Auch während der Monate des Elterngeldbezuges bleibt es bei einer fortgeführten Selbstständigkeit bei der Berechnung der Beiträge zur freiwilligen Krankversicherung gemäß § 240 Abs. 4a SGB V.
Die Klage gegen den Bescheid vom 15. März 2023 wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Verfahren bei dem Landessozialgericht nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit steht die Höhe der Beiträge zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und zur sozialen Pflegeversicherung (SPV) für den Zeitraum vom 2. August 2019 bis zum 1. Oktober 2019.
Der Kläger ist bei der Beklagten zu 1) freiwillig gesetzlich krankenversichert und bei der Beklagten zu 2) pflegeversichert. Er war im streitgegenständlichen Zeitraum als Rechtsanwalt zugelassen und betrieb eine Rechtsanwaltskanzlei. Am 2. Juli 2019 wurde der Kläger Vater einer Tochter. In der Zeit vom 2. August 2019 bis zum 1. Oktober 2019 bezog er Elterngeld nach dem Bundeselterngeldgesetz (BEEG; Elterngeld Plus, Bescheid des Bezirksamtes Charlottenburg-Wilmersdorf vom 30. September 2019).
Während dieses Zeitraumes reduzierte der Kläger seine selbstständige Tätigkeit. Gegenüber dem Bezirksamt gab er an, 15 Wochenstunden (2. August 2019 bis 1. September 2019) bzw. 20 Wochenstunden (2. September 2019 bis 1. Oktober 2019) im Rahmen seiner Selbstständigkeit gearbeitet zu haben. Den Überschussrechnungen nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) für diesen Zeitraum ist zu entnehmen, dass die Ausgaben die Einnahmen während dieser Zeit überstiegen.
Mit Schreiben vom 10. September 2019 beantragte der Kläger bei der Beklagten zu 1) seine Beiträge zur GKV und SPV während des Zeitraums des Bezuges von Elterngeld auf sein in dieser Zeit erwirtschaftetes Einkommen bzw. auf den Mindestbeitrag festzusetzen. Sein Angestelltenverhältnis ruhe in der Zeit und in seiner selbstständigen Tätigkeit als Rechtsanwalt arbeite er deutlich reduziert. Es werde kein Gewinn erzielt.
Mit Schreiben vom 23. September 2019 teilte die Beklagte zu 1) dem Kläger mit, dass eine komplette Beitragsfreiheit nicht möglich sei, da der Kläger während der Elternzeit seine selbstständige Tätigkeit weiterhin ausübe. Die Beklagte sei dazu verpflichtet, das im Kalenderjahr erzielte Arbeitsentgelt durch die Anzahl der Kalendermonate zu teilen, in der es erzielt worden sei, unabhängig davon, in welchem Ausmaß der Kläger seine Selbstständigkeit während der Elternzeit ausgeübt habe. Der Kläger legte Widerspruch gegen das Schreiben ein.
Mit Bescheid vom 20. November 2019 setzt die Beklagte zu 1) – auch im Namen der Beklagten zu 2) – die Beiträge zur GKV und zur SPV ab dem 1. August 2019 vorläufig fest. Dabei legte sie hinsichtlich des Zeitraumes vom 2. August 2019 bis zum 1. Oktober 2019 der Beitragsbemessung die Mindestbeitragsbemessungsgrundlage (1.038,33 €; vorläufige Beiträge iHv 178,16 € monatlich), im Übrigen die Beitragsbemessungsgrenze (4.537,50 €; vorläufige Beiträge iHv 778,56 €) zugrunde. Auch dagegen legte der Kläger Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 2020 wiesen die Beklagten die Widersprüche zurück. Zur Begründung führten sie aus, dass der Kläger in der streitigen Zeit seinen Betrieb nicht beendet habe, sondern lediglich die Arbeitszeit für die selbstständige Tätigkeit reduziert und zudem weitere Mitarbeiter eingestellt habe. Gemäß der typisierenden Zuordnung des Arbeitseinkommens für die Beitragsberechnung sei das Arbeitseinkommen ungeachtet der von dem Kläger geltend gemachten Schwankungen gleichmäßig auf alle Beitragsmonate zu verteilen. Eine hiervon abweichende Regelung sei nur möglich, wenn der Kläger den Betrieb dauerhaft eingestellt hätte. Schwankende Einnahmen seien indes charakteristisch für selbstständige Erwerbstätige.
Mit seiner am 20. Juli 2020 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren – nicht lediglich eine vorläufige, sondern die endgültige Festsetzung von Mindestbeiträgen für den streitgegenständlichen Zeitraum zu erreichen – weiterverfolgt. Durch die Nichtberücksichtigung des Elterngeldbezuges liege ein Verstoß gegen § 5 Abs. 2 Satz 2 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler (BeitrVerfGrsSz) vor. Der dortigen Regelung könne nicht entnommen werden, dass für die Beklagten eine Pflicht zur Teilung durch zwölf Monate bestehe. Vielmehr müssten die Monate, in welchen allein Elterngeld bezogen wurde, bei der angekündigten „Nachberechnung" der Beklagten außer Betracht bleiben. Das Ausbleiben von Arbeitseinkommen sei keine zufällige Verteilung von Einnahmen über das Kalenderjahr, sondern geschehe auf Grund eines vom Bundesgesetzgeber privilegierten Ereignisses (Geburt eines eigenen Kindes und damit verbundenem Bezug von Elterngeld). Eine Zuordnung zum jeweiligen Beitragsmonat könne ausweislich der Norm auch nur erfolgen, wenn ein Arbeitseinkommen in den streitgegenständlichen Monaten erzielt worden sei. Das im Jahr 2019 erzielte Arbeitseinkommen müsse durch zehn und nicht durch zwölf Kalendermonate geteilt werden und dürfe nicht den Elterngeldmonaten zugeordnet werden, da er in diesen Monaten kein Arbeitseinkommen erwirtschaftet habe. Die Regelung stelle allein auf die Monate ab, in denen das Arbeitseinkommen erzielt worden sei, nicht auf ein Fortbestehen des Betriebs. Es sei der Wille des Gesetzgebers, ein Mitglied für die Dauer des (alleinigen) Bezugs von Elterngeld beitragsfrei zu stellen. Es liege ein vom Gesetzgeber in § 224 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) privilegierter Zeitraum vor. Die Norm bringe eindeutig zum Ausdruck, dass für diese Zeiträume eine eigene Beitragsbemessung stattfinden müsse. Die Regelung des § 224 SGB V sei lex specialis zu der allgemeinen Vorschrift zur Beitragsbemessung von Selbstständigen in § 240 SGB V. Es liege auch ein Verstoß gegen § 240 Abs. 1 Satz 4 SGB V vor. Danach könne auch im laufenden Kalenderjahr eine temporäre Herabsetzung des Mitgliedsbeitrags möglich und rechtlich geboten sein. Die nur vorläufige Festsetzung der Beiträge für den streitgegenständlichen Zeitraum mit der beabsichtigten Festsetzung der Höchstbeiträge sei auch ein Verstoß gegen § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V und dessen Vorgabe der Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds. Seine Leistungsfähigkeit werde nicht beachtet, wenn er trotz der Tatsache, dass er in dem streitgegenständlichen Zeitraum kein Arbeitseinkommen erzielt habe, für diesen Zeitraum letztlich trotzdem Höchstbeträge zu zahlen habe. In seinen Elterngeld-Monaten habe er das maximale Elterngeld Plus iHv 900,00 € monatlich als einziges Einkommen erzielt. Dem stünden ca. 800,00 € monatliche Beiträge gegenüber. Sämtliche Regelungen zur Familien- und Elternförderung für freiwillig gesetzlich Versicherte würden dadurch vollkommen ad absurdum geführt. Die Einstellung des Geschäftsbetriebs sei keine ernsthafte Option.
Mit Urteil vom 14. Januar 2022 hat das Sozialgericht (SG) Berlin die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine endgültige Festsetzung der Mindestbeiträge für den Zeitraum vom 2. August 2019 bis zum 1. Oktober 2019. Die Beklagten hätten eine vorläufige Festsetzung der Beiträge für die streitgegenständlichen Monate anhand der Mindestbemessungsgrenze vorgenommen. Ob tatsächlich die Voraussetzungen für eine unverhältnismäßige Belastung iSd § 6 Abs. 3a BeitrVerfGrsSz vorgelegen hätten, könne dahinstehen. Jedenfalls folge aus einem Nichtvorliegen der Voraussetzung keine Verletzung von Rechten des Klägers. Denn ohne eine unverhältnismäßige Belastung hätte die Beitragsfestsetzung (vorläufig oder endgültig) auch für die streitgegenständlichen Elterngeldmonate auf der Grundlage des zuletzt erlassenen Einkommensteuerbescheides erfolgen müssen (§ 240 Abs. 4a Satz 1 oder 6 SGB V). Eine endgültige Festsetzung auf der Grundlage der Mindestbeitragsbemessungsgrenze könne der Kläger nicht beanspruchen. Die Zahl der Kalendermonate, in denen das Arbeitseinkommen iSd § 5 Abs. 2 Satz 2 BeitrVerfGrsSz erzielt worden sei, erfasse auch die Kalendermonate, in denen die selbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt, aber kein Gewinn erzielt worden sei. Das Arbeitseinkommen werde „erzielt" iSv „erwirtschaftet" in allen Monaten, in denen die Selbstständigkeit ausgeübt werde. Ein anderes Verständnis würde den Schwankungen der Einkünfte gerade bei Selbstständigen nicht gerecht. Wirtschaftlich schwache Monate ohne Gewinn könnten nicht aus der Berechnung herausgenommen werden. Durch die Maßgeblichkeit des Steuerbescheides (§ 240 Abs. 4a Satz 3 SGB V) und nicht eines monatlichen Gewinns solle den Krankenkassen (KK) gerade nicht die aufwändige Prüfung obliegen, die schwankenden monatlichen Einkünfte festzustellen. Vorliegend sei die selbstständige Erwerbstätigkeit auch in den Elterngeldmonaten ausgeübt worden. § 8 Abs. 3 BeitrVerfGrsSz sehe gerade keine Beitragsfreiheit in Zeiten des Elterngeldbezugs vor. Ein Verstoß gegen § 224 Abs. 1 SGB V liege nicht vor. Die Beitragsfreiheit des Elterngeldes sei durch die Beklagte beachtet. Lex specialis zu § 240 SGB V sei die Regelung nur hinsichtlich der Berücksichtigung des Elterngeldes als Einnahme. § 224 Abs. 1 Satz 1 SGB V sei auch dann keine abschließende Sonderregelung gegenüber § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V, wenn tatsächliche Einnahmen vollständig fehlten (Verweis auf Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 30. November 2016 – B 12 KR 6/15 R –, juris). § 240 Abs. 1 Satz 4 SGB V verlange hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds die jeweils anzuwendende Mindestbeitragsbemessungsgrundlage nicht überschritten. Der Vorschrift sei nicht zu entnehmen, dass sie die Frage, wie Einkommen berechnet wird, regeln solle. Dementsprechend sei bei fortlaufender selbstständiger Tätigkeit auf das Kalenderjahr abzustellen, sodass vorliegend keine Anhaltspunkte iSd Vorschrift zu erkennen seien. Auch ein Verstoß gegen § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V liege nicht vor. Die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines freiwilligen Mitglieds werde bei Selbstständigen durch § 240 Abs. 4a SGB V, die BeitrVerfGrsSz und die Maßgeblichkeit des Einkommensteuerbescheides beachtet. Die Berechnung der Beklagten sei auch im Übrigen nicht zu beanstanden.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Indem sich das SG auf § 240 Abs. 4a SGB V stütze, berücksichtige es die Regelung in § 240 Abs. 1 Satz 4 SGB V nicht. Der Regelung sei gerade nicht zu entnehmen, dass bei einer fortlaufenden Tätigkeit auf das Kalenderjahr abzustellen sei. Hinreichende Anhaltspunkte für eine temporäre Herabsetzung des Mitgliedsbeitrags iSd § 240 Abs. 1 Satz 4 SGB V hätten der Beklagten zu 1) vorgelegen. Er habe wiederholt mitgeteilt, dass er während des Elterngeldbezuges keine Gewinne erwirtschaften werde bzw. erwirtschaftet habe. Das SG gehe ferner in Bezug auf § 5 Abs. 2 Satz 1 und 2 der BeitrVerfGrsSz fälschlicherweise davon aus, dass die Zahl der Kalendermonate, in denen das Arbeitseinkommen erzielt worden sei, auch die Kalendermonate erfasse, in denen die selbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt, aber kein Gewinn erzielt worden sei. Durch die vorgenommene Berücksichtigung der Monate, in denen er nachweislich kein Einkommen erzielt habe, finde eine Beachtung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht statt. Eine dauerhafte Einstellung der selbstständigen Tätigkeit werde von § 240 Abs. 1 Satz 4 SGB V für die neue Festsetzung überhaupt nicht verlangt. Anders als vom SG angenommen, liege auch ein Verstoß gegen § 224 Abs. 1 SGB V vor. Zwar beziehe sich die Beitragsfreiheit dem Wortlaut nach nur auf das Elterngeld. Der Normzweck würde aber unterlaufen, wenn die beitragspflichtigen Einnahmen des Jahres 2019 für die Beitragsberechnung auf das gesamte Jahr 2019 verteilt würden, obwohl in der Zeit des Erhalts des Elterngelds die bisherigen beitragspflichtigen Einnahmen entfallen und durch das Elterngeld ersetzt worden seien. Hier werde Einkommen aus anderen Monaten den Elterngeldmonaten zugerechnet und damit dieses eben doch gekürzt bzw. durch Beitrag belastet. Bei seiner Ehefrau seien für den Zeitraum des Bezuges des Elterngeldes Mindestbeiträge festgesetzt worden, obgleich sie auch selbstständig tätig gewesen sei. Dies stellt eine Verletzung des Gleichheitssatzes dar (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz <GG>).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Januar 2022 aufzuheben und den Beitragsbescheid vom 15. März 2023 insoweit aufzuheben, als darin für den Zeitraum vom 2. August 2019 bis zum 1. Oktober 2019 Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung unter Berücksichtigung eines Einkommens oberhalb der Mindestbeitragsbemessungsgrenze festgesetzt wurden.
Die Beklagten beantragen nach ihrem Vorbringen,
die Klage abzuweisen.
Sie halten das angegriffene Urteil für zutreffend.
Mit Bescheid vom 15. März 2023 hat die Beklagte zu 1) – auch im Namen der Beklagten zu 2) – die Beiträge für den Zeitraum ab dem 1. August 2019 endgültig festgesetzt. Da der Kläger seinen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2019 nicht innerhalb von drei Jahren vorgelegt habe, seien die Beiträge nach § 240 Abs. 4a Satz 4 SGB V auf der Grundlage der Beitragsmessungsgrenze festzusetzen.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten, auf die wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen wird, sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Zu entscheiden war nur noch über den Bescheid vom 15. März 2023. Dieser während des Berufungsverfahrens erlassene Bescheid ist gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Der Bescheid vom 15. März 2023 hat die Bescheide vom 23. September 2019 und vom 20. November 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juni 2020 hinsichtlich des streitgegenständlichen Zeitraums vollständig ersetzt. Maßgeblich für den Kläger ist allein die nunmehr vorgenommene endgültige Beitragsfestsetzung. Das ausschließlich die ersetzten Bescheide betreffende erstinstanzliche Urteil ist damit gegenstandslos geworden (vgl. ua BSG, Urteil vom 4. Juni 2013 – B 11 AL 14/11 R –, juris Rn. 17; BSG, Urteil vom 29. Oktober 2002 – B 4 RA 22/02 R -, juris Rn. 23,24). Über den Bescheid vom 15. März 2023 hatte der Senat damit erstinstanzlich auf Klage zu befinden (vgl. ua BSG, Urteil vom 8. Oktober 2019 – B 12 KR 8/19 R –, juris Rn. 13).
Die zulässige isolierte (Teil-)Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG ist unbegründet. Die Beklagte zu 1) hat – auch im Namen der Beklagten zu 2) – die Beiträge für den Zeitraum vom 2. August 2019 bis zum 1. Oktober 2019 zutreffend festgesetzt. Der Bescheid verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Gemäß § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder einheitlich durch den Spitzenverband Bund der gesetzlichen Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) geregelt. Dem ist der GKV-Spitzenverband mit den BeitrVerfGrsSz vom 27. Oktober 2008 in der hier anzuwendenden Fassung vom 28. November 2018 nachgekommen. § 57 Abs. 4 Satz 1 Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung – (SGB XI) bestimmt, dass bei freiwilligen Mitgliedern der GKV und Mitgliedern der SPV, die nicht in der GKV pflichtversichert sind, die Regelung des § 240 SGB V für die Beitragsbemessung in der Pflegeversicherung entsprechend anzuwenden ist.
Für die Festsetzung von Beiträgen auf Arbeitseinkommen enthält § 240 Abs. 4a SGB V eine Sonderregelung. Arbeitseinkommen ist gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit. Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist (Satz 2).
Der Kläger war im Jahr 2019 durchgehend selbstständig tätig. Seine selbstständige Tätigkeit gab er auch nicht während des hier streitgegenständlichen Zeitraums auf. Trotz des Bezuges von Elterngeld Plus betrieb er weiterhin seine Anwaltskanzlei, auch wenn er nur noch im reduzierten Umfang tätig war und für diesen Zeitraum – zumindest ergibt sich dies aus den Überschussrechnungen – kein Einkommen erzielte. Das Arbeitseinkommen wird „erzielt“ iSv „erwirtschaftet“ in allen Monaten, in denen die selbstständige Tätigkeit ausgeübt wird. Wie schon das SG zutreffend ausführte, sollen durch die Regelung, den Einkommensteuerbescheid für die endgültige Festsetzung zugrunde zu legen, die tatsächlichen Einnahmen von freiwillig Versicherten besser berücksichtigt und die Jahresschwankungen – auch im Hinblick auf die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung – abgebildet werden (vgl. BT-Drucks. 18/11205, S. 71). Der Kläger bleibt damit trotz der reduzierten Einnahmen und des reduzierten Tätigkeitsumfangs weiterhin selbstständig tätig, womit sich die Beitragsberechnung auch für diesen Zeitraum nach § 240 Abs. 4a SGB V richtet.
Nach § 240 Abs. 4a SGB V in der hier noch anzuwendenden Fassung vom 6. Mai 2019 werden die nach dem Arbeitseinkommen zu bemessenden Beiträge auf der Grundlage des zuletzt erlassenen Einkommensteuerbescheides vorläufig festgesetzt; dabei ist der Einkommensteuerbescheid für die Beitragsbemessung ab Beginn des auf die Ausfertigung folgenden Monats heranzuziehen; § 240 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V gilt entsprechend. Die Beklagte zu 1) hat – auch im Namen der Beklagten zu 2) – vor dem Hintergrund der Reduzierung der selbstständigen Tätigkeit für den streitgegenständlichen Zeitraum mit Bescheid vom 20. November 2019 vorläufig Mindestbeiträge festgesetzt. Damit wurde zugunsten des Klägers berücksichtigt, dass er während dieser Zeit weniger Einnahmen zur Verfügung hatte.
Die vorläufig festgesetzten Beiträge werden auf Grundlage der tatsächlich erzielten beitragspflichtigen Einnahmen für das jeweilige Kalenderjahr nach Vorlage des jeweiligen Einkommensteuerbescheides endgültig festgesetzt (§ 240 Abs. 4a Satz 3 SGB V). Weist das Mitglied seine tatsächlichen Einnahmen auf Verlangen der Krankenkasse nicht innerhalb von drei Jahren nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres nach, gilt für die endgültige Beitragsfestsetzung nach Satz 3 als beitragspflichtige Einnahme für den Kalendertag der 30. Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (Höchstbeiträge). Die endgültige Beitragsfestsetzung mit Bescheid vom 15. März 2023 (Höchstbeiträge) erfolgte nach Maßgabe des § 240 Abs. 4a Satz 4 SGB V, weil der Kläger seinen Einkommensteuerbescheid zunächst nicht vorlegte.
Dieses Vorgehen ist nach Auffassung des Senats nicht zu beanstanden. Dabei muss – nachdem der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2019 zwischenzeitlich vorgelegt wurde – keine Korrektur nach § 423 SGB V erfolgten. Danach sind in Fällen, in denen die Krankenkasse für Zeiträume ab dem 1. Januar 2018 die Beiträge nach § 240 Abs. 4a Satz 3 SGB V iVm Satz 4 in der bis zum 15. Dezember 2023 geltenden Fassung festgesetzt hat, die Beiträge für das jeweilige Kalenderjahr neu festzusetzen, für das das Mitglied die tatsächlichen Einnahmen durch Vorlage eines Einkommensteuerbescheides bis zum Ablauf des 16. Dezember 2024 oder, falls ein Einkommensteuerbescheid für ein Kalenderjahr bis zum Ablauf des 16. Dezember 2023 noch nicht erlassen wurde, innerhalb von zwölf Monaten nach Bekanntgabe des jeweiligen Einkommensteuerbescheides nachweist. Ausweislich des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2019 erzielte der Kläger im Jahr 2019 insgesamt Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit iHv 148.421 €. Verteilt über 12 Monate (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 2 BeitrVerfGrsSz) übersteigen die Einnahmen den 30. Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (4.537,50 €).
Anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum Elterngeld Plus bezog und aus seiner selbstständigen Tätigkeit kein Arbeitseinkommen erzielte. Dies hat das SG zutreffend ausgeführt.
Soweit der Kläger unter Bezugnahme auf § 240 Abs. 1 Satz 4 SGB V eine Reduzierung der Beiträge fordert, kann dem nicht gefolgt werden. Nach dieser Regelung hat die KK für Zeiträume, für die ihr hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds die jeweils anzuwendende Mindestbeitragsbemessungsgrundlage nicht überschreiten, die Beiträge des Mitglieds neu festzusetzen. Die Korrekturmöglichkeiten § 240 Abs. 1 Satz 3 und 4 SGB V sind auf den Personenkreis der Selbstständigen, deren Beiträge nach dem Arbeitseinkommen festgesetzt werden, nicht anwendbar. Für diese trifft § 240 Abs. 4a Satz 4 ff. SGB V eine eigene Regelung (vgl. ua Hessisches LSG, Urteil vom 28. Juli 2022 – L 8 KR 522/21 – juris Rn. 23 ff.). Wie bereits oben ausgeführt, war der Kläger auch im streitgegenständlichen Zeitraum selbstständig tätig.
Eine gesetzliche Grundlage dafür, den streitgegenständlichen Zeitraum aus der Beitragsberechnung nach § 240 Abs. 4a SGB V herauszunehmen, existiert nicht. Aus welchem Grund während der selbstständigen Tätigkeit über einen gewissen Zeitraum kein Arbeitseinkommen erzielt wird, ist nicht entscheidend. Gerade in den Bereichen selbstständiger Tätigkeit, in der die Einnahmen erst nach Rechnungsstellung und entsprechender Bezahlung zufließen, kann es vorkommen, dass trotz reduzierter Tätigkeit weiterhin Arbeitseinkommen erzielt wird. Umgekehrt gilt das Gleiche: Auch wenn der Tätigkeitsumfang erhöht wird, ist es denkbar, dass in diesem konkreten Zeitraum wenig bis kein Arbeitseinkommen erzielt wird.
Anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger während des streitgegenständlichen Zeitraumes seine Arbeit reduziert hat, um sich um sein Kind zu kümmern. Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass § 224 Abs. 1 Satz 1 SGB V den Bezug von Elterngeld beitragsrechtlich privilegiert: Beitragsfrei ist ein Mitglied für die Dauer des Anspruchs auf Krankengeld oder Mutterschaftsgeld oder des Bezugs von Elterngeld. In Satz 2 wird jedoch klargestellt, dass die Beitragsfreiheit sich nur auf die in Satz 1 genannten Leistungen erstreckt. Entsprechend wurden auch auf das Elterngeld, das der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum bezog, keine Beiträge erhoben. Weitere Beitragsentlastungen ergeben sich aus dieser Regelung aber nicht. § 224 SGB V trifft keine Regelung zur Beitragserhebung auf Arbeitseinkommen. Insbesondere geht daraus nicht hervor, dass während des Bezuges von Elterngeld die Beitragserhebung nach § 240 Abs. 4a SGB V auszusetzen ist. § 224 SGB V fordert weder generell eine Beitragsfreiheit noch verdrängt sie spezialgesetzlich die Beitragspflicht sonstiger Einnahmen. Insoweit ist es unerheblich, ob das Elterngeld zur bisherigen Beitragsbemessungsgrundlage hinzutritt oder ob es seinerseits an die Stelle des bisher der Beitragsbemessung allein zugrunde gelegten Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens tritt, aber noch andere ihrer Art nach in der freiwilligen Versicherung beitragspflichtige Einnahmen vorhanden sind (vgl. ua BSG, Urteil vom 20. Februar 2024 – B 12 KR 2/22 R –, juris Rn. 19, zur Berücksichtigung des Ehegatteneinkommens während des Bezuges von Elterngeld). Das geringere Arbeitseinkommen des Klägers während der Zeit des Bezuges von Elterngeld wird nur insoweit berücksichtigt, als dadurch die Einnahmen des Jahres insgesamt reduziert werden. Da das Arbeitseinkommen des Klägers im Jahr 2019 trotz des streitgegenständlichen Zeitraumes, in dem er kein Arbeitseinkommen erzielte, weiterhin – verteilt auf zwölf Monate – die Beitragsbemessungsgrenze überstieg, wirkte sich dies für ihn jedoch nicht aus. Reduzierungen des Arbeitsentgeltes oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze sind beitragsrechtlich nicht relevant.
Dass der Kläger gegenüber dem Bezirksamt angegeben hatte, während des Bezuges des Elterngeldes kein Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit zu erzielen, führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Die Berechnung des Elterngeldes steht in keinem Zusammenhang mit der Beitragsberechnung in der GKV und der SPV. Letztere unterliegen einer Art Jahresbetrachtung und richten sich strikt nach dem im Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Arbeitseinkommen. Das BEEG trifft keine Regelung zur sozialversicherungsrechtlichen Beitragsbemessung (vgl. ua BSG, aaO, Rn. 19).
Die Berechnungen des Klägers, dass durch die spätere endgültige Festsetzung von Höchstbeiträgen iHv rund 800 € ein Großteil des Elterngeldes iHv 900 € verbraucht werde, also letztlich auf diesem Wege doch Beiträge auf das Elterngeld erhoben würden, liegen neben der Sache und vermischen unterschiedliche rechtliche Bereiche. Die Beitragsfestsetzung im Rahmen seiner selbstständigen Tätigkeit erfolgt nicht aufgrund des Bezuges von Elterngeld, sondern aufgrund der weiterhin bestehenden Selbstständigkeit. Nur auf das Arbeitseinkommen wurden vorliegend die entsprechenden Beiträge erhoben.
Entgegen der Auffassung des Klägers liegt auch kein Verstoß gegen § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V vor. Danach ist im Rahmen der Beitragsbemessung sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Auch diese Regelung führt nicht dazu, dass während der Zeiten, in denen kein oder nur sehr geringes Arbeitseinkommen erzielt wird, von den Vorschriften des § 240 Abs. 4a SGB V abgewichen werden kann. Die Regelung in § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V wird von zahlreichen zwingenden gesetzlichen Vorschriften in den Abs. 2 ff. begrenzt (vgl. ua BeckOGK/Beck, 1.3.2022, SGB V § 240 Rn. 29, beck-online). Zu nennen ist hier ua die Vorgabe in § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V, wonach als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag mindestens der neunzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße gilt, dh auch dann Mindestbeiträge zu erheben sind, wenn das Mitglied gar keine Einkünfte hat. Auch § 240 Abs. 4a SGB V wird durch § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht überlagert. Während der Zeit, in der dem Kläger tatsächlich aus seiner selbstständigen Tätigkeit kein Arbeitseinkommen zur Verfügung stand, hat die Beklagte zu 1) zudem – um diese Zeit zu überbrücken – zunächst vorläufig Mindestbeiträge festgesetzt.
Soweit der Kläger anführt, es läge ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG vor, vermag dies nicht zu überzeugen. Der Senat kann schon mangels weiterer Informationen nicht überprüfen, ob die Situation der Ehefrau des Klägers mit der des Klägers exakt zu vergleichen war. Aber auch wenn man davon ausgeht, dass die Beklagte zu 1) bei der Beitragsberechnung im Fall der Ehefrau des Klägers trotz fortgeführter Selbstständigkeit während des Bezuges von Elterngeld die Beitragsberechnung nach § 240 Abs. 4a SGB V ausgesetzt hatte, könnte sich der Kläger nicht auf diese dann möglicherweise als rechtswidrig anzusehende Beitragsbemessung berufen. Art. 3 Abs. 1 GG vermittelt keinen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen „Verwaltungspraxis“. Insoweit gibt es keine „Gleichheit im Unrecht“ (vgl. ua BVerfG, Beschluss vom 28. Juni 1993 – 1 BvR 390/89 –, juris Rn. 13).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe hierfür (§ 160 Absatz 2 SGG) nicht vorliegen.