L 8 KR 283/21

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 14 KR 346/19
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 283/21
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 46/24 B
Datum
Kategorie
Urteil


Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 19. März 2021 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird endgültig auf 15.879,57 € festgesetzt.


Tatbestand

Im Streit steht die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung in Höhe von 15.879,57 €.

Die Klägerin behandelte die am 11. März 1981 geborene, bei der Beklagten versicherte Patientin E. K. (im Weiteren: die Versicherte K.) im Zeitraum vom 16. bis 31. Januar 2017 vollstationär in ihrer Klinik. Mit Rechnung vom 3. März 2017 machte sie hierfür einen Betrag in Höhe von 20.714,78 € auf der Grundlage des DRG 106C geltend, den die Beklagte zunächst vollständig beglich. 

Am 14. März 2017 erteilte die Beklagte einen Gutachtenauftrag an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Hessen (MDK) mit der Fragestellung, ob die abgerechneten Prozeduren korrekt seien. Zugleich übermittelte die Beklagte die Prüfanzeige unter Anzeige des konkreten Prüfgegenstandes an die Klägerin. 

Der MDK teilte seinerseits mit einem unter dem 15. März 2017 verfassten Schreiben an die Klägerin entsprechend § 275 Abs. 1 Nr. 1 (seit dem 11. Mai 2019: Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bzw. § 275 Abs. 1c SGB V (in der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung) mit, einen Prüfauftrag von der Beklagten erhalten zu haben. Prüfgegenstand sei die Kodierprüfung (OPS 5-836.33, 5-83b.53, 5-032.02, 5-031.02). Das Schreiben ist mit „Begehung“ überschrieben, Unterlagen wurden in dem Schreiben nicht angefordert. Auf dem im gerichtlichen Verfahren vom MDK vorgelegten Computerausdruck ist als „Zustellungsbestätigung“ vermerkt „am 15.03.2017 11:09:38 […] Duration: 32 s“. 

Mit weiterem im Verlauf des Verfahrens durch den MDK vorgelegten Schreiben vom 23. März 2017 wies der MDK die Klägerin erneut auf den Prüfauftrag hin. In diesem Schreiben fehlt der Begriff „Begehung“. Stattdessen wird die Klägerin darin aufgefordert, zum Zwecke der Prüfung konkret aufgelistete Unterlagen vorzulegen. Auch der Computerausdruck dieses Schreibens weist eine „Zustellungsbestätigung“ auf, und zwar wie folgt: „am 15.03.2017 11:21:43. Pages: 1. Duration: 31 s“.

Unterlagen wurden seitens der Klägerin in der Folge nicht vorgelegt. Unter dem 19. Mai 2017 gab der MDK den Prüfauftrag unter Hinweis hierauf an die Beklagte zurück.

Die Beklagte nahm daraufhin Aufrechnungen mit unstreitigen Vergütungsansprüchen der Klägerin aus anderweitigen Behandlungsfällen in Höhe des strittigen Betrags von 15.879,57 € vor. 

Mit Schreiben vom 29. Mai 2017 teilte sie ihre Entscheidung der Klägerin mit. Die Klägerin habe die von dem MDK angeforderten Unterlagen nicht innerhalb von acht bzw. vierzehn Wochen nach Zugang der Unterlagenanforderung übersandt. Die Beklagte habe die Abrechnung entsprechend der von ihr angemerkten Auffälligkeiten korrigiert und gemäß § 7 Abs. 2 PrüfvV den strittigen Rechnungsbetrag verrechnet. Daraus resultiere ein Erstattungsanspruch in Höhe von 15.879,57 €, den sie gemäß § 10 PrüfvV aufgerechnet habe (unter Verweis auf den beigefügten Zahlungsavis). Das Prüfverfahren sei damit beendet. 

Die Klägerin widersprach dem Leistungsentscheid unter Verweis darauf, dass eine Unterlagenanforderung durch den MDK nicht erfolgt sei. Sie habe lediglich zwei identische Schreiben erhalten, nach denen die MDK-Prüfung im Rahmen einer Begehung habe erfolgen sollen. Damit werde der Fall in die Begehungskategorie einsortiert und es würden keine Unterlagen verschickt. Eine neue MDK-Prüfung werde akzeptiert.

Am 23. Dezember 2019 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Marburg gerichtet auf die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des verrechneten Betrages nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20. Juni 2017 an sie. Zur Begründung trug sie vor, dass nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung und dem damals verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand der Krankenhausärzte - ex ante - die Krankenhausbehandlung im gesamten Behandlungszeitraum medizinisch erforderlich und begründet gewesen sei. Insbesondere zeige sich ihre Abrechnung hinsichtlich Kodierung und Verweildauer korrekt und auf Grundlage der Abrechnungsbestimmungen erstellt. Eine Unterlagenanforderung sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Sie habe zwei gleichlautende Prüfanzeigen der Beklagten am 15. März 2017 um 11:09:07 Uhr und um 11:20:44 Uhr erhalten. In diesen (identischen) Schreiben sei eindeutig eine Begehung beschrieben. Mit keinem Wort sei eine Unterlagenübersendung begehrt worden. Die Prüfanzeige des MDK vom 23. März 2017 habe sie nicht erhalten. Die von dem MDK hierzu vorgelegte Zustellungsbestätigung datiere auf den 15. März 2017, acht Tage vor Erstellung des Schreibens. Das sei widersprüchlich. Die Klägerin legte mit der Patientenakte auch Kopien der von ihr am 15. März 2017 empfangenen Faxe vor, die jeweils dem durch den MDK vorgelegten Anschreiben vom 15. März 2017 entsprechen. Die vorgenannten Empfangszeitpunkte sind dort in der durch das Faxgerät erzeugten Kopfzeile genannt.

Die Beklagte verblieb demgegenüber dabei, dass die Klägerin es unterlassen habe, dem MDK auf Anforderung Unterlagen zur Überprüfung der Rechnung zu übersenden, so dass die Rechtsfolge des § 7 Abs. 2 PrüfvV gelte, der ausweislich der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist enthalte. Vor diesem Hintergrund erfolge von ihrer Seite keine weitergehende Überprüfung der Patientenakte dahin, ob der von der Klägerin beanspruchte Vergütungsanspruch zutreffend sei. Das Schreiben des MDK vom 23. März 2017, mit dem dieser diverse Unterlagen angefordert habe, sei per Fax erfolgreich übersandt worden, was die elektronische Zustellbestätigung belege. 

Das Sozialgericht gab der Klage mit Gerichtsbescheid vom 19. März 2021 statt. Der Klägerin stehe der geltend gemachte Vergütungsanspruch zu. Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung der Versicherten K. analog § 387 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Aufrechnung zu erklären. Es fehle an einem solchen Erstattungsanspruch. Das Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V (seit dem 11. Mai 2019: Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) sei von der Beklagten zwar eingeleitet worden. Es fehle jedoch an einem Nachweis, dass die Einleitung des Prüfverfahrens auch der Klägerin bekanntgegeben worden sei und sie die strittige Anforderung der Patientenunterlagen erreicht habe. Die Beklagte trage die Beweislast für den Nachweis der Anforderung der Unterlagen, auch wenn die Anforderung durch den MDK erfolge. Eine unterlassene Prüfung durch den MDK sei im Gerichtsverfahren nicht nachholbar. Wegen nicht nachweisbarer wirksamer Einleitung eines Prüfverfahrens habe der Erstattungsanspruch nicht bestanden. Von daher könne dahinstehen, ob tatsächlich eine fehlerhafte Kodierung durch die Klägerin vorgelegen habe. 

Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung und damit korrespondierend die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entstehe – unabhängig von einer Kostenzusage – unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die vollstationäre Versorgung – wie hier – in einem zugelassenen Krankenhaus erfolge und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich sei. Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs der Klägerin sei § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V (i. d. F. durch Art. 1 Nr. 3 Gesetz zur Einführung des diagnoseorientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser <Fallpauschalengesetz - FPG> vom 23. April 2002, BGBl. I 1412) i. V. m. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (hier anzuwenden i. d. F. durch Art. 2 Nr. 5 Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz <2. FPÄndG> vom 15. Dezember 2004, BGBl. I 3429) sowie die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2015 (Fallpauschalenvereinbarung 2015 - FPV 2015) i. V. m. § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (<KHG> i. d. F. durch Art. 18 Nr. 4 GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz <GKV-WSG> vom 26. März 2007, BGBl I. 378), ergänzt durch den Krankenhausbehandlungsvertrag nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V für das Land Hessen.  Es sei zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass der Klägerin aufgrund stationärer Behandlungen anderer Versicherter der Beklagten zunächst Anspruch auf die noch strittige Vergütung i. H. v. 15.879,57 € zugestanden habe. Eine nähere Prüfung erübrige sich insoweit. Strittig sei nur, ob der Beklagten ein Erstattungsanspruch zugestanden habe und in diesem Zusammenhang, ob die Klägerin im Prüfverfahren hinreichend mitgewirkt bzw. die Beklagte überhaupt ein Prüfverfahren eingeleitet habe. 

§ 275 Abs. 1c SGB V beinhalte ein prüfrechtliches Beschleunigungsgebot. § 275 Abs. 1c Satz 1 SGB V ordne in Bezug auf die Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V an, dass eine Prüfung nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V „zeitnah“ durchzuführen sei. Dies werde in § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V für den ersten Prüfabschnitt dahin präzisiert, dass eine Prüfung spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen sei. Leite die Krankenkasse die Prüfung nicht spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei ihr ein und zeige der MDK die Einleitung der Prüfung dem Krankenhaus nicht oder nicht rechtzeitig nach § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V an, bewirke dies ein sich auch auf Gerichtsverfahren erstreckendes Beweisverwertungsverbot. Nach der vorliegend anwendbaren Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Absatz 1c SGB V (Prüfverfahrensvereinbarung – PrüfvV) gemäß § 17c Absatz 2 KHG vom 3. Februar 2016 zwischen dem GKV-Spitzenverband und der Deutschen Krankenhausgesellschaft e.V., die zum 1. Januar 2017 in Kraft getreten sei (im Weiteren: PrüfvV), sollten sich der MDK und das Krankenhaus darauf verständigen, ob die Prüfung vor Ort oder im schriftlichen Verfahren erfolge. Sei eine Verständigung nicht möglich, entscheide der MDK, ob er von seiner Befugnis nach § 276 Absatz 4 SGB V zu einer Prüfung vor Ort Gebrauch mache. In den übrigen Fällen erfolge eine Prüfung im schriftlichen Verfahren. Nach § 7 Abs. 2 PrüfvV könne bei einer Prüfung im schriftlichen Verfahren der MDK die Übersendung von Kopien der Unterlagen verlangen, die er zur Beurteilung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung sowie zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung benötige. Dabei könne sowohl der MDK die angeforderten Unterlagen konkret benennen als auch das Krankenhaus die aus seiner Sicht zur Erfüllung des konkreten Prüfauftrages erforderlichen Unterlagen ergänzen. Das Krankenhaus habe die Unterlagen innerhalb von 8 Wochen nach Zugang der Unterlagenanforderung an den MDK zu übermitteln. Die Beklagte mache einen Anspruch aus § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV (gemeint wohl: § 7 Abs. 2 Satz 6 PrüfvV) geltend. Danach habe das Krankenhaus, wenn es die Unterlagen nicht innerhalb der einschlägigen Frist übermittelte, einen Anspruch nur auf den unstrittigen Rechnungsbetrag. 

Die Beklagte trage die Beweislast für den fehlenden Nachweis des Zugangs der Unterlagenanforderung. Die Klägerin bestreite, eine Unterlagenanforderung erhalten zu haben. Der MDK habe zwar mit Schreiben vom 23. März 2017 verschiedene Krankenunterlagen angefordert. Die Beklagte könne aber nicht nachweisen, dass dieses Schreiben der Klägerin auch zugegangen sei. Die von der Beklagten vorgelegte Zustellungsbestätigung datiere auf den 15. März 2017 und damit acht Tage vor Erstellung des Schreibens. Zudem zeige die vorgelegte Zustellungsbestätigung nur die Übermittlung von einer Seite an, die Prüfanzeige des MDK vom 23. März 2017 umfasse aber zwei Seiten. Auch werde die Dauer der Übersendung mit lediglich 31 Sekunden, die Dauer der Übersendung des einseitigen Schreibens des MDK vom 15. März 2017 bereits mit 32 Sekunden angegeben. Damit könne nicht nachgewiesen werden, dass die auf den 15. März 2017 datierte Zustellungsbestätigung tatsächlich die Übermittlung des Schreibens des MDK vom 23. März 2017 betreffe. Von daher komme es auch nicht darauf an, welcher Beweiswert einem Faxsendebericht beizumessen sei. Die Beklagte habe mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 15. Februar 2021 eingeräumt, dass weitere Unterlagen und Informationen über die Sendungsmodalitäten nicht zur Verfügung stünden. 

Die Beweislast für den Nachweis für den Zugang der Unterlagenanforderung durch den MDK trage die Beklagte. Soweit die Unterlagenanforderung durch den MDK erfolge, sei ihr dies zuzurechnen. Eine Begrenzung der gerichtlichen Amtsermittlungspflicht sei nach § 103 SGG geboten, soweit das Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V verspätet eingeleitet worden und deshalb eine Prüfung durch den MDK nach § 276 Abs. 2 Satz 2 SGB V ausgeschlossen sei. Dies gelte auch, wenn es an einem Nachweis für die Unterlagenanforderung durch den MDK fehle. Die PrüfvV nenne für die Anforderung der Unterlagen zwar nicht ausdrücklich eine bestimmte Frist. Die PrüfvV solle aber ein effizientes, konsensorientiertes Verfahren der Prüfungen nach § 275 Abs. 1c SGB V näher regeln (§ 1 Abs. 1 Satz 1 PrüfvV). Für die Einleitung des Prüfverfahrens gelte eine Frist von sechs Wochen (§ 4 PrüfvV). Im Rahmen eines Vorverfahrens könnten vom Krankenhaus Unterlagen in einem Zeitraum bis zu sechs Wochen nach Einleitung des Prüfverfahrens der Krankenkasse erneut zugeleitet werden. Nach Beendigung des Vorverfahrens habe die Einleitung des Prüfverfahrens spätestens nach 12 Wochen zu erfolgen (§ 6 Abs. 2 Satz 1 PrüfvV; gemeint wohl: die Beauftragung des MDK nach Einleitung des Prüfverfahrens). Insgesamt betrügen Fristen nach der PrüfvV längstens 12 Wochen. Es liege nahe, auf die Anforderung der Unterlagen die Frist von acht Wochen anzuwenden, die auch für die Übersendung der Unterlagen gelte, jedenfalls habe die Anforderung aber innerhalb einer 12 Wochen-Frist zu erfolgen. Entsprechend § 7 Abs. 2 Satz 3 PrüfvV (gemeint wohl: § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV) handele es sich auch hierbei um eine Frist, die einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist entspreche. Die Regelung von Ausschlussfristen in der Prüfverfahrensvereinbarung halte die Kammer für zulässig. Der Zinsanspruch folge aus § 10 Abs. 5 des Vertrages über die Bedingungen der Krankenhausbehandlung nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V für das Land Hessen.

Gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 26. März 2021 zugegangenen Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 23. April 2021 Berufung zum Hessischen Landessozialgericht eingelegt. Sie beruft sich darauf, dass die Einleitung des Prüfverfahrens gemäß § 4 PrüfvV ordnungsgemäß von der Beklagten selbst der Klägerin angezeigt worden sei; dies sei zwischen den Beteiligten nicht streitig. Selbst wenn der Zugang der MDK-Prüfanzeige vom 23. März 2017, die die Anforderung von Unterlagen enthalten habe, nicht nachweisbar sei, stünde jedenfalls diese Prüfanzeige durch die Beklagte selbst außer Frage. Die Unterlagenanforderung durch den MDK stehe in keinem Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Einleitung des Prüfverfahrens nach § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V i. V. m. § 4 PrüfvV. Sie werde erst in § 7 PrüfvV im Abschnitt „Durchführung“ des Prüfverfahrens konkretisiert. Die Ausschlussfrist des § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV wirke erst dann, wenn der MDK die Unterlagen angefordert habe. Damit möge es der Beklagten verwehrt sein, den Vergütungsanspruch der Klägerin allein gestützt auf die fehlende Unterlagenübersendung zu stützen. Es sei ihr aber nicht verwehrt, sich weiterhin auf inhaltliche Fehler bei der Abrechnung der Klägerin zu berufen. Sie begehre damit nicht mehr als die Prüfung des ursprünglichen Prüfauftrags. Insofern gelte: Nach § 7 Abs. 2 PrüfvV könne der Vergütungsanspruch des Krankenhauses nicht mit Unterlagen begründet werden, die der MDK in einem ordnungsgemäßen Prüfverfahren angefordert, die das Krankenhaus jedoch nicht fristgemäß vorgelegt habe. Die präkludierten Unterlagen seien als Beweismittel auch im nachfolgenden Gerichtsverfahren endgültig ausgeschlossen. Im Umkehrschluss bedeute dies, dass sämtliche Unterlagen im nachfolgenden Gerichtsverfahren zu verwerten seien, die nicht oder nicht vollständig in einem ordnungsgemäßen Prüfverfahren angefordert worden seien. Das Sozialgericht habe daher nicht einfach die Aufrechnung der Beklagten als unzulässig zurückweisen dürfen, sondern habe den medizinischen Fragestellungen nachgehen müssen.

Im Übrigen belegten die vorhandenen Zustellnachweise den Zugang der Unterlagenanforderung, so dass die Klägerin gemäß § 7 Abs. 2 PrüfvV präkludiert sei.

Die Beklagte beantragt, 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 19. März 2021 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, 
die Berufung zurückzuweisen.

Der Zugang der Unterlagenanforderung durch den MDK sei, wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt habe, nicht nachgewiesen. Die Beklagte treffe die diesbezügliche Beweislast. Dabei komme es nicht auf die Einleitung der Prüfung, sondern auf den Zugang der Unterlagenanforderung an, um die Präklusionsregelung, auf welche die Beklagte sich berufe, zum Tragen zu bringen.

Eine weitere Berücksichtigung medizinischer Fragestellungen bei der Abrechnung komme vorliegend gemäß § 8 PrüfvV 2016 nicht in Betracht. Die Regelung des § 8 Satz 3 PrüfvV 2016 gelte gemäß Satz 4 der Vorschrift als Ausschlussfrist. Die Beklagte habe vorliegend als Begründung ihrer Kürzung allein darauf abgestellt, dass die Klägerin nicht innerhalb der angeforderten Frist Unterlagen unter Berücksichtigung des § 7 Abs. 2 PrüfvV vorgelegt habe und daher ein Erstattungsanspruch bestehe, welchen sie gemäß § 10 PrüfvV mittels Aufrechnung realisiert habe. Sie könne sich nunmehr im Nachhinein nicht auf weitergehende Gründe wie den tatsächlichen medizinischen Sachverhalt oder eine fehlerhafte Kodierung berufen. Die Regelungen der Prüfverfahrensvereinbarung, insbesondere § 7 Abs. 2 PrüfvV, seien ausweislich der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage in § 17c Abs. 2 KHG ergangen (unter Verweis auf die Urteile vom 18. Mai 2021 - B 1 KR 24/20 R und B 1 KR 32/20 R -, juris). Die Regelung des § 8 Satz 3 PrüfvV wirke damit als wirksame Ausschlussfrist. Der Beklagten sei es nach Ablauf dieser Frist nicht mehr möglich, ihre wesentlichen Gründe für die Ablehnung zu modifizieren.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erteilt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, der Gegenstand der Entscheidung war, wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Der Senat konnte über die Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat die Beklagte im Ergebnis zu Recht verurteilt, an die Klägerin den Betrag in Höhe von 15.879,57 € nebst Zinsen zu zahlen. Der Klägerin steht ein entsprechender Anspruch aufgrund der Behandlung der Versicherten der Beklagten zu. Dieser Anspruch ist nicht durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung mit einer Erstattungsforderung aus dem Behandlungsfall der Versicherten K. erloschen. Ein entsprechender öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch stand der Beklagten nicht zu.

Hinsichtlich der rechtlichen Grundlagen für den Anspruch auf Vergütung stationärer Krankenhausbehandlungen verweist der Senat zunächst auf die ausführlichen und zutreffenden Darlegungen in der erstinstanzlichen Entscheidung und sieht von einer wiederholenden Darstellung ab, § 153 Abs. 2 SGG. Nach diesen Grundsätzen ist mit dem Sozialgericht davon auszugehen, dass der Klägerin der geltend gemachte und zwischen den Beteiligten unstreitige Vergütungsanspruch aus verschiedenen Behandlungsfällen von Versicherten der Beklagten zusteht. 

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dieser Vergütungsanspruch der Klägerin nicht in Höhe der Klageforderung gemäß §§ 387, 389 BGB durch Aufrechnung mit einem Erstattungsanspruch der Beklagten aus dem Behandlungsfall der Versicherten K. erloschen. Denn die Beklagte konnte einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen zu viel gezahlter Vergütung aus dem Behandlungsfall der Versicherten K. nicht mit Erfolg geltend machen. Die Voraussetzungen für die von der Beklagten gemäß § 7 Abs. 2 Satz 6 PrüfvV vorgenommene Kürzung lagen nicht vor. Mit allen sonstigen Einwendungen gegen die von der Klägerin für den Behandlungsfall der Versicherten K. geltend gemachte Vergütung ist die Beklagte gemäß § 8 Satz 4 PrüfvV ausgeschlossen.

Anwendbar ist vorliegend die mit Wirkung vom 1. Januar 2017 in Kraft getretene Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Absatz 1c SGB V (Prüfverfahrensvereinbarung – PrüfvV) gemäß § 17c Absatz 2 KHG vom 3. Februar 2016. 

Danach hat die Krankenkasse dem Krankenhaus ihre abschließende Entscheidung zur Wirtschaftlichkeit der Leistung oder zur Korrektur der Abrechnung und den daraus folgenden Erstattungsanspruch mitzuteilen, § 8 Satz 1 PrüfvV 2016, und in dem Fall, in dem die Leistung nicht in vollem Umfang wirtschaftlich oder die Abrechnung nicht korrekt war, dem Krankhaus die wesentlichen Gründe darzulegen, § 8 Satz 2 PrüfvV 2016. Die Mitteilungen sowohl der Entscheidung als solcher als auch der wesentlichen Gründe haben innerhalb von elf Monaten nach Übermittlung der Prüfanzeige nach § 6 Abs. 3 zu erfolgen, § 8 Satz 3 PrüfvV. § 8 Satz 3 PrüfvV 2016 wirkt gemäß Satz 4 der Vorschrift als Ausschlussfrist. Im Falle von Korrekturen oder Ergänzungen von Datensätzen nach § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 verlängert sich die Frist nach § 8 Satz 3 PrüfvV 2016 entsprechend, § 8 Satz 6 i. V. m. § 7 Abs. 5 Satz 6 PrüfvV 2016. Gemäß § 10 Satz 1 PrüfvV 2016 kann die Krankenkasse einen nach Beendigung des Vorverfahrens einvernehmlich als bestehend festgestellten oder nach § 8 mitgeteilten Erstattungsanspruch mit einem unstreitigen Leistungsanspruch des Krankenhauses aufrechnen.
Vorliegend hat die Beklagte der Klägerin unter dem 29. Juni 2017 und damit fristgemäß im Sinne des § 8 Satz 3 PrüfvV mitgeteilt, dass sie eine Rechnungskürzung in Höhe von 15.879,57 € vornehme und von einem entsprechenden Erstattungsanspruch ausgehe, den sie mit anderen unstreitigen Forderungen der Klägerin verrechnet habe. Dabei begründete sie ihre Entscheidung allein damit, dass die Klägerin der – behaupteten – Unterlagenanforderung des MDK nicht innerhalb der in § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV 2016 bestimmten Frist nachgekommen sei und einen Vergütungsanspruch daher gemäß § 7 Abs. 2 Satz 6 PrüfvV nur auf den unstreitigen Rechnungsbetrag habe.

Dieses Vorgehen war rechtsfehlerhaft. Die Beklagte hat sich vorliegend zu Unrecht auf die Präklusionsregelung des § 7 Abs. 2 Satz 6 PrüfvV 2016 berufen.

Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 PrüfvV kann der MDK bei einer Prüfung im schriftlichen Verfahren die Übersendung von Kopien und Unterlagen verlangen, die er zur Beurteilung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung sowie zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung benötigt. Dabei kann sowohl der MDK die angeforderten Unterlagen konkret benennen als auch das Krankenhaus die aus seiner Sicht zur Erfüllung des konkreten Prüfauftrages erforderlichen Unterlagen ergänzen, Satz 3. Das Krankenhaus hat die Unterlagen innerhalb von acht Wochen nach Zugang der Unterlagenanforderung an den MDK zu übermitteln, Satz 4; die Unterlagen müssen dem MDK innerhalb dieser Frist zugegangen sein, Satz 5. Sind die Unterlagen dem MDK nicht fristgerecht zugegangen, hat das Krankenhaus einen Anspruch nur auf den unstrittigen Rechnungsbetrag, Satz 6. Das Bundessozialgericht hat hierzu – der hiesigen erstinstanzlichen Entscheidung zeitlich nachfolgend – entschieden, dass es sich bei der Regelung des § 7 Abs. 2 PrüfvV nicht um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist, sondern um eine materielle Präklusionsnorm handele (BSG, Urteil vom 18. Mai 2021 - B 1 KR 32/20 R -, juris).

§ 7 Abs. 2 Satz 6 PrüfvV setzt voraus, dass die gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2, 3 PrüfvV von dem MDK angeforderten Unterlagen diesem nicht innerhalb von acht Wochen durch das Krankenhaus übermittelt werden. Voraussetzung hierfür ist wiederum das Vorliegen einer entsprechenden Unterlagenanforderung durch den MDK bei dem Krankenhaus. Eine solche Anforderung ist vorliegend nicht nachgewiesen. Zwar haben die Beklagte wie auch der MDK ein entsprechendes Anforderungsschreiben vom 23. März 2017 vorgelegt. Dass dieses Schreiben der Klägerin auch zugegangen ist, wurde von dieser indes mit nachvollziehbaren Argumenten bestritten und konnte von der Beklagten nicht überzeugend belegt werden. Der Senat verweist auch insoweit auf die überzeugenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer wiederholenden Darstellung ab. Ergänzend ist lediglich anzumerken, dass die von der Klägerin vorgelegten (zwei) Faxkopien des einseitigen Schreibens des MDK vom 15. März 2017 einen Zugang am 15. März 2017 um 11:09:07 Uhr bzw. 11:20:44 Uhr ausweisen, während die von der Beklagten vorgelegten Zustellungsbestätigungen für die Versendung jeweils (nur) einer Seite auf denselben Tag auf 11:09:38 Uhr bzw. 11:21:43 Uhr lauten. Zugang und zurückübermittelte Zustellungsbestätigung korrespondieren mithin in beiden Fällen. Auch dies belegt aus Sicht des Senats, dass die zweite von der Beklagten vorgelegte Zustellungsbestätigung nicht das Schreiben vom 23. März 2017, sondern die (Zweit-)Versendung des Schreibens vom 15. März 2017 betraf. Warum diese Bestätigung auf einem vom MDK vorgelegten Ausdruck des Schreibens vom 23. März 2017 angebracht ist, erklärt sich zwar auch damit nicht. Dessen Versendung kann die Zustellungsbestätigung zur Überzeugung des Senats aber jedenfalls nicht belegen.

Die Beklagte trägt das Übermittlungsrisiko für die Unterlagenanforderung und damit nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen (vgl. BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 - B 1 KR 27/13 R -, juris, Rn. 18 m.w.N.) die objektive Beweislast für den Nachweis des Zugangszeitpunkts der Unterlagenanforderung (BSG, Urteil vom 10. November 2021 - B 1 KR 9/21 R -, juris, Rn. 19). Die fehlende Feststellbarkeit des Zugangs geht daher mit ihr nach Hause. Aufgrund des fehlenden (nachweisbaren) Zugangs des Anforderungsschreibens bei der Klägerin begann die Frist des § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV nicht zu laufen und konnte ein Fristversäumnis als Voraussetzung für die in § 7 Abs. 2 Satz 6 PrüfvV 2016 bestimmte Rechtsfolge nicht eintreten. Der Beklagten steht damit kein Erstattungsanspruch deswegen zu, weil die Klägerin aufgrund eines Fristversäumnisses nach § 7 Abs. 2 Satz 6 PrüfvV 2016 nur noch Anspruch auf den unstreitigen Rechnungsbetrag hätte bzw. mit jedem eine Vergütung hierüber hinaus begründenden Vortrag präkludiert wäre. Zugleich hat die Beklagte die mit Schreiben vom 29. Juni 2017 bekannt gegebene Vergütungskürzung damit auf eine unzulässige Begründung gestützt.

Zur Überzeugung des Senats kommt eine Kürzung der Rechnung der Klägerin auch nicht mehr nachträglich unter Verweis auf sachlich-medizinische Gründe in Betracht. Denn einer entsprechenden Entscheidung steht jedenfalls die Regelung des § 8 Satz 4 PrüfvV entgegen. 

Hierbei kann der Senat offenlassen, ob es sich bei der in § 8 Satz 4 PrüfvV 2016 benannten „Ausschlussfrist“ um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist handelt oder – entsprechend § 7 Abs. 2 PrüfvV (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 18. Mai 2021 – B 1 KR 32/20 R -, juris, Rn. 10 ff., 25) – (nur) um eine Regelung, die im Sinne einer materiellen Präklusion wirkt mit der Folge, dass die Beklagte nach Ablauf der Frist eine abschließende Entscheidung nicht mehr nachholen und eine entsprechende Begründung nicht mehr vorlegen kann (vgl. hierzu LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 1. Februar 2024 - L 5 KR 357/22 KH -, juris, Rn. 33 ff.; zugelassene Revision anhängig unter dem Az. B 1 KR 8/24 R). Denn die Beklagte kann einen Erstattungsanspruch aus dem Behandlungsfall der Versicherten K. selbst dann nicht mehr geltend machen, wenn § 8 Satz 4 PrüfvV 2016 lediglich im Sinne einer materiellen Präklusionsvorschrift verstanden wird. 

Folge einer entsprechenden materiellen Präklusion ist es, dass die nach dem jeweiligen Regelungszusammenhang erforderlichen Handlungen zur Durchsetzung oder Abwehr eines Anspruchs ausgeschlossen sind (BSG, Urteil vom 18. Mai 2021 – B 1 KR 32/20 R –, juris, Rn. 17). Dies hat bei § 8 PrüfvV zur Folge, dass die Krankenkasse nach Ablauf der elfmonatigen Frist sowohl mit der Mitteilung einer (neuen) abschließenden Entscheidung zur Kürzung der Vergütung als auch mit der Vorlage einer neuen Begründung der Leistungsentscheidung ausgeschlossen ist (vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 1. Februar 2024 - L 5 KR 357/22 KH -, juris, Rn. 42). Denn die in § 8 Satz 3 und 4 PrüfvV bestimmte Ausschlussfrist erstreckt sich ausdrücklich nicht nur auf die (erstmalige) Mitteilung einer Entscheidung gemäß § 8 Satz 1 PrüfvV 2016, sondern auch auf die Darlegung der wesentlichen Gründe gemäß § 8 Satz 2 PrüfvV 2016. Nach Fristablauf ausgeschlossen ist damit aber nicht lediglich die erstmalige Begründung der Leistungsentscheidung überhaupt, sondern auch der nachträgliche Austausch der Begründung. Die Krankenkasse kann ihre Leistungsentscheidung nach Ablauf der Frist mithin nicht – wie die Beklagte dies vorliegend als Möglichkeit für sich in Anspruch nehmen will – auf gänzlich andere Gründe als die innerhalb der Frist mitgeteilten stützen (vgl. auch SG Augsburg, Urteil vom 8. Juni 2021 - S 2 KR 1006/19 -). 

Eine andere Auslegung des § 8 PrüfvV würde dem mit der Prüfverfahrensvereinbarung verfolgten Beschleunigungsgrundsatz nicht gerecht. Die Vorschriften der PrüfvV und die in ihr enthaltenen Fristen und Ausschlussfristen sind Ausfluss des prüfrechtlichen Beschleunigungsgebotes. Ebenso wie die Vorschrift des § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V sind die in der PrüfvV geregelten Fristen ein spezifischer Ausdruck der besonderen Verantwortungsbeziehungen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen im Rahmen ihres Auftrags zur stationären Versorgung der Versicherten. Die hieran Beteiligten sind in besonderer Weise einerseits auf das Vertrauen in die Ordnungsgemäßheit von Leistungserbringung und Abrechnung und andererseits auf die beschleunigte Abwicklung der in großer Zahl anfallenden Krankenhausabrechnungen angewiesen. Hieraus wurden Grenzen für die nachträgliche Abrechnungskorrektur abgeleitet, weil die Beteiligten auf den zügigen Abschluss der Leistungsabrechnung vertrauen können müssen (vgl. zu § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V: BSG, Urteil vom 16. Mai 2012 - B 3 KR 14/11 R -, juris, Rn. 28 m.w.N.). Diese Zielsetzung fordert grundsätzlich eine strikte Handhabung der den Beteiligten jeweils auferlegten Pflichten und Fristen. 

Sinn des § 8 Satz 3 PrüfvV ist es, die Dauer des Prüfverfahrens zu begrenzen; die Leistungsentscheidung nach § 8 Satz 1 PrüfvV beendet das Prüfverfahren und setzt damit Grenzen für die nachgehende Geltendmachung von Erstattungsansprüchen (vgl. SG Kassel, Urteil vom 21. September 2023 - S 14 KR 818/21 -, juris). Sie begrenzt damit zugleich den Umfang nachfolgender gerichtlicher Überprüfungen. Das Krankenhaus wird damit in die Lage versetzt zu prüfen, ob die Einlegung eines Rechtsbehelfs erfolgsversprechend ist, ohne dass es damit rechnen muss, dass im Klageverfahren die Begründung für die Kürzung ausgetauscht wird (SG Dresden, Urteil vom 24. Juni 2020 - S 38 KR 219/18 -, juris, Rn. 28). Zugleich wird die Krankenkasse daran gehindert, eine nicht rechtzeitig abgeschlossene Prüfung zeitlich ins Gerichtsverfahren zu verlagern.

Nach diesen Grundsätzen ist die Beklagte auch bei Annahme (nur) der dargelegten Präklusionswirkung mit jedweder materiell-rechtlichen bzw. medizinischen Begründung, die auf den konkreten Gegebenheiten des Behandlungsfalls der K. beruhen würde, ausgeschlossen. Die Beklagte hat ihre Leistungsentscheidung innerhalb der Elfmonatsfrist (rechtsfehlerhaft) allein mit der fehlenden Vorlage von Unterlagen durch die Klägerin und damit gestützt auf § 7 Abs. 2 Satz 6 PrüfvV begründet. Ein Austausch dieser Begründung und eine hierauf gestützte Leistungskürzung kommen danach nicht in Betracht. Zugleich scheidet eine rechtmäßige Aufrechnung gemäß § 10 Satz 1 PrüfvV aus. 

Der weiteren medizinischen Sachverhaltsaufklärung im gerichtlichen Verfahren, wie die Beklagte sie gefordert hat, bedarf es nach alledem nicht. Auch kommt es auf die Frage, ob – wovon das Sozialgericht ausgegangen ist – nicht nur für die Einleitung des Prüfverfahrens als solches, sondern auch für die Anforderung von Unterlagen durch den MDK nach § 7 Abs. 2 Satz 2 PrüfvV eine (in diesem Fall: ungeschriebene) Ausschlussfrist existiert, nicht mehr an. 

Hinsichtlich der Entscheidung über die geltend gemachten Zinsen verweist der Senat auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung, § 153 Abs. 2 SGG.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung, die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.

Die Streitwertfestsetzung erfolgt nach §§ 47, 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz. 
 

Rechtskraft
Aus
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