L 2 BA 6/23

Land
Niedersachsen-Bremen
Sozialgericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
1. Instanz
SG Braunschweig (NSB)
Aktenzeichen
S 34 BA 37/20
Datum
2. Instanz
LSG Niedersachsen-Bremen
Aktenzeichen
L 2 BA 6/23
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Auch bei der statusrechtlichen Beurteilung honorarärztlicher Tätigkeiten ist dem Grundsatz der Klarheit und Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände Genüge zu tun.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 2. November 2022 geändert.

Der Bescheid vom 30. Januar 2020 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2020 und des Teilanerkenntnisses vom 2. November 2022 wird aufgehoben, soweit

  1. eine Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung für den Zeitraum 1. August 2019 bis zum 3. Februar 2020 und
  2. eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung festgestellt worden ist.

 

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers aus beiden Rechtszügen, im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wehrt sich gegen die Feststellung der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung für eine Tätigkeit als Facharzt für Neurochirurgie im beigeladenen Klinikum.

Von Januar 2016 bis Juli 2019 war der Kläger als leitender Arzt der Neurochirurgie für die Beigeladene zu 1., die Trägerin eines Krankenhauses in N. mit einem Versorgungsauftrag u. a. für Chirurgie und Orthopädie ist, tätig. Nachfolgend übte der Kläger ab August 2019 aufgrund einer entsprechenden Zulassung eine Tätigkeit als selbständiger Vertragsarzt aus.

Mit Vertrag vom 28.06.2019 (Bl. 53ff. VV) gründete der Kläger zusammen mit einem anderen Facharzt für Neurochirurgie zum 01.07.2019 eine ärztliche Berufsausübungsgemeinschaft in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die Beigeladene zu 3. (im Folgenden: GbR), um als Kooperationspartner Kliniken und Krankenhäusern wirbelsäulenchirurgische Dienstleistungen anzubieten. Hiernach sollte jeder Vertragspartner seine volle Arbeitskraft der GbR zu Verfügung stellen (wobei aber der Partner bis zum ersten Quartal 2020 ohnehin noch in einer abhängigen Beschäftigung bei einem anderen Krankenhaus stand). Zum 01.07.2019 war der Kläger mit 99 % am Gesellschaftsvermögen und der andere Facharzt mit einem Prozent am Gesellschaftsvermögen beteiligt. Arbeitgeber des gemeinsamen Personals waren die Gesellschafter. Bei der GbR angestellt war die Ehefrau des Klägers mit einem sogenannten Minijob und ein weiterer Arbeitnehmer mit 8 Stunden pro Woche für 500 € pro Monat.

Am 01.08.2019 schloss die GbR mit der F., der Beigeladenen zu 1. (im Folgenden: Klinikum), einen Kooperationsvertrag zur Durchführung von vollumfänglichen Wirbelsäulenoperationen (vorstationär, stationär und nachstationär). Hiernach war alleiniger Vertragspartner des Patienten das Klinikum. Die Terminvergabe erfolgte durch das Sekretariat des Klinikums. Die GbR war für die vollständige Dokumentation sämtlicher Behandlungsabschnitte zuständig. Das Klinikum war verpflichtet, der GbR die Durchführung der Operationen erforderlichen Operationssäle mit einem geeigneten Operationstisch, Operationsmikroskop, C-Bogen und allen weiteren erforderlichen Geräten und Instrumenten zur Verfügung zu stellen. Die GbR war verpflichtet, eine 24-stündige erreichbare fachärztliche Rufbereitschaft zur Betreuung der Patienten zu Verfügung zu stellen. Hierbei stellte das Klinikum die erste Notversorgung der Patienten sicher. Die GbR stellte dem Klinikum für ihre Leistung eine Fallpauschale in Rechnung, die sich anteilig am DRG-Fallpauschalenkatalog des IneK (Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus) orientierte. Grundlage der Rechnungsstellung war die im Jahr der Leistungserbringung aktuelle Differenz aus der Bewertungsrelation der Hauptabteilung und der Bewertungsrelation der Belegabteilung ohne Anästhesie, wie sie sich im aktuellen DRG-Fallpauschalenkatalog des IneK widerspiegelte. Die Differenz aus Hauptabteilung und Belegabteilung ohne Anästhesie werde anschließend mit dem für den Monat der Leistungserbringung gültigen Landesbasisfallwert multipliziert. Höhervergütungen sollten nicht berücksichtigt werden. Gegen Kürzungen sollte gemeinsam vorgegangen werden, aber sie sollten nachträglich berücksichtigt werden.

Der Kläger stellte mit Antrag vom 01.08.2019, eingegangen bei der Beklagten am 08.08.2019, einen Antrag auf Feststellung, dass bei den Operationen für das Klinikum keine Beschäftigung vorliege, und legte die vorgenannten Verträge vor.

Die Beklagte forderte den Kläger mit Schreiben vom 26.08.2019 zur Beantwortung von 30 Fragen und das Klinikum zur Beantwortung von 28 Fragen auf. Der Kläger beantwortete die Fragen mit am 04.10.2019 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben. U. a. gab er an, dass keine Krankenhausfunktion bekleidet werde, eine enge Kommunikation mit dem Pflegepersonal des Klinikums erfolge, welches die behandelten Patienten pflegerisch betreue, kein Weisungsrecht gegenüber dem Krankenhauspersonal bestehe, keine interdisziplinäre Teilnahme an Teambesprechungen des Klinikums erfolge, keine Teilnahme an Ruf- bzw. Bereitschaftsdiensten zu Zwecken des Krankenhauses bestehe, keine festen Arbeitszeiten/Dienstpläne/Urlaubsregelung eingehalten werden müssten, die Vergütung als Fallpauschale erfolge, zweimal monatlich würden dem Klinikum die jeweilig erbrachten Leistungen in Rechnung gestellt, das Forderungsmanagement gegenüber säumigen Kostenträgern erfolge durch das Klinikum, die GbR habe eine eigene Betriebshaftpflichtversicherung, im Schadensfall stelle der Patient seine Forderung gegenüber dem Klinikum, da das Klinikum Vertragspartner des Patienten sei, es falle Miete für das durch die GbR genutzte Untersuchungszimmer an, des Weiteren falle eine Nutzungsgebühr für den von der GbR genutzten Parkplatz an, eine Vertretung erfolge durch den Mitgesellschafter der GbR, nicht indes durch das Klinikum, die Ärzte der GbR trügen keine einheitliche Arbeitskleidung des Klinikums, das Klinikum sei der GbR gegenüber fachlich nicht weisungsbefugt, die GbR befinde sich aktuell in Verhandlungsgesprächen mit einem weiteren Krankenhaus und der Kläger beabsichtige nicht, bei Aufhebung der Kooperation in Zukunft im Angestelltenverhältnis für das Klinikum tätig zu sein.

Im Zeitraum vom 01.08.2019 bis 12.05.2020 liquidierte die GbR gegenüber der Beigeladenen zu 1. einen Gesamtbetrag in Höhe von 317.768,80 € (Bl. 260-302 GA II). Darin enthalten waren 18 Konsile mit einem Erlös von jeweils 37,02 €, also insgesamt 666,36 €.

Die Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 16.12.2019 zu einer beabsichtigten Feststellung einer Beschäftigung mit Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung an. Die GbR nahm mit Schreiben vom 19.12.2019 Stellung.

Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 30.01.2020 (Bl. 79 VV) die Versicherungspflicht des Klägers in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung in dem Auftragsverhältnis als Facharzt für Neurochirurgie beim Klinikum seit dem 01.08.2019 fest.

Der Kläger erhob hiergegen mit Schreiben vom 04.02.2020 (Bl. 85 VV), eingegangen bei der Beklagten am 07.02.2020, Widerspruch. Es liege keine abhängige Beschäftigung vor. Zwischen dem Kläger und dem Klinikum bestünden keinerlei vertragliche Beziehungen. Es sei unzutreffend, dass die Tätigkeit in einer fremdbestimmten Arbeitsorganisation ausgeübt werde. Zutreffend sei vielmehr, dass die GbR die Organisation der Operationsabläufe vorgegeben und das von den Kliniken gestellte Personal sich in diese Arbeitsabläufe einzufügen habe. Der Kläger habe auch nicht die organisatorischen Vorgaben des Klinikums zu beachten. Richtig sei vielmehr, dass die Organisation in Abstimmung zwischen der GbR und dem Klinikum erfolge. Dabei hätten sich beide Parteien wechselseitig an organisatorische Rahmenbedingungen zu halten. Für den Kläger bestünde keine Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung. Unzutreffend seien die Ausführungen, es bestehe weder ein unternehmerisches Risiko noch Chance in der Ausübung der Tätigkeit. Die von der GbR vorgelegten Rechnungen belegten, dass die Einnahmen deutlich höher als eine vergleichbare Oberarztvergütung seien. Zwischenzeitlich habe die GbR sogar medizinische Gerätschaften angeschafft. Mit der Anschaffung eines Gerätes für endoskopische (minimalinvasive) Operationen könne ein anderes Patientenklientel behandelt werden und es sei die Möglichkeit geschaffen worden, zeitlich effizienter zu operieren und damit einen höheren Umsatz pro Stunde zu generieren. Diesbezüglich hat der Kläger Lieferscheine vom 11. und 12.02.2020 sowie 20.03.2020 nebst Rechnungen vom 12.02.2020 und 19.03.2020 vorgelegt. Die monatlichen Leasingkosten betrügen 3.283,20 € und die Verpflichtung erstrecke sich bis 28.02.2025. Eine Ausfallentschädigung werde nicht gezahlt. Die GbR trete auch werbend am Markt auf.

Mit Wirkung zum 15. Mai 2020 hat das beigeladene Klinikum den Kooperationsvertrag mit der zu 3. beigeladenen GbR gekündigt, so dass der Kläger von da in dieser Klinik keine weiteren Operationen mehr durchgeführt hat. Die zuvor im Februar und März 2020 von ihm erworbenen Geräte für endoskopische (minimalinvasive) Operationen, die bis dahin in den Räumlichkeiten des Klinikums für die dortigen Operationen des Klägers aufbewahrt worden waren, nahm der Kläger wieder an sich. Ausweislich seiner Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger den Eindruck gewonnen, dass der seinerzeit neu in das Amt berufene Geschäftsführer des Klinikums im Zuge der Kündigung des Kooperationsvertrages dessen wirtschaftlichen Hintergrund im Hinblick darauf verkannt, dass dieser nicht ausreichend berücksichtigt habe, dass der Kläger nicht nur für die Durchführung der Operationen verantwortlich gewesen sei, sondern auch die zu operierenden Patienten im Ergebnis gewissermaßen „mitgebracht“ habe.

Nach Beendigung des Kooperationsvertrages mit dem beigeladenen Klinikum hat der Kläger wenige Zeit später einen vergleichbaren Kooperationsvertrag mit einer anderen Klinik abgeschlossen, in deren Räumlichkeiten er nachfolgend seine neben der vertragsärztlichen Tätigkeit ausgeübte operierende Tätigkeit fortgesetzt hat. Die von ihm im Februar und März 2020 erworbenen Geräte für endoskopische (minimalinvasive) Operationen hat er dementsprechend in die Räumlichkeiten des neuen Kooperationspartners für die dort von ihm durchzuführenden Operationen verbracht. Nachfolgend hat der Kläger nach Maßgabe seiner Erläuterung in der mündlichen Verhandlung noch zusätzlich einen Kooperationsvertrag mit einem weiteren Klinikum abgeschlossen. Für dieses weitere Klinikum hat er ebenfalls die erforderlichen medizinischen Geräte für die Durchführung endoskopischer Operationen erworben.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24.06.2020 zurück. Die Möglichkeit, keine weiteren Aufträge zu erhalten, entspreche dem Beschäftigungsrisiko eines Arbeitnehmers. Der wirtschaftliche Aufwand für den Erwerb der Arbeitsmittel sei nicht so hoch, dass damit ein mit einem erheblichen wirtschaftlichen Risiko verbundener Aufwand begründet werden könne. Der Kläger habe bezüglich Zeit, Dauer, Art und Ort der Arbeitsausführung dem Direktionsrecht des Klinikums unterlegen. Er habe zwar frei entscheiden können, ob er Aufträge annehmen oder ablehnen wolle, bei Annahme erfolge jedoch eine Eingliederung in die Arbeitsumsetzung des Weisungsgebers und der Kläger erfülle damit die Betriebszeit des Klinikums. Arbeitszeiten und Arbeitsort seien vorgegeben gewesen. Bei Ausübung seiner Tätigkeit sei er in die Organisation des Auftraggebers eingebunden und dem Klinikpersonal gegenüber weisungsbefugt gewesen. Die Verantwortung für die vom Kläger behandelten Patienten habe das Klinikum getragen. Nicht entscheidend sei vorliegend, inwieweit das Klinikum von der Rechtsmacht Gebrauch gemacht habe, um Einfluss auf die Tätigkeit zu nehmen. Es habe jedenfalls bereits deren Existenz zum Entstehen einer abhängigen Beschäftigung genügt. Ein wesentlicher Gestaltungspielraum bezüglich der zu erbringenden Dienstleistung sei im zu beurteilenden Fall nicht gegeben gewesen.

Der Kläger hat hiergegen am 23.07.2020 beim Sozialgericht Braunschweig Klage erhoben. Die Beklagte habe beispielsweise den außerordentlich hohen Verdienst des Klägers nicht berücksichtigt. Der Kläger dürfe nicht mit einem Stücklohn-, Akkord- oder Heimarbeiter verglichen werden. Zu Beginn der streitbetroffenen Tätigkeit für das Klinikum habe er seine selbständige Tätigkeit erst begonnen, weshalb er die aus seiner Sicht längerfristig angezeigten Investitionen zur Ermöglichung auch endoskopischer Eingriffe erst zeitverzögert in die Wege geleitet habe. Aus dem Abstimmungserfordernis mit dem Krankenhauspersonal dürfe nicht auf eine Eingliederung in den Betrieb geschlossen werden. Das Weisungsrecht des Klägers ende jeweils mit Ende der Operation. Der Kläger sei auch nicht zur persönlichen Leistungserbringung verpflichtet.

Das Sozialgericht hat das Klinikum mit Beschluss vom 09.02.2021 (Bl. 38 GA) beigeladen und die AOK Nordost, die Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover sowie die Bundesagentur für Arbeit mit Verfügung vom 19.02.2021 (Bl. 44 GA) als andere Versicherungsträger gem. § 75 Abs. 2b SGG zu einer Beiladung auf deren Antrag angehört. Die AOK Nordost ist auf Antrag durch Beschluss vom 03.03.2021 (Bl. 49 GA) beigeladen worden.

Auf Nachfrage des Gerichts schilderte der Kläger mit Schreiben vom 26.07.2021 (Bl. 58 GA) die Arbeitsaufteilung der Gesellschafter bei der Organisation der Operationen, der vorstationären OP-Vorbereitung, dem ersten, zweiten und dritten stationären Tag, der Kodierung, der Erstellung von OP-Berichten und Arztbriefen, der Beantwortung von MDK-Anfragen/Krankenversicherungen/Rentenversicherung etc., der nachstationären Behandlung und der Rufbereitschaft. Größere zeitliche Anteile übernahm hierbei der Kläger, weil sich der andere Gesellschafter 2019 noch in einem Anstellungsverhältnis beim Klinikum O. befand. Ab März 2020 hätten aufgrund von Corona und der damit verbundenen Niedersächsischen Landesverordnung nur noch Notfalloperationen durchgeführt werden können. Die Aufträge seien in dieser Zeit drastisch zurückgegangen und die P. hätten die Kooperation mit der GbR zum 15.05.2020 gekündigt.

In der mündlichen Verhandlung am 02.11.2022 hat die Beklagte gegenüber dem Kläger ein Teilanerkenntnis dahingehend abgegeben, dass der Bescheid vom 30.01.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2020, soweit er Zeiträume über den 15.05.2020 hinaus betreffe, aufgehoben werde. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.

Das Sozialgericht hat den Bescheid vom 30.01.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2020 und des Teilanerkenntnisses mit Urteil vom 02.11.2022 im Übrigen geändert und festgestellt, dass für die Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen zu 1. in der Zeit vom 01.08.2019 bis 15.05.2020 keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe. Der Kläger sei in einem relativ eng umgrenzten Aufgabengebiet tätig gewesen. Eine Weisungsbefugnis habe innerhalb des Einzelauftrages nicht bestanden. Aufgrund der Nutzung von Personal, OP-Sälen und Material von Seiten der Beigeladenen zu 1. habe eine erhebliche Fremdbestimmung der Tätigkeit bestanden. Der Kläger sei aber keinem Dienstplan unterworfen gewesen. In der konkreten Abwicklung der Einzelaufträge sei der Kläger, soweit er nicht faktisch auf Personal oder Arbeitsmittel angewiesen gewesen sei, frei gewesen. Der Kläger habe ein Unternehmerrisiko getragen, nämlich das Risiko fehlender Patienten. Das Urteil ist der Beklagten am 23.12.2022 zugestellt worden (Bl. 80 GA). 

Hiergegen hat die Beklagte am 20. Januar 2023 Berufung eingelegt und geltend gemacht, dass der Kläger weisungsgebunden im Sinne einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe gewesen sei. Allein zu der Beigeladenen zu 1. habe das Vertragsverhältnis zu den Patienten bestanden. Ihr habe das Forderungsmanagement und auch die Haftung im Verhältnis zu den Patienten oblegen. Das Sozialgericht habe zutreffend festgestellt, dass eine erhebliche Fremdbestimmung der Tätigkeit des Klägers bestanden habe, da er mit dem Personal der Beigeladenen zu 1. arbeitsteilig zusammengearbeitet habe und deren Betriebsmittel genutzt habe. Entgegen der Wertung des Sozialgerichts habe der Kläger aber kein unternehmerisches Risiko getragen. Nach der BSG-Rechtsprechung sei das Risiko, keine weiteren Folgeaufträge zu erhalten, für die Frage des Status der konkreten Tätigkeit nicht relevant. Auf die für andere Krankenhäuser ausgeübte Tätigkeiten komme es nicht an. Die vom Kläger vorgelegten Rechnungen für medizinische Geräte stammten aus Bestellungen, die nach der Beendigung des hier streitigen Vertragsverhältnisses erfolgt seien. Auf das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28.07.2022, AZ: L 8 BA 18/21, werde hingewiesen.

In der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2025 hat der Vertreter der Beklagten erläutert, dass der Kläger von 2016 an bei dem beigeladenen Klinikum abhängig beschäftigt gewesen sei und für diese Tätigkeit auch von der Rentenversicherungspflicht befreit worden sei.

Der Vertreter der Beklagten hat weiter erläutert, dass die seinerzeit erteilte Befreiung „für die Zeit der Beschäftigung beim Q.“ erteilt worden sei. Die damalige Beschäftigung habe der Kläger im Wege der fristlosen Kündigung zum 31. Juli 2019 beendet. Aus Sicht der Beklagten stelle das streitbetroffene Tätigkeitsverhältnis, welches am 1. August 2019 und damit am Folgetag begonnen hat, ein neues Beschäftigungsverhältnis dar.

Auf dieses neue Beschäftigungsverhältnis erstrecke sich aus Sicht der Beklagten die zuvor für die Beschäftigung bei der R. erteilte Befreiung nicht. Auf Nachfrage des Senates, wann die Beklagte den Kläger im Rahmen ihrer Beratungspflicht darauf hingewiesen habe, dass er ausgehend von dieser Rechtsauffassung für die aus Sicht der Beklagten zum 1. August 2019 neu aufgenommene Beschäftigung einen neuen Befreiungsantrag stellen müsse, hat der Vertreter der Beklagten eingeräumt, dass ein solcher Hinweis nie erteilt worden sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 02.November 2022 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

       die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger ist im Wesentlichen der Auffassung, dass das angefochtene Urteil rechtmäßig sei. Auf Anforderung des Gerichts hat der Kläger die Gewinnermittlungen der GbR für die Jahre 2019 und 2020 vorgelegt. Hiernach hat die GbR 2019 einen Gewinn in Höhe von 114.939,70 € und 2020 in Höhe von 431.430,48 € erzielt. Mit Schreiben vom 24.03.2023 (Bl. 192 GA II) hat der Kläger die Arbeitsaufteilung der GbR und der Beigeladenen zu 1. näher dargelegt. Auf weitere Nachfrage hat der Kläger mit Schreiben vom 18.10.2023 (Bl. 312) das Zusammenspiel mit der vertragsärztlichen Tätigkeit, aus der er 90 % der operierten Patienten aquiriere, dargelegt und die Honorarbescheide für die Quartale 2/2019 bis 2/2020 vorgelegt. Hieraus ergebe sich ein klarer Schwerpunkt hinsichtlich der operierenden Tätigkeit. Die restlichen 10 % der Patienten würden durch „das Krankenhaus vorgestellt“. Der zeitliche Aufwand bestehe aus ca. 40 % Praxistätigkeit, ca. 40 % operativer Tätigkeit und ca. 20 % Tätigkeit in seiner Privatarztpraxis. Er habe bei dem Bewertungsportal sanego.de einen Werbevertrag abgeschlossen, der dazu führe, dass er bei der Suche „Neurochirurgie“ auf Platz 1 erscheine. Auch Belegärzte, die eine vergleichbare Einkommensstruktur hätten, würden von der Beklagten als Selbständige eingestuft.

Eine pauschale Bezahlung pro Fall sei tatsächlich kein Kriterium zur Beurteilung des Bestehens eines wirtschaftlichen Risikos. Sein erhöhtes wirtschaftliches Risiko ergebe sich eher durch die Höhe der durch ihn getätigten Investitionen zur Beschaffung von Geräten und Instrumenten, die er für die endoskopische Leistungserbringung benötige. Das Klinikum sei trotz ihrer aufgrund der Kooperationsvereinbarung bestehenden Verpflichtung nicht bereit gewesen, einen Endoskopieturm anzuschaffen. Obwohl die Aufteilung der DRG nicht die Anschaffung von Operationsmaterial auf Seiten des Klägers vorgesehen habe, habe sich der Kläger dennoch entschlossen, für seine Patienten minimal-invasive Operationen durch Anschaffung entsprechender Geräte anzubieten. Die monatliche Leasingrate in Höhe von im Ergebnis ca. 3.600 € brutto (vgl. Schriftsatz vom 9. Februar 2025) habe er aus seinem Anteil der DRG für die ärztliche Leistung getragen.

Des Weiteren habe er im streitgegenständlichen Zeitraum im Rahmen seiner selbständigen vertragsärztlichen Tätigkeit zwei sozialversicherungspflichtige Angestellte und eine Mini-Jobberin beschäftigt. Seine Personalkosten hätten sich auf ca. 4.000 € pro Monat belaufen. Als es zu Verdiensteinbrüchen zur Zeit des Corona-Lockdowns gekommen sei und sich zudem weitere Verdienstausfällen insbesondere durch die Kündigung der Kooperationsvertrages von Seiten des beigeladenen Klinikums ergeben hätte, habe er für die Begleichung der Leasingraten und der Fortzahlung der Gehälter sämtliche geschäftliche und private Rücklagen aufgebraucht. Hätte der Verdienstausfall eine Woche länger als stattgefunden angehalten, hätte er Privatinsolvenz anmelden müssen.

Statusrechtlich sei er eher mit einem Belegarzt als mit einem Honorararzt im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialrechts zu vergleichen. Mit Schriftsatz vom 10.02.2025 hat der Kläger weitere Nachweise zu Verträgen und Zahlungen für medizinische Gerätschaften sowie die Bestätigung der Ärzteversorgung Niedersachsen vom 22.01.2025 über seine Mitgliedschaft seit dem 01.01.2007 und die Zahlung von Beiträgen für seine selbständige Tätigkeit seit dem 01.08.2019 vorgelegt. In der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2025 hat der Kläger seine Zustimmung zu einem späteren Versicherungsbeginn nach § 7a Abs. 6 SGB IV a.F. erklärt und Belege für Zahlungen für seine Krankenversicherung vorgelegt.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Die Beigeladene zu 1. hat mit Schreiben vom 20.01.2025 Zahlen zu den durchschnittlichen Operationszeiten vom 01.06.2019 bis 01.04.2020 und vom 01.04.2020 bis 01.06.2020 vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Rechtsstreits wird auf die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die statthafte und zulässige Berufung ist teilweise begründet und im Übrigen unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 02.11.2022 war abzuändern, weil die zulässige Anfechtungsklage teilweise begründet und im Übrigen unbegründet ist. Der Bescheid der Beklagten vom 30.01.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2020 in der Fassung des angenommenen Teilanerkenntnisses vom 02.11.2022 ist rechtswidrig, soweit eine Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung für den Zeitraum 1. August 2019 bis zum 3. Februar 2020 und eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung festgestellt worden ist, und im Übrigen rechtmäßig und verletzt den Kläger insoweit nicht in seinen Rechten.

A. Nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass für die Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen zu 1. in der Zeit vom 04.02.2020 bis 15.05.2020 Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat.

I. Im streitigen Zeitraum unterlagen (mehr als nur geringfügig beschäftigte) Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, der Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III).

Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021 – B 12 R 17/19 R –, SozR 4-2400 § 7 Nr 63, Rn. 17).

Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen (stRspr; vgl zum Ganzen BSG, Urteil vom 7.6.2019 - B 12 R 6/18 R - BSGE 128, 205 = SozR 4-2400 § 7 Nr 44, RdNr 13 f mwN). Diese wertende Zuordnung kann nicht mit bindender Wirkung für die Sozialversicherung durch die Vertragsparteien vorgegeben werden, indem sie zB vereinbaren, eine selbstständige Tätigkeit zu wollen. Denn der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung schließt es aus, dass über die rechtliche Einordnung einer Person – als selbstständig oder beschäftigt – allein die Vertragsschließenden entscheiden. Über zwingende Normen kann nicht im Wege der Privatautonomie verfügt werden. Vielmehr kommt es entscheidend auf die tatsächliche Ausgestaltung und Durchführung der Vertragsverhältnisse an (BSG, U.v. 19. Oktober 2021, aaO, Rn. 18 mwN).

Ein Versicherter kann nebeneinander mehreren selbstständigen Tätigkeiten oder abhängigen Beschäftigungen nachgehen; ein selbstständiger Unternehmer ist insbesondere nicht daran gehindert, zusätzlich eine abhängige Beschäftigung auszuüben. Auch muss eine Beschäftigung nicht auf längere Zeit angelegt sein (BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 – B 2 U 3/08 R –, Rn. 20, juris).

Dementsprechend wird die Beurteilung der vom Kläger im Zeitraum vom 1. August 2019 bis zum 15. Mai 2020 wahrgenommenen ärztlichen Tätigkeit im beigeladenen Klinikum nicht bereits dadurch vorgegeben, dass der Kläger daneben eine selbständige Tätigkeit als niedergelassener Vertragsarzt in eigener Praxis ausgeübt. Vielmehr ist eine eigenständige statusrechtliche Beurteilung der streitbetroffenen Tätigkeit für das beigeladene Klinikum vorzunehmen.

Diese war insbesondere nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Tätigkeit. Die im Rahmen der streitbetroffenen Tätigkeit für das beigeladene Klinikum erbrachten ärztlichen Leistungen hat der Kläger insbesondere weder gegenüber den Patienten noch gegenüber der kassenärztlichen Vereinigung selbst abgerechnet; diese sind vielmehr von Seiten des Klinikums gegenüber den Kostenträgern bzw. Patienten im Rahmen der von der Klinik erbrachten medizinischen Gesamtleistungen abgerechnet worden. Das Klinikum seinerseits hat dem Kläger das Entgelt für die von ihm im Rahmen des Klinikbetriebes erbrachten ärztlichen Leistungen gezahlt.

Der Kläger und das Klinikum haben bezogen auf den streitbetroffenen Zeitraum ab August 2019 davon abgesehen, ein Dauerschuldverhältnis im Sinne einer fortdauernden Verpflichtung des Klägers zur Erbringung von ärztlichen Leistungen für das beigeladene Klinikum zu begründen. Der Kooperationsvertrag vom 1. August 2019 (vgl. wegen der weiteren Einzelheiten Bl. 8 ff. der Verwaltungsvorgänge) war als Rahmenvertrag ausgestaltet. Er sah ausdrücklich vor, dass „in jedem Einzelfall“ ein gesonderter Vertragsschluss erfolgen sollte (§ 2 Abs. 2).

Bei Vertragsgestaltungen, in denen - wie hier - die Übernahme einzelner Dienste individuell vereinbart wird und insbesondere kein Dauerschuldverhältnis mit einer Leistungspflicht auf Abruf vorliegt, ist für die Frage der Versicherungspflicht allein auf die Verhältnisse abzustellen, die während der Ausführung der jeweiligen Einzelaufträge bestehen. Außerhalb der Einzeleinsätze liegt schon deshalb keine die Versicherungspflicht begründende "entgeltliche" Beschäftigung iS des § 7 Abs. 1 SGB IV vor, weil keine latente Verpflichtung des Klägers bestand, Tätigkeiten für die Beigeladene zu 1. auszuüben, und diese umgekehrt auch kein Entgelt zu leisten hatte (vgl. zu diesen Kriterien BSG, U.v. 19. Oktober 2021, aaO, Rn. 19 mwN).

In den genannten Fallgestaltungen ist mangels eines den Mitwirkenden zu dauerhaften und regelmäßigen Arbeitsleistungen verpflichtenden Dauerschuldverhältnisses auf die Gegebenheiten während der Ausführung der jeweiligen Einzelaufträge abzustellen. Schon dieser Ansatz macht deutlich, dass ein Beschäftigungsverhältnis im sozialrechtlichen Sinne nicht zur Voraussetzung hat, dass sich die Beteiligten vorab über bestimmte von dem Beauftragten monatlich oder wöchentlich zu leistende Arbeitszeitkontingente oder gar schon im Vorhinein über konkrete Arbeitszeiten verständigt haben. Selbstverständlich gibt es auch heute noch viele Arbeitsverhältnisse, in denen konkrete Arbeitszeiten vorab mit der Folge vereinbart werden, dass der Arbeitgeber während der jeweils vereinbarten Arbeitszeiten über die Arbeitskraft des Beauftragten verfügen kann. Entsprechende Konstellationen stellen aber nur eine Ausprägung aus dem weiten Feld der in Betracht kommenden Ausgestaltungsmöglichkeiten einer abhängigen Beschäftigung dar. Dementsprechend kann schon im rechtlichen Ausgangspunkt nicht bereits aus dem Fehlen vorab vereinbarter regelmäßiger Arbeitszeitkontingente ein Rückschluss auf das Fehlen einer abhängigen Beschäftigung im sozialrechtlichen Sinne geschlossen werden.

Die Bewertung ist im vorliegenden Zusammenhang ohnehin allein nach sozialrechtlichen Maßstäben vorzunehmen. Die erläuterte Rechtsprechung des BSG, wonach in den angesprochenen Fallgestaltungen auf die Gegebenheiten während der Ausführung der jeweiligen Einzelaufträge abzustellen ist, bringt die sozialrechtliche Bewertung zum Ausdruck, dass auch eine entsprechende Heranziehung einer Arbeitskraft im Zuge einer Aufeinanderfolge von Einzelaufträgen ihre soziale Schutzbedürftigkeit zum Ausdruck bringt, aufgrund derer sie in die Versicherungspflicht für abhängig Beschäftigte einzubeziehen ist. Diese sozialrechtliche Wertung knüpft an das tatsächliche Geschehen im Sinne einer aufeinanderfolgenden Heranziehung im Rahmen von Einzelaufträgen an.

Schon im rechtlichen Ausgangspunkt ist mit einer entsprechenden sozialrechtlichen Bewertung keine Aussage zu daran anknüpfenden – sowohl hinsichtlich der maßgeblichen rechtlichen Vorgaben als auch bezüglich der mit diesen zu bewältigenden Interessenlagen ganz anders gelagerten – arbeitsrechtlichen Fragen intendiert. Diese sind im Streitfall vielmehr von den dafür zuständigen Arbeitsgerichten zu beantworten. Insbesondere geben die erläuterten sozialrechtlichen Wertungen keine Auskunft zu der Frage, inwieweit arbeitsrechtlich eine entsprechende sich (nicht selten sogar sehr häufig) wiederholende Heranziehung derselben Arbeitskraft auf der Basis immer neuer Einzelaufträge als zulässig anzusehen ist und ggfs. einen Anspruch auf Begründung eines (dann erst recht die Sozialversicherungspflicht begründenden) Dauerarbeitsverhältnisses zu begründen vermag.

Es liegt im Interesse aller Beteiligten, also der Versicherten, der Auftraggeber und der Versicherungsträger, die Frage der Versicherungspflicht bzw. fehlender Versicherungspflicht wegen Selbstständigkeit schon zu Beginn der Tätigkeit (bzw. zum Zeitpunkt des Eintritts einer wesentlichen Veränderung, wie etwa zum Zeitpunkt eines Verlustes der bislang innegehabten Kapitalmehrheit bei einem Gesellschaftergeschäftsführer) zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten des Sozialleistungsträgers und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein kann. Gerade dieses Postulat der Vorhersehbarkeit ist es, welches das Recht der Pflichtversicherung in der Sozialversicherung prägt und namentlich von Wertungen etwa des – an ganz anderen praktischen Bedürfnissen ausgerichteten – Arbeitsrechts unterscheidet (BSG, Urteil vom 11. November 2015 – B 12 KR 10/14 R –, SozR 4-2400 § 7 Nr 28 mwN, seinerzeit bezogen auf das Gesellschaftsrecht).

Bei der Statuszuordnung ist dem Grundsatz der Klarheit und Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände Genüge zu tun (BSG, Urteil vom 8. Juli 2020 – B 12 R 1/19 R –, SozR 4-2400 § 7 Nr 48, Rn. 28). Ein längerer Schwebezustand bis zur Klärung des Versicherungsstatus (für die Vergangenheit) verträgt sich außerdem nicht mit dem Bestreben, die Rückabwicklung erbrachter Leistungen (vgl. § 50 SGB X) zu vermeiden und versicherungs- sowie beitragsrechtlich relevante Statusfragen möglichst zeitnah zu klären (BSG, Urteil vom 18. Oktober 2022 – B 12 KR 2/21 R –, SozR 4 (vorgesehen), Rn. 13).

Es liegt in der inneren Konsequenz dieses Postulats, dass die nach Möglichkeit bereits zu Beginn der Tätigkeit vorzunehmende Beurteilung der Versicherungspflichtigkeit in der Sache eine prognostische Einschätzung zum Ausdruck bringt. Insoweit bestehen strukturelle Parallelen zur Beurteilung der Geringfügigkeit einer Beschäftigung im Sinne von § 8 SGB IV, bezüglich derer die Rechtsprechung des BSG ebenfalls eine Beurteilung auf der Grundlage einer Prognose bzw. einer vorausschauenden Schätzung fordert (BSG, U.v. 27. Juli 2011 – B 12 R 15/09 R –, SozR 4-2600 § 5 Nr 6, Rn. 16).

Auch wenn damit überzeugende Gründe für das erläuterte Postulat der Vorhersehbarkeit sprechen, wird die seine Heranziehung durch andere Auslegungsgrundsätze im Ergebnis nicht unerheblich eingeschränkt. Die Statusrechtsprechung des BSG stellt auch maßgeblich auf den Gesichtspunkt der „gelebten Praxis“ ab, welche sich jedoch vielfach erst im Nachhinein beurteilen lässt. Die Relevanz mündlicher Abreden soll insbesondere anhand der konkludenten Ausgestaltung der vertraglichen Grundlagen in „ihrer gelebten Praxis“ vorzunehmen sein (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021 – B 12 R 1/21 R –, BSGE 133, 57-64, SozR 4-2400 § 7 Nr 60, Rn. 17). Das Vertragsverhältnis soll aus der „gelebten Beziehung“ zu erschließen sein (BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 R 14/10 R –, Rn. 16, juris, wobei das BSG zugleich auch in dieser Entscheidung auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände abstellt). Bei Divergenzen zwischen der Vertragsdurchführung und der Vereinbarung bestehen, soll die „gelebte Praxis“ der formellen Vereinbarung grundsätzlich vorgehen (BSG, Urteil vom 4. Juni 2019 – B 12 R 10/18 R –, SozR 4-2400 § 7 Nr 41, Rn. 28).

Die genaue wechselseitige Abstimmung der erläuterten beiden Ansätze, also einerseits die statusrechtliche Beurteilung auf der Basis des Postulats der Vorhersehbarkeit und andererseits ihre Vornahme unter maßgeblicher Einbeziehung einer jedenfalls tendenziell erst rückschauend zu erfassenden „gelebten Praxis“, bedarf noch der Konkretisierung im Rahmen der Auslegung der tatbestandlichen Voraussetzungen insbesondere des § 7 SGB IV. Im Ausgangspunkt dürfte dem BSG jedenfalls dahingehend zuzustimmen sein, dass eine auf hinreichender Grundlage zutreffend erstellte Prognose solange rechtmäßig und verbindlich bleibt, bis für eine andere zukunftsbezogene Prognose ein erkennbarer Anlass besteht. Das gilt auch dann, wenn im Nachhinein ersichtlich wird, dass die Entwicklung schon vorher anders als prognostiziert verlaufen ist. Es wäre mit dem Grundsatz der Vorhersehbarkeit des sozialversicherungsrechtlichen Status nicht vereinbar, bei Prüfungen für die Vergangenheit im Nachhinein bekannt gewordene Verhältnisse rückwirkend zu berücksichtigen, obwohl auf Grundlage eines verfahrensfehlerfrei herbeigeführten früheren Erkenntnisstands eine andere Prognose veranlasst und zutreffend war (vgl. zum Vorstehenden BSG, Urteil vom 18. Oktober 2022 – B 12 KR 2/21 R –, SozR 4 (vorgesehen), Rn. 21 mwN). Eine vergleichbare Zielrichtung verfolgt das BSG auch mit Ansätzen, wonach Umstände der Vertragsdurchführung nur dann in die Statusbeurteilung einzubeziehen sind, wenn diese als „verlässlich bedeutsam“ zu bewerten sind (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2015 – B 12 KR 10/14 R –, SozR 4-2400 § 7 Nr 28, Rn. 32). Entsprechend sollen nur „nachhaltige und vorhersehbare Rechtspositionen“ (vgl. zu diesem Kriterium: BSG, Urteil vom 1. Februar 2022 – B 12 KR 37/19 R –, BSGE 133, 245, Rn. 23) einzubeziehen sein.

Ohnehin ist bei der Statusbeurteilung im Rahmen der erforderlichen Gesamtbewertung (nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung als Teilaspekt der tatsächlichen Verhältnisse) auch eine aus gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben entspringende „Rechtsmacht“ namentlich zur Erteilung von Weisungen zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R –, BSGE 111, 257-268, SozR 4-2400 § 7 Nr 17, Rn. 32). Schon das Bestehen einer solchen Rechtsmacht wird vom BSG den „gelebten tatsächlichen Verhältnissen“ zugerechnet (BSG, U.v. 29. August 2012 – B 12 R 14/10 R –, Rn. 28, juris; U.v. 11. November 2015 – B 12 KR 13/14 R –, BSGE 120, 59, Rn. 26). Soweit eine Rechtsmacht zur Erteilung von Weisungen reicht, kommt es nicht darauf an, inwieweit die Auftraggeberin das ihr zustehende Weisungsrecht auch faktisch ausgeübt hat (BSG, Urteil vom 27. April 2021 – B 12 KR 27/19 R –, Rn. 15, juris).

Im Ergebnis ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen (stRspr; vgl zum Ganzen BSG, Urteil vom 7.6.2019 - B 12 R 6/18 R - BSGE 128, 205 = SozR 4-2400 § 7 Nr 44, RdNr 13 f mwN). Diese wertende Zuordnung kann nicht mit bindender Wirkung für die Sozialversicherung durch die Vertragsparteien vorgegeben werden, indem diese etwa vereinbaren, eine selbstständige Tätigkeit zu wollen. Denn der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung schließt es aus, dass über die rechtliche Einordnung einer Person - als selbstständig oder beschäftigt - allein die Vertragsschließenden entscheiden. Über zwingende Normen kann nicht im Wege der Privatautonomie verfügt werden. Vielmehr kommt es entscheidend auf die tatsächliche Ausgestaltung und Durchführung der Vertragsverhältnisse an (vgl BSG, Urteil vom 19.10.2021 - B 12 R 10/20 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 59 RdNr 22 mwN; BSG, Urteil vom 12. Dezember 2023 – B 12 R 10/21 R –, Rn. 18, juris).

Auch im Übrigen darf sich eine Einbeziehung der „gelebten Beziehung“ nicht auf die tatsächlichen Abläufe beschränken. Eine "Schönwetter-Selbstständigkeit", die sich ausschließlich daraus ableitet, dass dem Betroffenen in harmonischen Zeiten freie Hand gelassen wird, während im Fall eines Zerwürfnisses dessen Weisungsunterworfenheit zum Tragen käme, ist nicht anzuerkennen (BSG, U.v. 29. Juli 2015 – B 12 KR 23/13 R –, BSGE 119, 216, Rn. 30). Eine solche ist insbesondere mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände schwerlich hinnehmbar (BSG, U.v. 29. August 2012 – B 12 R 14/10 R –, Rn. 28, juris). Dieser rechtliche Ausgangspunkt ist auch dann maßgebend, wenn im Einzelfall der tatsächliche Ablauf im jeweils zu beurteilenden Zeitraum von „harmonischen Zeiten“ im vorstehend erläuterten Sinne geprägt war. Auch dann ist in die Statusbeurteilung im Rahmen der erforderlichen Gesamtbewertung als ein maßgeblicher Gesichtspunkt die Frage einer Weisungsunterworfenheit im Falle eines Zerwürfnisses mit einzubeziehen.

Mit dem gebotenen Anknüpfen an die den Beteiligten von Gesetzes oder Vertrags wegen zukommende Rechtsmacht will das BSG zugleich erreichen, dass Manipulationsmöglichkeiten bezüglich der Generierung oder Negierung von Sozialversicherungspflicht jedenfalls nachhaltig erschwert werden (BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 – B 12 KR 23/13 R –, BSGE 119, 216, Rn. 30).

Bei der Prüfung des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung sind auch die auf Seiten des Auftraggebers zu beachtende regulatorische Rahmenbedingungen – insbesondere auch im Hinblick auf eine dadurch vorgeschriebene Eingliederung des Beauftragten in seine betriebliche Organisation – bei der Gesamtabwägung der Indizien mit besonderem Gewicht zu würdigen (BSG, U.v. 19. Oktober 2021 – B 12 R 17/19 R – aaO, Rn. 30). Auch dieser Ansatz stellt sich zugleich als Ausprägung des Postulats der Vorhersehbarkeit dar.

II. Für die Beurteilung der hier umstrittenen Tätigkeit von sog. Honorarärzten gelten keine abweichenden Maßstäbe (vgl. hierzu und im Folgenden: BSG, Urteil vom 4. Juni 2019 – B 12 R 11/18 R –, Rn. 16, juris). Eine bloße Bezeichnung als "Honorararzt" kennzeichnet sozialversicherungsrechtlich kein besonderes Tätigkeitsbild, ist aber von anderen Ausübungsformen ärztlicher Tätigkeit im Krankenhaus abzugrenzen (hierzu 1.). Es spielt keine entscheidende Rolle, ob nach der Verkehrsanschauung anerkannt ist, dass so bezeichnete Honorarärzte im Krankenhaus selbstständig tätig sind oder zumindest sein können (hierzu 2.). Auch auf die Einordnung von Honorarverträgen durch die Arbeitsgerichte kommt es nicht an, da ein vollständiger Gleichklang zwischen dem Arbeitnehmer- und dem Beschäftigtenbegriff nach § 7 Abs. 1 SGB IV nicht besteht (hierzu 3.).

1. Der Begriff des Honorararztes ist nicht legaldefiniert und umfasst verschiedene Ausübungsformen und Vertragsgestaltungen. Er wird im Sprachgebrauch der Verfahrensbeteiligten verwendet, um Tätigkeiten zu beschreiben, die die Vertragsparteien als freiberuflich bzw. selbstständig verstehen. Nach der Rechtsprechung des BGH und des BVerfG ist - hinsichtlich der Leistungs- und Abrechnungsbefugnis - unter einem Honorararzt ein zeitlich befristet freiberuflich auf Honorarbasis tätiger (Fach-)Arzt zu verstehen, der aufgrund eines Dienstvertrages im stationären und/oder ambulanten Bereich des Krankenhauses ärztliche Leistungen für einen Krankenhausträger erbringt, ohne bei diesem angestellt oder als Beleg- oder Konsiliararzt tätig zu sein (BGH Urteil vom 16.10.2014 - III ZR 85/14 - BGHZ 202, 365; BGH Urteil vom 10.1.2019 - III ZR 325/17 - NJW 2019, 1519 = Juris RdNr 13; BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 3.3.2015 - 1 BvR 3226/14 - Juris RdNr 14).

Abzugrenzen ist der Begriff des Honorararztes demnach von denjenigen der Belegärzte, für die andere vergütungsrechtliche Vorgaben und regulatorische Rahmenbedingungen gelten. Belegärzte sind nach der Legaldefinition in § 121 Abs. 2 SGB V - auch bei Abschluss eines Honorarvertrages iS von § 121 Abs. 5 SGB V - nicht am Krankenhaus angestellte Vertragsärzte, die berechtigt sind, ihre Patienten im Krankenhaus unter Inanspruchnahme der hierfür bereitgestellten Dienste, Einrichtungen und Mittel vollstationär oder teilstationär zu behandeln, ohne hierfür vom Krankenhaus eine Vergütung zu erhalten. Der Kläger verfügte über keine belegärztliche Zulassung, schon deshalb ist er im Rahmen des streitbetroffenen Zeitraums auch nicht belegärztlich tätig geworden. Dementsprechend ist er für seine Tätigkeit in dem beigeladenen Klinikum auch von dessen Seite honoriert worden.

Eine konsiliarärztliche Tätigkeit knüpft an den Begriff eines Konsils im klassischen Sinne an und damit an die Beratung zweier oder mehrerer Ärzte zur Diagnosestellung und/oder Festlegung der Therapie. Konsiliarärztliche Tätigkeiten kommen sowohl im Rahmen selbständiger insbesondere auch vertragsärztlicher Tätigkeiten als auch im Rahmen abhängiger ärztlicher Tätigkeiten in Betracht. Soweit im vorliegenden Fall im Rahmen der streitbetroffenen Tätigkeit eher vereinzelt konsiliarärztliche Leistungen vom Kläger erbracht worden sind, sind diese jedenfalls (vgl. insbesondere den Schriftsatz des Klinikums vom 19. April 2023) von dem beigeladenen Klinikum vergütet worden, sie sind also nicht im Rahmen einer selbständigen vom Kläger im eigenen Namen abgerechneten selbständigen Tätigkeit erbracht worden.

Nur zwischen der Beigeladenen zu 1. und den Patienten bestand bezogen auf die im Rahmen des beigeladenen Klinikums erbrachten medizinischen Leistungen unter Einschluss der darin inbegriffenen von Seiten des Klägers im Rahmen des erläuterten Kooperationsvertrages in den Räumlichkeiten des Klinikums erbrachten ärztlichen insbesondere operierenden Leistungen ein Vertragsverhältnis. Die Mitarbeiter des beigeladenen Klinikums erbrachten auch keine abgrenzbare Dienstleistung für den Kläger. Vielmehr arbeitete dieser im Rahmen der streitbetroffenen Tätigkeit im Klinikum jeweils mit dem allein von der Klinik ausgewählten und konkret eingesetzten Personal zusammen und erbrachte unter deren Zuarbeit in arbeitsteiligem Zusammenwirken die Untersuchungs- und Behandlungsleistungen und insbesondere seine operativen Leistungen (vgl. zu diesen Kriterien: BSG, Urteil vom 12. Dezember 2023 – B 12 R 10/21 R –, Rn. 21, juris). Er war damit in die von Seiten des Klinikums vorgegebenen Arbeitsstrukturen eingebunden und hat seine ärztlichen Leistungen unter Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Klinikums in "funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess" erbracht.

In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, dass nach eigenen Angaben des Klägers 90 % der im streitbetroffenen Zeitraum im Klinikum im Rahmen des angesprochenen Kooperationsvertrages von ihm operierten Patienten aus seiner selbständigen Praxis als niedergelassener Vertragsarzt „stammten“. Die nachfolgende stationäre Operation und Behandlung dieser Patienten erfolgte nicht im Rahmen der selbständigen vertragsärztlichen Tätigkeit des Klägers; der Kläger konnte und wollte sie auch gar nicht im Rahmen dieser selbständigen niedergelassenen Tätigkeit erbringen und abrechnen.

Im Ergebnis ist es dem Kläger offenbar gelungen, seine vertragsärztliche Tätigkeit, die in den betroffenen Fällen mit der Feststellung einer Indikation für eine einen stationären klinischen Aufenthalt erfordernde Operation zunächst endete (bevor sie bei Bedarf nach der stationären operativen Behandlung zur ambulanten vertragsärztlichen Weiterbehandlung wieder aufgenommen wurde), so auszugestalten, dass jedenfalls ein Großteil der betroffenen Patienten für die vom Kläger bei entsprechender medizinischer Indikation jeweils vorgeschlagene Operation im streitbetroffenen Zeitraum das beigeladene Klinikum gewählt hat, welches dann seinerseits auf der Basis des erläuterten Kooperationsvertrages den Kläger mit der Durchführung der operativen ärztlichen Leistungen beauftragt hat. Unabhängig von der konkreten diese Hinführung der Patienten fördernden Ausgestaltung der vorausgegangenen vertragsärztlichen Tätigkeit des Klägers und der vom Senat nicht zu prüfenden Frage der Vereinbarkeit eines entsprechenden Hinwirkens mit den insbesondere auch durch § 299a StGB und den vertragsärztlichen Bestimmungen vermittelten rechtlichen Vorgaben, hatte dieses Vorgehen jedenfalls keine richtungweisenden Auswirkungen auf die statusrechtliche Beurteilung der nach der vertragsärztlichen Konsultation jeweils in dem beigeladenen Klinikum vom Kläger erbrachten und von Seiten des Klinikums honorierten ärztlichen Leistungen.

Dass ein Arzt Patienten, die er andernorts bereits behandelt oder untersucht hat, zur weiteren Behandlung in eine andere Praxis oder Klinik „vermittelt“, in der er ebenfalls tätig ist, so dass die Patienten im Ergebnis in seiner Behandlung (bezogen auf die tatsächliche Erbringung erforderlicher ärztlicher Maßnahmen) verbleiben können, begründet noch nicht die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2023 – B 12 R 10/21 R –, Rn. 24, juris).

Es gibt viele Ausprägungen abhängiger Beschäftigungen, bei den der Beschäftigte insbesondere mit der Qualität der von ihm im Rahmen der Beschäftigung zu erbringenden beruflichen Leistungen einen maßgeblichen Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg des Arbeitgebers oder jedenfalls der Abteilung des Arbeitgebers, in der er eingesetzt wird, bewirken kann. Auch bei einem abhängig beschäftigen leitenden Arzt hängt der Erfolg der von ihm geführten Klinik bzw. Station in erheblichem Maße auch von seinen persönlichen Leistungen ab.

Entsprechend gute und wirtschaftlich für den Arbeitgeber bedeutsame Leistungen eines Beschäftigten pflegen sich im Wirtschaftsleben vielfach auch positiv auf das Entgelt des betroffenen Beschäftigten auszuwirken. Schon bei der Vereinbarung und nachträglichen Anpassungen des vereinbarten Entgelts werden sich entsprechende Leistungsmerkmale regelmäßig für den Beschäftigten günstig auswirken; viele Verträge sehen ohnehin auch erfolgsabhängige Vergütungsbestandteile vor. Entsprechende Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Beeinflussung des eigenen Entgelts machen aus einem abhängig Beschäftigten noch keinen selbständigen Unternehmer, sie bewegen sich vielmehr in der großen Bandbreite der im Wirtschaftsleben anzutreffenden Ausprägungen abhängiger Beschäftigungen im sozialrechtlichen Sinne des § 7 SGB IV. Auch die streitbetroffene Tätigkeit des Klägers im beigeladenen Klinikum hat diesen Rahmen nicht überschritten.

2. Es spielt keine Rolle, ob nach der Verkehrsanschauung anerkannt ist, dass "Honorarärzte im Krankenhaus" selbstständig tätig sind oder sein können. Die Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit erfolgt nicht abstrakt für bestimmte Berufs- und Tätigkeitsbilder. Es ist daher möglich, dass ein und derselbe Beruf - je nach konkreter Ausgestaltung der vertraglichen Grundlagen in ihrer gelebten Praxis - entweder in Form der Beschäftigung oder als selbstständige Tätigkeit ausgeübt wird. Maßgebend sind stets die konkreten Umstände des individuellen Sachverhalts (vgl dazu BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 32 mwN <Rackjobbing II>; ferner bereits zB BSG, Urteil vom 25.5.2011 - B 12 R 13/09 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 14 RdNr 11 mwN <Tagesmutter>; BSG, Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 30 <Hauswirtschaftliche Pflegerin>; BSG, Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 10-13 <Arzt als pharmazeutisch-wissenschaftlicher Fachreferent>; BSG, Urteil vom 24.3.2016 - B 12 KR 20/14 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 29 RdNr 25 <Physiotherapeutin>).

3. Die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ist auch nicht dadurch vorgeprägt, dass sog. Honorararztverträge in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung bisher überwiegend als freie Dienstverhältnisse qualifiziert werden (vgl Thüringer LAG, Beschluss vom 29.4.2010 - 1 Ta 29/10; Hessisches LAG, Urteil vom 30.11.2015 - 16 Sa 583/15; Hessisches LAG, Urteil vom 14.1.2013 - 16 Sa 1213/12; LAG Hamm, Beschluss vom 7.2.2011 - 2 Ta 505/10; LAG Düsseldorf, Urteil vom 6.2.2018 - 3 Sa 632/17). Es besteht, wie schon darlegt, schon im rechtlichen Ausgangspunkt kein vollständiger Gleichklang des arbeitsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs mit dem Beschäftigtenbegriff nach § 7 SGB IV. Nach § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, "insbesondere in einem Arbeitsverhältnis". Daraus folgt, dass grundsätzlich eine Beschäftigung vorliegt, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht; allerdings auch, dass eine Beschäftigung auch dann vorliegen kann, wenn kein Arbeitsverhältnis vorliegt; Beschäftigung ist nicht gleichzusetzen mit dem Arbeitsverhältnis (BAG, Beschluss vom 30.8.2000 - 5 AZB 12/00 - AP Nr 75 zu § 2 ArbGG 1979 = Juris RdNr 11). Die arbeitsgerichtliche Entscheidungspraxis beruht im Wesentlichen darauf, dass der privatautonomen Entscheidung der Vertragsparteien im Arbeitsrecht eine besondere Bedeutung beigemessen wird. Die Sozialversicherung dient hingegen neben der sozialen Absicherung des Einzelnen auch dem Schutz der Mitglieder der Pflichtversicherungssysteme, die in einer Solidargemeinschaft zusammengeschlossen sind. Die Träger der Sozialversicherung sind Einrichtungen des öffentlichen Rechts. Dies schließt es aus, dass über die rechtliche Einordnung einer Tätigkeit allein die von den Vertragschließenden getroffenen Vereinbarungen entscheiden (BSG, Urteil vom 29.1.1981 - 12 RK 63/79 - BSGE 51, 164 = SozR 2400 § 2 Nr 16 = Juris RdNr 24 <Bausparkassenvertreter>; zum weiteren Schutzzweck: Schutz der Allgemeinheit vor mangelnder Eigenvorsorge des Einzelnen vgl BSG, Urteil vom 16.8.2017 - B 12 KR 14/16 R - BSGE 124, 37 = SozR 4-2400 § 7 Nr 31, RdNr 31; BSG, Urteil vom 5.12.2017 - B 12 R 10/15 R - SozR 4-2400 § 8 Nr 7 RdNr 22).

III. Ausgehend von den erläuterten Beurteilungsmaßstäben fällt die maßgebliche Gesamtwürdigung im Sinne einer abhängigen Beschäftigung aus.

1. Dabei ist für die Beurteilung auf die jeweiligen Einzeleinsätze abzustellen. Die einzelnen Dienste wurden individuell vereinbart. Sie waren nicht im abgeschlossenen Rahmenvertrag (Kooperationsvertrag) enthalten. Erst durch die Zusage des Klägers entstand eine rechtliche Verpflichtung, den zugesagten operativen Dienst auch tatsächlich zu leisten. Bei Vertragsgestaltungen dieser Art ist für die Frage der Versicherungspflicht grundsätzlich jeweils auf die Verhältnisse abzustellen, die während der Ausführung der jeweiligen Einzelaufträge bestehen (BSG, Urteil vom 24.3.2016 - B 12 KR 20/14 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 29 RdNr 17 <Physiotherapeutin>; BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 19 <Rackjobbing II>; BSG, Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 26 <Verkehrspilot>).

Der dadurch begründeten Eingliederung des Klägers in den Betrieb der Klinik der Beigeladenen zu 1. steht nicht entgegen, dass der Kooperationsvertrag im Namen der GbR geschlossen wurde und der Kläger nicht namentlich als Vertragspartei benannt wird (vgl. hierzu und im Folgenden auch Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 28. Juli 2022 – L 8 BA 18/21 –, Rn. 31, zit. nach juris). Denn der Kläger hat sich als Gesellschafter dieser GbR gegenüber der Beigeladenen zu 1. zur Erfüllung der vertraglichen Dienstleistung des Kooperationsvertrags verpflichtet. Er hat die den ganz überwiegenden Schwerpunkt der von der GbR im streitbetroffenen Zeitraum abgerechneten ärztlichen Leistungen ausmachenden operativen Leistungen auch in eigener Person erbracht.

Soweit ein Dreiecksverhältnis zwischen dem Krankenhausträger, der beauftragten juristischen Person (wie hier der GbR) und der tatsächlich eingesetzten Person einer Arbeitnehmerüberlassung ähnelt, kommt es nicht darauf an, ob die Fiktion des § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG tatsächlich eingetreten ist. Denn eine Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 SGB IV setzt nicht das Zustandekommen eines Arbeitsvertrags voraus. Charakteristisch für den im Sozialrecht verwendeten, im Vergleich zum Begriff des Arbeitsverhältnisses weiter gefassten Begriff der Beschäftigung ist die starke Verknüpfung faktischer Elemente mit dem rechtlichen Bestand (so schon BSG, Urteil vom 15.12.1971 - 3 RK 87/68 - BSGE 33, 254, 256 = SozR Nr 67 zu § 165 RVO, juris RdNr 17). Dabei ist den tatsächlichen Verhältnissen grundsätzlich größeres Gewicht beizumessen als den vertraglichen. Das basiert auf der im Sozialversicherungsrecht herrschenden Eingliederungstheorie. Soweit es sich nicht um erlaubte Arbeitnehmerüberlassung handelt, wird ein Beschäftigungsverhältnis regelmäßig bereits durch tatsächliche Verhältnisse begründet, aus denen sich die Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation verbunden erforderlichenfalls mit der Bindung an ein Weisungsregime ergibt. Das folgt bereits unmittelbar aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, nach dem die entscheidenden Kriterien für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers sind. Diese Kriterien stimmen mit denen überein, anhand derer eine Überlassung zur Arbeitsleistung iS von § 1 Abs 1 AÜG beurteilt wird (BSG, Urteil vom 20. Juli 2023 – B 12 R 15/21 R –, Rn. 19, NZS 2024, 262).

Eine GbR besitzt als (Außen-)Gesellschaft Rechtsfähigkeit und ist in diesem Rahmen im Prozess aktiv und passiv parteifähig (BGH, Urteil vom 29. Januar 2001 – II ZR 331/00 –, BGHZ 146, 341 - 361). Ungeachtet dessen bleibt ihr Charakter als Personengesellschaft nach §§ 705, 721 BGB erhalten mit der grundsätzlichen Folge der unbeschränkten und gesamtschuldnerischen Haftung all ihrer Gesellschafter für die Erfüllung der vertraglichen Verbindlichkeiten der Gesellschaft (§ 421 BGB).

Soweit der Kläger auf entsprechende Anfrage der Beigeladenen zu 1. einen bestimmten Dienst in der Klinik übernommen und ausgeführt hat, erfüllte er ohnehin im Ergebnis eine auch ihn persönlich als persönlichen haftenden Gesellschafter der GbR persönlich treffende Dienstpflicht aus dem Kooperationsvertrag, die sich nach den obigen Darlegungen als Dienstleistung in persönlicher Abhängigkeit zur Klinik darstellt. Insoweit spielt es auch keine Rolle, dass der Kläger für diese Tätigkeit nicht selbst „entlohnt“ worden ist, sondern sich die Abrechnung formal im Verhältnis Klinik zur GbR vollzogen hat.

Dies ändert nichts daran, dass der Kläger seine Tätigkeit in der Klinik gegen Arbeitsentgelt in Form der vereinbarten Vergütungen für die in der Zeit seiner Anwesenheit in der Klinik erbrachten ärztlichen Leistungen erbracht hat. Zwar wurden aufgrund der Regelungen des Kooperationsvertrags diese Vergütungen nicht unmittelbar an den Kläger, sondern an die GbR ausgezahlt, bei der sich die Verteilung der Einnahmen aus dieser Tätigkeit nach den Vorgaben des GbR-Vertrags richtet. Dieser Prozess betraf jedoch nur das Innenverhältnis der GbR und änderte nichts daran, dass der Kläger von der Beigeladenen zu 1. für seine ärztliche Dienstleistung eine Vergütung erhielt. Zudem entsprach die Regelung in Nr. 9.3 des GbR-Vertrages (Bl. 60 VV) auch noch einem Entnahmerecht zu 99 % auf Seiten des Klägers für den Zeitraum bis März 2020. Erst mit Wirkung zum 1. April 2020 wurde der Anteil des Partners des Klägers auf 25 % angehoben (vgl. Schreiben des Klägers vom 24. März 2023, Bl. 192 ff. GA).

Vorliegend sind auch keine Umstände erkennbar, die ein Abweichen von diesem Grundsatz rechtfertigen könnten. Ausnahmsweise kann zusätzlich zwischen dem Gesellschafter und der GbR-Gesellschaft ein Beschäftigungsverhältnis bestehen. Dies setzt jedoch voraus, dass ein Gesellschafter unabhängig von seiner Gesellschafterstellung und in Abhängigkeit von der GbR-Gesellschaft Arbeit für diese leistet und unter dieser Voraussetzung gegenüber der Gesellschaft als echter Arbeitnehmer auftritt (BSG, Urteil vom 26. Mai 1966 – 2 RU 178/64 –, BSGE 25, 51, SozR Nr 43 zu § 537 RVO a.F., Rn 17; BSG, Urteil vom 20. Juli 1988 – 12 RK 23/87 –, SozR 7610 § 705 Nr 3). Diese Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall nicht gegeben; die Tätigkeit des Klägers für die GbR war von seiner Gesellschafterstellung nicht zu trennen.

2. Der Kläger hatte die Möglichkeit, Operationen abzulehnen. Übernahm er Operationen, übte er diese ärztlichen Tätigkeiten im Wesentlichen wie im Rahmen des zuvor bestandenen Beschäftigungsverhältnisses aus. Er nutzte die Operationssäle einschließlich der für die Operationen notwendigen Betriebsmittel der Beigeladenen zu 1. und arbeitete arbeitsteilig mit anderen Mitarbeitern der Beigeladenen zu 1. zusammen. Er behandelte ausschließlich Patienten der Beigeladenen zu 1. In fachlicher Hinsicht war der Kläger – wie auch andere abhängig beschäftigte Ärzte – grundsätzlich eigenverantwortlich und weisungsfrei tätig. Hinsichtlich der abgesprochenen Operationstermine und der daran anknüpfenden von der GbR übernommenen fachspezifischen Rufbereitschaft erfolgte jeweils eine Abstimmung mit dem beigeladenen Klinikum.

3. Ausgehend von diesen Feststellungen überwiegen die Indizien für eine abhängige Beschäftigung des Klägers.

a) Ausgangspunkt der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung ist der im Vertrag zum Ausdruck kommende Wille der Parteien. Vertraglich haben der Kläger und die Beigeladene zu 1. nicht vereinbart, dass sie in ein Anstellungsverhältnis oder ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis begründen wollten. Wenn aber wie vorliegend Divergenzen zwischen der Vertragsdurchführung und der Vereinbarung bestehen, geht die gelebte Praxis der formellen Vereinbarung grundsätzlich vor (vgl BSG, Urteil vom 29.1.1981 - 12 RK 63/79 - BSGE 51, 164 = SozR 2400 § 2 Nr 16 = Juris RdNr 24; BSG, Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 28 <telefonische Gesprächspartnerin>).

b) Bei der Gewichtung der Indizien ist zu berücksichtigen, dass die ärztliche Tätigkeit im Krankenhaus Besonderheiten aufweist. Deshalb können einzelne Gesichtspunkte, die sonst eine Tätigkeit als abhängig oder selbstständig kennzeichnen, von vornherein nicht als ausschlaggebende Abgrenzungsmerkmale herangezogen werden. Ärzte handeln bei medizinischen Heilbehandlungen und Therapien grundsätzlich frei und eigenverantwortlich. Hieraus kann aber nicht ohne Weiteres auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen werden. Dies ergibt sich bereits daraus, dass nach ganz herrschender Meinung selbst Chefärzte als Arbeitnehmer zu qualifizieren sind (BAG, Urteil vom 27.7.1961 - 2 AZR 255/60 - BAGE 11, 225; BSG, Urteil vom 29.9.1965 - 2 RU 169/63 - BSGE 24, 29 = SozR Nr 1 zu § 539 RVO; BGH, Beschluss vom 26.2.1998 - III ZB 25/97 - NJW 1998, 2745). Umgekehrt kann nicht allein wegen der Benutzung von Einrichtungen und Betriebsmitteln des Krankenhauses zwingend eine abhängige Beschäftigung angenommen werden.

c) Der Versorgungsauftrag eines Krankenhauses sowie die Regelungen über die Erbringung und Vergütung von Krankenhausleistungen, zur Qualitätssicherung im Krankenhaus und zum Patientenschutz haben zwar keine zwingende, übergeordnete und determinierende Wirkung hinsichtlich des sozialversicherungsrechtlichen Status von im Krankenhaus tätigen sog. Honorarärzten. Regulatorische Vorgaben sind jedoch bei der Gewichtung der Indizien zur Statusbeurteilung zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 24.3.2016 - B 12 KR 20/14 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 29 <Physiotherapeutin> und jüngst BSG, Urteil vom 4.9.2018 - B 12 KR 11/17 R - SozR 4-2400 § 7a Nr 10, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Krankenhäuser müssen nach § 107 Abs. 1 SGB V selbst über ausreichende, dem Versorgungsauftrag entsprechende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen (Nr. 2), wozu insbesondere jederzeit verfügbares besonders geschultes Personal gehört (Nr. 3). Ein Krankenhaus hat nach § 2 Abs. 3 KHEntgG zudem sicherzustellen, dass die nicht fest angestellten Ärzte die gleichen Anforderungen wie die fest im Krankenhaus angestellten Ärzte erfüllen. Dies setzt einen maßgeblichen Einfluss des Krankenhauses auf ihre Tätigkeit voraus (Wahl in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl 2020, § 107 Rn. 29). Neben dem Erfordernis und Nachweis entsprechender fachlicher Qualifikationen bestehen umfassende Sicherstellungspflichten des Krankenhauses, die zu einer weitreichenden Einbindung der Ärzte in die Qualitätssicherungs- und Kontrollmechanismen führen (vgl BT-Drucks 17/9992 S 26). Diese regulatorischen Rahmenbedingungen bedingen im Regelfall die Eingliederung ärztlichen Krankenhauspersonals in die Organisations- und Weisungsstruktur des Krankenhauses. Für eine nur ausnahmsweise in Betracht kommende selbstständige Tätigkeit im sozialversicherungsrechtlichen Sinne müssen daher gewichtige Indizien bestehen.

d) Der Kläger war in einer seine Tätigkeit prägenden Weise in den Betriebsablauf des Krankenhauses eingegliedert. Weisungsgebundenheit und Eingliederung in den Betrieb stehen weder in einem Rangverhältnis zueinander, noch müssen sie stets kumulativ vorliegen. Das Weisungsrecht kann insbesondere bei sog. Diensten höherer Art - heute würde man von Hochqualifizierten oder Spezialisten sprechen - aufs Stärkste eingeschränkt sein. Dennoch kann die Dienstleistung in solchen Fällen fremdbestimmt sein, wenn sie ihr Gepräge von der Ordnung des Betriebes erhält, in deren Dienst die Arbeit verrichtet wird. Die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers verfeinert sich in solchen Fällen "zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" (BSG, Urteil vom 29.3.1962 - 3 RK 74/57 - BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165 RVO <Prediger>). Der Gesetzgeber hat das vom BSG entwickelte Kriterium der Weisungsgebundenheit wie das der Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers in § 7 Abs. 1 S 2 SGB IV ausdrücklich aufgegriffen.

Jedenfalls, wenn ein Arzt - wie vorliegend - eine vom Krankenhaus geschuldete (Teil-)Leistung innerhalb der vom Krankenhaus vorgegebenen Organisationsabläufe erbringt, er die Einrichtungen und Betriebsmittel des Krankenhauses nutzt und arbeitsteilig mit dem ärztlichen und pflegerischen Krankenhauspersonal in vorgegebenen Strukturen zusammenarbeitet, ist er in der Regel in einer seine Tätigkeit prägenden Art und Weise fremdbestimmt in den Betrieb des Krankenhauses eingegliedert. Der Kläger hat Patienten des beigeladenen Klinikums behandelt, wobei der gesamte organisatorische Rahmen im Verhältnis zum Patienten vom Erstkontakt über die arbeitsteilige Behandlung bis zur Abrechnung der erbrachten Leistungen in der Gesamtverantwortung des Klinikums lag und von dieser vorgegeben wurde. Schon vertraglich (§ 2) war der Kläger verpflichtet, die bei der Beigeladenen zu 1. zur Anwendung kommenden organisatorischen Regelungen einzuhalten und Dokumentationen zu erstellen.

Operationen konnte der Kläger nur durchführen, soweit der von Seiten des Klinikums geführte Operationsplan (vgl. § 2 Abs. 9 des Kooperationsvertrages) entsprechende Eintragungsmöglichkeiten für den Kläger eröffnete und damit die notwendige Bereitstellung des von Seiten der Klinik zur Verfügung zu stellenden weiteren ärztlichen und nichtärztlichen Personals und der benötigten Operationsräume gewährleistet war. § 2 Abs. 2 des Kooperationsvertrages sah vor, dass das Klinikum dem Kläger die Patienten „zur Eingangsuntersuchung vorstellen“ sollte. Dieser Passus besagt im Ergebnis nichts anderes, als dass die Klinik dem Kläger (vermittels der Vorstellung der betroffenen Patienten) die Weisung zur Durchführung einer solchen Eingangsuntersuchung insbesondere zur Abklärung einer Operationsindikation erteilen konnte und sollte. Selbstverständlich hatte der Kläger dann das Vorliegen einer solchen Indikation – wie auch angestellte Ärzte – aus ärztlicher Sicht und insoweit weisungsfrei zu beurteilen.

e) Für die Selbstständigkeit sprechende Anhaltspunkte, die ein derartiges Gewicht hätten, dass sie Eingliederung des Klägers in die vom Krankenhaus vorgegebenen Organisationsabläufe hätten auf- oder überwiegen können, sind im Ergebnis nicht festzustellen. Nach den vertraglichen Vereinbarungen hatten der Kläger und die von ihm vertretene Beigeladene zu 3. (wobei der schriftliche Kooperationsvertrag ohnehin zwischen dem Kläger persönlich als „Inhaber“ der „Wirbelsäulenchirurgischen Dienstleistungen“ und dem Klinikum abgeschlossen worden ist) lediglich die neurochirurgischen fachärztlichen Arbeitsleistungen im Rahmen der Krankenhausbehandlung (unter Einschluss der sog. vorstationären Krankenhausleistungen und einer ggfs. den Krankenhausleistungen zuzurechnenden ambulanten Nachsorge sowie einer 24stündigen fachärztlichen Rufbereitschaft, vgl. § 2 Abs. 5, 7 und 13 des Kooperationsvertrages) zu erbringen, alles weitere im Rahmen der regelmäßig stationären Behandlung der betroffenen Patienten benötigte ärztliche und nichtärztliche Personal, die erforderlichen Räumlichkeiten und alle medizinischen Ausstattungen hatte nach dem Kooperationsvertrag (bezogen auf herkömmliche Operationsverfahren) das Klinikum auf eigene Kosten zu stellen, welches im Gegenzug auch die gesamten erbrachten Leistungen unter Einschluss der vom Kläger erbrachten operativen Leistungen gegenüber den Patienten bzw. Kostenträgern im eigenen Namen abrechnete.

Für diese nach dem Kooperationsvertrag allein zu erbringenden persönlichen neurochirurgischen Arbeitsleistungen war dem Kläger das vereinbarte Honorar gewiss. Nach diesen Vereinbarungen musste er weder eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes (vgl. zu diesen Kriterien insbesondere BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R –, BSGE 120, 99, Rn. 36) einsetzen. Beispielsweise rechnete der Kläger (formal im Namen der Beigeladenen zu 3.) gegenüber dem Klinikum mit Rechnung vom 19. August 2019 (Bl. 260 der vorliegenden Akte) 20.371,32 € für zwölf im Zeitraum 1. bis 18. August 2019 erbrachte operative Leistungen ab. Damit sollte seine persönliche Arbeitsleistung abgegolten werden. Über den Einsatz seiner Arbeitskraft hinausgehende Chancen bot ihm das Rechtsverhältnis zum Klinikum nicht (vgl. zu diesem Kriterium BSG, Urteil vom 12. Dezember 2023 – B 12 R 10/21 R –, Rn. 25, juris).

Bis etwa Frühjahr 2020 hatte der Kläger auch tatsächlich für seine Tätigkeit im Rahmen des Klinikums (die von seiner daneben geführten selbständigen vertragsärztlichen Praxis zu unterscheiden ist) keine ins Gewicht fallenden Investitionen getätigt.

Erst in den ersten Monaten des Jahres 2020 entschloss sich der Kläger, auf eigene Kosten eine Zusatzausstattung zu erwerben, mit deren Hilfe fortan endoskopische Operationen durchgeführt werden konnten. Dafür wandte er monatliche Leasingraten in der Größenordnung von 3.600 € auf. Diese seit etwa März 2020 einsetzbare Zusatzausstattung wurde bis zu der schon wenige Wochen später Mitte Mai 2020 erfolgenden Beendigung des Kooperationsverhältnisses mit dem Klinikum in dessen Räumlichkeiten aufbewahrt, damit der Kläger diese bei Bedarf im Rahmen der von ihm dort durchzuführenden Wirbelsäulenoperationen einsetzen konnte. In der Folgezeit hat der Kläger diese Zusatzausstattungen auf der Grundlage neuer Kooperationsverträge in anderen Kliniken eingesetzt.

Auch für den Zeitraum nach Erwerb dieser Zusatzausstattung sieht der Senat in der gebotenen Gesamtwürdigung jedoch keinen Raum, diesem Umstand eine prägende Wirkung für die Tätigkeit des Klägers im Auftrag des beigeladenen Klinikums beizumessen, aufgrund derer für den davon betroffenen (ohnehin nur wenige Wochen umfassenden und zudem auch durch den seinerzeitigen coronabedingten Rückgang der Operationszahlungen gekennzeichneten) Teil des streitbetroffenen Zeitraums von einer selbständigen Tätigkeit des Klägers auszugehen sein könnte.

Wie schon ausgeführt, sah der mit dem Klinikum abgeschlossene Kooperationsvertrag eine entsprechende Investition auf Seiten des Klägers gar nicht vor; eine solche war auch für die tatsächliche Durchführung des Vertrages nicht erforderlich. Der Kläger hätte auch im Frühjahr 2020 die Patienten weiterhin in der bisher praktizierten herkömmlichen Weise operieren können, welche auch den Vereinbarungen mit dem Klinikum zugrunde lag. Vor diesem Hintergrund hat das Klinikum, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat, auch abgelehnt, seinerseits eine Ausstattung für endoskopische Operationen bereitzustellen oder sich an anderen Kosten jedenfalls zu beteiligen, weil es eine solche zusätzliche Investition aus seiner Sicht gar nicht für angezeigt erachtete.

Wenn der Kläger bei dieser Ausgangslage und bei fortbestehenden vertraglichen Grundlagen sich aus eigenem Entschluss und auf eigene Kosten zum Erwerb der (transportablen und damit auch in anderen Kliniken einsetzbaren) Zusatzausstattung für endoskopische Operationen entschlossen hatte, dann wollte er damit im Ergebnis in der von ihm verfolgten über das damalige Kooperationsverhältnis mit dem beigeladenen Klinikum weit hinausreichenden langfristigen Perspektive seine eigenen wirtschaftlichen Interessen fördern. Mit dem Angebot endoskopischer Operationen wollte er, wie er auch in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, das Ziel eines „Alleinstellungsmerkmals“ mit den damit im Ergebnis auch für seine Person verbundenen besonders guten Verdienstchancen erreichen.

Soweit der Kläger bzw. die beigeladene GbR in begrenztem Rahmen im streitbetroffenen Zeitraum Arbeitnehmer eingesetzt haben will (vgl. insbesondere den Arbeitsvertrag vom 3. Juni 2019 über eine wöchentlich sechsstündige Tätigkeit mit Arbeiten im Bereich „Korrespondenz“, Bl. 14 VV, und den Vertrag vom 3. Juni 2019 über eine wöchentlich achtstündige Tätigkeit im Bereich „Telekommunikation“ und „Terminkoordination“, Bl. 18 VV), ist schon nicht nachvollziehbar aufgezeigt worden, dass die Heranziehung dieser Arbeitskräfte gerade im Hinblick auf das streitbetroffene Beschäftigungsverhältnis mit dem Klinikum erforderlich geworden ist. Noch weniger ist eine die den Gegenstand des Beschäftigungsverhältnisses bildende wirbelsäulenchirurgische Tätigkeit prägende Wirkung entsprechender Unterstützungsleistungen aufgezeigt worden.

f) Für die Abgrenzung ist es des Weiteren nicht von Bedeutung, ob die honorarärztliche Tätigkeit als Haupterwerbsquelle oder im Nebenerwerb ausgeübt wird und ob es sich um kurzfristige und seltene Arbeitseinsätze oder um eine verstetigte Geschäftsbeziehung handelt. Eine versicherungspflichtige Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Dazu gehört nicht eine wirtschaftliche Abhängigkeit (BSG, Urteil vom 24.10.1978 - 12 RK 58/76 - SozR 2200 § 1227 Nr 19 = Juris RdNr 11 <Propagandistin>; BSG, Urteil vom 30.6.2009 - B 2 U 3/08 R - Juris RdNr 19 <Profirennreiter>). Eine wirtschaftliche Abhängigkeit steht auch einem objektiven Weisungsrecht nicht gleich (BSG, Urteil vom 31.3.2017 - B 12 R 7/15 R - BSGE 123, 50 = SozR 4-2400 § 7 Nr 30, RdNr 35 <Erziehungsbeistand>). Das Sozialversicherungsrecht ordnet Versicherungspflicht nicht nur für unbefristete Dauerbeschäftigungen an. Vielmehr sind - sofern die Geringfügigkeitsgrenzen überschritten sind - auch zeitlich befristete Arbeitseinsätze der Sozialversicherungs- und Beitragspflicht unterworfen. Für unständig Beschäftigte sieht das Sozialversicherungsrecht ebenfalls spezielle Regelungen vor, ohne generell Versicherungsfreiheit anzuordnen (vgl für das Recht der Arbeitsförderung und die GRV § 27 Abs 3 Nr 1 SGB III, § 163 Abs 1 SGB VI). Eine zusätzlich hauptberuflich ausgeübte selbstständige Tätigkeit hat lediglich für die Kranken- und Pflegeversicherung Bedeutung (§ 5 Abs 5 SGB V, § 20 Abs 1 S 1 SGB XI).

g) Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil der Kläger mutmaßlich schon im streitbetroffenen Zeitraum in der längerfristigen Perspektive eine spätere Ausdehnung seiner operativen Tätigkeit in Kooperation auch mit weiteren Kliniken ins Auge gefasst hatte. Eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber erhält ohnehin erst in der Zusammenschau mit weiteren typischen Merkmalen einer selbstständigen Tätigkeit Gewicht, wie zB einem werbenden Auftreten am Markt für die angebotenen Leistungen (BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 28). In diesem Rahmen kann eine Tätigkeit für andere Auftraggeber ein Indiz für eine ganz erhebliche Dispositionsfreiheit in Bezug auf die zu beurteilende Tätigkeit sein, wenn sie in relevantem Umfang oder sogar schwerpunktmäßig stattfindet, weil sie dann die zeitliche Verfügbarkeit des Auftragnehmers erheblich einschränkt (BSG, Urteil vom 4.9.2018 - B 12 KR 11/17 R - SozR 4-2400 § 7a Nr 10 RdNr 23, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Das gilt aber nicht, wenn - wie hier - die Dispositionsfreiheit des Auftragnehmers schon insoweit berücksichtigt wird, als für die Beurteilung auf den jeweiligen Einzelauftrag abgestellt wird (BSG, Urteil vom 23. April 2024 – B 12 BA 9/22 R –, Rn. 34, juris).

h) Die Honorarhöhe ist nur eines von vielen in der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Indizien (vgl BSG, Urteil vom 31.3.2017 - B 12 R 7/15 R - BSGE 123, 50 = SozR 4-2400 § 7 Nr 30, RdNr 50 <Erziehungsbeistand>), das vorliegend nicht ausschlaggebend ist. Sie ist als Ausdruck des Parteiwillens zu werten. Dem Willen der Vertragsparteien kommt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts jedoch generell nur dann überhaupt eine potentielle Bedeutung zu, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine Beschäftigung sprechen (vgl BSG, Urteil vom 13.7.1978 - 12 RK 14/78 - SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 38 f; zur Situation eines non-liquet BSG, Urteil vom 14.3.2018 - B 12 R 3/17 R - BSGE 125, 177 = SozR 4-2400 § 7 Nr 36, RdNr 13 <Musiklehrer>; Schlegel in Küttner, Personalbuch, 26. Aufl 2019, Arbeitnehmer <Begriff> RdNr 82). Nur unter diesen Voraussetzungen ist der in einem Vertrag dokumentierte Parteiwille überhaupt als ein auf Selbstständigkeit deutendes Indiz in die Gesamtabwägung einzustellen; hierdurch wird eine Selbstständigkeit jedoch nicht vorfestgelegt. Dabei ist das Gewicht des Indizes umso geringer, je weniger eindeutig die Vertragsgestaltung ist und je stärker die Widersprüche zu den tatsächlichen Verhältnissen sind. Zugleich schwächt es die potentielle Bedeutung ab, wenn wegen eines erheblichen Ungleichgewichts der Verhandlungspositionen nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden kann, dass alle Vertragsparteien in gleicher Weise die Möglichkeit hatten, ihre Wünsche bzgl. der Ausgestaltung des sozialversicherungsrechtlichen Status durchzusetzen (vgl. BAG, Urteil vom 9.6.2010 - 5 AZR 332/09 - AP Nr 121 zu § 611 BGB Abhängigkeit = Juris RdNr 33; BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 26 <Rackjobbing II>).

Diese Einschränkung der indiziellen Bedeutung der Honorarhöhe ergibt sich daraus, dass die Sozialversicherung auch dem Schutz der Interessen der Mitglieder von in Pflichtversicherungssystemen zusammengeschlossenen Solidargemeinschaften verpflichtet ist. Den Beteiligten steht keine Dispositionsfreiheit in dem Sinne zu, dass sich der Auftraggeber durch die Vereinbarung eines Zuschlages zu einem üblichen Stundenlohn eines vergleichbaren abhängig Beschäftigten von der Sozialversicherungspflicht "freikaufen" kann. Ebenso führt eine überlegene Verhandlungsposition von Auftragnehmern schon aus Gleichbehandlungsgründen für sich genommen nicht dazu, dass sie aufgrund möglicher Eigenvorsorge aus den Pflichtversicherungssystemen entlassen wären. Das Recht der Sozialversicherung wird beherrscht vom Grundsatz der Solidarität aller abhängig Beschäftigten. Dieser Grundsatz schließt es aus, die Versicherungspflicht über die gesetzlich geregelten Tatbestände hinaus von einem individuellen Schutzbedürfnis abhängig zu machen, zumal dieses Schutzbedürfnis sich beim Einzelnen im Laufe der Zeit wandeln kann. Wenn die Versicherungspflicht solchen Wandlungen folgen würde, wäre die Gefahr einer negativen Risikoauslese gegeben (BSG, Urteil vom 10.9.1975 - 3/12 RK 6/74 - BSGE 40, 208, 209 = SozR 2200 § 169 Nr 1 S 2 = Juris RdNr 10; vgl auch BSG, Urteil vom 12.10.2000 - B 12 RA 2/99 R - SozR 3-2600 § 2 Nr 5 S 32 = Juris RdNr 19; Schlegel in Küttner, Personalbuch, 26. Aufl 2019, Arbeitnehmer <Begriff> RdNr 57).

Den vorstehend angeführten Gesichtspunkten und insbesondere auch dem Fehlen einerseits relevanter die Tätigkeit für das Klinikum prägender unternehmerischer Risiken und andererseits unternehmerischer Chancen kommt in der maßgeblichen Gesamtbetrachtung besonderes Gewicht zu. Sie beschreiben die Grundstruktur der Tätigkeit des Klägers, welche zugleich seine Schutzbedürftigkeit im System der sozialen Sicherung maßgeblich zum Ausdruck bringt. Der Kläger hat seine persönliche Arbeitskraft wie ein Arbeitnehmer eingesetzt.

Die Überbürdung des Risikos, bei krankheitsbedingten Ausfällen und für Urlaubszeiten kein Entgelt zu erhalten, spricht nach der Rechtsprechung des BSG nur dann für Selbständigkeit, wenn dem auch eine größere Unabhängigkeit oder höhere Verdienstchancen gegenüberstehen. Allein die Belastung eines Erwerbstätigen, der im Übrigen nach der tatsächlichen Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses als abhängig Beschäftigter anzusehen ist, mit zusätzlichen Risiken, wie dies auch im vorliegenden Fall festzustellen ist, rechtfertigt hingegen nicht die Annahme von Selbständigkeit (vgl. etwa BSG, Urteil vom 25. Januar 2001 - B 12 KR 17/00 R -, SozVers 2001, 329).

IV. Eine Versicherungsfreiheit aufgrund einer entgeltgeringfügigen Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV lag nicht vor. Der Kläger hat in allen Monaten im streitgegenständlichen Zeitraum von August 2019 bis Mai 2020 Beträge (weit) oberhalb von 1.000 € abgerechnet.  Erst recht war in im Rahmen der für die Beurteilung der Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit erforderlichen Prognose bzw. vorausschauenden Schätzung kein mit nur geringfügigen Entgeltzahlungen einhergehender Sachverhalt zugrunde zu legen (BSG, Urteil vom 27. Juli 2011 – B 12 R 15/09 R –, SozR 4-2600 § 5 Nr 6, SozR 4-2400 § 8 Nr 4, Rn. 16).

B. Der Bescheid der Beklagten vom 30.01.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2020 in der Fassung des angenommenen Teilanerkenntnisses vom 02.11.2022 ist rechtswidrig, soweit eine Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung für den Zeitraum 1. August 2019 bis zum 3. Februar 2020 (a) und eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung festgestellt worden ist (b).

a) Für den Zeitraum vom 1. August 2019 bis zum 3. Februar 2020 sind die Voraussetzungen für eine Ausnahme nach § 7a Abs. 6 SGB IV erfüllt. § 7a Abs. 6 SGB IV in der Fassung vom 29.03.2017, gültig ab 05.04.2017 und bis 31.03.2022 lautet wie folgt:

„Wird der Antrag nach Absatz 1 innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis fest, tritt die Versicherungspflicht mit der Bekanntgabe der Entscheidung ein, wenn der Beschäftigte (Nr. 1) zustimmt und (Nr. 2) er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.

Der Statusfeststellungsantrag für die streitgegenständliche Tätigkeit ab 01.08.2019 ist rechtzeitig am 08.08.2019 bei der Beklagten eingegangen. Der Kläger hat auch insbesondere in der mündlichen Verhandlung seine Zustimmung zum späteren Versicherungsbeginn erklärt und daran anknüpfend Nachweise über eine Krankenversicherung in der mündlichen Verhandlung am 12.02.2025 und seine Zahlungen in die Ärzteversorgung mit Schriftsatz vom 10.02.2025 eingereicht.

b) Hinsichtlich der Rentenversicherung hatte die Beklagte den Kläger von 2016 bis 2019 für seine bei der Beigeladenen zu 1. ausgeübte abhängige Beschäftigung für diesen Zeitraum von der Rentenversicherungspflicht befreit. Entgegen der Auffassung der Beklagten wirkte diese Befreiung auch für das hier streitgegenständliche Beschäftigungsverhältnis fort. Dies ergibt sich aus § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI; danach ist eine nach § 6 Abs. 1 SGB VI erteilte Befreiung auf die "jeweilige" Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt. Bei der Bestimmung der jeweiligen konkreten Beschäftigung ist sowohl die vertragliche Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses als auch die gelebte Praxis der Vertragsdurchführung für den Fortbestand einer erteilten Befreiung von Bedeutung. Zu betrachten ist die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit im Rahmen der konkreten Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (BSG, Urteil vom 16. Juni 2021 – B 5 RE 4/20 R –, SozR 4-2600 § 6 Nr 22, SozR 4-1300 § 39 Nr 4, Rn. 27). Dieser Ansatz bedeutet nicht, dass jedwede Änderung in der vertraglichen Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses wie etwa hinsichtlich der maßgeblichen Tätigkeitsbeschreibung und/oder hinsichtlich der gelebten Praxis der Vertragsdurchführung zum Erlöschen einer erteilten Befreiung führte. Dies kam vielmehr nur bei „wesentlichen Änderungen“ der Tätigkeit in Betracht (BSG, aaO).

Für die Beurteilung einer solchen Wesentlichkeit ist die im Befreiungsbescheid genannte Tätigkeit in ihren prägenden Charakteristika derjenigen Tätigkeit gegenüberzustellen, die nachfolgend ausgeübt wird. Sofern eine Änderung in der abstrakten Aufgabenstellung und Funktion festzustellen ist, muss anhand einer wertenden Gewichtung beurteilt werden, ob die Änderung der Tätigkeit als wesentlich anzusehen ist. Ein gewichtiges Indiz für eine relevante Änderung der Tätigkeit kann insbesondere ein Aufstieg zu einem leitenden Angestellten sein, der nach Arbeitsvertrag und Stellung im Betrieb typische Unternehmeraufgaben wahrnimmt (vgl § 5 Abs 3 und 4 BetrVG). Gleiches gilt für einen Statuswechsel vom Angestellten zum Mitglied eines Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person des Arbeitgebers berufen ist und als solches gesellschafts- und organrechtlichen Weisungen unterliegt (vgl hierzu auch BGH, Urteil vom 7.12.2020 - AnwZ <Brfg> 17/20 - NJW 2021, 629 RdNr 9 ff; zur abhängigen Beschäftigung von Vorstandsmitgliedern juristischer Personen s BSG Urteil vom 23.2.2021 - B 12 R 15/19 R - juris RdNr 15 ff, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2400 § 7 Nr 54 vorgesehen). Eine wesentliche Änderung ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Spezifika der Tätigkeit, für die die Befreiung ursprünglich erteilt wurde, in der nunmehr ausgeübten Tätigkeit keine oder nur noch eine untergeordnete Rolle spielen (BSG, Urteil vom 16. Juni 2021 – B 5 RE 4/20 R –, SozR 4-2600 § 6 Nr 22, SozR 4-1300 § 39 Nr 4, Rn. 30).

Im vorliegenden Fall ist jedoch auch die Beklagte im Ergebnis gerade nicht von einer solchen wesentlichen Änderung der Tätigkeit des Klägers als operierender Neurochirurg ausgegangen. Vielmehr ist sie in den streitgegenständlichen Bescheiden selbst davon ausgegangen, dass der Kläger seine ärztliche Tätigkeit im beigeladenen Klinikum auch ab August 2019 – wie bereits zuvor – im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung – wenngleich mit anderer Bezahlung –ausgeübt hat.

Nur ergänzend ist dementsprechend darauf hinzuweisen, dass selbst unter der eventuellen Annahme einer wesentlichen Änderung die Beklagte dem Kläger aufgrund eines Beratungsverschuldens im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs rückwirkend die Befreiung gewähren müsste. Ein Beratungsanlass hat angesichts der fortbestehenden Versicherungspflicht im Rahmen der Ärzteversorgung mit dem Antrag auf Prüfung nach § 7a SGB IV am 08.08.2019 vorgelegen. Der Kläger hätte daher auch unter der Annahme einer wesentlichen Änderung so gestellt werden müssen, als wenn er eine unter dieser Annahme erforderlich werdende erneute Befreiung gem. § 6 Abs. 4 S. 1 SGB VI so rechtzeitig beantragt hätte, dass diese rückwirkend zum 01.08.2019 erteilt worden wäre.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.

 

Rechtskraft
Aus
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