Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgericht Heilbronn vom 17. April 2023 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um eine Versorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) wegen eines Unfalls vom 25. Februar 1986 mit Knieverletzung.
Der 1963 geborene Kläger, gelernter Maurer, leistete vom 2. Januar 1986 bis 31. März 1987 Grundwehrdienst. Er rutschte während der Grundausbildung am 25. Februar 1986 auf dem Weg zu einer Übung auf einer vereisten Stelle aus und verdrehte sich dabei das linke Bein.
Bei der unmittelbar anschließenden Behandlung im Klinikum I1 wurde ausweislich des dortigen Berichts vom 13. Juni 1986 eine Patellaluxation [Herausspringen der Kniescheibe aus ihrem Gleitlager] links diagnostiziert und operativ mittels Arthroskopie und Arthrotomie mit Reinsertion des Retinaculum patellae versorgt. Es wurde eine Osteochondrosis dissecans mit frischer traumatischer Schädigung festgestellt; dazu fanden sich kleine Narbenfelder als Hinweise auf ältere traumatische Schäden. Ein Anhalt für eine primär degenerative Knorpelerkrankung habe sich nicht ergeben. Nach dem OP-Bericht betrug das Körpergewicht 140 kg bei einer Körpergröße von 198 cm; vorbestehend waren eine deutliche X-Beinfehlstellung und eine Wiberg-Dysplasie der Patella vom Typ 4.
Der Kläger setzte seinen Wehrdienst ab Juli 1986 fort, wurde aber bei eingeschränkter Belastbarkeit nur noch mit Büroarbeiten beschäftigt [vgl. Gutachten R1 vom 25. November 1987].
Nach den Angaben des Klägers in seinem Antrag wegen einer Wehrdienstbeschädigung (WDB) hatte sich die Kniescheibe bereits 1982 beim privaten Tischtennisspielen schon einmal nach außen verschoben, sei aber wieder zurückgerutscht.
Ausweislich dem von der Beklagten beigezogenen Arztbrief der Krankenanstalten des Landkreises L1 vom 26. Mai 1982 hatte ein V.a. Chondropathia patellae links bestanden. Der Patient habe sich am 4. April 1982 mit starken Schmerzen im linken Kniegelenk vorgestellt. Er habe sich im Januar 1982 beim Skifahren eine Knieverletzung zugezogen. Nach Ruhigstellung durch Anlage eines Tutors für drei Wochen und Punktionen des Kniegelenks seien keine wesentlichen Beschwerden mehr angegeben worden.
Bei der Musterung des Klägers am 12. Oktober 1982 hatte er Belastungsbeschwerden im linken Kniegelenk angegeben. Das Körpergewicht betrug 111 kg bei einer Körpergröße von 197 cm. Bei der Musterung wurde u.a. eine Chondropathia patellae festgestellt. Dies beruhte auf einem Attest des B1 vom 11. Oktober 1982, wonach eine Chondropathia patellae links bestand, die immer wieder bei Belastungen zu Entzündungserscheinungen führe.
Nach Stellungnahme des Sanitätsamtes der Bundeswehr (V1) vom 9. März 1987 hatte sich der Kläger bei dem Unfall im Februar 1986 einen erheblichen Kniegelenksbinnenschaden mit ausgedehnten Band- und Knorpelverletzungen zugezogen. Bei vorbestehendem Knorpelschaden an der linken Patella bei Patelladysplasie Typ Wiberg IV sei es zu einer erheblichen Traumatisierung gekommen. Dem Vorschaden komme keine wesentliche Bedeutung zu. Es handele sich um eine WDB im Sinne der Entstehung. Ab dem 25. Februar 1986 sei eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 v.H. anzunehmen, ab dem 1. September 1986 nur in Höhe von unter 25 v.H.
Mit Bescheid vom 25. März 1987 anerkannte die Beklagte bei dem Kläger eine WDB in Form von „Belastungsbeschwerden linkes Kniegelenk bei operativ versorgtem Kniegelenksbinnenschaden mit Entfernung zahlreicher ausgerissener Knorpelstückchen, Refixation des medialen Seitenbandes und Reposition einer Patellazweitluxation; noch liegendes Fremdmaterial.“ Die MdE betrage ab dem 25. Februar 1986 30 v.H. und ab 1. September 1986 unter 25 v.H. Dem Kläger werde ab dem 1. Februar bis 31. August 1986 ein Ausgleich nach § 85 SVG gewährt.
Der Kläger beantragte bei dem seinerzeit für die Versorgung nach Beendigung des Wehrdienstes noch zuständigen Versorgungsamt H1 eine Versorgung wegen des Knieschadens. Das Versorgungsamt ließ den Kläger durch R1 orthopädisch begutachten. In seinem Gutachten vom 25. November 1987 führte dieser aus, dass die Anerkennung eines Wehrdienstleidens nicht ohne Weiteres befürwortet werden könne. Ein Vorschaden des linken Kniegelenks sei bekannt; bei anderen Gelegenheiten, die nicht unbedingt als Unfall zu bezeichnen seien, sei die Kniescheibe bereits verrutscht. Es dürfte sich damit um eine habituelle Kniescheibenluxation handeln. Ursache sei eine angeborene Fehlform der Kniescheibe und eine Knorpelbeschädigung im Sinne einer Chondropathia patellae. Das rechte Kniegelenk weise diese ebenfalls auf. Der Unfallmechanismus sei nicht geeignet gewesen, eine Luxation einer gesunden Kniescheibe hervorzurufen. Der von dem Klinikum I1 1986 beschriebene „frische traumatische Schädigung“ sei histologisch nicht näher beschrieben. Selbst bei Anerkennung einer WDB werde bei den geringfügigen klinischen Befunden eine MdE von 20 v.H. nicht erreicht.
Das Versorgungsamt erteilte daraufhin am 15. Januar 1988 im Hinblick auf den bindenden Bescheid vom 25. März 1987 einen Bescheid, wonach als Folge einer WDB (im Sinne einer Hervorrufung) „Belastungsbeschwerden li. Kniegelenk bei operativ versorgtem Kniebinnenschaden“ anerkannt wurden. Es bestehe Anspruch auf Heilbehandlung. Eine Beschädigtengrundrente wurde nicht gewährt, da die MdE weniger als 25 v.H. betrage.
Im Rahmen der von dem Kläger gegen die Bescheide jeweils geführten Widerspruchsverfahren gelangte das Versorgungsamt zu der Auffassung, dass die Anerkennung der WDB (gemeint: im Sinne der Hervorrufung der WDB-Folge) rechtswidrig erfolgt sei. Dies beruhte auf einer Stellungnahme des Klinikum I1 vom 4. Mai 1988 und des Ärztlichen Dienstes des Versorgungsamtes vom 11. Mai 1988, wonach keine traumatische, sondern eine habituelle [anlagebedingte] Patellaluxation anzunehmen sei. Das Sanitätsamt der Bundeswehr blieb jedoch mit gutachtlicher Stellungnahme vom 4. August 1988 bei seiner Auffassung, wonach der Verletzungsmechanismus vom 25. Februar 1986 wesentliche Ursache für die (für die MdE relevanten) traumatischen Knorpelschäden gewesen sei, auch wenn er ein knorpelvorgeschädigtes Knie bei einem massiv übergewichtigen Mann betroffen habe. Das Bundesministerium der Verteidigung schloss sich dem an. Das Versorgungsamt nahm den Bescheid vom 15. Januar 1988 aber insoweit zurück, als es sich um Folgen einer WDB nicht im Sinne eine Hervorrufung, sondern im Sinne einer Verschlimmerung gehandelt habe.
Der Kläger führte nach erfolglosem Widerspruch hiergegen und wegen der Höhe der MdE Verfahren beim Sozialgericht Heilbronn (SG) und nachfolgend beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG, Az.: L 7 V 498/91 und L 7 V 499/91).
Mit Ausführungsbescheid vom 16. November 1993 anerkannte das Versorgungsamt in Ausführung des Urteils des LSG vom 4. Oktober 1993 in dem Verfahren L 7 V 499/91 als durch die WDB hervorgerufene Schädigungsfolgen weiterhin „Belastungsbeschwerden linkes Kniegelenk bei operativ versorgtem Kniebinnenschaden“ mit einer MdE von unter 25 ab dem 1. April 1987; das LSG hatte nach Einholung eines Sachverständigengutachtens eine MdE von 20 angenommen.
Mit Bescheid vom 26. Februar 2014 stellte das Landratsamt L1 bei dem Kläger einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 ab dem 1. Januar 2000 fest, dies wegen einer Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke wie des linken Kniegelenks, Achillessehnenbeschwerden, degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule (WS), einer Wirbelsäulenverformung, Nervenwurzelreizerscheinungen und einem Schlafapnoe-Syndrom.
Der Kläger beantragte am 27. Oktober 2014, bereits vertreten durch seinen Bevollmächtigten, die hier gegenständliche Neufeststellung des Grades der Wehrdienstbeschädigung (gemeint: des Grades der Schädigungsfolgen [GdS]) und machte hierfür eine verschlechterte, jetzt massive Funktionsbeeinträchtigung des linken Knies und daraus resultierend eine massive Funktionsbeeinträchtigung des gesamten Bewegungsapparates geltend. Es bestehe daher eine Funktionseinschränkung beider Hüftgelenke, eine Achillessehnenbeschwerde und eine Veränderung und Verformung der Wirbelsäule (WS). Er verwies hierfür auf die Feststellung eines GdB von 50. Er leide unter ständigen Schmerzen im gesamten linken Bein, Knie, Hüfte wie Lendenwirbelbereich und habe durch die Fehlhaltung eine chronische Achillessehnenentzündung rechts entwickelt.
Er legte den Entlassungsbericht der F1-Klinik B2 (Orthopädie / Psychosomatik) über die vom 16. Juli bis 13. August 2013 durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme vor. Dort waren eine Coxarthrose links, eine Lumboischialgie links, eine Achillodynie rechts sowie eine Gonalgie links bei radiärem IM-[Innenmeniskus]Riss, ein dritt- bis viertgradiger Knorpelschaden retropatellar, drittgradig mediales Kompartment, sowie ein Erschöpfungssyndrom diagnostiziert worden. Der Kläger hatte berichtet, dass es nach der Knie-OP 1986 mehrfach zu Patellaluxationen links gekommen sei. Kniebeuge und Knien seien links nicht mehr möglich, bei Belastung bestünden zunehmende Beschwerden. Wegen der Hüftbeschwerden seien nur Gehstrecken bis 3 bis 5 km möglich. Das linke Kniegelenk war zu 0-0-130 Grad (Extension/Flexion) beweglich, es bestand eine Krepitation, kein Erguss und keine Überwärmung, das Zohlenzeichen war positiv. Der Kläger wurde als arbeitsunfähig bezogen auf seine damalige Tätigkeit als Kraftfahrer, aber vollschichtig leistungsfähig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entlassen.
Zur Akte gelangte ferner u. a. der Befundbericht des S1 über ein CT der Halswirbelsäule (HWS) vom 15. August 2013 und der des V2 vom 29. Oktober 2013 mit den Diagnosen primäre Koxarthrose links, chronisch-rezidivierende Lumbalgie, Achillodynie rechts. Der Kläger legte ferner noch Arztbriefe des P1 vom 11. März 2014, 7. Mai 2014 und 8. Dezember 2014 vor. In dessen ersten Bericht ist eine Retropatellararthrose links genannt, mit einem geringen Streckdefizit und leichtem Patellaverschiebeschmerz.
Das Verwaltungsverfahren verzögerte sich zunächst im Zusammenhang mit der Übertragung der Zuständigkeit für die Versorgung nach § 80 SVG nach Ende der Dienstzeit von den Versorgungsverwaltungen der Länder auf die Beklagte zum Januar 2015. Mit Gerichtsbescheid vom 18. Juli 2018 verurteilte das SG die Beklagte auf eine Untätigkeitsklage des Klägers, über den Antrag vom 27. Oktober 2014 zu entscheiden.
In einer versorgungsmedizinischen gutachtlichen Stellungnahme für die Beklagte vom 24. September 2018 legte die L2 dar, dass eine Anerkennung im Sinne einer Verschlimmerung ausscheide und dass die wehrdienstbedingten Gesundheitsstörungen unverändert zu bezeichnen seien. Bei Kniescheibendysplasie links mit wiederholten Subluxationen, Schlaf-Apnoe-Syndrom, Hüftgelenksverschleiß links, degenerativen WS-Veränderungen lumbal mit rezidivierenden Rückenschmerzen und Adipositas handele es sich um nicht wehrdienstbedingte Gesundheitsstörungen. Sie verwies darauf, dass bereits ein Vorschaden am linken Knie vorgelegen habe. Dieser hätte sich im Laufe der Jahrzehnte auch mit ausreichender Wahrscheinlichkeit zunehmend mit Beschwerden bemerkbar gemacht. Eine richtungsweisende Verschlechterung ergebe sich aus den Befunden nicht. Bei einem geringen Streckdefizit und einem peripatellaren Schmerz ohne Reizzustand betrage der GdS 10. Weder eine Coxarthrose noch ein degeneratives WS-Syndrom seien nach gültiger Lehrmeinung eine Folge einer Kniegelenksverletzung oder einer Fehlbelastung, dies selbst bei Prothesenversorgung bei Amputation im Bereich eines Beines, außer bei deutlicher Beinverkürzung und unzureichender Prothesenbelastbarkeit. An der WS sei auch kein asymmetrischer Befall beschrieben, sondern beidseitige degenerative Veränderungen am Segment L5/S1 feststellbar. Das länger bestehende Übergewicht habe demgegenüber eine verstärkende Wirkung bei WS- oder Hüftgelenksverschleiß.
Mit Prüfvermerk vom 4. Oktober 2018 schloss sich die W1 der Stellungnahme für den Ärztlichen Dienst der Beklagten an.
Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 10. Oktober 2018 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf höhere Leistungen nach dem SVG i.V.m. dem BVG. Die anerkannten Schädigungsfolgen seien unverändert mit „Belastungsbeschwerden im linken Kniegelenk bei operativ versorgtem Kniebinnenschaden“ zu bezeichnen. Die nicht-wehrdienstbedingten Gesundheitsstörungen seien wie folgt zu bezeichnen: „1. Kniescheibendysplasie links mit wiederholten Subluxationen, 2. Schlaf-Apnoesyndrom, 3. Hüftgelenksverschleiß links, 4. Degenerative Wirbelsäulenveränderungen lumbal mit rezidivierenden Rückenschmerzen, 5. Adipositas“. Der Beklagte stützte sich dabei auf die gutachtliche Stellungnahme vom 24. September 2018 und den Prüfvermerk vom 4. Oktober 2018.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und verwies auf massive Funktionsbeeinträchtigungen des linken Knies, die zu einem höheren GdS führen müssten.
Die Beklagte zog daraufhin umfangreiche weitere ärztliche Unterlagen bei:
Nach dem Bericht der F1-Klinik B2 vom 21. Oktober 2016 über eine vom 30. September bis 21. Oktober 2016 durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme waren dort ein chronisch-rezidivierendes HWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen, ein chronisch rezidivierendes LWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen, eine chronische rezidivierende Coxalgie links bei Coxarthrose links sowie chronisch rezidivierende Kniebeschwerden linksbetont bei Zustand nach OP Patellafraktur links 1986 diagnostiziert worden, ferner eine Adipositas. Der Kläger berichtete neben WS-Beschwerden über zunehmende Schmerzen in der Becken- bzw. Hüftregion links bei nachgewiesener Coxarthrose mit Einschränkung der Gehstrecke auf ca. 1 bis 2 km, sowie Kniebeschwerden linksbetont. Er habe auch einen rezidivierenden Bänderriss bei Fußdistorsion links in den 1980er Jahren erwähnt. Der Kapselbandapparat beider Knie wurde als stabil befundet, Patella- und Meniskuszeichen seien beidseits negativ, es bestünden Druckschmerzen peripatellar, das Zohlenzeichen links sei positiv, ansonsten lägen keine Druckschmerzen oder Entzündungszeichen an den Kniegelenken vor. Die Kniegelenksbeweglichkeit links sei in Extension/Flexion auf 0-0-100° eingeschränkt. Der Kläger wurde in seiner Tätigkeit als Lagerverwalter wie auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für vollschichtig leistungsfähig gehalten.
Aus den Karteikartenauszügen der P1 und S2 aus der Zeit von Januar 2014 bis 13. Februar 2019 ergaben sich bis auf den Befund aus März 2014 keine Vorstellungen oder Befunde in Bezug auf Erkrankungen des linken Kniegelenks.
Vorgelegt wurden Befundberichte über ein MRT der LWS und der HWS vom 15. Mai 2015 bzw. 21. März 2017 sowie ein Arztbrief der W2 am 16. Januar 2017 mit den Diagnosen einer Anpassungsstörung, Läsionen der Zervikalwurzeln, nicht näher bezeichneter Polyneuropathie, Schlafapnoesyndrom sowie Migräne mit Aura.
Nach dem Entlassbericht vom 24. März 2017 befand sich der Kläger vom 13. Februar bis 24. März 2017 in teilstationärer Behandlung in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und psychosomatische Medizin Tagesklinik M1 des Klinikums L1. Dort wurden eine Anpassungsstörung, eine Migräne mit Aura ohne Kopfschmerzen, Spannungskopfschmerzen sowie ein chronisches HWS-Syndrom bei Bandscheibendegeneration und Bandscheibenvorfall diagnostiziert.
Vom 10. Mai bis 14. Juni 2017 war er nach dem Entlassbericht vom 20. Juni 2017 in einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Rehabilitationsklinik H2 – Fachklinik für Orthopädie und Psychosomatik – in B3. Dort wurden eine Anpassungsstörung, ein Cervikal- und Lumbalsyndrom bei degenerativer Wirbelsäulenveränderung, eine Adipositas, eine Migräne, ein Schlafapnoesyndrom und eine Coxarthrose links diagnostiziert. Bei der Schilderung körperlicher Beschwerden wurden unter anderem Schmerzen im Rücken lumbosakral, teilweise mit Ausstrahlung über das Gesäß in beide Oberschenkel seitlich bis zum Kniegelenk, eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung in der linken Hüfte, eine Verspannung der Muskulatur und zeitweise Schmerzen an der rechten Achillessehne genannt. Die Kniegelenke wurden als aktiv und passiv frei beweglich befundet, ohne Erguss, kein Hinweis auf Bandlockerung, es bestehe eine lange Längsschnittnarbe über der Patella linksseitig.
Die S3 berichtete mit Datum vom 20. Februar 2019 von einer hausärztlichen Behandlung seit Januar 2014 bis September 2015 wegen verschiedener Erkrankungen. Sie legte den Entlassungsbericht des Krankenhauses B4 über einen stationären Aufenthalt vom 6. bis 7. August 2015 wegen eines Verdachtes auf beginnende Gastroenteritis und Zustand nach Sigmadivertikulitis sowie arterieller Hypertonie vor, ferner einen Befundbericht von P1 vom 30. Juni 2015 wegen HWS-Beschwerden, einen Arztbrief des N1 wegen einer Cephalgie mit Visusstörung vom 18. Juni 2015 und einen Bericht des Krankenhauses B4 über eine ambulante Behandlung am 16. Februar 2014 wegen hypertensiver Entgleisung.
Der B5 berichtete am 26. Februar 2019 von multiplen Beschwerden am Bewegungsapparat, Adipositas und Verdauungsbeschwerden und verwies auf seinen Karteikartenauszug für die Zeit seit Oktober 2015 sowie auf die von ihm vorgelegten Befunde. Dabei handelte es sich neben bereits aktenkundigen Unterlagen um urologische Befunde von J1 und von F2 aus dem Jahr 2018, Befundberichte von P1 vom 25. Juli 2016 wegen Beschwerden im Bereich des linken Fußes und im Bereich der HWS und vom 16. Dezember 2016 bezüglich Beschwerden der HWS und einen Entlassbericht des Krankenhauses B4-V3 über eine stationäre Behandlung vom 29. bis 31. Oktober 2016 wegen rechtsseitigen Oberbauchschmerzen.
In einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 18. Mai 2019 schlug der G1 nach Auswertung der bereits aktenkundigen sowie der neu eingeholten medizinischen Unterlagen einen GdS von 20 bei unveränderter Bezeichnung der Schädigungsfolgen vor. In der Rehabilitationsmaßnahme in B2 2013 sei bei uneingeschränkter Beweglichkeit und stabilem Bandapparat lediglich bei positivem Zohlenzeichen eine Krepitation festzustellen gewesen, was einem Gelenkreiben und einem Patellaverschiebeschmerz entspreche. Er wies darauf hin, dass in den Unterlagen keine hausärztlichen Behandlungen wegen Kniebeschwerden verzeichnet seien und dass der P1 im März 2014 nur ein geringes Streckdefizit mit einem leichten Patellaverschiebeschmerz angegeben habe; ansonsten seien fachärztliche Untersuchungen wegen der WS und der Coxarthrose erfolgt. Bei der erneuten Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik B2 im September und Oktober 2016 habe eine Schmerzsymptomatik der HWS und LWS sowie zunehmende Schmerzen der Becken-Hüftregion links bei nachgewiesener Coxarthrose im Vordergrund gestanden, wodurch die Gehstrecke eingeschränkt sei. Das Körpergewicht sei mit 151 kg angegeben. Bei linksbetonten Kniebeschwerden fänden sich am linken Kniegelenk eine Beugeeinschränkung auf 100° sowie ein Druck-und Verschiebeschmerz im Bereich der Kniescheibe, sonst jedoch kein auffälliger Kniegelenksbefund. In dem Bericht über die Rehabilitationsmaßnahme im Mai und Juni 2017 in B3 sei in Bezug auf das Kniegelenk nur von einem Zustand nach Patellafraktur die Rede, ohne Angabe einer aktuell wesentlichen funktionellen Beeinträchtigung. Die Kniegelenke würden als aktiv und passiv frei beweglich ohne Hinweis auf Bandlockerung beschrieben.
Insgesamt lasse sich aus den neu beigezogenen Unterlagen eine schwerergradige Funktionsstörung des linken Kniegelenks nichts feststellen. Im Gutachten von M2 von Januar 1993 für das LSG sei beschrieben, dass bei der Operation am 27. Februar 1986 die frakturierte Patella osteosynthetisch versorgt worden sei, und dass dies unter Inkaufnahme einer Stufenbildung an der medialen Patellafacette erfolgt sei. Radiologisch zeige sich das seinerzeit abgerissene Knochenfragment nach hinten versetzt und mit stufenförmiger Deformierung. Diese bleibende Schädigung mit entsprechender Belastungseinschränkung im Kniegelenk sei durch den geltenden Bescheid angemessen berücksichtigt. Das Ausmaß der resultierenden Leistungseinschränkung sei unverändert mit dem GdS von 20 zutreffend eingeschätzt. Aus den aktenkundigen Befunden ergebe sich eine allenfalls geringgradige Bewegungseinschränkung im Kniegelenk, die nach den versorgungsärztlichen Grundsätzen mit einem GdS von 0 bis 10 zu bewerten sei. Bei ausgeprägten Knorpelschäden ohne wesentliche Bewegungseinschränkung sei eine Beurteilungsspanne des GdS zwischen 10 und 30 vorgegeben. Nur bei schwerergradigen anhaltenden Reizerscheinungen des Kniegelenks käme ein GdS von 30 in Betracht. Dies sei hier jedoch nicht der Fall, sodass die Bewertung im mittleren Bereich der Beurteilungsspanne angesichts der objektiven Befunde als deutlich ausreichend anzusehen sei.
Bei den degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, die bei dem Kläger sowohl im Bereich der HWS als auch der LWS vorlägen, handele es sich um unspezifische Verschleißerscheinungen, die in der Allgemeinbevölkerung häufiger aufträten. Gliedmaßenschäden könnten nur dann als ursächlich für Wirbelsäulenveränderungen in Betracht kommen, wenn es sich um schwergradige und anhaltend die Biomechanik beeinflussende Schäden handele. Hierzu seien insbesondere nicht ausgeglichene Beinverkürzungen sowie Gelenkversteifungen in ungünstiger Stellung zu rechnen. Vergleichbare schwerwiegende Folgen des Knieschadens seien jedoch im vorliegenden Fall nicht gegeben. Ein ursächlicher Zusammenhang der Wirbelsäulendegeneration mit dem Knieschaden sei nicht wahrscheinlich.
Ebenso ergebe sich kein ursächlicher Zusammenhang zwischen Knieschaden und Hüftgelenksarthrose. In dem Befundbericht des V2 vom 29. Oktober 2013 sei eine sonstige primäre Coxarthrose bei links verkürztem Schenkelhals diagnostiziert. Dabei handelt es sich um eine anlagebedingte Veränderung. Demnach sei gemäß fachärztlichem Urteil von einer anlagebedingten, nicht auf äußere Faktoren zurückzuführenden Hüftgelenksarthrose auszugehen. Außerdem spreche die Tatsache, dass es sich bei dem Knieschaden nicht um eine schwergradige Veränderung der Biomechanik der linken unteren Extremität handele, gegen einen Ursachenzusammenhang der Coxarthrose mit der anerkannten Wehrdienstbeschädigung. Der diesbezüglich behauptete Ursachenzusammenhang sei aus versorgungsmedizinischer Sicht nicht wahrscheinlich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2019 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Der Bescheid sei nicht zu beanstanden. Der Beklagte stützte sich dabei auf die versorgungsmedizinische gutachtliche Stellungnahme vom 18. Mai 2019. Bereits zu Dienstantritt habe ein Vorschaden am linken Kniegelenk bestanden. Aus den vorliegenden Befunden gehe keine richtungsweisende Verschlechterung der Funktion und Beschwerden des linken Kniegelenks hervor. Auch sei weder eine Coxarthrose noch ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom Folge einer Knieverletzung. Die zusätzlich bestehenden Gesundheitsstörungen seien nicht wehrdienstbedingt, weshalb der zugestandene GdB keine Auswirkungen auf die anerkannte Wehrdienstbeschädigung habe.
Der Kläger hat am 29. Juli 2019 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben, da eine Neufeststellung des GdS vorzunehmen sei. Er hat hierzu sein Vorbringen aus dem Antrag vom 27. Oktober 2014 wiederholt.
Der Kammervorsitzende hat am 19. Oktober 2022 mit den Beteiligten einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage durchgeführt, in dem er den Kläger auf fehlende Erfolgsaussichten und auf die Möglichkeit einer Antragstellung nach § 109 SGG hingewiesen hat. Mit Verfügung vom selben Tag hat er dem Bevollmächtigten des Klägers bis 19. November 2022 Gelegenheit zu einer Benennung des nach § 109 SGG zu hörenden Arztes und Einzahlung eines Kostenvorschusses gegeben. Es werde um Abklärung gebeten, ob der Arzt bereit und in der Lage sei, das Gutachten innerhalb einer angemessenen Frist von ca. drei Monaten zu erstatten. Der von dem Kläger daraufhin benannte S4 hat auf den Gutachtensauftrag am 9. Januar 2023 mitgeteilt, dass er den Auftrag aufgrund seiner Arbeitsbelastung nicht fristgerecht (bis 19. April 2023) werde erstatten können und im Frühjahr 2023 ohnehin in Ruhestand trete. Mit Schriftsatz vom 15. Februar 2023 hat der Bevollmächtigte daraufhin M3 als „möglichen“ Gutachter benannt. Der Kammervorsitzende hat hierauf mitgeteilt, dass nicht beabsichtigt sei, dem Antrag nachzukommen, und hat zugleich auf die beabsichtigte Entscheidung durch Gerichtsbescheid hingewiesen. Weder der Kläger noch sein Bevollmächtigter haben hierauf reagiert.
Mit Gerichtsbescheid vom 17. April 2023 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Klageantrag ist dabei so ausgelegt worden, dass die Beklagte zu verurteilen sei, dem Kläger Beschädigtenversorgung in Form einer Beschädigtengrundrente zu gewähren. Die Klage sei jedoch unbegründet. Der Bescheid vom 10. Oktober 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Das SG hat hierzu auf die Begründung der Bescheide Bezug genommen. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass die geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht in ursächlichem Zusammenhang mit den als WDB-Folge anerkannten Belastungsbeschwerden des linken Kniegelenks bei operativ versorgtem Kniegelenksbinnenschaden stünden, wie sich aus der versorgungsärztlichen gutachtlichen Stellungnahme vom 18. Mai 2019 ergebe. Aus den vorliegenden Befunden folge, dass die nun geltend gemachten Gesundheitsstörungen auf körpereigene Ursachen bzw. ereignisunabhängige Vorschäden zurückzuführen seien. Schon im orthopädischen Gutachten von R1 vom 25. November 1987 werde darauf hingewiesen, dass das rechte Kniegelenk ebenfalls eine Chondropathia patellae aufweise und dass auch ein Vorschaden des linken Kniegelenks bekannt gewesen sei; Ursache sei eine angeborene Fehlform der Kniescheibe. Im Bericht des Klinikums I1 vom 4. Mai 1988 würden als prädisponierende Faktoren ein Gewicht von 140 kg bei einer Körpergröße von 198 cm und eine deutliche X-Bein-Fehlstellung und eine Patelladysplasie vom Typ Wiberg IV beschrieben. Ebenso seien Beschwerden im Bereich der WS und Hüfte auf degenerative Veränderungen zurückzuführen. Über den Antrag nach § 109 SGG sei nicht mehr zu entscheiden gewesen, da davon auszugehen sei, dass der Bevollmächtigte diesen nicht mehr ausdrücklich weiterverfolgt habe. Die Benennung eines nur „möglichen“ Gutachters genüge auch nicht den Anforderungen an einen Antrag auf Anhörung eines bestimmten Arztes nach § 109 SGG.
Der Kläger hat am 19. Mai 2023, vertreten durch seinen Bevollmächtigten, Berufung beim LSG eingelegt. Er strebe eine Neufeststellung des GdS zu seinen Gunsten an. Er hat hierzu auf die Feststellung eines GdB von 50 verwiesen, die u.a. auch auf einer Funktionseinschränkung des linken Kniegelenks und einer daraus resultierenden massiven Einschränkung des gesamten Bewegungsapparates beruhe. Die Funktionsbeeinträchtigung des linken Kniegelenks habe sich seit der Erstanerkennung 1987 weiter verschlechtert, die an den Hüftgelenken, an der Achillessehne sowie die Veränderung und Verformung der WS führten aufgrund ständiger Schmerzen zu erheblichen Beschwerden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 17. April 2023 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 10. Oktober 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2019 zu verurteilen, ihm Beschädigtengrundrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von mindestens 25 zu gewähren,
hilfsweise,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 17. April 2023 aufzuheben und die Sache an das Sozialgericht Heilbronn zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Er verweist auf den Gerichtsbescheid und seinen bisherigen Vortrag. Die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung an das SG seien nicht gegeben. Ein wesentlicher Verfahrensmangel liege nicht vor. Das SG habe davon ausgehen können, dass der Kläger an dem Antrag nach § 109 SGG nicht festgehalten habe. Die Einholung eines einzelnen Gutachtens stelle auch keine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme dar.
Der Berichterstatter hat den klägerischen Bevollmächtigten darauf hingewiesen, dass eine (auch mit der Berufung zunächst beantragte) isolierte Feststellung des GdS rechtlich nicht möglich sei.
Der Bevollmächtigte hat hierzu ausgeführt, dass dann die konkrete Gesundheitsstörung, die Schädigung und die Kausalität zwischen beiden festzustellen sei. Das SG habe das zunächst vorgesehene Gutachten nicht eingeholt, obwohl der Kostenvorschuss einbezahlt worden sei. Das Verfahren sei daher an das SG zurückzuverweisen.
Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet.
Die Berufung richtet sich gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 17. April 2023, mit dem dieses die Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, 4 SGG) des Klägers abgewiesen hat. Der Kläger beantragt daneben hilfsweise auch die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das SG. Dabei handelt sich hier um einen verglichen mit dem Hauptantrag weniger weitgehenden (Hilfs-)Antrag (vgl. Urteil des Senats vom 14. September 2023 – L 6 VG 2379/22 –, juris, Rz. 61). Die Zurückverweisung an das SG nach § 159 SGG kann Gegenstand eines Antrages sein, auch wenn sie – anders als nach der Parallelvorschrift in § 130 Abs. 2 VwGO – nicht zwingend von einem solchen Antrag abhängt (vgl. Adolf in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 159 SGG (Stand: 15.06.2022), Rz. 7; vgl. etwa Urteil des Senats vom 18. Januar 2018 – L 6 U 1726/17 –, juris) und daher nur als Anregung anzusehen ist (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 3. Dezember 2020 – L 5 SB 311/20 –, juris, Rz. 21).
Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei Verpflichtungsklagen und Leistungsklagen grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen bzw. bei einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung dieser Zeitpunkt (vgl. BSG, Urteil vom 2. September 2009 – B 6 KA 34/08 –, juris, Rz. 26; BSG, Beschluss vom 09. Dezember 2019 - B 9 SB 48/19 B – juris, Rz. 8 m.w.N.; Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt SGG/Keller, 14. Aufl. 2023, § 54 Rz. 34).
Die Unbegründetheit der Berufung folgt aus der Unbegründetheit der Klage. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Beschädigtenrente, weil ein GdS von mindestens 25 nicht erreicht wird. Der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist daher nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 SVG erhält ein Soldat, der eine Wehrdienstbeschädigung erlitten hat, nach Beendigung seines Wehrdienstverhältnisses wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Wehrdienstbeschädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes, soweit in diesem Gesetz nichts Abweichendes bestimmt ist. Nach der Legaldefinition des § 81 Abs. 1 SVG ist unter einer Wehrdienstbeschädigung eine gesundheitliche Schädigung zu verstehen, die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist. Die Versorgung umfasst nach dem insoweit entsprechend anwendbaren § 9 Abs. 1 Nr. 3 BVG die Beschädigtenrente (§§ 29 ff. BVG).
Soweit das SVG auf die Vorschriften des BVG verweist, sind diese in der bis 31. Dezember 2023 geltenden Fassung weiter anzuwenden. Nach § 142 Abs. 1 Satz 1 SGB XIV in der ab 1. Januar 2024 geltenden Fassung erhalten Personen, deren Ansprüche nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach einem Gesetz, das das Bundesversorgungsgesetz ganz oder teilweise für anwendbar erklärt, in der bis zum 31. Dezember 2023 geltenden Fassung bis zum 31. Dezember 2023 bestandskräftig festgestellt sind, diese Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach dem Gesetz, das das Bundesversorgungsgesetz für anwendbar erklärt, in der am 31. Dezember 2023 geltenden Fassung weiter, soweit dieses Kapitel nichts anderes bestimmt. Über einen bis zum 31. Dezember 2023 gestellten und nicht bestandskräftig entschiedenen Antrag auf Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach einem Gesetz, das das Bundesversorgungsgesetz ganz oder teilweise für anwendbar erklärt, ist nach dem im Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Recht zu entscheiden, § 142 Abs. 2 Satz 1 SGB XIV. Wird hierbei ein Anspruch auf Leistungen festgestellt, werden ebenfalls Leistungen nach Absatz 1 erbracht, § 142 Abs. 2 Satz 2 SGB XIV.
Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 BVG ist der Grad der Schädigungsfolgen (GdS) – bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des BVG und anderer Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts vom 13. Dezember 2007 (BGBl I S. 2904) am 21. Dezember 2007 als Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bezeichnet – nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, welche durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen, seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der GdS ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer GdS wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst (§ 30 Abs. 1 Satz 2 BVG). Beschädigte erhalten gemäß § 31 Abs. 1 BVG eine monatliche Grundrente ab einem GdS von 30. Liegt der GdS unter 25, besteht kein Anspruch auf eine Rentenentschädigung (vgl. Urteil des Senats vom 18. Dezember 2014 – L 6 VS 413/13 –, juris, Rz. 42).
Durch diese gesetzlichen Bestimmungen ist nach einhelliger Ansicht in Rechtsprechung und Schrifttum für die Anerkennung von Schädigungsfolgen, welche eine Beschädigtenrente stützen können, eine dreigliedrige Kausalkette vorgegeben: Ein mit dem Wehrdienst zusammenhängender schädigender Vorgang muss zu einer primären Schädigung geführt haben, welche wiederum die geltend gemachte Schädigungsfolge bedingt haben muss. Dabei müssen sich die drei Glieder selbst mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen lassen, während für den ursächlichen Zusammenhang eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreicht (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 9 V 3/13 R –, SozR 4-3200 § 81 Nr. 6, Rz. 14 m. w. N.), wie dies § 81 Abs. 6 Satz 1 SVG für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Wehrdienstbeschädigung normiert. Diese Grundsätze haben ihren Niederschlag auch in den „Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz“ in ihrer am 1. Oktober 1998 geltenden Fassung der Ausgabe 1996 (AHP 1996) und nachfolgend – seit Juli 2004 – den „Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)“ in ihrer jeweils geltenden Fassung (AHP 2005 und 2008) gefunden, welche zum 1. Januar 2009 durch die Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (Teil C, Nrn. 1 bis 3 und 12 der Anlage zu § 2 VersMedV; vgl. BR-Drucks 767/1/08, S. 3 f.) inhaltsgleich ersetzt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 9 V 6/13 R –, SozR 4-7945 § 3 Nr. 1, Rz. 17). Der Senat orientiert sich bei der Beurteilung von MdE und GdS für die Zeit bis zum 31. Dezember 2008 an den im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten (vgl. BSG, Urteile vom 29. August 1990 – 9a/9 RVs 7/89 –, BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1, vom 23. Juni 1993 – 9/9a RVs 1/91 –, BSGE 72, 285, vom 9. April 1997 – 9 RVs 4/95 –, SozR 3-3870 § 4 Nr. 19 und vom 18. September 2003 – B 9 SB 3/02 R –, BSGE 190, 205) AHP in der jeweils geltenden Fassung, danach an den VG (vgl. Urteile des Senats vom 18. Dezember 2014 – L 6 VS 413/13 –, juris, Rz. 43 und vom 28. April 2022 – L 6 VS 420/21 –, juris, Rz. 75).
Ausgehend von diesen Maßstäben ergibt sich für die Zeit seit der Antragstellung vom 27. Oktober 2014 kein höherer, rentenberechtigender GdS von mindestens 25 wegen der Folgen der am 25. Februar 1986 erlittenen Wehrdienstbeschädigung im Sinne des § 81 Abs. 1 SVG (vgl. BSG, Urteil vom 15. Dezember 1999 – B 9 VS 2/98 R -, juris, Rz. 15). In den zuletzt mit Bescheid vom 16. November 1993 in Ausführung des Urteils des LSG festgestellten Schädigungsfolgen „Belastungsbeschwerden li. Kniegelenk bei operativ versorgtem Kniebinnenschaden“ ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme wie der Würdigung der bereits vorliegenden medizinischen Befunde keine wesentliche Änderung in den Funktionseinschränkungen eingetreten.
Eine richtungsweisende Verschlechterung der Funktion und Beschwerden des linken Kniegelenkes und insbesondere auch nicht der als WDB anerkannten Gesundheitsstörung ist nämlich durch die vorliegenden Befunde nicht belegt. Es wird weiterhin über ein geringes Streckdefizit und einen peripatellarer Schmerz berichtet, jedoch ohne Reizzustand, der nur einen GdS von 10 begründet. Das hat bereits L2 versorgungsärztlich zutreffend dargelegt.
Nach den VG, Teil B, Nr. 18.14 werden Bewegungseinschränkungen im Kniegelenk geringen Grades (z. B. Streckung/Beugung bis 0-0-90°) einseitig mit einem GdB von 0 bis 10 und beidseitig mit einem GdB von 10 bis 20 bewertet. Ein höherer GdB (einseitig 20 und beidseitig 40) wird erst bei Bewegungseinschränkungen mittleren Grades (z. B. Streckung/Beugung 0-10-90°) erreicht.
Ausgeprägte Knorpelschäden der Kniegelenke (z. B. Chondromalacia patellae Stadium II bis IV) mit anhaltenden Reizerscheinungen werden einseitig ohne Bewegungseinschränkungen mit einem GdB von 10 bis 30 und mit Bewegungseinschränkungen mit einem GdB von 20 bis 40 bewertet. Unter anhaltenden Reizerscheinungen sind sichtbare Veränderungen an den Kniegelenken in Form von Überwärmungen, Schwellungen oder Ergüssen zu verstehen, die zumindest längerfristig vorhanden sind (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. August 2011 – L 13 SB 161/10 –, juris, Rz. 28).
Die Bewertung nur mit einem GdS von 10 trägt dem Umstand Rechnung, dass auch das linke Kniegelenk bei der Rehabilitationsmaßnahme in der Rehabilitationsklinik B2 im Juli und August 2013 als uneingeschränkt beweglich beschrieben wurde und der Bandapparat stabil war. Am linken Knie war bei positivem Zohlenzeichen eine Krepitation festzustellen, was ausweislich der Stellungnahme von G2 einem Gelenkreiben und einem Patellaverschiebeschmerz entspricht, woraus eine höhergradige Funktionseinschränkung des Kniegelenks nicht erkennbar ist. Hinzu kommt, dass der damalige Hauptbefund in einem Hüftgelenksverschleiß lag und die erst hierdurch limitierte Gehstrecke mit immerhin ca. 3 bis 5 km angegeben worden war. Der P1 hat im März 2014 ebenso nur ein geringes Streckdefizit des linken Kniegelenks und einen leichten Patellaverschiebeschmerz angegeben; in seinen weiteren Facharztberichten und den Praxisaufzeichnungen werden Beschwerden bei Coxarthrose und Veränderungen der Lendenwirbelsäule beschrieben, jedoch keine weiteren aussagekräftigen Funktionsbefunde zum linken Kniegelenk. Für den Senat folgt hieraus, dass keine fachärztlichen Behandlungsanlässe im Zusammenhang mit dem linken Kniegelenk bestanden, was wiederum auf einen geringen Leidensdruck schließen lässt. Damit stimmt überein, dass sich auch aus dem hausärztlichen Bericht von S3 für die Zeit von Januar 2014 bis September 2015 und aus den Dokumentationen des hausärztlich behandelnden B5 im Zeitraum Oktober 2015 bis Februar 2019 keine Behandlungsanlässe wegen Kniebeschwerden ergeben. Bei der erneuten Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik B2 im September und Oktober 2016 standen eine Schmerzsymptomatik der HWS und LWS sowie – insoweit vergleichbar mit der Situation bei der Rehabilitationsmaßnahme 2013 – zunehmende Schmerzen der Becken-Hüftregion links bei nachgewiesener Coxarthrose im Vordergrund, wodurch die Gehstrecke eingeschränkt war. Bei linksbetonten Kniebeschwerden bestanden am linken Kniegelenk eine Beugeeinschränkung auf 100° sowie Druck-und Verschiebeschmerzen im Bereich der Kniescheibe, sonst jedoch kein auffälliger Kniegelenksbefund. In dem Bericht über die Rehabilitationsmaßnahme im Mai und Juni 2017 in der Rehabilitationsklinik H2 und Fachklinik für Orthopädie und Psychosomatik B3 war in Bezug auf das Kniegelenk nur von einem Zustand nach Patellafraktur die Rede, ohne Angabe einer aktuell wesentlichen funktionellen Beeinträchtigung. Die Kniegelenke waren aktiv und passiv frei beweglich, ohne Hinweis auf Bandlockerung. Zugleich wird dort auf die Bedeutung einer Gewichtsreduktion zur Besserung der Beschwerdesymptomatik am Bewegungsapparat hingewiesen. Bei allenfalls leichtgradigen Bewegungseinschränkungen im linken Kniegelenk und bei stabiler Bandsituation rechtfertigen die Kniebeschwerden und Schmerzen im Zusammenhang mit dem Knorpelschaden somit keinen höheren GdS als 10.
Soweit sich der Kläger auf die zwischenzeitlich erfolgte Feststellung eines Gesamt-GdB von 50 beruft, folgt daraus nichts für die vorliegende Frage, zumal der GdB von 50 durch das Schlaf-Apnoesyndrom, also weitere Behinderungen begründet ist. Dies gilt umso mehr, als der GdB schädigungsunabhängig ist.
Es kann daher dahingestellt bleiben, inwieweit die Gesundheitsstörung am Kniegelenk in ihrem seit 2014 bestehenden Ausmaß durch die Schädigung verursacht wurde, weil die Gesundheitsstörung am linken Kniegelenk insgesamt jedenfalls keinen GdS von mehr als 10 begründet. Soweit G3 versorgungsärztlich einen GdS von 20 diskutiert, weist er selbst darauf hin, dass diese Bewertung als „deutlich ausreichend“ anzusehen sei, also von den Befunden nicht getragen wird. Ohnehin handelt es sich bei der Bewertung des GdS aber um eine rechtliche Bewertung, die durch den Senat und nicht durch den Versorgungsarzt zu erfolgen hat (vgl. für die MdE: BSG, Beschluss vom 17. Januar 1958 – 10 RV 102/56 –, juris, Rz. 5).
Weitere schädigungsbedingte Funktionseinschränkungen, die sich erhöhend auf den GdS auswirken könnten, bestehen zur Überzeugung des Senats ebenfalls nicht. Nach gültiger Lehrmeinung ist weder eine Coxarthrose noch ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom eine Folge einer Kniegelenksverletzung oder Fehlbelastung selbst nach Prothesenversorgung bei Amputation im Bereich der unteren Extremität, außer ggf. bei deutlicher Beinverkürzung und unzureichender Prothesenbelastbarkeit, wie dies versorgungsärztlich zu Recht dargelegt wurde.
Insbesondere ist die bei dem Kläger vorliegende primäre Hüftgelenksarthrose nicht ursächlich auf die Schädigung zurückzuführen. Im orthopädischen Befundbericht vom 29.10.2013 (Rentenakte BI. 145) ist die Hüftgelenksveränderung links nämlich bereits als primäre (und damit nicht sekundären) Coxarthrose bei Verkürzung des Schenkelhalses, d. h. als anlagebedingte Veränderung, beschrieben. Zurecht weist G1 weiter darauf hin, dass an der rechten Hüfte eine varische Schenkelhalsanlage im Röntgenbild festgestellt ist, was die Annahme einer anlagebedingten, nicht auf äußere Faktoren zurückzuführenden Hüftarthrose stützt. G1 hat daher für den Senat überzeugend dargelegt, dass eine Hüftgelenksarthrose regelmäßig nicht durch einen Schaden des Kniegelenks verursacht wird. Im Falle des Klägers gilt dies umso mehr, als keine schwergradigen und anhaltend die Biomechanik beeinflussenden Schäden des Kniegelenks vorliegen, bei denen eine solche Verursachung ausnahmsweise in Betracht kommen kann. Der versorgungsärztlichen Stellungnahme von L2 lässt sich ebenfalls entnehmen, dass die Hüftgelenksarthrose nicht durch den Schaden am Kniegelenk verursacht wurde.
Des Weiteren sind die degenerative Veränderung der Wirbelsäule, die beim Kläger sowohl im Hals- als auch im Lendenabschnitt vorliegen, nicht ursächlich auf die Gesundheitsstörung am linken Kniegelenk zurückzuführen. Auch ist kein asymmetrischer Befall der unteren LWS wie bei längeren Fehlhaltungen beschrieben, sondern beidseitige degenerative Veränderungen am Segment L5/S1. Demgegenüber hat ein länger bestehendes Übergewicht eine verstärkende Wirkung bei Wirbelsäulen- und Hüftgelenksverschleiß, wie L2 zutreffend dargelegt hat. Zu Recht verweist G1 weiter versorgungsärztlich darauf, dass es sich um unspezifische Verschleißerscheinungen handelt, die häufig in der Allgemeinbevölkerung auftreten. Der Kläger leidet unter einem chronisch rezidivierenden HWS-Syndrom und LWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen. Aus dem Rehabilitations-Entlassungsbericht der F1-Klinik B2 2016 wie dem der Rehabilitationsklinik H2 – Fachklinik für Orthopädie und Psychosomatik – 2017 folgt keine nicht ausgleichbare Fehlhaltung der Wirbelsäule mit Folgeerscheinungen einer fixierten seitlichen Verbiegung. Zutreffend verweist G1 darauf, dass es an schwergradigen und anhaltend die Biomechanik beeinflussenden Schäden des Kniegelenks wie nicht ausgeglichene Beinverkürzungen sowie Gelenkversteifungen in ungünstiger Stellung fehlt, die als ursächlich für Wirbelsäulenveränderungen in Betracht kommen. Vergleichbare schwerwiegende Folgen des Knieschadens sind beim Kläger nicht gegeben, so dass ein ursächlicher Zusammenhang der Wirbelsäulendegeneration mit dem Knieschaden ist nicht wahrscheinlich.
Schließlich scheidet eine besondere berufliche Betroffenheit (bbB), die einen weiteren GdS von 10 begründen könnte, aus, die vom Versorgungsamt im Bescheid vom 16. November 1993 ausdrücklich nach § 30 Abs. 2 BVG geprüft wurde und die im Rahmen von § 80 SVG bbB greifen kann.
Der GdS ist unter anderem höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird (§ 30 Abs. 2 Satz 1 BVG). Das ist insbesondere der Fall, wenn auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann (§ 30 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BVG), zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind (§ 30 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BVG), oder die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat (§ 30 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 BVG).
Der Kläger ist gelernter Maurer und 2002 umgeschult worden. Schädigungsfolgen am Knie, die wie oben ausgeführt, nur einen GdS von 10 begründen, rufen aber grundsätzlich keine Unfähigkeit im Ausüben des Maurerberufs hervor, wie dies bereits S5 versorgungsärztlich zutreffend dargelegt hat.
Der Senat sah sich schließlich nicht gedrängt, weitere Ermittlungen durchzuführen und etwa ein Sachverständigengutachten einzuholen. Insbesondere ergeben sich für die von dem Kläger im Verfahren schon zu Beginn geltend gemachte massive Funktionsbeeinträchtigung des linken Knies aus den vorliegenden medizinischen Berichten und den gutachtlichen Stellungnahmen keine Hinweise. Auch ist für eine weitere Verschlechterung der Funktionsbeeinträchtigung des Kniegelenks im Laufe des Verfahrens nichts konkret vorgetragen oder anderweitig ersichtlich.
Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung noch eine ab März 2024 eingetretene Arbeitsunfähigkeit in seiner Tätigkeit als Kraftfahrer geltend gemacht hat, beruht diese nach seinem Vortrag auf einer Erkrankung an dem anderen Knie und ist deswegen nicht streitrelevant, begründet also ebenso keinen Ermittlungsbedarf.
Mit den von dem Beklagten eingeholten gutachtlichen Stellungnahmen hat sich der Kläger nicht auseinandergesetzt. Einen Antrag nach § 109 SGG hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht gestellt. Ein erstinstanzlich gestellter Antrag nach § 109 SGG gilt in zweiter Instanz nicht weiter; er muss dort wiederholt werden (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt SGG/Keller, 14. Aufl. 2023, § 109 Rz. 2).
Die von dem Kläger im Zusammenhang mit dem Antrag nach § 109 SGG im Klageverfahren hilfsweise angeregte Aufhebung des angefochtenen Gerichtsbescheids und Zurückverweisung des Rechtsstreites hat der Senat in Ermangelung der in § 159 Abs. 1 SGG aufgestellten Voraussetzungen abgelehnt. Ein Fall des § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG liegt ersichtlich schon deshalb nicht vor, weil das SG zwar die Klage abgewiesen, aber in der Sache entschieden hat. Auch die Variante des § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG scheidet aus, die voraussetzt, dass das Verfahren beim SG an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweiserhebung notwendig ist.
Der Kläger sieht einen Verfahrensmangel darin, dass das SG über seine Klage ohne Einholung eines Wahlgutachtens nach § 109 SGG entschieden hat. Dabei übersieht er, dass im konkreten Einzelfall bei einer Verfahrenslaufzeit von gut drei Jahren die Aufforderung des SG im Nachgang zu dem Termin zur Erörterung mit der Fristsetzung zu § 109 SGG, die Möglichkeit der Gutachtenerstellung im Vorfeld abzuklären, zur Förderung des Prozesses im Einzelfall richtig war. Dass der Kläger dies nicht getan hat, zeigt sich daran, dass ihm der Gutachter seinen bevorstehenden Renteneintritt sonst sicherlich mitgeteilt hätte. Entgegen der Auffassung des Klägers lag in dem Umstand, dass das SG kein Gutachten nach § 109 SGG bei dem zuletzt genannten Sachverständigen M3 eingeholt hat, deswegen kein wesentlicher Verfahrensmangel, das belegt vielmehr die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung, kein Gutachten nach § 109 SGG einzuholen. Das SG hat dem anwaltlich vertretenen Kläger überdies mit der Verfügung vom 28. Februar 2023 mitgeteilt, dass nicht beabsichtigt sei dem Antrag nachzukommen, und zugleich auf die beabsichtigte Entscheidung durch Gerichtsbescheid hingewiesen. Der Kläger hat dann den Antrag anlässlich der Anhörung zum Gerichtsbescheid nicht ausdrücklich aufrecht erhalten, worin nach der Rechtsprechung des BSG ein Verzicht auf den Beweisantrag zu sehen ist (vgl. BSG, Beschluss vom 1. September 1999 – B 9 V 42/99 B –, juris, Rz. 5 zu § 124 Abs. 2 SGG; dem gerade für den Beweisantrag nach § 109 SGG folgend: Urteil des Senats vom 28. Juli 2016 – L 6 U 124/14 –, juris, Rz. 61). Das muss sich der Kläger ebenfalls entgegenhalten lassen. Aus diesen beiden Gründen kann er sich auf das Vorliegen eines wesentlichen Verfahrensmangels daher nicht berufen.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und ergibt sich aus dem Unterliegen des Klägers.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 7 VS 2554/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VS 1458/23
Datum
3. Instanz
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Aktenzeichen
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Datum
-
Kategorie
Urteil
Rechtskraft
Aus
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