L 6 SF 80/24 EK U

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungsklage bei überlanger Verfahrensdauer
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 SF 80/24 EK U
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

1. Im sozialgerichtlichen Verfahren kann ein gerichtlicher Vergleich weiterhin auch dadurch geschlossen werden kann, dass die Beteiligten dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten und das Gericht das Zustandekommen durch Beschluss feststellt (§ 202 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – i.V.m. § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1, Satz 2 – Zivilprozessordnung –). Die eigenständige Regelung des Zustandekommens eines gerichtlichen Vergleichs auf Vorschlag des Gerichts für das Sozialgerichtsgesetz durch die Einfügung von § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG durch das Gesetz zur Regelung der Wertgrenze für die Nichtzulassungsbeschwerde in Zivilsachen, zum Ausbau der Spezialisierung bei den Gerichten sowie zur Änderung weiterer prozessrechtlicher Vorschriften steht dem nicht entgegen.

2. Dabei ergeht der feststellende Beschluss in Verfahren vor dem Landessozialgericht ggf. allein durch den Berichterstatter.
 


Es wird festgestellt, dass zwischen den Beteiligten der nachfolgende Vergleich zustande gekommen ist:

1.    Der Beklagte zahlt an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 4.000,00 €.

2.    Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 1/3 und der Beklagte zu 2/3.

3.    Mit Abschluss dieses gerichtlichen Vergleichs findet der Rechtsstreit seine Erledigung.

4.    Mit Abschluss dieses gerichtlichen Vergleichs sind alle wechselseitigen Ansprüche wegen überlanger Dauer des Ausgangsverfahrens abgegolten.

5.    Dieser gerichtliche Vergleich ergeht ohne Anerkennung einer Rechtspflicht für weitere Behandlungsfälle.

6.    Die Beteiligten zeigen [s]ich mit einer Streitwertfestsetzung durch das Gericht iHv. 6.300 € einverstanden.

7.    Die Beteiligten beantragen gemeinschaftlich die gerichtliche Protokollierung des Vergleichs gemäß § 202 SGG i.V.m. § 278 Abs. 6 ZPO.


Gründe

Der Senat geht davon aus, dass im sozialgerichtlichen Verfahren ein gerichtlicher Vergleich weiterhin auch dadurch geschlossen werden kann, dass die Beteiligten dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten und das Gericht das Zustandekommen durch Beschluss feststellt (§ 202 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – i.V.m. § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1, Satz 2 – Zivilprozessordnung –). Die eigenständige Regelung des Zustandekommens eines gerichtlichen Vergleichs auf Vorschlag des Gerichts für das Sozialgerichtsgesetz durch die Einfügung von § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG durch das Gesetz zur Regelung der Wertgrenze für die Nichtzulassungsbeschwerde in Zivilsachen, zum Ausbau der Spezialisierung bei den Gerichten sowie zur Änderung weiterer prozessrechtlicher Vorschriften vom 12. Dezember 2019 (BGBl. 2019 I 2633) steht dem nicht entgegen: Mit dieser Neuregelung wollte der Gesetzgeber ausweislich der Begründung zum Gesetzentwurf den gerichtlichen Vergleichsabschluss in Verfahren vor dem Sozialgericht erleichtern (vgl. BT-Drucks. 19/13828 S. 24). Es ist daher gerade nicht anzunehmen, dass damit die alternativ bestehende Möglichkeit eines gerichtlichen Vergleichsschlusses durch einen von den Beteiligten unterbreiteten Vorschlag und dessen Feststellung durch das Gericht abgeschnitten werden sollte (vgl. in diesem Sinne z.B. auch B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/B. Schmidt, SGG – Kommentar, 14. Aufl. 2023, § 101 Rn. 9; noch weitergehend: BeckOGK/Müller, SGG, § 101 – Stand: 1. Februar 2025 – Rn. 19).

Dabei ergeht der feststellende Beschluss allein durch den Berichterstatter: Das ist zwar in § 155 SGG nicht ausdrücklich geregelt. Da aber der (Vorschlags )Beschluss nach § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG durch den Berichterstatter erfolgen kann, obwohl das Gericht hier sogar, wenn auch nur anregend, inhaltlich tätig wird, muss das umso mehr für den rein protokollierenden Beschluss im Sinne von § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 ZPO gelten, wenn dieser im sozialgerichtlichen Verfahren auf der Grundlage von § 202 Satz 1 SGG angewandt wird. Die in § 202 Satz 1 SGG vorgesehene, nur entsprechende Anwendung der zivilprozessualen Regelungen lässt Raum für eine Übertragung der Zuständigkeitsregelung aus § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG, obwohl § 278 Abs. 6 Satz 2 ZPO selbst die Feststellung durch Beschluss des Gerichts vorsieht. Inhaltlich werden diese Überlegungen dadurch bestätigt, dass der Berichterstatter auch im Rahmen eines Erörterungstermins befugt wäre, einen Vergleich zu protokollieren. 

Vorliegend hat die Klägerseite mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 23. April 2025 – einen vorangegangenen Vorschlag des beklagten Landes aufgreifend und modifizierend – den im Tenor wiedergegebenen Vergleich vorgeschlagen; das beklagte Land hat dem Vorschlag mit Schreiben vom 12. Mai 2025 zugestimmt; im Vergleich haben die Beteiligten die Protokollierung des Vergleichs beantragt. Damit sind die Voraussetzungen des § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 ZPO (i.V.m. § 202 Satz 1 SGG) erfüllt, so dass das Zustandekommen des Vergleichs entsprechend festgestellt werden kann.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
 

Rechtskraft
Aus
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