Das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 10.07.2023 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des gesamten Verfahrens, mit Ausnahme der Kosten des Beigeladenen, zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens gem. § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) um die Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen als Fahrer bei Rallye-Rennen im streitigen Prüfungszeitraum vom 01.01.2015 bis zum 31.12.2018.
Die Klägerin ist Importeurin von Fahrzeugen der Marke S. Ihr alleiniger Geschäftszweck ist der Vertrieb von solchen Fahrzeugen auf dem deutschen Markt. Zur Steigerung der Markenbekanntheit und der Formung eines verkaufsfördernden Images nehmen die Unternehmensgruppe bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen nach eigenen Angaben seit über 100 Jahren an Motorsportwettbewerben teil. Unter anderem organisierte sie die Teilnahme von S.-Fahrzeugen an diversen Rallye-Sport-Rennen. In diesem Zusammenhang war der Beigeladene im Zeitraum von 2015 bis mindestens 2019 als Rennsportfahrer für die Klägerin tätig. Im Zeitraum bis 2018 war durchgängig Herr C. sein Beifahrer. Bezogen auf den vorliegenden Rechtsstreit schlossen die Klägerin und der Beigeladene jeweils für die Kalenderjahre 2015 bis 2018 Fahrerverträge.
Der Vertrag für das Jahr 2015, abgeschlossen am 27.03.2015, hat auszugsweise folgenden Inhalt, wobei „SAD“ für die Klägerin steht:
§ 1 Vertragsgegenstand
(1) Während der Laufzeit dieses Vertrages verpflichtet sich D. (der Fahrer), exklusiv als Fahrer für das Team „S. AUTO Deutschland" SAD (das „Team") zur Verfügung zu stehen. SAD und der Fahrer nehmen mit einem S. H. / G. (das „Fahrzeug") an ausgewählten deutschen und internationalen Rallye-Meisterschaftsläufen („Veranstaltungen") gemäß Bestimmungen des vorliegenden Vertrags teil.
(2) Der Fahrer und SAD wählen gemeinsam einen erfahrenen Beifahrer zur Begleitung und Teilnahme an den Wettbewerben, Veranstaltungen, Tests und PR-Veranstaltungen sowie bei allen Arten von Veranstaltungen wie von SAD gefordert, aus. Der ausgewählte Beifahrer sollte ähnliche grundlegende Verpflichtungen haben wie der Fahrer in diesem Vertrag und es muss an SAD berichtet werden bzw. Bericht erstattet werden. Der Fahrer trägt die gleiche Verantwortung für den Beifahrer, wie für sich selbst.
(3) SAD teilt dem Fahrer die Teilnahme an einer bestimmten Veranstaltung, bis spätestens 3 Wochen vor dem Start der entsprechenden Veranstaltung, mit. Die Teilnahme an anderen Veranstaltungen kann zwischen den Parteien zusätzlich vereinbart werden und bedarf der Schriftform.
(4) SAD sorgt dafür oder vermittelt, dass die für die Teilnahme des Teams an jeder Veranstaltung (gegebenenfalls einschließlich der entsprechenden Tests vor der Veranstaltung) erforderlichen Services von angegliederten Unternehmen zur Verfügung gestellt werden - d.h. S. H. / G. in Wettbewerbsversion, Personal und Serviceparkeinrichtungen sowie Catering für das Team.
§ 2 Verpflichtungen des Fahrers
(1) Der Fahrer erklärt und garantiert, dass er im Besitz aller erforderlichen und gültigen Lizenzen, Genehmigungen und Bescheinigungen (z.B. Fahrerlaubnis, FIA-Lizenz, usw.) ist, um seinen Verpflichtungen gemäß vorliegendem Vertrag nachzukommen. Der Fahrer stellt SAD entsprechende Kopien zur Verfügung.
(2) Während der Testfahrten und der Motorsportveranstaltungen muss der Fahrer die Bestimmungen und Anweisungen von SAD, seinem Management und Vertretern sowie die FIA-Bestimmungen, beachten.
(3) Für die Dauer des vorliegenden Vertrages verpflichtet sich der Fahrer, an gefährlichen Sportarten wie Motorradfahren, Skifahren, Drachenfliegen, Kartfahren usw., nur nach vorherigem schriftlichem Einverständnis durch SAD teilzunehmen. Mountainbiking und Rennradfahren nur zu Trainingszwecken sind erlaubt.
(4) Zum Zweck der Vertragserfüllung verpflichten sich beide Parteien zu einer kontinuierlichen, engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit. In Ausübung seiner Aktivitäten muss der Fahrer allen besonderen internen Interessen oder Belange von SAD Beachtung schenken.
(5) Sollte es dem Fahrer nicht möglich sein, aus gutem Grund (z.B. Krankheit, Verletzung, usw.) an einer Veranstaltung oder einem vereinbarten Termin teilzunehmen, so muss der Fahrer SAD so schnell wie möglich informieren.
(6) Die Teilnahme an Motorsportveranstaltungen, die nicht Bestandteil des vorliegenden Vertrages sind sowie der Abschluss weiterer Sponsorenvereinbarungen unterliegen der vorherigen schriftlichen Genehmigung durch SAD. Jeder Verstoß gegen diese Verpflichtung wird als berechtigter Grund für die sofortige Kündigung des vorliegenden Vertrages angesehen.
§ 3 Zusammenarbeit zwischen dem Fahrer und SAD in Bezug auf Branding und Werbung
[…] (2) Die Anbringung weiterer Marken und persönlichen Sponsoren unterliegt der schriftlichen Genehmigung durch SAD. [..]
(3) […] Fahrer sowie Beifahrer tragen S. AUTO Deutschland Overalls. Die Ausführung des Brandings des Servicebereichs, der Overalls, Helme, Fahrzeuge und andere Kennzeichnungen des Teams, liegen im alleinigen Ermessen von SAD. […]
§ 4 Fahrertraining, Gesundheit und Fitness
[…] (2) Der Fahrer verpflichtet sich, jederzeit bei allen Veranstaltungen in körperlicher Top-Form zu erscheinen. Zu diesem Zweck muss sich der Fahrer regelmäßigen ärztlichen Untersuchungen, physiotherapeutischen Maßnahmen unterziehen und an entsprechenden Fitness-Trainings mit anerkannten Trainern teilnehmen, die in Zusammenarbeit mit SAD anerkannt oder von SAD vorgeschlagen sind. Der Fahrer verpflichtet sich, an allen Fitness-Programmen teilzunehmen, die durch SAD für das Team organisiert und durchgeführt werden.
(3) SAD hat das Recht, die Fitness des Fahrers durch medizinische Kontrolluntersuchungen, die durch von SAD entsprechend beauftragten Einrichtungen durchgeführt werden, überprüfen zu lassen und gegebenenfalls solche medizinischen Kontrolluntersuchungen auch mehrmals jährlich durchführen zu lassen, damit ein beständiger Leistungsstandard sichergestellt ist. […]
§ 5 Vergütung
(1) Für seine Leistungen gemäß vorliegendem Vertrag erhält der Fahrer keine Barvergütung.
(2) Während der Laufzeit des vorliegenden Vertrages stellt SAD dem Fahrer ein S. Fahrzeug (das „Fahrzeug") zur Verfügung. Der Fahrer kann ein bestimmtes Modell oder bestimmte Ausstattungen beantragen, die endgültige Entscheidung liegt jedoch bei SAD. Die einzelnen Nutzungsbedingungen werden in einem separaten Vertrag, der vor Übergabe des Fahrzeugs abgeschlossen wird, geregelt.
(3) Der Fahrer ist für alle fälligen Steuern hinsichtlich der Nutzung des Fahrzeuges gemäß vorstehendem Absatz verantwortlich und stellt SAD alle angeforderten oder entsprechenden Dokumente in diesem Zusammenhang zur Verfügung.
(4) Nach Ablauf des vorliegenden Vertrages muss das Fahrzeug unverzüglich an SAD zurückgegeben werden.
§ 6 Reisen / Spesen
SAD übernimmt die Reisekosten des Fahrers in Zusammenhang mit der Erfüllung des vorliegenden Vertrages. In der Regel übernimmt SAD die Reiseplanungen. Falls SAD die Reiseplanungen nicht übernimmt, erstattet SAD die Reisekosten in der Höhe, wie zuvor schriftlich oder in Textform vereinbart. […]
§ 7 Trophäen, Bonuszahlungen und Preisgeld
(1) Alle Pokale, Trophäen und andere Preise, die der Fahrer in Ausübung seiner Verpflichtungen gemäß vorliegendem Vertrag gewinnt, bleiben im Besitz von SAD […]
§ 8 Freiberufliche Tätigkeiten
Beide Parteien stimmen darin überein, dass dieser Vertrag keinen Anstellungsvertrag zwischen SAD und dem Fahrer darstellt. Durch vorliegenden Vertrag wird kein Angestelltenverhältnis gegründet, das der Sozialversicherungspflicht unterliegt. Der Fahrer übt seine Aktivitäten unabhängig und auf eigene Verantwortung [aus] unter Nutzung seiner besonderen Talente und seiner allgemeinen ausgezeichneten Fähigkeiten, aus. Mit Ausnahme der in Zusammenhang mit seinen Aktivitäten für SAD stehenden erforderlichen Koordination, ist er nicht an die Anweisungen von SAD gebunden.
§ 9 Allgemeine Verpflichtungen zur Zusammenarbeit
[…] (2) Weiterhin ist der Fahrer verpflichtet, auf Anfrage für Fragen und Veranstaltungen zur Verfügung zu stehen und alle Fragen ordnungsgemäß nach bestem Wissen und mit der gleichen Sorgfalt zu beantworten, als würde es sich um seine eigene Angelegenheit handeln.
(3) Der Fahrer darf, nach vorheriger schriftlicher Freigabe durch SAD, innerhalb der Volkswagen AG weitere Verträge (z.B. Repräsentanten-Verträge) abschließen und für Marken und Gesellschaften der Volkswagen AG tätig sein. Der Fahrer stimmt rechtzeitig vorher ggf. anfallende Termine mit SAD ab, wobei SAD die abschließende Entscheidung obliegt. Verträge oder Tätigkeiten mit/für andere Marken/Automobilherstellern, außer der der Volkswagen AG, sind nicht zugelassen.
§ 11 Vertragsdauer
(1) Dieser Vertrag tritt am 1. Januar 2015 in Kraft und endet am 31. Dezember 2015. SAD hat die Option, den Vertrag durch schriftliche Mitteilung an den Fahrer bis zum 30. November 2015 für eine zusätzliche Dauer von einem Jahr zu verlängern (d.h. bis 31. Dezember 2016).
Die Anlage 1 des Vertrages enthält sinngemäß eine Abtretungserklärung des Beigeladenen unter anderem hinsichtlich seiner urheberrechtlichen Nutzungsrechte, die im Zusammenhang mit der Teilnahme an Rallye-Veranstaltungen entstehen.
Die Verträge für das Kalenderjahr 2016 (abgeschlossen am 18.01.2016) und 2017 (abgeschlossen am 21.10.2016) sind im Wesentlichen wortgleich mit den vorherigen.
Der Vertrag für das Jahr 2018 (abgeschlossen am 03.04.2018) ist abweichend strukturiert. Er enthält auszugsweise folgende Bestimmungen:
Präambel
Der Fahrer hat mit seinem Beifahrer C. für SAD 2016 und 2017 die Deutsche Rallyemeisterschaft gewonnen. Im Auftrag von SAD soll der Fahrer nun in ausgewählten Läufen um den U-28-Titel in der FIA Rallye-Europameisterschaft (ERC) kämpfen. Darüber hinaus wird der Fahrer SAD bei repräsentativen Anlässen als Markenbotschafter mit dem Ziel zur Verfügung stehen, das Image der Marke S. auf dem deutschen Markt ebenso wie mit seinen Rallye-Einsätzen weiter zu stärken.
§1 Vertragsgegenstand
1. Der Fahrer startet in der Saison 2018 bei ausgewählten Läufen in der FIA Rallye-Europameisterschaft (ERC) mit dem Ziel, den Titel in der U-28 Wertung für SAD zu holen. Einsatzfahrzeug ist ein S. G. Zur ERC 2018 zählen folgende Veranstaltungen, an denen der Fahrer für SAD teilnehmen wird:
[Aufzählung]
2. Außerdem steht der Fahrer SAD während der Vertragslaufzeit bei maximal 30 Tagen als Repräsentant für Promotion- und Öffentlichkeitsarbeit oder für Testfahrten zur Verfügung. Ab dem 31. Tag werden Termine mit einem Tagessatz von 400 Euro abgerechnet. Bereits vereinbarte Termine sind:
[Aufzählung]
3. Für weitere nationale und internationale Rallye-Einsätze, Produktvorstellungen und Messen sowie Veranstaltungen steht der Fahrer SAD nach rechtzeitiger vorheriger Absprache (mindestens vier Wochen vor dem Einsatztermin) zur Verfügung.
§ 2 Exklusivität
Der Fahrer versichert, dass er während der Vertragslaufzeit für keinen anderen Automobilhersteller oder ein anderes Motorsport-Team direkt oder indirekt tätig sein wird. Andere Tätigkeiten sind nach Abstimmung mit SAD möglich.
§ 3 Rechte und Pflichten
[…] 1. Als Experte unterstützt er [der Fahrer] SAD bestmöglich mit seiner Fachkenntnis.
2. Er ist verpflichtet, als Repräsentant der Marke S. entsprechende Teamkleidung, die von SAD festgelegt wird, unter Verwendung von Logos der Marke S. zu tragen. […]
4. Der Fahrer stimmt zu, dass SAD seine Teilnahme an Meisterschaften und sonstigen Veranstaltungen gemäß §1 Ziffer 2 und 3 für Marketing und Werbezwecke nutzt. Der Fahrer gibt zu diesem Zweck die Erklärung gemäß Anlage B zur Nutzung seines ideellen Eigentums ab.
5. Der Fahrer hat das Recht, persönliche Sponsoren nach vorheriger Absprachen mit SAD an der definierten Stelle (s. Anlage 1) zu präsentieren. Partner mit denen der Fahrer wirbt, dürfen in keinerlei Konkurrenz zu Partnern von SAD stehen. Der Fahrer verpflichtet sich vor einer Zusammenarbeit mit einem Werbepartner diese bei SAD zur Prüfung anzuzeigen. SAD hat grundsätzlich immer das Recht einen Werbepartner abzulehnen.
§ 4 des Vertrages enthält einen Haftungstatbestand zu Lasten des Beigeladenen.
§ 5 Vergütung
1. Der Fahrer erhält für seine vertraglichen Leistungen gemäß §1 dieses Vertrages eine jährliche Vergütung in Höhe von pauschal € 30.000 (in Worten: dreißigtausend Euro) ggf. zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer.
Dieses Honorar umfasst die vereinbarten Termine/Veranstaltungstage gemäß §1.
Der Fahrer ist verpflichtet, jeweils eine ordnungsgemäße Rechnung an SAD zu stellen […] Der Fahrer ist verpflichtet, für eine ordnungsgemäße Versteuerung der Vergütung sowie ggf. das Abführen von Sozialabgaben selbst Sorge zu tragen. […]
2. Zusätzlich zu diesem Honorar erhält der Fahrer für die Teilnahme an den ERC-Läufen eine erfolgsbezogene Prämie wie folgt:
[Tabelle]
3. Zur Erfüllung des vorliegenden Vertrages übernimmt SAD in der Regel die Reiseplanungen und -kosten, […]
§ 9 Schlussbestimmungen
[…] 4. Die Parteien sind sich darüber einig, dass mit Abschluss und Durchführung dieses Vertrages weder ein Arbeitsverhältnis noch ein sonstiges sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis begründet wird. […]
Anlage A zum Fahrervertrag 2018 enthält auszugweise folgende Bestimmungen:
1. Grundsätzliches
Während der Laufzeit dieses Vertrages verpflichtet sich der Fahrer exklusiv für das Team von SAD zur Verfügung zu stehen. SAD und der Fahrer nehmen mit einem S. G. (hier: „das Fahrzeug“) an ausgewählten deutschen und internationalen Rallye-Meisterschaftsläufen (hier: Veranstaltungen) gemäß Bestimmungen des vorliegenden Vertrags teil.
SAD teilt dem Fahrer die Teilnahme an einer bestimmten Veranstaltung bis spätestens drei Wochen vor dem Start der entsprechenden Veranstaltung mit. Die Teilnahme an weiteren Veranstaltungen kann zwischen den Parteien zusätzlich vereinbart werden und bedarf der Schriftform.
SAD sorgt dafür oder vermittelt, dass die für die Teilnahme des Fahrers an jeder Veranstaltung (gegebenenfalls einschließlich der entsprechenden Tests vor der Veranstaltung) die erforderlichen Services von angegliederten Unternehmen zur Verfügung gestellt werden.
2. Verpflichtungen des Fahrers
[…] Für die Dauer des vorliegenden Vertrages verpflichtet sich der Fahrer, an gefährlichen Sportarten wie Motorradfahren, Skifahren, Drachenfliegen usw., nur nach vorherigem schriftlichem Einverständnis durch SAD teilzunehmen. Kartfahren, Mountainbiking sowie Rennradfahren sind nur zu Trainingszwecken gestattet.
Zum Zweck der Vertragserfüllung verpflichten sich die Vertragspartner zu einer kontinuierlichen, engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit. In Ausübung seiner Aktivitäten muss der Fahrer allen besonderen internen Interessen oder Belangen von SAD Beachtung schenken.
Sollte es dem Fahrer nicht möglich sein, aus gutem Grund (z.B. Krankheit, Verletzung, usw.) an einer Veranstaltung oder einem vereinbarten Termin teilzunehmen, so muss SAD so schnell wie möglich schriftlich informiert werden.
Die Teilnahme an Motorsportveranstaltungen, die nicht Bestandteil des vorliegenden Vertrages sind sowie der Abschluss weiterer Sponsoren-vereinbarungen unterliegen der vorherigen schriftlichen Genehmigung durch SAD.
3. Branding und Werbung
[…] Die Anbringung weiterer Marken und persönlicher Sponsoren unterliegt der schriftlichen Genehmigung durch SAD. Eventuelle Einnahmen aus diesen Vereinbarungen werden zu 100% für die Rallyeaktivitäten eingesetzt und stehen nicht dem Fahrer persönlich zur Verfügung. […]
Der Fahrer trägt ebenfalls einen SAD Overall. Die Ausführung des Brandings des Servicebereichs, der Overalls, Helme, Fahrzeuge und andere Kennzeichnungen des Teams liegen im alleinigen Ermessen von SAD.
Der Fahrer stimmt zu, dass SAD die Teilnahme des Fahrers für Marketing- und Werbezwecke nutzt. Der Fahrer gibt zu diesem Zweck jeweils die Erklärung gemäß Anhang B zur Nutzung ihres jeweiligen ideellen Eigentums ab. […]
4. Fahrertraining, Gesundheit und Fitness
[…] Zu diesem Zweck muss sich der Fahrer regelmäßigen ärztlichen Untersuchungen und physiotherapeutischen Maßnahmen unterziehen und an entsprechenden Fitness-Trainings mit anerkannten Trainern teilnehmen, die in Zusammenarbeit mit SAD anerkannt oder von SAD vorgeschlagen sind. Der Fahrer verpflichtet sich, an allen Fitness-Programmen teilzunehmen, die durch SAD für das Team organisiert und durchgeführt werden.
SAD hat das Recht, die Fitness der Fahrer durch medizinische Kontrolluntersuchungen, die durch von SAD entsprechend beauftragten Einrichtungen durchgeführt werden, überprüfen zu lassen und gegebenenfalls solche medizinischen Kontrolluntersuchungen auch mehrmals jährlich durchführen zu lassen, damit ein beständiger Leistungsstandard sichergestellt ist. […]
5. Trophäen, Bonuszahlungen und Preisgeld
Alle Pokale, Trophäen und andere Preise, die der Fahrer in Ausübung seiner Verpflichtungen gemäß vorliegendem Vertrag gewinnt, bleiben im Besitz von SAD.
6. Freiberufliche Tätigkeiten
Beide Parteien stimmen darin überein, dass dieser Vertrag keinen Anstellungsvertrag zwischen SAD und dem Fahrer darstellt. Durch vorliegenden Vertrag wird kein Angestelltenverhältnis gegründet, das der Sozialversicherungspflicht unterliegt. […]
Die Klägerin selbst unterhielt oder unterhält ein Rennsportteam, wobei sie für einen Teil der Aufgaben auch externe Unternehmen hinzuzog. Das Team oder externe Unternehmen im Auftrag der Klägerin kümmerten sich im Vorfeld der Wettbewerbe um die Organisation für die Austragungsorte, zum Teil auch um die Buchung der Übernachtungsstätten für den Beigeladenen, ohne diese vorher mit ihm abzustimmen. Je nach Rallye musste sich der Beigeladene entweder selbst mit dem S.-Fahrzeug für das Rennen anmelden, oder aber die Anmeldung musste durch die Klägerin erfolgen. Sämtliche Reisekosten übernahm die Klägerin.
Der Beigeladene und sein Beifahrer reisten zu den Austragungsorten der Wettbewerbe jeweils an einem Donnerstag, gegen Mittag, an. Dann fanden Einstellfahrten mit dem Rallye-Fahrzeug statt. Freitags, tagsüber, fanden Streckenbesichtigungen statt. Der Beifahrer analysierte dabei die Strecken-Charakteristika in Absprache mit dem Beigeladenen im Hinblick auf die Rennstrategie. Entweder freitagsabends oder am Samstag fand das eigentliche Rennen statt. Samstags erfolgte auch die Preisverleihung. Sonntags erfolgte die Abreise. Am Montag oder Dienstag erfolgte zwischen dem Beigeladenen und seinem Beifahrer eine Nachbesprechung.
Am Austragungsort der Wettbewerbe waren neben dem Beigeladenen und seinem Beifahrer verschiedene Personen tätig. Es gab jeweils einen zentralen Servicepoint für das S.-Team. Ein externer Anbieter, das Unternehmen E. Rallye & Racing GmbH (ERR), stellte dort ein technisches Team, bestehend aus Mechanikern und Ingenieuren, die Einstellungen am Fahrzeug, Reparaturen und weitere technische Arbeiten vornahmen. Dieses Team war bei der Planung der Strategie für ein Rennen eingebunden und legte hierbei organisatorische Abläufe mit fest. Grundlage hierfür bildeten gemeinsame Vorbesichtigungen der Strecke. Das technische Team nahm auch Einstellungen am Fahrzeug, bezogen auf die jeweilige Strecke, vor. Außerdem fanden durch den Teamkoordinator von ERR laufend Abstimmungen mit dem Beigeladenen statt. Er kümmerte sich darum, welche Termine und Maßnahmen der Beigeladene und ggf. sein Beifahrer wahrzunehmen hatten. Im Auftrag der Klägerin wurde durch weitere externe Anbieter Catering und andere Aufgaben der Daseinsvorsorge bereitgestellt.
Vor Ort war jeweils ein Marketingmitarbeiter der Klägerin, der insbesondere den Kontakt zu Presse- und Medienvertretern, geladenen Gästen, Vertragshändlern etc. herstellte. In der Regel fanden an den Renntagen Pressetermine statt, an denen der Beigeladene typischerweise, aber nicht immer, teilnahm.
Die Rennen selbst erfolgten – wie im Rallye-Sport üblich – dergestalt, dass der Beifahrer aus dem gemeinsam mit dem Fahrer, also dem Beigeladenen, erstellten Aufschrieb, genannt Pace-Notes oder Gebetsbuch, präzise und sekundengenaue Anweisungen zur Steuerung des Fahrzeugs gab und der Beigeladene sie sofort exakt nachvollzog.
Die Vergütung des Beigeladenen durch die Klägerin erfolgte durch die Klägerin nach entsprechender Rechnungsstellung. In den Jahren 2015 und 2016 erhielt der Beigeladene von der Klägerin keine Vergütung, wie im Vertrag auch vorgesehen. Im Jahr 2017 erhielt der Beigeladene von der Klägerin eine Grundvergütung in Höhe von 35.000 € und Prämienzuwendungen in Höhe von 21.820,56 €. Im Jahre 2018 erhielt der Beigeladene von der Klägerin ein Grundentgelt in Höhe von 30.000 € und weitere Prämienzuwendungen in Höhe von 9.800 €. In den Jahren 2015 bis 2017 stellte die Klägerin dem Beigeladenen vertragsgemäß ein Kraftfahrzeug zur Eigennutzung zur Verfügung.
Wie im Laufe des Berufungsverfahrens unstreitig geworden ist, erfolgten im hier zu beurteilenden Zeitraum keine Zahlungen des Beigeladenen an den Beifahrer. Der Beifahrer wurde unmittelbar durch die Klägerin, entsprechend dem bilateral zwischen diesen beiden bestehenden Vertrag, vergütet.
Der Beigeladene war im streitigen Zeitraum privat krankenversichert.
Mit Schreiben vom 14.06.2019 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Statusfeststellung für den sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen und übersandte den entsprechenden ausgefüllten Formularbogen der Beklagten sowie weitere Unterlagen.
Nach weiterem Informationsaustausch zwischen Beklagter und Klägerin sowie einer Anhörung zur bevorstehenden Entscheidung stellte die Beklagte mit Bescheid vom 07.07.2020 fest, dass in dem Auftragsverhältnis des Beigeladenen als Rallye-Fahrer bei der Klägerin vom 01.01.2015 bis zum 31.12.2018 Versicherungspflicht aufgrund abhängiger Beschäftigung in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht. Zur Begründung führte die Beklagte in dem Bescheid aus, dass die Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprächen, diejenigen, die für Selbstständigkeit sprächen, überwögen. Hieraus resultiere die festgestellte Versicherungspflicht.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 10.08.2020 Widerspruch ein, den sie näher begründete. Die Beklagte wies diesen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2020 zurück, wobei sie die Argumentation des Ausgangsbescheids, unter Berücksichtigung der im Widerspruchsverfahren durch die Klägerin vorgebrachten Aspekte, vertiefte und ergänzte.
Dagegen hat die Klägerin am 02.12.2020 Klage vor dem Sozialgericht Darmstadt erhoben.
Zur Stützung ihres Klagebegehrens hat sie sinngemäß ausgeführt, dass die Durchführung der jeweiligen Rennen Gegenstand der Vereinbarung gewesen sei, jedoch keine Organisation durch sie, die Klägerin, erfolgt sei. Sie habe auch keine Vorgaben hinsichtlich des Rennablaufes oder Einsatzpläne gemacht. Dies alles sei unverrückbar vom jeweiligen Veranstalter vorgegeben gewesen. Sie, die Klägerin, sei dort als Bewerberin und Besitzerin des Fahrzeuges aufgetreten und habe deshalb bei einem Teil der Rennen die Anmeldung selbst vornehmen müssen, aber auch dies nicht bei allen. Jedenfalls sei sie nicht als Fahrer aufgetreten. Es hätte durch sie keine Vorgabe hinsichtlich des Rennablaufs oder Einsatzplanes gegeben. Technische Einstellungen seien direkt zwischen dem Beigeladenen und dem externen Rennteam, ohne Einbeziehung der Klägerin, abgesprochen worden. Die Vorgaben habe im Grunde der Beigeladene gemacht. Er habe die jeweiligen Rennen auch eigenständig und selbstorganisiert vorbereitet. Die Entscheidung über „Ob“ und „Wann“ einer Vorbereitung habe ihm oblegen. Lediglich habe er Einvernehmen mit seinem jeweiligen Beifahrer sowie dem Rennteam ERR herstellen müssen. Auch während des Rennablaufs seien keine Vorgaben erfolgt. Nur mit dem Beifahrer hätte sich der Beigeladene abstimmen müssen. Außerhalb der Rennen, am Rande der Rennveranstaltung, habe sich der Kontakt zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen lediglich auf etwaige Presseaktivitäten beschränkt. Der Beigeladene hätte auch keinerlei Dokumentationspflichten unterlegen. Die Bereitstellung des Fahrzeuges, der Rennsportbekleidung mit S.-Emblemen und anderer Ausstattung durch die Klägerin sei der Tatsache geschuldet gewesen, dass der Kläger sich bei der Ausübung seines Sports eines Fahrzeuges der Marke S. und eben keiner anderen Marke bedient habe. Zusätzlich habe er die Möglichkeit gehabt, andere Sponsoren mit auf der Kleidung aufzunehmen. Er habe dabei ein Mitspracherecht gehabt. Der Beigeladene habe auch eigene Ausrüstung besessen, nämlich z.B. eine eigene GoPro Kamera, einen Laptop und ein Mobiltelefon. Die Klägerin habe naturgemäß mit dem Beigeladenen geworben. Er habe aber nur in sehr geringem Umfang Promotionsleistungen erbracht. Es habe sich hier um einvernehmliche Einzelfallentscheidungen gehandelt. Der Beigeladene habe selbstständig entschieden, was er im Rahmen dieser Pressekonferenzen bzw. Meetings gesagt habe und wie er sich dort als Fahrer positioniert habe.
Der Beigeladene habe in keiner persönlichen Abhängigkeit zur Klägerin gestanden, insbesondere nicht ihren Weisungen unterlegen. Insbesondere, dass ein Rallye-Fahrer sich nicht eigenständig die Rennorte und Rennzeiten der Rennläufe aussuchen könne, liege in der Natur der Sache. Es habe auch keine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin vorgelegen. So sei der Beigeladene weder in den Geschäftsräumen der Klägerin tätig gewesen noch habe er mit ihren Mitarbeitern zusammengearbeitet. Er habe auch nicht die gleiche Tätigkeit wie Mitarbeiter der Klägerin ausgeübt und sei nicht als ihr Mitarbeiter aufgetreten. Die Tätigkeit, die er ausgeübt habe, betreffe einen Sonderbereich der Klägerin, die mit ihrer Betriebsorganisation nicht zusammenhänge. Der Beigeladene habe allerdings ein unternehmerisches Risiko getragen. So habe er das finanzielle Risiko einer unterbleibenden weiteren Beauftragung getragen. Er habe Rechnungen gestellt und ein Teil des Honorars sei erfolgsabhängig bemessen gewesen. Außerdem sei der Beigeladene ausweislich der Fahrerverträge einem erheblichen Haftungsrisiko ausgesetzt gewesen. Der Beigeladene habe auch andere Auftraggeber gehabt. So habe er unter anderem für die Autohaus K. GmbH in D-Stadt entsprechende Tätigkeiten in Form von Fahrzeugüberführungen vorgenommen. Zudem sei er für die CRG Deutschland/M. u. K. GbR bei Kart-Rennen angetreten.
Mit Urteil vom 10.07.2023 hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 07.07.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2020 aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene in der Zeit vom 01.01.2015 bis zum 31.12.2018 nicht bei der Klägerin sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.
Zur Begründung hat die Kammer in ihren Entscheidungsgründen ausgeführt, versicherungspflichtig seien in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V), in der Rentenversicherung nach § 1 S. 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI), in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 S. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung (SGB III) sowie in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Eine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne gemäß § 7 Abs. 1 SGB IV sei die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Sie sei abzugrenzen von einer selbstständigen Tätigkeit. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung seien eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Die Eingliederung in den Betrieb werde deutlich an der Unterordnung unter ein vor allem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung umfassendes Weisungsrecht des Arbeitgebers, das dieser auch an andere Personen weitergeben könne. Es müsse eine fremdbestimmte Leistung verbleiben, die Dienstleistung also zumindest in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung eines Betriebes aufgehen. Sei ein Weisungsrecht nicht vorhanden, könne der Betreffende seine Tätigkeit also im Wesentlichen frei gestalten, insbesondere über die Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit frei verfügen, oder füge er sich nur in die von ihm selbst vorgegebene Ordnung des Betriebes ein, liege keine abhängige, sondern eine selbstständige Tätigkeit vor, die zudem regelmäßig durch ein Unternehmerrisiko gekennzeichnet sei. Ein Unternehmerrisiko, das abzugrenzen sei von einem bloßen Einkommensrisiko, kennzeichne sich durch weitere Aufwendungen, die der Gefahr unterlägen, frustrierte Investitionen zu werden, sofern sich eine unternehmerische Hoffnung nicht realisiere. Dies sei beispielsweise der Fall, wenn eigene Betriebsmittel beschafft oder eigene Angestellte fest eingestellt würden (vgl. dazu Bay. LSG, Urteil vom 18.5.2004, L 5 KR 167/01, zitiert nach Juris Rn. 19, 22). Einem Unternehmerrisiko stehe stets eine Unternehmerchance gegenüber. Unter einer Unternehmerchance sei die unmittelbare Teilhabe am Unternehmenserfolg, vor allem durch Beteiligung am Gewinn zu verstehen. Indizien für eine weisungsfreie und deshalb unternehmerische Tätigkeit seien ferner das Fehlen eines schriftlichen Anstellungsvertrages sowie abweichende Tätigkeitsregelungen im Vergleich zu den übrigen Arbeitnehmern (Reiserer, BB 1999, 2026, 2028). Die Kriterien für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit seien gegeneinander abzuwägen. Jedes Kriterium habe indizielle Wirkung. Entscheidend sei, welche Merkmale überwögen (vgl. zur Definition der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung BSG, Urteil vom 28.11.1990, Az.: 5 RJ 87/89; vgl. auch Müller in Causa Sport 2007, 12 ff.). Maßgeblich sei das Gesamtbild der Tätigkeit. Dabei komme es für die Frage, ob eine abhängige Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit vorliege, vorrangig auf die tatsächliche Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses an, die vertraglich vereinbarte Rechtslage sei demgegenüber nachrangig, wenn auch Ausgangspunkt der Beurteilung und unter dem Aspekt der Privatautonomie zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 28.11.1990, 5 RJ 87/89; Urteil vom 08.08.1990, Az.: 11 Rar 77/89 und Urteil vom 30.01.1990, 11 Rar 47/88; LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 26.10.2005, L 5 KR 86/04; SG Speyer, Urteil vom 13.12.2006, S 7 RI 462/06; die Definition stimme - zumindest in Grenzbereichen - nicht völlig überein mit dem Arbeitnehmerbegriff des BAG, vgl. Kasseler Kommentar/Seewald, § 7 SGB IV Rn. 9 und Rn. 126 ff. mit umfangreichen weiteren Nachweisen). Nachdem die vorstehenden Grundsätze sodann auch hier zu beachten seien, sei zusammengefasst ausschlaggebend somit nicht in erster Linie der Wille der Vertragsparteien, eine abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit zu begründen, sondern die Gestaltung aller für das Vertragsverhältnis maßgebenden Umstände.
Bei Anwendung dieser Grundsätze habe der Beigeladene bei Durchführung seiner vertraglichen Tätigkeiten nach dem maßgeblichen Fahrervertrag im Verhältnis zu der Klägerin nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Die Kammer sei von der Selbstständigkeit des Beigeladenen überzeugt aufgrund der wiederum überwiegenden Merkmale, welche für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit sprächen. Ausgangspunkt der Betrachtung der Kammer sei der Fahrervertrag. Dieser weise keine prägenden Merkmale arbeitsvertraglicher Regelungen auf. Weder seien als zentrale arbeitsrechtliche Regelungen die Vereinbarung von Urlaubsansprüchen des Beigeladenen und eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall enthalten. Dieser Eindruck werde auch durch die in der Literatur teilweise vertretene Typisierung von Sportarten hinsichtlich der Sozialversicherungspflicht der Sportlerinnen und Sportler gestützt (vgl. etwa Müller, causa sport 2007, 12, 13). Dabei werde insbesondere eine Unterscheidung zwischen Mannschaftssportlern, die tendenziell abhängig beschäftigt seien, und Individualsportlern, die regelmäßig selbstständig seien, vorgenommen (so auch Rolfs, Sport und Sozialversicherung, 2001, S. 19; Gitter, Münchner Handbuch zum Arbeitsrecht, 2. Aufl., 2000, § 202 Rn. 5). Diese Differenzierung finde sich insbesondere auch in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung wieder (Müller, causa sport 2007, 12, 13 mit zahlreichen Nachweisen). Die Typisierung basiere insbesondere auf der Zuordnung des Einnahmerisikos durch Teilnahmeprämien oder Preisgelder einerseits und des Risikos frustrierender Auslagen für Anreise und Aufenthalt am Wettkampfort andererseits. Wesentlich für das Verständnis des Verhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen sei für die Kammer im Übrigen, dass es für den Fahrer und Beifahrer eines Rallye-Fahrzeugs bei der Teilnahme nicht nur um den Sieg in einem Rennen oder in einer bestimmten Meisterschaft gehe, sondern – aus Sicht der Sportler durchaus vordergründig – auch um die eigene Präsentation und damit auch um das eigene Fortkommen im Motorrennsport.
Im vorliegenden Fall folge die Annahme der Kammer, dass eine selbstständige Tätigkeit vorliege, dagegen vor allem aus dem Umstand, dass die Klägerin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme über kein Weisungsrecht in Bezug auf die Durchführung der Rallye-Renneinsätze verfüge, der Beigeladene hierdurch frei über seine Arbeitszeit verfügen könne, keine erkennbare Eingliederung des Beigeladenen in eine fremde Arbeitsorganisation vorliege, der Beigeladene ein hohes Maß an Verfügungsmöglichkeit über seine Arbeitskraft während der Vertragsdurchführung besessen habe und dem Merkmal der Unternehmenschance eine wichtige Bedeutung zugeschrieben werden könne.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 15.08.2023 zugestellte Urteil am 21.08.2023 vor dem Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt.
Zu deren Begründung hat sie vorgetragen, dass bereits in den Fahrerverträgen die Weisungsbefugnis der Klägerin und die Eingliederung des Beigeladenen in die betriebliche Organisation der Klägerin deutlich werde. Insbesondere habe sich der Beigeladene die Teilnahme an einzelnen Rennen nicht frei aussuchen können. Der Klägerin habe zudem vertraglich die Rechtsmacht zugestanden, verpflichtende weitere Termine einseitig durch Weisung zu bestimmen. Einzelne Promotionstermine seien bereits verpflichtend terminiert gewesen. Auch hier könne nicht von einem Mitspracherecht des Beigeladenen ausgegangen werden. Termine wie beispielsweise die Eröffnung der S. Ausstellung im DRIVE D-Stadt am 03.04.2017 oder die World Dealer Conference im November 2017 in Myanmar seien vom Organisationsgrad so umfangreich, dass auf Belange des Beigeladenen keine Rücksicht habe genommen werden können. Auch die exklusive Verknüpfung des Beigeladenen mit der Marke S. für den Zeitraum der Vertragslaufzeit zeige, dass der Rolle als Markenbotschafter keine nur untergeordnete Rolle zukomme. Diese Funktion habe primär der weiteren Etablierung der Marke S. und damit vornehmlich den Interessen der Klägerin gedient. Etwaige damit einhergehende persönliche Vorteile des Beigeladenen erschienen lediglich als Annex. Für die Einordnung als abhängige Beschäftigung sprächen unter anderem die weitreichende Einräumung von Nutzungs- und Verwertungsrechten durch den Beigeladenen gegenüber der Klägerin. Mit der Möglichkeit, dem Beigeladenen die erforderliche Zustimmung zur Teilnahme an gefährlichen Sportarten zu verweigern, konnte sie hier sogar in die persönliche Freizeitgestaltung des Beigeladenen eingreifen. Auch hätte sich der Beigeladene regelmäßigen ärztlichen Untersuchung und physiotherapeutischen Maßnahmen unterziehen und an bestimmten Fitnesstrainingsmaßnahmen teilnehmen müssen. Schließlich betont die Beklagte die rechtliche Bedeutung der Rechtsmacht, die der Klägerin vorliegend zukomme. Außerdem vermenge die Klägerin den Begriff des Beschäftigten mit dem des Arbeitnehmers.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 10.07.2023 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und betont insbesondere, dass zentraler Leistungsgegenstand des Fahrervertrages die Tätigkeit als Rennfahrer bei Rallye-Rennveranstaltungen gewesen sei. Die begleitende Tätigkeit als Markenbotschafter sei dem untergeordnet. Die seitens der Beklagten vorgetragenen Verpflichtungen seien kein Ausdruck von Weisungsgebundenheit, sondern Konkretisierung des Vertragsgegenstandes. Die Vorgaben von Zeit und Ort ergäben sich aus der Wettkampfteilnahme, die vertraglich zugesagt sei. Die vereinbarte Exklusivität der Zusammenarbeit zwischen Klägerin und Beigeladenem sei ein für beide Seiten vorteilhafte Verknüpfung zweier vermarktungsfähiger Konstrukte, der „Automobilmarke“ S. sowie dem Beigeladenen als Sportler und „Persönlichkeitsmarke“. Hier habe sich der Beigeladene aufgrund seiner Erfolge 2016 und 2017 sodann sogar in einer überlegenen Position befunden. Dass die Klägerin die Vermarktung im Einverständnis mit dem Beigeladenen übernommen habe, sei Ausdruck seiner unternehmerischen Freiheit. Auch die Einschränkungen zur Ausübung gefährlicher Sportarten und die Verpflichtung sich regelmäßigen ärztlichen Untersuchungen zu unterziehen, seien Ausdruck der unternehmerischen Freiheit, weil sie weit über das in einem Arbeitsvertrag zulässige Maß hinausgingen. Dass der Beigeladene nicht frei über Trainingstermine habe entscheiden können, liege im ausgeübten Sport, in dem es zumindest eines Renn- und eines Beifahrers bedarf, auf der Hand. Dass bei Marketingterminen ein Mitarbeiter der Klägerin anwesend war und Kontakte zu Gästen und Sponsoren hergestellt habe, sei lediglich als untergeordnete Hilfestellung einzuordnen. Ebenso sei die von der Klägerin durchgeführte Reiseplanung eine untergeordnete Hilfestellung, mit der zudem Kostenvorteile realisiert hätten werden können.
Die Bereitstellung des Fahrzeugs sei die wesentliche Aufgabe der Klägerin und für sie von zentraler Bedeutung gewesen. Der Umstand, dass Fahrer wie auch Beifahrer zur Nutzung eines Fabrikates der Klägerin verpflichtet waren, sei für das Engagement der Klägerin unerlässlich gewesen. Die Sichtbarkeit ihres Fabrikates und daher die Nutzung durch den erfolgreichen Beigeladenen sei der dem Engagement zugrundeliegende Beweggrund, ohne den das gesamte Engagement sinnentleert gewesen wäre. Losgelöst davon könne eine Bereitstellung durch den Beigeladenen auch aufgrund des erheblichen Investitionsbedarfes, der mit Anschaffung, Unterhalt sowie Einsatz des Fahrzeuges verbunden sei, nicht gefordert werden. Das Tragen von Teamkleidung sei im Rennsport üblich und erlaube hier aufgrund des umfangreichen Einsatzes externer Dienstleister keinen Rückschluss auf das Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. Der Beigeladene habe hohem unternehmerischen Risiko unterlegen. Trotz einwandfreier und herausragender Leistungen hätte, z.B. aufgrund einer unzureichenden Leistungsfähigkeit des durch die Klägerin gestellten Fahrzeuges, das Risiko bestanden, keine guten Platzierungen zu erreichen und als Fahrer und Werbepartner in der Zukunft unberücksichtigt zu bleiben. Berücksichtige man die immensen Investitionen und den Aufwand, den ein Sportler wie der Beigeladene auf sich nehmen müsse, um im Motorsport erfolgreich zu sein und in hohen Klassen zu bestehen, so stehe dies in keinem Verhältnis zu der Vergütung, die der Beigeladene in einer Saison von der Klägerin im Rahmen des streitgegenständlichen Vertragswerkes habe erhalten können. Er habe auch laufend unternehmerische Eigenkosten gehabt, zum Beispiel für ein Pressetraining, für Gesundheitsuntersuchungen und für den Erwerb einer Fahrerlizenz. Auch sei ein erheblicher Teil der Vergütung erfolgsabhängig gewesen.
Abschließend weist die Klägerin darauf hin, dass es de facto kein „S. Rallye Team“ gebe. Hinter diesem Kunstbegriff würden sich verschiedene selbstständige Unternehmer verbergen, die sich zur Verfolgung ihrer jeweiligen Betriebszwecke temporär zusammengeschlossen hätten. Dass diese Partnerschaft unter der Marke „S.“ gelaufen sei, sei ausschließlich dem von der Klägerin nicht beeinflussbaren Reglement der Rallyeveranstalter geschuldet gewesen, nicht aber einer irgendwie gearteten organisatorischen Leitungsmacht der Klägerin. Sie sei lediglich der Sponsor gewesen. Ihre Rolle habe sich im Wesentlichen auf die Zurverfügungstellung des Rallye-Fahrzeuges sowie die finanzielle Ausstattung in einer Art und Weise, die den anderen Beteiligten eine Eigenvermarktung erlaubt, beschränkt.
Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten in diesem und zwei Parallelstreitigkeiten, gemeinsam mit der Berichterstatterin eines Parallelverfahrens, am 05.09.2024 einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage durchgeführt und dabei den Beifahrer des Beigeladenen, der zugleich Beigeladener in dem Parallelverfahren ist, befragt. Hinsichtlich der Einzelheiten der Befragung wird auf das Protokoll verwiesen.
In der mündlichen Verhandlung am 24.04.2025 hat der Beklagtenvertreter den Bescheid vom 07.07.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.10.2020, ausschließlich bezogen auf den Regelungsgegenstand der Jahre 2015 und 2016 und ausschließlich bezogen auf die Feststellung des Bestehens der Versicherungspflicht in den dort benannten Zweigen der Sozialversicherung, aufgehoben.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Akten der beigezogenen Parallelverfahren L 1 BA 34/23 und L 1 BA 37/23, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte trotz Nichterscheinens des Beigeladenen entscheiden, da dieser ausweislich der Postzustellungsurkunde vom 27.03.2025 ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladen worden ist. Die Ladung erhielt den Hinweis, dass gemäß § 110 SGG, dass auch im Falle des Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann.
Die Berufung ist zulässig und begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 10.07.2023 ist aufzuheben und die Klage abzuweisen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 07.07.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.10.2020 in der Fassung des in der mündlichen Verhandlung erlassenen Teilaufhebungsbescheids ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Bei der streitgegenständlichen Tätigkeit des Beigeladenen handelt es sich um eine abhängige Beschäftigung. Bezogen auf die Jahre 2017 und 2018 unterlag der Beigeladene auch der durch die angefochtenen Bescheide festgestellten Versicherungspflicht.
Hinsichtlich der Rechtsgrundlagen und der von der Rechtsprechung angewandten Grundsätze zur Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit wird auf die zutreffenden Ausführungen im Urteil des Sozialgerichts verwiesen. Der Senat gelangt nach noch weitergehender Aufklärung des Sachverhalts allerdings zur Überzeugung, dass der vorliegende Sachverhalt die durch die Beklagte vorgenommene Bewertung trägt.
Ausgangspunkt der hier zu treffenden Statusbeurteilung ist regelmäßig der Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. u.a. BSG Urteil vom 07.06.2019, B 12 R 6/18 R, der sich der hier erkennende Senat in ständiger Rspr. angeschlossen hat, zuletzt Urteil vom 24.04.2025, L 1 BA 18/23).
Exemplarisch am Sachverhalt der Jahre 2015 und 2016 dargestellt, hatten die Parteien der zugrundeliegenden Fahrerverträge ausdrücklich die Absicht, eine freiberufliche Tätigkeit und keine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu vereinbaren. Dies ergibt sich aus der Regelung von § 8 des Vertrages. Die einzelnen vertraglichen Vereinbarungen tragen dieser Motivlage aber nicht Rechnung. Das vertragliche Verhältnis ist nämlich durch eine strukturelle Unterlegenheit mit einem prägnanten Autonomiedefizit des Beigeladenen gegenüber der Klägerin geprägt: Der Beigeladene sollte exklusiv für die Klägerin tätig sein (§ 1 Abs. 1). Tätigkeiten für andere Auftraggeber hingen von schriftlicher Genehmigung durch die Klägerin ab (§ 2 Abs. 6). Die vertragliche Gestaltung ist darauf ausgerichtet, dass der Beigeladene allenfalls Tätigkeiten innerhalb des Volkswagen-Konzerns ausübt, wobei selbst hier der Klägerin die „abschließende Entscheidung“ oblag. Diese Exklusivität beschränkt sich nicht nur auf die reine Tätigkeitsausübung, sondern auch auf die Möglichkeit des Beigeladenen, Einnahmen durch Werbemaßnahmen beziehungsweise Sponsoring zu erzielen. Die Nutzung der Sportkleidung der Klägerin während der Veranstaltungen war vorgeschrieben und die Anbringung anderer Werbeträger hing von der schriftlichen Genehmigung durch die Klägerin ab (§ 3 Abs. 2 und 3). Die vereinbarten Einschränkungen des Beigeladenen gingen dabei über die berufliche Tätigkeitsausübung hinaus. So verpflichtete sich der Beigeladene, bestimmte gefährliche Sportarten nur nach vorherigem schriftlichen Einverständnis durch die Klägerin auszuüben (§ 2 Abs. 3). Er unterwarf sich der Durchführung bestimmter leistungserhaltenden oder -steigernden Maßnahmen, medizinscher Untersuchungen und deren Teiloffenlegung gegenüber der Klägerin (§ 4 Abs. 2 und 3). Er hatte in Ausübung seiner Aktivitäten allen besonderen internen Interessen oder Belange der Klägerin Beachtung zu schenken (§ 2 Abs. 4). Letztlich übertrug der Beigeladene seine urheberrechtlichen Nutzungsrechte (Anlage 1 des Vertrages) auf die Klägerin. Die Verlängerungsoption hinsichtlich des Vertrages stand nach § 11 einseitig der Klägerin zu.
Die Fahrerverträge sehen eine Weisungsgebundenheit des Beigeladenen gegenüber der Klägerin vor. Der Vertrag definiert in § 2 Abs. 2 ausdrücklich „Bestimmungen und Anweisungen von SAD“ an die sich der Beigeladene während der Testfahrten und der Motorsportveranstaltungen zu halten habe. § 8 legt fest, dass er „mit Ausnahme der in Zusammenhang mit seinen Aktivitäten für SAD stehenden erforderlichen Koordination“ nicht an Anweisungen gebunden sei, dies also regelhaft ist. Schließlich war der Beigeladene nach § 9 Abs. 2 verpflichtet, auf Anfrage für Fragen und Veranstaltungen zur Verfügung zu stehen und dort alle Fragen zu beantworten.
Der Senat ist zur Überzeugung gelangt, dass die zwischen den Beteiligten gelebten Verhältnisse kein abweichendes Gepräge aufweisen. Die Organisation der jeweiligen Rennwochenenden war nicht nur durch eine einrahmende Gesamtverantwortung des S.-Teams, sondern durch eine in alle Abläufe hineinragende Entscheidungskompetenz geprägt. Auch wenn aus dem Unternehmensbereich der Klägerin im Regelfall lediglich eine einzige Person, zuständig für Presse und Öffentlichkeitsarbeit, an den Rennorten zugegen war, traf die Klägerin doch alle organisatorischen Entscheidungen, angefangen mit der Auswahl der Übernachtungsstätten, des Catering und der technischen Unterstützung durch ERR. Der Beigeladene musste sich mit der Klägerin selbst zur Frage abstimmen, in welchem Umfang er das Fahrzeug zu Übungsfahrten vor Ort nutzen durfte. Dass es dabei, soweit ersichtlich, keine detaillierten Einzelanweisungen gab, ist unerheblich. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (statt vieler: Urteil vom 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R) genügt bei Diensten höherer Art eine Verfeinerung zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" zur Annahme einer Weisungsgebundenheit. Der Beigeladene übte mit der Durchführung der Rallye-Rennen eine höherwertige Tätigkeit aus. Die Klägerin selbst hat ihn als junges Ausnahmetalent des Rennsports bezeichnet, der, wie sich im Verlauf der Jahre zeigte, aufgrund seiner besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten in der Lage war, sich im nationalen Wettbewerb an die Spitze zu kämpfen. Ausgehend von den oben dargestellten vertraglichen Bestimmungen und den tatsächlichen Gegebenheiten, war der Beigeladene in vielfältiger Hinsicht einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess unterworfen. Ab dem Moment der Anreise zu den jeweiligen Veranstaltungsorten bis zur Abreise erfolgten die Abläufe entsprechend den Planungen der Klägerin, ohne dass dem Beigeladenen eine erkennbare Entscheidungsfreiheit, bezogen auf die Durchführung der Rennveranstaltung, verblieb.
Schon aus den voranstehend geschilderten Abläufen folgt auch die Eingliederung des Beigeladenen in die Arbeitsorganisation der Klägerin. Besonders deutlich wird diese aber in der Renndurchführung selbst. Der Beifahrer, C., der ebenfalls bei der Klägerin abhängig beschäftigt war (Urteil des Senats vom 24.04.2025, L 1 BA 34/23) hat im Erörterungstermin eindrucksvoll dargestellt, dass die Bewältigung eines solchen Rennens aus Gründen der Sicherheit für Leib und Leben sowie zur Erreichung einer erfolgreichen Platzierung nur im Wege präziser und sekundengenauer Anweisungen durch den Beifahrer und der entsprechenden zögerungsfreien Umsetzung durch den Fahrer gelingen kann. Fahrer und Beifahrer waren bei den Testfahrten und beim jeweiligen Rennen eine untrennbare Einheit, sodass die Tätigkeit des einen ohne die Tätigkeit des anderen undenkbar erscheint. Der Satz des Beifahrers „Einer denkt, einer lenkt.“ bringt diese gegenseitige Abhängigkeit prägnant zum Ausdruck.
Dieses arbeitsteilige Zusammenwirken der beiden jeweils vertraglich mit der Klägerin verbundenen Personen stellt eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin dar. Die Argumentation der Klägerin, dass der Beigeladene zu keinem Zeitpunkt in den Räumlichkeiten der Klägerin tätig gewesen sei, trifft gerade nicht zu. Er war als Rallye-Fahrer nämlich zwingend im Innenraum des Rallye-Wagens der Klägerin tätig.
Der Beigeladene trug auch kein unternehmerisches Risiko. Er hatte keine relevanten Betriebsmittel investiert. Die wesentlichen Betriebsmittel im Zusammenhang mit der Tätigkeit, nämlich das Rennauto, die Fahrerausstattung, insbesondere die konkreten Sicherheitsanforderungen genügende und deshalb hochpreisige Bekleidung, der Helm und auch technisches Gerät, z.B. Werkzeuge, die an den Rennwochenenden genutzt wurden, standen entweder im Eigentum der Klägerin oder wurden von ERR zur Verfügung gestellt oder eingesetzt. Die seitens der Klägerin aufgeführten Gegenstände des Beigeladenen, wie ein Mobiltelefon, ein Laptop und eine Kamera, fallen demgegenüber nicht ins Gewicht. Das Argument des Sozialgerichts, dass die zur Durchführung solcher Rennen notwendigen Betriebsmittel in keinem wirtschaftlichen Verhältnis zu den erzielten Gewinnen stünden, spricht gegen eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen, weil dies belegt, dass eine solche unternehmerische Betätigung für eine natürliche Einzelperson aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten heraus kaum zu realisieren ist. Der Beigeladene trug auch kein sonstiges unternehmerisches Risiko. Ein (erfolgsabhängiges) Honorar wurde 2015 und 2016 nicht gezahlt. Im Übrigen stellt das Risiko einer unterbleibenden künftigen Beauftragung kein vornehmlich unternehmerisches dar. Denn auch ein befristetet abhängig Beschäftigter trägt das Risiko, keine Anschlussbeschäftigung zu finden. Erfolgsabhängige Vergütungsbestandteile sind, insbesondere bei höherwertigen Tätigkeiten, auch im Beschäftigtenverhältnis nicht unüblich. Im Übrigen hatte der Beigeladene auch nur einen anderen Auftraggeber, nämlich ein Autohaus, für das er Kart-Rennen organisierte und Fahrzeugüberführungen durchführte.
Der Senat lässt bei seiner Beurteilung nicht außer Acht, dass im Mittelpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts das Argument steht, dass der Beigeladene seine Tätigkeit für die Klägerin im Wesentlichen durchgeführt habe, um seine eigene Karriere im Motorsport zu befördern. Lediglich aus der hohen Motivation für eine berufliche Tätigkeit erwächst aber noch keine unternehmerische. Eine Vielzahl abhängiger Beschäftigter strebt ein berufliches Fortkommen, möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt unter anderen Rahmenbedingungen und möglicherweise sodann in freiberuflicher Tätigkeit, an. Dieses Fernziel führt aber nicht zur Bewertung der jeweiligen aktuellen Tätigkeit als unternehmerische. Im Übrigen darf in diesem Zusammenhang nicht außer Acht gelassen werden, dass die Etablierung der Marke S., so wie es die Beklagte vorträgt, weit mehr im Vordergrund der durchgeführten Rennen stand, als die des für weite Teile der Gesellschaft gewiss unbekannten Beigeladenen. Dies zeigt sich auch daran, dass Pokale, Trophäen und andere Errungenschaften nach § 7 Abs. 1 des Vertrages bei der Klägerin verblieben und auch das Urheberrecht an die Klägerin übertragen wurde, sie und nicht der Beigeladene also die Veranstaltungen vermarktete. Treffend erscheint in diesem Zusammenhang der Vortrag der Beklagten, auf Belange des Beigeladenen hätte seitens der Klägerin keine Rücksicht genommen werden können.
Die sonstigen vom Sozialgericht benannten Aspekte, wie beispielsweise das Fehlen zentraler arbeitsrechtlicher Regelungen im Vertrag, Urlaubsansprüche, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, fallen angesichts dieser Gesamtbetrachtung nicht weiter ins Gewicht. Eingangs wurde bereits ausgeführt, dass Ziel die Schaffung einer freiberuflichen Tätigkeit war. Dass der Beigeladene außerhalb der jeweiligen Rennwochenenden in seiner zeitlichen Verwendung beinahe frei war, ändert zur Überzeugung des Senats auch nichts, denn diese Zeiträume unterliegen nicht der Bewertung, weil sie nicht Gegenstand der vertraglichen Vereinbarungen mit der Klägerin sind.
Der Einordnung der Tätigkeit als abhängige Beschäftigung steht auch die erwähnte Unentgeltlichkeit (mit Ausnahme von Sachzuwendungen) in den Jahren 2015 und 2016 nicht entgegen. Denn Unentgeltlichkeit ist kein Ausschlusskriterium für die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses. Der Wortlaut von § 7 Abs. 1 SGB IV stellt, anders etwa als der Sonderfall von Abs. 1a), die Gewährung eines Entgelts nicht als Voraussetzung für ein Beschäftigungsverhältnis auf. Dies entspricht dem Motiv des Gesetzgebers. In der amtlichen Begründung zu § 7 Abs. 1 SGB IV (BT-Drs. 7/4122, S. 31) wird Arbeitsentgelt im Vergleich zu den Tatbestandsmerkmalen der Bezugsnorm als weiteres Tatbestandsmerkmal genannt, das in anderen Vorschriften, z.B. der einzelnen Pflichtversicherungstatbestände, hinzugefügt wird. Dementsprechend stellt z.B. § 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV die Grundregel auf, dass Personen, die „gegen Arbeitsentgelt“ oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind, in allen Zweigen der Sozialversicherung nach Maßgabe der besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige versichert sind. Auch das Bundessozialgericht vertritt diese Rechtsauffassung (Urteil vom 14.11.2013, B 2 U 15/12 R). Der Begriff der Abhängigkeit ist einer der persönlichen, nicht der wirtschaftlichen (ErfK/Rolfs, 25. Aufl. 2025, SGB IV § 7 Rn. 15, beck-online, m.w.N. in der Rspr.).
Vorliegend ergibt sich auch keine abweichende Bewertung, weil es sich um (Motor-)Sport handelt. Die sportliche Betätigung, die um ihrer selbst willen – „zum Spaß“ – ausgeübt wird, ist nicht als abhängige Beschäftigung einzuordnen (Segebrecht in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl., § 7 Abs. 1 SGB IV (Stand: 06.09.2021), Rn. 45 m.w.N.). Ein solcher Fall liegt jedoch nicht vor, weil die Betätigung der Befriedigung des Erwerbszwecks der Klägerin diente. Sie beauftragte den Rallye-Sport nach eigenen Angaben zur Steigerung der Markenbekanntheit und der Formung eines verkaufsfördernden Images und damit zu ihrem Geschäftszweck.
Auch liegt keine ehrenamtliche Tätigkeit des Beigeladenen vor. Ehrenamtliche Tätigkeit erhält ihr Gepräge neben der Unentgeltlichkeit durch ihre ideellen Zwecke (BSG, Urteil vom 12.06.2024, B 12 BA 8/22 R; Urteil vom 12.12.2023, B 12 R 11/21 R). Bei der Beurteilung dieser Zwecke ist auf eine allein objektive Einordnung abzustellen (BSG, Urteil vom 12.06.2024, B 12 BA 8/22 R, BSG, Urteil vom 23.02.2021, B 12 R 15/19 R, Urteil vom 16.8.2017 - B 12 KR 14/16 R). Ein solcher Fall liegt nicht vor. Der Beigeladene war ein aufstrebendes Motorsporttalent, das sich in dieser Branche an die Spitze kämpfen wollte, um dann, was ihm auch gelungen ist, Entgelte für seine Fahrleistungen zu erzielen.
Auf die Beurteilung des Vorliegens der Versicherungspflicht in den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung kommt es, nach der entsprechenden Teilaufhebung durch die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung für die Jahre 2015 und 2016, nicht mehr an.
Das Jahr 2017 unterscheidet sich hinsichtlich des Vertrages nicht. In tatsächlicher Hinsicht besteht ein Unterschied darin, dass eine Vergütung erfolgte. Aus dieser folgt die zutreffende Feststellung der Versicherungspflicht in den im angefochtenen Bescheid genannten Zweigen der Sozialversicherung. Auf die entsprechenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid wird verwiesen.
Bezogen auf das Jahr 2018 bestand ein inhaltlich abweichender Vertrag zwischen Klägerin und Beigeladenem. Die Abweichungen sind aber nur geringfügig. Die Abhängigkeit des Beigeladenen war darin im Vergleich zum Vorvertrag reduziert. Im Ergebnis verändert sich die Gesamtsituation gegenüber dem Vorjahr aber nicht in einer Weise, die eine andere Beurteilung rechtfertigt. Eine Besonderheit ist, dass im Jahr 2018 eine Pflicht zur Rechnungsstellung durch die Klägerin vereinbart ist, die im Vorvertrag fehlte. Dies spricht zwar für Selbstständigkeit, jedoch nicht gewichtig. Im Übrigen enthält der Vertrag 2018 eine eindeutige Vergütungsregelung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Außergerichtliche Kosten des Beigeladenen sind nicht zu erstatten, da der Beigeladene keine Anträge gestellt hat.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG werden, wenn in einem Verfahren weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten kostenrechtlich privilegierten Personen gehört, Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben. Da der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet, ist der Streitwert auf 5.000,00 € festzusetzen (§§ 47, 52 Abs. 2 GKG).