1. Zur Feststellung von Amts wegen zu berücksichtigender – offensichtlicher – Praxisbesonderheiten dürfen die Prüfgremien sich bei der Durchführung der Prävalenzprüfung der GOP 35110 EBM auf einen Vergleich der Behandlungsfälle der geprüften Praxis mit einer nach ICD-10 kodierten Diagnose aus dem Bereich psychische und Verhaltungsstörungen (F00 - F99) in den Abrechnungsunterlagen mit den entsprechenden Daten der Vergleichsgruppe beschränken.
2. Die Angabe einer F-Diagnose nach ICD-10 ist Indiz für eine wirtschaftliche Erbringung der GOP 35110 EBM.
3. Anhand der bloßen Abrechnungsunterlagen (Behandlungsscheine) ist bei Mehrfachansatz der GOP 35110 EBM die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise nicht erkennbar, eine sich hieraus ergebende etwaige Praxisbesonderheit daher nicht offenkundig. Bei der von Amts wegen vorzunehmenden Prüfung haben die Prüfgremien eine medizinisch-intellektuelle Prüfung der Abrechnung der GOP 35110 EBM durchzuführen.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 27. September 2023 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens beider Instanzen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über Honorarprüfungen betreffend die Quartale I/2015 bis IV/2016 wegen eines „offensichtlichen Missverhältnisses“ im Vergleich zur Fachgruppe (FG) bei der Gebührenordnungsposition (GOP) 35110 (verbale Intervention bei psychosomatischen Krankheitszuständen) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM).
Die Klägerin war im streitgegenständlichen Zeitraum bis zur Beendigung ihrer Praxistätigkeit am 31. Dezember 2017 als hausärztlich tätige Fachärztin für Innere Medizin in einer Einzelpraxis in A-Stadt niedergelassen und nahm an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Sie verfügt über die Zusatzbezeichnung „Psychotherapie“.
Das Prüfverfahren wurde durch die Prüfungsstelle von Amts wegen eingeleitet. Es wurden folgende Auffälligkeiten festgestellt:
Quartel | GO-Nr. | Anz. GO-Nr. je 100 - Praxis | Durch. je Fall - Praxis | Anz. GO-Nr. je 100 Fälle ausf. Praxen | Durch. je Fall - ausf. Praxen | Abw. in % |
I/2015 | 35110 | 47 | 7,44 | 8 | 1,32 | 463,64 |
II/2015 | 35110 | 48 | 7,60 | 8 | 1,32 | 475,76 |
III/2015 | 35110 | 48 | 7,52 | 8 | 1,29 | 482,95 |
IV/2015 | 35110 | 53 | 8,34 | 8 | 1,30 | 541,54 |
I/2016 | 35110 | 43 | 6,93 | 8 | 1,22 | 468,03 |
II/2016 | 35110 | 52 | 8,26 | 8 | 1,24 | 567,74 |
III/2016 | 35110 | 49 | 7,79 | 7 | 1,16 | 571,55 |
IV/2016 | 35110 | 52 | 8,38 | 7 | 1,13 | 641,59 |
Mit Schreiben vom 27. Februar 2018 teilte die Prüfungsstelle der Klägerin die Verfahrenseröffnung zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit hinsichtlich ihrer Leistungserbringung bezogen auf die GOP 35110 EBM mit und bat aufgrund von Überschreitungen der Durchschnittswerte ihrer Vergleichsgruppe um Mitteilung eventuell bestehender Praxisbesonderheiten und kompensatorischer Einsparungen.
Die Klägerin legte dar, dass Schwerpunkt ihrer Praxistätigkeit aufgrund der Zusatzbezeichnung „Psychotherapie“ die sprechende Medizin sei. Sie habe auch zunehmend mehr genehmigungspflichtige Psychotherapien ausgeübt. Aus den Diagnosen der Patienten, die bei ihr regelmäßig behandelt worden seien, ergebe sich, dass viele Patienten mit psychischen oder psychosomatischen Erkrankungen regelmäßig in ihrer Praxis behandelt würden und auch nach Beendigung einer psychotherapeutischen Behandlung in der Praxis verblieben und weiterhin mit der verbalen Intervention bei psychosomatischen Beschwerden nach der GOP 35110 EBM von ihr behandelt worden seien. Dies sei in der Zeit zur Abklärung von notwendigen psychotherapeutischen Behandlungen oder auch zur Krisenintervention bei akuten psychischen Krisen geschehen und auch um stationäre Behandlungen in psychosomatischen Kliniken zu überprüfen oder auch selbige überflüssig zu machen oder zu verhindern. Auch nach Abschluss von Psychotherapien und stationären psychosomatischen Behandlungen in der Reha sei von ihr regelmäßig die verbale Intervention erfolgt, um die Erfolge dieser Behandlungen zu stabilisieren. Zudem seien die Fallzahlen ihrer Praxis im Vergleich zu den anderen hausärztlichen Praxen deutlich geringer gewesen. Aufgrund ihrer besonderen Ausbildungs- und Arbeitssituation als hausärztliche Internistin und Psychotherapeutin hätten besonders viele psychosomatisch erkrankte Patienten ihre Praxis aufgesucht und seien ihr über die Jahre treu geblieben, weil sie von dieser Behandlung profitiert hätten und insgesamt teure apparative Untersuchungen, gegebenenfalls auch Operationen und Krankenhausaufenthalte beziehungsweise auch Berentungen vermieden wurden.
Die Prüfungsstelle nahm Prävalenzprüfungen für alle zu prüfenden Quartale vor. Dabei wurden entsprechend § 22 der Psychotherapie-RL des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) die Indikationen für die psychosomatische Grundversorgung mit den ICD-10 Verschlüsselungen pro Quartal geprüft. Hierbei zeigten sich gegenüber der FG der vollzugelassenen Allgemeinärzte/hausärztlich tätigen Internisten für die Häufigkeit der codierter F-Diagnosen folgende Werte:
Quartal | Praxis | Prüfgruppe | Praxisbesonderheit aus Prävalenz in % |
I/2015 | 26,7147 | 20,7007 | 29 |
II/2015 | 26,2841 | 20,8701 | 26 |
III/2015 | 26,9555 | 21,9923 | 23 |
IV/2015 | 31,4622 | 22,9477 | 37 |
I/2016 | 29,6607 | 22,4039 | 32 |
II/2016 | 35,1756 | 23,8236 | 48 |
III/2016 | 30,7004 | 23,3599 | 31 |
IV/2016 | 29,6405 | 23,6695 | 25 |
Mit Bescheid vom 28. November 2018 setzte die Prüfungsstelle Honorarkürzungen bezüglich der GOP 35110 EBM in Höhe von insgesamt 21.869,80 € brutto (20.591,04 € netto) wie folgt fest: 3,48 € je Fall x 700 Fälle = 2.436,00 € für das 1. Quartal 2015 3,64 € je Fall x 662 Fälle = 2.409,68 € für das 2. Quartal 2015 3,65 € je Fall x 718 Fälle = 2.620,70 € für das 3. Quartal 2015 4,44 € je Fall x 677 Fälle = 3.005,88 € für das 4. Quartal 2015 3,27 € je Fall x 708 Fälle = 2.315,16 € für das 1. Quartal 2016 4,56 € je Fall x 597 Fälle = 2.722,32 € für das 2. Quartal 2016 4,31 € je Fall x 671 Fälle = 2.892,01 € für das 3. Quartal 2016 4,99 € je Fall x 695 Fälle = 3.486,05 € für das 4. Quartal 2016. Die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis sei bei der GOP 35110 EBM im Vergleich zu der Prüfgruppe 101-33 (Vollzugelassene Allgemeinärzte/Hausärztliche Internisten in Hessen) überschritten, es handele sich um eine fachgruppentypische Leistung. Es handele sich um eine Praxis mit einer deutlich unterdurchschnittlichen Fallzahl, der Rentneranteil liege leicht über dem Fachgruppendurchschnitt. Der aus der Prävalenzprüfung errechnete Mehransatz von 23 % bis 48 % reiche nicht aus, um sachgerecht der Praxisbesonderheit „Zusatzbezeichnung Psychotherapie“ gerecht zu werden. 99 Patienten seien in den acht Quartalen psychotherapeutisch versorgt worden, so dass insgesamt von einer Klientel ausgegangen werden müsse, die nicht grundsätzlich mit dem einer Praxis der hausärztlichen Primärversorgung zu vergleichen sei. Aufgrund dessen hielt die Prüfungsstelle ein Mehr von 100 % gegenüber der Prüfgruppe für angemessen. Auch nach Bereinigung der Fallwerte lägen die Überschreitungen oberhalb des offensichtlichen Missverhältnisses; bei der psychosomatischen Intervention sei weiterhin von einer unwirtschaftlichen Behandlungsweise auszugehen:
I/2015 | II/2015 | III/2015 | IV/2015 | I/2016 | II/2016 | III/2016 | IV/2016 | |
Fallwert PG | 1,32 € | 1,32 € | 1.29 € | 1,30 € | 1,22 € | 1,24 € | 1,16 € | 1,13 € |
Fallwert Praxis | 7,44 € | 7,60 € | 7,52 € | 8,34 € | 6,93 € | 8,28 € | 7,79 € | 8,38 € |
Praxisbesonderheit pro Fall (FW PG x % PB | 1,32 € | 1,32 € | 1,29 € | 1,30 € | 1,22 € | 1,24 € | 1,16 € | 1,13 € |
Bereinigter Fallwert Praxis FW Praxis – PB | 6,12 € | 6,28 € | 6,23 € | 7,04 € | 5,71 € | 7,04 € | 6,63 € | 7,25 € |
Bereinigte Überschreitung | 364 % | 376 % | 383 % | 442 % | 368 % | 468 % | 472 % | 542 % |
Neben der Prävalenzprüfung habe die Prüfungsstelle in allen Quartalen im Rahmen ihrer intellektuellen Prüfung eine orientierende Durchsicht der Behandlungsscheine vorgenommen. Es falle beispielhaft auf, dass in vielen Fällen beim Ansatz der GOP 35110 EBM keine Diagnose aus § 22 Psychotherapie-Richtlinie a. F. vorliege. In I/2015 fänden sich 115 Behandlungsscheine ohne eine F-Verschlüsselung, in I/2016 106 Behandlungsscheine. Beispielhaft führte die Prüfungsstelle insoweit 16 Behandlungsfälle auf. Das Ausmaß der Unwirtschaftlichkeit werde auf die Differenz des bereinigten Fallwertes zum Fachgruppendurchschnitt plus 20 % (Streubreite) festgelegt:
I/2015 | II/2015 | III/2015 | IV/2015 | I/2016 | II/2016 | III/2016 | IV/2016 | |
Fallzahl (FZ)Praxis |
700 | 662 | 718 | 677 | 708 | 597 | 671 | 695 |
FW PG + 20% | 1,58 € | 1,58 € | 1,55 € | 1,56 € | 1,46 € | 1,49 € | 1,39 € | 1,36 € |
FW Praxis – PB – (FW PG + 20%) | 4,54 € | 4,70 € | 4,68 € | 5,48 € | 4,25 € | 5,55 € | 5,24 € | 5,89 € |
x FZ Praxis = | 3.178,00 € | 3.111,40 € | 3.360,24 € | 3.709,96 € | 3.009,00 € | 3.313,35 € | 3.516,04 € | 4.093,55 € |
Im Rahmen der Ermessensausübung belasse sie unter Berücksichtigung der Ausführungen zum offensichtlichen Missverhältnis zusätzlich zu den anerkannten Praxisbesonderheiten nicht 20 %, sondern noch einmal den Fachgruppen¬durchschnitt plus 100 %. Auch vordergründig nicht erkennbare und damit nicht bezifferbare Praxisbesonderheiten seien damit ausreichend gewürdigt. Es werde damit insgesamt ein Mehr von 200 % belassen. Die Kürzungsmaßnahme berechnete die Prüfungsstelle wie folgt:
I/2015 | II/2015 | III/2015 | IV/2015 | I/2016 | II/2016 | III/2016 | IV/2016 | |
FW PG + 100% | 2,64 € | 2,64 € | 2,58 € | 2,60 € | 2,44 € | 2,48 € | 2,32 € | 2,26 € |
Verbleibende Überschreitung: FW Praxis – PB – (FW OG +100%) |
3,48 € | 3,64 € | 3,65 € | 4,44 € | 3,27 € | 4,56 € | 4,31 € | 4,99 € |
Verbleibende Überschreitung x FZ Praxis | 2.436,00 € | 2.409,68 € | 2.620,70 € | 3.005,88 € | 2.315,16 € | 2.722,32 € | 2.892,01 € | 3.468,05 € |
Am 4. Dezember 2018 legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein. Der hohe Anteil der Patienten mit psychosomatischen Krankheitsbildern habe sich dadurch verstärkt, dass die Versorgung durch psychiatrische Kollegen oder Institutsambulanzen ausgedünnt worden sei. Dem oben genannten Patientengut sei es nicht möglich, zeitnah eine adäquate ärztliche Versorgung zu bekommen und die Wartezeiten bei den psychiatrisch tätigen Ärzten seien sehr lang. Sie habe daher ihre Sprechzeiten mit psychosomatischen und psychotherapeutischen Sprechstunden entsprechend angepasst. Die voll zugelassenen Allgemeinärzte/hausärztlich tätigen Internisten seien nicht die richtige Vergleichsgruppe, weil sie als Psychotherapeutin weitaus mehr Patienten neben bzw. im Rahmen ihrer hausärztlichen Tätigkeit auch psychologisch betreue, als es in einer „nur" allgemeinen Hausarztpraxis regelmäßig der Fall sei. Es sei deshalb eine verfeinerte Vergleichsgruppe zu bilden. Sie sei nur mit den voll zugelassenen Allgemeinärzten/hausärztlich tätigen Internisten zu vergleichen, die in gleicher Weise berechtigt seien bzw. über die fachliche Qualifikation verfügten, psychotherapeutisch tätig zu seien. Zu den von der Prüfungsstelle beispielhaft aufgezählten Patienten führte die Klägerin aus, warum der Ansatz der GOP 35110 medizinisch indiziert gewesen sei. Eine weitere anzuerkennende Praxisbesonderheit sei die Betreuung einer stationären Einrichtung für alkohol- und suchterkrankte Menschen mit multiplen psychiatrischen Erkrankungen. Ferner habe sie in den Jahren 2015 und 2016 ca. 35 Patienten intensiv behandelt, des Weiteren zehn Patienten, die nicht mehr stationär, sondern teilstationär vom Blauen Kreuz betreut worden seien. Durch die psychologische Behandlung der Patienten hätten sich viele Krankenhauseinweisungen vermeiden lassen, was als kompensatorische Einsparungen zu berücksichtigen sei. Beispielhaft führte die Klägerin fünf Behandlungsfälle auf und zwei Behandlungsfälle, in denen eine stationäre gerontopsychiatrische Behandlung habe vermieden werden können. Aus der Leistungslegende von GOP 35110 EBM ergebe sich keine Pflicht zur Angabe einer bestimmten Diagnose, eine F-Diagnose sei nicht Voraussetzung für die Leistungserbringung. Zu Unrecht seien die Fälle nicht berücksichtigt, in denen zum Teil zwar keine eindeutige F-Diagnose gestellt worden, gleichwohl jedoch eine verbale Intervention erforderlich gewesen sei; insoweit führte die Klägerin 17 Behandlungsfälle namentlich auf. Ebenso wenig sei die differentialdiagnostische Klärung psychosomatischer Krankheitszustände i. S. v. GOP 31500 EBM Voraussetzung für den Ansatz der GOP 35110 EBM.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Beschluss vom 16. September 2020 (ausgefertigt: 11. Dezember 2020), der Klägerin zugestellt am 13. Januar 2021, zurück. Nach den Überprüfungen der Prüfungsstelle liege ein offensichtliches Missverhältnis im Vergleich zu den Durchschnittswerten der Fachgruppe der Allgemeinärzte/hausärztlich tätigen Internisten bei der GOP 35110 EBM vor. Der Vergleich sei nur mit denjenigen Praxen der Vergleichsgruppe, die diese Leistung auch tatsächlich selbst abrechneten, erfolgt. Eine weitere Verfeinerung der Vergleichsgruppe sei nicht geboten. Für die Anerkennung kompensatorischer Einsparungen müsse die Klägerin den Kausalzusammenhang zu dem Mehraufwand darlegen, dies sei nicht geschehen. Auch die Betreuung der Einrichtung könne pauschal keine Praxisbesonderheit begründen. Des Weiteren sei bereits der Prüfungsstelle im Rahmen ihrer intellektuellen Prüfung bei der orientierenden Durchsicht der Behandlungsscheine aufgefallen, dass Leistungen bezüglich der GOP 35110 EBM abgerechnet worden seien, die nicht den erforderlichen Codierungen für den Ansatz dieser GOP entsprochen hätten. Auch im Rahmen der Sitzung des Beklagten seien Behandlungsscheine einzelner Patienten durchgesehen worden. Hierbei sei unter anderem festgestellt worden, dass die bei den geprüften Patienten angegebenen Diagnosen den Ansatz der teilweise auch mehrfach abgerechneten GOP 35110 EBM nicht rechtfertigten. Dies gelte beispielhaft für die Diagnosen „Unwohlsein und Ermüdung; Luxation des Humerus Schulter...; Luxation des Schultergelenks...; ...Einfache chron. Bronchitis; sonst... Bandscheibenverlagerung; Chlamydieninfektion und Asthma bronchiale...". Der Beklagte verwies zudem auf die Dokumentationspflicht nach § 57 des Bundesmantelvertrages der Ärzte (BMV-Ä). Mit den von der Prüfungsstelle anerkannten von +200% zum Fachgruppendurchschnitt sei den Besonderheiten der klägerischen Praxis hinreichend Rechnung getragen.
Hiergegen hat die Klägerin am 10. Februar 2021 Klage zum Sozialgericht Marburg mit dem Antrag erhoben, den Beschluss des Beklagten aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Klägerin hat zur Begründung über ihren Vortrag im Verwaltungsverfahren hinaus auf ihren ganzheitlichen Behandlungsansatz hingewiesen. Aus diesem Grund sei mittlerweile eine Facharztausbildung für psychosomatische Medizin etabliert, die in diesem Sinne – über die F-Diagnosen hinaus – arbeite, so dass diese Arbeitsweise unstreitig wissenschaftlich anerkannt sei. Durch die intensive Betreuung seien Krankenhausaufenthalte eingespart worden; dieser Aspekt sei zu Unrecht nicht berücksichtigt worden. Sie hat zudem ausführlich den Behandlungsverlauf aller von dem Beklagten als unwirtschaftlich dargestellten Patientinnen und Patienten erläutert. Der Ansatz der GOP 35110 EBM sei jeweils gerechtfertigt gewesen. Der Beklagte gehe fälschlicherweise davon aus, dass Prüfgremien generell anstelle der Bildung von verfeinerten Vergleichsgruppen, im Rahmen eines späteren Prüfungsschrittes etwaige Praxisbesonderheiten berücksichtigen könnten. Dies sei nur möglich, sofern eine engere Vergleichsgruppe aufgrund ihrer Größe nicht mehr tauglich für eine statistische Vergleichsprüfung sei. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall und auch nicht ausreichend durch den Beklagten dargelegt. Die Behandlung von Heimpatienten sei zumindest keine nur pauschal zu berücksichtigende Praxisbesonderheit. Das C-Haus des Blauen Kreuzes sei eine stationäre Einrichtung für alkohol- und suchterkrankte Menschen mit multiplen psychiatrischen Erkrankungen. Patienten aus diesem Haus hätten aufgrund ihrer (medizinischen) Vorgeschichte einen erhöhten, bzw. teils fast ausschließlichen Leistungsbedarf im Bereich der Klärung psychosomatischer Krankheitszustände. Dies gelte ebenso für die von der Klägerin behandelten dementen Patienten aus den Altenheimen ihrer Stadtteile, welche aufgrund ihrer geistigen und körperlichen Einschränkungen vermehrt psychosomatische und psychotherapeutische Behandlungen erhielten und benötigten.
Der Beklagte hat über die Ausführungen in seinem streitgegenständlichen Beschluss die Auffassung vertreten, dass kompensierende Einsparungen nicht substantiiert dargelegt worden seien. Die Erläuterungen der Klägerin zu den einzelnen Patientinnen und Patienten im Rahmen des Klageverfahrens, begründeten nicht das Vorliegen von F-Diagnosen bei Abrechnung der GOP 35110 EBM. Die nachträgliche Stellungnahme zu einzelnen Patientinnen und Patienten ersetze nicht die Dokumentation der entsprechenden ICD-10-Codierungen. Bei der GOP 35110 EBM handele sich um eine Leistung des 35. Kapitels des EBM, die entsprechend der Vorgaben der Psychotherapie-RL zu erbringen seien. Folglich sei es erforderlich, dass die Diagnose den Vorgaben der Psychotherapie-RL entspreche. In § 37 PT-RL sei ausdrücklich geregelt, dass Leistungen nach dieser Richtlinie eine schriftliche Dokumentation des Datums der Leistungserbringung, der diagnostischen Erhebungen, der wesentlichen Inhalte der psychotherapeutischen Interventionen sowie der Ergebnisse in der Patientenakte, erforderten. Die Dokumentationspflichten dienten auch dem Nachweis einer wirtschaftlichen und ordnungsgemäßen Leistungserbringung. Die Klägerin müsse Fehler bei der Dokumentation gegen sich gelten lassen. Er habe nicht das aufgrund der Prävalenzberechnung festgestellte Mehr in Höhe von 23 % bis 48 % zur Ermittlung der Praxisbesonderheit zugrunde gelegt, sondern berücksichtigt, dass die Klägerin in acht Quartalen 99 Patienten psychotherapeutisch versorgt habe. Demzufolge sei aufgrund der besonderen Praxisumstände im Bereich der psychotherapeutischen Versorgung ein Mehrbehalt in Höhe von +100 % belassen und im Rahmen der Ermessensausübung zusätzlich +100 % gegenüber dem Fachgruppendurchschnitt zuerkannt worden. Im Rahmen der großzügigen Bemessung des Mehrbehalts sei berücksichtigt worden, dass die Klägerin Patienten und Patientinnen im C-Haus des Blauen Kreuzes und in den Altenheimen ihres Stadtteiles psychotherapeutisch behandelt habe.
Mit Urteil vom 27. September 2023 hat das Sozialgericht den Beschluss des Beklagten aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Die zulässige Klage sei begründet. Der Beklagte habe zutreffend eine Praxisbesonderheit der Klägerin bei der psychosomatischen Grundversorgung anerkannt. Der Beklagte habe das ihm obliegende Ermessen hinsichtlich der Höhe der anzuerkennenden Praxisbesonderheit nicht in hinreichend präziser Weise ausgeübt. Grundsätzlich sei die Vorgehensweise des Beklagten, Prävalenzen zu ermitteln und daraus Rückschlüsse auf die Quantität der Praxisbesonderheit zu ziehen, für sehr geeignet, um Praxisbesonderheiten festzustellen. Soweit der Beklagte die Quantifizierung der Praxisbesonderheit ausschließlich in Bezug auf eine im Rahmen der Prävalenzprüfung ermittelte Diagnosehäufung bei der GOP 35110 EBM stütze, sei dies zur Überzeugung der Kammer zu beanstanden. Nicht berücksichtigt werde die Anzahl der pro Diagnose abgerechneten GOP. Letzteres führe gerade bei der GOP 35110 EBM dazu, dass Patienten, die mehrfach im Quartal zu einer verbalen Intervention erschienen, das Gesamtbild erheblich verzerrten. Die Kammer könne nicht ermessen, ob der Besonderheit der Praxis der Klägerin mit einem Mehrbehalt von +200% hinreichend Rechnung getragen wurde. Für diesen Schätzwert gebe es keinerlei Anhaltspunkte. Betrachte man die Häufung der Abrechnung der GOP 35110 EBM im Vergleich zur Fachgruppe, die in den streitgegenständlichen Quartalen bei +463,64% bis +641,59% gelegen habe, liege nahe, dass mit den +200% die Besonderheit nicht hinreichend abgebildet gewesen sei. Die Prävalenzwerte wiesen in zwei Richtungen eine Unschärfe auf. Einerseits würden Patienten mit einer Diagnosehäufung (von zwei und mehr F-Diagnosen) mehrfach erfasst. Andererseits würden Mehrfachabrechnungen der Ziffer – bei nur einer Diagnose – nicht erfasst. Es sei davon auszugehen, dass diese Streubreite grundsätzlich in der gesamten Vergleichsgruppe vertreten sei, wobei jedoch nicht ausgeschlossen werden könne, dass – gerade in Praxen mit psychosomatischem Schwerpunkt – aufgrund der Schwere und der Regelmäßigkeit der dort behandelten Erkrankungen eine überdurchschnittliche Häufung der Abrechnungsziffern auftrete, die bei der Prävalenzermittlung nicht berücksichtigt sei. Insofern halte die Kammer an der Auffassung fest, dass der Wert der Prävalenzen ein bedeutender Orientierungswert für das Ausmaß einer Praxisbesonderheit sei, keinesfalls aber für die betroffenen Kläger der Weg verschlossen sei, darüber hinaus eine überdurchschnittliche Abrechnungshäufigkeit zu belegen. Zur Überzeugung der Kammer könne eine Vergleichbarkeit mit der Fachgruppe nur dann hergestellt werden, wenn sowohl bei der Ermittlung der F-Diagnosen als auch bei der Abrechnungshäufigkeit der GOP 35110 EBM patientenbezogen vorgegangen werde. Es fehle weiterhin eine Vorschrift, die die Angabe einer F-Diagnose bereits in der Abrechnung als Voraussetzung für die Erbringung der hier streitigen GOP 35110 EBM vorsehe und deshalb den Ausschluss weiteren Tatsachenvortrages rechtfertigen könne. Den Prüfgremien könnten insoweit keine Ermittlungen ins Blaue hinein zugemutet werden, sondern es obliege dem Vertragsarzt/der Vertragsärztin, die Behandlungsfälle, bei denen keine F-Diagnose angesetzt worden sei und dennoch Anlass für eine psychosomatische Grundversorgung bestanden habe, auf Anforderung der Prüfgremien substantiiert darzulegen. Dies habe die Klägerin vorliegend ausführlich getan. Sie habe insbesondere häufig „Unwohlsein und Ermüdung“ im Zusammenhang mit funktionellen Symptomen dokumentiert. Dies vermöge zur Überzeugung der Kammer den Ansatz der GOP 35110 EBM zu begründen.
Gegen das ihm am 10. Oktober 2023 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 8. November 2023 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.
Der Beklagte ist der Auffassung, er habe das ihm obliegende Ermessen hinsichtlich der Höhe der anzuerkennenden Praxisbesonderheiten hinreichend präzise ausgeübt. Eine Veränderung der Prävalenzprüfung nach den Vorgaben des Sozialgerichts Marburg würde nicht die Höhe der anzuerkennenden Praxisbesonderheiten beeinflussen, sondern eine Einzelfallprüfung auslösen. In dieser spielten jedoch Praxisbesonderheiten überhaupt keine Rolle. Es würden sowohl die F-Diagnosen bei allen Patienten – unabhängig vom Ansatz der GOP 35110 EBM – als auch die Mehrfachansätze der Diagnosen bei einem Patienten in die Prävalenzprüfung einbezogen. Statistisch sei es nicht mehr darstellbar, wie die Mehrfachabrechnungen sich auf das Verhältnis der prozentualen Anteile der ICD-Fälle der Praxis zu denen der Prüfgruppe auswirken sollten. Durch die Anerkennung aller Patienten mit Ansatz von F-Diagnosen, unabhängig davon, ob bei diesen eine Abrechnung der GOP 35110 EBM in den streitgegenständlichen Quartalen erfolgte, würden Praxisbesonderheiten für alle Patienten mit F-Diagnosen gewährt, ohne dabei die Durchführung der psychosomatischen Grundversorgung als Bedingung vorauszusetzen. Eine über den Wert der Prävalenzen hinausgehende überdurchschnittliche Abrechnungshäufigkeit könne die Klägerin durchaus durch Praxisbesonderheiten belegen. Er lege nicht nur den im Rahmen der Prävalenzprüfung ermittelten Mehrbedarf in Höhe von 23 % bis 48 % als Praxisbesonderheit zugrunde, sondern berücksichtige bei der Bemessung der Praxisbesonderheiten die besonderen Praxisumstände im Bereich der psychotherapeutischen Versorgung und den Stabilisierungsfaktor der verbalen Interventionen nach Abschluss der Psychotherapie. Neben der Prävalenzprüfung sei im Rahmen der intellektuellen Prüfung eine orientierende Durchsicht der Behandlungsscheine aus allen Quartalen vorgenommen worden. In dieser seien Einzelfälle gesichtet und unter medizinischen Gesichtspunkten geprüft worden, ob der Ansatz der GOP 35110 EBM nachvollziehbar gewesen sei oder ob sich weitere Besonderheiten der Praxis ergeben hätten. Die Durchsicht habe unter anderem ergeben, dass die angegebenen Diagnosen den Ansatz der GOP 35110 EBM nicht rechtfertigten. Patienten mit Ansatz von Diagnosen wie R 53 G – „Unwohlsein und Ermüdung“, hätten keine Indikation für die psychosomatische Grundversorgung nach § 22 Abs. 1 Psychotherapie-Richtlinie (a. F.). „Unwohlsein und Ermüdung“ falle nicht unter die Diagnosen, für die die Psychotherapierichtlinie Leistungen aus der psychosomatischen Grundversorgung für notwendig halte. Die Anerkennung eines Mehrbehalts von + 100 % gegenüber der Prüfgruppe als Praxisbesonderheiten sei ausreichend. Die Argumentation, die Angabe einer F-Diagnose in der Abrechnung sei nicht erforderlich, gehe fehl. Es sei nicht erforderlich gewesen, Patientendokumentationen für die Durchsicht aller Behandlungsfälle von der Klägerin anzufordern. Es habe der Klägerin zudem freigestanden, die Behandlungsfälle ohne F-Diagnose, in denen Anlass für eine psychosomatische Grundversorgung bestand, substantiiert vorzubringen. Er habe nicht die Prämisse getroffen, dass das Vorliegen einer F-Diagnose die Abrechnung der GOP 35110 EBM rechtfertige. Der Ansatz einer F-Diagnose könne die Abrechnung der GOP nachvollziehbar machen, hierbei seien allerdings nur die Indikationen nach § 22 Abs. 1 der Psychotherapie-Richtlinie (a. F.) entscheidend. Hinsichtlich des durch die Praxisbesonderheiten erhöhten Abrechnungsvolumens sei es Aufgabe des Beklagten, den durch die Praxisbesonderheit verursachten Mehraufwand zu schätzen. Bei dieser Schätzung habe der Beklagte einen Beurteilungsspielraum. Mangels einer Verpflichtung des Beklagten, im Rahmen einer statistischen Durchschnittswertprüfung eine Patientendokumentation anzufordern und auszuwerten, sei keine unzureichende Ausübung der Amtsermittlungspflicht ersichtlich.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 27. September 2023 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Die Klägerin hält das Urteil des Sozialgerichts für richtig und führt aus, warum der Beklagte gerade Überschreitungen von +200% als Praxisbesonderheit anerkenne, werde von diesem nicht begründet. Eine Pflicht zur Angabe einer bestimmten Diagnose ergebe sich weder aus der EBM-Ziffer noch aus dem Verweis auf § 22 der PT-RL (a.F.). Die in § 22 PT-RL genannten Indikationen seien nicht nur dann gegeben, wenn sie als F-Diagnosen in der Abrechnung benannt seien. Insoweit sei die Patientendokumentation des Arztes zu prüfen. Die Unschärfe der Prävalenzprüfung ergebe sich daraus, dass die Prävalenzen ausschließlich nach der Häufigkeit der Diagnoseerfassung ermittelt würden. Dies habe zur Folge, dass Patienten mehrfach in die Bewertung einflössen, bei denen mehrere relevante Diagnosen parallel codiert worden seien. Die Anzahl der pro Diagnose abgerechneten GOP 35110 EBM werde hingegen nicht berücksichtigt. Gerade in Praxen mit psychosomatischem Schwerpunkt wie der klägerischen werde dadurch jedoch eine aufgrund der Schwere der dort behandelten Erkrankungen überdurchschnittliche Häufung der Abrechnungsziffern unberücksichtigt gelassen, was beweise, dass die ungefilterte Übertragung der statistisch ermittelten Werte auf die Quantität der Praxisbesonderheiten – so wie vom Beklagten vorgenommen – rechtswidrig sei. Der Beklagte habe daher das ihm obliegende Ermessen hinsichtlich der Höhe der anzuerkennenden Praxisbesonderheit nicht in hinreichend präziser Weise ausgeübt. Die durchschnittliche Ansatzhäufigkeit der GOP 35110 EBM pro Patient und pro Quartal sollte ins Verhältnis zur durchschnittlichen Ansatzhäufigkeit in der Vergleichsgruppe gesetzt werden. Der Beklagte sei verpflichtet, im Rahmen der intellektuellen Betrachtung sein rein statistisch gefundenes Ergebnis dergestalt zu validieren, dass der substantiierte und nachvollziehbare Vortrag der Klägerin zur Rechtfertigung der überdurchschnittlichen Abrechnungshäufigkeit der GOP 35110 EBM ebenso Niederschlag finde wie solche Behandlungsfälle, bei denen keine F-Diagnose angesetzt worden sei, aber trotzdem Anlass für eine psychosomatische Versorgung im Sinne der Psychotherapie-Richtlinie bestanden habe. Hier sei der Beklagte gehalten gewesen, die Patientendokumentation anzufordern und zu prüfen. Es sei unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten zu berücksichtigen, dass die vorhandenen Erkenntnismöglichkeiten zur Quantifizierung einer Praxisbesonderheit zu nutzen seien, auch wenn dies mit Mehrarbeit für die Prüfgremien verbunden sei. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Feststellung des offensichtlichen Missverhältnisses und damit der Anscheinsbeweis der Unwirtschaftlichkeit mit einer erheblichen Verschlechterung der Beweisposition des Vertragsarztes verbunden sei. Im vorliegenden Fall könne jedoch nach den Regeln des Anscheinsbeweises nicht von der Überschreitung des Vergleichsgruppendurchschnitts auf eine Unwirtschaftlichkeit geschlossen werden, da aufgrund besonderer, einen höheren Behandlungsaufwand rechtfertigender, für die Vergleichsgruppe untypischer Umstände die wesentlichen Leistungsbedingungen ihrer Praxis nicht mit denen der verglichenen Ärzte übereinstimmen. Sie habe ausführlich ihr besonderes Patientenklientel sowie die Besonderheit ihrer Praxis in der psychosomatischen Grundversorgung beschrieben. Zudem weise ihre Abrechnung erhebliche Unterschreitungen in allen anderen Leistungsgruppen und bei den Arznei- und Heilmittelkosten auf und eine erhebliche Überschreitung in der Leistungsgruppe 8, zu der die GOP 35110 EBM gehöre. Der Beklagte vergleiche Äpfel mit Birnen, indem er einerseits die Überschreitung und damit den Anschein der Unwirtschaftlichkeit auf die Ansatzhäufung der GOP 35110 EBM stütze, andererseits gerade diese Ansatzhäufung in der Ausprägung von Mehrfachabrechnungen bei nur einer Diagnose bei der Quantifizierung der Praxisbesonderheit außer Betracht lasse und lediglich eine Diagnosehäufung berücksichtige, die darüber hinaus nur die von ihm als zutreffend erachteten F-Diagnosen einbeziehe und andere, nach der PT-RL ebenfalls zutreffende Diagnosen unbeachtet lasse. Da die GOP 35110 EBM zulässigerweise mehrfach im Quartal pro Diagnose abrechenbar ist, ermögliche der aufgrund der fallbezogenen Prävalenzprüfung festgestellte Mehrversorgungsgrad keine unmittelbaren Rückschlüsse auf die im Rahmen der Prüfung einer Praxisbesonderheit zuzubilligenden Ansatzhäufigkeit der GOP 35110 EBM. Hierfür müsse zwingend ermittelt werden, inwiefern in jedem Quartal Vielfachansetzungen der GOP 35110 EBM erfolgt seien. Diese könnten prozentual den durch die Prävalenzprüfung bereits ermittelten Überschreitungsbetrag noch erhöhen. Daher werde die patientenfallbezogene Betrachtung verfälscht, wenn die Mehrfachansetzung der GOP 35110 EBM bei einem Patienten so gewertet werde, als sei diese bei einer höheren Patientenzahl angesetzt worden. Eine Vergleichbarkeit mit der Fachgruppe könne deshalb nur dann hergestellt werden, wenn sowohl bei der Ermittlung der F-Diagnosen als auch bei der Abrechnungshäufigkeit der GOP 35110 EBM patientenbezogen vorgegangen werde. Es müsse die durchschnittliche Ansatzhäufigkeit/Patient/Quartal der Klägerin ermittelt und ins Verhältnis zur durchschnittlichen Ansatzhäufigkeit/Patient/Quartal der Vergleichsgruppe gesetzt werden. Der Beklagte habe versäumt, das Ergebnis der intellektuellen Betrachtung mitzuteilen. Auffällig sei, dass der Beklagte trotz eingehenden Vortrags der Klägerin zu etlichen Einzelpatienten keine Beurteilung dieses Vortrags in seinem Bescheid vornehme. Der Beklagte habe offensichtlich allein die Behandlungsscheine gesichtet, die lediglich die abgerechneten Ziffern pro Patient/Quartal aufführten. Die Abrechnungsfähigkeit der Leistungen ergebe sich allein aus dem EBM, dessen Wortlaut maßgeblich sei. Weder im Leistungsinhalt der GOP 35110 EBM noch in den vorangestellten allgemeinen Bestimmungen sei eine bestimmte ICD-Codierung geschweige denn die F-Codierung als Voraussetzung für die Abrechenbarkeit vorgesehen. Entscheidend sei, dass der Arzt eine ausreichende Dokumentation in der Patientenakte vornehme, die Nachweiszwecken genüge. Genau vor diesem Hintergrund sei die Anforderung und Prüfung der Patientendokumentation der Klägerin erforderlich gewesen. Soweit der Beklagte aber allein prüfe, ob eine von ihm für zutreffend erachtete Abrechnungsdiagnose angegeben wurde und weder den Vortrag der Klägerin beachte noch die Patientendokumentation anfordere und prüfe, verstoße er gegen den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 20 SGB X. Ihr müsse im Verwaltungsverfahren die Möglichkeit gegeben werden, ihre Leistungserbringung konkret zu plausibilisieren und zu erklären. Hierzu gehöre dann auch, dass der Beklagte diese Stellungnahme der Klägerin inhaltlich würdige. Das gesamte Vorgehen des Beklagten stelle einen Verstoß gegen die verfassungsrechtlich gewährleisteten Verfahrensrechte der Klägerin dar, da diese im Prüfverfahren mit weiterem Sachvorbringen zur medizinischen Notwendigkeit der von ihr erbrachten Leistungen praktisch ausgeschlossen sei. Eine inhaltliche Auseinandersetzung erfolge nicht, stets mit dem Hinweis des Beklagten darauf, dass es sich hier um eine Durchschnittswertprüfung und nicht um eine Einzelfallprüfung handele. Die Anforderungen an den geprüften Arzt bzgl. der substantiierten Darlegung von Praxisbesonderheiten und des Gegenbeweises, dass er wirtschaftlich behandelt hat, seien viel zu hoch.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakte des Beklagte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Beklagten ist zulässig und begründet.
Das Urteil des Sozialgerichts war aufzuheben, denn der Beschluss des Beklagten vom 16. September 2020 (ausgefertigt: 11. Dezember 2020) ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Beklagten zur Neubescheidung verpflichtet.
Die Klage ist zulässig.
Der Beschluss des Beklagten vom 16. September 2020 (ausgefertigt am 11. Dezember 2020) ist alleiniger Gegenstand der statthaften Anfechtungsklage. Das Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss ist ein eigenständiges Verwaltungsverfahren mit der Folge, dass der vom Beschwerdeausschuss erlassene Verwaltungsakt selbstständig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (st.Rspr. seit BSG, Urteil vom 21. April 1993 – 14a RKa 11/92 – SozR 3-1300 § 35 Nr. 5), der der Senat folgt, ist nur dieser Verwaltungsakt der alleinige Gegenstand der Anfechtungsklage, da das sogenannte Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid der Prüfungsstelle gem. § 106c Abs. 3 Satz 3 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungs-stärkungsgesetz – GKV-VSG – BGBl I 1211) mit Wirkung vom 1. Januar 2017 nur als Vorverfahren i.S.d. § 78 Sozialgerichtsgesetz (SGG) „gilt“.
Die Klage ist aber nicht begründet.
Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Verwaltungsakt ist § 106 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) in der hier maßgeblichen Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungs-gesetzes (GKV-WSG vom 26. März 2007, BGBl I 378, m. W. v. 1. Januar 2008 – a.F.) i. V. m. §§ 7 Nr. 2, 10 der Prüfvereinbarung nach § 106 Abs. 3 SGB V für den Bezirk der Beigeladenen zu 1) (Prüfvereinbarung – PV) für die Zeit ab 1. Januar 2008 (a. F., gültig bis 31. Dezember 2016). Nach § 106 Abs. 2 Satz 1 SGB V a.F. wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung durch arztbezogene Prüfung ärztlich verordneter Leistungen bei Überschreitung der Richtgrößenvolumina nach § 84 SGB V (Auffälligkeitsprüfung nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 1) und durch arztbezogene Prüfung ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen auf der Grundlage von arztbezogenen und versichertenbezogenen Stichproben (Zufälligkeitsprüfung nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 2) geprüft. Über diese Prüfungsarten hinaus können die Landesverbände der Krankenkassen mit den K(Z)ÄVen Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten oder andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren (§ 106 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 SGB V a.F.). Von dieser Ermächtigung haben die Vertragspartner in §§ 7 Nr. 2, 10 PV Gebrauch gemacht und die Prüfung der Behandlungsweise nach Durchschnittswerten als Auffälligkeitsprüfung vereinbart. Danach prüft die Prüfungsstelle arztbezogen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Prüfung ärztlicher Leistungen (Behandlungsweise) nach Durchschnittswerten oder in Einzelfällen – Auffälligkeitsprüfung – (§§ 11, 12, 13, 14 PV).
Der Beschluss des Beklagten ist formell rechtmäßig, insbesondere ist der Beklagte nach § 106c Abs. 3 SGB V i. d. Fassung des GKV-VSG (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 22. Oktober 2014 – B 6 KA 3/14 R –, BSGE 117, 149-171, SozR 4-2500 § 106 Nr. 48, Rn. 39) für die Entscheidung über den Widerspruch der Klägerin zuständig.
Der streitgegenständliche Beschluss ist auch materiell rechtmäßig.
Nach den zur Wirtschaftlichkeitsprüfung von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ist die statistische Vergleichsprüfung die Regelprüfmethode. Die Abrechnungswerte des Arztes werden mit denjenigen seiner Fachgruppe – bzw. mit denen einer nach verfeinerten Kriterien gebildeten engeren Vergleichsgruppe – im selben Quartal verglichen. Ergänzt durch die sog intellektuelle Betrachtung, bei der medizinisch-ärztliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden, ist dies die Methode, die typischerweise die umfassendsten Erkenntnisse bringt. Ergibt die Prüfung, dass der Behandlungsaufwand des Arztes je Fall bei dem Gesamtfallwert, bei Sparten- oder bei Einzelleistungswerten bzw. mehrerer zu Leistungssparten zusammengefasster Leistungspositionen der Bewertungsmaßstäbe in offensichtlichem Missverhältnis zum durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe steht, d.h., ihn in einem Ausmaß überschreitet, das sich im Regelfall nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur oder in den Behandlungsnotwendigkeiten erklären lässt, hat das die Wirkung eines Anscheinsbeweises der Unwirtschaftlichkeit. Ein statistischer Einzelleistungsvergleich setzt voraus, dass davon Leistungen betroffen sind, die für die gebildete Vergleichsgruppe typisch sind und zumindest von einem größeren Teil der Fachgruppenmitglieder regelmäßig in nennenswerter Zahl erbracht werden. Dass die Leistungen nur für eine begrenzte Gruppe von Behandlungsfällen in Betracht kommen, schließt ihren Charakter als Standardleistungen nicht aus. In zahlenmäßiger Hinsicht hat das Bundessozialgericht diese Voraussetzungen bejaht, wenn über 50 % der Mitglieder der Vergleichsgruppe eine GOP EBM-Ä mindestens in 5 bis 6 % aller Behandlungsfälle abgerechnet haben. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine absolute Untergrenze, die eine Vergleichbarkeit ausschließt, wenn die Leistung in den geprüften Quartalen in der Fachgruppe lediglich durchschnittlich in 2 % bzw. 1,98 % der Fälle abgerechnet wurde. Wenn der geprüfte Arzt nur mit den Mitgliedern seiner Arztgruppe verglichen wird, die die Leistung ebenfalls erbringen, liegt eine valide Vergleichsgruppe vor. Es ist auch – im Grundsatz – nicht zu beanstanden, wenn Prüfgremien im Rahmen einer Einzelleistungsprüfung die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis bei einer Überschreitung des Durchschnitts der Vergleichsgruppe um 100 % festsetzen (grundlegend BSG, Urteil vom 16. Juli 2003 – B 6 KA 45/02 R – juris Rn. 17 – 26; BSG, Urteil vom 30. November 2016 – B 6 KA 29/15 R – Rn. 16, 24; BSG, Beschluss vom 10. Dezember 2020 – B 6 KA 25/20 B – juris Rn. 13, s. auch Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 27. August 2024 – L 4 KA 7/22 –, juris Rn. 21). Schließlich ist die Aussagekraft eines an Durchschnittswerten orientierten pauschalen statistischen Kostenvergleichs dann ausgeschlossen, wenn die Fallzahl des geprüften Arztes die Fallzahlbereiche unterschreitet, unterhalb derer ein statistischer Vergleich nicht mehr aussagekräftig ist. Die Zulässigkeit der Anwendung des an Durchschnittswerten orientierten pauschalen statistischen Kostenvergleichs ist davon abhängig, dass die Fallzahl des geprüften Arztes mindestens 20% der durchschnittlichen Fallzahl der Vergleichsgruppe beträgt (BSG, Urteil vom 21. März 2012 – B 6 KA 17/11 R –, juris; Ulrich in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 106a SGB V [Stand: 15. Dezember 2021], Rn. 66).
Bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung besteht ein Beurteilungsspielraum der Prüfgremien, soweit es um die Feststellung und Bewertung von Praxisbesonderheiten geht (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 2. November 2005 – B 6 KA 63/04 R; BSG, Urteil vom 23. März 2011 – B 6 K 9/10 R – jeweils juris mwN). Dabei sind Praxisbesonderheiten anzuerkennen, wenn ein spezifischer, vom Durchschnitt der Vergleichsgruppe signifikant abweichender Behandlungsbedarf der jeweiligen Patientenklientel und die hierdurch hervorgerufenen Mehrkosten nachgewiesen werden (hierzu BSG, Urteil vom 23. März 2011, aaO mwN; BSG, Beschluss vom 10. Dezember 2020 – B 6 KA 25/20 B – juris Rn. 14). Die Darlegungs- und Feststellungslast für besondere, einen höheren Behandlungsaufwand rechtfertigende atypische Umstände der Praxis-besonderheiten und kompensierende Einsparungen obliegt dabei regelmäßig dem Arzt. Er ist grundsätzlich gehalten, im Prüfungsverfahren die Umstände geltend zu machen, die sich aus der Atypik seiner Praxis ergeben, aus seiner Sicht auf der Hand liegen und den Prüfgremien nicht ohne Weiteres anhand der Verordnungsdaten und der Honorarabrechnung bekannt sind oder sein müssen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 16. Juli 2008 – B 6 KA 57/07 R; Urteil vom 5. Juni 2013 – B 6 KA 40/12 R; jeweils juris mwN). Dass der Arzt seiner Darlegungs- und Beweislast nur nach einer – u.U. aufwendigen – Auswertung der gespeicherten Daten gerecht werden kann, steht dem nicht entgegen. Die Prüfgremien sind zu Ermittlungen von Amts wegen nur hinsichtlich solcher Umstände verpflichtet, die typischerweise innerhalb der Fachgruppe unterschiedlich und daher augenfällig sind (BSG, Urteil vom 13. Mai 2020 – B 6 KA 25/19 R –, juris Rn. 43). Der diesbezügliche Vortrag muss substantiiert sein, d.h so genau wie möglich und plausibel sein (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 22. Oktober 2014 – B 6 KA 8/14 R – juris).
Der Beklagte durfte die Abrechnung der Klägerin mit der Methode des statistischen Kostenvergleichs als Einzelleistungsprüfung prüfen. Die Praxisgröße steht dem nicht entgegen, die Klägerin betreute in den streitbefangenen Quartalen lediglich zwischen 48,04% bis 55,31% weniger Fälle als die herangezogene Vergleichsgruppe der vollzugelassenen Allgemein-ärzte/hausärztlich tätigen Internisten, von denen ca. 74% die streitgegenständliche Leistung nach GOP 35110 EBM erbrachten. Nur mit dieser Teilgruppe hat der Beklagte den statistischen Vergleich vorgenommen. Von den ausführenden Praxen der Vergleichsgruppe ist die Leistung im Quartal I/2015 in 8%, im Quartal II/2015 in 7%, in den Quartalen III/2015 bis IV/2016 in je 6% der Gesamtheit der Behandlungsfälle abgerechnet worden.
Der von dem Beklagten vorgenommene Vergleich mit der Gruppe der vollzugelassenen Allgemeinärzte/hausärztlich tätigen Internisten ist nicht zu beanstanden, die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Bildung einer verfeinerten Vergleichsgruppe. Ob sie gebildet wird, liegt in der Entscheidung der Prüfgremien, die insoweit einen Beurteilungsspielraum haben. Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass Ärzte mit derselben Fachgebietsbezeichnung, die also zur selben Arztgruppe gehören auch miteinander vergleichbar sind, unabhängig davon, ob einige sich spezialisiert haben. Die Bildung einer engeren Vergleichsgruppe ist zu erwägen, wenn der geprüfte Arzt außer der allgemeinen Fachgebietsbezeichnung eine besondere Zusatz- bzw. Schwerpunktbezeichnung führt (Ulrich in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 106a SGB V [Stand: 15. Dezember 2021], Rn. 69). Zwingend notwendig ist indessen die Bildung einer engeren Vergleichsgruppe nicht, im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums können die Prüfgremien – worauf bereits das Sozialgericht abgestellt hat - die sich hieraus ergebenden Besonderheiten auch als Praxisbesonderheiten berücksichtigen und quantifizieren (BSG, Beschluss vom 11. Dezember 2002 – B 6 KA 21/02 B –, juris Rn. 11).
Zutreffend hat der Beklagte weiterhin von Amts wegen dem Grund und der Höhe wegen den sich aus der Zusatzbezeichnung ergebenden psychotherapeutischen Tätigkeitsschwerpunkt als Praxisbesonderheit berücksichtigt. Nicht zu beanstanden ist, dass der Überschreitungswert in den jeweiligen Quartalen um die Ergebnisse der durchgeführten Prävalenzprüfung – ein Mehransatz der streitgegenständlichen GOP von 23% bis 48% – bereinigt wurde und in einem weiteren Schritt der Fallwert um 100% zuzüglich 20% Streubreite sowie um einen weiteren Mehrbedarf von + 100% für etwaige nicht erkennbare Besonderheiten erhöht wurde.
Dabei stellt die Prävalenzprüfung der GOP 35110 EBM nach Auffassung des Senats zunächst ein geeignetes Instrument dar, Besonderheiten der Behandlungsausrichtung einer Praxis zu erkennen.
Zur Feststellung von Amts wegen zu berücksichtigender – offensichtlicher – Praxisbesonderheiten durfte der Beklagte bei der Durchführung der Prävalenzprüfung der GOP 35110 EBM auf einen Vergleich der Behandlungsfälle der geprüften Praxis mit einer nach ICD-10 kodierten Diagnose aus dem Bereich psychische und Verhaltungsstörungen (F00 - F99) in den Abrechnungsunterlagen mit den entsprechenden Daten der Vergleichsgruppe beschränken. Nach der Leistungslegende der GOP 35110 EBM (Verbale Intervention bei psychosomatischen Krankheitszuständen) besteht der obligate Leistungsinhalt in der verbalen Intervention bei psychosomatischen Krankheitszuständen, systematischen Nutzung der Arzt-Patienten-Interaktion mit einer Dauer von mindesten 15 Minuten. Die psychosomatische Grundversorgung kann nach der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Durchführung der Psychotherapie (Psychotherapie-Richtlinie) in der Fassung vom 19. Februar 2009 (BAnz. Nr. 58, S. 1399, vom 17. April 2009) geändert am 3. Januar 2015 (BAnz. AT 2. Januar 2015 B 2) mit Wirkung vom 3. Januar 2015, am 15. Oktober 2015 (BAnz. AT vom 5. Januar 2016 B 3) mit Wirkung vom 6. Januar 2016 und am 16. Juli 2015 (BAnz. AT vom 15. Oktober 2015 B 3) mit Wirkung vom 16. Oktober 2015) nur im Rahmen einer übergeordneten somato-psychischen Behandlungsstrategie Anwendung finden (Casser (Hrsg.), Kölner Kommentar zum EBM, 12. Ergänzungslieferung Stand: 1. April 2017, zu GOP 35100 EBM). Indikationen zur Anwendung von Psychotherapie gemäß Abschnitt B und Maßnahmen der Psychosomatischen Grundversorgung gemäß Abschnitt C der Richtlinie bei der Behandlung von Krankheiten können nach § 22 Abs. 1 Psychotherapie-Richtlinie nur die dort unter Nr. 1 – 9 genannten Indikationen sein. Nachdem nach ihrer Präambel die Psychotherapie-Richtlinie der Sicherung einer den gesetzlichen Erfordernissen entsprechenden ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Psychotherapie der Versicherten in der vertragsärztlichen Versorgung dient, ist der Senat der Auffassung, dass die Leistungen nach GOP 35110 EBM nur bei Vorliegen der in § 22 Abs. 1 Psychotherapie-Richtlinie genannten Indikationen wirtschaftlich ist.
Der Beklagte verstößt auch nicht gegen seine Amtsermittlungspflichten, wenn er die Prävalenzprüfung auf die F-Diagnosen nach ICD-10 beschränkt, denn nach § 295 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. Satz 2 SGB V in der für die streitgegenständlichen Abrechnungsquartale maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz – GKV-VStG) vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I, S. 2983) mit Wirkung vom 1. Januar 2012 sind die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen verpflichtet, in den Abrechnungsunterlagen für die vertragsärztlichen Leistungen die von ihnen erbrachten Leistungen einschließlich des Tages der Behandlung, bei ärztlicher Behandlung mit Diagnosen im Rahmen der Abrechnung zu übermitteln und die Diagnosen nach der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der jeweiligen vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebenen deutschen Fassung – also nach ICD-10 – zu verschlüsseln. Damit ist jedenfalls im Regelfall zu erwarten, dass bei Ansatz der streitgegenständlichen GOP 35110 EBM jeweils eine F-Diagnose in der Abrechnung auch verschlüsselt wird.
In der Funktion als Hilfsmittel zur Feststellung von Praxisbesonderheiten hat das Ergebnis der Prävalenzprüfung nach dem Verständnis des Senats die Rolle eines „Aufgreifkriteriums“ in Bezug auf das Vorliegen von Praxisbesonderheiten. Jedenfalls dies rechtfertigt es, die Beurteilung der ärztlichen Abrechnungsunterlagen bei der Prüfung auf offenkundige und von Amts wegen zu berücksichtigenden Praxisbesonderheiten auf die dort angegebenen Diagnosen zu beschränken. Soweit das Sozialgericht Berlin zu der § 295 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V i. d. F. des GKV-VStG entsprechenden Regelung in § 295 Abs. 1 Nr. 2 SGB V in der seit 11. April 2017 geltenden Fassung mit dem Einschub „soweit für die Überprüfung der Zulässigkeit und Richtigkeit der Abrechnung erforderlich“ darauf abstellt, dass es sich um eine Vorschrift handele, die im Rahmen der Abrechnungsprüfung ausschlaggebend sei (SG Berlin, Urteil 9. Januar 2019, S 87 KA 77/18 - Rn. 68), weist der Senat darauf hin, dass die Angabe der Diagnose – wie von § 295 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V gefordert – auch für die Durchführung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen erforderlich ist (Koch in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 295 SGB V [Stand: 4. November 2020], Rn. 20). Die Angabe einer F-Diagnose nach ICD-10 ist daher jedenfalls als Indiz für eine wirtschaftliche Erbringung der GOP 35110 EBM zu werten. Sind schon diese formalen Aspekte nicht erfüllt, sind Prüfgremien ohne ergänzenden substantiierten Vortrag der betroffenen Praxis nicht gehalten, in weitere Ermittlungen einzutreten (BSG, Urteil vom 13. Mai 2020 – B 6 KA 25/19 R –, juris Rn. 46).
In dieser Funktion ist es daher auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte den Mehrfachansatz der GOP 35100 EBM im Rahmen eines Behandlungsfalls nicht in die Prävalenzprüfung einbezieht, auch wenn – worauf das Sozialgericht zu Recht hinweist – § 21a Abs. 2 der Psychotherapie-RL verbale Interventionen in begrenztem Umfang über einen kürzeren Zeitraum als auch im Verlauf einer chronischen Erkrankung über einen längeren Zeitraum niederfrequent zulässt. Gerade deshalb ist anhand der bloßen Abrechnungsunterlagen (Behandlungsscheine) die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise nicht erkennbar, eine sich hieraus ergebende etwaige Praxisbesonderheit daher nicht offenkundig.
Der Senat verkennt auch nicht die sich aus der rein statistischen Prävalenzprüfung ergebenden – und vom Sozialgericht beanstandeten – Unschärfen der Methode, die einerseits F-Diagnosen berücksichtigt, ohne dass im jeweils geprüften Quartal die streitgegenständlichen GOP in den jeweils betroffenen Behandlungsfällen angesetzt worden sein muss, und andererseits den – nach der Leistungslegende der GOP 35100 EBM zulässigen – Mehrfachansatz der GOP in einem Behandlungsfall nicht abbildet. Mit dem aus der Quote der F-Diagnosen im Vergleich zur Fachgruppe gebildeten Faktor kann in der Folge auch nicht stets die Praxisbesonderheit zutreffend vollumfänglich rechnerisch bestimmt werden. Der Mehrfachansatz im Behandlungsfall kann zu einer überproportionalen Steigerung der Abrechnungshäufigkeit führen, die im Rahmen der Prävalenzprüfung nicht abgebildet wird. Dies ist – ausgehend von der o. g. Funktion der Prävalenzprüfung – jedoch nicht zu beanstanden, da die bloß gehäufte Abrechnung der GOP 35100 EBM in einem Behandlungsfall noch keine Aussage über die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der vermehrten Leistungserbringung trifft und auch nicht treffen kann und somit der bloß gehäufte Ansatz der GOP kein Indiz für das Bestehen einer Praxisbesonderheit darstellt.
Bei der von Amts wegen vorzunehmenden Prüfung der Abrechnungsdaten auf das Vorliegen von offenkundigen Praxisbesonderheiten dürfen sich die Prüfgremien allerdings – auch deshalb – nicht auf die rein statistische Methode der Prävalenzprüfung beschränken, sondern haben diese Prüfung durch eine medizinisch-intellektuelle Prüfung zu ergänzen, um über diese medizinische Beurteilung die Verlässlichkeit der statistischen Aussage zur Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung sicherstellen zu können (vgl. Hess in: Kasseler Kommentar Sozialversicherung, 111. EL September 2020, SGB V § 106a Rn. 39), dies gilt umso mehr als es sich vorliegend um eine Einzelleistungsprüfung handelt. Diese Prüfung muss nach der Rechtsprechung des BSG zwar nicht explizit erfolgen, jedoch müssen ihre Ergebnisse hinreichend erkennbar in die Entscheidung des Beklagten eingeflossen sein (vgl. BSG, Urteil vom 21. März 2012 – B 6 KA 18/11 R –, SozR 4-2500 § 106 Nr. 34, Rn. 25; BSG, Urteil vom 21. März 2012 – B 6 KA 17/11 R –, SozR 4-2500 § 106 Nr. 35, Rn. 28). Dabei sind die Prüfgremien gehalten, auch solchen Aspekten von Amts wegen nachzugehen, die anhand der Abrechnungsunterlagen offenkundig sind bzw. aufgrund der Angaben des Arztes zumindest erkennbar sind.
Vorliegend hat der Beklagte ohne Rechtsverstoß die Anerkennung von weiteren Praxisbesonderheiten bei der Klägerin abgelehnt, insbesondere liegt ein Verstoß gegen den sich aus § 20 SGB X ergebenden Amtsermittlungsgrundsatz nicht vor, weil der Beklagte keine Behandlungsdokumentationen angefordert hat.
Praxisbesonderheiten sind anzuerkennen, wenn ein spezifischer, vom Durchschnitt der Vergleichsgruppe signifikant abweichender Behandlungs- bzw. Verordnungsbedarf des Patientenklientels und die hierdurch hervorgerufenen Mehrkosten nachgewiesen werden (BSG, Urteil vom 22. Juni 2005 – B 6 KA 80/03 R – SozR 4-2500 § 87 Nr. 10 Rn. 35; BSG, Urteil vom 23. März 2011 – B 6 KA 9/10 R – SozR 4-2500 § 84 Nr. 2 Rn. 38; BSG Urteil vom 5. Juni 2013 – B 6 KA 40/12 R – SozR 4-2500 § 106 Nr. 41 Rn. 14; BSG Urteil vom 22. Oktober 2014 – B 6 KA 8/14 R – SozR 4-2500 § 106 Nr. 49 Rn. 55). Regelmäßig nicht zielführend ist der Hinweis auf schwere und kostenintensive Erkrankungen, weil sich solche Fälle in jeder Praxis finden (BSG Urteil vom 23. März 2011 – B 6 KA 9/10 R – SozR 4-2500 § 84 Nr. 2 Rn. 38; BSG Urteil vom 5. Juni 2013 – B 6 KA 40/12 R – SozR 4-2500 § 106 Nr. 41 Rn. 14). Ob Praxisbesonderheiten anzuerkennen sind, ergibt sich aus einer wertenden Betrachtung, welche zum einen zum Gegenstand hat, ob die vorgetragenen spezifischen Besonderheiten des Patientenklientels im Vergleich zur Fachgruppe tatsächlich bestehen und zum anderen, ob diese Besonderheiten die Annahme rechtfertigen, dass sich diese auf das Behandlungs- und Verordnungsverhalten ausgewirkt haben. Bei der Feststellung und Bewertung von Praxisbesonderheiten steht den Prüfgremien ein Beurteilungsspielraum zu (BSG, Urteil vom 2. November 2005 – B 6 KA 63/04 R – BSGE 95, 199, Rn. 36; BSG, Urteil vom 5. Juni 2013 – B 6 KA 40/12 R – SozR 4-2500 § 106 Nr. 41, Rn. 14), nicht zuletzt, weil sich Praxisbesonderheiten nicht anhand eines Vergleichs statistischer Daten ermitteln lassen, sondern es hierzu einer fachkundigen Beurteilung bedarf (BSG, Urteil vom 2. November 2005 – B 6 KA 63/04 R – BSGE 95, 199, Rn. 36; BSG, Urteil vom 22. Oktober 2014 – B 6 KA 8/14 R – SozR 4-2500 § 106 Nr. 49, Rn. 57; BSG, Beschluss vom 25. Januar 2017 – B 6 KA 22/16 B –, juris Rn. 14). Dabei obliegt die Darlegungs- und Feststellungslast für besondere, einen höheren Behandlungsaufwand rechtfertigende atypische Umstände wie Praxisbesonderheiten bei dem Arzt (stRspr. z. B. BSG, Urteil vom 5. Juni 2013 – B 6 KA 40/12 R – SozR 4-2500 § 106 Nr. 41 Rn. 18; BSG, Urteil vom 28. Oktober 2015 – B 6 KA 45/14 R – SozR 4-2500 § 106 Nr. 53 Rn. 33, jeweils mwN). Dass der Arzt seiner Darlegungs- und Beweislast nur nach einer – u. U. aufwendigen – Auswertung der gespeicherten Daten gerecht werden kann, steht dem nicht entgegen (BSG, Urteile vom 28. September 2016 – B 6 KA 44/15 R – SozR 4-2500 § 106 Nr. 55 Rn. 2 und – B 6 KA 43/15 R – USK 2016-77 -, juris Rn. 35). Die Prüfgremien sind zu Ermittlungen von Amts wegen nur hinsichtlich solcher Umstände verpflichtet, die typischerweise innerhalb der Fachgruppe unterschiedlich und daher augenfällig sind (BSG, Urteile vom 21. März 2012 – B 6 KA 17/11 R – SozR 4-2500 § 106 Nr. 35 Rn. 17, 43 und – B 6 KA 18/11 R – SozR 4-2500 § 106 Nr. 34 Rn. 8, jeweils mwN; BSG, Urteil vom 5. Juni 2013 – B 6 KA 40/12 R – SozR 4-2500 § 106 Nr. 41 Rn. 16; BSG, Urteil vom 14. Mai 2014 – B 6 KA 13/13 R – SozR 4-2500 § 106 Nr. 44 Rn. 14).
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts hat die Klägerin indessen weitergehende spezifische Besonderheiten ihres Patientenklientels, also einen statistisch signifikant abweichenden Versorgungsbedarf nicht substantiiert. Hierfür wäre es erforderlich gewesen darzulegen, dass auf Grund eines besonderen Zuschnitts ihres Patientenklientels einen signifikant höheren Anteil an schwierigen Krankheitsfällen mit psychosomatischen Behandlungsbedarf besteht, der signifikant vom arztgruppenüblichen Bild abweicht. Hierfür ist die vorliegend erfolgte – allerdings ausführliche – Auflistung einzelner Behandlungsfälle – nicht ausreichend, vielmehr hätte der statistisch erhebliche Zusammenhang aufgezeigt werden müssen. Dies ist hier nicht erfolgt.
Allerdings weist der Senat klarstellend darauf hin, dass als Folge eines diesen Anforderungen entsprechenden Vortrags der Beklagte gehalten wäre, ggf. die Behandlungsdokumentation zumindest in Bezug auf eine statistisch aussagekräftige Stichprobe zur weiteren Überprüfung heranzuziehen und im Rahmen der intellektuellen Prüfung auszuwerten, denn entgegen der Auffassung des Beklagten reicht es insoweit aus, dass sich die Indikation für die Erbringung der Leistung nach GOP 35110 EBM aus der Patientendokumentation ergibt. Sowohl § 12 Psychotherapie-Richtlinie als auch § 57 Abs. 1 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä) verpflichten die Vertragsärzte zur schriftlichen Dokumentation des Behandlungsgeschehens – hier: der diagnostischen Erhebungen und der wesentlichen Inhalte der Interventionen (vgl. § 12 Psychotherapie-Richtlinie). Da die Abrechenbarkeit der GOP 35110 EBM nach dem klaren Wortlaut der Leistungslegende jedenfalls in den streitgegenständlichen Quartalen nicht die Verschlüsselung einer F-Diagnose erforderte, ergibt sich auch aus § 295 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V a. F. keine Verpflichtung zu einer entsprechenden Verschlüsselung in den Abrechnungsunterlagen, so dass das Fehlen einer ICD-10-Verschlüsselung nicht per se gegen die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung spricht.
Bei der Klägerin war eine Praxisbesonderheit „Heimpatienten“ nicht anzuerkennen, da die Wirtschaftlichkeit des von ihr geltend gemachten Mehraufwandes nicht nachgewiesen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann die Betreuung von Pflegeheimbewohnern eine Praxisbesonderheit darstellen, wenn nachweisbar ein erhöhter Behandlungs-bedarf besteht. Ein solcher ergibt sich aber nicht per se aus dem Umstand, dass ein Patient in einem Pflegeheim wohnt. Weder die Pflegebedürftigkeit noch die spezielle Wohnsituation lassen ohne Weiteres auf erhöhte Kosten schließen (BSG, Urteil vom 5. Juni 2013 – B 6 KA 40/12 R – SozR 4-2500 § 106 Nr. 41 Rn. 17; BSG, Urteil vom 13. Mai 2020 – B 6 KA 25/19 R –, SozR 4-2500 § 106 Nr. 63, Rn. 43 - 44).
Schließlich hat die Klägerin auch kompensatorische Einsparungen nicht hinreichend substantiiert dargetan, soweit sie vorträgt, dass die psychosomatische Versorgung in einer Mehrzahl von Behandlungsfällen zur Vermeidung stationärer Behandlungen geführt habe. Zur Darlegung, dass die Einsparungen durch den beanstandeten Mehraufwand kausal bedingt waren, hätte sie unter Auswertung der Krankenunterlagen anhand der Kenntnis ihrer Patientenschaft die typischen Krankheiten sowie die von ihr praktizierte Behandlungstypik aufzeigen und ausführen müssen, in welchem Bereich und inwiefern sich dadurch Einsparungen ergeben. Darzulegen ist hinsichtlich der Einsparung von Krankenhauseinweisungen, durch welchen Mehraufwand die Einweisungen zur stationären Behandlung vermieden wurden, während andere Ärzte die Patienten ins Krankenhaus eingewiesen haben würden (Ulrich in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 106a SGB V [Stand: 15. Dezember 2021], Rn. 78 m. w. N.).
Nachdem auch nach Bereinigung des Fallwerts um die anerkannten Praxisbesonderheiten nebst Sicherheitszuschlag und Belassen eines Mehraufwandes die Praxis der Klägerin weiterhin im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses liegt, ist der Beklagte rechtsfehlerfrei von der Unwirtschaftlichkeit des Abrechnungsverhaltens in den streitgegenständlichen Quartalen ausgegangen.
Fehler des Beklagten bei der Ausübung seines Ermessens zur Feststellung des Ausmaßes der Unwirtschaftlichkeit bzw. seines Kürzungsermessens zur Festlegung der Höhe der Honorarminderung (stRspr. seit BSG, Urteil vom 26. April 1978 – 6 RKa 10/77 –, BSGE 46, 136; vgl. weitere Nachweise bei Engelhard in: Hauck/Noftz, SGB, 02/20, § 106c SGB V, Rn. 137) sind nicht erkennbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Erstattung von Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil diese keinen eigenen Sachantrag gestellt haben (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.