Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 19. Januar 2024 wird zurückgewiesen.
Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer sozialverfahrensrechtlichen Untätigkeit der Behörde.
Der Kläger war von April 2012 bis Juni 2016 Rechtsreferendar im Bezirk des Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG). Er erhielt von der Y. eine monatliche Unterhaltsbeihilfe. Am 2. Oktober 2014 erkrankte der Kläger arbeitsunfähig und erhielt bis zum 12. November 2014 Fortzahlung der Unterhaltsbeihilfe. Nach Mitteilung des Hanseatischen OLG sind für den Kläger im Jahr 2015 keine Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung gezahlt worden. Die entgegenstehenden Einträge auf der Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2015 seien unrichtig. Tatsächlich ist dem Kläger auch im Juli 2015 Unterhaltsbeihilfe ausgezahlt worden, die die Y. wegen Überzahlung von diesem zurückforderte.
In der Zeit vom 1. März 2015 bis zum 29. Februar 2016 war der Kläger Mitglied der Beklagten und bezog von dieser in diesem Zeitraum Krankengeld. Eine weitere Mitgliedschaft bestand im Zeitraum vom 1. Juni 2022 bis zum 30. September 2022.
Mit Bescheid vom 4. Juli 2016 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Mai 2015, woraufhin die Beklagte mit Bescheid vom 12. Juli 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. November 2016 feststellte, dass die Beitragspflicht des Klägers zur Arbeitslosen- und sozialen Pflegeversicherung aus dem erhaltenen Krankengeld für die Zeit vom 1. Mai 2015 bis zum 9. Juni 2015 sowie vom 30. Juli 2015 bis zum 29. Februar 2016 rückwirkend entfallen und ihm ein Betrag in Höhe von insgesamt 167 Euro zu erstatten sei. Vom 10. Juni 2015 bis zum 29. Juli 2015 führte der Kläger eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme durch und bezog in dieser Zeit kein Krankengeld von der Beklagten. Nachdem die DRV Bund dem Kläger mit Bescheid vom 4. Januar 2017 die Rente wegen voller Erwerbsminderung bereits ab dem 1. Februar 2015 gewährt hatte, erstattete die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 6. März 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Mai 2017 auch die Beiträge zur Arbeitslosen- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 39 Euro für den Zeitraum vom 1. März 2015 bis 30. April 2015.
Bereits am 5. August 2016 hatte der Kläger bei der Beklagten sowie anderen Krankenkassen die Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung aus einer Beschäftigung unter Verwendung eines Vordruckes beantragt.
Der Kläger hat gegen die Beklagte am 24. Juli 2017 Untätigkeitsklage beim Sozialgericht Münster erhoben. Zur Begründung hat er geltend gemacht, dass die Beklagte seinen Antrag auf teilweise Rückerstattung seiner Krankenkassenbeiträge vom 5. August 2016 noch immer nicht bearbeitet habe. Der regelmäßige Krankenkassenbeitrag sei mit Anspruch auf Krankengeld abgeführt worden. Zutreffend hätte der reduzierte Krankenkassenbeitrag abgeführt werden müssen, denn die im Rahmen des Referendariats gezahlte Unterhaltsbeihilfe sei eine Sozialleistung, kein Entgelt, was einen Krankengeldanspruch ausschließe. Er benötige ein Urteil, das feststelle, dass die Unterhaltsbeihilfe eine Sozialleistung sei.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, seinen Antrag vom 5. August 2016 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden, sowie die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage zuzulassen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat zunächst geltend gemacht, dass keine Untätigkeit vorliege, denn die Beitragserstattung sei mit den Bescheiden vom 12. Juli 2016 und 6. März 2017 geregelt worden. Zudem liege kein Erstattungsanspruch in Bezug auf Krankenversicherungsbeiträge vor. Es seien aus dem von ihr gezahlten Krankengeld keine Krankenkassenbeiträge abgeführt worden. Es erschließe sich nicht, was über die ergangenen Bescheide hinaus noch beschieden werden könne.
Nachdem das SG die Beklagte darauf hingewiesen hatte, dass eine Bescheidung des Antrags vom 5. August 2016 bislang nicht erfolgt sei, hat die Beklagte erklärt, dass sie den Anspruch anerkenne. Ferner hat sie einen Bescheid vom 15. November 2023 übersendet, in dem sie erklärt, den „Antrag auf Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen“ in Bezug auf die „Unterhaltsbeihilfe 2015“ abzulehnen. Das Hanseatische OLG habe ihr bestätigt, dass die im Juli 2015 ausgezahlte Unterhaltsbeihilfe vom Kläger zurückgefordert und entsprechend verrechnet worden sei. Der Kläger hat gegen diesen Bescheid Widerspruch eingelegt, der von der Beklagten noch nicht beschieden wurde.
Nachdem das SG für den 19. Januar 2024 einen Verhandlungstermin anberaumt hatte, hat der Kläger einen Antrag auf Fahrkostenvorschuss wegen Bedürftigkeit gestellt und am 18. Januar 2024 einen Bescheid der Stadt Bocholt über die Bewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII) für die Monate Januar und Februar 2024 zum Nachweis seiner Bedürftigkeit eingereicht. Für den Kläger ist im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19. Januar 2024 niemand erschienen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 19. Januar 2024 abgewiesen. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Untätigkeitsklage sei nach Erlass des begehrten Bescheides entfallen. Daher sei auch kein Raum für ein Anerkenntnisurteil gegeben gewesen.
Gegen das ihm am 6. Februar 2024 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28. Februar 2024 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und ausgeführt, das SG habe sein Recht auf rechtliches Gehör verletzt, weil er am Termin zur mündlichen Verhandlung nicht habe teilnehmen können. Der Senat hat durch Beschluss vom 21. Mai 2024 die Berufung zugelassen (Az.: L 11 KR 106/24 NZB).
Im Rahmen der Berufung hat der Kläger erklärt, er wolle seine Klage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umstellen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 19. Januar 2024 abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte hinsichtlich der Bescheidung des Antrags vom 5. August 2016 untätig gewesen war sowie die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei unzulässig, weil eine Wiederholungsgefahr nicht bestehe. Sie sichere zu, den Widerspruchsbescheid hinsichtlich des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 15. November 2023 zeitnah zu erlassen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen. Der Inhalt dieser Akten ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Die Fortsetzungsfeststellungsklage, die nach der im Berufungsverfahren erfolgten Klageumstellung allein Streitgegenstand ist (vgl. BSG, Urteil vom 8. Dezember 1993 - 14a RKa 1/93 -, BSGE 73, 244 ff., Rn. 15), ist mangels Feststellungsinteresses unzulässig. In entsprechender Anwendung von § 131 Abs. 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage ein berechtigtes Interesse des Klägers an dieser Feststellung (BSG, Beschluss vom 28. August 2019 - B 3 KR 2/19 BH - juris, Rn. 9). Es genügt ein durch die Sachlage vernünftigerweise gerechtfertigtes Interesse, das rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art sein kann (BSG, Urteil vom 28. Januar 2021 - B 8 SO 9/19 R -, BSGE 131, 246 ff., Rn. 18). Das im vorliegenden Fall allein unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr in Betracht kommende Feststellungsinteresse ist indes mit dem Ende der Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten zum 30. September 2022 entfallen. Dessen ungeachtet wäre für die Wiederholungsgefahr die hinreichend bestimmte (konkrete) Gefahr erforderlich, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleichartige Entscheidung ergeht (vgl. etwa BSG Urteil vom 14. Februar 2013 - B 14 AS 195/11 R -, BSGE 113, 70 ff., Rn. 16). Davon ist hier nicht auszugehen. Es ist weder ersichtlich noch dargetan, dass sich ein im Wesentlichen gleicher Sachverhalt, nämlich ein nicht beschiedener Antrag auf Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen, wieder genauso ereignen wird.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.