Die Berufung der Klägerin zu 1. gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28. März 2024 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten streitig ist eine im Rahmen einer Betriebsprüfung festgesetzte Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen.
Die Beklagte führte bei der Klägerin zu 1. in der Zeit vom 09.09.2019 bis zum 24.02.2021 eine Betriebsprüfung durch und übersandte den Klägerinnen zu 1. und 2. Fragebögen.
In ihrem „Fragebogen zur Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status“ gab die Klägerin zu 2. unter dem 10.02.2020 an, ihre Selbstständigkeit habe 1994 begonnen. Sie habe im Februar 1994 ein Gewerbe mit dem Gegenstand „Erledigung von Schreibarbeiten und EDV-Erfassung“ angemeldet. Bis zu diesem Zeitpunkt habe sie in einem Beschäftigungsverhältnis zu der Klägerin zu 1. gestanden und für diese Schreib- und Buchhaltungstätigkeiten ausgeführt. Aufgrund anderer Tätigkeiten (mehrere Auftraggeber) seien die ehemaligen Arbeitszeiten im Beschäftigungsverhältnis nicht mehr zu schaffen gewesen. Sie habe ihre Aufgaben für die Klägerin zu 1. weiterhin von dieser aufgrund mündlicher Absprachen zugewiesen erhalten, einen schriftlichen Arbeitsvertrag habe es nicht gegeben. Sie habe von der Klägerin zu 1. im Rahmen von Terminabsprachen Vorgaben/Weisungen für ihre Tätigkeit bekommen. Zu den Aufgaben hätten Bürotätigkeiten, Buchhaltung, Telefon und Auftragsbearbeitung gehört. Sie habe die Tätigkeiten zu 60 % (Buchhaltung) in eigenen Räumen und zu 40 % (Auftragsbearbeitung, Telefon) in den Räumen der Auftraggeberin ausgeübt. Sie habe variabel je nach Auftragsaufkommen gearbeitet bei freier Zeiteinteilung. Die Arbeitsmittel Laptop, Drucker und Handy hätten ihr gehört, die Auftraggeberin habe das Buchhaltungsprogramm Lexware zur Verfügung gestellt. In das EDV-Programm der Klägerin zu 1. sei sie über Fernzugriff eingebunden gewesen. Ihre Vergütung sei monatlich pauschal gezahlt worden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Angaben im Fragebogen wird auf Blatt I 19-24 der Verwaltungsakte Bezug genommen. Hinsichtlich der Angaben der Klägerin zu 1. in ihrem Fragebogen vom 12.02.2020 wird auf Bl. I 25-27 der Verwaltungsakte Bezug genommen.
Für ihre Tätigkeit stellte die Klägerin zu 2. der Klägerin zu 1. in der Zeit von Januar 2015 bis Dezember 2018 monatlich Rechnungen in Höhe von jeweils 2.300,00 EUR zzgl. MwSt. für jeweils 85 Stunden Arbeit. Am 13.02.2015, 04.04.2016, 22.03.2017, 16.11.2017 und 02.05.2018 stellte sie weitere Rechnungen über jeweils 300,00 EUR zzgl. MwSt.
Neben der Tätigkeit für die Klägerin zu 1. war die Klägerin zu 2. für die p1 GmbH tätig. Auch bei diesem Unternehmen führte die Beklagte eine Betriebsprüfung durch. Mit an die Klägerin zu 2. gerichtetem Bescheid vom 07.04.2020 über eine Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) bei der Firma p1 GmbH (Betriebsnummer xxx388) – Sozialversicherungsrechtliche Beurteilung – stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin zu 2. in der Zeit vom 01.01.2013 bis zum 31.12.2016 bei der p1 GmbH als Bürokraft (Buchhaltung, Auftragsbearbeitung, Telefondienst) eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt habe. In der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe somit keine Versicherungspflicht. Bei einer Gesamtwürdigung und -gewichtung aller Gesichtspunkte und Unterlagen hätten (knapp) diejenigen Merkmale überwogen, die insgesamt für eine selbstständige Tätigkeit sprächen.
Es werde aber darauf hingewiesen, dass unter bestimmten Voraussetzungen auch selbstständig erwerbstätige Personen der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung unterlägen. Sofern eine solche Versicherungspflicht in Betracht komme, erhalte sie weitere Informationen vom zuständigen Rentenversicherungsträger. Mit Schreiben vom 15.05.2020 übersandte die Beklagte der Klägerin zu 2. einen Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht. Sie teilte mit, dass eine Prüfung der Versicherungspflicht erforderlich geworden sei, weil festgestellt worden sei, dass sie in ihrer Tätigkeit nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu ihrem Auftraggeber stehe und nunmehr zu prüfen sei, ob die ausgeübte selbstständige Tätigkeit zur Versicherungspflicht führe. Die Klägerin zu 2. nannte in dem unter dem 10.06.2020 ausgefüllten Fragebogen auf die Frage, für welche Auftraggeber sie tätig sei, die Klägerin zu 1., die Firma p1 GmbH sowie den T1Video Pub.
Mit an die Klägerin zu 2. adressiertem Bescheid vom 08.07.2020 teilte die Beklagte mit, dass die von ihr „ausgeübte selbständige Tätigkeit als Bürofachkraft“ nicht zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung führe. Aufgrund der Art der ausgeübten Tätigkeit gehöre sie nicht zu den Berufsgruppen, die der Versicherungspflicht kraft Gesetzes unterlägen.
Mit Schreiben vom 17.12.2020, welches im Betreff die Betriebsnummer xxx410 enthält, hörte die Beklagte die Klägerin zu 1. zur beabsichtigten Entscheidung im Rahmen der Betriebsprüfung an. Auf die Anhörung führte die Klägerin zu 1. aus, dass der Klägerin zu 2. mit Bescheid vom 08.07.2020 mitgeteilt worden sei, dass die ausgeübte selbstständige Tätigkeit nicht sozialversicherungspflichtig sei. Sie bitte um Stellungnahme.
Mit an die Klägerin zu 1. adressiertem Bescheid vom 24.02.2021 über eine Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 SGB IV, Betriebsnummer xxx410 – Sozialversicherungsrechtliche Beurteilung –, stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin zu 2. ihre Tätigkeit für die Klägerin zu 1. als Buchhalterin und Bürokraft im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Es bestehe daher Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Außerdem bestehe Beitragspflicht zum Ausgleichsverfahren bei Krankheit und Mutterschutz sowie zur Insolvenzgeldumlage. Unter Berücksichtigung der Verjährungsfrist des § 25 SGB Abs. 1 Satz 1 SGB IV betrage die Nachforderung für die Zeit vom 01.01.2015 bis zum 31.12.2018 47.412,15 €.
Die Klägerin zu 1. (Schreiben vom 19.03.2021) und die über den Bescheid in Kenntnis gesetzte Klägerin zu 2. (Schreiben vom 26.03.2021) erhoben dagegen jeweils Widerspruch und machten geltend, der Klägerin zu 2. sei mit Bescheid vom 08.07.2020 mitgeteilt worden, dass die ausgeübte selbstständige Tätigkeit als Bürokraft bei der Klägerin zu 1. nicht zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung führe.
Die Beklagte wies die Widersprüche mit gesonderten Widerspruchsbescheiden vom 03.11.2021 zurück. Die im Rahmen der Betriebsprüfung vorgenommene sozialversicherungsrechtliche Beurteilung habe ergeben, dass die Klägerin zu 2. ihre Tätigkeit als Buchhalterin und Bürokraft bei der Klägerin zu 1. im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Bei der Gesamtwürdigung aller Indizien, die sich aus den vorgelegten Unterlagen zur Prüfung ergeben hätten, überwögen diejenigen Gesichtspunkte, die für eine abhängige, versicherungspflichtige Beschäftigung sprächen.
Soweit die Beklagte mit Bescheid vom 08.07.2020 entschieden habe, dass die von der Klägerin zu 2. ausgeübte Tätigkeit nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliege, müsse der Prüfdienst den Bescheid gegen sich gelten lassen. Die Klägerin zu 1. habe also ab diesem Zeitpunkt von seiner selbstständigen Tätigkeit ausgehen können. Ein Vertrauensschutz ergebe sich allerdings lediglich für die Zeit ab Erlass des Bescheides, zumal der Bescheid vom 08.07.2020 lediglich eine versicherungsrechtliche Beurteilung impliziere, aber tatsächlich keine enthalte. Die Widerspruchsbescheide wurden der Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu 1. und der Klägerin zu 2. jeweils per Einschreiben zugestellt.
Die Klägerin zu 1. hat am 29.11.2021 durch ihre Prozessbevollmächtigte dagegen Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben (S 13 BA 2836/21).
Die Klägerin zu 2. hat am 01.12.2021 ebenfalls Klage beim SG erhoben (S 13 BA 2860/21). Mit Beschluss vom 24.02.2022 hat das SG die Verfahren verbunden und unter dem Aktenzeichen S 13 BA 2836/21 fortgeführt.
Zur Klagebegründung ist ausgeführt worden, die Klägerin zu 2. unterhalte seit ihrer Gewerbeanmeldung im Jahr 1994 eigene Büroräume in H1. Sie sei immer für mehrere Auftraggeber tätig gewesen und habe den Umfang ihrer Tätigkeit bei ihrer Mandantin selbst bestimmt. Sie habe die Möglichkeit, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen und sei hierzu der Klägerin zu 1. keine Rechenschaft schuldig. Sie könne frei einteilen, wann sie Aufträge für die Klägerin zu 1. erledige; dies hänge von ihrer freien Kapazität im Hinblick auf die übrigen Auftraggeber ab. Die Stundenvergütung sei zwischen den Klägerinnen ausgehandelt worden und liege mit 27 € pro Stunde deutlich über dem Gehalt einer festangestellten Buchhalterin mit gleicher Qualifikation und Berufserfahrung, welche umgerechnet etwa 17 € bis 20 € pro Stunde verdiene. Der höhere Stundensatz sei im Hinblick auf die private Altersvorsorge von der Klägerin zu 2. angestrebt worden. Die Klägerin zu 2. sei bei der Klägerin zu 1. nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Sie sei weder in den Betrieb eingegliedert gewesen noch habe ein Weisungsrecht ihr gegenüber bestanden. Die bloße Anwesenheit eines Auftragnehmers in den Räumlichkeiten des Auftraggebers bei der Durchführung des Auftrages als lediglich äußerer Umstand rechtfertige nicht schon die Annahme einer arbeitnehmertypischen Eingebundenheit des Auftragnehmers in die betriebliche Organisation des Auftraggebers. Ein Weisungsrecht habe weder in zeitlicher noch in räumlicher Hinsicht bestanden. Die Klägerin zu 2. sei hinsichtlich der Auftragsannahme und Lage ihrer Arbeitszeit frei. Die Klägerin zu 1. sei nicht befugt, insoweit Vorgaben zu erteilen; solche Vorgaben seien auch tatsächlich nicht erfolgt. Ein Weisungsrecht in örtlicher Hinsicht bestehe ebenfalls nicht. Der Klägerin zu 2. obliege die freie Entscheidung, ob sie ihre Tätigkeit in ihren Büroräumen oder in den Räumen der Auftraggeberin ausübe. Auch in fachlicher Hinsicht bestehe kein Weisungsrecht. Die Klägerin zu 2. verfüge auf dem Gebiet der Buchhaltung über eine Fachkompetenz, die sich die Klägerin zu 1. zunutze mache. Die Klägerin zu 2. habe auch ein für Selbstständigkeit sprechendes - wenn auch geringes - Unternehmerrisiko zu tragen. Sie könne eine Vergütung nur beanspruchen, wenn sie Aufträge erhalte und die Leistung auch erbringe. Zudem spreche die tatsächliche Höhe des Honorars im Vergleich zur Vergütung von angestellten Buchhalterinnen für eine selbstständige Tätigkeit. Auch die Gewerbeanmeldung und fehlende Vereinbarungen über eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und bezahlten Urlaub bestätigten die gewollte und gelebte Selbstständigkeit.
Dass die Klägerin zu 2. selbstständig tätige Buchhalterin und als solche nicht sozialversicherungspflichtig gewesen sei und noch sei, habe auch die Beklagte mit Bescheid vom 08.07.2020 gegenüber dieser bestätigt. Sie habe festgestellt, dass die von der Klägerin zu 2. ausgeübte selbstständige Tätigkeit als Bürofachkraft nicht zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung führe. Soweit die Beklagte nun behaupte, die von ihr vorgenommene sozialversicherungsrechtliche Prüfung greife nur für die Zukunft, könne dem nicht gefolgt werden, da die getroffenen Feststellungen im Zusammenhang mit der Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum 01.01.2015 bis 31.12.2018 erfolgt seien. Die Beklagte sei der Meinung, dass der Bescheid vom 08.07.2020 lediglich eine sozialversicherungsrechtliche Beurteilung impliziere, aber tatsächlich keine beinhalte. Hierauf komme es nicht an. Die Beklagte müsse die getroffenen Feststellungen, dass die Klägerin zu 2. in ihrer Tätigkeit nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehe und die ausgeübte und selbständige Tätigkeit als Bürofachkraft nicht zur Versicherungspflicht führe, gegen sich gelten lassen, und zwar für die Zukunft und die Vergangenheit. Aus der Formulierung in § 28p Abs. 1 S. 5 Halbs. 1 SGB IV „gegenüber den Arbeitgebern“ folge nicht, dass die prüfenden RV-Träger damit ausschließlich gegenüber den Arbeitgebern zu Feststellungen über die Versicherungspflicht von Arbeitnehmern durch Verwaltungsakt berechtigt seien. Diese grundsätzlich einheitlich gegenüber Arbeitgeber und Arbeitnehmer wirkende Entscheidung könne auch durch einen gleichlautenden Verwaltungsakt direkt gegenüber dem Arbeitnehmer erfolgen (BSG, Urteil vom 17.12.2014 - B 12 R 13/13 R -).
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Eine Gewichtung der Merkmale, die vorliegend eher für eine selbstständige Tätigkeit sprächen, mit den Merkmalen, die eher für eine abhängige Beschäftigung sprächen, habe ergeben, dass die Klägerin zu 2. ihre Tätigkeit im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe und somit Sozialversicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung bestehe. Ausgangspunkt für die rechtliche Bewertung sei die übereinstimmende Angabe der Klägerinnen, dass der Tätigkeit, die seit 1994 ausgeübt werde und die sich unmittelbar an eine abhängige Beschäftigung bei der Klägerin zu 1. angeschlossen habe, mündliche Absprachen zugrunde lagen. Ein schriftlicher, die Rechtsbeziehungen der Beteiligten regelnder Vertrag sei nicht geschlossen worden. Die Klägerin zu 2. habe ihre Tätigkeit daher nicht völlig frei von inhaltlichen Weisungen ausführen können, da die jeweils zu erbringende Arbeitsleistung weder vereinbart noch vorhersehbar gewesen sei. Die tatsächliche Umsetzung der Tätigkeit habe vielmehr der konkreten Zuweisung bestimmter Verrichtungen seitens der Klägerin zu 1. bedurft. Die auszuführenden Arbeiten seien typische Büroarbeiten, wie das Führen von Telefonaten und des (elektronischen) Schriftwechsels, die Auftragsbearbeitung und Buchhaltung. Die Klägerin zu 2. habe diese Tätigkeiten nicht im Wesentlichen frei bestimmen können. Auch wenn ihr detaillierte Einzelanweisungen nicht erteilt worden seien, habe sie grundsätzlich den Weisungen der Klägerin zu 1. Folge leisten müssen. Dies stelle eine Weisungsgebundenheit dar, selbst wenn die Klägerin zu 1. keinen oder nur eingeschränkten Gebrauch von den Überwachungsrechten gemacht haben sollte.
Die Klägerin zu 2. sei auch in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen. Hiervon sei immer dann auszugehen, wenn der nichtselbstständig Beschäftigte die Arbeitsleistung in einer fremdbestimmten Arbeitsorganisation persönlich einbringe, in die Hierarchie mit Vorgesetzten und anderen Arbeitnehmern eingebunden sei und betriebliche Einrichtungen und/oder Arbeitsmittel der Firma nutze. Die Klägerin zu 2. habe gemäß dem Internetauftritt der Klägerin zu 1. als Sekretärin gearbeitet. Sie sei gegenüber den Kunden der Klägerin zu 1. nicht als selbstständig Tätige aufgetreten, sondern als Mitarbeiterin der Klägerin zu 1., die in dieser Tätigkeit keine eigenen Kunden, sondern die der Klägerin zu 1. betreut habe.
Im Prüfzeitraum vom 01.01.2015 bis 31.12.2018 habe die Klägerin zu 2. regelmäßig 85 Stunden pro Monat für die Klägerin zu 1. gearbeitet und dafür eine feste, zeitbezogene Vergütung erhalten. Soweit vorgetragen werde, dass die Klägerin zu 2. keine regelmäßigen Arbeits- oder Anwesenheitszeiten einzuhalten gehabt habe, sei dem entgegenzuhalten, dass die Wahl der Arbeitszeit nicht nur in den Fällen eine Einschränkung erfahre, in denen die Vorgaben durch die Klägerin erfolgten, sondern auch, wenn der zeitliche Rahmen z.B. durch die Öffnungszeiten des Unternehmens bestimmt werde, in denen die Tätigkeit ausgeübt werde. Da die Tätigkeit teilweise in den Räumen der Klägerin zu 1. auszuüben war, liege keine völlige Wahlfreiheit hinsichtlich der Arbeitszeit vor. Dem stehe nicht entgegen, dass die Arbeiten nicht ausschließlich in der Betriebsstätte der Klägerin, sondern teilweise auch von zu Hause verrichtet worden seien.
Die Klägerin zu 1. habe die Klägerin zu 2. auch mit den für die Erledigung der Arbeiten notwendigen EDV-Zugriffsrechten und der nötigen Software (Lexware) ausgestattet, was die Eingliederung in den arbeitsteiligen Prozess jedenfalls im Sinne der dienenden Teilhabe unterstreiche. Bei der Klägerin zu 2. sei auch kein nennenswertes unternehmerisches Risiko festzustellen. Es fehle der Nachweis, dass sie eigene Mittel oder Subunternehmer bzw. eigene Arbeitnehmer eingesetzt habe, zumindest habe sie derartige Mittel nicht in Rechnung gestellt. Nach eigener Auskunft beschäftige sie keine eigenen Arbeitnehmer. Die Klägerin zu 2. habe ihre eigene Arbeitskraft auch nicht mit ungewissem Erfolg eingesetzt, da jede geleistete Arbeitsstunde pauschal vergütet werde. Die Vergütung werde daher erfolgsunabhängig gezahlt. Auch bei einem geringeren Auftragsvolumen könne die Klägerin zu 2, wenn auch mit geringeren, aber weiteren regelmäßigen Einnahmen rechnen. Somit trage sie lediglich das für einen Arbeitnehmer typische Entgeltrisiko. Die Aufwendungen für Utensilien und Arbeitsmittel, die heutzutage in der überwiegenden Mehrzahl der Arbeitnehmerhaushalte zu finden seien, stellten kein Unternehmerrisiko dar. Ein eigenes Büro und eigene Arbeitsmittel, wie Laptop, Drucker, Handy seien, mehr oder weniger ausgeprägt, in vielen Privathaushalten zu finden. Der Einsatz von eigenem Kapital mit der Gefahr des Verlustes sei hiermit nicht verbunden. Der Einwand, die Klägerin zu 2. werde auch für andere Auftraggeber tätig, stehe einer abhängigen Beschäftigung bei der Klägerin zu 1. nicht entgegen. Gegenstand der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung sei ausschließlich das Auftragsverhältnis, für welches die Beurteilung erforderlich sei. Für jedes benannte Auftragsverhältnis sei einzeln zu beurteilen, ob es im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses oder im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit ausgeübt werde. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten und entscheidungserheblichen Tatsachen überwögen danach die Merkmale für eine versicherungspflichtige Beschäftigung.
Mit Urteil vom 28.03.2024 hat das SG die Klagen abgewiesen. Die zulässigen Klagen seien unbegründet, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Die Voraussetzungen der Rechtsgrundlage des § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV seien erfüllt. Zur Überzeugung des Gerichts stehe fest, dass die Tätigkeit der Klägerin zu 2. für die Klägerin zu 1. eine abhängige Beschäftigung gewesen sei. Die für eine Beschäftigung sprechenden Anhaltspunkte überwögen. So sei die über Jahre monatlich in identischer Höhe für den monatlich selben Arbeitseinsatz gezahlte Vergütung typisch für Arbeitsverhältnisse. Wie sich die Auftragsvergabe in der Praxis mit der Möglichkeit zur Ablehnung von Aufträgen gestaltet haben solle, erschließe sich nicht. Insbesondere dürfte es auf diesem Weg kaum möglich sein, jeden Monat exakt so viele Aufträge anzunehmen, dass exakt 85 Stunden Arbeit anfielen. Vielmehr spreche die Ausgestaltung dafür, dass die Klägerin zu 2. ihre Arbeitskraft zur Verfügung gestellt habe und alles Weitere durch Einzelweisungen geregelt worden sei, auch wenn die Klägerin zu 2. nach jahrelanger vertrauensvoller Zusammenarbeit die Betriebsabläufe gekannt habe und wenig direkte Weisungen erforderlich gewesen seien. Eine für eine selbstständige Tätigkeit sprechende Pauschalvergütung liege hier wegen der stundenweisen Vergütung nicht vor.
Die Beklagte habe auch zutreffend angenommen, dass der Bescheid vom 08.07.2020 keinen Vertrauensschutz für die Tätigkeit im streitigen Zeitraum begründet habe, wobei hier weniger eine Frage des Vertrauensschutzes als der Auslegung des Bescheids vom 08.07.2020 vorliege. Dem Bescheid komme die von den Klägerinnen angenommene Bedeutung einer umfassenden Statusentscheidung nicht zu. Eine entsprechende Regelung sei ihm nicht zu entnehmen. Der Bescheid berühre das Verhältnis der Klägerinnen nicht. Zwar sei dem Bescheid vom 08.07.2020 bei isolierter Betrachtung nicht zu entnehmen, worauf er sich konkret beziehe, allerdings sei dem Verfahrensablauf und dem entsprechenden Hinweis in dem Bescheid vom 07.04.2020 zu entnehmen, dass das gesamte Verfahren zur Feststellung einer Versicherungspflicht Selbstständiger einen Annex zu der Betriebsprüfung bei der p1 GmbH dargestellt und sich daher auf die dortige Tätigkeit bezogen habe. Zudem sei erkennbar, dass der Bescheid an die im Rahmen der Betriebsprüfung getroffene Statusentscheidung in Bezug auf eine selbstständige Tätigkeit angeknüpft und diese nicht selbst getroffen habe. Auch sei der Klägerin zu 2. bekannt gewesen, dass zwei Betriebsprüfungen gelaufen seien. Nach Erhalt des die Betriebsprüfung bei der p1 GmbH abschließenden Bescheids vom 07.04.2020 habe ihr bereits vom äußeren Erscheinungsbild her klar sein müssen, dass der Bescheid vom 08.07.2020 nicht das Ergebnis einer Betriebsprüfung darstelle und sich nicht auf das Verhältnis der Klägerinnen zueinander beziehe, zumal jeglicher Bezug zu der Betriebsprüfung bei der Klägerin zu 1. gefehlt habe. Alleine, dass die Klägerin zu 2. in dem Fragebogen mehrere Auftraggeber angegeben habe, führe bei verständiger Würdigung der Umstände zumindest bei der hier erkennbaren Anknüpfung an die vorangegangene Betriebsprüfung bei der p1 GmbH nicht dazu, dass der Bescheid im Sinne einer Statusentscheidung hinsichtlich einer selbstständigen Tätigkeit, die erkennbar vorausgegangen sei und nicht in ihm getroffen worden sei, in Bezug auf sämtliche genannte Auftraggeber verstanden werden könne. Da dem Bescheid keine Regelung im Sinne einer Statusentscheidung in Bezug auf das Verhältnis der Klägerinnen zueinander zu entnehmen sei, könne er auch keinen Vertrauensschutz im Sinne der Übertragung auf einen vergleichbaren Sachverhalt in Bezug auf eine solche Regelung begründen. Die angegriffenen Bescheide seien auch im Übrigen rechtlich nicht zu beanstanden.
Gegen das der Klägerin zu 1. am 11.06.2024 und der Klägerin zu 2. am 13.06.2024 zugestellte Urteil hat die Klägerin zu 1. am 28.06.2024 durch ihre Prozessbevollmächtigte Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erheben lassen und zur Begründung ihr Vorbringen im Wesentlichen wiederholt. Die Beklagte habe im Bescheid vom 08.07.2020 geprüft und im Anschluss festgestellt, dass die Klägerin zu 2. in ihrer Tätigkeit nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehe und die ausgeübte und selbständige Tätigkeit als Bürokraft nicht zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung führe. Im Widerspruchsbescheid werde dies von der Beklagten selbst eingeräumt. Es werde lediglich der „Vertrauensschutz“ für die Vergangenheit abgesprochen. Wenn die Beklagte im Widerspruchsbescheid behaupte, die von ihr vorgenommene sozialversicherungsrechtliche Prüfung greife nur für die Zukunft, könne dem nicht gefolgt werden, da die durch die Beklagte getroffenen Feststellungen im Rahmen der Betriebsprüfung bei der Klägerin zu 1. erfolgt seien. Soweit die Beklagte die Auffassung vertrete, dass der Bescheid vom 08.07.2020 lediglich eine sozialversicherungsrechtliche Beurteilung impliziere, aber tatsächlich keine beinhalte, werde dem widersprochen. Die Beklagte müsse die getroffenen Feststellungen, dass die Klägerin zu 2. in ihrer Tätigkeit nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehe und die ausgeübte und selbständige Tätigkeit als Bürokraft nicht zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung führe, gegen sich gelten lassen, und zwar für die Zukunft und die Vergangenheit. Ob den Feststellungen eine tatsächliche Beurteilung zu Grunde gelegen habe oder nicht, könne offenbleiben, da dies im Verantwortungsbereich der Beklagten liege. Versäumnisse bzw. unterschiedliche Rechtsauffassungen im Innenverhältnis könnten nicht zum Nachteil der Klägerinnen gereichen. Diese hätten alle Fragen/Fragenbogen wahrheitsgemäß beantwortet und der Beklagten zukommen lassen; die Beklagte habe somit von allen relevanten Umständen Kenntnis gehabt.
Die Klägerin zu 1. beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28. März 2024 und den
Bescheid der Beklagten vom 24. Februar 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. November 2021 aufzuheben und festzustellen, dass die Klägerin zu 2. in ihrer Tätigkeit für die Klägerin zu 1. in der Zeit vom 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2018 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, Kranken-, Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zu 1. zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Wie das SG in seinem Urteil richtigerweise festgestellt habe, hätten sich der Fragebogen, den die Klägerin zu 2. von der Leistungsabteilung der Beklagten erhalten und mit Datum vom 10.06.2020 ausgefüllt habe sowie der darauffolgende Bescheid vom 08.07.2020 nicht auf die vorliegende Betriebsprüfung bei der Klägerin zu 1. bezogen. Wie aus dem Bescheid hervorgehe, beziehe er sich nicht auf eine bestimmte Tätigkeit der Klägerin zu 2. Zudem handele es sich bei der Prüfung der Versicherungspflicht eines Selbstständigen in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) nicht um eine sozialversicherungsrechtliche Beurteilung i.S.d. § 7 Abs. 1 SGB IV oder eine Statusentscheidung gem. § 7 a SGB IV. Es werde lediglich geprüft, ob die Voraussetzungen des § 2 SGB VI vorlägen und Versicherungspflicht bestehe oder nicht; nicht, ob die Merkmale des § 7 Abs. 1 SGB IV für eine abhängige Beschäftigung vorlägen.
Das deutsche Recht kenne den Typus eines universellen Selbstständigen, der in jeder Beziehung selbstständig tätig sei, nicht. Gerade das Sozialversicherungsrecht kenne Haupt- und Nebenbeschäftigungen, so dass die Selbstständigkeit in einem Beruf und die Aufnahme einer zusätzlichen Erwerbstätigkeit in abhängiger Beschäftigung nicht ausgeschlossen seien. Es komme bei der Gesamtbetrachtung nicht auf die Summe der selbstständig ausgeübten Tätigkeiten an, die im Falle des Überwiegens auch die Selbständigkeit aller übrigen andersgearteten Dienstleistungen nach sich ziehen. Vielmehr sei grundsätzlich jede Tätigkeit gesondert zu beurteilen und daraufhin zu untersuchen, ob unter den konkreten Arbeitsbedingungen die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorherrschend seien. Das Vorhandensein mehrerer Auftraggeber begründe nicht eine selbstständige Tätigkeit. Auch abhängig teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer könnten zeitgleich anderweitige selbstständige Tätigkeiten bzw. Beschäftigungen bei anderen Auftrag-/Arbeitgebern ausüben. Auch die Klägerin zu 2. sei für mehrere Auftrag- bzw. Arbeitgeber tätig gewesen.
Die Beklagte habe aufgrund des Bescheides vom 08.07.2020 einen Vertrauensschutz ab dem Zeitpunkt des Bescheiderlasses für die Rentenversicherungspflicht im Widerspruchsbescheid zugestanden. Dies betreffe den vorliegend streitgegenständlichen Zeitraum jedoch nicht, da die Betriebsprüfung einen Prüfzeitraum vom 01.01.2015 bis 31.12.2018 erfasst habe. Zudem beziehe sich der Vertrauensschutz nicht auf die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung, sondern nur auf die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Im Übrigen seien die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung iSd. § 7 Abs. 1 SGB IV für die Tätigkeit für die Klägerin zu 1. gegeben. Dies habe die Beklagte bereits ausführlich in ihren Bescheiden festgestellt. Die Vergütungsmodalitäten seien typisch für eine abhängige Beschäftigung, ein unternehmerisches Risiko sei nicht anzunehmen, das Risiko eines Verlustes oder die Möglichkeit der Steigerung des Gewinns sei nicht ersichtlich. Das Zurverfügungstellen von Arbeitsmaterialien, wie auch der Software Lexware, sei ebenfalls typisch.
Die Klägerin zu 2. stellt keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Klageakten des SG in den beiden verbundenen Klageverfahren und die Gerichtsakte zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin zu 1. ist auch im Übrigen zulässig.
Gegenstand der Berufung ist neben dem Urteil des SG vom 28.03.2024 der Bescheid der Beklagten vom 24.02.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.11.2021.
Beteiligte des Berufungsverfahrens ist auch die Klägerin zu 2., die keine Berufung eingelegt hat, ohne dass diese beizuladen wäre. Zwar sind bei einem Rechtsstreit um personenbezogene Beitragsbescheide die betroffenen Beschäftigten notwendig beizuladen (vgl. Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 1/14 R -, Juris Rn. 14 m. w. N.). Aufgrund der zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung erfolgten Verbindung der beiden Klagen, die sich insoweit, als die Beklagte eine Statusentscheidung betreffend die Klägerin zu. 2 getroffen hat, jeweils gegen den gleichen Bescheid richten, und des Umstandes, dass beide Klägerinnen im vorliegenden Verfahren Klagen gegen die einheitliche Entscheidung führen, ist eine einheitliche Entscheidung gegenüber beiden Klägerinnen sichergestellt und eine notwendige Beiladung der Klägerin zu 2. zum Berufungsverfahren nicht erforderlich. Da im vorliegenden Verfahren über die Frage der Sozialversicherungspflichtigkeit der Tätigkeit der Klägerin zu 2. für die Klägerin zu 1. nur einheitlich entschieden werden kann, ist, auch wenn nur die Klägerin zu 1. Berufung eingelegt hat, das Urteil auch nicht etwa (teilweise) gegenüber der Klägerin zu 2. rechtskräftig geworden. Wollte man dieser Einschätzung folgen, hätte dies zur Konsequenz, dass unter Umständen einerseits ein gegenüber der Klägerin zu 2. rechtskräftiges Urteil des SG von Sozialversicherungspflichtigkeit der hier streitigen Tätigkeit ausgeht, während – fiktiv – gegenüber der Klägerin zu 1. ein Urteil bezüglich des gleichen Sachverhaltes und Streitgegenstandes mit einem anderen Inhalt vorliegen könnte, nämlich dass keine Sozialversicherungspflichtigkeit bestünde. Um eine solche Situation zu vermeiden, ist das Urteil des SG insgesamt, solange über die Berufung nicht entschieden worden ist, nicht rechtskräftig, auch nicht gegenüber der Klägerin zu 2.
Die Berufung der Klägerin zu 1. ist unbegründet. Zu Recht hat das SG die auf Aufhebung des Bescheids vom 24.02.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.11.2021 und Feststellung des Nichtbestehens von Versicherungspflicht der Klägerin zu 2. in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung für die Tätigkeit bei der Klägerin zu 1. im Zeitraum vom 01.01.2015 bis 31.12.2018 gerichtete kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 56 SGG) abgewiesen. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die genannten Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin zu 1. nicht in ihren Rechten.
Rechtsgrundlage der angefochtenen Bescheide ist § 28p Abs. 1 Satz 1 und Satz 5 SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre (Satz 1). Die Träger der Rentenversicherung erlassen nach Satz 5 dieser Vorschrift im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte (verkörpert im sog. Prüfbescheid, BSG, Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R -, juris) zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.
Die Beklagte war als Rentenversicherungsträgerin auch zur Überwachung des Umlageverfahrens (sog. U1- und U2-Umlage) nach dem Gesetz über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung (Aufwendungsausgleichsgesetz - AAG -) und zum Erlass eines entsprechenden Umlagebescheids befugt. Denn § 10 AAG stellt die Beiträge zum Ausgleichsverfahren insoweit den Beiträgen zur GKV gleich, die ihrerseits Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (§ 28d S 1 SGB IV) sind, der von der Beklagten im Rahmen einer Betriebsprüfung (§ 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV) geltend zu machen ist (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 26.09.2017 - B 1 KR 31/16 R -, juris). Gleiches gilt seit dem 01.01.2009 in Bezug auf die Insolvenzgeldumlage. Nach § 359 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) ist die Umlage zusammen mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen. Nach Satz 2 finden die für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag geltenden Vorschriften des SGB IV entsprechende Anwendung und damit wiederum § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV mit seiner die Zuständigkeit der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung begründenden Wirkung.
Der Bescheid vom 24.02.2021 ist trotz unterbliebener Anhörung der Klägerin zu 2. formell rechtmäßig. Sie war als Drittbetroffene des Betriebsprüfungsbescheids nicht zuvor gemäß § 24 Abs. 1 SGB X anzuhören, weil sie insofern nicht zu den Beteiligten im Sinne von § 24 Abs. 1 SGB X der bei der Klägerin zu 1. durchgeführten Betriebsprüfung gehörte (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.02.2023 - L 28 BA 59/20 -, juris). Die Beklagte leitete der Klägerin zu 2. das Ergebnis der Betriebsprüfung mit der Prüfmitteilung in der Absicht zugeleitet, dass sie davon Kenntnis erlangt, so dass der Bescheid ihr gegenüber wirksam bekanntgegeben wurde.
Der Bescheid ist auch materiell-rechtmäßig. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV sind in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung nach Maßgabe der besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige unter anderem Personen versicherungspflichtig, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Entsprechende Regelungen (Versicherungspflicht von Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind) finden sich für die Arbeitslosenversicherung in § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III, für die gesetzliche Rentenversicherung in § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, für die Krankenversicherung in § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sowie für die soziale Pflegeversicherung in § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) als akzessorische Regelung zur gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI). Dabei liegt der Beitragsbemessung für den vom Arbeitgeber zu zahlenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag gemäß §§ 28d, 28e SGB IV das Arbeitsentgelt zu Grunde (§ 342 SGB III, § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V, auf die Regelung im SGB V verweisend § 57 Abs. 1 SGB XI, § 162 Nr. 1 SGB VI). Dies gilt auch in Bezug auf die Umlagen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 AAG bzw. § 358 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Arbeitsentgelt sind gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV definiert den Begriff der Beschäftigung als nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach Satz 2 der Regelung sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. Rspr., vgl. zum Ganzen z.B. BSG, Urteile vom 30.04.2013 - B 12 KR 19/11 R -, und vom 29.08.2012 - B 12 KR 25/10 R -, jeweils juris). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. der selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, das heißt den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (vgl. BSG, Urteil vom 25.04.2012 - B 12 KR 24/10 R - m. w. N., juris). Fehlen zwingende gesetzliche Rahmenvorgaben und kann die im vorliegenden Fall zu prüfende Tätigkeit sowohl in der Form einer Beschäftigung als auch in der einer selbstständigen Tätigkeit erbracht werden, kommt den vertraglichen Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmer/Auftragnehmer und Arbeitgeber/Auftraggeber zwar keine allein ausschlaggebende, so doch eine gewichtige Rolle zu. Zwar haben es die Vertragsparteien nicht in der Hand, die kraft öffentlichen Rechts angeordnete Sozialversicherungspflicht durch bloße übereinstimmende Willenserklärung auszuschließen. Dem Willen der Vertragsparteien, keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung begründen zu wollen, kommt nach der Rechtsprechung des BSG aber indizielle Bedeutung zu, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine abhängige Beschäftigung sprechen (vgl. BSG, Urteile vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - und vom 14.03.2018 - B 12 R 3/17 R -, jeweils juris). Ob eine wertende Zuordnung zum Typus der Beschäftigung gerechtfertigt ist, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer „gelebten“ Beziehung erschließen lässt. Maßgebend sind somit allein die Umstände des Einzelfalles.
Insoweit haben die Beklagte im angefochtenen Bescheid und das SG im angefochtenen Urteil zutreffend die Rechtsgrundlagen für die getroffene Feststellung der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung und die ständige Rechtsprechung des BSG zur hierbei maßgeblichen Abgrenzung einer abhängigen Beschäftigung von einer selbstständigen Tätigkeit dargestellt. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
Unter Anwendung dieser Grundsätze gelangt der Senat ebenso wie das SG zu der Überzeugung, dass unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Lebenssachverhalts nach deren Gewichtung und Gesamtwürdigung die Klägerin zu 2. in ihrer Tätigkeit für die Klägerin zu 1. abhängig beschäftigt war und damit der Versicherungspflicht, wie von der Beklagten festgestellt, unterlag.
Hierzu stellt der Senat fest, dass die Klägerin zu 2., die bis 1994 bei der Klägerin zu 1. abhängig beschäftigt war, seitdem ein eigenes Gewerbe (Erledigung von Schreibarbeiten und EDV-Erfassung) unterhielt, hierfür eigene Büroräume mit eigener Büroausstattung vorhielt und über eigene Arbeitsmittel (Laptop, Drucker, Handy) verfügte. Soweit sie für die Klägerin zu 1. arbeitete, wurden ihr die Buchhaltungssoftware Lexware und der Fernzugriff auf das EDV-System der Klägerin zu 1. von dieser zur Verfügung gestellt.
Der Senat stellt weiter fest, dass die Klägerin zu 2. ihre Tätigkeit für die Klägerin zu 1. auf Grundlage einer mündlichen Vereinbarung ausübte und Einzelweisungen erhielt im Rahmen von Terminabsprachen mit der Klägerin zu 1. Sie übte die Tätigkeit für die Klägerin zu 1. ausschließlich selbst aus und beschäftigte im streitigen Zeitraum keine eigenen Arbeitnehmer. Sie tat dies zu 60 % von zu Hause aus und zu 40 % in den Räumlichkeiten der Klägerin zu 1., wobei sie bei dieser die Auftragsbearbeitung und Telefontätigkeiten ausführte. Sie war im streitigen Zeitraum auf der Homepage der Klägerin zu 1. als Sekretärin aufgeführt, wie der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgelegte Ausdruck (Stand: 14.12.2020) belegt. Sie war nach eigenen Angaben frei darin, einzelne Aufträge abzulehnen, was aber tatsächlich nie vorkam. Sie wurde für ihre Tätigkeit im streitigen Zeitraum mit einer pauschalen Vergütung von 2.300 €/Monat zzgl. Mehrwertsteuer bezogen auf eine Tätigkeit von durchgängig 85 Stunden/Monat bezahlt. Anspruch auf bezahlten Urlaub bestand nicht. Der Senat stellt weiter fest, dass die Klägerin zu 2. im streitigen Zeitraum zusätzlich für weitere Auftraggeber tätig war, unter anderem die Fa. P1 GmbH.
Ausgehend von diesem Tätigkeitsprofil teilt der Senat die Auffassung, dass hier Überwiegendes für eine abhängige Beschäftigung bei der Klägerin zu 1. spricht.
Soweit die Klägerinnen vortragen, die Klägerin zu 2. sei in der Ausübung ihrer Arbeit nach Ort, Arbeitsmittel, Zeit, Art und Weise ihrer Organisation frei gewesen, damit nicht in den Betrieb der Klägerin zu 1. eingegliedert, und habe keinen Weisungen der Klägerin zu 1. unterlegen, werten sie die tatsächlichen Umstände der Tätigkeit unzutreffend. Vielmehr bestand eine deutliche Eingliederung der Klägerin zu 2. in den Betrieb der Klägerin zu 1. in Verbindung mit einer Weisungsgebundenheit.
Hinsichtlich des Orts der Arbeitsleistung, der Wahl der Arbeitsmittel und der Verwendung ihrer Zeit war die Klägerin zu 2. nicht frei. Sie verfügte zwar über eigene Büroräume und eigene Hardware, war aber über Fernzugriff in das EDV-System der Auftraggeberin eingebunden, die ihr für die Arbeit auch die notwendige Buchhaltungssoftware (Lexware) zur Verfügung stellte. Auch hinsichtlich der Festlegung ihrer Arbeitszeit war die Klägerin zu 2. nicht frei. Zwar hatte sie keine festen Arbeitszeiten einzuhalten. Allerdings war sie gehalten, sich an die allgemeinen Bürozeiten zu halten, wo sie für die Auftragsbearbeitung und den Telefondienst zuständig war. Dass der Klägerin zu 2. nicht vorgeschrieben war, wann sie ihre Arbeitsleistung erbringen will, ändert an der Bewertung nichts, weil sie faktisch an die Geschäftszeiten der Klägerin zu 1. gebunden war. Damit bestand kein wesentlicher Unterschied der Tätigkeit verglichen mit angestellten Mitarbeitern. Dies spricht für eine Einbindung in die betrieblichen Abläufe der Klägerin zu 1., ebenso wie der Umstand, dass sie nach außen erkennbar auf der Homepage der Klägerin zu 1. im Internet als Sekretärin mit entsprechenden Kontaktdaten ausgeführt war. Dies wertet der Senat als einen wesentlichen, auch nach außen erkennbaren Gesichtspunkt der Eingliederung in den Betrieb der Klägerin zu 1. und damit für eine fremdbestimmt ausgeführte Tätigkeit. Hierzu zählt auch die telefonische Erreichbarkeit unter einem Anschluss der Klägerin zu 1. in deren Räumen. Denn für die Ausführung der übertragenen Tätigkeiten trat die Klägerin zu 2. gerade nicht als eigenständige (Sub-)Unternehmerin auf.
Hinsichtlich der Art und Weise der Tätigkeit war die Klägerin zu 2. ebenfalls nicht frei. Sie war verpflichtet, die Tätigkeiten nach mündlicher Absprache mit Beschäftigten der Klägerin zu 1. und Weisungen durch diese durchzuführen, ohne – wie sie selbst im Fragebogen angegeben hat –insoweit eigene Vorstellungen einbringen zu können. Dass die Klägerin zu 2. ihre fachliche Tätigkeit auch aufgrund der langjährigen Erfahrung weitgehend selbstständig ausüben konnte, steht dem nicht entgegen. Auch wenn insoweit kein umfassendes Weisungsrecht angenommen werden kann, ist von einer weitgehenden Eingliederung in den Betrieb der Klägerin zu 1. auszugehen, in deren Rahmen sie ihre Tätigkeit funktionsgerecht und dienend innerhalb einer fremden Arbeitsorganisation eingebracht hat (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R -, juris). Eine Eingliederung geht auch nicht zwingend mit einem umfassenden Weisungsrecht einher. Die in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV genannten Merkmale der Weisungsgebundenheit und Eingliederung stehen nicht in einem Rangverhältnis zueinander und müssen nicht kumulativ vorliegen. Sie sind schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nur „Anhaltspunkte" für eine persönliche Abhängigkeit, also im Regelfall typische Merkmale einer Beschäftigung und keine abschließenden Bewertungskriterien (BSG, Urteil vom 07.06.2019 - B 12 R 7/18 R -, juris).
Für eine nicht selbstständige Tätigkeit spricht auch, dass die Klägerin zu 2. zumindest nicht in einem nennenswerten Umfang einem Unternehmerrisiko ausgesetzt war, sondern eine monatliche gleichbleibende Vergütung von 2.300,- EUR auf Grundlage einer ebenfalls monatlich gleichbleibenden Stundenzahl von 85 erhielt. Auch wenn vertraglich offenbar keine Mindeststundenanzahl garantiert war und die Klägerin zu 2. grundsätzlich das Recht hatte, Aufträge abzulehnen, bewegte sich ausweislich der vorgelegten Unterlagen der nach Stundenlohn bezahlte Umfang der Tätigkeit ganz überwiegend in einem gleichbleibenden Rahmen. Die Rechnungen der Klägerin zu 2. wurden auch nicht projektbezogen, sondern monatlich gestellt aufgrund einer stets gleichbleibenden Stundenzahl und waren – vergleichbar mit einem Arbeitnehmerlohn – immer gleich hoch.
Insoweit war das von der Klägerin zu 2. zu tragende unternehmerische Risiko gering. Maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko ist nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl. etwa BSG, Urteile vom 04.06.1998 - B 12 KR 5/97 R -, vom 25.01.2001 - B 12 KR 17/00 R -, vom 28.05.2008 - B 12 KR 13/07 R -, vom 28.09.2011 - B 12 R 17/09 R -, vom 07.06.2019 - B 12 R 7/18 R -, jeweils juris), ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft (vgl. schon BSG, Urteile vom 13.07.1978 - 12 RK 14/78 - ; vom 28.05.2008 - B 12 KR 13/07 R -, vom 28.09.2011 - B 12 R 17/09 R -, juris) oder größere Verdienstchancen gegenüberstehen (BSG, Urteile vom 25.01.2001 - B 12 KR 17/00 R - und vom 31.03.2015 - B 12 KR 17/13 R -, juris), was nicht der Fall war. Überdies kann die Pauschalvergütung nach einer festen Stundenzahl auch gerade gegen eine selbstständige Tätigkeit sprechen, da hierdurch die Chance genommen ist, durch schnelleres und effizienteres Arbeiten im Rahmen eines Auftrages mehr Geld in weniger Arbeitszeit zu erhalten. Aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft gegebenenfalls nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko bezüglich der einzelnen Einsätze (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R -, juris).
Der Anmeldung eines Gewerbebetriebes durch die Klägerin zu 2. kommt keine eigenständige Aussagekraft zu. Die Anmeldung eines Gewerbebetriebes mag die subjektive Einschätzung des Anmeldenden zum Ausdruck bringen, selbstständig tätig werden zu wollen, doch steht die Entscheidung über das Vorliegen der für Beschäftigte vom Gesetzgeber vorgegebenen Pflichtversicherung nicht zur Disposition der Beteiligten (s. auch § 32 Sozialgesetzbuch Erstes Buch <SGB I>). Dementsprechend begründet die Anmeldung eines Gewerbes für sich alleine keine Selbstständigkeit, zumal insoweit eine inhaltliche Überprüfung durch die zuständige Behörde nicht stattfindet (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.02.2015 - L 11 R 5195/13 -, juris).
Dass die Klägerin zu 2. im streitigen Zeitraum für mehrere Auftraggeber tätig war, ist ebenfalls kein relevantes Indiz für eine abhängige oder selbstständige Tätigkeit, da sich die streitige Feststellung nur auf das konkrete Auftragsverhältnis bezieht und hierbei maßgeblich die Umstände dieses konkreten Verhältnisses in die Gesamtabwägung einzustellen sind (vgl. BSG, Urteil vom 07.06.2019 - B 12 R 6/18 R -, juris Rn. 31 f.).
Die Nichtgewährung einer Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, von Urlaub und Urlaubsgeld ist lediglich Ausdruck der Intention der Klägerinnen, eine selbstständige Tätigkeit zu wollen; unternehmerische Freiheiten sind damit nicht verbunden (vgl. BSG, Urteil vom 28.05.2022 - B 12 R 3/20 R -, juris Rn. 23).
Im Ergebnis überwiegen daher bei der Tätigkeit der Klägerin zu 2. die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung die einer selbstständigen Tätigkeit deutlich.
Die Beklagte war auch nicht an der Nacherhebung von Sozialversicherungsbeiträgen bei der Klägerin zu 1. mit Blick auf den gegenüber der Klägerin zu 2. ergangenen Bescheid vom 08.07.2020 gehindert. Dieser ist, worauf das SG in seiner Entscheidung zutreffend hingewiesen hat, schon aufgrund des zeitlichen Kontextes ersichtlich als Annex zu der Betriebsprüfung bei der p1 GmbH mit abschließendem Bescheid vom 07.04.2020 und dem Anschreiben an die Klägerin zu 2. vom 15.05.2020 ergangen und (nur) auf deren dortige Tätigkeit bezogen, wenngleich sich dies dem unbestimmt weit gefassten Wortlaut („die von Ihnen ausgeübte selbständige Tätigkeit als Bürofachkraft“) nicht entnehmen lässt. Und er enthält keine Entscheidung über das Bestehen bzw. Nichtbestehen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses – schon gar nicht im Verhältnis zur Klägerin zu 1. –, sondern betrifft (allein) die Frage der Versicherungspflicht einer Selbstständigen in der gesetzlichen Rentenversicherung. Ein solcher Bescheid enthält, worauf das SG zutreffend hingewiesen hat, keine Statusentscheidung, sondern setzt eine solche frühere Entscheidung voraus, wie sie bezogen auf die Betriebsprüfung bei der Klägerin zu 1. gerade noch nicht ergangen war.
Entscheidungen über das Bestehen bzw. Nichtbestehen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses treffen nur die Einzugsstelle (§ 28h Abs. 2 SGB IV), es sei denn, dass im obligatorischen Anfrageverfahren eine Meldung wegen eines beschäftigten Ehegatten, Lebenspartners oder Abkömmlings des Arbeitgebers oder geschäftsführenden GmbH-Gesellschafters erstattet wurde (§ 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV) und wie hier der zuständige Rentenversicherungsträger anlässlich einer Betriebsprüfung (§ 28p Abs. 1 SGB IV). Ausschließlich für den Bereich der Rentenversicherung getroffene Feststellungen, die ein Rentenversicherungsträger zur gesetzlichen Rentenversicherungspflicht von Selbstständigen (z.B. als „Solo-Selbständiger“ nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI) bzw. auf Antrag (§ 4 SGB VI) trifft, entfalten keine vergleichbare Regelungswirkung, da keine Gleichwertigkeit mit Antragsverfahren nach §§ 7a Abs. 1, 28h Abs. 2 und 28p Abs. 1 SGB IV besteht (Pietrek in jurisPK-SGB IV § 7a Rn. 25 f.).
Die Klägerin zu 1. kann sich gegenüber der Beitragsforderung auch nicht auf Vertrauensschutz für die Vergangenheit berufen. Insbesondere begründet der an die Klägerin zu 2. adressierte Bescheid der Beklagten vom 08.07.2020 ihr gegenüber keinen solchen Vertrauensschutz. Die Beklagte war über den von ihr selbst zugestandenen zukunftsbezogenen Vertrauensschutz ab Erlass des Bescheides vom 08.07.2020 hinaus weder an der rückwirkenden Erhebung von Rentenversicherungsbeiträgen – allein hierauf bezieht sich der Bescheid vom 08.07.2020 – gehindert noch an der Nachforderung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge im zurückliegenden Prüfzeitraum 01.01.2015 bis 31.12.2018. Richtig ist, dass sich die Betriebsprüfung bei der Klägerin zu 1. auf diesen früheren Zeitraum bezog. Gleichwohl wäre ein Vertrauensschutz für diesen Zeitraum nur anzunehmen, wenn die Klägerinnen etwa aufgrund der früheren Verwaltungspraxis oder entsprechender Zusagen der Beklagten von einer Beitragsfreiheit für diesen Zeitraum ausgehen durften und hierauf während dieser Zeit vertraut hätten (vgl. BSG, Urteil vom 27.09.1983 - 12 RK 10/82 - BSGE 55, 297 = SozR 5375 § 2 Nr. 1). Dies war aber nicht der Fall. Die Beklagte hatte vor oder während dieses Zeitraums keine Veranlassung zur Annahme von Versicherungsfreiheit in Bezug auf die Tätigkeit bei der Klägerin zu 1. gegeben. Die Klägerinnen durften daher auch nicht auf die Sozialversicherungsfreiheit der Tätigkeit in diesem Zeitraum vertrauen. Im Zweifel hätten sie vielmehr die Möglichkeit gehabt, die Frage der Versicherungspflicht in einem Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV zu klären und damit frühzeitig eine verbindliche Entscheidung und Sicherheit zu erhalten. Von dieser Möglichkeit wurde nicht Gebrauch gemacht. Dass die Beklagte nach Ablauf dieses Zeitraums im Rahmen zweier weitgehend parallel verlaufender Betriebsprüfungsverfahren einen – missverständlichen, weil zu unbestimmten – Bescheid zur Rentenversicherungspflicht und nur dazu erlassen hat, der bei laienhafter Wertung (auch) dem die Klägerin zu 1. betreffenden Prüfverfahren zugeordnet werden konnte, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn ein diesbezüglicher Rechtsirrtum wäre vermeidbar und ggf. durch Nachfrage bei der Beklagten aufzuklären gewesen und hinderte diese jedenfalls nicht an der rückwirkenden Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen. Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen war sie hierzu sogar verpflichtet. Eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund des nicht mit dem Bestimmtheitsgrundsatz (§ 33 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch <SGB X>) in Einklang stehenden Bescheids vom 08.07.2020 im Sinne des Absehens von Nachforderungen für die Vergangenheit bestand nicht. Im Widerspruch zu zwingenden gesetzlichen Vorgaben kann keine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund früheren Verhaltens entstehen (BSG, Urteil vom 19.09.2019 - B 12 R 25/18 R - juris Rn. 27; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 40 Rn. 103 und 117; Kischel in BeckOK, GG, Stand 15.09.2024, Art. 3 Rn. 112).
Die von der Beklagten festgesetzten Beiträge sind auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Abweichendes macht die Klägerin auch nicht geltend. Die Beitragsnachforderungen sind auch nicht verjährt. Gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Die Fälligkeit bestimmt sich gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, wonach Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt zu bemessen sind, in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig werden, in dem die Beschäftigung ausgeübt wird, mit der das Arbeitsentgelt erzielt wird. Für die Dauer der Arbeitgeberprüfung ist die Verjährung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge gehemmt (§ 25 Abs. 2 Satz 2 SGB IV). Die Hemmung der Verjährung beginnt mit dem Tag des Beginns der Prüfung und endet mit der Bekanntgabe des Bescheides, spätestens jedoch nach sechs Monaten nach Abschluss der Prüfung (§ 25 Abs. 2 Satz 4 SGB IV).
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und berücksichtigt, dass mit der Klägerin zu 2. auch im Berufungsverfahren eine nach § 183 SGG kostenprivilegierte Person beteiligt ist und die Klägerin zu 1. mit der Berufung unterliegt.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
2.
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 13 BA 2836/21
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 BA 2011/24
Datum
3. Instanz
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Aktenzeichen
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Datum
-
Kategorie
Urteil
Rechtskraft
Aus
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