Kostenübernahme durch vollmachtslosen Vertreter
S 9 P 191/24
SOZIALGERICHT AUGSBURG
Die als vollmachtslose Bevollmächtigte aufgetretene Rechtsanwaltgesellschaft mbH trägt die nach § 184 SGG entstandenen pauschalen Prozesskosten der Beklagten.
G r ü n d e :
I.
Gegenstand des zwischenzeitlich erledigten Hauptsacheverfahrens war die Vornahme der Entscheidung im Widerspruchsverfahren.
Die Klägerin beantragte bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen der Pflegeversicherung. Nach Einholung eines Gutachtens durch den Medizinischen Dienst (MD) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19.04.2024 die begehrten Leistungen der Pflegeversicherung ab. Hiergegen wurde am 21.04.2024 Widerspruch erhoben und um Akteneinsicht gebeten. Beantragt wurde ebenfalls die Durchführung einer Neubegutachtung.
Am 01.08.2024 hat die Klägerin Untätigkeitsklage zum Sozialgericht Augsburg erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zur Verbescheidung des Widerspruchs zu verurteilen. Die Beklagte habe den Widerspruch ohne zureichenden Grund nicht innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist verbeschieden.
Mit Schreiben vom 22.08.2024 beantragte die Beklagte die Klage abzuweisen und rügte das Vorliegen einer aktuellen, für das Verfahren konkret ausgestellten Vollmacht.
Von Seiten des Gerichts wurde mit Schreiben vom 08.10.2024 sowohl der Bevollmächtigte als auch die Klägerin um Stellungnahme gebeten. Zudem wurde der Bevollmächtigte und die Klägerin darauf hingewiesen, dass die im Klageverfahren vorgelegte Vollmacht definitiv nicht mit dem Namen der Klägerin unterschrieben wurde, sondern von einer anderen Person. Es wurde unter Fristsetzung bis zum 05.11.2025 um Vorlage einer aktuellen Vollmacht der Klägerin bzw. einer Bevollmächtigung für die unterschreibende Person gebeten.
Von Seiten der Klägerin persönlich wurde mit Brief vom 22.10.2024 ausgeführt, dass sie der Rechtsanwaltgesellschaft mbH kein Mandat erteilt habe und um Einstellung des Verfahrens bitte.
Mit Schreiben vom 23.01.2025 erklärte auch der Bevollmächtigte die Rücknahme der Klage. Eine Vollmacht wurde bis zu diesem Zeitpunkt nicht vorgelegt.
Von Seiten der Beklagten wurde mit Schreiben vom 05.03.2025 beantragt,
der vollmachtlosen Bevollmächtigten die Prozesskosten in Form der pauschalen Gebühr aufzuerlegen.
Wegen des weiteren Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.
II.
Grundsätzlich hat das Gericht von Amts wegen zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, § 193 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Wird ein Verfahren ohne gerichtliche Entscheidung beendet, hat das Gericht grundsätzlich auf Antrag über die Kosten zu entscheiden, § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG.
Vorliegend fehlte es an einer Prozessvollmacht des als anwaltlichen Vertreter auftretenden Rechtsanwalts der Klägerin.
Nach § 73 Abs. 2 Satz 1 SGG können sich die Beteiligten durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Die Vollmacht ist gemäß § 73 Abs. 6 Satz 1 SGG schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen; gemäß § 73 Abs. 6 Satz 2 SGG genügt auch eine nachgereichte Vollmacht. Nach § 73 Abs. 6 Satz 5 SGG hat das Gericht den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Daraus folgt aber nicht, dass bei einem Rechtsanwalt eine Vollmachtsvorlage vom Gericht nicht verlangt werden darf, sondern nur, dass das Gericht bei einem anwaltlich vertretenen Beteiligten grundsätzlich nicht verpflichtet ist, die Frage der Vollmacht von Amts wegen zu überprüfen. Gleichwohl darf das Gericht bei Vorliegen begründeter Zweifel eine Überprüfung der Bevollmächtigung vornehmen und nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens eine schriftliche Vollmacht anfordern (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders., SGG, 14. Aufl. 2023, § 73, Rdnr. 68 - m.w.N.).
Begründete Zweifel im vorgenannten Sinn haben sich vorliegend daraus ergeben, dass die im Klageverfahren vorgelegte Unterschrift eindeutig nicht von der Klägerin unterschrieben war. Die Kammer ist daher im Rahmen der Ausübung ihres Ermessens gehalten gewesen, dem anwaltlichen Vertreter der Klägerin die Gelegenheit zu geben, eine sich auf das Verfahren beziehende Vollmacht vorzulegen. Eine solche Vollmacht hat der anwaltliche Vertreter trotz entsprechender Fristsetzung gemäß § 73 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 SGG nicht vorgelegt.
Der vollmachtlose Vertreter hat insoweit die nach § 183 SGG entstehenden pauschalen Kosten der Beklagten zu tragen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 analog i. V. m. §§ 154 ff. VwGO, § 202 Satz 1 i. V. m. § 89 Abs. 1 ZPO.
Der Beschluss ist endgültig.