Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. Juli 2024 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Der Streitwert wird endgültig auf 5.000 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten im Streit ist der Status des Beigeladenen in seiner Tätigkeit als Steuerberater für die Klägerin in der Zeit vom 01.01.2008 bis 19.05.2011.
Die Klägerin ist eine Steuerberatungsgesellschaft mit Sitz in S1, die kleinere und mittelständische Unternehmen sowie Privatpersonen in den Bereichen Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung und Unternehmensberatung berät. Der Beigeladene betrieb zuvor gemeinsam mit einem weiteren Steuerberater die Steuerberatungskanzlei M1 & S2 in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit Standorten in F1 und W1, an der er zu 58 % beteiligt war. Durch Vertrag über den Kauf und die Übertragung von Gesellschaftsanteilen vom 12.06.2007 übertrug der Beigeladene zum 01.01.2008 einen Anteil von 50 % an die Käufer, davon je zu einem Drittel an Herrn Steuerberater R1 Herrn Steuerberater H1 und Herrn Steuerberater K1. Die GbR sollte in die neu zu gründende R2 M1 & S2 Steuerberatungsgesellschaft Partnerschaft überführt werden. Vorgesehen war, dass der Beigeladene während eines Übergangszeitraums von vier Jahren weiterhin als freier Mitarbeiter für die Gesellschaft tätig sein solle. § 8 des Vertrages enthält hierzu unter „Mitarbeit des Verkäufers“ folgende Regelung: Herr H2 M1 wird den Käufern und der R2 M1 + S2 Steuerberatungsgesellschaft Partnerschaft ab 01.01.2008 als (freier) Mitarbeiter zur Verfügung stehen. Einzelheiten ergeben sich aus dem gesondert abgeschlossenen Vertrag über freie Mitarbeit.
Dafür wurde zwischen der R2 M1 & S2 Steuerberatungsgesellschaft Partnerschaft - der Rechtsvorgängerin der Klägerin - und dem Beigeladenen ein Vertrag über freie Mitarbeit vom 13.06.2007 abgeschlossen, wonach dem Beigeladene ab dem 01.01.2008 die Geschäftsführung der Steuerberatungspraxis sowie die Beratung in steuer- und wirtschaftsberatenden Angelegenheiten für die zuvor vom Beigeladenen betreuten Mandanten sowie neu zu akquirierende Mandanten übertragen wurde. Daneben sollte der Beigeladene die Klägerin in allen Fragen der Kanzleiorganisation und Verwaltung unterstützen. Er sei selbstständig und eigenverantwortlich tätig und unterliege bei der Durchführung seiner Tätigkeit keinen Weisungen der Klägerin und sei in der Gestaltung seiner Tätigkeit hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Umfang frei. Für seine Tätigkeit erhalte der Beigeladene 92,00 EUR pro Stunde. Er stelle seine Honorare jeweils zum Fünften des Folgemonats zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung. Reisekosten und Spesen für überregionale Leistungen würden im Rahmen der steuerlichen Sätze erstattet. Der Beigeladene habe bei den von ihm und allen in der Kanzlei gefertigten Arbeiten, insbesondere bei den Jahresabschlüssen, ein Zeichnungsrecht und eine Zeichnungspflicht. Die Tätigkeit des Beigeladenen sei durch eine Berufshaftpflichtversicherung des Auftraggebers zu decken und die Deckung dem Beigeladenen nachzuweisen. Der Vertrag wurde gemäß § 7 für eine Dauer von vier Jahren fest abgeschlossen und konnte während dieser Zeit nur aus wichtigem Grund mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalenderquartals gekündigt werden.
Mit weiterem Vertrag über freie Mitarbeit vom 18.09.2009 wurde der Vertrag vom 13.06.2007 zum 31.12.2009 in beiderseitigem Einvernehmen aufgehoben. Im Vertrag vom 18.09.2009 wurde unter § 1 (Aufgabengebiet) angeführt, dass der Beigeladene ab dem 01.01.2010 bei der Klägerin als Steuerberater angestellt sei. Er sei selbstständig und eigenverantwortlich tätig, sei in der Gestaltung seiner Tätigkeit hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Umfang frei und unterliege keinen Weisungen der Klägerin. Der Beigeladene werde das Erscheinungsbild der Klägerin nach außen mittragen und habe negative Äußerungen gegenüber Dritten zu unterlassen. Er erhalte nach § 2 eine Vergütung von 92,00 EUR pro Stunde zuzüglich Umsatzsteuer. Nach § 3 sei der Beigeladene nicht verpflichtet und nicht berechtigt, für die Klägerin zu zeichnen. Nach § 5 unterhalte er eine Berufshaftpflicht. Nach § 7 beginne der Vertrag zum 01.01.2010 und finde sein Ende mit Ablauf des 31.12.2011.
Die Tätigkeit des Beigeladenen wurde vorzeitig zum 19.05.2011 beendet durch fristlose Kündigung der Klägerin.
Am 01.07.2009 stellten der Beigeladene und die Rechtsvorgängerin der Klägerin einen Antrag auf Statusfeststellung bei der beklagten Clearingstelle. Der Antrag bei der Clearingstelle wurde von den Antragstellern mit Schreiben vom 24.07.2009 zurückgenommen. Nachdem die Clearingstelle den Sachverhalt an die Deutsche Rentenversicherung Bund gemeldet hatte, stellte diese mit Bescheid vom 07.09.2009 fest, dass der Beigeladene nicht der Rentenversicherungspflicht für Selbstständige unterliege, da er sozialversicherungspflichtige Angestellte beschäftige. Dabei handelte es sich um zwei Studierende der Dualen Hochschule, die Kinder des Beigeladenen.
Der Beigeladene beantragte am 14.04.2010 die Überprüfung des Bescheids vom 07.09.2009, worauf ihm die Beklagte unter dem 28.04.2010 mitteilte, solange er einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftige, behalte der Bescheid vom 07.09.2009 seine Gültigkeit.
Am 10.10.2011 beantragte der Beigeladene erneut die Überprüfung des Bescheides vom 07.09.2009 und vertrat nun die Ansicht, dass er bei der Klägerin abhängig beschäftigt sei. Mit Bescheid vom 13.02.2012 stellte die Beklagte (Clearingstelle) fest, dass ein Statusfeststellungsverfahren nicht durchgeführt werden könne, da bereits eine Entscheidung über den sozialversicherungsrechtlichen Status der zu beurteilenden Tätigkeit als Steuerberater vorliege. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.09.2012 zurück. Der Rechtsvorgängerin der Klägerin wurde mit Schreiben vom 20.09.2012 mitgeteilt, dass der Widerspruch des Beigeladenen mit Bescheid vom 06.09.2012 zurückgewiesen worden sei. Die zum sozialversicherungsrechtlichen Status der beurteilten Tätigkeit getroffenen Feststellungen blieben bestehen.
Dagegen erhob der Beigeladene am 27.09.2012 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Stuttgart (S 13 R 5333/12). Das Verfahren wurde nach Mitteilung der Beklagten (Clearingstelle), dass bereits bei der zuständigen Fachabteilung ein Überprüfungsverfahren gegen den Bescheid vom 07.09.2009 anhängig sei, mit Zustimmung der Beteiligten zum Ruhen gebracht.
Zwischenzeitlich hatte die Barmer GEK (Einzugsstelle) der Klägerin und dem Beigeladenen mit gleichlautendem Bescheid vom 08.03.2012 mitgeteilt, dass dessen Tätigkeit als Steuerberater vom 01.01.2008 bis zum 19.05.2011 nicht als abhängige Beschäftigung zu werten sei. Die Einzugsstelle nahm diesen Bescheid mit Bescheid vom 22.08.2016 unter Hinweis auf die vom Kläger betriebene Wiederaufnahme des im Juli 2009 eingestellten Statusfeststellungsverfahrens wegen fehlender Zuständigkeit zurück. Der Bescheid war adressiert an die Klägerin unter der Postanschrift T1straße, W1. Die Beklagte und der Beigeladene wurden entsprechend informiert.
Mit Schreiben vom 10.07.2019, beim SG eingegangen am 15.07.2019, rief die Beklagte (Clearingstelle) daraufhin das Verfahren wieder an (S 13 R 3125/19), hob den Bescheid vom 13.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.09.2012 auf und erkannte das Klagebegehren auf Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens an. Der Wegfall der Sperrwirkung rühre aus der Rücknahme des Bescheides der Barmer EK vom 08.03.2012 durch Bescheid vom 22.08.2016 her. Der Beigeladene nahm das Anerkenntnis zur Erledigung des Verfahrens unter dem 22.07.2019 an. Die Klägerin wurde an diesem Verfahren nicht beteiligt.
Mit Anhörungsschreiben vom 14.08.2019 hörte die Beklagte die Klägerin sowie den Beigeladenen zur beabsichtigten Feststellung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses für die Tätigkeit als Steuerberater bei der Klägerin vom 01.01.2008 bis zum 19.05.2011 an. Der Beigeladene teilte daraufhin am 20.08.2019 mit, dass er seit dem 01.12.2011 Altersvollrente beziehe und in seiner Tätigkeit als Steuerberater einen festen Stundensatz bei der Vergütung bezogen, die Tätigkeit in den Räumen des Auftraggebers ausgeübt und detaillierte Weisungen des Auftraggebers erhalten habe. Arbeitszeit und Art der Tätigkeit seien vorgegeben worden. Es seien bei Nichteinhaltung mehrfach Abmahnungen erteilt worden. Er habe Mitarbeiter der Kanzlei mit Aufgaben betrauen können.
Die Klägerin führte im Rahmen der Anhörung am 30.08.2019 aus, maßgeblich für das Rechtsverhältnis des Beigeladenen mit der Klägerin sei der Prozessvergleich, der am 14.09.2011 vor dem Landgericht Stuttgart (27 O 200/11) – nicht vor dem Arbeitsgericht – geschlossen worden sei. Der Beigeladene habe sich damals gerade nicht als Angestellten eingestuft und anwaltlich vortragen lassen, dass er durch den freien Mitarbeitervertrag so gestellt werden sollte, als ob er seine Kanzlei erst später veräußert hätte. Der Beigeladene habe seine Tätigkeit für die Klägerin vollkommen autark, selbstständig und ohne Weisungsgebundenheit ausgeführt. Die Reibereien zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen erklärten sich dadurch, dass der Beigeladene nicht habe einsehen wollen, dass er sehr viel Geld im Rahmen des Kaufvertrages für seine Mandanten erhalten habe und er während der Dauer des freien Mitarbeitsverhältnisses die Mandanten der Klägerin zu überantworten habe. Der Beigeladene habe in der Folge alles getan, um die Klägerin zu schädigen.
Mit an die Klägerin und den Beigeladenen gerichteten Bescheiden vom 29.11.2019 stellte die Beklagte (Clearingstelle) fest, dass für den Beigeladenen in dem Auftragsverhältnis als Steuerberater bei der Klägerin (vormals R2 M1 & S2 Steuerberatungsgesellschaft Partnerschaft) in der Zeit vom 01.01.2008 bis zum 19.05.2011 aufgrund einer abhängigen Beschäftigung Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe, ebenso wie Versicherungspflicht aufgrund abhängiger Beschäftigung in der Zeit vom 01.01.2008 bis 31.12.2010 in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der Sozialen Pflegeversicherung. Vom 01.01. bis zum 19.05.2011 habe Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der Sozialen Pflegeversicherung bestanden.
Zur Begründung wurde ausgeführt, entscheidend für die versicherungsrechtliche Beurteilung sei das Gesamtbild der Tätigkeit nach Maßgabe der für den Einzelfall bestimmenden rechtlichen und tatsächlichen Gestaltung der Verhältnisse, wozu auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht gehöre. Aus den vorgelegten vertraglichen und dargestellten tatsächlichen Verhältnissen ergäben sich die folgenden wesentlichen Tätigkeitsmerkmale, die bei der Beurteilung des Gesamtbildes berücksichtigt worden seien: Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche, dass ein fester Stundensatz gezahlt worden sei, der kein Gewinn- oder Verlustrisiko erkennen lasse, und Reisekosten und Spesen ebenfalls erstattet worden seien. Der Beigeladene habe auch Mitarbeiter der Kanzlei mit Aufgaben betrauen können. Die Tätigkeit sei teilweise in den Räumen der Kanzlei ausgeübt worden. Es sei eine Ausschließlichkeitsvereinbarung getroffen worden. Für eine selbstständige Tätigkeit spreche dagegen, dass vom Beigeladenen eine Bankbürgschaft für die Klägerin übernommen worden sei, dass die selbstakquirierten Mandate für eine Übergangszeit weiterbetreut worden seien und dass detaillierte Weisungen zur Ausführung der Tätigkeit angabegemäß nicht erteilt worden seien.
Insgesamt überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Zwar sei der Beigeladene in der Planung seiner Tätigkeit frei gewesen, eine eigenverantwortliche Planung finde man jedoch auch bei Beschäftigten. Der wesentliche Unterschied zu einer selbstständigen Tätigkeit in eigener Verantwortung sei darin zu sehen, welche Verantwortung bzw. Haftung derjenige dann tatsächlich im Einzelfall zu übernehmen habe. Beim Beigeladenen sei keine über das Ausmaß einer Beschäftigung hinausgehende Verantwortung ersichtlich. Es sei nicht maßgebend, ob Weisungs- und Direktionsrecht laufend ausgeübt worden seien. Entscheidend sei vielmehr, dass die Rechtsmacht bestanden habe, die Durchführung der Beschäftigung entscheidend zu bestimmen. Zwar sei der Beigeladene vertraglich nicht verpflichtet gewesen, die Leistungen persönlich zu erbringen, die persönliche Leistungserbringung sei jedoch die Regel gewesen. Der Beigeladene habe auch kein eine selbstständige Tätigkeit kennzeichnendes Unternehmerrisiko getragen. Er habe ein festes, nicht an einen Arbeitserfolg geknüpftes Honorar pro Stunde erhalten. Auch hätten keine maßgeblichen eigenen Gestaltungsmöglichkeiten bei der tatsächlichen Leistungserbringung bestanden. In der Zeit vom 01.01.2011 bis zum 19.05.2011 sei die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung ausgeschlossen, weil das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt des Beigeladenen die maßgebliche Jahresarbeitsentgeltgrenze überstiegen habe.
Gegen den Bescheid legte der Beigeladene am 10.12.2019 Widerspruch ein, soweit die Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung festgestellt wurde. Er gehe davon ausgehe, dass auch zwischen 2008 und 2010 Versicherungsfreiheit in der Kranken- und Pflegeversicherung bestanden habe. Er legte seine Abrechnungen aus den Jahren 2008 bis 2010 vor.
Am 30.12.2019 legte auch die Klägerin gegen den Bescheid vom 29.11.2019 Widerspruch ein mit der Begründung, der Beigeladene sei als selbstständiger Steuerberater tätig gewesen. Zur Selbstständigkeit eines Steuerberaters gehöre auch als letzter Akt der Selbstständigkeit die Veräußerung seines Anteils an der M1 & S2 GbR. Die Erhaltung des Mandantenstammes sei ein wesentlicher Inhalt der Übertragung und auch Gegenstand der weiteren vertraglichen Vereinbarung, nämlich des Vertrages über die freie Mitarbeit, gewesen. Der Vertrag über freie Mitarbeit sei insofern ein Nebenvertrag zum Übertragungsvertrag gewesen. Der Beigeladene habe insofern den Lohn nicht für normale Steuerberatungstätigkeiten erhalten, sondern habe die Vergütung dafür erhalten, dass er den Anteilserwerb bzw. seine Veräußerung seiner Gesellschaftsanteile vollendet habe, indem er die Übertragung des Mandantenstammes bewirkt habe. Die Verträge über die freie Mitarbeit stünden in der Vertragshierarchie unter dem Anteilsvertrag wie den Nebenabreden (Side Letter). In den Nebenabreden sei zu den Vergütungsansprüchen bestimmt, dass diese im bisherigen Gewinnanteil in Höhe von 50 % an der GbR aufgingen (vgl. Nebenabrede vom 12.06.2007 zu Ziffer 5). Diese Entgeltregelung, die unselbstständiger Bestandteil der Gewinnbeteiligungsregelung aus dem Übertragungsvertrag bzw. der Nebenabrede sei, passe nicht zu einem Beschäftigungsverhältnis.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 06.01.2021 wies die Beklagte die Widersprüche zurück und führte zur Begründung aus, in der in den Jahren 2007 bis 2010 geltenden Fassung des § 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) habe eine Krankenversicherungsfreiheit erst mit Beginn des Kalenderjahres eingesetzt, welches auf das Kalenderjahr folge, in denen die Jahresarbeitsentgeltgrenze in drei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren überschritten worden sei. Da in den Jahren 2008 bis 2010 die JAEG überschritten worden sei, sei Versicherungsfreiheit erst zum 01.01.2011 eingetreten.
Dagegen hat der Beigeladene am 14.01.2021 Klage beim SG (S 4 BA 177/21) erhoben, mit welcher er sich ausschließlich gegen die Feststellung von Versicherungspflicht aufgrund abhängiger Beschäftigung in der Zeit vom 01.01.2008 bis 31.12.2010 in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der Sozialen Pflegeversicherung gewandt hat.
Am 08.02.2021 hat die Klägerin die vorliegende Klage (S 24 BA 477/21) beim SG erhoben, und dazu vorgetragen, der freie Mitarbeitervertrag sei mit Wirkung zum 01.01.2008 abgeschlossen worden, um die freie Mitarbeit des Beigeladenen als Standortleiter sowie als beratend tätiger Steuerberater in Gestalt einer Überleitungstätigkeit festzustellen. In der Folge sei es zu schwerwiegenden Differenzen zwischen den Vertragsparteien gekommen, da der Vorwurf der Käuferseite dahingegangen sei, dass die Überleitungs- und Einführungstätigkeit des Beigeladenen nicht bzw. nur mangelhaft ausgeführt worden sei. Darum sei der weitere Vertrag über die freie Mitarbeit vom 18.08.2009 mit Wirkung vom 01.01.2010 abgeschlossen worden, wonach sich die Vertragsparteien einig gewesen seien, dass sämtliche Mandanten bis spätestens zum 31.12.2010 übergeleitet werden müssten. Danach sei der Beigeladene nur noch für Akquise-Tätigkeiten und Unterstützung der Wirtschaftsprüfertätigkeiten zuständig gewesen. Da diese neuen Aufgaben jedoch nicht erfüllt worden seien, sei das Vertragsverhältnis zum 31.12.2010 beendet worden; die letzte Rechnung betreffe auch den Zeitraum Dezember 2010. Es habe sich dabei um eine freie Mitarbeit gehandelt, was auch die streitige Auseinandersetzung vor dem Landgericht S1 und nicht vor dem Arbeitsgericht zeige.
Es gebe zudem bereits Statusfeststellungsbescheide der Beklagten vom 07.09.2009 und vom 28.04.2010. In diesen sei von einer selbstständigen Tätigkeit ausgegangen worden. Diese Bescheide seien verbindlich und könnten nun nicht willkürlich von der Beklagten ignoriert werden. Im Bescheid vom 02.09.2009 führe die Deutsche Rentenversicherung aus, ihr sei von der bundesweiten Clearingstelle (also die für Statusfeststellungen zuständige Stelle der Beklagten) angezeigt worden, dass eine selbständige Tätigkeit ausgeübt werde. Daher werde davon ausgegangen, dass der Auftragnehmer H2 M1 im Jahr 2008 oder 2009 einen Antrag auf Statusfeststellung gestellt habe und die Deutsche Rentenversicherung einen Bescheid über die Feststellung einer selbständigen Tätigkeit erteilt habe.
Zudem gebe es den Bescheid der Barmer GEK vom 08.03.2012, wonach der Beigeladene ab dem 01.01.2008 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses beschäftigt worden sei. Auch diese Entscheidung entfalte Bindungswirkung. Dies gelte zumindest bis zum 31.12.2009 und nach Auffassung der Klägerin auch bis zum 31.12.2010, da sich die Verhältnisse nicht dahingehend geändert hätten, dass sie nun für eine abhängige Beschäftigung sprechen würden. Auch diesen Bescheid müsse die Beklagte mit Bindungswirkung gegen sich gelten lassen. Im Übrigen erhebe die Klägerin hinsichtlich des zweiten Statusfeststellungsbescheides vom 19.11.2019 die Einrede der Verjährung.
Mit Bescheid vom 09.07.2021 hat die Beklagte in beiden Klageverfahren das Klagebegehren insofern anerkannt und festgestellt, dass auch in der Zeit vom 01.01.2008 bis zum 31.12.2010 keine Versicherungspflicht aufgrund abhängiger Beschäftigung in der gesetzlichen Krankenversicherung und der Sozialen Pflegeversicherung für den Beigeladenen in seiner Tätigkeit als Steuerberater bei der Klägerin eingetreten sei. Dieses Anerkenntnis hat der Beigeladene am 20.07.2021 zur vollständigen Erledigung des Verfahrens S 4 BA 177/21 angenommen, die Klägerin hat es im Verfahren S 4 BA 477/21 hat es zur teilweisen Erledigung des Rechtsstreits angenommen.
Die Beklagte ist – soweit das Klagebegehren nicht teilweise anerkannt worden ist – der Klage im Verfahren S 4 BA 477/21 im Übrigen entgegengetreten und hat darauf verwiesen, dass die Entscheidung bezüglich der Rentenversicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) keine Sperrwirkung hinsichtlich des Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) entfalte. Insofern bleibe die Beklagte bei ihrer Auffassung, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen habe.
Nach Beiladung zum Verfahren S 24 BA 477/21 durch Beschluss des SG vom 27.05.2021 hat der Beigeladene ausgeführt, dass seine ab dem 01.01.2008 ausgeübte Tätigkeit als Steuerberater kein freies Mitarbeiterverhältnis gewesen, sondern als abhängige Beschäftigung einzustufen sei. Die Formulierungen unter § 1 Abs. 2 des Vertrages dienten aus heutiger Sicht lediglich dazu, eine Sozialversicherungspflicht zu umgehen. In dem neuen ab 01.01.2010 zur Anwendung kommenden Vertrag über freie Mitarbeit sei er ab dem 01.01.2010 angestellt gewesen und habe seine Arbeitsleistung prüfbar und zuordenbar abrechnen müssen. Von einer selbstständigen, eigenverantwortlichen und weisungsgebundenen Tätigkeit könne keine Rede mehr sein. Hintergrund des ersten Vertrages über freie Mitarbeit sei gewesen, dass er seine Tätigkeit als selbstständiger Steuerberater nach der Übertragung noch vier weitere Jahre in gewohntem Umfang habe fortführen wollen und sollen. Beim Zeitpunkt des Vertragsabschlusses sei jedoch wegen einer Krebserkrankung nicht absehbar gewesen, ob er die Kanzleiführung bis Ende des Jahres 2011 wahrnehmen könne. Anfang des Jahres 2008 sei er dann jedoch gesundheitlich sehr wohl in der Lage gewesen, die vereinbarte Kanzleiführung und auch den Beratungskontakt zu den Mandanten durchzuführen. Dies habe der Klägerin bzw. deren Gesellschaftern jedoch nicht gefallen, sodass diese ihm nahegelegt hätten, die Mandantenbeziehungen zu übergeben und den Kontakt zu den Mandanten einzustellen. Er sei dazu verpflichtet worden, neben Einhaltung der geregelten Arbeitszeiten lückenlose Aufschriebe über sämtliche Tätigkeiten, also eine vollständige Zeiterfassung, zu erstellen. Auch der Zeitaufwand des für einen Steuerberater unerlässlichen Literaturstudiums und der Fortbildung sei nicht vergütet worden. Diese Verpflichtungen seien von der Klägerin mit Sanktionen untermauert worden (Einbehalten der vereinbarten Entlohnung) und gleichzeitig sei er verpflichtet worden, am 18.08.2009 einen neuen Vertrag über die freie Mitarbeit einzugehen. Diesem Vertrag zufolge sei er angestellt gewesen und ihm sei das Zeichnungsrecht entzogen worden. Weisungsungebundenheit ohne Zeichnungsbefugnis funktioniere jedoch nicht. Er habe die im Vertrag vom 18.08.2009 geforderten Leistungsbilder nicht erfüllen wollen und die Tätigkeiten eines Wirtschaftsprüfers nicht unterstützend übernehmen wollen. Sämtliche unternehmerische Entscheidungsfreiheit sei entfallen gewesen. Insofern sei seine Tätigkeit ab dem 01.01.2008 als abhängige Beschäftigung einzustufen gewesen.
Durch Urteil vom 23.07.2024 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 29.11.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.01.2021 und des Bescheids vom 09.07.2021 sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beigeladene habe seine Tätigkeit als Steuerberater bei der Klägerin in der Zeit vom 01.01.2008 bis zum 19.05.2011 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt und habe damit in dieser Zeit der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen. Nach § 7a Abs. 1 S. 1 SGB IV könnten die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliege, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hätten im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Diese entscheide aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliege (§ 7a Abs. 2 SGB IV).
Vorliegend sei ein Statusfeststellungsverfahren nicht nach § 7a Abs. 1 SGB IV gesperrt. Der zwischenzeitlich ergangene Bescheid der Barmer GEK, der Einzugsstelle, sei mit Bescheid vom 22.08.2026 (gemeint: 2016) gegenüber der Klägerin und dem Beigeladenen zurückgenommen worden. Die Rücknahmeentscheidung sei bestandskräftig geworden. Der Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 07.09.2009 entfalte keine Sperrwirkung für das hiesige Verfahren. Dabei habe es sich um eine Entscheidung über die Rentenversicherungspflichtig als Selbstständiger nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI gehandelt. Bei einer solchen, ausschließlich für den Bereich der Rentenversicherung getroffenen Feststellung eines Rentenversicherungsträgers zur gesetzlichen Rentenversicherungspflicht von Selbstständigen bestehe keine Gleichwertigkeit mit Antragsverfahren nach §§ 7a Abs. 1, 28h Abs. 2 und 28p Abs. 1 SGB IV. Der Regelungsgehalt beider Normen unterscheide sich in versicherungsrechtlicher Hinsicht erheblich voneinander (unter Verweis auf Pietrek in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl., § 7a SGB IV 1. Überarbeitung, Stand: 21.11.2023, Rn. 26)
Der Beigeladene sei im streitigen Zeitraum seiner Tätigkeit als Steuerberater bei der Klägerin versicherungspflichtig in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) gewesen. Die allgemeinen Maßstäbe für die Abgrenzung abhängiger und selbstständiger Tätigkeit würden auch für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit als Steuerberater gelten, unbeschadet dessen, dass dieser ein unabhängiges Organ der Steuerrechtspflege und Angehöriger eines sog. freien Berufs sei (§ 1 Abs. 1 Berufsordnung der Bundessteuerberaterkammer - BOStB). Allein aus der Zuordnung zum freien Beruf lasse sich keine normative Wirkung in dem Sinn ableiten, dass die Angehörigen eines solchen Berufs grundsätzlich einer selbstständigen Tätigkeit nachgingen und in erhöhtem Maße vor gesetzgeberischen Eingriffen - hier durch Begründung der Versicherungspflicht geschützt wären. Auf die Verkehrsanschauung, der der Typusbegriff letztlich entspringe, komme es für die Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit nicht an. Für die Abgrenzung von Beschäftigung und Selbständigkeit sei vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen (BSG, Urteil vom 29.07.2015 - B 12 KR 23/13 - juris). Dazu sei zunächst deren Inhalt konkret festzustellen. Lägen schriftliche Vereinbarungen vor, so sei neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt seien. Diese seien ebenfalls nur maßgeblich, soweit sie rechtlich zulässig seien.
Vorliegend hätten zwischen den Beteiligten Verträge über freie Mitarbeit vom 13.06.2007 und vom 18.08.2009 bestanden, die sowohl Merkmale einer selbstständigen Tätigkeit als auch Merkmale einer abhängigen Beschäftigung enthielten. Ein maßgebliches Abwägungskriterium sei, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt werde, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss sei. Für eine abhängige Beschäftigung spreche die Regelung in den Verträgen (jeweils in § 2), dass der Beigeladene für seine Tätigkeit einen festen Stundensatz von 92,00 EUR pro Stunde erhalten habe. In dem Vertrag aus 2007 sei daneben auch die Erstattung von Reisekosten und Spesen niedergelegt. Dadurch sei der Beigeladene nicht in der Gefahr gewesen, die eigene Arbeitskraft mit der Gefahr einzusetzen, dass er seine Tätigkeit nicht vergütet bekommen würde; ein unternehmertypisches Ausfallrisiko wie etwa bei einer Vergütung durch eine Umsatzbeteiligung habe für ihn nicht bestanden. Andererseits sei der Beigeladene auch nicht am wirtschaftlichen Erfolg der Klägerin beteiligt gewesen, sodass auch keine wesentlichen unternehmerischen Chancen bestanden hätten.
Für eine abhängige Beschäftigung spreche zudem, dass der Beigeladene keine erheblichen Investitionskosten oder eigenes Kapital einzusetzen gehabt habe; er habe weiterhin ein Büro in den Räumen der Klägerin genutzt und auf dort vorhandene Arbeitsmittel zugreifen können. Ebenso habe er Mitarbeiter der Klägerin mit Aufgaben betrauen können (vgl. auch § 6 der Verträge über freie Mitarbeit) und insofern kein eigenes Sekretariat unterhalten. Personal- und Sachkosten habe er nicht zu übernehmen gehabt und diese seien auch nicht erkennbar in den vereinbarten Stundensatz von 92,00 EUR einberechnet.
Für eine abhängige Beschäftigung spreche weiter die Regelung in § 3 des Vertrages vom 18.08. 2009. Danach habe der Beigeladene sein Zeichnungsrecht und seine Zeichnungspflicht verloren. Ab dann habe der Beigeladene Mandate letztlich nicht mehr eigenständig betreuen können, da er die im Rahmen der steuerlichen Beratung der Mandanten anzufertigenden Arbeiten nicht mehr habe unterzeichnen dürfen, sondern der Klägerin zur weiteren Veranlassung vorlegen müssen. Eine selbstständige und eigenverantwortliche Tätigkeit sei damit letztlich nicht möglich gewesen. Folgerichtig sei in § 1 des Vertrages von 2009 auch ausdrücklich festgelegt gewesen, dass der Beigeladene als Steuerberater bei der Klägerin „angestellt“ worden sei.
Für eine selbstständige Tätigkeit spreche dagegen die Regelung in § 1 der Verträge, wonach der Beigeladene selbstständig und eigenverantwortlich tätig sei und keinen Weisungen der Klägerin hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Umfang der Tätigkeit unterliege. Dies widerspreche allerdings in gewisser Weise der Entziehung des Zeichnungsrechts; auch habe der Beigeladene insoweit relativierend vorgetragen, dass in der tatsächlichen Zusammenarbeit durchaus Weisungen der Klägerin ergangen seien. Dies habe beispielsweise die Häufigkeit und Höhe der Abrechnungen gegenüber Mandanten und dafür vom Beigeladenen anzufertigende Tätigkeits- und Zeitaufschriebe betroffen. Dieser Vortrag sei nach persönlicher Einvernahme des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung sowie Vorlage von Schriftverkehr zwischen den Beteiligten, in dem der Beigeladene wegen Nichteinhaltung dieser Vorgaben anwaltlich „abgemahnt“ worden sei, auch glaubhaft. Weiter spreche für eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen, dass dieser eine Berufshaftpflichtversicherung unterhalten habe. Insgesamt überwögen aber die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung.
Gegen das der Klägerin am 31.07.2024 zugestellte Urteil hat diese am 12.08.2024 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Der Bescheid der Beklagten vom 29.11.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.01.2021 und in der Gestalt des Bescheides vom 09.07.2021 betreffend die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung auf Grund eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses des Beigeladenen sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten. Eine Feststellung der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung auf Grund eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses durch die Beklagte sei nicht mehr zulässig gewesen. Im Übrigen - wenn die Feststellung noch zulässig gewesen wäre - läge auch auf Grund der Gesamtwürdigung aller Umstände eine selbstständige Tätigkeit und damit kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor.
Der Durchführung des Statusfeststellungsverfahrens und Feststellung der Versicherungspflicht gegenüber der Klägerin stehe die Sperrwirkung durch den Bescheid der Beklagten vom 20.09.2012 sowie durch den Bescheid BARMER GEK vom 08.03.2012 entgegen. Aus dem Bescheid der Beklagten vom 13.02.2012 und dem Widerspruchsbescheid vom 20.09.2012 ergebe sich eindeutig, dass der sozialversicherungsrechtliche Status bereits im Sinn einer selbständigen Tätigkeit festgestellt worden sei. Der Bescheid vom 20.09.2012 sei auch gegenüber der Klägerin ergangen. Das nachfolgende Verfahren S 13 R 5333/12 und das damit verbundene Anerkenntnis zur Durchführung einer Statusfeststellung betreffe die Klägerin nicht, da sie nicht am Verfahren beteiligt worden sei. Die Beklagte habe die streitgegenständlichen Bescheide über die Feststellung der Versicherungspflicht auf Grund eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erteilen können, da der an die Rechtsvorgängerin der Klägerin gerichtete Bescheid der Beklagten vom 20.09.2012 über die Feststellung eines selbstständigen Beschäftigungsverhältnisses bestandskräftig geworden sei. Der Bescheid vom 20.09.2012 sei auch nicht ex tunc oder ex nunc aufgehoben worden. Damit sei gegenüber der Klägerin im Sinn einer nicht abhängigen Beschäftigung rechtskräftig entschieden worden; die Entscheidung habe bis heute Bestandskraft und es liege eine Sperrwirkung vor.
Zudem habe die Krankenkasse BARMER GEK im Bescheid vom 08.03.2012 eine selbstständige Tätigkeit festgestellt. Das SG führe in den Urteilsgründen aus, dass der Bescheid vom 08.03.2012 mit Bescheid vom 22.08.2016 wieder aufgehoben worden sei. Das SG habe sich aber nicht damit auseinandergesetzt, ob die Aufhebung durch den Bescheid vom 22.08.2016 überhaupt erfolgen durfte, rechtswidrig oder nichtig sei. Es habe unzutreffend ausgeführt, dass die Rücknahmeentscheidung bestandskräftig geworden sei. Das ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn die Rücknahmeentscheidung nicht bekanntgegeben oder nichtig gewesen sei. Der Bescheid über die Aufhebung vom 22.08.2016 sei an die Klägerin sei mit der bis zum 31.12.2011 geltenden Anschrift beschriftet. Der Mietvertrag über die Räumlichkeiten W1, T1straße , sei zum 31.12.2011 gekündigt worden. Danach habe ein Nachsendeantrag existiert, so dass der Bescheid der Krankenkasse vom 08.03.2012 der Klägerin auf Grund des Nachsendeantrags zugegangen sei. Die Aufhebung vom 22.08.2016, also über vier Jahre später, sei der Klägerin nicht mehr zugegangen. Ein Nachsendeantrag werde nicht über einen so langen Zeitraum aufrechterhalten. Die Klägerin habe auch nicht mehr mit dem Zugang von Post rechnen müssen. Im Übrigen sei sowohl der Krankenkasse als auch der Deutschen Rentenversicherung bekannt gewesen, dass die Niederlassung nicht mehr bestanden habe und sich die korrekte Zustelladresse in S1 befinde (damals D1straße S1). Der Bescheid vom 22.08.2016 sei daher nicht bekanntgegeben worden. Der Bescheid vom 08.03.2012 entfalte daher weiterhin Sperrwirkung.
Das Statusfeststellungsverfahren sei außerdem wegen der Verjährung der Beiträge unzulässig. Die Klägerin sei nach der Erteilung des Bescheids vom 20.09.2012 erstmals wieder im Rahmen der Anhörung vom 14.08.2019 mit der nun streitgegenständlichen Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status befasst. Zu diesem Zeitpunkt sei die Tätigkeit des Beigeladenen für die Klägerin längst beendet gewesen (die letzte Zahlung sei am 16.02.2011 erfolgt). Davor sei die Klägerin am 03.08.2009 mit der Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status beschäftigt gewesen, als sowohl die Rechtsvorgängerin der Klägerin als auch der Beigeladene den Antrag auf Statusfeststellung zurückgenommen hätten, da keine Zweifel am Vorliegen der Selbständigkeit bestünden. Ferner sei die Klägerin letztmalig mit dem Thema durch die Zustellung des Bescheids der Beklagten vom 20.09.2012 befasst gewesen, mit dem festgestellt worden sei, dass die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status bestehen bleibe (im Sinn einer nicht abhängigen Beschäftigung).
Die Durchführung des Statusfeststellungsverfahrens für eine beendete Tätigkeit sei zwar nach der Rechtsprechung grundsätzlich zulässig. Verwaltungsakte über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Versicherungspflicht könnten unabhängig davon ergehen, ob die in Frage stehende Tätigkeit noch ausgeübt werde oder das sie begründende Rechtsverhältnis im Zeitpunkt der Entscheidung noch bestehe (unter Verweis auf BSG, Urteil vom 04.06.2009 - B 12 KR 31/07 R -). Allerdings sei eine Statusfeststellung für eine beendete Tätigkeit nicht schrankenlos zulässig. Aus der grundsätzlichen Zulässigkeit eines rückwirkenden Statusfeststellungsverfahrens folge nicht, dass gänzlich unberücksichtigt bleiben müsste, dass die Statusfeststellung in der Regel mit zunehmendem Zeitablauf eine immer geringere Bedeutung erlange. Statusfeststellungsverfahren bei beendeten Tätigkeiten seien nach der Gesetzessystematik nur dann durchzuführen, wenn die konkrete Gefahr bestehe, dass die begehrte Statusfeststellung in naher Zukunft erneut für die Vertragsbeteiligten des Tätigkeitsverhältnisses erforderlich werde (Wiederholungsgefahr), aus der Statusfeststellung Restitutionsansprüche erwachsen (Rehabilitationsinteresse) oder die Statusfeststellung sonst für andere Verfahren von Bedeutung sei (Präjudizialität). Die Statusfeststellung sei also stets nur dann durchzuführen, wenn sie sich auf Beitrags-, Sozialleistungs- oder andere Rechtsansprüche auswirken könne. Diese Voraussetzung für die Durchführung des Statusfeststellungsverfahrens sei von den Beteiligten des jeweiligen Tätigkeitsverhältnisses schlüssig darzulegen. Es stelle wie auch sonst bei begehrten Feststellungen keine unzumutbare Erschwerung des Rechtsschutzes dar, wenn von den Beteiligten eines potenziell als Beschäftigungsverhältnis einzuordnenden Rechtsverhältnisses jedenfalls auf behördliche bzw. gerichtliche Aufforderung erwartet werde, die (Fort-)Wirkungen der abgeschlossenen Tätigkeit darzulegen, und keine Entscheidung über den Status einer Tätigkeit zu treffen, wenn solche weder substantiiert vorgetragen werden noch sonst Anhaltspunkte hierfür ersichtlich seien (unter Verweis auf LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 18.11.2022 - L 1 BA 91/19 -). Die Beklagte habe das Vorliegen solcher gesteigerten Anforderungen nicht dargetan. Sie lägen auch nicht vor: Eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht, da das Verhältnis zwischen der Klägerin und Herrn H2 M1 tiefgreifend gestört sei und eine weitere Mitarbeit in der Zukunft unter keinen Umständen in Betracht komme. Ebenso wenig sei ein Rehabilitationsinteresse gegeben, da die wechselseitigen Ansprüche zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen durch den vor dem Landgericht S1 geschlossenen Vergleich vom 14.09.2011 erledigt seien. Schließlich liege auch keine Präjudizialität vor; die Statusfeststellung habe für ein anderes Verfahren, insbesondere das Beitragsverfahren keine Bedeutung, da bei der Einleitung des Statusfeststellungsverfahrens gegenüber der Klägerin im Rahmen der Anhörung vom 14.08.2019 bereits für sämtliche Sozialversicherungsbeiträge Verjährung eingetreten sei. Damit habe sich die Statusfeststellung nicht mehr auf Beitrags-, Sozialleistungs- oder andere Rechtsansprüche auswirken können. Damit sei das Statusfeststellungsverfahren gegenüber der Klägerin auf Grund des Verjährungseintritts im Hinblick auf die Beiträge nicht mehr zulässig.
Außerdem liege keine Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin, sondern ein selbstständiges Auftragsverhältnis vor (dazu auch: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 18.11.2022 a.a.O.; ebenso werde verwiesen auf diverse Klageverfahren in vergleichbaren Fällen, die die Klägerin beim SG Konstanz geführt habe: R2 B2 Steuerberatungsgesellschaft KG./. Deutsche Rentenversicherung, Az. S 9 R 1374/17; R2 B2 Steuerberatungsgesellschaft KG ./. Deutsche Rentenversicherung, Az. S 9 BA 224/18; R2 B2 Steuerberatungsgesellschaft KG ./. Deutsche Rentenversicherung, Az. S 9 R 2722/17).
Eine Weisungsbefugnis und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers lägen hier nicht vor. Nach dem Vertrag über den Kauf und die Übertragung von Gesellschaftsanteilen vom 12.06.2007 habe der Beigeladene Anteile an seiner Steuerberatungsgesellschaft veräußert und sich zur Übertragung der Kanzlei verpflichtet. Um die Überleitung zu gewährleisten, sei eine Mitarbeit des Verkäufers zwingend notwendig; nur so könnten die Mandate, die Mitarbeitenden sowie die Kanzleiorganisation auf den Käufer übergeleitet werden. Daher habe sich der Beigeladene verpflichtet, als (freier) Mitarbeiter zur Verfügung zu stehen und mitzuarbeiten. Nur der Verkäufer habe die Kenntnisse betreffend die Mandate, die Mitarbeitenden sowie die Betriebsorganisation gehabt. Eine Weisungsbefugnis sei in der ersten Phase der Überleitung überhaupt nicht möglich gewesen, da der Auftraggeber die Einzelheiten überhaupt nicht gekannt habe. Der Käufer richte sich nach den Vorgaben und Weisungen des Verkäufers, um die Überleitung nicht zu gefährden. Der Verkäufer habe die Kanzlei aufgebaut und geschaffen, er habe die Mandate und Mitarbeitenden über Jahre oder sogar Jahrzehnte hinweg betreut. Der Käufer habe keinerlei Kenntnisse und sei auf die Mitarbeit im Sinne einer Überleitung des Verkäufers angewiesen. Der Verkäufer wiederum habe das Interesse an einer gelingenden Überleitung, um seine Ansprüche (insbesondere den Kaufpreisanspruch) nicht zu gefährden. Eine Pflicht zur Mitarbeit des Verkäufers ergebe sich damit in erster Linie durch die vertragliche Verpflichtung über den Verkauf und die Überleitung, die der Verkäufer selbst initiiert habe und selbst eingegangen sei.
Der Beigeladene habe daher als freier Mitarbeiter zunächst keine Kanzleiführungsaufgaben nach den Weisungen der Klägerin wahrgenommen, sondern eine Überleitungstätigkeit nach eigenen Vorstellungen, entsprechend seinem übergeordneten Wissen und seinen Erfahrungen und seinen eigenen vertraglichen Interessen ausgeübt. Im Verlauf der Überleitungstätigkeit sei es nach einer gewissen Zeit zu schweren (auch gerichtlichen) Auseinandersetzungen und Differenzen gekommen. Die Klägerin habe nach einer gewissen Überleitungsphase festgestellt, dass aus ihrer Sicht wesentliche Vertragspflichten des Kaufvertrags vom überleitenden Verkäufer nicht beachtet würden (z. B. Erfassung der geleisteten Stunden, um die Leistung des Beigeladenen im Innenverhältnis und gegenüber den Mandanten abrechnen zu können, „negative" oder „herabsetzende" Äußerungen über die Klägerin). Auch dies zeige den oben beschriebenen Vorgang: Der Beigeladene sei überhaupt nicht bereit gewesen, irgendwelche Vorstellungen der Klägerin oder Weisungen der Klägerin zu akzeptieren oder gar umzusetzen. Er habe die Kanzlei in der Überleitungsphase nach wie vor - wie früher als Inhaber - nach eigenen Vorstellungen und entgegen den Vorstellungen der Käuferin über die Vertragspflichten des Kaufvertrags geführt.
Daraufhin sei es zum Vertrag über freie Mitarbeit vom 18.08.2009 gekommen, der ab dem 01.01.2010 bis zum 31.12.2010 bzw. zum 31.12.2011 gelten sollte. Auf Grund der nach wie vor vorhandenen schweren Auseinandersetzungen und Differenzen habe die Klägerin als Vorsichtsmaßnahme vereinbart, dass der Beigeladene kein Zeichnungsrecht mehr haben sollte. Diese Einschränkung habe aber nur den Auftritt nach außen betroffen. Unverändert sei im Wesentlichen die Aufgabe der Überleitung geblieben, die der Beigeladene in eigenständiger und freier Bestimmung habe gestalten können und auch so umgesetzt habe. Es habe aber weiterhin schwere Auseinandersetzungen und Differenzen gegeben, die zur vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses geführt hätten. Die Wortwahl in § 1 Abs. 1 „angestellt" sei untechnisch im Sinne einer Beschäftigung verwendet worden; aus Abs. 2 und Abs. 3 ergebe sich eindeutig, dass durch diese Wortwahl kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis oder gar Angestelltenverhältnis habe begründet werden sollen.
Ebenso spreche die Vergütung von 92,00 EUR/Stunde nicht gegen das Vorliegen eines Unternehmerrisikos: Wenn der Auftragnehmer nicht gearbeitet habe, habe er keine Vergütung erhalten. Dies sei ein bedeutender Unterschied zum Arbeitnehmer, der monatlich ein entsprechendes vertraglich vereinbartes Arbeitsentgelt erhalte. Der Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers müsse eine Sollarbeitszeit enthalten; das sei die Mindestanforderung an einen Arbeitsvertrag; eine völlig freie Abrechnung nach Stunden sei beim Arbeitnehmer nicht möglich. Wenn der Arbeitnehmer die Sollarbeitszeit nicht abarbeite, dann bestehe für den Arbeitgeber lediglich die Möglichkeit, den Arbeitnehmer abzumahnen bzw. zu kündigen. Es bestehe keine Möglichkeit, einfach das vertraglich vereinbarte Gehalt auf Grund der Minderarbeitszeit zu kürzen. Beim Beigeladenen habe lediglich die tatsächlich geleistete Arbeitszeit vergütet werden müssen. Dies stelle umgekehrt auch dessen unternehmerisches Risiko dar.
Hinzu komme, dass die Vergütung sehr deutlich über der Vergütung eines angestellten Steuerberaters liege, so dass sich ein deutliches Anzeichen für das Vorliegen einer nicht abhängigen Beschäftigung ergebe. Die Klägerin habe für die Arbeitsstunde eine Vergütung von 92,00 Euro netto entrichtet; dies würde (bezogen auf eine Vollzeittätigkeit von 40 Stunden wöchentlich ein Bruttogehalt von ca. 16.000,00 EURmonatlich (zuzüglich Arbeitgeberbeiträge) bedeuten. Dies stelle ein Vielfaches der Vergütung dar, die die Klägerin einem angestellten Steuerberater/Standortleiter bezahlen würde.
Das Fehlen einer eigenen Betriebs- und Geschäftsausstattung, die mit wesentlichen Investitionen verbunden sei (also Investitionen, die über ein betriebliches Kfz, ein Arbeitszimmer, Hardware und Software hinausgingen), könne bei einem freiberuflich Tätigen kein Kriterium sein, da das wesentliche Arbeitsmittel typischerweise die geistigen Fähigkeiten des Freiberuflers seien. In Anbetracht dieser Umstände sei von einer nicht abhängigen Beschäftigung auszugehen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. Juli 2024 und den Bescheid der Beklagten vom 29. November 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Januar 2021 und in Gestalt des Bescheids vom 9. Juli 2021 aufzuheben und festzustellen, dass für die Tätigkeit des Beigeladenen für die Klägerin keine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung auf Grund eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses bestand.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine wesentlichen neuen Erkenntnisse, die für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich seien. Zutreffend werde darin darauf hingewiesen, dass auch für beendete Auftragsverhältnisse Statusfeststellungsverfahren durchzuführen seien. Gesteigerte Anforderungen an das Feststellungsinteresse im Hinblick auf Verjährungsfragen seien nicht zu stellen. Für eine solche Einschränkung könne sich die Klägerin weder auf das Gesetz noch auf Rechtsprechung berufen. Das Statusfeststellungsverfahren beinhalte keine Feststellung betragsrechtlicher Fragen wie die der Verjährung. Auch inzidenter seien hierzu keine Feststellungen zu treffen. Beitragsrechtliche Fragen seien nach Abschluss des Statusfeststellungsverfahrens gegebenenfalls durch die Einzugsstellen zu klären.
Materiell-rechtlich sei auf das BSG-Urteil vom 07.07.2020 (B 12 R 17/1228 R) zu Steuerberatern hinzuweisen, davon ausdrücklich auf Rn. 36, wonach bei unsicherer Unterscheidung zwischen abhängiger und selbstständiger Ausübung anhand des Abgrenzungsmerkmals der äußeren Weisungsgebundenheit Rückschlüsse aus anderen Kriterien (Vergütung) gezogen werden müssten. Hier spreche die pauschale Vergütung eindeutig für eine abhängige Beschäftigung.
Ergänzend hat die Beklagte ausgeführt, der von ihr als Rentenversicherungsträger erteilte Bescheid vom 07.09.2009 zur Versicherungspflicht stehe einer Statusentscheidung der Clearingstelle der Beklagten nicht entgegen. Die Beklagte habe vor dem Bescheid vom 07.09.2009 keine Statusentscheidung getroffen. Der Statusfeststellungsantrag vom 01.07.2009 sei von beiden Seiten zurückgenommen worden, weil beide Seiten keine Zweifel an einer selbstständigen Tätigkeit gehabt hätten. Das Verfahren sei daraufhin eingestellt und die Unterlagen zur VP-Prüfung gemäß § 2 SGB VI an das Dezernat 4970 (Rentenversicherungsträger) abgegeben worden.
Der Bescheid vom 07.09.2009 sei auch nicht aufgehoben worden. Das Dezernat 4970 habe die Krankenkasse zwecks Prüfung des Status eingeschaltet. Die Barmer GEK habe ihren Bescheid vom 13.03.2012 wegen fehlender Zuständigkeit zurückgenommen, weil bereits am 10.10.2011 bei der Beklagten ein erneuter Statusantrag vorgelegen habe. Daraufhin habe die Beklagte im Klageverfahren vor dem SG den Bescheid vom 13.02.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.09.2012 per Anerkenntnis am 10.07.2019 zurückgenommen (vgl. Seite 4 des SG-Urteils). Der Bescheid der Beklagten vom 13.02.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.09.2012 sei ohne Beteiligung der Klägerin zurückgenommen worden, weil dieser keine materiellen Fragen, sondern die Zulässigkeit eines Statusfeststellungsverfahrens betroffen habe. Das Schreiben der Beklagten an die Klägerin vom 20.09.2012 sei auch kein Bescheid, sondern eine Mitteilung.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Er hat zur Sache vorgetragen, er sei in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin gestanden. Im Vertrag vom 18.08.2009 sei er unter § 1 (Aufgabengebiet) als „angestellter Steuerberater" eingeordnet worden, unter § 3 seien ihm die Zeichnungspflicht und das Zeichnungspflicht entzogen worden. Er habe keine Befugnis gehabt, vertragliche Ausbildungsverhältnisse einzugehen. Zahlreiche Schreiben des damaligen Vertreters der R2, Rechtsanwalt S3, seien mit der Aufforderung der R2 „kontrollierbare und nachvollziehbare Erfassung der geleisteten Stunden" vorversehen gewesen und es seien Sanktionen wie der Einbehalt der vertraglich vereinbarten Vergütung angedroht worden. Nach Schließung der Kanzlei in W1 und Verlagerung in die R2-Kanzlei nach B3 sei er ohne Betriebstätte gewesen. Es sei ihm kein Büroschlüssel ausgehändigt worden, so dass er nur zu den üblichen Büroöffnungs- und Arbeitszeiten tätig werden konnte. Die Kanzlei in F1 sei vom R2-Partner Herr S2 beherrscht worden.
Die Vergütung von 92,00 Euro pro Stunde liege nicht deutlich über der Vergütung eines angestellten Steuerberaters. Ein bei den „B4“ (E1, K1, P1 oder D2) angestellter Steuerberater mit über 35-jähriger Berufserfahrung beziehe locker ein Jahresgehalt von ca. 200.000 EUR. Er sei in der Honorargestaltung gegenüber den Mandanten weisungsgebunden gewesen. Er habe in der Überleitungsphase die bisher übliche Rahmengebühr beibehalten wollen, damit die Mandanten nicht abwanderten. R2 habe aber auf umgehender Erhöhung der Rahmengebühren bestanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Klageakten des SG in den vorangegangenen Klageverfahren und die Gerichtsakte zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist auch im Übrigen zulässig.
Gegenstand der Berufung sind neben dem Urteil des SG vom 23.07.2024 der Bescheid der Beklagten vom 29.11.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.01.2021 und der Bescheid vom 09.07.2021.
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die auf Aufhebung der genannten Bescheide und Feststellung, dass für die Tätigkeit des Beigeladenen in der Zeit vom 01.01.2008 bis zum 19.05.2011 keine Versicherungspflicht in der Rentenpflicht sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung aufgrund einer abhängigen Beschäftigung bestehe, gerichtete – nach Teilerledigung verbliebene – Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 56 SGG) als zulässig, aber unbegründet abgewiesen. Die genannten Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Soweit sich die Klägerin auf eine angebliche Verjährung etwaiger Beitragsansprüche und ein aus diesem Grund fehlendes Bescheidungsinteresse des Beigeladenen beruft, verkennt sie, dass der Beklagten im Rahmen von § 7a SGB IV nicht gleichzeitig die Rechtsmacht zum Erlass beitragsrechtlicher Regelungen übertragen wurde. Die Zuständigkeit der Beklagten als "Clearingstelle" wird von der Zuständigkeit der Einzugs- und Prüfstellen allein und ausdrücklich (§ 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV) nach dem Kriterium der zeitlichen Vorrangigkeit abgegrenzt, sodass es auf sonstige Gesichtspunkte, wie etwa die weitergehenden beitragsrechtlichen Zuständigkeiten dieser Stellen nicht ankommt. Das Gesetz enthält auch keine Anordnung, dass die hiernach begründete Zuständigkeit der Beklagten für die Feststellung der Versicherungspflicht nach Maßgabe weiterer Kriterien später wieder entfallen könnte. Insbesondere entfällt auch für das Verfahren nach § 7a SGB IV der Regelungsgegenstand - Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens von Versicherungspflicht - nicht etwa in Abhängigkeit von Ergehen und Inhalt der hiervon zu unterscheidenden beitragsrechtlichen Regelungen der Einzugs- und Prüfstellen (BSG, Urteil vom 04.06.2009 - B 12 KR 31/07 R - SozR 4-2400 § 7a Nr. 3; juris Rn. 29 f.). Es ist nicht Aufgabe der Beklagten, im Rahmen der Bearbeitung eines Antrags gemäß § 7a SGB IV abschließend zu beurteilen, ob die aus einer beantragten Feststellung folgenden Pflichtbeiträge verjährt sind. Eine solche Prüfung ist ggf. der Einzugsstelle im Rahmen der Entscheidung über die Nacherhebung von Beiträgen vorbehalten. Ein ausreichendes Interesse an einer Feststellung im Verfahren der Statusfeststellung ist immer schon dann zu bejahen, wenn eine streitige Zugehörigkeit zur Sozialversicherung mit dem Statusfeststellungsverfahren nur hinsichtlich des Deckungsverhältnisses verbindlich geklärt werden soll (BSG, Urteil vom 04.06.2009. a.a.O. Rn. 31; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27.09.2024 - L 26 BA 14/22 - juris Rn. 52).
Die angefochtenen Bescheide sind auch im Übrigen formell und materiell rechtmäßig. Rechtsgrundlage ist § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Nach dieser Vorschrift können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Die Beklagte entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs. 2 SGB IV). Das Verwaltungsverfahren ist in den Absätzen 3 bis 5 geregelt. Einen entsprechenden Antrag auf Statusfeststellung hat der Beigeladene am 10.10.2011 gestellt und im anschließende Klageverfahren weiterverfolgt.
Die in § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV geregelte Sperrwirkung eines anderweitigen Verfahrens auf Feststellung des versicherungsrechtlichen Status besteht nicht. Ein Statusfeststellungsbescheid durch die Clearing-Stelle ist im Jahr 2009 nicht ergangen, nachdem der gestellte Antrag vom 01.09.2009 (nachweislich) unter dem 24.07.2009 von beiden Antragstellern zurückgenommen wurde. Eine Sperrwirkung kann aber nur durchgeführten, durch Erlass eines Verwaltungsakts abgeschlossenen Verwaltungsverfahren zukommen (Zieglmeier in beck-online Großkommentar <Kasseler Kommentar>, Stand 15.02.2025, § 7a Rn. 38 f.).
Der nachfolgend ergangene Bescheid der Fachabteilung der Beklagten vom 07.09.2009, wonach die vom Beigeladenen ausgeübte selbstständige Tätigkeit als Steuerberater ab 01.01.2008 nicht zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung führe, entfaltet keine Sperrwirkung für weitere Verfahren. Dabei handelt es sich um eine Entscheidung über die Rentenversicherungspflichtig als Selbstständiger nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI. Ausschließlich für den Bereich der Rentenversicherung getroffene Feststellungen, die ein Rentenversicherungsträger zur gesetzlichen Rentenversicherungspflicht von Selbstständigen (z.B. als „Solo-Selbständiger“ nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI) bzw. auf Antrag (§ 4 SGB VI) trifft, entfalten keine vergleichbare Regelungswirkung, da keine Gleichwertigkeit mit Antragsverfahren nach §§ 7a Abs. 1, 28h Abs. 2 und 28p Abs. 1 SGB IV besteht (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.01.2018 - L 9 KR 103/17 WA -; Pietrek in Schlegel/Voelzke jurisPK-SGB IV § 7a Rn. 25 f.; Urteil des erkennenden Senats vom 07.04.2025 - L 2 BA 2011/24 - n.v.). Zwar kann ggf. aus Vertrauensschutzgründen eine Sperrwirkung bestehen, wenn das im optionalen Statusantrag angegebene Auftragsverhältnis identisch mit demjenigen ist, welches der rentenversicherungsrechtlichen Beurteilung nach §§ 2, 4 SGB VI zugrunde liegt (Pietrek, a.a.O., § 7a Rn. 25 f.). Eine Identität von Feststellungen, die im Zusammenhang mit der Feststellung der Rentenversicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI (Selbstständige mit einem Auftragnehmer) getroffen werden und die Anwendung des § 7a Abs. 1 SGB IV ausschließt, beschränkt sich allerdings auf Ausnahmefälle, weil der Regelungsgehalt beider Normen sich in versicherungsrechtlicher Hinsicht erheblich voneinander unterscheidet (vgl. BSG, Urteil vom 04.09.2013 - B 12 KR 87/12 B - juris Rn. 7).
Ein solcher Ausnahmefall im Sinne einer Sperrwirkung für spätere Verfahren ist vorliegend nicht feststellbar. Eine Sperrwirkung des ohne verbindlichen Bescheid beendeten Statusfeststellungsverfahrens aus dem Jahr 2009 besteht – wie ausgeführt – nicht. Der in Folge ergangene Bescheid vom 07.09.2009, wonach die ausgeübte selbstständige Tätigkeit als Steuerberater nicht zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung führe, vermag wegen seines eingeschränkten Regelungsgehalt ebenfalls keine Sperrwirkung zu entfalten. Unabhängig davon darf dem Bescheid vom 07.09.2009 auch aus einzelfallbezogenen Gründen keine Sperrwirkung nach § 7a Abs. 1 SGB IV zukommen, da der Befreiungstatbestand damit begründet worden war, dass der Beigeladene mindestens einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftige, was – worauf der Beigeladenen mit seinem weiteren Statusfeststellungsantrag hingewiesen hatte – im Lichte der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 01.12.2009 - B 12 R 4/08 R - juris), wonach Absolventen sog. praxisintegrierter dualer Studiengänge versicherungsfrei sind (vgl. jetzt § 5 Abs. 3 SGB VI), unzutreffend war.
Eine Sperrwirkung folgt auch nicht aus dem Bescheid der Beklagten vom 03.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.09.2012 und der entsprechenden nachrichtlichen Mitteilung an die Klägerin vom 20.09.2012. Denn hierdurch wurde gerade nicht über den Status des Beigeladenen in der Tätigkeit für die Klägerin entschieden, sondern unter Hinweis darauf, dass bereits über den sozialversicherungsrechtlichen Status in der zu beurteilenden Tätigkeit entschieden worden sei, die Durchführung eines weiteren Statusfeststellungsverfahrens abgelehnt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.02.2019 - L 10 BA 1824/18 - juris Rn. 17). Darin liegt keine (erneute) Statusentscheidung. Hiervon ausgehend kann auch die nachrichtliche Mitteilung an die Klägerin vom 20.09.2012, dass der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen worden sei und es daher bei den zum sozialversicherungsrechtlichen Status der beurteilten Tätigkeit getroffenen Feststellungen verbleibe, keine weitergehende bzw. eigenständige Regelungs- und Sperrwirkung gegenüber späteren Statusentscheidungen entfalten. Unabhängig davon hob die Beklagte (Clearingstelle) den Bescheid der Beklagten vom 03.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.09.2012 im Rahmen des Anerkenntnisses im sozialgerichtlichen Verfahrens S 13 R 3125/19 unter dem 15.07.2019 auf.
Schließlich kann sich die Klägerin auch nicht auf eine mögliche Sperrwirkung des Bescheids der Barmer GEK vom 08.03.2012 berufen, wonach die Tätigkeit des Beigeladenen nicht im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt wurde. Dieser Bescheid wurde während des Ruhens des gerichtlichen Verfahren vor dem SG (S 13 R 5333/12) durch Bescheid vom 22.08.2016 aufgehoben mit der Folge, dass die Beklagte unter Anrufung des Verfahrens (S 13 R 3125/19) die Zurücknahme des Bescheids vom 13.02.2012 und des Widerspruchsbescheids vom 06.09.2012 erklärte und sich zur Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens verpflichtete. Allerdings war die Klägerin am genannten Verfahren vor dem SG nicht beteiligt. Auch lässt sich eine Bekanntgabe des Bescheids vom 22.08.2016 an sie nach § 37 SGB X nicht nachweisen. Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, der Bescheid habe sie unter der nur bis 31.12.2011 gültigen Anschrift im wegen des zwischenzeitlich abgelaufenen Postnachsendeauftrags unter ihrer neuen Anschrift nicht mehr erreichen können. Gibt die Behörde einem Beteiligten nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB X einen Verwaltungsakt nicht oder nicht ordnungsgemäß bekannt, wird der gegenüber diesem Beteiligten nicht existent und damit nicht rechtswirksam (Engelmann in Schütze, SGB X, 9. Auifl. 2020, § 37 Rn. 57) . Der durch die Bekanntgabe an andere Beteiligte schon existente Verwaltungsakt kann von dem übergangenen, der auf andere Weise Kenntnis erlangt, mit den üblichen Rechtsmitteln angefochten werden; bei fehlender Bekanntgabe gegenüber Dritten beginnt die Rechtsbehelfsfrist nicht zu laufen (Engelmann in Schütze, SGB X, § 37 Rn. 57); allerdings kann im Einzelfall bei Kenntnis des Inhalts des Verwaltungsakts die Berufung auf die Nichtbekanntgabe verwehrt sein bzw. verwirkt sein (Engelmann, a.a.O.; Tiedemann in BeckOK VwVfG, Stand 01.01.2025 § 41 Rn. 57).
Nach diesen Grundsätzen kann sich die Klägerin nicht (mehr) auf die Nichtbekanntgabe des Bescheids vom 22.08.2016 berufen. Die Klägerin hatte im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens vor dem SG (S 24 BA 477/21) unter dem 11.11.2021 (Bl. 182 der Verfahrensakte des SG) Akteneinsicht in die vollständigen Verwaltungsakten erhalten, in denen sich sowohl der Bescheid vom 22.08.2016 als auch das Bezugsschreiben der Barmer GEK N an die Beklagte vom selben Tag befinden (Bl. 239 ff. der Verwaltungsakte). Sie hat hiervon auch Kenntnis genommen, wie ihr Vorbringen, wonach der Bescheid mit der veralteten Anschrift „beschriftet“ gewesen sei, belegt. Durch die tatsächliche Kenntniserlangung wurde der Bekanntgabemangel „geheilt“ (Bundesfinanzhof <BFH>, Urteil vom 13.09.2017 - III R 6/17 - juris Rn. 12; ähnlich BFH, Urteil vom 18.08.2020 - VII R 39/19 - juris Rn. 39; vgl. zur tatsächlichen Kenntniserlangung durch Übersendung einer Kopie eines Aktenteils, OVG Magdeburg, Beschluss vom 19.06.2018 - 3 M 227/18 m.w.N.; a.A. Pattar in jurisPK-SGB X, § 37 Rn. 195 m.w.N.). Hiernach ist es ausreichend, für die Heilung eines Bekanntgabemangels, wenn der Adressat das Schriftstück „in den Händen hält“ (BFH, Beschluss des Großen Senats vom 06.05.2014 - GrS 2/13 - BFHE 244, 536), wofür auch die Kenntniserlangung im Rahmen der gerichtlichen Akteneinsicht ausreicht. In der Folge hat sich die Klägerin weder während des erstinstanzlichen Verfahrens noch im Rahmen der Berufungseinlegung und –begründung auf den Bekanntgabemangel berufen bzw. gegen den Inhalt des Bescheids vom 22.08.2016 gewandt, obwohl hierzu aus ihrer Sicht hierzu Veranlassung bestanden haben konnte. Die Berufung auf die Nichtbekanntgabe erfolgte erst im Anschluss an eine Verfügung des Gerichts mit Schriftsatz vom 27.04.2025, also ca. 3 ½ Jahre nach Kenntniserlangung. Zu diesem Zeitpunkt war der Klägerin dieser Einwand aber verwehrt (vgl. BSGE 128, 277 Rn. 28; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG 14. Aufl. 2023, vor § 60 Rn. 14a).
Zur Überzeugung des Senats lag auch eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen im streitigen Zeitraum vor.
§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV definiert den Begriff der Beschäftigung als nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach Satz 2 der Regelung sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. Rspr. vgl. zum Ganzen z.B. BSG, Urteile vom 30.04.2013 - B 12 KR 19/11 R -, und vom 29.08.2012 - B 12 KR 25/10 R - jeweils juris). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. der selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, das heißt den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (vgl. BSG, Urteil vom 25.04.2012 - B 12 KR 24/10 R - m. w. N., juris). Fehlen zwingende gesetzliche Rahmenvorgaben und kann die im vorliegenden Fall zu prüfende Tätigkeit sowohl in der Form einer Beschäftigung als auch in der einer selbstständigen Tätigkeit erbracht werden, kommt den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Vertragsparteien zwar keine allein ausschlaggebende, so doch eine gewichtige Rolle zu. Zwar haben es diese nicht in der Hand, die kraft öffentlichen Rechts angeordnete Sozialversicherungspflicht durch bloße übereinstimmende Willenserklärung auszuschließen. Dem Willen der Vertragsparteien, keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung begründen zu wollen, kommt nach der Rechtsprechung des BSG aber indizielle Bedeutung zu, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine abhängige Beschäftigung sprechen (vgl. BSG, Urteile vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - und vom 14.03.2018 - B 12 R 3/17 R -, jeweils juris). Ob eine wertende Zuordnung zum Typus der Beschäftigung gerechtfertigt ist, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer „gelebten“ Beziehung erschließen lässt. Maßgebend sind somit allein die Umstände des hier vorliegenden Einzelfalles.
Es ist insoweit nicht ausgeschlossen, dass die vom Beigeladenen für die Klägerin ausgeführten Tätigkeiten, die nach den geschlossenen Verträgen und den Angaben der Beteiligten im Wesentlichen die Geschäftsführung der Steuerberatungspraxis in der Überleitungsphase, die Beratung von Mandanten in steuer- und wirtschaftsberatenden Angelegenheit und die Akquise neuer Mandanten umfasste, auch im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit ausgeübt werden könnten. Die Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit erfolgt dabei nicht abstrakt für bestimmte Berufs- und Tätigkeitsbilder. Es ist vielmehr möglich, dass ein und derselbe Beruf – je nach konkreter Ausgestaltung der vertraglichen Grundlagen in ihrer gelebten Praxis – entweder in Form der Beschäftigung oder als selbstständige Tätigkeit ausgeübt wird.
Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, gelten die allgemeinen Abgrenzungsmaßstäbe auch für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit als Steuerberater, unbeschadet dessen, dass der Steuerberater ein unabhängiges Organ der Steuerrechtspflege und Angehöriger eines sog. freien Berufs ist (§ 1 Abs. 1 BOStB). Allein aus der Zuordnung zum freien Beruf lässt sich keine normative Wirkung in dem Sinne ableiten, dass die Angehörigen eines solchen Berufs grundsätzlich einer selbstständigen Tätigkeit nachgingen und in erhöhtem Maße vor gesetzgeberischen Eingriffen - hier durch Begründung der Versicherungspflicht geschützt wären. Auf die Verkehrsanschauung, der der Typusbegriff letztlich entspringt, kommt es für die Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit nicht an. Das Berufsrecht der Steuerberater geht zwar grundsätzlich von einer selbstständigen Tätigkeit aus, lässt aber auch den Status als abhängig Beschäftigter zu. Denn mit dem Beruf des Steuerberaters ist ausdrücklich nicht nur eine freiberufliche Tätigkeit (§ 57 Abs. 3 Nr. 2 Steuerberatungsgesetz - StBerG) vereinbar, sondern auch eine Tätigkeit als Angestellter (§ 58 Satz 1 StBerG), insbesondere als Angestellter eines Steuerberaters (§ 3 Nr. 1 StBerG) oder einer Steuerberatungsgesellschaft (§ 3 Nr. 3 StBerG; vgl. BSG, Urteil vom 07.07.2020 - B 12 R 17/18 R -, SozR 4-2400 § 7 Nr. 49, Rn. 33 f.). Darüber hinaus verfolgen das Steuerberatungsgesetz und das Sozialversicherungsrecht unterschiedliche Zwecke. Dabei betrifft der in § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV geregelte Typusbegriff der Beschäftigung den Kernbereich der schutzbedürftigen Personen. Mit dieser unterschiedlichen Zielsetzung ist eine am Berufsrecht orientierte Auslegung des sozialversicherungsrechtlichen Begriffs der Beschäftigung nicht zu vereinbaren. Denn mit der Statusfeststellung werden die Berufspflichten der Steuerberater weder gesichert noch beeinträchtigt. Ob den berufsrechtlichen Anforderungen im Einzelfall Genüge getan wird, ist für die wertende Einordnung einer Tätigkeit als Beschäftigung unerheblich. Auch die im Berufsrecht verankerte Unabhängigkeit eines Steuerberaters in fachlichen Fragen (vgl. § 32 Abs. 2, § 57 Abs. 1, § 72 StBerG) ist als solche kein Merkmal, dem ausschlaggebende Bedeutung für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung zukommt. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV bestimmt zwar, dass eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind. Daraus folgt aber nicht, dass Weisungsgebundenheit und Eingliederung in den Betrieb stets kumulativ vorliegen müssten. Die in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV genannten Merkmale sind schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nur „Anhaltspunkte“ für eine persönliche Abhängigkeit, also im Regelfall typische Merkmale einer Beschäftigung und keine abschließenden Bewertungskriterien. Ungeachtet dessen kann das Weisungsrecht insbesondere bei sog. Diensten höherer Art aufs Stärkste eingeschränkt sein und sich die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers bei von der Ordnung des Betriebs geprägten Dienstleistungen „zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinern (BSG, Urteil vom 07.07.2020 - B 12 R 17/18 R -, SozR 4-2400 § 7 Nr. 49, Rn. 33 f.). Insoweit hat das BSG bereits mit Urteil vom 14.05.1981 (12 RK 11/80, juris Rn. 42) ausgeführt, dass ein zugelassener Rechtsanwalt in der Kanzlei eines anderen Rechtsanwalts sowohl als abhängig Beschäftigter wie auch als freier Mitarbeiter tätig sein kann. Danach kann sich das Abgrenzungsmerkmal der äußeren Weisungsgebundenheit hinsichtlich Zeit, Ort und Dauer des Arbeitseinsatzes so reduzieren, dass es eine sichere Unterscheidung zwischen abhängiger und selbstständiger Ausübung nicht mehr erlaubt und Rückschlüsse aus anderen Kriterien, etwa Vergütung gezogen werden müssen. Insoweit kommt es entscheidend auf die weisungsunterworfene Eingliederung in den fremden Betrieb an (BSG, Urteil vom 07.07.2020, a.a.O. Rn. 36). Entsprechendes hat nach der Auffassung des Senats für die hier streitige Tätigkeit eines Steuerberaters in einer Steuerberatungsgesellschaft zu gelten.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze gelangt der Senat unter Abwägung aller Umstände in Übereinstimmung mit dem SG zu der Überzeugung, dass der Beigeladene im gesamten streitigen Zeitraum abhängig beschäftigt war und damit der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Auszugehen ist vom Inhalt der Verträge „über freie Mitarbeit“ vom 13.06.2007 (für die Zeit vom 01.01.2008 bis 31.12.2009) und vom 18.08.2009 (ab 01.01.2020), die in § 1 Abs. 2 gleichlautend regeln, dass der Auftragnehmer selbstständig und eigenverantwortlich tätig sei und bei der Durchführung seiner Tätigkeit keinen Weisungen des Auftraggebers unterliege und in der Gestaltung seiner Tätigkeit hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Umfang frei sei. Nach § 6 Abs. 3 hatte der Auftraggeber alles zu unterlassen, was die Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit des Auftragnehmers beeinträchtigen könnte. Nach diesen Vertragsinhalten wollten die Beteiligten ersichtlich kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis begründen. Diesem Willen kommt allerdings keine allein maßgebliche Bedeutung, sondern lediglich dann indizielle Bedeutung zu, wenn dieser dem festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnis nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird. Nur im Zweifel, wenn ebenso viele Gründe für die Selbstständigkeit wie für eine abhängige Beschäftigung sprechen, ist dem im Vertrag zum Ausdruck gekommenen Willen der Vorrang zu geben.
Hierzu stellt der Senat fest, dass sich bereits nach dem weiteren Wortlaut zwischen beiden Verträgen – offenbar spiegelbildlich zu den zwischen den Vertragsparteien zunehmend aufgetretenen Spannungen – Unterschiede ergeben. So war der Beigeladene nach § 1 des Vertrages vom 18.08.2009 ab dem 01.01.2010 als Steuerberater „angestellt“ und nach § 3 nicht verpflichtet und auch nicht berechtigt, für den Auftraggeber zu zeichnen. Entsprechende Einschränkungen sah der erste Vertrag vom 13.06.2007 nicht vor. Der Senat teilt die Auffassung, dass eine selbstständige und eigenverantwortliche Tätigkeit jedenfalls nach Entziehung des Zeichnungsrechts nicht (mehr) möglich war.
Dass die Handlungsmacht des Beigeladenen unter Geltung des ab dem Jahr 2010 geltenden Vertrages offenbar auch in der „gelebten“ Vertragsbeziehung massiv eingeschränkt war, wird erhellt durch die vom Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vor dem SG vorgelegten Unterlagen. Im Anwaltsbrief vom 06.08.2010 wurde der Beigeladene wegen Nicht- oder Schlechterfüllung seiner „Arbeitsleistungen“ und Pflichtverstößen (allgemeine Verweigerungshaltung, ausdrücklich verweigerte Überantwortungen, Verschweigen wesentlicher Informationen, Umsetzen der transparenten und leistungsangepassten Abrechnung etc.) „abgemahnt“ und aufgefordert, unverzüglich seinen vertraglichen Pflichten nachzukommen, ansonsten müsse er mit einer außerordentlichen Kündigung rechnen. Diese Wortwahl („Arbeitsleistungen“, „Abmahnung“, außerordentliche Kündigung) legt einen arbeitsvertraglichen Kontext nahe und spricht gegen eine selbstständige Mitarbeiter- bzw. Geschäftsführertätigkeit. In gleicher Weise legt das Gesprächsprotokoll vom 13.04.2010 mit zum Teil sehr detaillierten Beanstandungen (Unzufriedenheit mit den „Arbeitsleistungen“, manueller Zeiterfassung, Nachkontrolle der Zeiterfassung und Vorgaben für die weitere Tätigkeit) nahe, dass die „gelebte“ vertragliche Realität jedenfalls zu diesem Zeitpunkt in der umfassenden Ausübung des Direktionsrechts durch die Klägerin bzw. ihre Geschäftsführer bestand, wobei sich Art und Umfang der Ausübung des Direktionsrechts offenbar mit Zuspitzung der Spannungen zwischen den Beteiligten intensiviert hatten.
Eine vollständige oder jedenfalls weitgehende Weisungsfreiheit lässt sich auch für den vertraglichen Überleitungszeitraum ab 2008 nicht feststellen, auch wenn sie sich im Vertragstext so nicht wiederfindet und sich möglicherweise anfangs tatsächlich in Handlungsanweisungen zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess erschöpfte. Hierbei stellt der Senat nicht in Zweifel, dass der Beigeladene als ehemaliger und langjähriger Teilhaber und Geschäftsführer der Steuerberatungskanzlei auch nach Anteilsverkauf an die Klägerin keiner fachlichen Weisungen in Bezug auf die Tätigkeit und die Betreuung der Mandanten bedurfte und die fachliche und geschäftsführende Tätigkeit weiterhin im Außenverhältnis zur Mandantschaft eigenständig auszuüben in der Lage war. Auf der anderen Seite ist nicht festzustellen, dass der Beigeladene, wie die Klägerin vorträgt, in der Überleitungsphase nach Verkauf der Kanzleianteile an neue Teilhaber völlig frei in seinem Tun war und keine Vorgaben der neuen Geschäftsführer zu beachten hatte. So hat der Beigeladene angegeben, dass es auch schon vor Entziehung des Zeichnungsrechts in der tatsächlichen Zusammenarbeit Weisungen der Klägerin in Bezug auf die Ausübung seiner Tätigkeit gegeben habe. Dies habe beispielsweise die Häufigkeit und Höhe der Abrechnungen gegenüber Mandanten und dafür vom Beigeladenen anzufertigende Tätigkeits- und Zeitaufschriebe betroffen. Weiter sei er in der Honorargestaltung gegenüber den Mandanten weisungsgebunden gewesen. Er habe die bisher übliche Rahmengebühr beibehalten wollen, damit die Mandanten nicht abwanderten, die Klägerin habe aber auf umgehender Erhöhung der Rahmengebühr bestanden. Beide Punkte (Zeitabrechnungen und Honorargestaltung gegenüber Dritten) finden sich im genannten anwaltlichen Abmahnungsschreiben als Beanstandungen der Klägerin wieder. Nach Angaben des Beigeladenen sei er nach Schließung der Kanzlei in W1 und Verlagerung in die R2-Kanzlei nach B3 auch ohne Betriebstätte gewesen. Es sei ihm kein Büroschlüssel ausgehändigt worden, so dass er nur zu üblichen Büroöffnungs- und Arbeitszeiten tätig werden konnte.
Soweit die Klägerin insoweit auf die eigenverantwortliche Aufgabenerfüllung durch den Beigeladenen in der Überleitungsphase hingewiesen hat, schließt dies eine Weisungsbindung nicht aus. Eine (partielle) Gestaltungsbefugnis in der Art und Weise der Verrichtung führt regelmäßig nicht zur Selbstständigkeit im Sinne einer unternehmerischen Tätigkeit. Eine eigenständige Arbeitsweise ist kein Synonym für eine zur Versicherungsfreiheit führende Selbstständigkeit. Eigenverantwortlichkeit und inhaltliche Freiheiten bei der Aufgabenerfüllung sind erst dann ein aussagekräftiges Indiz für Selbstständigkeit, wenn sie - anders als vorliegend - nicht mehr innerhalb des Rahmens dienender Teilhabe am Arbeitsleben zu verorten sind und insbesondere eigennützig durch den Auftragnehmer zur Steigerung seiner Verdienstchancen eingesetzt werden können (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - juris Rn. 31 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.07.2023 - L 8 R 1089/16 - juris Rn. 80.).
Allerdings kann sich das Abgrenzungsmerkmal der äußeren Weisungsgebundenheit hinsichtlich Zeit, Ort und Dauer des Arbeitseinsatzes so reduzieren, dass es eine sichere Unterscheidung zwischen abhängiger und selbstständiger Ausübung nicht mehr erlaubt. Rückschlüsse sind dann aus anderen Kriterien zu ziehen, wie der Vergütung und der weisungsunterworfenen Eingliederung in einen fremden Betrieb (BSG, Urteil vom 07.07.2020, a.a.O. Rn. 36). Ein maßgebliches Abwägungskriterium folgt insoweit daraus, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit ist die Übernahme eines Unternehmerrisikos nur dann, wenn damit auch tatsächlich Chancen und nicht nur Risiken bei der Einkommenserzielung verbunden sind, d. h. damit eine Erweiterung der unternehmerischen Möglichkeiten einhergehen (vgl. (vgl. etwa BSG, Urteile vom 04.06.1998 - B 12 KR 5/97 R -, vom 25.01.2001 - B 12 KR 17/00 R -, vom 28.05.2008 - B 12 KR 13/07 R -, vom 28.09.2011 - B 12 R 17/09 R -, vom 07.06.2019 - B 12 R 7/18 R -, jeweils juris), ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft (vgl. schon BSG, Urteile vom 13.07.1978 - 12 RK 14/78 -; vom 28.05.2008 - B 12 KR 13/07 R -, vom 28.09.2011 - B 12 R 17/09 R - juris) oder größere Verdienstchancen gegenüberstehen (BSG, Urteile vom 25.01.2001 - B 12 KR 17/00 R - und vom 31.03.2015 - B 12 KR 17/13 R - juris).
Nach diesen Grundsätzen war das vom Beigeladenen zu tragende unternehmerische Risiko gering. Er erhielt nach den Regelungen in den Verträgen (jeweils in § 2) für seine Tätigkeit einen festen Stundensatz, was für eine abhängige Beschäftigung spricht, wobei das Entgelt in dem von 2008 bis 2009 geltenden Vertrag noch als „Honorar“ bezeichnet wird, im Folgevertrag unter § 2 Abs. 2 Satz 4 Satz 3 ab 2020 dagegen als „Lohn“, der erst 10 Tage nach Rechnungslegung zahlfällig sein sollte. In dem ersten Vertrag war zusätzlich noch die Erstattung von Reisekosten und Spesen vereinbart. Dadurch musste der Beigeladene die eigene Arbeitskraft nicht mit der Gefahr einsetzen, dass er seine Tätigkeit nicht vergütet bekommen würde; ein unternehmertypisches Ausfallrisiko wie etwa bei einer Vergütung durch eine Umsatzbeteiligung bestand für ihn nicht. Auf der anderen Seite war er – anders als der Steuerberater in der von der Klägerin in Bezug genommenen Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen vom 18.11.2022 (a.a.O. Rn. 2) – nicht durch eine Umsatzbeteiligung oder auf andere Weise am wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft beteiligt, sodass auch keine wesentlichen unternehmerischen Chancen bestanden. Soweit die Klägerin angegeben hat, die Vergütung von 92,00 Euro pro Stunde liege deutlich über der Vergütung eines angestellten Steuerberaters und indiziere eine selbstständige Tätigkeit, ist dies nicht entscheidend. Denn aus der Höhe der Stundenvergütung lässt sich kein relevantes Indiz für eine Selbstständigkeit gewinnen (vgl. BSG, Urteil vom 07.06.2019 - B 12 R 6/18 R - juris Rn. 34 m.w.N.; Urteil vom 04.06.2019 - B 12 R 11/18 R - juris Rn. 36 f. m.w.N.). Die fehlende Indizkraft der Vergütungshöhe ergibt sich daraus, dass die Sozialversicherung auch dem Schutz der Interessen der Mitglieder von in Pflichtversicherungssystemen zusammengeschlossenen Solidargemeinschaften verpflichtet ist. Den Beteiligten steht keine Dispositionsfreiheit in dem Sinne zu, dass sich der Auftraggeber durch die Vereinbarung eines Zuschlages zu einem üblichen Stundenlohn eines vergleichbaren abhängig Beschäftigten von der Sozialversicherungspflicht "freikaufen" kann (vgl. BSG, Urteil vom 07.06.2019, a.a.O. Rn. 35; Urteil vom 04.06.2019, a.a.O. Rn. 37 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20.11.2024 - L 8 BA 59/21 - juris Rn. 104).
Für eine abhängige Beschäftigung spricht weiter, dass der Beigeladene keine erheblichen Investitionskosten hatte oder eigenes Kapital einsetzen musste. Er nutzte weiterhin ein Büro in den Räumen der Klägerin, konnte auf dort vorhandene Arbeitsmittel zugreifen und Mitarbeiter zur Erledigung der ihm übertragenen Aufgaben hinzuziehen (§ 6 der Verträge über freie Mitarbeit) und musste insofern kein eigenes Sekretariat unterhalten. Personal- und Sachkosten hatte er nicht zu übernehmen, diese waren auch nicht erkennbar in den vereinbarten Stundensatz von 92,00 Euro einberechnet. Die - hier erfolgte - kostenfreie Überlassung und Nutzung der Einrichtungen und Betriebsmittel stellt regelhaft ein Kriterium der Eingliederung dar (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2022 - B 12 R 3/20 R - juris Rn. 21; Urteil vom 19.10.2021 - B 12 R 1/21 R - juris Rn. 23). Dass es für diese Nutzung sachliche Gründe gegeben hat, ist für die sozialrechtliche Beurteilung ohne Relevanz. Aus welchen Gründen eine Tätigkeit nach Weisungen und unter Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation statt weisungsfrei ausgeübt wird, spielt insoweit keine Rolle (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 27.04.2021 - B 12 R 16/19 R - juris Rn. 16).
Kosten für den Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung fielen für den Beigeladenen ebenfalls nicht an. Nach § 5 Abs. 2 beider Verträge war die Tätigkeit des Auftragsnehmers durch die Berufshaftpflichtversicherung des Auftraggebers zu decken und die Deckung dem Auftragnehmer nachzuweisen. Unabhängig davon führt der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung allein nicht zu einer selbstständigen Tätigkeit, weil sie für sich genommen die Tätigkeit nicht entscheidend prägt (vgl. BSG, Urteil vom 07.06.2019, a.a.O. Rn. 31).
Die Nichtgewährung einer Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, von Urlaub und Urlaubsgeld ist kein starkes Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit. Sie ist lediglich Ausdruck der Intention der Beteiligten, eine selbstständige Tätigkeit zu wollen; unternehmerische Freiheiten sind damit nicht verbunden (vgl. BSG, Urteil vom 28.05.2022 - B 12 R 3/20 R -, juris Rn. 23).
Lässt sich damit für den Tätigkeitszeitraum 2008 bis 2009 unter Berücksichtigung des Fehlens einer zumindest umfassenden Weisungsunterworfenheit des Beigeladenen hinsichtlich Zeit, Ort und Dauer des Arbeitseinsatzes sowie des Willens der Beteiligten, eine nicht abhängige Beschäftigung begründen zu wollen, zwar keine eindeutige Abgrenzung anhand (nur) dieses Kriteriums vornehmen, sind für den Senat die genannten Indizien für eine doch erhebliche Eingliederung in den Betrieb der Klägerin und das zumindest nicht in einem nennenswerten Umfang bestehende Unternehmerrisiko ausschlaggebend für die Überzeugung, dass im gesamten hier streitigen Zeitraum keine selbstständige, sondern eine abhängige Beschäftigung vorlag und damit Versicherungspflicht als abhängig Beschäftigter in der gesetzlichen Rentenversicherung und dem Recht der Arbeitslosenversicherung bestand. Überwiegen nach dem Gesamtbild die Indizien für eine abhängige Beschäftigung, kommt dem von diesem Ergebnis abweichenden Willen der Vertragsparteien keine ausschlaggebende Bedeutung zu (BSG, Urteil vom 12.06.2024 - B 12 BA 8/22 R – juris Rn. 24).
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 und 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), da weder die Klägerin noch die Beklagte zu dem in § 183 SGG genannten Personenkreis gehören, und trägt dem Unterliegen der Klägerin auch im Berufungsverfahren Rechnung. Der Beigeladene hat im Berufungsverfahren keine Anträge gestellt; es entspricht daher der Billigkeit, dass er seine Kosten selbst trägt (vgl. §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Halbsatz 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 3, 47 Gerichtskostengesetz (GKG); maßgeblich ist auch im Berufungsverfahren der Regelstreitwert von 5.000 EUR.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
2.
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 24 BA 477/21
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 BA 2452/24
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Rechtskraft
Aus
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