Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.08.2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung in der Zeit vom 21.07.2005 bis zum 31.08.2005 bzw. 01.08.2012.
Die am 00.00.0000 in Deutschland geborene Klägerin ist Mutter von zwei am 00.10.1992 (N.) in Deutschland sowie am 00.08.2002 (L.) auf Z. geborenen Töchtern. In der Zeit vom 01.07.1991 bis zum 31.08.1991 entrichtete die Klägerin für zwei Monate Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung für eine Tätigkeit als Ferienarbeiterin. Seit 1995 ist ihr ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 % mit den Merkzeichen B und G zuerkannt. Am 00.00.0000 heiratete sie ihren Ehemann, den Beigeladenen, auf Z., welcher auch leiblicher Vater der Tochter L. ist. Seit dem 01.06.2001 besteht bei der Klägerin die Pflegestufe I, seit dem 01.08.2001 die Pflegestufe III. Der Beigeladene legte als ihre Pflegeperson in der Zeit vom 01.06.2001 bis zum 31.12.2009 Pflichtbeitragszeiten zurück. In der Zeit vom 01.08.2001 bis zum 20.07.2005 hielt sich die Familie sowohl in Spanien als auch in Deutschland auf. Am 21.07.2005 erfolgte der dauerhafte Umzug nach Spanien, wo weder die Klägerin noch der Beigeladene einer Beschäftigung nachgingen oder sonstige Einkünfte erzielten. Rückwirkend seit Juli 2004 erhält die Klägerin von der Beklagten eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer. Der Beigeladene ist seit dem 01.01.2010 Altersrentner.
Mit Feststellungsbescheid vom 25.09.2013 stellte die Beklagte folgende Zeiten im Versicherungsverlauf der Klägerin bis zum 31.12.2006 nach § 149 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) fest:
- 01.11.1992 – 31.10.1995 Kindererziehungszeit für N.
- 00.10.1992 – 17.10.2002 Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung N.
- 01.09.2002 – 20.07.2005 Kindererziehungszeit für L.
- 00.08.2002 – 20.07.2005 Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung L.
Die Zeit vom 21.07.2005 bis zum 31.08.2005 könne für L. nicht als Kindererziehungszeit bzw. darüber hinaus bis zum 01.08.2012 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung anerkannt werden, weil das Kind in dieser Zeit in einem anderen EU-Mitgliedstaat erzogen und unmittelbar vor dem Beginn der Erziehungszeit keine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit in Deutschland ausgeübt worden sei.
Gegen den am 04.10.2013 zugestellten Feststellungsbescheid legte die Klägerin am 31.10.2013 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, dass die Pflegetätigkeit des Beigeladenen einer Beitragszeit durch Beschäftigung gleichgestellt werden müsse und der Inlandsbezug über den Sitz der Pflegekasse in Deutschland sichergestellt sei.
Mit Schreiben vom 12.12.2013 führte die Beklagte aus, dass für die Tochter L. nur Zeiten der Kindererziehung längstens bis zum Inlandsaufenthalt am 20.07.2005 angerechnet werden könnten. Bei einer gemeinsamen Auslandserziehung durch Vater und Mutter könne auch der Ehegatte versicherungspflichtig nach § 3 S. 1 Nr. 1 SGB VI sein, der keine deutschen Pflichtbeitragszeiten habe, wenn bei dem anderen Ehegatten deutsche Pflichtbeiträge während der Zeit der Kindererziehung oder unmittelbar vor der Geburt des Kindes wegen Beschäftigung in diesem Staat vorliegen würden. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor, da für den Beigeladenen vom 01.06.2001 bis zum 31.12.2009 Pflichtbeiträge wegen der Pflege der Klägerin entrichtet worden seien. Eine erweiterte Rechtsauslegung komme auch nicht nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 19.07.2012 in der Rechtssache C-522/10 (Reichel-Albert) in Betracht. Die deutschen Rentenversicherungsträger hätten als Folge dieser Entscheidung in ausweitender Auslegung des § 56 SGB VI beschlossen, dass eine Anerkennung nur erfolgen könne, wenn die erziehende Person eine versicherungspflichtige Erwerbstätigkeit vor und nach der Erziehung des Kindes ausschließlich in Deutschland ausgeübt habe. Die Klägerin habe jedoch nur vor der Geburt der Kinder im Jahr 1991 kurzzeitig eine Beschäftigung in Deutschland ausgeübt, nach der Erziehung sei keine Beschäftigung mehr ausgeübt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.01.2014 wies die Beklagte den Widerspruch unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Schreiben vom 12.12.2013 als unbegründet zurück.
Am 19.02.2014 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben. Zur Begründung hat die Klägerin ausgeführt, dass unter Bezugnahme auf die europäischen Verordnungen (VO [EG]) 883/2004 und Art. 44 der VO (EG) 987/2009 auch die Zeiten der Kindererziehung in Spanien anzuerkennen seien. Unter Verweis auf die Urteilsgründe in der Sache Reichel-Albert verstoße der in den §§ 56 und 57 SGB VI vorgesehene Ausschluss von Kindererziehungszeiten, die außerhalb des nationalen Hoheitsgebietes zurückgelegt worden seien, gegen Art. 21 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Es müsse berücksichtigt werden, dass sie seit dem 01.01.1989 mit einem GdB von 100 % schwebehindert sei, über die Merkzeichen B und G verfüge sowie voll erwerbsgemindert sei und daher nach der Erziehung der Kinder einer Beschäftigung nicht habe nachgehen können.
Die Klägerin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
den Bescheid vom 25.09.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2014 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, zu ihren Gunsten die Zeit vom 21.07.2002 bis zum 31.08.2005 als Kindererziehungszeit wegen der Tochter L., geboren am 00.08.2002 sowie die Zeit vom 21.07.2002 bis zum 01.08.2012 als gleichzeitige Berücksichtigungszeit wegen der Erziehung der Tochter L., geboren am 00.08.2002 vorzumerken.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ausgeführt, dass im Feststellungsbescheid das Gemeinschaftsrecht zur Anwendung gelangt sei. Es sei unerheblich, aus welchen Gründen die Klägerin einer Beschäftigung nicht nachgehen könne. Im Übrigen sie nur die Vormerkung von Kindererziehungszeiten Gegenstand des Feststellungsverfahrens gewesen.
Mit Schreiben jeweils vom 21.03.2018 haben die Beteiligten einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Durch Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 10.08.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Dabei hat die Kammervorsitzende ein mit „Urteil“ überschriebenes Schriftstück unter Angabe des Aktenzeichens mit dem Zusatz „bitte volles Rubrum einfügen“ und „RMB: Berufung“ für die Rechtsmittelbelehrung unterschrieben. Unmittelbar vor diesem Schriftstück ist der handschriftliche Tenor mit Unterschriften der gesamten Kammer auf einem Vorblatt mit vollständigem Rubrum abgeheftet worden. Nach dem mit „Urteil“ überschriebenen Schriftstück ist ein Urteil ohne Unterschrift der Kammervorsitzenden mit vollständigem Rubrum und vollständiger Rechtsmittelbelehrung für die Berufung angefügt worden.
In den Entscheidungsgründen hat das SG ausgeführt, dass eine Berücksichtigung der Erziehung nach §§ 56 Abs. 1, 57 Satz 1 SGB VI nicht erfolgen könne, weil die Klägerin als erziehender Elternteil in dem streitgegenständlichen Zeitraum mit dem Kind nicht ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gehabt habe. Eine Gleichstellung nach dem innerstaatlichen Recht komme ebenfalls nicht in Betracht, weil weder die Klägerin noch der Beigeladene in Spanien eine Beschäftigung mit Pflichtbeitragszeiten ausgeübt hätten. Auch das Europarecht führe zu keiner anderen Entscheidung, weil in den bisher durch den EuGH entschiedenen Fällen immer Beiträge aus einer Beschäftigung entrichtet worden seien bzw. es sich um Grenzgänger gehandelt habe.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 21.08.2018 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 06.09.2018 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt sie aus, dass sie wegen ihrer schweren Behinderung nicht benachteiligt werden dürfe. Die fehlende Berücksichtigung der Pflegetätigkeit verstoße gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG).
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG Düsseldorf vom 10.08.2018 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 25.09.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2014 zu verpflichten, zu ihren Gunsten die Zeit vom 21.07.2005 bis zum 31.08.2005 als Kindererziehungszeiten wegen der Erziehung der Tochter L., geboren am 00.08.2002, sowie die Zeit vom 21.07.2005 bis zum 01.08.2012 als gleichzeitige Berücksichtigungszeit wegen der Erziehung der Tochter L. anzuerkennen und vorzumerken.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie meint, dass die fehlende Gleichsetzung von Pflichtbeiträgen aus Erwerbstätigkeit und Pflichtbeiträgen aus nicht erwerbsmäßiger Pflegetätigkeit bereits deshalb rechtskonform sei, weil eine eigenständige Pflegepflichtversicherung nicht in allen EU-Mitgliedsstaaten vorhanden sei.
Mit Beschluss vom 23.10.2023 hat der Senat den Beigeladenen nach §§ 75 Abs. 2, 1. Alternative, 106 Abs. 3 Nr. 6 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Verfahren beigeladen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Vorprozessakten des SG Düsseldorf S 52 (5) R 113/08 = L 14 R 245/10, S 27 R 2399/11 ER, S 15 R 1/12 ER, S 15 R 1344/12 = L 21 R 898/15, S 15 R 2646/12 ER = L 3 R 77/13 B und S 15 R 71/15 ER = L 14 R 197/15 B ER und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 SGG statthafte Berufung wurde form- und fristgerecht gemäß § 151 SGG eingelegt und ist zulässig.
Soweit das SG in der von der Kammervorsitzenden unterschriebenen Fassung des Urteils kein vollständiges Rubrum eingefügt und als Rechtsmittelbelehrung lediglich „RMB: Berufung“ angegeben hat, verstößt dies zwar gegen Prozessrecht, führt aber nicht zur Unwirksamkeit des Urteils. Gem. §§ 124 Abs. 2, 133 Satz 1, 134 Abs. 1, 136 Abs. 1 SGG ist das vollständige Urteil durch die Richterin zu unterschreiben. Dazu gehört gem. § 136 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 7 SGG u.a. die (vollständige) Bezeichnung der Beteiligten (Rubrum) sowie die Rechtsmittelbelehrung. Ein wesentlicher Verfahrensmangel liegt jedoch nicht vor, wenn die Beteiligten aufgrund der erfolgten Bezeichnung identifiziert werden können (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. § 136 Rn. 2, 2a m.w.N); dies ist aufgrund der erfolgten Bezeichnung des Aktenzeichens und des zuvor abgehefteten und unterschriebenen Vordrucks für Urteile ohne mündliche Verhandlung mit vollständigem Rubrum gegeben.
Die unvollständige Rechtsmittelbelehrung im Urteil des SG führt ebenfalls nicht zur Unwirksamkeit des Urteils, sondern gem. § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG zur Verlängerung der Rechtsmittelfrist auf ein Jahr.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist entsprechend des Antrages der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 25.10.2023 die Anerkennung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung in der Zeit vom 21.07.2005 bis zum 31.08.2005 und vom 21.07.2005 bis zum 01.08.2012 wegen der Erziehung der Tochter L., geboren am 00.08.2002.
Die Berufung ist unbegründet.
Die Ablehnung der Anerkennung von Kinderziehungszeiten sowie Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung wegen der Erziehung in der Zeit vom 21.07.2005 bis zum 31.08.2005 bzw. vom 21.07.2005 bis zum 01.08.2012 im Vormerkungsbescheid vom 25.09.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.04.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten nach § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Sie hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung weiterer Pflichtbeitragszeiten für Kindererziehung während ihres Aufenthalts in Spanien nach der dauerhaften Wohnsitzaufgabe in der Bundesrepublik Deutschland zum 21.07.2005. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder unmittelbar oder nach verfassungskonformer Auslegung aus dem SGB VI noch aus europäischem Recht.
Gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VI sind Kindererziehungszeiten einer Beschäftigung im versicherungsrechtlichen Sinn kraft Gesetzes gleichgestellt; die Beiträge für die Kindererziehungszeiten werden vom Bund gezahlt (§ 177 Abs. 1 SGB VI). Kindererziehungszeiten sind gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 249 Abs. 1 SGB VI (in der durch Art. 1 des RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz vom 28.11.2018, BGBl. I S. 2016, eingeführten und ab dem 01.01.2019 geltenden Fassung) die Zeiten der Erziehung eines Kindes; bei nach dem 01.01.1992 geborenen Kindern beginnt sie nach Ablauf des Monats der Geburt und endet nach 36 Kalendermonaten. Einem Elternteil wird nach § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VI eine Kindererziehungszeit angerechnet, wenn
- die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen ist,
- die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist oder einer solchen gleichsteht und
- der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist.
Berücksichtigungszeiten umfassen nach § 57 SGB VI die Zeit der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendetem zehnten Lebensjahr bei einem Elternteil, soweit die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit auch in dieser Zeit vorliegen. Dies gilt für Zeiten einer mehr als geringfügig ausgeübten selbständigen Tätigkeit nur, soweit diese Zeiten auch Pflichtbeitragszeiten sind.
Die vorliegend streitgegenständliche Erziehungszeit wäre grundsätzlich der Klägerin zuzuordnen (§ 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB VI), weil sie ihr Kind erzogen hat. Eine alleinige oder überwiegende Erziehung durch den Beigeladenen als Kindsvater oder durch dritte Personen fand nach den übereinstimmenden Angaben der Klägerin und des Beigeladenen nicht statt. Anhaltspunkte für eine abweichende Zuordnung der Zeiten der Kindererziehung sind weder ersichtlich noch vorgetragen.
Die Voraussetzungen für eine Anrechnung der Kindererziehungszeit gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB VI sind jedoch nicht erfüllt. Die Klägerin hat ihre Tochter L. seit dem 21.07.2005 in Spanien erzogen, weil beide seit diesem Zeitpunkt durchgehend in Spanien gewohnt und sich dort gewöhnlich aufgehalten haben. Die Erziehung L. erfolgte damit nicht im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (§ 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 i.V.m. § 56 Abs. 3 SGB VI).
Der Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland steht in Bezug auf die Anrechnung der Kindererziehungszeiten der gewöhnliche Aufenthalt der Klägerin mit ihrer Tochter in Spanien auch nicht gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Alt. 2 i.V.m. § 56 Abs. 3 Satz 2 oder Satz 3 SGB VI gleich. Eine solche Gleichstellung der Zeiten setzt voraus, dass der erziehende Elternteil während der Erziehung oder unmittelbar vor der Geburt des Kindes wegen einer im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ausgeübten Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit Pflichtbeitragszeiten hat (§ 56 Abs. 3 Satz 2 SGB VI) bzw. bei einem gemeinsamen Aufenthalt von Ehegatten oder Lebenspartnern im Ausland auch, wenn der Ehegatte oder Lebenspartner des erziehenden Elternteils solche Pflichtbeitragszeiten hat oder nur deshalb nicht hat, weil er zu den in § 5 Abs. 1 und 4 genannten Personen gehörte oder von der Versicherungspflicht befreit war (§ 56 Abs. 3 Satz 3 SGB VI).
Hierfür ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ausreichend, dass ein so genanntes Rumpfarbeitsverhältnis mit einem inländischen Arbeitgeber fortbesteht, aus dem während dieser Zeit wechselseitige Rechte und Pflichten erwachsen und das bei Beendigung des nach dem Willen der Vertragsparteien von vornherein zeitlich begrenzten Auslandsaufenthalts mit allen Hauptpflichten wiederauflebt (BSG, Urteil vom 16.11.1993 – 4 RA 39/92 -, juris Rn. 17 ff.; Urteil vom 29.09.1998 – B 4 RA 9/98 R -, juris Rn. 14). Erforderlich für eine Gleichstellung im Sinne des § 56 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 SGB VI ist in diesen Fällen aber, dass die Übersiedlung in das Ausland und die Kindererziehung dort gerade wegen einer im Ausland ausgeübten, aber mit dem innerstaatlichen System der sozialen Sicherung verbundenen Beschäftigung erfolgte (Hessisches Landessozialgericht (LSG), Urteil vom 14.07.2015 – L 2 R 236/14 -, juris Rn. 45).
Pflichtbeiträge der Klägerin zur deutschen Rentenversicherung wegen einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit in Spanien wurden nicht geleistet, weil sie seit ihrem Aufenthalt in Spanien nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt war. Überhaupt entrichtete die Klägerin lediglich für die Zeit von zwei Monaten vom 01.07.1991 bis zum 31.08.1991 Beiträge aus einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung an die Beklagte. Im Zeitpunkt der Geburt ihrer zweiten Tochter war sie nicht in den deutschen Arbeitsmarkt integriert. Auch der Beigeladene übte zuletzt im Jahr 1999 eine versicherungspflichtige Beschäftigung mit Pflichtbeitragszeiten in Deutschland aus. Sodann widmete er sich der Pflege der Klägerin. Die Pflegetätigkeit, welche seit dem 01.06.2001 auch zur Pflichtbeitragszeiten führte, stellt dabei explizit nach der gesetzgeberischen Konzeption und Systematik (vgl. § 3 Nr. 1 a SGB VI) keine Erwerbstätigkeit dar. Die Wahl des Wohnorts der Klägerin und ihrer Familie in Spanien war deshalb nicht durch die Berufstätigkeit veranlasst.
Auch eine sinngemäße Anwendung von § 56 Abs. 3 Satz 3 SGB VI kommt zur Überzeugung des Senats nicht in Betracht. Die typisierende Grundwertung des Gesetzes, dem Betroffenen seien im Wesentlichen wegen der Kindererziehung – und nicht wegen Integration in eine ausländische Arbeitswelt – deutsche Rentenanwartschaften entgangen, kann nur dann gelten, wenn die Erziehenden vor der Geburt oder während der Kindererziehungszeit in einer hinreichend engen Beziehung zum inländischen Arbeits- und Erwerbsleben stehen. Das Erfordernis einer derartigen fortbestehenden Inlandsintegration ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es entspricht vielmehr der Eigenart eines auf Pflichtbeiträgen der Versicherten aufbauenden Sozialversicherungssystems, dass es grundsätzlich an inländische Beschäftigungsverhältnisse anknüpft, weil die mit einem derartigen System verbundene zwangsweise Einziehung von Pflichtbeiträgen lediglich innerhalb der Reichweite der nationalen Hoheitsgewalt erfolgen kann. Es ist ein verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstandendes Ziel nationaler Sozialpolitik, sozial relevante Tatbestände im eigenen Staatsgebiet zu formen und zu regeln; dies geschieht ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit dessen, der den Tatbestand verwirklicht. An diesem historisch gewachsenen Schutzbereich der Sozialversicherung und insbesondere der gesetzlichen Rentenversicherung hat sich der Gesetzgeber bei der territorialen Begrenzung der Anrechnung von Kindererziehungszeiten in sachgerechter Weise orientiert (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Kammerbeschluss vom 02.07.1998 – 1 BvR 810/90 – Rn. 6 – 8, BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 06.03.2017 – 1 BvR 2740/16 –).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die fehlende Gleichsetzung einer Pflichtbeitragszeit durch Pflegetätigkeit als Anrechnung über den Beigeladenen nach isolierter Betrachtung des deutschen Rechtes auch unter dem Gesichtspunkt einer verfassungskonformen Auslegung weder geboten noch stellt das Ausbleiben dieser Gleichsetzung oder aber die vorgetragene Benachteiligung der Klägerin aufgrund von Erwerbsunfähigkeit/Schwerbehinderung einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG dar. Dass der Gesetzgeber in § 56 Abs. 3 Satz 3 SGB VI auf die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit oder einer versicherungspflichtigen Beschäftigung im Inland und nicht auf das bloße Bestehen von Pflichtversicherungszeiten abstellt, erfolgt vor dem Hintergrund des Territorialprinzips mit einem verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden sachlichen Grund. Eine Rückkehr in das deutsche Staatsgebiet ist nicht erfolgt, sodass auch die Förderung der bestandssichernden Funktion von Kindern für das deutsche Rentenversicherungssystem und damit einhergehend der Aufwand der Kindererziehung nicht zum Tragen kommt. Insbesondere liegt auch keine Benachteiligung der Klägerin wegen einer Behinderung im Sinne von Art. 3 Abs. 3 GG vor, da Ursache für die fehlende Anerkennung und Berücksichtigung der Zeiten der Kindererziehung allein der von der Klägerin freiwillig gewählte ständige Aufenthalt in Spanien ist.
Ein Anspruch der Klägerin auf Berücksichtigung weiterer Pflichtbeitragszeiten für die Kindererziehung seit ihrem Aufenthalt in Spanien ergibt sich auch nicht aus europäischem Recht, insbesondere nicht aus den europarechtlichen Vorgaben des Art. 44 VO (EG) 987/2009 i.V.m der VO (EG) 883/2004 oder des Art. 21 AEUV.
Die VO (EG) 987/2009 und VO (EG) 883/2004 sind nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 19.07.2012 – C-522/10 – (Reichelt-Albert), Rn. 26 f.) vorliegend anwendbar, weil sie am 01.05.2010 und damit vor Erlass des hier streitigen Bescheids der Beklagten vom 25.09.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2014 in Kraft getreten sind. Die VO (EG) 987/2009 legt die Modalitäten für die Durchführung der VO (EG) 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit fest.
Die Klägerin unterfällt als deutsche Staatsangehörige gemäß Art. 2 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 dem persönlichen Geltungsbereich der VO (EG) 883/2004. Bei den streitentscheidenden Vorschriften der §§ 56, 57 SGB VI handelt es sich auch um „Rechtsvorschriften“ nach Art. 1 Buchst. l Abs. 1 VO (EG) 883/2004, die einen in Art. 3 Abs. 1 Buchst. d) VO (EG) 883/2004 genannten Zweig der sozialen Sicherheit als „Leistungen bei Alter“ betreffen.
Eine Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten nach deutschem Recht kann im vorliegenden Fall jedoch zugunsten der Klägerin nicht unter Anwendung von Art. 44 Abs. 2 VO (EG) 987/2009 erfolgen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt sind.
Nach Art. 44 Abs. 2 VO (EG) 987/2009 gilt:
„Wird nach den Rechtsvorschriften des gemäß Titel II der Grundverordnung zuständigen Mitgliedstaats keine Kindererziehungszeit berücksichtigt, so bleibt der Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften nach Titel II der Grundverordnung auf die betreffende Person anwendbar waren, weil diese Person zu dem Zeitpunkt, zu dem die Berücksichtigung der Kindererziehungszeit für das betreffende Kind nach diesen Rechtsvorschriften begann, eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, zuständig für die Berücksichtigung dieser Zeit als Kindererziehungszeit nach seinen eigenen Rechtsvorschriften, so als hätte diese Kindererziehung in seinem eigenen Hoheitsgebiet stattgefunden.“
Die „Grundverordnung“ in diesem Sinne ist die VO (EG) 883/2004 (Art. 1 Abs. 1 Buchst. a VO (EG) 987/2009). Der nach den Rechtsvorschriften des Titels II VO (EG) 883/2004 „zuständige Mitgliedstaat“ ist vorliegend Spanien. Dies folgt aus Art. 11 Abs. 3 Buchst. e VO (EG) 883/2004, wonach jede Person grundsätzlich den Rechtsvorschriften seines Wohnmitgliedstaates unterliegt. Die Klägerin hat in der streitigen Zeit mit ihrer Tochter in Spanien gewohnt. Da sie dort keine Beschäftigung und keine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, ist die Vorschrift vorliegend auch nicht nach Art. 44 Abs. 3 VO (EG) 987/2009 ausgeschlossen.
Das spanische Recht sieht auch eine Anrechnung für Kindererziehungszeiten bei der Rentenberechnung vor. So wird die Elternzeit von bis zu 3 Jahren je Kind in der Rentenberechnung als Beitragszeit gewertet (vgl. Artículo 60. „Complemento de pensiones contributivas para la reducción de la brecha de género“ des Ley General de la Seguridad Social (LGSS) oder auch https://www.bpb.de/themen/familie/familienpolitik/252530/familienlastenausgleich-und-familienbilder-in-europa/, zuletzt abgerufen am 00.00.0000). Gemäß Art. 44 Abs. 1 VO (EG) 987/2009 bezeichnet der Ausdruck „Kindererziehungszeit“ dabei jeden Zeitraum, der im Rahmen des Rentenrechts eines Mitgliedstaats ausdrücklich aus dem Grund angerechnet wird oder Anrecht auf eine Zulage zu einer Rente gibt, dass eine Person ein Kind aufgezogen hat, unabhängig davon, nach welcher Methode diese Zeiträume berechnet werden und unabhängig davon, ob sie während der Erziehungszeit anfallen oder rückwirkend anerkannt werden. Der europäische Gesetzgeber macht insoweit deutlich, dass entweder eine ausdrückliche Anrechnung oder eine Zulage zu einer Rente gerade wegen der Kindererziehung als rentenrechtlicher Sachverhalt vorliegen, mithin eine Anknüpfung an bestimmte Erziehungszeiträume bestehen muss. Nach dem Wortlaut der Norm ist erforderlich, dass Zeiten der Kindererziehung als solche angerechnet werden und/oder (höhere) Leistungsansprüche allein aufgrund der Kindererziehung vorgesehen sind. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob im konkreten Fall Kindererziehungszeiten tatsächlich angerechnet werden oder nicht, sondern nur darauf, ob das Recht des Mitgliedstaates die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten als rentenrechtliche Zeiten überhaupt vorsieht (so auch LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.12.2022 – L 4 R 187/21 –, Rn. 44, Revision anhängig unter B 5 R 2/23 R). Eine direkte Anwendung des deutschen Rechts über Art. 44 Abs. 2 VO (EG) 987/2009 scheidet daher aus, da das spanische Recht einschlägig ist.
Eine Ausnahme hiervon, sodass Spanien dennoch nicht zuständiger Mitgliedstaat wäre, folgt nach der Rechtsprechung des EuGH auch nicht aus Art. 11 Abs. 3 Buchst. a VO (EG) 883/2004 i.V.m. der Verklammerung einer zeitlich befristeten Auslands-Kindererziehung mit einer Beschäftigung und Beitragszahlung in Deutschland (vgl. hierzu Urteile des EuGH vom 07.02.2002 – C-28/00 – [Kauer]; vom 01.04.2008 – C-212/06 – [Elsen] und vom 19.07.2012 – C-522/10 [Reichelt-Albert]). Denn hierfür ist eine - im Fall der Klägerin nicht vorliegende - hinreichende Verbindung zu dem deutschen Rentenversicherungssystem erforderlich, die dann besteht, wenn sowohl vor als auch nach der vorübergehenden Verlegung des Wohnsitzes aus rein familiären Gründen in einen anderen Mitgliedstaat ausschließlich in ein und demselben Mitgliedstaat gearbeitet und Beiträge gezahlt wurden.
Zur Überzeugung des Senats ist die Bundesrepublik Deutschland bzw. die Beklagte auch nicht nach Art. 21 AEUV verpflichtet, den hier streitgegenständlichen Zeitraum der Erziehung von L. in Spanien als Kindererziehungszeit rentensteigernd zu berücksichtigen.
Zwar hat der EuGH in seiner letzten Entscheidung (Urteil vom 07.07.2022 – C-576/20 –, Rn. 41-55) klargestellt, dass Art. 44 VO (EG) 987/2009 in Anbetracht seines Wortlauts, des Zusammenhangs, in den er sich einfügt, und der Ziele, die mit der Regelung, zu der er gehört, verfolgt werden, dahin auszulegen ist, dass er die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten, die ein und dieselbe Person in verschiedenen Mitgliedstaaten zurückgelegt hat, nicht abschließend regelt. Daher soll nach der weiterentwickelten Rechtsprechung des EuGH der rentenzahlungspflichtige Mitgliedstaat in dem Fall, in dem die betroffene Person ausschließlich in diesem Mitgliedstaat gearbeitet und Beiträge entrichtet hat, und zwar sowohl vor als auch nach der Verlegung ihres Wohnsitzes in andere Mitgliedstaaten, in denen sie Kindererziehungszeiten zurückgelegt hat, nach der auf das Urteil vom 19.07.2012 (Reichel-Albert) zurückgehenden Rechtsprechung dazu verpflichtet sein, diese Zeiten gemäß Art. 21 AEUV für die Gewährung einer Altersrente zu berücksichtigen (EuGH, Urteil vom 07.07.2022, a.a.O., Rn. 65).
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung haben sowohl die Klägerin als auch der Beigeladene lediglich vor der Zeit der Wohnsitznahme/des dauerhaften Aufenthaltes in Spanien Beitragszeiten aus Beschäftigung in Deutschland erbracht, danach waren sie weder in Spanien noch mangels Rückkehr in Deutschland mit der Entrichtung von Pflichtbeiträgen tätig. Es fehlt für eine rentenrechtliche Berücksichtigung der Zeit der Kindererziehung aufgrund des Freizügigkeitsrechts gemäß Art. 21 AEUV an der notwendigen „Umrahmung“ des Aufenthalts in Spanien durch deutsche Pflichtbeitragszeiten bzw. Beschäftigungen in Deutschland. Sollte man allein auf die Zeiten vor dem Aufenthalt in Spanien aufgrund europarechtskonformer Auslegung abstellen müssen, wäre die Klägerin als EU-Ausländerin in einem EU-Mitgliedsstaat bessergestellt als die dortigen Inländer, was eine Inländerdiskriminierung darstellen würde. Nach dem Gemeinschaftsrecht soll vorrangig das Recht des Wohnsitzstaates gelten und in EU-rechtskonformer Auslegung nach Art. 21 AEUV nur verhindert werden, dass ein vorübergehender Auslandsaufenthalt in einem anderen EU-Mitgliedsstaat nach Rückkehr in den Ausgangs-EU-Mitgliedstaat, zu einer Benachteiligung des seine Freizügigkeit nutzenden EU-Bürgers gegenüber anderen Inländer führt.
Da schon die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit gem. § 56 SGB VI nicht vorliegen, besteht auch kein Anspruch auf die Vormerkung einer Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vom 21.07.2005 bis zum 01.08.2012 gem. § 57 Satz 1 SGB VI.
Es besteht kein Anlass, das Verfahren gemäß § 114 Abs. 2 Satz 1 SGG auszusetzen bis eine Vorabentscheidung des EuGH (Az. C- 283/21) über die Vorlage des LSG Nordrhein-Westfalen vom 23.04.2021 - L 18 R 1114/16 – nach Art. 267 AEUV ergangen ist. Denn der EuGH hat die für das hiesige Verfahren beachtenswerte Vorlagefrage 2 mit der Entscheidung vom 07.07.2022 bereits beantwortet. Im Übrigen unterscheidet sich der dortige Fall von dem hiesigen, weil gerade keine Rückkehr nach Deutschland mit einer Beschäftigung und Beitragsentrichtung erfolgt ist.
Der Senat sieht auch keine Veranlassung, das Verfahren auszusetzen und dem EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV die Rechtsfrage vorzulegen, ob Art. 44 Abs. 2 VO (EG) 987/2009 dahin auszulegen ist, dass, wenn die betreffende Person die in dieser Bestimmung aufgestellte Voraussetzung der Ausübung einer Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit für die Berücksichtigung von in anderen Mitgliedstaaten zurückgelegten Kindererziehungszeiten bei der Gewährung einer Altersrente durch den zur Zahlung dieser Rente verpflichteten Herkunftsstaat nicht erfüllt, dieser Herkunftsstaat nach Art. 21 AEUV auch dann verpflichtet ist, diese Zeiträume zu berücksichtigen, wenn diese Person ausschließlich vor der Geburt im Herkunftsstaat gearbeitet und hierfür Beiträge entrichtet hat. Der EuGH hat zur Überzeugung des Senats in seiner Entscheidung vom 07.07.2022 – C-576/20 – abschließend geklärt, dass Pflichtbeitragszeiten im die Rente gewährenden Mitgliedsstaat sowohl vor als auch nach der Verlegung des Wohnsitzes in andere Mitgliedstaaten, in denen Kindererziehungszeiten zurückgelegt worden sind, erforderlich sind. Eine Verpflichtung zur Vorlage besteht überdies gemäß Art. 267 Satz 2 AEUV nur für Gerichte, deren Entscheidung selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können. Hierzu gehören Berufungsentscheidungen der Landessozialgerichte nicht, da sie mit der Revision bzw. der Nichtzulassungsbeschwerde anfechtbar sind (§§ 160, 160a SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Satz 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG bestehen nicht, weil die Rechtssache insbesondere aufgrund der abschließenden Klärung durch die Rechtsprechung des BVerfG (Kammerbeschluss vom 02.07.1998 – 1 BvR 810/90 – Rn. 6 – 8 und Nichtannahmebeschluss vom 06.03.2017 – 1 BvR 2740/16 –) und des EuGH (Urteil vom 07.07.2022 – C-576/20 –) keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG hat und auch nicht von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abgewichen wird (vgl. § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG).