Soweit vergangene Zeiträume aufzuklären sind, vermag auch die gutachtliche Anhörung eines Arztes nach § 109 SGG den ihr vom Gesetz zugedachten Beitrag zur Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts nur zu bewirken, wenn sich die Ausgestaltung des zu beurteilenden zurückliegenden medizinischen Sachverhalts objektivieren lässt.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die am 17. März 1968 geborene Klägerin begehrt eine Erwerbsminderungsrente.
Eine erste Ehe wurde nach Maßgabe der anamnestischen Angaben der Klägerin (vgl. Rehabilitationsentlassungsbericht vom 10. Juli 2019) 2002 nach Gewalterfahrungen sowie angesichts eines Drogen- und Alkoholkonsums des Partners geschieden; seitdem lebt die Klägerin in einer neuen Partnerschaft, 2016 schloss sie erneut die Ehe.
2003 erkrankte die Klägerin an einem Gebärmutterhalskrebs. Nach einer damaligen Teilentfernung wurde die Gebärmutter Ende 2016 auch im Übrigen entnommen.
Die Klägerin hat den Beruf einer Kauffrau für Bürokommunikation erlernt (vgl. Bescheinigung der Abschlussprüfung vom 12. Juli 2006, Bl. 22 GA). In diesem Beruf arbeitete sie von 2007 bis zum Eintritt dauerhafter Arbeitsunfähigkeit im Dezember 2018 in einem kleineren Betrieb mit 15 Mitarbeitern. Die Klägerin hat bis September 2021 Sozialleistungen bezogen; seitdem weist der Versicherungsverlauf (vgl. wegen der Einzelheiten Bl. 48 ff. der Berufungsakte) keine weiteren rentenrechtlichen Zeiten aus.
Vom 24. April bis 5. Juni 2019 gewährte die Beklagte der Klägerin eine stationäre Heilmaßnahme in der Klinik K. in L.. Ausgehend insbesondere von den Diagnosen einer Angststörung, einer mittelgradigen depressiven Episode und eines Tinnitus aurium wurde sie arbeitsunfähig mit der Maßgabe entlassen, dass eine Tätigkeit als kaufmännische Angestellte mit anderen „Rahmenbedingungen“ und bei einem neuen Arbeitgeber– ebenso wie auch andere leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt – sechs- und mehrstündig noch zumutbar sei. Als weiterführende Maßnahmen wurden insbesondere die Aufnahme einer Psychotherapie und einer nervenärztlichen Behandlung empfohlen.
Das damalige Arbeitsverhältnis ist auf Wunsch der Klägerin zum 31. Januar 2020 beendet worden (vgl. Arbeitszeugnis vom 29. Januar 2020, Bl. 21 GA).
Den im Februar 2020 gestellten Erwerbsminderungsrentenantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11. März 2020 angesichts eines aus ihrer Sicht fortbestehenden sechs- und mehrstündigen Leistungsvermögens ab.
Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte ein nervenärztliches Gutachten von Dr. M. vom 15. Dezember 2020 ein. Die Klägerin gab an, dass sie sich nicht gut konzentrieren könne; sie traue sich kaum noch vor die Tür. Sie habe Schlafstörungen und Ängste. Sie sei immer schlapp und dauernd „kaputt“. Sie habe Herzrasen und Rückenschmerzen.
Eine im September 2019 aufgenommene Psychotherapie habe sie im Mai 2020 abgebrochen; die Teilnahme sei für sie eine Strafe gewesen; die Gespräche mit der Therapeutin hätten sich aus ihrer Sicht „immer im Kreis gedreht“. Eine nervenärztliche Behandlung habe sie nicht aufgenommen. Auch die vorausgegangene stationäre Rehabilitationsmaßnahme habe sie nicht als hilfreich empfunden.
Die Gutachterin diagnostizierte eine ängstlich vermeidende Persönlichkeitsstörung mit der Entwicklung einer rezidivierenden depressiven Störung, welche gegenwärtig mittelgradig ausgeprägt sei.
Die Gutachterin empfahl „dringend“ eine psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung, wodurch auch der Weg zu einer intensivierten namentlich tagesklinischen Behandlung gebahnt werden könne.
Im Ergebnis befürwortete die Gutachterin ein sechs- und mehrstündiges Leistungsvermögen für eine Tätigkeit als kaufmännische Angestellte bei einem anderen Arbeitgeber und für leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Bescheid vom 3. März 2021 zurück.
Zur Begründung der am 24. März 2021 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass die psychische Erkrankung zu einem vollständigen sozialen Rückzug geführt habe. Selbst leichteste Tätigkeiten im eigenen Haushalt seien ihr kaum noch möglich. Sie schaffe es kaum, etwas Sinnvolles am Tag zu erledigen.
Die Schmerzsymptomatik verstärke die Beschwerden; eine im ersten Quartal 2021 durchgeführte Schmerztherapie habe zu keiner Linderung geführt.
Das Sozialgericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte und ein nervenärztliches Gutachten von Dr. N. vom 26. September 2022, ergänzt um eine Stellungnahme von März 2023, eingeholt.
Die Klägerin erläuterte, dass sie ausgesteuert sei und aufgrund der Einkünfte ihres Ehemanns keine Leistungen nach dem SGB II erhalte. Bereits 2018 sei sie „in ein tiefes Loch gefallen“; sie habe seitdem immer wieder nächtliche Panikattacken. Sie habe keine Kraft mehr für das Leben.
Zum Tagesablauf erläuterte die Klägerin, dass sie den ganzen Tag zuhause sei und sich dabei wohl fühle. Sie lese gerne Psychothriller oder etwas Humorvolles. Eigentlich sei der Fernseher ständig an, damit es in der Wohnung nicht zu ruhig werde. Sie brauche keine Freunde, telefoniere aber fast täglich mit ihrer Mutter. Sie und ihre Mutter würden sich gegenseitig aufbauen. Das Mittagessen bereite im Regelfall sie vor, wenn ihr dies nicht möglich sei, übernehme dies ihr Ehemann.
Der Sachverständige hob hervor, dass die Klägerin dringend behandlungsbedürftig sei. Besonders dringend sei die Einleitung einer an den Ängsten ausgerichteten Verhaltenstherapie. Zudem sei eine teil- oder vollstationäre Behandlung anzustreben.
Ausgehend von einer Angst vor der Dunkelheit im Sinne einer Achluophobie, einer Agoraphobie mit Panikstörung, welche differentialdiagnostisch von einer generalisierten Angststörung abzugrenzen sei, sowie einer zugrunde liegenden dependenten Persönlichkeitsstörung und einer Dysthymie erachtete der Sachverständige leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mit der Möglichkeit zum Haltungswechsel insbesondere in geschlossenen Räumen weiterhin für vollschichtig zumutbar, sofern Tätigkeiten mit Wirbelsäulenzwangshaltungen, Arbeiten oberhalb der Schulterhöhe sowie häufiges Bücken, Knien oder Hocken vermieden werden. Arbeiten in der Nachtschicht oder mit besonderem Zeitdruck wie namentlich bei Akkord- oder Fließbandarbeiten dürften nicht abverlangt werden. Publikumsverkehr sei nur noch gelegentlich zumutbar.
Soweit kurative Behandlungsmaßnahmen empfohlen worden seien, ergebe sich dies aus der weiterhin festzustellenden Therapierbarkeit der Beschwerden. Auch unabhängig von solchen in Betracht kommenden künftigen Verbesserungen weise die Klägerin bereits das beschriebene Leistungsvermögen auf (vgl. insbesondere auch die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen, Bl. 152 ff. GA).
Die rentenrechtliche Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt.
Gestützt insbesondere auf das eingeholte Gutachten von Dr. N. hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom 29. Februar 2024, der Klägerin zugestellt am 19. März 2024, unter Darlegung eines fortbestehenden sechs- und mehrstündigen Leistungsvermögens abgewiesen.
Zur Begründung der am 12. April 2024 eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, dass ihr psychischer Gesundheitszustand seit Ende 2018 sich „eigentlich kontinuierlich verschlechtert“ habe oder aber „bestehen geblieben“ sei (vgl. S. 3 des Schriftsatzes vom 13. Mai 2024). Sie fühle sich „ausgebrannt im Sinne eines Burnouts“.
Der Senat hat Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt.
Mit Verfügung vom 4. September 2024 (der Klägerin am 10. September 2024 übermittelt) ist die Klägerin zu einer in Betracht kommenden Zurückweisung der Berufung im Beschlusswege gemäß § 153 Abs. 4 SGG angehört worden; in dieser Verfügung ist u.a. auf den zwischenzeitlichen Wegfall der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen und das Fehlen einer fortgesetzten psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlung hingewiesen worden.
Mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2024 hat die Klägerin unter Bezugnahme auf § 109 SGG die gutachterliche Anhörung eines von ihr „noch zu benennenden bestimmten Arztes“ beantragt. Dieser Antrag ist mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2024 dahingehend konkretisiert worden, dass die Beauftragung der Psychiaterin Prof. Dr. O. als Sachverständige nach § 109 SGG begehrt werde.
Die Klägerin beantragt,
- das Urteil des Sozialgerichts vom 29. Februar 2024 und den Bescheid der Beklagten vom 11. März 2020 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2021 aufzuheben und
- die Beklagte zur Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Februar 2020 zu verpflichten,
hilfsweise,
zum Beweis der Tatsache, dass sie erkrankt und deswegen erwerbsgemindert im Sinne von § 43 SGB VI ist, den medizinischen Sachverhalt durch Einholung eines weiteren psychiatrischen/psychotherapeutischen Sachverständigengutachtens nach § 106 SGG aufzuklären.
Die Klägerin beantragt weiter,
zum Beweis der Tatsache, dass sie erkrankt und deswegen erwerbsgemindert im Sinne von § 43 SGB VI ist, nach § 109 SGG ein Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. O. einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
I.
Die Klägerin hat nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 23. Januar 2025 den Senatsvorsitzenden wegen Besorgnis der Befangenheit insbesondere im Hinblick darauf abgelehnt, dass dem Prozessverlauf „unzweifelhaft zu entnehmen“ sei, dass dieser ein Sachverständigengutachten nach § 109 SGG (wie es zuvor von Seiten der Klägerin unter Benennung von Prof. Dr. O. als Sachverständige beantragt worden war) „nicht einholen wird“. Dieses Ablehnungsgesuch hat der Senat ohne Mitwirkung des abgelehnten Richters mit Beschluss vom 27. Januar 2025 für unbegründet erklärt.
Daraufhin hat die Klägerin den Senatsvorsitzenden mit Schriftsatz vom 10. Februar 2025 erneut als befangen abgelehnt und zur Begründung insbesondere darauf abgestellt, dass dieser mit der Anberaumung des Verhandlungstermins „unmissverständlich deutlich“ gemacht habe, „kein Sachverständigengutachten gem. § 109 SGG einholen zu wollen“. Auch dieses erneute Befangenheitsgesuch hat der Senat mit weiterem Beschluss vom 10. Februar 2025 – wiederum ohne Mitwirkung des abgelehnten Richters – als unbegründet angesehen.
Zu Beginn der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin zum dritten Mal den Senatsvorsitzenden wegen der Besorgnis der Befangenheit im Hinblick darauf abgelehnt, dass dieser „ohne nachvollziehbare Begründung einen Beweisantrag der Klägerin nach § 109 SGG „abgelehnt“ habe. Zur näheren Begründung hat der anwaltliche Bevollmächtigte eine vom 23. Januar 2025 (also vom Tag der erstmaligen Stellung eines Befangenheitsgesuchs, welches der Senat ohne Mitwirkung des abgelehnten Richters bereits mit Beschluss vom 27. Januar 2025 für unbegründet erklärt hatte) datierende schriftliche Begründung vorgelegt. Auf Nachfrage hat er dann erläutert, dass der in der Sitzung überreichte Antrag schon „länger liege“. Er sei nicht wortgleich mit dem bereits zur Akte gereichten und vom Senat ohne Mitwirkung des Senatsvorsitzenden beschiedenen aktenkundigen Antrag vom 23. Januar 2025, verfolge aber dieselbe Zielrichtung.
Diesen dritten Antrag hat der Senat unter Mitwirkung des abgelehnten Senatsvorsitzenden mit dem in der mündlichen Verhandlung verkündeten Beschluss als unzulässig angesehen, da gleichgerichtete Befangenheitsgesuche zuvor bereits zweimal als unbegründet zurückgewiesen worden seien. Der Antrag verfolgte augenscheinlich verfahrensfremde Zwecke, zumal dem rechtskundigen Bevollmächtigten klar vor Augen gestanden haben muss, dass es die gerügte „Ablehnung“ des Beweisantrages nach § 109 SGG zum Zeitpunkt des erneuten Befangenheitsgesuchs gar nicht gegeben hatte. Weder von Seiten des Senates noch des (dafür im Rahmen von Einzelrichterentscheidungen gar nicht zuständigen) abgelehnten Senatsvorsitzenden war zu diesem Zeitpunkt eine solche Ablehnung ausgesprochen worden.
Bezeichnenderweise hat der Bevollmächtigte schon in der Begründung des ersten Befangenheitsgesuchs selbst hervorgehoben, dass für die Ablehnung eines nach § 109 SGG gestellten Beweisantrages eine mündliche Verhandlung „notwendig“ sei. Damit hat er klar zum Ausdruck gebracht, dass auch ihm bewusst war, dass es vor der Verhandlung (oder einer dieser gleichgestellten Spruchkörperentscheidung etwa im Rahmen von § 153 Abs. 4 SGG) keine Ablehnung (sondern lediglich spekulative Einschätzungen hinsichtlich der Möglichkeit einer künftigen Ablehnung) geben konnte.
Erstmalig abgelehnt worden ist der Beweisantrag durch den dafür zuständigen mit fünf Richtern und Richterinnen besetzten Senat mit der vorliegenden Entscheidung, nachdem auch die gerade zur weiteren Abklärung des Vorliegens möglicher Voraussetzungen für eine weitere Beweiserhebung anberaumte mündliche Verhandlung insbesondere auch angesichts eines diesbezüglich im Ergebnis unsubstantiiert gebliebenen Vortrages der Klägerin keinen Anlass zu einer weiteren Beweiserhebung ergeben hatte.
Ohnehin ist ein Befangenheitsgesuch schon im prozessualen Ausgangspunkt nicht das vorgesehene Mittel, Ermittlungen oder ein sonstiges erwünschtes prozessuales Vorgehen des Gerichts zu erzwingen (BSG Beschl. v. 8. Januar 2010 – B 1 KR 119/09 B, BeckRS 2010, 65548 und juris, Rn. 8). Selbst eventuelle Fehler eines Richters vermögen als solche - sofern nicht besondere weitere Umstände hinzutreten – die Besorgnis seiner Befangenheit zu begründen (BSG, Beschluss vom 8. Januar 2010, aaO, Rn. 7). Das Ablehnungsverfahren dient im rechtlichen Ausgangspunkt gar nicht der Überprüfung richterlicher Vorgehensweisen auf etwaige Rechts- bzw. Verfahrensfehler (Jung in Beck-Online-Großkommentar, Stand: 1.11.2024, SGG § 60 Rn. 33), insbesondere soll es keinen Ersatz für vom Gesetzgeber nicht vorgesehene Instanzenzüge bewirken. Dieser Ausgangspunkt wird schon im Ansatz verkannt, wenn – wie im vorliegenden Fall – zur Begründung eines Befangenheitsgesuchs vorgetragen wird, dass „kein Rechtsmittel gegen die zu erwartende Berufungszurückweisung möglich“ sei (vgl. S. 3 der in der mündlichen Verhandlung überreichten schriftlichen Begründung des Befangenheitsgesuchs). Nur ergänzend sei angemerkt, dass auch dieser Vortrag zum Fehlen einer Rechtsbehelfsmöglichkeit „gegen die Berufungszurückweisung“ angesichts der gesetzlichen Normierung der Rechtsmittelmöglichkeiten in § 160a SGG (vgl. auch die dieser Entscheidung beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung) inhaltlich unzutreffend ist (mag auch dieses Rechtsmittel nach den gesetzlichen Vorgaben nicht den von der Klägerin favorisierten Prüfungsumfang aufweisen).
Der Senat hat den Bevollmächtigten auch schon wiederholt (vgl. insbesondere auch Senatsbeschluss vom 10. Februar 2025) darauf hingewiesen, dass nach den verfahrensrechtlichen Vorgaben angesichts der dem abgelehnten Richter im Ablehnungsverfahren allein zukommenden Stellung einer Auskunftsperson die Einholung einer dienstlichen Äußerung nicht erforderlich ist, soweit eine solche zur weiteren Aufklärung des für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch maßgeblichen Sachverhalts nicht erforderlich ist (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 30. Dezem ber 2008, 2 W 127/08, JMBI NW 2009, 89; BFH, Beschluss vom 14. August 2007, XI S 13/07, BFH/NV 2007, 2139; BSG, Beschluss vom 29. März 2007, B 9a SB 18/06 B).
II.
Auch nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens erfüllt die Klägerin nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen für die begehrte Erwerbsminderungsrente.
1. Versicherte haben nach § 43 Abs. 1 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind und in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung setzt nach § 43 Abs. 2 S. 2 SGB VI voraus, dass der Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert im Sinne einer vollen oder teilweisen Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 bzw. 2 SGB VI ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI hingegen nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Voraussetzung für einen solchen Rentenanspruch ist nach den genannten gesetzlichen Vorgaben des Weiteren, dass der Versicherte in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hatte. Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich nach § 43 Abs. 4 SGB VI um Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Berücksichtigungszeiten, Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach § 43 Abs. 4 Nummer 1 oder 2 liegt, und Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung. Die vorstehend genannten Zeiten sind nur zu berücksichtigen, soweit sie nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind.
Im vorliegenden Fall sind bereits die erläuterten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen mit Ablauf des Monats Oktober 2023 weggefallen, da die Klägerin seit September 2021 keine rentenrechtlichen Zeiten mehr zurückgelegt hat. Das bedeutet für das vorliegende Verfahren, dass eventuelle Verschlechterungen des Gesundheitszustandes im Zeitraum nach Oktober 2023 keinen Anspruch auf die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente begründen können. Dies betrifft insbesondere den erstmalig im Juli 2024 diagnostizierten epileptischen Anfall (vgl. den Bericht der Fachärzte für Innere Medizin Dr. P. und Partner vom 5. August 2024) und die im Februar 2024 erkannte Belastungsdyspnoe (vgl. den Bericht der Praxis Q. und Partner vom 29. August 2024).
Jedenfalls bezogen auf den unter Berücksichtigung der nachfolgend fehlenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen maßgeblichen Zeitraum bis Oktober 2023 erfüllte die Klägerin nicht die erläuterten medizinischen Voraussetzungen für die begehrte Erwerbsminderungsrente. Die einleuchtend begründeten Gutachten der Nervenärzte Dres. M. und N. haben – ebenso wie bereits die Rehabilitationsärzte in der Klinik K. in L. – überzeugend dargelegt, dass die Klägerin ungeachtet ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen weiterhin arbeitstäglich sechs- und mehrstündig zumindest körperlich leichte überwiegend sitzende Tätigkeiten auf dem ersten Arbeitsmarkt mit der Möglichkeit zum Haltungswechsel in geschlossenen Räumen unter Vermeidung von Wirbelsäulenzwangshaltungen, von besonderem Zeitdruck wie namentlich bei Akkord- oder Fließbandarbeit sowie unter Vermeidung von besonderer Verantwortung verrichten kann. Nachtschichten, Arbeiten oberhalb der Schulterhöhe sowie häufiges Bücken, Knien oder Hocken kommen nicht mehr in Betracht; Publikumsverkehr ist nur noch gelegentlich zumutbar.
Insbesondere hat Dr. N. in seiner ergänzenden Stellungnahme noch einmal deutlich gemacht, dass er das bei seiner Begutachtung vorgefundene Leistungsvermögen das Klägerin beurteilt hat. Soweit von seiner Seite (wie bereits von Seiten der Vorgutachterin und der Rehabilitationsärzte) weitergehende kurative Behandlungsmaßnahmen dringend empfohlen worden seien, sei dies im eigenen gesundheitlichen Interesse der Klägerin erfolgt. Bei einem Erfolg entsprechend intensivierter Behandlungsmaßnahmen sei die Wiedererlangung eines besseren als des von ihm festgestellten Leistungsvermögens zu erwarten.
Es haben sich im Zuge des Berufungsverfahrens auch keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass unter Einbeziehung weiterer gesundheitlicher Beeinträchtigungen im Zeitraum zwischen der letzten Begutachtung der Klägerin durch den Sachverständigen Orhan im September 2022 und dem Wegfall der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen Ende Oktober 2023 die Klägerin das vorstehend dargelegte Leistungsvermögen seinerzeit unterschritten haben könnte.
Auch wenn die Versicherte ihren bisherigen Beruf nicht mehr, dafür aber jedenfalls täglich sechsstündig körperlich leichte Tätigkeiten, wenn auch nur mit bestimmten Einschränkungen, ausüben kann, ist im Rahmen der Prüfung eines Rentenanspruchs aus § 43 SGB VI die konkrete Benennung zumindest einer Verweisungstätigkeit nur dann erforderlich, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt. Beispiele, welche Einschränkungen jedenfalls nicht zu einer konkreten Benennung veranlassen sollen, stellen insbesondere der Ausschluss von Tätigkeiten, die überwiegendes Stehen oder ständiges Sitzen erfordern, in Nässe oder Kälte zu leisten sind, besondere Fingerfertigkeiten erfordern oder mit besonderen Unfallgefahren verbunden sind, der Ausschluss von Arbeiten im Akkord, im Schichtdienst, an laufenden Maschinen, der Ausschluss von Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an das Seh-, Hör- oder Konzentrationsvermögen stellen, und der Ausschluss von Tätigkeiten, die häufiges Bücken erfordern, dar (vgl. BSG, B.v. 19. Juni 1996 - GS 2/95 - BSGE 80, 24 und Urteil vom 11. Dezember 2019 – B 13 R 7/18 R).
Soweit im jeweils zu prüfenden Einzelfall weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung festzustellen ist, hat sich hingegen die rentenrechtliche Beurteilung an dem Grundsatz des offenen Arbeitsmarktes auszurichten. Versicherte, die nur noch körperlich leichte und geistig einfache Tätigkeiten – ggfs. unter weiteren gesundheitlichen Einschränkungen - wenigstens sechs Stunden täglich verrichten können, sind regelmäßig in der Lage, "erwerbstätig zu sein" (BSG, U. v. 11. Dezember 2019 – B 13 R 7/18 R –, BSGE 129, 274, Rn. 26). Auch unter Berücksichtigung der Digitalisierung und der weiteren jüngsten wirtschaftlichen Entwicklungen ist bislang ein außergewöhnlicher Rückgang von Einfacharbeit wegen technischer Substitution noch nicht zu verzeichnen (BSG, U.v. 11. Dezember 2019, aaO, Rn. 27).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze bedarf es im vorliegenden Fall nicht der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit. Die dargelegten bei der Klägerin festzustellenden Einschränkungen verlassen jedenfalls im Zeitraum der fortbestehenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bis Ende Oktober 2023 nicht den Bereich der in der Diktion der erläuterten Rechtsprechung gewöhnlichen Einschränkungen. Sie sind vielmehr noch dem Rahmen derjenigen Einschränkungen zuzurechnen, mit denen viele Versicherte im Alter der Klägerin noch erfolgreich am Erwerbsleben teilnehmen können.
Nach den vorstehend aufgeführten überzeugend begründeten Gutachten sind insbesondere keine Hindernisse erkennbar, die einer zumindest täglich sechsstündigen Ausübung einer körperlich leichten Tätigkeit wie namentlich als Sortiererin oder Verpackerin von Kleinteilen entgegenstehen könnten. Ein Wechsel der Körperhaltung etwa in Form eines zwischenzeitlichen Sich-Erhebens ist bei diesen Tätigkeiten üblich oder jedenfalls ohne weiteres möglich.
Zur Erwerbsfähigkeit gehört auch die Fähigkeit, eine Arbeitsstätte aufzusuchen; denn die Beschäftigung als Arbeitnehmer gegen Entgelt wird im Allgemeinen in Betriebsstätten außerhalb der Wohnung des Arbeitnehmers verrichtet. Vor diesem Hintergrund hat das BSG aufgrund allgemeiner Erfahrungen generell eine Fähigkeit des Versicherten für erforderlich gehalten, Entfernungen von über 500 Metern zu Fuß zurückzulegen; es ist davon ausgegangen, dass derartige Wegstrecken üblicherweise erforderlich sind, um Arbeitsstellen oder Haltestellen eines öffentlichen Verkehrsmittels zu erreichen. Dem Charakter von Normstrecken entsprechend sind in diesem Zusammenhang besondere Beschaffenheiten eines konkreten Weges (insbesondere Unebenheiten, Steigungen, Glatteis) ohne Belang. Im Normalfall ist ferner davon auszugehen, dass ein Versicherter für die Wege zum Arbeitsplatz öffentliche Verkehrsmittel benutzen muss. Er muss dann regelmäßig auch Fußwege zurücklegen, um von zu Hause das Verkehrsmittel sowie vom Verkehrsmittel aus den Arbeitsplatz zu erreichen. Jeweils entsprechende Strecken sind auf dem Heimweg zu bewältigen, so dass die Gehfähigkeit des Versicherten insofern viermal am Tage gefordert wird (BSG, U.v. 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247 Nr 10).
Auch diese rentenrechtliche Wegefähigkeit ist bei der Klägerin, wie in den vorstehend angeführten Gutachten einleuchtend dargelegt worden ist, im Zeitraum der fortbestehenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bis Ende Oktober 2023 erhalten geblieben.
2. Soweit die fachkundig vertretene Klägerin zum Beweis der Tatsache, dass sie erkrankt und deswegen erwerbsgemindert im Sinne von § 43 SGB VI „ist“, die Einholung eines weiteren psychiatrischen/psychotherapeutischen Sachverständigengutachtens sowohl von Amts wegen als auch nach § 109 SGG begehrt, kommt es angesichts des erläuterten Wegfalls der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen auf die unter Beweis gestellten Umstände nicht an. Selbst unter der Annahme, dass die Klägerin gegenwärtig erwerbsgemindert im Sinne von § 43 SGB VI „ist“, wäre die begehrte Rente angesichts der seit November 2023 fehlenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht zuzusprechen.
3. Ohnehin liegt kein Ausnahmefall vor, in dem ungeachtet des bereits eingeholten psychiatrischen Sachverständigenbeweises die erneute Einholung eines entsprechenden Gutachtens geboten erscheint. Namentlich ist weder die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft noch liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass ein neuer Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen des gehörten Gutachters überlegen erscheinen.
Vielmehr ist schon angesichts des gänzlichen Fehlens kurativer medizinischer Behandlungsmaßnahmen seit Sommer 2020 bezüglich in Betracht kommender psychischer Erkrankungen keine Grundlage dafür erkennbar, wie im Rahmen eines neuen Sachverständigengutachtens eine von den bereits vorliegenden Gutachten abweichende Einschätzung bezogen auf das Leistungsvermögen der Klägerin in dem nach Maßgabe der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen maßgeblichen vergangenen Zeitraums bis Ende Oktober 2023 gewonnen und nachvollziehbar begründet werden sollte.
Nur ergänzend ist bei dieser Ausgangslage darauf hinzuweisen, dass der von Seiten der Klägerin angeführte „vollständige soziale Rückzug“ bereits in tatsächlicher Hinsicht nicht substantiiert aufgezeigt worden ist. Bei der letzten Begutachtung durch Dr. N. hat die Klägerin selbst ihre Lebensumstände in einer Weise beschrieben, die mit einem „vollständigen“ sozialen Rückzug“ nicht in Einklang zu bringen ist. Die Klägerin hat im Einzelnen erläutert, dass sie in einer guten ehelichen Partnerschaft lebe. Dort fühle sie sich sehr wohl. Sie sei am liebsten mit ihrem Ehemann zusammen. Er sei ihr „Fels in der Brandung“ und gebe ihr Sicherheit. Die Klägerin hat weiter berichtet, dass sie „nahezu täglich“ Kontakt mit ihrer Mutter habe; sie und ihre Mutter würden sich wechselseitig aufbauen.
4. Auch der Antrag der Klägerin nach § 109 SGG, der auf eine Beauftragung von Prof. Dr. O. gerichtet ist, gibt keinen Anlass zu einer weiteren Beweiserhebung.
Auf Antrag des Versicherten muss gemäß § 109 Abs. 1 SGG ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt. Das Gericht kann jedoch nach Abs. 2 einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.
In dem § 109 SGG die „gutachtliche“ Anhörung eines vom Kläger zu benennenden Arztes anordnet, bringt es zum Ausdruck, dass der zu benennende Arzt ein Sachverständigengutachten nach Maßgabe des § 118 SGG i.V.m. §§ 402 ff. ZPO zu erstellen hat. Ungeachtet des klägerischen Benennungsrechts ist auch ein nach § 109 SGG zu bestellender Sachverständiger in seiner prozessualen Funktion wie jeder andere Sachverständige ersetzbar. Der Sachverständige soll auf Grund seiner Sachkunde Schlussfolgerungen aus dem maßgeblichen Sachverhalt ziehen, die auch eine andere Person mit gleicher Sachkunde ziehen kann (Damrau/Weinland in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, ZPO § 373 Rn. 5).
Auch wenn dem Kläger im Rahmen des besonderen Beweisantragsrechts nach § 109 SGG (mit der daran anknüpfenden Kostenregelung gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG) die Auswahl des ärztlichen Sachverständigen obliegt, müssen im Übrigen alle weiteren Voraussetzungen für die Einholung eines Sachverständigengutachtens erfüllt sein. Insbesondere bedarf es auch der Eignung des begehrten Gutachtens, einen Beitrag zur Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts zu leisten.
Dementsprechend bedarf es grundsätzlich auch bei Beweisanträgen nach § 109 SGG der Darlegung greifbarer Anhaltspunkte (sog. Anknüpfungstatsachen), an denen eine Beweiserhebung ansetzen kann (BVerwG, Beschluss vom 15. Juni 2020 – 2 B 30/19 –, Rn. 28, juris; vgl. auch OLG Koblenz, Urteil vom 5. März 1999 – 10 U 371/98 –, VersR 2001, 445).
Diese Anforderungen erhalten besonderes Gewicht, wenn vermittels des begehrten Sachverständigengutachtens nicht der aktuelle Gesundheitszustand, sondern Einzelheiten des individuellen gesundheitlichen Leistungsvermögens in vergangenen Zeiträumen aufgeklärt werden sollen. In solchen Fällen muss ein nachvollziehbarer Vorgang der Erkenntnisgewinnung in Betracht kommen, da allein die Begutachtung des aktuellen Gesundheitszustandes regelmäßig noch keine tragfähigen Rückschlüsse auf die Einzelheiten des gesundheitlichen Leistungsvermögens in vergangenen Zeiträumen ermöglicht.
In solchen Fallgestaltungen kommen Feststellungen zu Einzelheiten des Gesundheitszustandes in den rechtlich maßgeblichen vergangenen Zeiträumen regelmäßig nur in Betracht, wenn die erforderliche Bewertung an objektivierbar erhobene Befunden aus den aufzuklärenden zurückliegenden Zeiträumen anknüpfen können. Es muss ernsthaft in Betracht kommen, dass die in der Vergangenheit erhobenen Befunde nach medizinischem Erfahrungswissen hinreichend verlässliche Rückschlüsse auf die im Ergebnis aufzuklärenden Einzelheiten des Leistungsvermögens in den maßgeblichen vergangenen Zeiträumen zulassen. Nur auf dieser Basis vermag auch eine Beweiserhebung auf Antrag nach § 109 SGG den ihr vom Gesetzgeber zugedachten Beitrag zur Sachverhaltsaufklärung zu leisten.
Rentenrechtlich kommt es schon im Ausgangspunkt nicht nur auf eine Diagnosestellung oder Bezeichnung von Befunden an; vielmehr ist im Rahmen des § 43 SGB VI die negative Beeinflussung des Leistungsvermögens durch dauerhafte Gesundheitsstörungen zu prüfen (BSG, Beschluss vom 23. Juni 2020 – B 5 R 66/20 B –, Rn. 5, juris). Es bedarf insoweit der Abklärung der Einzelheiten der mit den Erkrankungen im jeweiligen Einzelfall im jeweils maßgeblichen Zeitraum dauerhaft einhergehenden qualitativen und ggfs. auch quantitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens.
Die Begutachtung eines Gesundheitszustandes in zurückliegenden Zeiträumen und die Bewertung der sich seinerzeit daraus ergebender Begrenzungen des beruflichen Leistungsvermögens haben schon im gedanklichen Ausgangspunkt eine hinreichende Objektivierbarkeit der relevanten Einzelheiten des damaligen Gesundheitszustandes zur Voraussetzung.
Erst auf der Basis einer diesbezüglich objektivierbaren Erkenntnisgrundlage weist ein Gutachten – unabhängig von der Frage seiner Einholung von Amts wegen oder auf Antrag nach § 109 SGG – die erforderliche Eignung auf, einen maßgeblichen Beitrag zur richterlichen Überzeugungsbildung zu vermitteln. Dies gilt in besonderem Maße, wenn nicht nur eine Erkrankung als solche zu erfassen ist, sondern es für die Entscheidung des Rechtsstreits auf – im Verlauf langfristiger Erkrankungen vielfach variierende – Details ihrer Auswirkungen etwa hinsichtlich der verbliebenen Fähigkeiten zur Wahrnehmung von Aufgaben ungeachtet gesundheitsbedingter Beeinträchtigungen insbesondere unter Einsatz noch möglicher und zumutbarer Willensanstrengungen (vgl. zu diesem Kriterium als einen in die Gesamtabwägung einzustellenden Gesichtspunkt etwa BSG, Urteil vom 12. September 1990 – 5 RJ 88/89 –, SozVers 1991, 81) oder etwa hinsichtlich der näheren quantitativen Bemessung eines verbliebenen Leistungsvermögens ankommt.
Ein Beweisantrag im Rentenstreitverfahren muss sich möglichst präzise mit den Folgen dauerhafter Gesundheitsbeeinträchtigungen auf das verbliebene berufliche Leistungsvermögen befassen (BSG, Beschluss vom 24. Januar 2018 – B 13 R 377/15 B –, Rn. 13, juris). Entsprechend allgemeinen Grundsätzen ist daher insbesondere in Fällen der Maßgeblichkeit vergangener Zeiträumen auch bei Beweisanträgen nach § 109 SGG das Beweisthema möglichst konkret anzugeben und insoweit wenigstens zu umreißen, was die Beweisaufnahme ergeben soll (vgl. zu den allgemeinen Anforderungen: BSG, Beschluss vom 13. Januar 2021 – B 13 R 4/20 B –, Rn. 6, juris; vgl. auch BSG, Beschluss vom 26. Oktober 2022 – B 5 R 105/22 B –, Rn. 8, juris). In diesem Zusammenhang genügt es nicht, dass der Betroffene mit einer weiteren Beweiserhebung abstrakt die subjektive Hoffnung auf einen Erfolg des Berufungsverfahrens verbindet.
Von Seiten der fachkundig vertretenen Klägerin ist nach wiederholten Hinweisen des Senates nichts dafür nachvollziehbar aufgezeigt worden, dass eine nochmalige psychiatrische Begutachtung angesichts des erläuterten Wegfalls der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen und des Fehlens aussagekräftiger psychiatrischer, psychosomatischer oder psychotherapeutischer Befunderhebungen zum psychiatrischen Gesundheitszustand (abgesehen von den gerade keine rentenrechtlich relevanten Beeinträchtigungen zum Ausdruck bringenden Befunden der beiden Gutachter) aus den letzten Jahren vor Wegfall dieser Voraussetzungen zu richtungweisenden neuen Erkenntnissen bezogen auf den zurückliegenden Zeitraum bis zum Wegfall der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen führen kann.
Die Klägerin hat seit inzwischen knapp fünf Jahren von einer psychotherapeutischen Behandlung (nach dem vorzeitigen Abbruch einer Ende 2019 eingeleiteten Behandlung im Frühjahr 2020) Abstand genommen; eine ambulante psychiatrische Behandlung ist nach Aktenlage erst gar nicht eingeleitet worden. Noch weniger ist eine teil- oder vollstationäre Behandlung in einem psychiatrischen oder psychosomatischen Akutkrankenhaus veranlasst worden. Mit diesem Verhalten hat sich die Klägerin über die übereinstimmenden – wiederholt explizit als dringend ausgewiesenen – kurativen Empfehlungen sowohl der beiden gehörten Gutachter als auch der Ärzte der Rehabilitationsklinik hinweggesetzt. Dies lässt nur den Rückschluss zu, dass es keinen gravierenden subjektiv empfundenen Leidensdruck auf Seiten der Klägerin gibt, dafür dürfte auch ihre Angabe bei der Begutachtung durch Dr. N. sprechen, dass sie sich in der häuslichen Umgebung wohlfühle. Davon abgesehen hat das beschriebene Verhalten der Vermeidung jeglicher zielgerichteter Behandlungen der im vorliegenden Verfahren angeführten psychischen Beeinträchtigungen in den vorausgegangenen Jahren zwangsläufig zur Folge, dass im Rahmen entsprechender Behandlungsbemühungen zu erhebende Befunde nicht ermittelt worden sind.
Auch der vom Senat eingeholte hausärztliche Behandlungsbericht der die Klägerin seit 2019 behandelnden Fachärzte für Innere Medizin Dr. P. und Partner vom 5. August 2024 lässt im Rahmen der Beantwortung der Fragen nach den geäußerten Beschwerden und den erhobenen Befunden keine konkreten Befunde oder Angaben zu einer psychiatrischen Erkrankung (und daran ggfs. anknüpfende Behandlungsmaßnahmen) erkennen; lediglich bei der Frage nach der Bescheinigung von AU-Zeiten findet sich der pauschale Hinweis „länger bestehende AU bei Depression/Angststörung 19.07.23 fortlaufend“.
Damit kann die Einholung eines weiteren psychiatrischen Gutachtens zur Aufklärung des psychischen Gesundheitszustandes der Klägerin im Zeitraum vor dem Wegfall der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Ergebnis nicht als in der Sache weiterführend erachtet werden. Der von Gesetzes wegen anzustrebende Erfolg eines Gutachtens im Sinne der Vermittlung
tragfähiger Erkenntnisgrundlagen für die richterliche Überzeugungsbildung kann nicht erreicht werden.
Bei der beschriebenen Ausgangslage ist nur ergänzend darauf hinzuweisen, dass es die eigene Entscheidung der – auch seinerzeit bereits fachkundig vertretenen – Klägerin war, von der Beantragung eines weiteren psychiatrischen Gutachtens nach § 109 SGG bereits zu einem Zeitpunkt abzusehen, zu dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch gegeben waren. Seinerzeit hat die Klägerin (vgl. etwa ihren Schriftsatz vom 28. März 2023 in Beantwortung der sozialgerichtlichen Verfügung vom 14. März 2023) allerdings einen weiteren Ermittlungsbedarf selbst nicht gesehen (und noch weniger inhaltlich konkret nachvollziehbar aufgezeigt).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.