I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 14. Dezember 2022 – S 33 AS 169/21 – wird zurückgewiesen.
II. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 14. Dezember 2022 – S 33 AS 229/22 – wird zurückgewiesen.
III. Die Beteiligten haben einander auch für die Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten in den beiden verbundenen Verfahren um die Höhe der laufenden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung – im ursprünglichen Verfahren L 6 AS 43/23 für die Zeit vom 1. Oktober 2020 bis 31. März 2021, im ursprünglichen Verfahren L 6 AS 44/23 für die Zeit vom 1. April 2021 bis 31. März 2022 –, zudem um vom Kläger geltend gemachte Entschädigungsansprüche sowie um einen Aufwendungsersatzanspruch.
Der im Jahre 1960 geborene Kläger wohnte und wohnt ebenso wie die Zeugin B. in einer, soweit ersichtlich, dieser gehörenden Drei-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 79 Quadratmetern in A-Stadt. Die Zeugin B., geboren 1954, erhielt ebenfalls Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch, bis sie im Frühjahr 2020 wegen des Bezugs einer Rente aus dem Leistungsbezug ausschied.
Bei der Erstantragstellung auf Grundsicherungsleistungen im Jahr 2012 gab der Kläger an, er wohne bei der Zeugin B. zur Miete. In dem von ihm vorgelegten und auf den 18. Juni 2011 datierten „Untermietvertrag“ waren monatlich für die Anmietung eines Zimmers bei Mitbenutzung von Küche, Bad und Balkon eine Miete von 180,- Euro, Heizkosten von 20,- Euro und Nebenkosten von 50,- Euro. Als Mietbeginn war danach der 1. Juli 2011 vereinbart, als Adresse des Klägers allerdings schon die der angemieteten Räume angegeben. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 142 f. der zum Verfahren L 6 AS 44/23 elektronisch vorliegenden Verwaltungsakte des Beklagten – im Folgenden: eVA 44/23 – Bezug genommen; Gleiches gilt für die im Folgenden unter Angabe der Aktenfundstelle aufgeführten weiteren Unterlagen (die Blattzahlen beziehen sich auf die vom Dokumentenmanagementsystem des Gerichts vergebenen Blattzahlen).
Der Kläger erhält seit 2012 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) von der Beklagten. In diesem Rahmen bewilligte diese dem Kläger durch Bescheid vom 19. März 2020 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1. April bis zum 30. September 2020 in Höhe von 682,- Euro monatlich und verlängerte die der Höhe nach unveränderte Bewilligung durch Bescheid vom 8. April 2020 auf die Zeit bis 31. März 2021. Dabei berücksichtigte sie an Bedarfen für Unterkunft und Heizung – dem Mietvertrag entsprechend – monatlich eine Kaltmiete von 180,- Euro, Heizkosten von 20,- Euro und Nebenkosten von 50,-Euro (vgl. Bl. 300 ff. beziehungsweise Bl. 331 ff. der im Verfahren L 6 AS 43/23 elektronisch übermittelten und dort als „Verwaltungsvorgang 1“ geführten Leistungsakte des Beklagten – im Folgenden: eVwV 1 –).
Mit Schreiben vom 11. Mai 2020 teilte der Kläger der Beklagten mit, die Gesamtmiete werde sich ab dem 1. Juni 2020 von 250,- Euro auf 320,- Euro erhöhen, und beantragte eine entsprechende Änderung der Leistungsbewilligung. Nach einem mit dem Antrag vorgelegten und von der Zeugin B. gezeichneten Schreiben vom 1. März 2020 stiegen die Kaltmiete von 180,- Euro auf 215,- Euro, die Heizkosten von 20,- Euro auf 30,- Euro und die Betriebskosten von 50,- Euro auf 75,- Euro (eVA 44/23 Bl. 140). Die Beklagte teilte dem Kläger hierzu mit, das Mieterhöhungsverlangen werde den mietrechtlichen Anforderungen nicht gerecht. Daher ergäben sich aus der Mieterhöhung keine übernahmefähigen Kosten der Unterkunft und Heizung. Zudem forderte sie den Kläger zur Einreichung von Nebenkostenabrechnungen auf. Nachdem die Beklagte erneut die Vorlage von Belegen angemahnt hatte, reichte der Kläger ein Schreiben der Zeugin B. vom 16. Mai 2020 zur verlangten Mieterhöhung zu den Akten (Bl. 925 des zum Verfahren L 6 AS 43/23 elektronisch übermittelten und dort als „Verwaltungsvorgang 2“ geführten Leistungsakte des Beklagten – im Folgenden: eVwV 2 –); nach Anforderung weiterer Unterlagen beziehungsweise weiterer Auskünfte durch die Beklagte legte der Kläger schließlich einen auf den 28. Mai 2020 datierten und von ihm und der Zeugin B. unterschriebenen Nachtrag zu dem Untermietvertrag vor. Danach seien ab dem 1. Juni 2020 monatlich eine Miete von 215,- Euro, Heizkosten von 35,- Euro und Betriebskosten von 75,- Euro zwischen den Mietvertragsparteien vereinbart. Als weiterer Mietgegenstand wird dort eine separate Toilette aufgeführt, außerdem die Mitbenutzung von Wohnzimmer und Waschmaschine (Bl. 53 des elektronisch zum Verfahren L 6 AS 43/23 übermittelten und dort unter der Bezeichnung „Verwaltungsakte – Pro Arbeit“ geführten Verwaltungsvorgangs – im Folgenden: eVA 43/23 –). Mit Änderungsbescheid vom 8. Juni 2020 (eVwV 1 Bl. 369 ff.) erhöhte die Beklagte daraufhin das dem Kläger gewährte Arbeitslosengeld II ab Juni 2020 auf monatlich 757,- Euro und berücksichtigte dabei neben dem Regelbedarf nunmehr die vom Kläger geltend gemachten erhöhten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, also Miete in Höhe von 215,- Euro, Betriebskosten in Höhe von 75,- Euro und Heizkosten in Höhe von 35,- Euro, insgesamt 325,- Euro.
Mit Schreiben vom 14. Oktober 2020 (eVA 43/23 Bl. 20) beantragte der Kläger die Berücksichtigung einer erneuten Erhöhung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung ab dem 1. Oktober 2020 und reichte dazu einen weiteren, auf den 25. September 2020 datierten Nachtrag zum Mietvertrag ein, der von ihm und der Zeugin B. bereits unterschrieben worden war (eVA 43/23 Bl. 22). Danach seien nunmehr monatlich eine Miete von 280,- Euro, Betriebskosten von 85,- Euro und Heizkosten von 45,- Euro, insgesamt also 410,- Euro, vereinbart. Der „mtl. Stromanteil“ werde von 25,- auf 23,- Euro gesenkt.
Die Beklagte forderte den Kläger daraufhin auf, Nachweise einzureichen und Gründe zu benennen, weshalb eine erneute Erhöhung der Miete und der Nebenkosten vereinbart worden sei. Der Kläger verwies die Beklagte hierzu an die Vermieterin. Hinsichtlich der Nebenkosten sei eine weitere Erhöhung aufgrund gestiegener Kosten, wie zum Beispiel Müllabfuhr, Wasser, Reinigung des Treppenhauses, erforderlich gewesen (Schreiben vom 26. Oktober 2020, eVA 43/23 Bl. 16). Auf die anschließende Aufforderung der Beklagten, wegen der behaupteten gestiegenen Kosten Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 2018 und 2019 einzureichen, erklärte der Kläger, dass die Nebenkosten, wie ihm von der Zeugin B. offengelegt worden sei, aufgrund eines Eigentümerbeschlusses vom 10. September 2020 erhöht worden seien. Die Miete sei dem aktuellen Mietpreisniveau angepasst worden. Weitere Nachweise möge die Beklagte von der Vermieterin anfordern (Schreiben vom 4. November 2020, eVA 43/23 Bl. 13).
Mit dem im ursprünglichen Verfahren L 6 AS 43/23 streitigen Bescheid vom 12. November 2020 (eVA 43/23 Bl. 11 f.) lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers vom 14. Oktober 2020 auf Übernahme der Mieterhöhung ab 1. Oktober 2020 ab. Er habe Gründe für die erneute Mieterhöhung nicht nachgewiesen. Die Erhöhungsvereinbarung beruhe auf einer zivilrechtlich unwirksamen Grundlage. Eine willkürliche Mieterhöhung sei unzulässig und die Kosten hierfür seien nicht aus öffentlichen Mitteln zu bestreiten.
Der Kläger legte unter dem 24. November 2019 [richtig: 2020] Widerspruch gegen diesen Bescheid ein (eVA 43/23 Bl. 10). Die Ablehnung sei rechtlich unzutreffend und beruhe auf einer reinen Vermutung. Die Erhöhung der Miete und der Nebenkosten sei dadurch nachgewiesen, dass er diese der Vermieterin seit Oktober 2020 überweise.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 2021 (eVA 43/23 Bl. 1 ff.) wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Es liege zwar eine schriftliche Mieterhöhungsvereinbarung vom 25. September 2020 vor. Diese verstoße aber gegen die guten Sitten und sei damit nach § 138 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nichtig, so dass aus ihr keine Zahlungsverpflichtungen abgeleitet werden könnten. Rechtsgeschäfte, die in erster Linie darauf angelegt seien, Vermögensverhältnisse zum Schaden der Sozialhilfeträger beziehungsweise Träger der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch und damit auf Kosten der Allgemeinheit zu regeln, verstießen gegen die guten Sitten im Sinne von § 138 BGB, wenn nicht besondere Rechtfertigungsgründe vorlägen. Eine Prüfung des Ablaufs und des Zustandekommens der Mieterhöhungsvereinbarung vom 25. September 2020 zeige, dass diese nur aus dem Grund abgeschlossen worden sei, damit willkürliche, fortlaufende und nicht nachgewiesene Mieterhöhungen von dem Grundsicherungsträger gezahlt würden.
Der Kläger hat daraufhin am 1. März 2021 Klage zum Sozialgericht Darmstadt erhoben, die zunächst als sozialhilferechtliche Angelegenheit unter dem Aktenzeichen S 17 SO 41/21 registriert worden ist und nach Abgabe an die zuständige Kammer das Aktenzeichen S 33 AS 169/21 erhalten hat. Mit Schreiben vom 7. Mai 2021 (elektronische Gerichtsakte zum Verfahren L 6 AS 43/23 – eGA I – Bl. 9) hat der Kläger sein Klagebegehren dahin präzisiert, dass die Beklagte zum einen die Mieterhöhung ab 1. Oktober 2020 zu berücksichtigen und ihm zum anderen „Schmerzensgeld“ in Höhe von 85,- Euro monatlich ab dem 1. Oktober 2020 bis zur Beendigung des Rechtsstreits und schließlich eine Aufwandsentschädigung von 100,- Euro zu zahlen habe. Mit Schreiben vom 6. August 2021 (eGA I Bl. 20) hat er – nach Hinweis des Sozialgerichts auf die Unzuständigkeit der Sozialgerichte für den Schmerzensgeldanspruch – beantragt, ihm ab 1. Oktober 2020 bis zur Beendigung des Rechtsstreits eine „Entschädigung“ in Höhe von 85,- Euro monatlich zu zahlen. Den Antrag auf Schmerzensgeld ‚setze er bis zum Ausgang des Rechtsstreits aus‘. Weiter hat er mit Schreiben vom 24. Januar 2022 (eGA I Bl. 40) eine Nachzahlung auf die Betriebskosten für das Jahr 2020 in Höhe von 51,78 Euro geltend gemacht, deren Übernahme er zuvor mit Schreiben vom 6. Januar 2022 beim Beklagten geltend gemacht hatte. Schließlich hat er mit Schreiben vom 18. April 2022 (eGA I Bl. 53) beantragt, die Beklagte habe ihm als Ausgleich für den immateriellen Schaden, den er auf Grund der „unangemessenen Dauer des Ausgangsverfahrens“ erlitten habe, 65,- Euro monatlich ab dem 1. Oktober 2020 bis zur Beendigung des Rechtsstreits zu zahlen.
Bereits Anfang März 2021 hatte der Kläger im Übrigen bei der Beklagten die Fortzahlung des Arbeitslosengeldes II für die Zeit ab 1. April 2021 beantragt und in diesem Rahmen Bedarfe für Unterkunft und Heizung unter Berücksichtigung der erneuten Mieterhöhung ab Oktober 2020, also in Höhe von monatlich 280,- Euro für die Grundmiete, 85,- Euro für die Nebenkosten und 45,- Euro für die Heizkosten, geltend gemacht (eVwV 2 Bl. 61 ff.).
Die Beklagte bewilligte ihm daraufhin mit dem im ursprünglichen Verfahren L 6 AS 44/23 streitigen Bescheid vom 11. März 2021 Leistungen für die Zeit vom 1. April 2021 bis zum 31. März 2022 in Höhe von monatlich 771,- Euro, stellte dabei allerdings Bedarfe für Unterkunft und Heizung weiterhin monatlich nur in Höhe von 215,- Euro für die Grundmiete, von 75,- Euro für die Betriebskosten und von 35,- Euro für die Heizkosten in die Berechnung ein (eVwV 2 Bl. 20 ff.).
Der Kläger legte mit Schreiben vom 7. April 2021 „Teilwiderspruch“ wegen der Bedarfe für Unterkunft und Heizung ein (eVwV 2 Bl. 19).
Während des noch laufenden Widerspruchsverfahrens hat er mit dem bereits erwähnten Schreiben vom 6. Januar 2022 die – bald darauf auch in dem zu diesem Zeitpunkt erstinstanzlich bereits anhängigen Verfahren S 33 AS 169/21 geltend gemachte – Übernahme der tatsächlich entstandenen Betriebskosten für das Jahr 2020 (Bl. 153 ff. der im Verfahren L 6 AS 43/23 elektronisch übermittelten und dort als „Verwaltungsvorgang 3“ geführten Leistungsakte des Beklagten – im Folgenden: eVwV 3 –) beantragt. Dazu hat er auf ein an ihn adressiertes Schreiben der Zeugin B. vom 29. Dezember 2021 verwiesen, wonach sie auf Grund der durch die Eigentümerversammlung genehmigten Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2020 umlagefähige Betriebskosten von 2.743,56 Euro zu tragen habe (eVwV 3 Bl. 154). Hiervon entfielen auf den Kläger 1.371,78 Euro. Angesichts der von der Beklagten für das Jahr bis dahin bewilligten Beträge von 1.320,- Euro sei daher, so der Kläger, noch eine Differenz von 51,78 Euro offen. Diesen Antrag hat die Beklagte mit Bescheid vom 28. Januar 2022 (eVwV 3 Bl. 150 f.) abgelehnt und den hiergegen gerichteten Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 2022 zurückgewiesen (eVwV 3 Bl. 20 ff.). Der Kläger hat daraufhin eine weitere Klage zum Sozialgericht Darmstadt – S 33 AS 148/22 – erhoben. Diese weitere Klage hat er – nach Hinweis auf die Unzulässigkeit der Klage durch die Kammervorsitzende – im Rahmen eines Erörterungstermins vor dem Sozialgericht am 22. Juni 2022 zurückgenommen (eVwV 3 Bl. 273 ff.).
Unterdessen hatte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 18. Februar 2022 (eVwV 2 Bl. 18) mitgeteilt, dass das Widerspruchsverfahren wegen seines Widerspruchs vom 7. April 2021 gegen den Bescheid vom 11. März 2021 ausgesetzt werde, da die maßgebliche Rechtsfrage bereits vor dem SG Darmstadt anhängig sei. Den gegen dieses Schreiben gerichteten Widerspruch des Klägers (eVwV 2 Bl. 16), mit dem er auf eine zeitnahe Entscheidung gedrängt hatte, verwarf die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 8. April 2022 als unzulässig (eVwV Bl. 10 ff.).
Der Kläger hat anschließend mit Eingang am 21. April 2022 erneut Klage zum Sozialgericht Darmstadt – S 33 AS 229/22 – erhoben und für den Zeitraum vom 1. April 2021 bis zum 31. März 2022 zum einen Leistungen unter Berücksichtigung der erhöhten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung auf Grund der ab 1. Oktober 2020 wirkenden Vereinbarung und zum anderen wiederum eine Entschädigung von 85,- Euro monatlich geltend gemacht (elektronische Leistungsakte zum Verfahren L 6 AS 44/23 – im Folgenden: eGA II – Bl. 1).
Die Beklagte hat daraufhin den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 11. März 2021 durch Widerspruchsbescheid vom 12. Mai 2022 (Bl. 1 ff. im Verfahren L 6 AS 44/23 unter dem Aktenzeichen „30-06/78/23 St“ vorliegenden Aktenvorgangs der Beklagten) mit ähnlicher Begründung wie bereits zum vorangegangenen Streitzeitraum als unbegründet zurückgewiesen.
Während der bereits laufenden Verfahren hat der Kläger zudem am 26. Juli 2022 eine erneute Erhöhung des „Heizkostenanteils/pauschal“ von 45,- Euro auf 75,- Euro monatlich für die Zeit ab dem 1. August 2022 geltend gemacht (vgl. Bl. 959 eVwV 2). Diesen Antrag hat die Beklagte mit Bescheid noch von demselben Tag abgelehnt, da über die Versorgung mit Wärme und Warmwasser verbrauchsabhängig abzurechnen sei. Der Kläger hat daraufhin den Antrag mit Schreiben vom 31. Juli 2022 zurückgenommen, da er einen „Heizkostenanteil“ beantragen wolle (eVwV 2 Bl. 966). Dies hat er mit einem auf den 30. Juli 2022 datierten und am 2. August 2022 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben auch getan und für die Zeit ab 1. August 2022 eine Erhöhung des „Heizkostenanteils“ auf 75,- Euro geltend gemacht; von einer „Pauschale“ stehe nichts im Mietvertrag (eVwV 2 Bl. 965). Zudem hat er mit Eingang am 3. August 2022 eine Erhöhung des „Betriebskostenanteils“ auf 80,- Euro geltend gemacht; ebenfalls mit der Begründung von einer „Pauschale“ stehe nichts im Mietvertrag (eVwV 2 Bl. 968). Zu diesen Begehren hat er – für die Zeit ab 1. April 2022 – am 5. Dezember 2022 (reine Leistungs )Klage erhoben (Bl. 284 f. eLA 2), die, soweit ersichtlich, beim Sozialgericht Darmstadt weiterhin anhängig ist.
Am 25. Oktober 2022 hat der Kläger dann Unterlagen zu einer weiteren Erhöhung der Aufwendungen für die Unterkunft und einen entsprechenden Nachtrag zum Untermietvertrag vom 20. Oktober 2022 bei der Beklagten eingereicht, wonach mit Wirkung ab 1. Dezember 2022 die Kaltmiete auf nunmehr 417,- Euro, der Betriebskostenanteil auf 46,- Euro und der Heizkostenanteil auf 89,58 Euro erhöht werde, und die Übernahme dieser Beträge durch die Beklagte beantragt (eVwV 2 Bl. 1244 ff.). Im Januar 2023 hat er – unter Verweis auf das Bürgergeld-Gesetz – nochmals die Übernahme dieser Beträge geltend gemacht, wobei er die Aufwendungen für Heizung und Betriebskosten nunmehr wieder als Pauschale qualifiziert hat (eVwV 2 Bl. 1290). Die Beklagte hat die Berücksichtigung der höheren Grundmiete mit Bescheid vom 24. Januar 2023 (eVwV 2 Bl. 1286 f.), die Übernahme höherer Heizkosten mit Bescheid vom 2. Februar 2023 (eVwV 2 Bl. 1295 f.) und die Übernahme höherer Betriebskosten mit weiterem Bescheid ebenfalls vom 2. Februar 2023 (eVwV 2 Bl. 1293 f.) abgelehnt. Hiergegen hat sich der Kläger durch Schreiben vom 31. Januar 2023 beziehungsweise vom 12. Februar 2023 gewandt, die er als „Überprüfungsantrag gem. § 44 SGB X“ bezeichnet hat (eVwV 2 Bl. 1291 f. bzw. Bl. 187 f.). Die Beklagte hat diese Schreiben als Widersprüche gewertet und diese durch Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2023, berichtigt durch Bescheid vom 16. Oktober 2023, zurückgewiesen (eVwV 2 Bl. 193 ff. bzw. 221 ff.). Hiergegen hat der Kläger ebenfalls Klage erhoben, die beim Sozialgericht unter dem Aktenzeichen S 33 AS 326/23 anhängig ist.
In den beiden hiesigen Verfahren hatte der Kläger unterdessen im Rahmen eines Erörterungstermins am 22. Juni 2022 die Anträge auf Entschädigung und Schmerzensgeld zurückgenommen (eGA I Bl. 80 ff.). Mit Schreiben vom 12. Juli 2022 (eGA I Bl. 115 f.) hat er jedoch – wiederum zu beiden Verfahren – erklärt, er werde die Anträge bezüglich der jeweiligen Entschädigungsforderung aufrechterhalten und widerspreche der Rücknahme im Erörterungstermin. Die im Verfahren S 33 AS 169/21 geforderte Entschädigung sei, so hat er mit Schreiben vom 14. Juli 2022 (eGA I Bl. 119) verlangt, als einmalige Entschädigung in Höhe von 4.335,- Euro zu leisten. Mit Schreiben vom 5. Dezember 2022 (eGA I Bl. 153 f.) hat er schließlich zum Verfahren S 33 AS 169/21 wieder die Anträge aus dem Schreiben vom 7. Mai 2021 formuliert und auch im Verfahren S 33 AS 229/22 Schmerzensgeld in Höhe von 85,- Euro monatlich eingefordert.
Zur Begründung seiner Klagen hat sich der Kläger in beiden Verfahren auf die Wirksamkeit der Vereinbarungen zur Mieterhöhung berufen. Diese seien auch inhaltlich gerechtfertigt, da er weitere Teile der Wohnung nutzen dürfe. Zudem habe die Beklagte den Mietspiegel zu beachten. Weiter hat er sich auf das auf Grund der Corona-Pandemie geltende vereinfachte Verfahren berufen. Schließlich habe die Beklage es abgelehnt, die Kosten für eine Mitgliedschaft im Mieterschutzbund zu übernehmen, und es versäumt, ihn gegenüber der Vermieterin ausreichend zu unterstützen.
Das Sozialgericht hat am 14. Dezember 2022 auf der Grundlage einer mündlichen Verhandlung vom 7. Dezember 2022, in deren Rahmen der Kläger die Kammervorsitzende wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hatte, und nach Bescheidung des Befangenheitsgesuchs zu beiden Verfahren Urteile verkündet, mit denen es die jeweilige Klage uneingeschränkt abgewiesen hat (eGA I Bl. 177 f. bzw. eGA II Bl. 110 f.). In der schriftlichen Urteilsfassung hat das Sozialgericht die Entscheidungen dann wie folgt tenoriert:
im Verfahren S 33 AS 169/21 (eGA I Bl. 186):
„Die Klage wird abgewiesen.
Soweit der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, eine Entschädigung i.H.V. 85,- Euro monatlich ab dem 1. Oktober bis zur Beendigung des Rechtsstreits an den Kläger zu zahlen, wird das Verfahren abgetrennt. Das Sozialgericht Darmstadt erklärt sich für unzuständig und verweist den Rechtsstreit an das Landgericht Darmstadt.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.“
und im Verfahren S 33 AS 229/22 (eGA II Bl. 112):
„Die Klage wird abgewiesen.
Soweit der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, eine Entschädigung i.H.V. 85,- Euro monatlich ab dem 1. Oktober bis zur Beendigung des Rechtsstreits an den Kläger zu zahlen, wird das Verfahren abgetrennt. Das Sozialgericht Darmstadt erklärt sich für unzuständig und verweist den Rechtsstreit an das Landgericht Darmstadt.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.“
Zur Begründung hat es in beiden Urteilen im Wesentlichen übereinstimmend ausgeführt, das Sozialgericht sei, soweit der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eine Entschädigung begehre, sachlich nicht zuständig. Der diesbezügliche Antrag werde gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) abgetrennt und an das sachlich und örtlich zuständige Landgericht Darmstadt verwiesen. Bei diesem Begehren des Klägers handele es sich, unabhängig von der konkreten Bezeichnung als Entschädigung oder als Schmerzensgeld, um die Geltendmachung eines Amtshaftungsanspruchs, für den gemäß § 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes ausschließlich zuständig seien.
Im Übrigen sei die jeweilige Klage zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Anerkennung höherer Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Tatsächliche Aufwendungen für die Unterkunft seien vom Leistungsträger nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch bis zur Angemessenheitsgrenze zu übernehmen, wenn sie aufgrund einer wirksamen rechtlichen Verpflichtung vom Leistungsberechtigten zu tragen seien. Erforderlich sei, dass der Leistungsberechtigte einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten, ernsthaften Mietzinsforderung ausgesetzt sei, bei deren Nichtzahlung die Wohnungslosigkeit drohe (Verweis auf Luik, in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Auflage 2021, § 22 Rn. 55 m.w.Nw.). Auf einer zivilrechtlich unwirksamen Grundlage beruhende Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft könnten und dürften nicht dauerhaft aus öffentlichen Mitteln bestritten werden (Verweis auf BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 8/09 R, Rn. 21). Grundsätzlich müsse das Jobcenter, wenn es eine Mietzinsvereinbarung für unwirksam halte, ein Kostensenkungsverfahren betreiben. Durch eine qualifizierte Kostensenkungsaufforderung müsse der Leistungsberechtigte in die Lage versetzt werden, seine Rechte gegenüber dem Vermieter durchzusetzen (Verweis auf BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 8/09 R, Rn. 22 f.). Anderes könne aber in Fällen gelten, in denen die Unwirksamkeit der zivilrechtlichen Grundlage offen auf der Hand liege (Verweis auf Luik, in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Auflage 2021, § 22 Rn. 57).
Der am 25. September 2020 zwischen dem Kläger und seiner Vermieterin geschlossene Nachtrag zum Mietvertrag, in welchem eine Kaltmiete von 280,- Euro und Nebenkosten von 130,- Euro, insgesamt 410,- Euro, vereinbart worden seien, sei gemäß §138 Abs. 1 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig und begründe deshalb keine Verpflichtung des Klägers zur Zahlung einer höheren Miete. Die Kammer sei davon überzeugt, dass diese Vereinbarung niemals zum Ziel gehabt habe, eine vom Kläger selbst zu tragende Zahlungsverpflichtung zu begründen, sondern vielmehr in gezieltem Zusammenwirken der Vertragsparteien die Beklagte zur Erbringung höherer Leistungen habe veranlassen sollen. Dabei verkenne die Kammer nicht, dass gerechtfertigte Mieterhöhungsverlangen aufgrund von Preissteigerungen grundsätzlich möglich seien und dass ein wirksames Mieterhöhungsverlangen auch eine höhere Leistungsverpflichtung des Leistungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch begründen könne. Vorliegend habe die Vermieterin des Klägers nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs allerdings keine Zustimmung des Klägers zur Mieterhöhung verlangen können. Gemäß § 558 Abs. 1 Sätze 1-2 BGB könne der Vermieter die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete in dem Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung eintreten solle, seit 15 Monaten unverändert sei. Das Mieterhöhungsverlangen könne frühestens ein Jahr nach der letzten Mieterhöhung geltend gemacht werden. Vorliegend sei die Miete zuletzt im Juni 2020, also vier Monate vor der im Nachtrag zum Mietvertrag vom 25. September 2020 vereinbarten erneuten Erhöhung ab Oktober 2020, erhöht worden. Aus diesem Grund hätte die Vermieterin des Klägers dessen Zustimmung zu einer weiteren Mieterhöhung in so kurzer Zeit nicht verlangen können. Dieser Umstand sei dem Kläger aufgrund des Austauschs mit der Beklagten über das erste Mieterhöhungsverlangen aus Mai 2020 auch bekannt gewesen. Bereits auf das Schreiben des Klägers vom 11. Mai 2020 habe die Beklagte ihn auf die Anforderungen an ein Mieterhöhungsverlangen gemäß §§ 558 ff. BGB hingewiesen und darauf, dass das vorgelegte Mieterhöhungsverlangen diesen Anforderungen nicht gerecht werde. Als der Kläger daraufhin mit seiner Vermieterin einen Nachtrag zum Untermietvertrag vom 28. Mai 2020 abgeschlossen habe, in welchem die zuvor in dem Mieterhöhungsverlangen enthaltene höhere Miete nun zwischen den Mietparteien vereinbart worden sei, habe die Beklagte zwar letztlich die höheren Kosten für Unterkunft und Heizung anerkannt, dem Kläger aber auch deutlich gemacht, dass sie sein Vorgehen als Umgehung der mietrechtlichen Vorschriften ansehe. Nach diesen Vorgängen habe der Kläger in Bezug auf Mieterhöhungen besonders sensibilisiert gewesen sein müssen. Die Beklagte habe ihm in verschiedenen Schreiben die mietrechtlichen Vorschriften erläutert. Es sei deshalb für die Kammer nicht nachvollziehbar, dass der Kläger einer weiteren Mieterhöhung zugestimmt habe, ohne sich vorher mit der Beklagten in Verbindung zu setzen. Als er den Nachtrag zum Mietvertrag vom 25. September 2020 mit Schreiben vom 14. Oktober 2020 bei der Beklagten eingereicht habe, sei dieser bereits von ihm unterzeichnet gewesen. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Kläger, der selbst betone, Betriebswirtschaftslehre studiert zu haben und wirtschaftlich zu denken, diesen erneuten Nachtrag zum Mietvertrag abgeschlossen hätte, ohne dazu rechtlich verpflichtet zu sein, wenn er davon ausgegangen wäre, eine eigene Zahlungsverpflichtung zu begründen. Dies gelte umso mehr, als die Kammer für den Kläger keine Vorteile aus diesem Nachtrag zum Mietvertrag erkennen könne. Die Begründung, dass er nunmehr nicht mehr nur Untermieter seiner Mitbewohnerin sei und mehr Wohnraum nutzen könne, sei bereits als Begründung für den ersten Nachtrag zum Mietvertrag vom 28. Mai 2020 vorgebracht worden. Aufgrund des neuerlichen Nachtrags zum Mietvertrag habe der Kläger keine weitergehenden Nutzungsrechte erlangt. Die Gesamtumstände deuteten sehr deutlich darauf hin, dass der Nachtrag zum Mietvertrag vom 25. September 2020 im Hinblick darauf geschlossen worden sei, dass die Beklagte höhere Bedarfe für Unterkunft und Heizung habe anerkennen sollen. Soweit der Kläger darauf verweise, dass die Mietkosten immer noch vergleichsweise günstig seien und unter dem Mietpreisniveau in A-Stadt lägen, führe dies nicht zu einer anderen Beurteilung, denn nach den Vorschriften der §§ 558 ff. BGB könne auch eine Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete nur in den dort genannten Zeitintervallen verlangt werden. Die Beklagte habe den Kläger vorliegend auch nicht zur Kostensenkung auffordern müssen. Dem Kläger seien aufgrund der Vorgeschichte seine Rechte als Mieter bereits ausgiebig erläutert worden. Deshalb sei vorliegend von einem Fall auszugehen, in dem die Unwirksamkeit der zivilrechtlichen Vereinbarung offen auf der Hand liege und keine Kostensenkungsaufforderung erforderlich sei.
Die Sittenwidrigkeit des Nachtrags zum Mietvertrag erstrecke sich auch auf die Erhöhung der Nebenkostenpauschale auf 130,- Euro. Auch diesbezüglich gelte, dass die Erhöhung der Betriebskosten, wäre sie einseitig durch die Vermieterin des Klägers erfolgt, unwirksam gewesen wäre. Gemäß § 560 Abs. 1 Satz 1 BGB sei der Vermieter bei einer Betriebskostenpauschale berechtigt, Erhöhungen der Betriebskosten durch Erklärung in Textform anteilig auf den Mieter umzulegen, soweit dies im Mietvertrag vereinbart sei. Die Erklärung sei nur wirksam, wenn in ihr der Grund für die Umlage bezeichnet und erläutert werde. Eine derartige Erläuterung der Erhöhung der Betriebskosten durch die Vermieterin liege nicht vor. Auch insoweit sei der Nachtrag zum Mietvertrag vom 25. September 2020 aus den oben genannten Gründen sittenwidrig. Hierauf komme es jedoch bezogen auf die Nebenkosten im streitgegenständlichen Zeitraum nicht an, da aus den vom Kläger vorgelegten Abrechnungen ersichtlich sei, dass sich die Betriebskosten in den streitgegenständlichen Zeiträumen vom 1. Oktober 2020 bis zum 31. März 2021 beziehungsweise vom 1. April 2021 bis zum 31. März 2022 verglichen mit denen in den Vorjahren nicht wesentlich verändert hätten. 2019 hätten sie 3.677,58 Euro betragen, 2020 3.685,83 Euro. Im Jahr 2021 hätten sich die Betriebskosten für die Wohnung im ganzen Jahr sogar auf 3.605,73 Euro verringert. Da im Rückblick feststehe, dass sich die Betriebskosten in den streitgegenständlichen Zeiträumen tatsächlich nicht (beziehungsweise im Jahr 2020 lediglich um rund 8,- Euro) erhöht hätten, wären an den Kläger geleistete Nachzahlungen sofort wieder von diesem zu erstatten. Eine Verpflichtung der Beklagten, rückwirkend ab Oktober 2020 beziehungsweise April 2021 die im Nachtrag zum Mietvertrag vom 25. September 2020 vereinbarten erhöhten Betriebskosten zu erbringen, stehe deshalb der Grundsatz „dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est“ entgegen, wonach arglistig handele, wer etwas verlange, was er augenblicklich wieder zurückgeben müsse. Dieser Grundsatz werde auch vom Bundessozialgericht anerkannt (Verweis auf BSG, Urteil vom 10. August 2021 – B 2 U 15/20 R, Rn. 25 m.w.Nw.).
Nach Zustellung der Urteile am 29. Dezember 2022 hat der Kläger in beiden Verfahren jeweils am 26. Januar 2023 uneingeschränkt Berufung eingelegt.
Der Senat hat – wiederum in beiden Verfahren – zunächst durch Beschlüsse vom 5. Juli 2023 das jeweilige Verfahren, soweit es die Rechtsmittel des Klägers gegen die Feststellung der teilweisen Unzuständigkeit des Sozialgerichts und die daran anknüpfende Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Darmstadt betraf, von dem jeweiligen Berufungsverfahren abgetrennt und unter den Aktenzeichen L 6 AS 185/23 B beziehungsweise L 6 AS 186/23 B als Beschwerdeverfahren fortgeführt. In beiden Beschwerdeverfahren hat er sodann durch zwei Beschlüsse vom 6. November 2023 das jeweilige Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 14. Dezember 2022 aufgehoben, soweit das Sozialgericht sich darin für teilweise unzuständig erklärt und den Rechtsstreit insoweit an das Landgericht Darmstadt verwiesen hatte (Bl. 59 ff. der Akte zum Verfahren L 6 AS 185/23 B bzw. Bl. 57 ff. der Akte zum Verfahren L 6 AS 186/23 B).
Zur Begründung der jeweiligen Berufung hat der Kläger in beiden Verfahren im Wesentlichen übereinstimmend vorgetragen, das Sozialgericht habe ihn und seine Vermieterin zu Unrecht „des Sozialbetrugs indirekt beschuldigt“ (Bl. 230 eGA I). Die Erhöhungen der Aufwendungen für die Unterkunft seien nicht sittenwidrig, da diese sich im gesetzlichen Rahmen des Bürgerliches Gesetzbuch hielten. Auch die zweite Mieterhöhung sei nicht unwirksam; vielmehr sei durch die erste Erhöhung die ortsübliche Vergleichsmiete noch nicht erreicht worden. Er habe der Erhöhung zustimmen müssen, um nicht wohnungslos zu werden, und sich insofern, anders als vom Sozialgericht angenommen, durchaus wie ein wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch verhalten. Dementsprechend habe die Beklagte auch das erste Mieterhöhungsverlangen akzeptiert und verhalte sich widersprüchlich, wenn sie jetzt geltend mache, dieses sei nicht durchsetzbar gewesen oder er habe nicht alle Unterlagen vorgelegt.
Einzelabrechnungen zu den Nebenkosten könne er nicht vorlegen, da er, wie dem Beklagten und dem Sozialgericht bekannt gewesen sei, seit 2012 Pauschalzahlungen leiste. Das sei anders in der privat teilvermieteten Wohnung aus technischen Gründen auch gar nicht möglich. Die Berechnungen des Sozialgerichts, wonach die verlangte Erhöhung der Vorauszahlung zu einem von ihm anschließend an die Beklagte zurückzuführenden Nebenkostenguthaben hätte führen müssen, seien schon deswegen nicht zutreffend, weil es sich um eine Pauschale handele. Der von ihm getragene Anteil an den Nebenkosten sei im Übrigen schon zuvor zu gering gewesen, so dass die Erhöhung seines Anteils gerechtfertigt gewesen sei.
Auf seine Anträge auf „Schmerzensgeld/Entschädigung“ wegen der Gesetzesverstöße der Beklagten, die er nicht zurückgenommen habe, bestehe er. Die Beklagte beziehungsweise deren für ihn zuständigen, vom Kläger namentlich benannten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten vorsätzlich, rechtswidrig und aus niederen subjektiven Beweggründen und durch unwahre Behauptungen alle Anträge von ihm abgelehnt. Die Beklagte handele willkürlich und verstoße insbesondere gegen § 1 Abs. 1, § 22 Abs. 1 und Abs. 4, § 67 Abs. 1 bis 3 SGB II sowie die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften zur Erhöhung der Miete einschließlich der Nebenkosten.
Der Kläger beantragt,
- zum Verfahren L 6 AS 43/23
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 14. Dezember 2022 – S 33 AS 169/21 – aufzuheben und
1. die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 12. November 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2021 zu verpflichten, ihren Bescheid vom 8. April 2020, geändert durch den Bescheid vom 8. Juni 2020, abzuändern, und sie zu verurteilen, ihm höheres Arbeitslosengeld II, namentlich unter Berücksichtigung von Bedarfen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 410,- Euro (statt 325,- Euro monatlich), für die Zeit vom 1. Oktober 2020 bis 31. März 2021 zu gewähren,
2. die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Entschädigung von 85,- Euro monatlich ab 1. Oktober 2020 bis zur Beendigung des Rechtsstreits zu zahlen und
3. die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Aufwandsentschädigung von 100,- Euro zu zahlen;
- zum Verfahren L 6 AS 44/23
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 14. Dezember 2022 – S 33 AS 229/22 – aufzuheben und
1. die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 11. März 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Mai 2022 zu verurteilen, ihm höheres Arbeitslosengeld II, namentlich unter Berücksichtigung von Bedarfen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 410,- Euro (statt 325,- Euro monatlich), für die Zeit vom 1. April 2021 bis 31. März 2022 zu gewähren,
2. die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Entschädigung von 85,- Euro monatlich ab 1. April 2021 bis zur Beendigung des Rechtsstreits zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Sie verteidigt die erstinstanzlichen Urteile und ihre Bescheide.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung den Kläger persönlich gehört und Frau B. als Zeugin vernommen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 15. Mai 2024 (eGA Bl. 524 ff.) und wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Gerichtsakten der beiden verbundenen Verfahren, der Verfahren L 6 AS 185/23 B und L 6 AS 186/23 B sowie der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte die mündliche Verhandlung am 15. Mai 2024 trotz der vom Klägerin in der mündlichen Verhandlung gestellten Befangenheitsanträge gegen VRLSG XY. und RinLSG Dr. XV. auf der Grundlage von § 60 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung § 47 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) die Verhandlung zu Ende führen. Nach Zurückweisung der Ablehnungsgesuche gegen VRLSG XY. und RinLSG Dr. XV. und Verwerfung des nach der mündlichen Verhandlung gestellten Ablehnungsgesuchs gegen RinSG XW. durch die Beschlüsse des Senats vom 3. Juni 2024 – L 6 SF 80/24 AB und L 6 SF 81/24 AB – konnte zudem die unter deren Beteiligung getroffene Entscheidung verkündet werden.
Weiter war die mündliche Verhandlung weder auf Grund der vom Kläger nach deren Schließung eingereichten Schreiben noch aus sonstigen Gründen wieder zu eröffnen, wie der Senat durch die Berufsrichterinnen und den Berufsrichter des Senats, die an der mündlichen Verhandlung vom 15. Mai 2024 teilgenommen haben, entschieden hat.
Über die Frage der Wiedereröffnung auf Grund von nach der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätzen oder aus sonstigen, nicht mehr unmittelbar im zeitlichen Zusammenhang der mündlichen Verhandlung liegenden Umständen, hat das Gericht in der Besetzung (nur) mit den drei Berufsrichterinnen, die an der mündlichen Verhandlung teilgenommen haben, zu entscheiden (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. März 1983 – 7 C 93/82, juris, Rn. 26 und BFH, Beschluss vom 28. Februar 1996 – II R 61/95, NVwZ-RR 1997, 73; vgl. auch Breitkreuz, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, § 121 Rn. 7; anders aber Keller, in: Meyer-Ladewig/ Keller/B. Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 121 Rn. 4a).
Inhaltlich ergab sich weder aus den nach der Schließung der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätzen des Klägers noch aus sonstigen Umstanden ein Grund, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Insbesondere sah der Senat keinen Bedarf nach einer weiteren Erörterung der Ansprüche auf Schmerzensgeld/Entschädigung. Er hat daher sein in dieser Frage bestehendes Ermessen gegen eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ausgeübt.
Die zulässigen Berufungen des Klägers sind unbegründet. Namentlich stehen ihm die von ihm geltend gemachten höheren Ansprüche auf Arbeitslosengeld II in den beiden streitigen Zeiträumen nicht zu. Auch Entschädigungs- und Aufwendungsersatzansprüche kann er nicht mit Erfolg geltend machen.
I. 1. a) Gegenstand des ursprünglichen Berufungsverfahrens L 6 AS 43/23 sind – neben dem angegriffenen Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 14. Dezember 2022 zum Aktenzeichen S 33 AS 169/21 – zunächst höhere Arbeitslosengeld II-Ansprüche des Klägers für die Zeit vom 1. Oktober 2020 bis zum 31. März 2021, wobei angesichts der ausdrücklichen und übereinstimmenden Erklärung der Beteiligten hierzu nur die Leistungen auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung streitig sind.
Dabei hatte die Beklagte, bevor der Kläger die höheren Bedarfe für die Zeit ab 1. Oktober 2020 geltend gemacht hat, über die Leistungen für diesen Zeitraum durch ihren Bescheid vom 8. April 2020, geändert durch den Bescheid vom 8. Juni 2020, bereits bindend entschieden (während der vorangegangene Bescheid vom 19. März 2020 sich nur auf die Zeit bis 30. September 2020 bezog und daher für den hier streitigen Zeitraum keine Regelungswirkung entfaltet). Da die isolierte Entscheidung gerade nur über die Erhöhung eines bestimmten Bedarfs, konkret die Übernahme der im Zentrum der Auseinandersetzung stehende Mieterhöhung, nicht möglich ist, weil es sich dabei nur um eine Rechnungsposition bei der Leistungsberechnung handelt und sich die erhöhten Bedarfe als rechtlich untrennbarer Teil des einheitlichen Anspruchs auf Grundsicherungsleistungen für Unterkunft und Heizung darstellen, könnte der Kläger sein Rechtsschutzziel nur durch die Abänderung dieser Bescheide zu seinen Gunsten auf der Grundlage von § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) erreichen. Sein Schreiben vom 14. Oktober 2020 wie auch sein Klage- und Berufungsbegehren sind bei der gebotenen, an seinen erkennbaren Interessen zu orientierenden Auslegung entsprechend zu verstehen. Gleiches gilt für den Bescheid der Beklagten vom 12. November 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2021, der vor diesem Hintergrund als Ablehnung dieses Änderungsverlangens auszulegen ist.
Im gerichtlichen Verfahren ist daher das auf die Aufhebung des Bescheides vom 12. November 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2021 gerichtete Anfechtungsbegehren mit Anträgen zu kombinieren, die auf die Verpflichtung der Beklagten zur Abänderung der ursprünglichen Bewilligungsentscheidung und auf deren Verurteilung zu den begehrten höheren Leistungen zielen. Da ein entsprechendes Begehren des nicht rechtskundig vertretenen Klägers von Anfang an zu erkennen war, waren und sind die von ihm gestellten Anträge entsprechend auszulegen (vgl. § 123 SGG). Der Senat ist daher, obwohl das Sozialgericht das Verpflichtungsbegehren nicht in die von ihm sinngemäß formulierten Anträge aufgenommen hat, an einer umfassenden Entscheidung über das so verstandene Begehren nicht gehindert.
Das Rechtsschutzbegehren des Klägers lässt sich zulässig im Wege eines auf den Erlass eines Grundurteils im Sinne von § 130 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 153 Abs. 1 SGG gerichteten Antrags verfolgen.
b) Weiter ist das Entschädigungsbegehren des Klägers aus dem Verfahren S 33 AS 169/21 zum Gegenstand des ursprünglichen Berufungsverfahrens L 6 AS 43/23 geworden.
Der Kläger hatte den hierauf gerichteten Antrag zwar zunächst im Erörterungstermin vor dem Sozialgericht zurückgenommen, dann jedoch ein entsprechendes Begehren durch sein Schreiben vom 12. Juli 2022 – der Sache nach im Wege der Klageerweiterung – wieder in das Verfahren eingeführt. Das Sozialgericht hat durch sein im Verkündungstermin am 14. Dezember 2022 erlassenes Urteil die Klage in vollem Umfang – und damit auch hinsichtlich dieses Begehrens – abgewiesen. Eine diesbezügliche Abtrennung und Teilverweisung hat es erst in der schriftlichen Urteilsfassung ausgesprochen. Zu diesem Zeitpunkt war es aber zu einer Änderung seines eigenen, bereits verkündeten Urteils nicht mehr befugt. Der Senat hat vor diesem Hintergrund durch seinen Beschluss vom 6. November 2023 im Verfahren L 6 AS 185/23 B das Urteil des Sozialgerichts aufgehoben, soweit dieses sich darin für teilweise unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Darmstadt verwiesen hatte. Damit ist auch das Entschädigungsbegehren beim Senat anhängig.
Da zudem die Abtrennungsentscheidung des Sozialgerichts angesichts des mit der Urteilsverkündung bereits abgeschlossenen Verfahrens ins Leere ging und der Kläger das erstinstanzliche Urteil mit der Berufung in vollem Umfang angefochten hat, ist dieses Begehren Gegenstand des hiesigen Berufungsverfahrens. Eines Verbindungsbeschlusses bedurfte es hierfür nicht: Gegenstand des durch den Abtrennungsbeschluss des Senats entstandenen eigenständigen Verfahrens L 6 AS 185/23 B war nur der Rechtsbehelf gegen die Verweisungsentscheidung als solche. Da der Kläger insoweit erfolgreich war, kann er auch das Entschädigungsbegehren in der Sache ohne Weiteres im hiesigen Verfahren geltend machen.
Dass das Sozialgericht wegen der von ihm in der schriftlichen Urteilsfassung ausgesprochenen Abtrennung und Verweisung seine Entscheidung zum Entschädigungsanspruch in der Sache nicht begründet hat, steht dem nicht entgegen. Dies beschränkt den Entscheidungssatz des Urteils nicht und steht daher einer Entscheidung des Senats im Berufungsverfahren nicht entgegen.
Nachdem der Kläger den Entschädigungsanspruch zusätzlich zu dem primären Leistungsanspruch geltend macht, ist davon auszugehen, dass dieser Sekundäranspruch nach Auffassung des Klägers einen eigenständigen Inhalt hat, auch wenn er ihn gerade in Höhe der Differenz zwischen den von der Beklagten akzeptierten Leistungen auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung und den von ihm hierfür geltend gemachten Leistungen bemessen hat: Offensichtlich geht der Kläger davon aus, dass er insofern zusätzlich zu dem Leistungsanspruch selbst einen Anspruch auf Ausgleich eines immateriellen Schadens habe.
c) Schließlich hat der Kläger bereits erstinstanzlich einen Aufwendungsersatzanspruch in Höhe von 100,- Euro geltend gemacht. Dieser ist, nachdem der Kläger das Urteil in vollem Umfang angegriffen hat, Gegenstand auch des Berufungsverfahrens. Da der Kläger insoweit davon ausgeht, dieser stehe ihm wegen seiner fortdauernden Bemühungen um die Anspruchsdurchsetzung und der damit verbundenen Kosten nicht nur unmittelbar im hiesigen Verfahren zu, geht der
Anspruch auch nicht in der Entscheidung über die Verfahrenskosten auf.
2. Im ursprünglichen Verfahren L 6 AS 44/23 sind – neben dem Urteil des Sozialgerichts vom 14. Dezember 2022 im Verfahren S 33 AS 229/22 – Ansprüche des Klägers auf höheres Arbeitslosengeld II für den Bewilligungszeitraum vom 1. April 2021 bis zum 31. März 2022 streitig. Da in diesem Fall unmittelbar der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom 11. März 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Mai 2022 die nach Auffassung des Klägers unzureichende Regelung der Anspruchshöhe enthielt, erreicht er sein Rechtsschutzbegehren durch die „einfache“ Kombination einer auf die Abänderung des Bewilligungsbescheides gerichteten Anfechtungsklage mit einer auf höheres Arbeitslosengeld II für den Streitzeitraum gerichteten Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG).
In diesem Rahmen wäre gegebenenfalls auch der Anspruch wegen der behaupteten Nebenkostennachforderung für das Jahr 2020 bedarfserhöhend im Dezember 2021 zu berücksichtigen, da die Zeugin B. diese nach dem Vorbringen des Klägers in diesem Monat geltend gemacht und damit fällig gestellt hat. Die Klagerücknahme im Verfahren S 33 AS 148/22 steht dem nicht entgegen: Diese erfolgte im Erörterungstermin am 22. Juni 2022, nachdem das Sozialgericht – zutreffend – auf die Unzulässigkeit der Klage hingewiesen hatte. Die Beklagte hatte mit dem Bescheid vom 28. Januar 2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Februar 2022 isoliert den geltend gemachten Nachzahlungsbedarf abgelehnt und darauf hingewiesen, dass die erhöhten Kosten der Unterkunft Gegenstand des laufenden Klageverfahrens S 33 AS 169/21 seien. Auch wenn das hinsichtlich der zeitlichen Zuordnung nicht zutrifft, wird daraus doch deutlich, dass die Beklagte mit dem ablehnenden Bescheid keine inhaltliche Regelung hinsichtlich der Bedarfe für Unterkunft und Heizung treffen wollte, die auf Grund der Klagerücknahme gemäß § 77 SGG bindend geworden wäre.
Für den Anspruch auf Schadensersatz gelten für das ursprüngliche Verfahren L 6 AS 44/23 die gleichen Erwägungen wie zum ursprünglichen Verfahren L 6 AS 43/23, nachdem der Senat das Urteil des Sozialgerichts im Verfahren S 33 AS 229/22 hinsichtlich der Teilverweisung durch den Beschluss im Verfahren L 6 AS 186/23 B in gleicher Weise korrigiert hat wie das Urteil im Verfahren S 33 AS 169/21 durch den Beschluss im Verfahren L 6 AS 185/23 B.
Eine Aufwandsentschädigung hat der Kläger im Verfahren L 6 AS 44/23 nicht geltend gemacht.
II. Beide Berufungen sind nach § 143, § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthaft. Das gilt auch für das Verfahren L 6 AS 43/23, obwohl der Wert des Beschwerdegegenstandes, der sich aus den Primäransprüchen für die Monate von Oktober 2020 bis März 2021 angesichts der monatlichen Differenz von 85,- Euro zwischen den zuerkannten und den verlangten Leistungen ergibt, allein nicht zur Statthaftigkeit der Berufung führt. Der Kläger begehrt jedoch zudem Entschädigung in vierstelliger Höhe, ohne dass erkennbar wäre, dass er diese Forderungen nur geltend macht, um sich auf diese Weise Zugang zur Berufungsinstanz zu verschaffen. Beide Berufungen sind auch in im Übrigen zulässig, namentlich entsprechend der Vorgaben aus § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt.
III. Der Kläger kann jedoch in den beiden verbundenen Verfahren mit seiner jeweiligen Berufung in der Sache keinen Erfolg haben.
1. Das gilt zunächst – gleichermaßen für beide streitigen Zeiträume – für das auf höheres Arbeitslosengeld II gerichtete Begehren.
a) Das Sozialgericht ist zu Recht ohne Weiteres von der Zulässigkeit der Klagen hinsichtlich dieser Ansprüche ausgegangen. Der Umstand, dass die Beklagte den Widerspruchsbescheid zu dem im Verfahren S 33 AS 229/22 streitigen Bescheid vom 11. März 2021 erst am 12. Mai 2022 und damit während des bereits laufenden Klageverfahrens erlassen hat, ist unschädlich; das Vorverfahrenserfordernis als Sachurteilsvoraussetzung (§ 78 SGG) muss erst im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung erfüllt sein.
b) Das Sozialgericht hat die Klagen zu Recht in der Sache abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen, weder – im Wege der Änderung der ursprünglichen Bewilligungsentscheidung auf Grund einer wesentlichen Änderung der für die Bewilligung maßgeblichen Umstände – für die Zeit vom 1. Oktober 2020 bis 31. März 2021 noch für die Zeit vom 1. April 2021 bis 31. März 2022.
Da der Kläger hinsichtlich des ersten Streitzeitraums vom 1. Oktober 2020 bis 31. März 2021 eine während des laufenden Bewilligungszeitraums eingetretene Änderung der maßgeblichen Umstände durch die behauptete zweite Mieterhöhung geltend macht, ist Anspruchsgrundlage für das im Verfahren L 6 AS 43/23 streitige Begehren § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X in Verbindung mit § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II und §§ 7 ff., §§ 19 ff. SGB II, soweit der Kläger eine Änderung für die Zukunft geltend gemacht hat; im Übrigen wäre sein Anspruch in diesem Verfahren auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) und § 40 Abs. 2 Nr. 3 sowie §§ 7 ff., §§ 19 ff. SGB II zu stützen. Im Verfahren L 6 AS 44/23 sind unmittelbar §§ 7 ff., §§ 19 ff. SGB II Grundlage des klägerischen Begehrens.
Der Kläger kann jedoch nicht verlangen, dass der Beklagte bei der Bemessung seiner Ansprüche auf Arbeitslosengeld II höhere Bedarfe für Unterkunft und Heizung berücksichtigt. Insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts hierzu (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist namentlich im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren und die vom Senat durchgeführten Ermittlungen Folgendes auszuführen:
Der Kläger macht in beiden Verfahren höhere Leistungen gegenüber der Beklagten geltend. Das setzt voraus, dass ein Anspruch auf Leistungen überhaupt, also dem Grunde nach, besteht und zudem die Voraussetzungen für die verlangten höheren Leistungen tatsächlich vorliegen. Anders als der Kläger meint, hatte der Senat daher auch zu prüfen, ob das behauptete Mietverhältnis überhaupt besteht oder der Kläger möglicherweise doch partnerschaftlich mit der Zeugin zusammenlebt und ob der (Unter )Mietvertrag, auf den der Kläger sich beruft, eine wirksame rechtliche Verpflichtung begründet hat und noch begründet. Das kann und darf der Senat auch nicht deswegen ungeprüft lassen, weil die Beklagte dies jahrelang akzeptiert hat. Gleiches gilt für den Umstand, dass die Beklagte die erste Mieterhöhung schließlich akzeptiert hat. Im Übrigen trägt der Kläger, da er höhere Leistungen geltend macht, die sogenannte materielle Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen hierfür vorliegen, also der behauptete Anspruch dem Grunde und der Höhe nach besteht. Die Berufung könnte mithin nur dann Erfolg haben, wenn der Senat sich davon überzeugen könnte, dass der Kläger in den beiden streitigen Zeiträumen den von ihm behaupteten erhöhten Forderungen der Zeugin B. tatsächlich ausgesetzt war.
Das setzt, wie ausgeführt, zunächst voraus, dass zwischen dem Kläger und der Zeugin überhaupt ein Mietverhältnis besteht. Der Senat hat bereits hieran nach der Anhörung des Klägers und der Vernehmung der Zeugin erhebliche Zweifel. Jedenfalls aber konnte der Senat sich nicht davon überzeugen, dass die Zeugin tatsächlich und ernsthaft die vom Klägerin im hiesigen Verfahren geltend gemachten höheren Beträge von ihm verlangt.
Die Einlassung des Klägers selbst war von der Behauptung so erheblicher Erinnerungslücken geprägt, dass der Senat jedenfalls in der Summe davon überzeugt ist, dass der Kläger nicht vollständig aussagen wollte. Möglicherweise unter Verkennung der Folgen, welche die fehlende Aufklärbarkeit der maßgeblichen Umstände für den Ausgang des Verfahrens haben musste, wollte er ersichtlich zu deren Aufklärung, namentlich zu den Hintergründen der geschlossenen Vereinbarungen und der Abläufe, die hierzu geführt haben, nicht beitragen. Jedenfalls war er nicht einmal im Ansatz bereit oder in der Lage, diese Umstände nachvollziehbar zu schildern. Die Überzeugung des Senats davon, dass er überhaupt Miete und noch dazu die geltend gemachte erhöhte Miete schuldet, ließ sich auf seine Aussage nicht stützen, nachdem die tatsächlichen Abläufe weitestgehend dunkel blieben. Das wiederholte und energische Insistieren auf der rechtlichen Kernaussage, also der behaupteten Wirksamkeit der Vereinbarungen, kann dies nicht ersetzen, weil der Senat auf dieses rechtliche Ergebnis erst auf Grund einer glaubhaften Darlegung der tatsächlichen Umstände hätte schließen können.
So konnte oder wollte der Kläger beispielsweise zu der Frage, was anlässlich des Zusammenziehens besprochen worden sei, nichts beitragen. Auch die Frage, weshalb bei dem auf den 18. Juni 2011 datierten Mietvertrag, der am 1. Juli 2011 beginnen sollte, bereits die neue Adresse eingetragen war, konnte er nicht klären. Dies ist, angesichts des seither vergangenen Zeitraums, noch durchaus plausibel. Deutlicher wurde der Unwillen, näher zur Aufklärung der maßgeblichen Umstände beizutragen, bei der Antwort auf die Frage, wie die Miete gezahlt wurde, die er – wie auch in anderen Zusammenhängen – mit dem Verweis auf die Akten beantwortete. Nähere Antworten zur Ausgestaltung des Zusammenlebens verweigerte er unter Hinweis auf seine Privatsphäre, die die Beklagte nichts angehe.
Hinzu kommt, dass sowohl aus den Umständen als auch aus der Einlassung des Klägers, aber ebenso aus den Äußerungen der Zeugin deutlich wurde, dass bereits die erste Mieterhöhung in unmittelbarer Reaktion auf deren Ausscheiden aus dem Leistungsbezug erfolgte. Zwar trifft es sicher zu, dass bis dahin die Aufteilung der für das Wohnen anfallenden Aufwendungen auf die Zeugin einerseits, den Kläger andererseits für beide nicht von Belang war, weil diese ohnehin in vollem Umfang aus Sozialleistungen refinanziert wurden. Die diesbezüglichen Bekundungen des Klägers und der Zeugin belegen aber doch, dass die behaupteten Vereinbarungen im Verhältnis untereinander kein erhebliches Gewicht hatten, soweit es nicht darum ging, ob und in welchem Umfang aus diesen Vereinbarungen Ansprüche gegen Sozialleistungsträger erwachsen. Dies allein würde möglicherweise nicht genügen, die Ernsthaftigkeit der Vereinbarungen und der diesbezüglichen Aussagen gänzlich zu verneinen. Die Glaubwürdigkeit des Klägers wird aber zusätzlich dadurch erschüttert, dass er, wie aus einer früheren Äußerung der Beklagten gegenüber deutlich wurde, seine Gewerbe aus „rentenversicherungsrechtlichen Gründen“ nicht abgemeldet hat, obwohl er es tatsächlich bereits nicht mehr ausübte. Die hierfür von ihm in der mündlichen Verhandlung geäußerte Erklärung, es sei dabei darum gegangen, Ansprüche gegenüber den Finanzbehörden aus der Zeit seiner selbständigen Tätigkeit aufrecht zu erhalten, ist wenig plausibel. Ähnliches gilt für die wechselnden Aussagen zu der Frage, ob die Betriebs- und Heizkosten als Pauschale geschuldet seien. In der mündlichen Verhandlung hat er seine zwischenzeitliche Behauptung vom 2. August 2022, eine Pauschale sei gar nicht vereinbart worden, damit erklärt, er habe auf diese Weise seinen Sachbearbeiter bei der Beklagten „provozieren“ wollen. Zusammengenommen zeigt dies jedenfalls, dass der Kläger tatsächliche Umstände gegenüber Sozialleistungsträgern mitunter anders darstellt, als dies der Realität entspricht.
Letztlich unerklärt blieb auch, wie der Kläger die doch deutliche Differenz zwischen der nach seinem Vorbringen von ihm aufgebrachten Miete und den von der Beklagten hierfür gezahlten Leistungen finanziert hat, ohne dass Mietschulden von mehr als der von ihm behaupteten halben Monatsmiete entstanden sind. Dabei sind in den vom Kläger mit den verschiedenen Weiterbewilligungsanträgen beim Beklagten eingereichten Kontounterlagen auch in mindestens einem Fall eine von der Zeugin B. an den Kläger gezahlte „AUFWANDSENTSCHAEDIGUNG 1/22“ sichtbar (vgl. eVwV 1 Bl. 903). Zahlungsflüsse von der Zeugin an ihn hat der Kläger bei seiner persönlichen Anhörung zunächst gänzlich verneint, dann jedoch auf entsprechenden Vorhalt doch eingeräumt und mit der Unterstützung der Zeugin bei ihren rechtlichen Auseinandersetzungen erklärt, ohne nähere Einzelheiten schildern zu wollen oder zu können.
Zusammen mit der – zumindest behaupteten – fehlenden Erinnerung an jegliche Details zu den behaupteten Vereinbarungen im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis und namentlich den verschiedenen Mieterhöhungen und zu den Verhandlungen mit der Zeugin hierzu führt dies dazu, dass der Senat sich von der Ernsthaftigkeit und, daran anknüpfend, der rechtlichen Verbindlichkeit der geschlossenen Vereinbarung auf Grund der Aussage des Klägers nicht zu überzeugen vermochte.
Ähnliches gilt für die Aussagen der Zeugin B. Diese war schon bei Beginn ihrer Befragung in der mündlichen Verhandlung nicht bereit, mündlich Auskunft zu geben, sondern verwies wiederholt und mit Nachdruck auf ihre – allerdings sehr kurze und detailarme – schriftliche Erklärung. Die Befragung durch das Gericht wehrte sie ab, noch bevor diese in der Sache überhaupt begonnen hatte; es handele sich um ein „Tribunal“; sie solle „abgestraft“ und zu einem „Bauernopfer“ gemacht werden und „werde sich nicht belasten“. Sie behauptete im Grunde zu jeder Frage des Senats, sich an nichts, außer an die unmittelbaren Kernaussagen, die sie schriftlich formuliert hatte, erinnern zu können. Eine Prüfung ihrer Angaben auf Konsistenz und Glaubhaftigkeit war damit nicht ansatzweise möglich. Dabei ist letztlich nicht einmal entscheidend, ob die Zeugin sich tatsächlich nicht erinnern konnte oder dies nicht wollte – wobei für letzteres sehr viel mehr spricht, da sie, schon bevor der Senat überhaupt die erste Frage gestellt hatte, mit Nachdruck geltend machte, man wolle ihr offenbar etwas anhängen etc. Dazu bestand vor Beginn der Befragung ersichtlich nicht der geringste Anlass und es ist auch gar nicht zu sehen, was der Senat ihr hätte „anhängen“ können oder wollen, wenn sie schlicht wahrheitsgemäß und vollständig Auskunft gegeben hätte und ihre zuvor abgegebenen schriftlichen Behauptungen mit der Realität übereinstimmten.
Da weitere Ermittlungsmöglichkeiten zu den behaupteten Abreden zwischen dem Kläger und der Zeugin nicht bestehen, kommt es darauf aber letztlich nicht einmal an. Jedenfalls eine auch nur annähernd sichere Überzeugung, dass hier tatsächlich ab dem 1. Oktober 2020 ein ernsthaftes erhöhtes Mietverlangen bestand, war auf Grund der Einlassungen des Klägers und der Aussagen der Zeugin nicht zu gewinnen. Im Gegenteil spricht mindestens sehr viel dafür, dass es sich bei der behaupteten Vereinbarung über die weitere Mieterhöhung ab 1. Oktober 2020 um ein nach § 117 Abs. 1 BGB nichtiges Scheingeschäft handelte. Ob auch schon die erste Mieterhöhungsvereinbarung oder sogar bereits der Untermietvertrag selbst nur dem Beklagten gegenüber behauptet wurde und wird, kann offenbleiben, da es vorliegend nur um die vom Kläger geltend gemachten höheren Leistungen geht.
Sonstige Umstände, die einen Anspruch des Klägers auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung begründen könnten, sind nicht erkennbar.
2. Weiter hat der Kläger – in beiden Verfahren – keinen Anspruch auf Entschädigung.
Als Grundlage dieses Begehrens kommen, da der Kläger einen Ausgleich für immaterielle Schäden geltend macht, allein Ansprüche auf Schadensersatz aus Amtshaftung nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 Grundgesetz (GG) in Betracht. Diese Ansprüche sind zwar von Verfassungs wegen den ordentlichen Gerichten zur Entscheidung zugewiesen (Art. 34 Satz 3 GG); der Senat ist dennoch – ausnahmsweise – zu einer Entscheidung über diese befugt. Er kann – als Rechtsmittelgericht – nämlich nicht mehr prüfen, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist (vgl. § 17a Abs. 5 GVG). Da das Sozialgericht durch das am 14. Dezember 2022 verkündete Urteil umfassend über den Rechtsstreit und damit auch über die Ansprüche auf Entschädigung entschieden hat, war dem Sozialgericht selbst bei der Abfassung seiner Entscheidungen, aber auch dem Senat im Rahmen der Rechtsmittel gegen die Urteile die Prüfung der Rechtswegzuständigkeit verschlossen (vgl. hierzu nur BSG, Urteil vom 20. Mai 2003 – B 1 KR 7/03 R, SozR 4-1720 § 17a Nr. 1). Ein Umstand, der den Senat ausnahmsweise zu einer Durchbrechung der sich aus § 17a Abs. 5 GVG ergebenden Bindung berechtigen würde, ist nicht ersichtlich. Zwar legt der Ablauf nahe, dass das Sozialgericht bei der Verkündung des Urteils die Abtrennung und Verweisung nur versehentlich übersehen hat; eine Bindung des Rechtsmittelgerichts entsteht aber auch, wenn das erstinstanzliche Gericht die sich mit Blick auf die Zulässigkeit des Rechtswegs stellenden Fragen übergangen oder diese rechtsfehlerhaft beantwortet hat (vgl. nur BGH, Urteil vom 18. September 2008 – V ZB 40/08, NJW 2008, 3572, 3573).
Da der Senat selbst vor diesem Hintergrund eine Verweisung nicht mehr aussprechen kann, kommt nur in Betracht, dass entweder gar kein Gericht den geltend gemachten Amtshaftungsanspruch in der Sache prüfen kann oder der Senat trotz der Regelung aus Art. 34 Satz 3 GG ausnahmsweise zu einer inhaltlichen Prüfung und Entscheidung befugt ist. Der Senat folgt hinsichtlich dieser Frage der – mit der Rechtsprechung anderer oberster Bundesgericht übereinstimmenden – Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und geht daher von seiner (ausnahmsweise gegebenen) Prüfungszuständigkeit aus (vgl. BSG, Urteil vom 20. Mai 2003 – B 1 KR 7/03 R, SozR 4-1720 § 17a Nr. 1; dem folgend z.B. Krasney, jurisPR-SozR 4/2003 Anm. 6; ebs. BSG, Beschluss vom 20. Oktober 2010 – B 13 R 63/10 B, SozR 4-1500 § 153 Nr. 11): Danach ist, wenn eine Verweisung an die zuständige Gerichtsbarkeit wegen § 17a Abs. 5 GVG ausgeschlossen ist ebenso wie bei einer bindenden aufdrängenden Verweisung an ein Gericht einer an sich unzuständigen Gerichtsbarkeit, ausnahmsweise auch im Falle des Amtshaftungsanspruchs von einer inhaltlichen Prüfungskompetenz des aus diesem Grunde allein zur Entscheidung berufenen Gerichts auszugehen, da nur auf diese Weise überhaupt eine inhaltliche Entscheidung möglich und damit effektiver Rechtsschutz zugänglich wird (vgl. so auch BAG, Beschluss vom 14. Dezember 1998 – 5 AS 8/98, NZA 1999, 390). Dies findet seine Rechtfertigung auch darin, dass die Gerichtsbarkeiten grundsätzlich als gleichwertig anzusehen sind, auch wenn Art. 34 Satz 3 GG auf der tradierten Auffassung beruht, dass der ordentliche Rechtsweg den Betroffenen den besseren Schutz biete. Art. 34 Satz 3 GG steht der hier vertretenen Auffassung dennoch nicht zwingend entgegen: Er lässt sich in diesen Fällen vielmehr seinem Wortlaut entsprechend (einschränkend) dahin verstehen, dass die Vorschrift nur das Verbot begründet, den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten auszuschließen, wenn der jeweilige Kläger diesen beschreiten möchte. Dagegen steht er in Sonderfällen wie dem hiesigen einer inhaltlichen Entscheidung eines Gerichts einer anderen Gerichtsbarkeit über den Amtshaftungsanspruch nicht entgegen, wenn nur auf diesem Wege effektiver Rechtsschutz ermöglicht werden kann.
In der Sache sind die Voraussetzungen eines Amtshaftungsanspruchs jedoch nicht gegeben. Das ergibt sich bereits daraus, dass die Beklagte die streitigen höheren Ansprüche ganz zu Recht verneint hat. Im Übrigen sind keine Anhaltspunkte für einen entschädigungspflichtigen immateriellen Schaden ersichtlich.
Einer Vernehmung der von dem Kläger benannten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Beklagten als Zeugen bedurfte es vor diesem Hintergrund nicht. Da der Senat, wie dargelegt, der Auffassung ist, dass dem Kläger höhere Ansprüche nicht zustanden, kam es auf deren Motive für die getroffenen Entscheidungen nicht an.
Auch bestand vor diesem Hintergrund kein Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.
3. Eine Anspruchsgrundlage für den im ursprünglichen Verfahren L 6 AS 43/23 geltend gemachten eigenständigen Aufwendungsersatzanspruch ist nicht ersichtlich.
IV. Die Kostenentscheidung beruht in beiden Verfahren auf § 193 SGG; in beiden besteht kein Anlass, die Beklagte zu einer auch nur anteiligen Kostenübernahme der dem Kläger entstandenen Rechtsverfolgungskosten zu verpflichten.
V. Die Revision ist in beiden Verfahren nicht zuzulassen, da keiner der in § 160 Abs. 2 SGG abschließend aufgezählten Zulassungsgründe vorliegt.