1. § 138 ZPO (Erklärungspflicht über Tatsachen) enthält keine eigenständige, als solche in einem gesonderten Verfahren durchsetzbare Anspruchsgrundlage für einen Verfahrensbeteiligten. In § 138 ZPO sind vielmehr Pflichten eines Verfahrensbeteiligten in einem anhängigen Verfahren geregelt.
2. Es gibt keine Anspruchsgrundlage dafür, eine Behörde zu einem Verwaltungshandeln in einer bestimmten Form, hier der eines Verwaltungsaktes, zu verpflichten, wenn es weder eine Verpflichtung noch auch nur eine Berechtigung der Behörde gibt, in dieser Form im konkreten Einzelfall handeln zu müssen oder dürfen.
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Dresden vom 17. Mai 2023 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen einen Gerichtsbescheid, mit dem seine Untätigkeitsklage abgewiesen wurde.
Der Kläger hatte vor dem Sozialgericht verschiedene Verfahren gegen die Beklagte betrieben, unter anderem das Klageverfahren Az.: S 9 AL 315/16. Gegenstand dieses Verfahrens war ein Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, mit dem die Beklagte vom Kläger Arbeitslosengeld zurückgefordert hatte, sowie der Antrag des Klägers auf Zahlung von Arbeitslosengeld bis zum Zeitpunkt der späteren erneuten Bewilligung von Arbeitslosengeld. Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 16. Mai 2016 ab; die hiergegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wurde mit Beschluss vom 26. Februar 2020 (Az.: L 3 AL 93/19 NZB) als unzulässig verworfen.
Mit DE-Mail vom 4. September 2021 sandte der Kläger an den Kundenservice der Beklagten ein Schreiben, das als Betreff "sozialrechtlicher Herstellungsanspruch § 44 Abs. 4 SGB X" und als Bezug "Urteil vom 14.10.2019 zum Verfahren S 9 AL 315/16 mit mündlicher Verhandlung" auswies. Darin erklärte er, dass er in oben bezeichneter Angelegenheit gegen die Beklagte "eine Schadenersatzforderung, als Rechtsform in Antrag auf sozialrechtlichen Herstellungsanspruch" stelle. Die nachfolgende Klage (Az.: S 5 AL 71/22) wies das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 21. Februar 2023 ab; das Berufungsverfahren wird unter dem Aktenzeichen L 3 AL 41/23 geführt.
Mit DE-Mail vom 25. Oktober 2021 nahm der Kläger auf sein Schreiben vom 4. September 2021 und das Klageverfahren Az.: S 9 AL 315/16 Bezug und stellte folgenden Antrag: "Warum haben Sie vor Gericht gelogen?" Hierzu führte er aus:
"in Grundlage meiner heutigen Ausführungen in den Verfahren S 9 AL 146/20, S 9 AL 213/20 und S 9 AL 238/20, werden Sie hiermit als Antrag aufgefordert, zu erklären, weshalb Sie in der mündlichen Verhandlung am 16.05.2019 im SG Dresden zu den Verfahren S 9 AL 315/16 u.a., zu meiner Mitwirkungspflicht, gelogen haben."
Gegenstand des Verfahrens Az.: S 9 AL 146/20 ist ein ablehnender Überprüfungsbescheid zu einem Erstattungsbescheid vom 18. April 2016. Im Klageverfahren Az.: S 9 AL 238/20 macht der Kläger geltend, dass die Beklagte das im Bescheid vom 28. April 2015 bewilligte Arbeitslosengeld nicht vollständig ausgezahlt habe, sondern die Leistungserbringung am 3. August 2016 rückwirkend zum 16. Februar 2016 rechtsgrundlos eingestellt habe. In dem rechtskräftig abgeschlossenen Klageverfahren Az.: S 9 AL 213/20 (später Az.: S 5 AL 213/20, anschließend Az.: L 3 AL 35/23) hatte der Kläger eine Untätigkeitsklage betreffend einen Überprüfungsantrag zu einem Mahnschreiben erhoben.
Der Kläger hat am 25. April 2022 Untätigkeitsklage erhoben und sich hierbei auf die Vorschrift des § 138 der Zivilprozessordnung (ZPO) bezogen. Er hat die Auffassung vertreten, dass die von ihm gestellte Frage ein "Klärungs-Akt" der beklagten Bundesbehörde sei. Es sei "die Frage, weshalb der hier Beklagte Daten unterschlägt, zur offenen Verwaltungsakt-Antwort gestellt" worden.
Die Beklagte hat erwidert, dass die Behauptung des Klägers völlig haltlos sei.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 17. Mai 2023 abgewiesen. Es bestünden bereits Zweifel am Rechtsschutzbedürfnis für die Klage, weil das Verfahren Az.: S 9 AL 315/16, auf das sich die Frage des Klägers beziehe, rechtskräftig abgeschlossen sei. Unabhängig davon sei die als "Untätigkeitsklage" erhobene Klage unbegründet. § 88 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sei nicht anwendbar, weil nach § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG der Erlass eines Verwaltungsaktes begehrt werden müsse. Der Kläger begehre aber nur eine Auskunft zu einem behaupteten Sachverhalt, den die Beklagte bestreite. Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus § 15 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I), weil die Beklagte keine auskunftspflichtige Stelle im Sinne dieser Regelung sei. Weitere Anspruchsgrundlagen seien nicht ersichtlich. Insbesondere greife auch § 13 Abs. 1 SGB I nicht.
Der Kläger hat am 24. Mai 2023 Berufung eingelegt. Die Agentur für Arbeit Dresden sei zum Aufhebungsbescheid vom 18. April 2016 nachweislich ein Lügner und das Sozialgericht Dresden mitschuldiger Mitwisser. Der Kläger hat die Beiziehung der Akten zu den Verfahren Az.: L 3 AL 35/23, L 3 AL 51/22 und S 5 AL 146/20 beantragt. Im Schreiben vom 18. Juli 2023 hat er beantragt, "in Grundlage des Vorverfahrens S 5 AL 121/22, […] den Beklagten verurteilend zur Wahrheitsaussage zu meinem hier beiliegenden Schreiben vom 03.04.2023 im Untätigkeitsklage-Verfahren S 5 AL 121/22 in einem Bescheid, antwortend zu zwingen. Im Kindergarten würde man den Lügner zur Reue in die Ecke stellen." Im Schreiben vom 28. Oktober 2024 hat der Kläger zu den rentenrechtlichen Verfahren Az.: S 33 R 920/14 und S 37 R 554/16, deren Beiziehung er beantragt, ausgeführt. Auch die Renten-Beitragszahlungen an die DRV Bund sowie "blinde Datenübernahmen" von diesem Rentenversicherer ab 30. Oktober 2014 seien rechtswidrig. Die nun dem Verfahren vorliegenden Schreiben der DRV Bund seien "für die obige Klage, nach anzuwendender Rechtslage, nicht relevant und nicht nutzbar." Er hat die Beiziehung der Akten der Klageverfahren Az.: S 33 R 920/14 und S 37 R 554/16 beantragt.
Der Prozesskostenhilfeantrag im Schreiben vom 23. Januar 2025 ist mit Beschluss vom 3. Februar 2025 abgelehnt worden.
Mit Schreiben vom 10. Februar 2025 hat der Kläger beantragt, die Beklagte zu einer "eidlichen Aussage in der Sache" zu verurteilen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Dresden vom 17. Mai 2023 aufzuheben und
- die Beklagte zu verpflichten, zu seinem "Antrag: 'Warum haben Sie vor Gericht gelogen?'" einen Verwaltungsakt zu erlassen
hilfsweise
- die Beklagten "zu einer eidesstattlichen Aussage in der Sache, dies in der angesetzt mündlichen Verhandlung am 27.02.2025 [zu verurteilen], um die klägerseitige Frage, warum sie u.a. Im Verfahren S 9 AL 315/16, insbesondere in der mündlichen Verhandlung am 16.05.2019 mit dem Urteil vom 14.10.2019, in schriftlicher Vorlage, log."
Die Beklagte beantragt unter Verweis auf die ihres Erachtens nach überzeugenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 12. Februar 2025 erklärt, dass sie einer Klageänderung nicht zustimme.
Der Kläger hat im Schreiben vom 25. Januar 2025 erklärt, dass "auch eine sich selbst über den Gesetzen schwebend glaubende hier beklagte Agentur (S 19 AL 315/16, S 19 AL 32/20), […] sich den bodenständig irdischen Gesetzmäßigkeiten unterzuordnen und hier eine ärztliche Krankschreibung zu respektieren" habe. Im Schreiben vom 18. Februar 2025 hat er, bezugnehmend auf den Schriftsatz der Beklagten vom 12. Februar 2025, die Auffassung vertreten, dass "die aktuelle Trotzigkeit nach der Lügenkampagne 2016 der hier beklagten Agentur, […] unötig [ist], denn gemäß SGG § 99 ist auch diese neuerlich gezeigte Charakterschwäche ausschließlich ein selbst geschaffenes Problem und bewirkt kein gesellschaftlichen oder juristischen Schutzstatus des Beklagten vor dem Gesetz, ergo ist die Zustimmung der Beklagtenseite nicht dringend-erforderlich notwendig."
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Das Gericht konnte trotz Ausbleibens des Klägers verhandeln und entscheiden, weil er hierauf in der Ladung hingewiesen worden ist (vgl. § 153 Abs. 1 i. V. m. § 110 Abs. 1 Satz 2 SGG).
II. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist neben dem Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Dresden vom 17. Mai 2023 die Untätigkeitsklage des Klägers bezüglich seines Antrages auf Erlass eines Verwaltungsaktes zu der Frage "Warum haben Sie vor Gericht gelogen?" (unten III.). Hingegen ist der Antrag aus dem Schreiben vom 10. Februar 2025, die Beklagte zu einer "eidlichen Aussage in der Sache" zu verurteilen, nicht Gegenstand des Verfahrens geworden (unten IV.).
Der Senat versteht das Rechtsschutzbegehren des Klägers dahingehend, dass er im Berufungsverfahren weiterhin erstrebt, die Beklagte zu einer Stellungnahme zu seinem Vorwurf, sie habe vor dem Sozialgericht gelogen, zu verpflichten oder zu verurteilen. Dies kann der Kläger nur erreichen, wenn er, weil seine Klageänderung bezüglich des Antrags auf Verurteilung der Beklagten zu einer "eidlichen Aussage in der Sache" unzulässig ist, seine Untätigkeitsklage fortführt. Die ursprüngliche Untätigkeitsklage und der erst im Berufungsverfahren gestellte neue Klageantrag stehen deshalb im Verhältnis von Haupt- und Hilfsantrag zueinander.
III. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid vom 17. Mai 2023, mit dem das Sozialgericht seine Untätigkeitsklage abgewiesen hat, ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erlass des begehrten Verwaltungsaktes.
Nach § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG ist die Klage, wenn ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden ist, nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig.
Die Untätigkeitsklage ist eine besondere Form der Verpflichtungsklage (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 30. April 2019 – L 9 R 30/18 B – juris Rdnr. 46; Claus, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG [2. Aufl., 2022], § 88 SGG Rdnr. 4) und als Bescheidungsklage ausgestaltet (vgl. BSG, Urteil vom 8. Dezember 1993 – 14a RKa 1/93 – BSGE 73, 244 ff. = SozR 3-1500 § 88 Nr. 1 = juris Rdnr. 18; BSG, Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 7/06 R – SozR 4-1500 § 54 Nr. 11 = juris Rdnr. 16; Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG [14. Aufl., 2023], § 88 Rdnr. 2, m. w. N.). Sie ist unter den in § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG in Verbindung mit § 88 SGG geregelten Voraussetzungen zulässig (vgl. Claus, a. a. O.; vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 30. April 2019, a. a. O.). Eine erfolgreiche Untätigkeitsklage setzt voraus, dass die im Einzelfall maßgebende, in § 88 SGG geregelte Sperrfrist abgelaufen ist, dass der Antrag nicht beschieden worden ist, und dass der Kläger einen Anspruch auf Bescheidung seines Antrages hat.
Eine wesentliche Voraussetzung einer Untätigkeitsklage ist somit, dass der beklagte Sozialleistungsträger verpflichtet ist, einen Verwaltungsakt zu erlassen. Nach § 31 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) ist ein Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.
Eine Rechtsgrundlage, auf Grund derer der Kläger gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Erlass eines Verwaltungsaktes hätte, ist im vorliegenden Zusammenhang nicht ersichtlich.
Der Kläger begehrt von der Beklagten, die Frage "Warum haben Sie gelogen?" in der Form eines Verwaltungsaktes zu beantworten. Es ist bereits fraglich, ob der Kläger überhaupt einen Anspruch darauf hat, dass die Beklagte zu dieser Frage inhaltlich Stellung nimmt. Denn in Bezug auf das Stellungnahmebegehren des Klägers liegen weder die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Aufklärungspflicht nach § 13 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I) noch die für eine Beratungspflicht nach § 14 SGB I oder für eine Auskunftspflicht nach § 15 SGB I vor. Auch die vom Kläger zitierte Vorschrift des § 138 ZPO ist nicht einschlägig. Nach § 138 Abs. 1 ZPO haben die Parteien ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. Nach § 138 Abs. 2 ZPO hat jede Partei sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. § 138 ZPO enthält jedoch keine eigenständige, als solche in einem gesonderten Verfahren durchsetzbare Anspruchsgrundlage für einen Verfahrensbeteiligten, wie sich allein schon aus der systematischen Stellung der Vorschrift im Buch 1 [Allgemeine Vorschriften] Abschnitt 3 [Verfahren] Titel 1 [Mündliche Verhandlung] der Zivilprozessordnung ergibt. In § 138 ZPO sind vielmehr Pflichten eines Verfahrensbeteiligten in einem anhängigen Verfahren geregelt. Eine andere Rechtsgrundlage, auf Grund derer die Beklagte im vorliegenden Zusammenhang, gegebenenfalls auch nur im Rahmen einer Nebenpflicht zu einem sozialrechtlichen Rechtsverhältnis, verpflichtet sein könnte, sich zu der Frage des Klägers zu äußern, ist nicht ersichtlich.
Unabhängig von der Frage, ob die Beklagte auf Grund einer gesetzlichen Regelung verpflichtet ist, zu der Frage des Klägers Stellung zu nehmen, würde eine solche Stellungnahme nicht in der Form eines Verwaltungsaktes erfolgen. Denn die Stellungnahme enthielte keine "Regelung" im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X. Eine Regelung setzt voraus, dass eine potentiell verbindliche Rechtsfolge gesetzt wird (vgl. BSG, Urteil vom 15. Juni 2016 – B 4 AS 36/15 R – SozR 4-4200 § 22 Nr. 90 = juris Rdnr. 16, m. w. N.). Mit einer Antwort auf die Frage des Klägers würde die Beklagte jedoch keine Rechtsfolge setzen, sondern lediglich ihre Auffassung zu der in der Frage enthaltenen Behauptung des Klägers äußern. Wenn aber kein Verwaltungsakt ergehen kann, weil es an einer für ihn erforderlichen tatbestandlichen Voraussetzung fehlt, kann notwendigerweise auch eine Untätigkeitsklage keinen Erfolg haben.
Es gibt keine Anspruchsgrundlage dafür, eine Behörde zu einem Verwaltungshandeln in einer bestimmten Form, hier der eines Verwaltungsaktes, zu verpflichten, wenn es weder eine Verpflichtung noch auch nur eine Berechtigung der Behörde gibt, in dieser Form im konkreten Einzelfall handeln zu müssen oder dürfen. Der Kläger hat deshalb keinen Anspruch darauf, die Beklagte zu verpflichten, sich zu seiner Frage lediglich der äußeren Form nach in der Form eines Verwaltungsaktes, das heißt eines sogenannten Formalverwaltungsaktes oder bloß formellen Verwaltungsaktes (vgl. hierzu: BSG, Urteil vom 25. Januar 2011 – B 5 R 14/10 R – SozR 4-1300 § 63 Nr. 15 = juris Rdnr. 20), zu äußern.
Schließlich hat die Untätigkeitsklage auch nicht vor dem Hintergrund, dass eine grundsätzliche Verpflichtung einer Behörde zur Verbescheidung eines Antrages besteht (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. November 2010 – L 7 SO 2708/10 – juris Rdnr. 18; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12. November 2014 – L 11 KA 15/13 – juris Rdnr. 28; Schlesw.-Holst. LSG, Urteil vom 28. April 2021 – L 9 SO 1/21 – juris Rdnr. 34; Claus, a. a. O., Rdnr. 16; Schmidt, a. a. O., Rdnr. 4a), Erfolg. Denn diese Verpflichtung findet dort ihre Grenze, wo ein materiell-rechtlicher Anspruch offensichtlich und unter jedem Gesichtspunkt ausscheidet und die Erhebung der Untätigkeitsklage sich lediglich als Ausnutzung einer formalen Rechtsposition ohne eigenen Nutzen und zum Schaden der Behörde darstellt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. November 2010, a. a. O.; Schlesw.-Holst. LSG, Urteil vom 28. April 2021, a. a. O.; Claus, a. a. O.; Schmidt, a. a. O.). So liegt hier der Fall. Der Kläger erstrebt die Verpflichtung der Beklagten zum Erlass eines Verwaltungsaktes um des Verwaltungsaktwillens.
Das Rechtsschutzbegehren des Klägers kann auch nicht anderweitig ausgelegt werden, weil er wiederholt auf den Erlass eines Verwaltungsaktes durch die Beklagte hinsichtlich seiner Frage gedrungen hat. Zudem ist dem Senat bekannt, dass der Kläger auf Grund einer vom Rentenversicherungsträger geförderten Maßnahme Kenntnisse über Grundbegriffe des Verwaltungsrechtes verfügt.
IV. Soweit der Kläger im Schreiben vom 10. Februar 2025 beantragt hat, die Beklagte zu einer "eidlichen Aussage in der Sache" zu verurteilen, ist die darin enthaltene Klageänderung unzulässig.
Weitere Rechtsschutzbegehren können Gegenstand eines Berufungsverfahrens werden, wenn die Voraussetzungen aus § 99 SGG für eine Klageänderung gegeben sind. Eine Klageänderung kann auch in der Form einer Klageerweiterung erfolgen (vgl. BSG, Beschluss vom 28. Februar 2000 – B 11 AL 247/99 B – juris Rdnr. 2), das heißt wenn das bisherige Klagebegehren um ein weiteres Klagebegehren ergänzt wird.
Das vom Kläger erstmals im Berufungsverfahren vorgetragene weitere Begehren ist allerdings nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden, weil die für eine Erweiterung des Streitgegenstandes vom Gesetzgeber geforderten Voraussetzungen nicht gegeben sind.
Die Regelungen in § 99 SGG über die Klageänderung sind zwar im Berufungsverfahren gemäß § 158 Abs. 1 SGG entsprechend anzuwenden (vgl. BSG, Urteil vom 28. Februar 2024 – B 4 AS 18/22 R = juris Rdnr. 50; Sächs. LSG, Beschluss vom 18. Mai 2016 – L 3 AS 167/16 B ER – juris Rdnr. 30). Jedoch sind im Falle des Klägers die in § 99 Abs. 1 SGG formulierten Voraussetzungen nicht gegeben. Weder liegt ein Ausnahmefall im Sinne von § 99 Abs. 3 SGG, der kraft Gesetzes nicht als Klageänderung anzusehen ist, vor, noch hat der Beklagte in die Änderung des Streitgegenstandes eingewilligt (vgl. § 99 Abs. 1 Alt. 1 SGG) oder hält das Gericht die Änderung für sachdienlich (vgl. § 99 Abs. 1 Alt. 2 SGG).
Nach § 99 Abs. 1 SGG ist eine Änderung der Klage nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Nach § 91 Abs. 3 SGG ist es nicht als eine Änderung der Klage anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds
1. die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden,
2. der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird,
3. statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.
Soweit der Kläger nunmehr im Berufungsverfahren hilfsweise die Verurteilung der Beklagten zu einer "eidlichen Aussage in der Sache" begehrt, verfolgt er ein gänzlich anderes Rechtsschutzziel wie noch im erstinstanzlichen Verfahren, wo dieser Anspruch nicht Gegenstand war. Denn Gegenstand der Untätigkeitsklage gemäß § 88 SGG ist nach herrschender Auffassung allein die Bescheidung eines Antrags oder Widerspruchs, nicht aber der Erlass eines Verwaltungsakts mit einem bestimmten Inhalt (BSG, Beschluss vom 28. Oktober 2015 – B 6 KA 20/15 B – juris Rdnr. 5; vgl. weitere Nachweise z. B. bei Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG [14. Aufl., 2023], § 88 Rdnr. 9) oder die Prüfung der materiellen Anspruchsvoraussetzungen einer Leistung (vgl. BSG, Urteil vom 26. August 1994 – 13 RJ 17/94 – BSGE 75, 56 ff. = SozR 3-1500 § 88 Nr. 2 = juris Rdnr. 18). Mit dem Antrag im Schreiben vom 10. Februar 2025 begehrt der Kläger demgegenüber, die Beklagte zu einer inhaltlichen Stellungnahme zu seinem Lügenvorwurf zu verurteilen.
Wenn die Voraussetzungen des § 91 Abs. 3 SGG nicht vorliegen, mithin eine Klageänderung im prozessrechtlichen Sinne gegeben ist, ist die Klageänderung nur zulässig, wenn eine der beiden in § 91 Abs. 3 SGG benannten Voraussetzungen erfüllt ist.
Die Beklagte hat in die Klageänderung weder ausdrücklich noch stillschweigend eingewilligt (vgl. hierzu § 99 Abs. 1 Alt. 1 SGG). Ihre Einwilligung ist auch nicht gemäß § 99 Abs. 2 SGG anzunehmen. Denn sie hat ausdrücklich ihre Einwilligung versagt.
Diese Klageänderung in der Form einer Klageerweiterung ist auch nicht sachdienlich im Sinne von § 99 Abs. 1 Alt. 2 SGG.
An der Sachdienlichkeit einer Klageänderung fehlt es unter anderem, wenn der Rechtsstreit auf eine völlig neue Grundlage gestellt würde (vgl. BSG, Beschluss vom 7. August 2017 – B 11 AL 7/17 BH – juris Rdnr. 5; Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG [14. Aufl., 2023], § 99 Rdnr. 10a, m. w. N.), oder wenn die geänderte Klage mangels Prozessvoraussetzungen gleich wieder als unzulässig abgewiesen werden müsste (vgl. BSG, Urteil vom 23. März 1993 – 4 RA 39/91 – juris Rdnr. 19; Guttenberger: in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG [2. Aufl., 2022], § 99 SGG Rdnr. 28; Haupt/Wehrhahn, in: Fichte/Jüttner, SGG [3. Aufl., 2020], § 99 SGG Rdnr. 17).
Dies ist hier der Fall. Denn während bei einer Untätigkeitsklage zu prüfen ist, ob die Behörde einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden hat und deshalb zur Bescheidung des Antrages verurteilt werden kann, verfolgt der Kläger mit seinem erstmals im Berufungsverfahren vorgebrachten neuen Rechtsschutzbegehren, die Beklagte zu verurteilen, inhaltlich zu seiner Behauptung, sie habe in einem Verfahren vor dem Sozialgericht gelogen, Stellung zu nehmen.
Da die Klageänderung aus den genannten Gründen unzulässig ist, muss nicht auf die Frage eingegangen werden, ob es für das neue Klagebegehren des Klägers überhaupt eine denkbare, im Sozialrecht angesiedelte Anspruchsgrundlage gibt.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193, 183 SGG.
VI. Gründe für die Zulassung der Revision (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.