen mehr als gleichberechtigt, was über den gesetzlichen Zweck hinausschösse. Anders verhält es sich hingegen bei der behinderungsbedingten Zusatzausstattung: Eine derartige Zusatzausstattung wird ausschließlich von behinderten Menschen benötigt. Die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (hier über die eigenständige Mobilität im Straßenverkehr) ist in diesen Fällen tatsächlich nur dann gleichberechtigt, wenn behinderte Menschen durch die erforderlichen Mehraufwendungen nicht mit zusätzlichen Kosten belastet sind. Die gleichberechtigte Teilhabe erfordert mithin, dass die erforderliche behinderungsbedingte Zusatzausstattung einkommens- und vermögensneutral bleibt. Diesen Gedanken setzt der Gesetzgeber um, indem er in § 114 Nr. 2 SGB IX nur die §§ 6 und 8 KfzHV für unmaßgeblich erklärt, nicht aber § 7 KfzHV.

Eine weitere Stütze findet die vorgenommene Anwendung in der Gesetzesbegründung zum BTHG (BT-Ds. 18/9522). In der Gesetzesbegründung zu § 114 SGB IX (BT-Ds., a.a.O., S. 286) ist Folgendes ausgeführt:
Darüber hinaus wird die Verweisung auf die Kraftfahrzeughilfe-Verordnung gegenüber der Regelung in § 83 eingeschränkt. Wegen der auf die Eingliederungshilfe konzipierten Regelung zu Einkommen und Vermögen in Kapitel 9 sollen die entsprechenden Regelungen in der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung zur Berechnung der Leistungen nicht anwendbar sein.

Der Verweis auf die entsprechenden Regelungen der KfzHV ist nicht eindeutig, kann jedoch nach Ansicht der Kammer nur so verstanden werden, dass sie sich auf die Regelungen bezieht, die in § 114 SGB IX genannt sind, mithin die §§ 6 und 8 KfzHV. Die Annahme im Widerspruchsbescheid, der Verweis beziehe sich auch auf § 7 KfzHV, ist zwar vom reinen Wortlaut der Gesetzesbegründung her nicht ausgeschlossen, würde jedoch einen deutlichen Bruch zum insoweit eindeutigen Wortlaut des § 114 Nr. 2 SGB IX darstellen und notgedrungen zu einer Auslegung contra legem führte.

Die Gesetzesbegründung zu § 83 SGB IX (BT-Ds., a.a.O., S. 265) stellt schließlich klar:
Bemessung und Umfang der Leistungen bestimmen sich nach der Verordnung über die Kraftfahrzeughilfe. Hierdurch wird nicht nur aktuell, sondern auf Dauer eine Parallelität zu den entsprechenden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erreicht.

Dem Gesetzgeber ging es also darum, dass Bemessung und Umfang der Leistungen zur Sozialen Teilhabe parallel zu den entsprechenden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, für die die KfzHV eigentlich konzipiert wurde, ausgestaltet sind. Für die Leistungen zur Sozialen Teilhabe im Eingliederungshilferecht hat er mit § 114 Nr. 2 SGB IX im selben Gesetz (BTHG) Ausnahmen für den Anwendungsbereich der §§ 6 und 8 KfzHV normiert. Hätte er dies auch für den hier einschlägigen Anwendungsbereich des § 7 KfzHV gewollt, ist anzunehmen, dass er dies entsprechend geregelt hätte. Im Ergebnis spricht daher Vieles dafür, dass der Gesetzgeber die hiesige Konstellation vor Augen hatte und sich bewusst dafür entschieden hat, Fälle im Anwendungsbereich des § 7 KfzHV von der Beitragspflicht des § 92 SGB IX auszunehmen.

Der Beklagte hat sich in der mündlichen Verhandlung noch auf ein Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 24.04.2024 (L 12 SO 189/23, juris) berufen. Hieraus können zur Überzeugung der Kammer jedoch keine gegenteiligen Schlüsse gezogen werden. Zwar hat das LSG NRW (a.a.O.) unter der Rn. 62 angesprochen, dass der dortige Kläger über kein eigenes Einkommen oder Vermögen im Sinne der §§ 135 ff. SGB IX verfüge, das Eingliederungshilfeleistungen entgegenstehen würde. Daraus kann aber noch nicht abgeleitet werden, dass das LSG NRW den Anspruch tatsächlich von einem Einkommens- und Vermögenseinsatz abhängig gemacht hätte, wenn es darauf angekommen wäre. Denn mangels Einkommens und Vermögens im dortigen Fall spielte die Frage keine Rolle und das LSG NRW musste sich nicht weiter mit ihr auseinandersetzen.

Nach alldem ist die Kammer davon überzeugt, dass der Kläger einen Anspruch auf die beantragte behindertengerechte Zusatzausstattung seines Pkw ohne Vermögenseinsatz hatte und der Beklagte seinen Antrag mithin zu Unrecht abgelehnt hat. Die Voraussetzungen des entsprechenden Kostenerstattungsanspruchs liegen damit im Ergebnis vor. Die streitgegenständlichen Bescheide waren aufzuheben und der Beklagte zur Erstattung der entstandenen Kosten zu verurteilen.

II.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und berücksichtigt den Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.

 

Rechtsmittelbelehrung
Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Bayer. Landessozialgericht, Ludwigstraße 15, 80539 München, oder bei der Zweigstelle des Bayer. Landessozialgerichts, Rusterberg 2, 97421 Schweinfurt, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder beim Bayer. Landessozialgericht in elektronischer Form einzulegen. Rechtsanwälte, Behörden oder juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse müssen die Berufung als elektronisches Dokument übermitteln (§ 65d Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Gleiches gilt für die nach dem Sozialgerichtsgesetz vertretungsberechtigten Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 65a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGG zur Verfügung steht (§ 65d Satz 2 SGG).
Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist beim Sozialgericht Landshut, Seligenthaler Straße 10, 84034 Landshut, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder beim Sozialgericht Landshut in elektronischer Form eingelegt wird.
Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und
- von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist oder
- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 65a Abs. 4 SGG eingereicht wird.
Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in der jeweils gültigen Fassung.
Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung der Berufung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
Der Berufungsschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden; dies gilt nicht im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs.

 

 

 

 

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