L 6 VE 1517/25 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 18 VE 1136/25 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VE 1517/25 ER-B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

1. Auch im Rahmen des Sozialen Entschädigungsrechtes kommt die Erstattung von Kosten häuslicher Pflegehilfe nur bei Pflegekräften, die die Voraussetzungen des § 36 Abs. 4 Satz 2 SGB XI erfüllen in Betracht.
2. Anderes gilt lediglich im Arbeitgebermodell nach § 76 Abs. 1 SGB XIV, das einen Versorgungsvertrag nicht voraussetzt.
3. Bei Überschneidungen im Leistungsinhalt zwischen Eingliederungshilfeleistungen und Leistungen zur Pflege ist auch im SGB XIV maßgeblich, worin die jeweilige Leistung ihren Schwerpunkt hat, dabei sind die unterschiedlichen Zwecke von Eingliederungshilfe und Pflege zu berücksichtigen.

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 17. April 2025 aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.



Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist – im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes – die Gewährung von Leistungen für eine 24-Stunden-Assistenz nach dem Vierzehnten Buch Sozialgesetzbuch (SGB XIV) wegen eines anerkannten Impfschadens umstritten.

Bei dem 1964 geborenen Antragsteller (As.) ist ein Impfschaden anerkannt. Zuletzt bezeichnete der Antragsgegner (Ag.) mit Bescheid vom 1. Juni 2023 die als Schädigungsfolge im Sinne der Entstehung nach § 60 Infektionsschutzgesetz (IfSG) anerkannte Gesundheitsstörung als „Cerebrales Anfallsleiden mit Hirnleistungsschwäche“. Der Grad der Schädigungsfolgen (GdS) sei weiter mit 100 zu bewerten. Im Übrigen werde der Antrag abgelehnt, weil die Voraussetzungen für die Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen und die Gewährung einer höheren pauschalen Pflegezulage nach Stufe VI nicht vorlägen.

Der As. besuchte seit 2005 zu Lasten des Ag. die Tagesförderstätte der Lebenshilfe S1 als Leistung der Eingliederungshilfe. Aufgrund des Entwicklungsberichtes der Einrichtung vom 10. März 2021, wonach die möglichen Angebote der Tagesförderstätte vom As. wegen seiner vermehrten Unruhe und sinkenden Konzentrationsfähigkeit kaum noch genutzt werden könnten, leitete der Ag. Ermittlungen ein. W1 führte versorgungsärztlich aus, dass der As. nicht mehr in der Lage sei, die Angebote der Tagesförderstätte adäquat zu nutzen. Im Hinblick auf sein Lebensalter, seine nachlassende Konzentrationsfähigkeit und seine zunehmende motorische Unruhe sei davon auszugehen, dass tagesstrukturierende Maßnahmen in der Tagesförderstätte nicht mehr sinnvoll und erforderlich seien. Offenbar verhalte es sich so, dass der As. nur durch ausgedehnte Spaziergänge eine Tagesstruktur erhalten könnte. Zu prüfen sei, inwieweit diese Leistungen an seinem Wohnort erbracht werden könnten.

Mit Bescheid vom 27. August 2021 stellte der Ag. die Leistungen der Eingliederungshilfe – Besuch der Tagesförderstätte – ein, da die Aufgaben und Ziele der Eingliederungshilfe nicht mehr erfüllt werden könnten. Der As. wurde am 1. September 2021 aus der Tagesförderstätte entlassen. Den Widerspruch wies der Ag. mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juni 2022 zurück und führte zur Begründung aus, dass die Ziele der Eingliederungshilfe durch die tagesstrukturierenden Maßnahmen in einer Tagesförderstätte nicht mehr erreichbar seien. Es bestünden eine vermehrte Unruhe und eine sinkende Konzentrationsfähigkeit. Der As. habe kein Interesse mehr an den Angeboten der Tagesförderstätte und dem sozialen Miteinander. Der Schwerpunkt der Betreuungszeit habe in ausgiebigen Spaziergängen mit der Einzelbetreuung bestanden. Es hätten erhebliche Fehlzeiten des As. bestanden, von Oktober 2020 bis Februar 2021 habe er an 33 von 61 möglichen Anwesenheitstagen gefehlt. Mit zunehmendem Alter reduziere sich wegen des Abbaus der geistigen und körperlichen Kräfte der Bedarf an Eingliederungshilfe und trete hinten dem vielfach notwendigen pflegerischen Bedarf zurück.

Die beim Verwaltungsgericht W3 (VG) geführte Klage blieb erfolglos. Zur Begründung des Urteils vom 24. Februar 2023 wurde ausgeführt, dass die Entscheidung nicht zu beanstanden sei, nachdem aus den Entwicklungsberichten folge, dass der As. kein Interesse mehr an den Angeboten der Tagesförderstätte und dem sozialen Miteinander gezeigt habe, sondern der Schwerpunkt während der Betreuungszeit in ausgiebigen Spaziergängen in der Einzelbetreuung bestanden habe.

Die Versorgung des As. im häuslichen Umfeld erfolgte durch seine Mutter sowie durch Leistungen zur Pflege und Assistenz im Rahmen einer 24-Stunden-Pflege überwiegend durch die G1 „E1“, einem der Diakonie angeschlossenen Unternehmen, das nach den Vorschriften des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) abrechnet und zu einem kleinen Teil durch Herrn H1.

Nachdem eine Kostenzusage für die Leistungserbringung durch die „T1“ beantragt wurde, leitete der Ag. Ermittlungen ein.

W1 führte versorgungsärztlich nach einem Hausbesuch beim As. aus, dass dieser zusammen mit seiner Mutter in einem Einfamilienhaus wohne, dessen Untergeschoss er bewohne. Die Mutter erledige alle Einkäufe, kümmere sich um die Medikamente und halte telefonisch Kontakt zu der Hausärztin. Auf die Frage, ob sie sich aus der Betreuungstätigkeit zurückziehen wolle, habe die Mutter nur ungenau geantwortet.

Die Mutter habe angegeben, dass der As. in seiner Jugend über wesentlich mehr Fähigkeiten verfügt habe als im Erwachsenenalter. Er habe seine früheren Interessen weitgehend verloren, Puzzles und Brettspiele interessierten ihn jetzt gar nicht mehr. Nach wie vor fahre er gerne im Auto – in einem Wohnmobil – mit. Er sehe viel fern, insbesondere Musik- und Tiersendungen, wobei man nicht einschätzen könne, inwieweit er den Inhalt begreife.

Zum Pflege- bzw. Betreuungsbedarf sei angegeben worden, dass zwei Pflegekräfte abwechselnd jeweils 24 Stunden tätig seien, außerdem gebe es Vertretungskräfte. Nach Möglichkeit erfolge jeden Tag eine Ganzkörperwäsche. Das Rasieren sei mühsam, das Zähneputzen ebenfalls schwierig. Die Mahlzeiten würden gemeinsam eingenommen, der As. könne in der Regel selbstständig essen, müsse manchmal aber auch gefüttert werden. Der As. esse gern und trinke meist auch ausreichend, an manchen Tagen müsse er dazu aufgefordert werden.

Die Betreuer gingen jeden Tag – außer bei schlechtem Wetter – zweimal für mindestens eine Stunde mit dem As. spazieren. Man gehe in ein nahegelegenes Biotop, dort seien wenig Menschen unterwegs und bei einem Anfall könne der As. sich auf den Boden setzen. In der Wohnung und im Garten könne sich der As. frei bewegen, er sei kontaktfreudig, zu den Nachbarn bestehe aber wenig Kontakt. Die Mutter fahre mit dem As. häufig im Wohnmobil weg, einmal die Woche gehe man zum Pizzaessen.

Nachts müsse der As. ein- oder auch mehrmals zur Toilette, dann sei er oft lange wach und lautiere viel. Selten komme ein verständliches Wort. Die Nächte seien oft ein „Horror“. Die Mutter gebe dem As. Baldriantabletten – im Mörser zerkleinert mit Pudding oder Apfelmus.

Ab und zu gebe es Tage, an denen kein Anfall auftrete, an anderen Tagen komme es auch zu drei Anfällen. Die Anfälle seien nicht selten in der Einschlafphase, der As. wäre danach dann über mehrere Stunden wach. Im Rahmen der Anfälle sei er schon oft gestürzt, habe sich aber keine Frakturen zugezogen. Aggressives Verhalten – wie früher – zeige der As. nicht mehr, eine neuroleptische Medikation finde nicht statt.

Der As. sei am späten Vormittag schlafend im Bett angetroffen worden, ein Pfleger habe neben ihm gesessen. Als er wach gewesen sei, habe er Arme und Hände bewegt, aber keinen Kontakt aufgenommen und auch nicht auf Ansprache reagiert. Der Pfleger habe berichtet, dass er am Morgen eine halbe Stunde mit dem As. spazieren gegangen sei, danach habe sich der As. zu Bett gelegt und mehrere Stunden geschlafen. Die Mutter habe mitgeteilt, dass sich der Gesundheitszustand sei mindestens 15 Jahren nicht verändert habe.

Eine wesentliche Änderung in den anerkannten Schädigungsfolgen sei insoweit eingetreten, als nach den glaubhaften Angaben der Mutter eine psychoreaktive Störung nicht mehr bestehe. Eine Medikation mit Neuroleptika erfolge nicht mehr. Weitere Schädigungsfolgen bestünden nicht, insbesondere kein chronisches Schmerzsyndrom. Auszugehen sei bei dem 58-jährigen As. vielmehr von degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, die ihre Ursache in körpereigenen Prozessen hätten.

Die Bezeichnung der Schädigungsfolgen könne beibehalten werden, sowohl für die Hirnleistungsschwäche wie für das Anfallsleiden treffe ein GdS von 100 zu. Dies beinhalte, dass eine hochgradige Beeinträchtigung der Hirnleistung vorliege und das Anfallsleiden therapieresistent sei.

Der Zustand der Hilfslosigkeit bestehe unverändert. Eine wesentliche Zunahme dieses Zustandes lasse sich nicht objektivieren. Unverändert werde vollständige Hilfe im Bereich der Körperpflege benötigt, vorbereitete Speisen und bereitgestellte Getränke könne der As. selbstständig zu sich nehmen. In seiner Mobilität sei der As. nicht eingeschränkt, er könne selbstständig aufstehen, umhergehen, auch Treppen gehen. Wegen seiner fehlenden Orientierung könne er das Haus nicht selbstständig verlassen.

Der As. beschäftige sich viel mit Fernsehen, ihm werde vorgelesen und es würden tägliche Spaziergänge unternommen. Die Mutter fahre auch mit dem Auto bzw. dem Wohnmobil mit ihm in die Umgebung. Wegen des Anfallsleidens werde ständige Aufsicht benötigt, auch nachts. Eine Pflegeperson schlafe im Zimmer neben dem Schlafzimmer des As.. Die Pflegezulage-Stufe V sei weiterhin zutreffend, sie berücksichtige bereits, dass ein außergewöhnlich hoher pflegerischer Aufwand bestehe.

Es treffe zu, dass an die Pflegepersonen besondere Anforderungen aufgrund der häufigen cerebralen Krampfanfälle gestellt würden. Soweit feststellbar, träten die Anfälle in allen Lebenssituationen ohne besondere zeitliche Häufung auf. Es sei dann ein sofortiges Eingreifen der Pflegeperson erforderlich, um Stürze zu vermeiden oder einer Aspiration vorzubeugen. Auch nächtliche Bereitschaft sei aufgrund der Anfälle erforderlich.

Eine Pflegedokumentation der derzeit tätigen Pflegepersonen bzw. des derzeit beauftragten Pflegedienstes liege nicht vor, deshalb könne der pflegerische Aufwand nur geschätzt werden. Für die Grundpflege sei von einem täglichen Bedarf von 180 Minuten auszugehen, dabei sei zu beachten, dass der As. zwar selbstständig esse und trinke, dabei aber der Beaufsichtigung bedürfe. Für die Behandlungspflege sei von einem täglichen Aufwand von circa 30 Minuten auszugehen. Genauere Zeitangaben seien nur bei Vorlage einer aktuellen Pflegedokumentation möglich.

Die Notwendigkeit der Bereitschaft zur Hilfe bestehe für 24 Stunden. Assistenzleistungen seien hauptsächlich bei Spaziergängen, Vorlesen und Autofahren notwendig. Hier sei allerdings zu berücksichtigen, dass auch bei den Assistenzleistungen ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich sei.

Mit Bescheid vom 9. Juni 2023 (vgl. Bl. 3528 VerwAkte) teilte der Ag. mit, dass die Zusage der Übernahme für die 24-Stunden Pflege und Assistenz nach § 35 Abs. 2 Bundesversorgungsgesetz (BVG) nur insoweit erfolgen könne, als es sich bei dem Pflege- und Assistenzdienstleistung um ein Unternehmen handele, das eine Vergütungsvereinbarung nach den Vorschriften des 7. Kapitels des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) geschlossen habe und die Kosten hiernach abrechne. Das Unternehmen „T1“ verfüge nicht über eine entsprechende Vergütungsvereinbarung.

Nach § 35 Abs. 2 BVG könnten lediglich die erhöhten Kosten der Pflege und Bereitschaft zur Pflege übernommen werden, hierunter fielen nicht die Kosten für eine hauswirtschaftliche Versorgung oder die Koordination der Pflege. Diese Kosten seien ggf. aus der pauschalen Pflegezulage nach Stufe V zu leisten.

Der pflegerische Bedarf und die Bereitschaft würden wesentlich durch das Anfallsleiden mit häufigen cerebralen Krampfanfällen bedingt. Die Anfälle träten in allen Lebenssituationen ohne besondere zeitliche Häufung auf.

Mit Bescheid vom 18. Januar 2024 (vgl. Bl. 3654 VerwAkte) gewährte der Ag. erhöhte Pflegezulage nach § 35 Abs. 2 BVG in Höhe von 6.824,62 €.

Mit weiterem Bescheid vom 1. Februar 2024 (vgl. Bl. 3666 VerwAkte) wurde für die Zeit vom 14. Januar 2024 bis 23. Januar 2024 eine ergänzende Leistung bei Pflegebedürftigkeit nach §§ 74 und 75 SGB XIV unter dem Vorbehalt der Entscheidung der vorrangig zuständigen Pflegekasse über die Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XI in Höhe von 5.678,01 € für die Verhinderungspflege durch Herrn H1 gewährt. Der Erstattungsbetrag werde letztmalig an Herrn H1 direkt überwiesen, ab Februar 2024 würden die Kosten der Verhinderungspflege mit 5.000 € monatlich abschlägig gezahlt.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass mit dem Inkrafttreten des SGB XIV bei einem Anspruch auf „schädigungsbedingte Pflegebedürftigkeit“ Leistungen nur nach den Vorschriften des 7. Kapitels des SGB XIV gezahlt werden dürften, vorrangige Leistungsträger seien die Pflegekassen. Bisher sei nicht nachgewiesen worden, inwieweit die Pflegekasse Leistungen zur Verhinderungspflege nach dem 4. Kapitel des SGB XI für den Monat Januar 2024 übernommen habe. Dies sei nachzuholen und der Bescheid der Pflegekasse (DAK) vorzulegen. Deshalb würden die Kosten der Verhinderungspflege nur unter Vorbehalt übernommen. Die endgültige Abrechnung erfolge nach Vorlage des Abrechnungsbeleges der Pflegekasse.

Mit Schreiben vom 1. Februar 2024 wies der Ag. den As. bzw. dessen Betreuerin darauf hin, dass ab dem 1. Januar 2024 die Pflegekosten zunächst mit der Pflegekasse abzurechnen seien und lediglich die nicht gedeckten schädigungsbedingten Pflegekosten erstattet werden könnten.

Die E1 teilte mit Schreiben vom 6. Februar 2024 mit, dass eine neue Preisvereinbarung mit den Pflegekassen für die persönliche Assistenz abgeschlossen worden sei, der Stundensatz für die ergänzende Hilfe belaufe sich nunmehr auf 39,39 € statt zuvor 29,48 €. Daneben fielen pro Hausbesuch 5,25 € Wegekosten, 3,34 € Sonn- und Feiertagszuschlag und 3,26 € Nachtzuschlag an.

Gegen den Bescheid vom 1. Februar 2024 erhob der As. Widerspruch und machte geltend, dass die monatlichen Leistungen der Assistenz für 24 Stunden nicht als solche der Pflege im Sinne der gesetzlichen Pflegeversicherung zu verstehen seien. Häusliche Pflegeperson sei nur die Mutter, die Leistungen des Herrn H1 dienten der Deckung des Bedarfs an Assistenzstunden und seien keine Verhinderungspflege im Sinne des SGB XI. Herr H1 sei deshalb angewiesen worden, bei künftigen Rechnungen das Wort „Verhinderung“ nicht mehr zu benutzen, das gleiche gelte für die E1, die diesen Begriff noch nie verwendet habe. Ein Antrag entsprechend § 74 SGB XIV auf Auszahlung des Pflegegeldes sei ebenso gestellt worden wie ein solcher auf Verhinderungspflege.

Mit Schreiben vom 29. Februar 2024 setzte der Ag. die Pflegekasse von der Erbringung laufender Pflegeleistungen nach dem BVG in Kenntnis, wies auf die Änderung der Rechtslage zum 1. Januar 2024 hin und bat um Abschriften der Entscheidungen über Pflegeleistungen.

Mit weiterem Schreiben vom 29. Februar 2024 richtete der Ag. eine Anfrage an die E1 hinsichtlich der konkreten Leistungen/Tätigkeiten zur Prüfung einer weiteren Kostenübernahme und gleichzeitig wurde der As. – über den bevollmächtigen Rechtsanwalt – zur Darlegung aufgefordert, welche Tätigkeiten von Herrn H1 verrichtet würden.

Ausweislich des Telefonvermerks vom 6. Mai 2024 teilte die Pflegekasse mit, dass in einem Pflegegutachten vom 23. August 2005 eine Pflegestufe 3 festgestellt und diese in den Pflegegrad 5 – ohne erneute Begutachtung – überführt worden sei. Für den Assistenzdienst der E1 werde nur der monatliche Entlastungsbetrag in Höhe von 125 € gezahlt, da es sich vermutlich nicht um einen ambulanten Pflegedienst, sondern eher um eine 24-Stunden Betreuung handele. Für den As. könne eventuell eine Verhinderungspflege für dessen Mutter geltend gemacht werden, diese sei aber auf 42 Tage pro Jahr beschränkt. Die Mutter des As. könne auf entsprechenden Antrag das Pflegegeld nach Pflegegrad V erhalten.

Seitens der E1 wurde telefonisch angegeben (vgl. Gesprächsnotiz vom 20. Juni 2024, Bl. 3861 VerwAkte), dass die Mutter des As. eine Beantwortung der Anfrage nach der Pflegetätigkeit strikt untersagt habe.

Mit Bescheid vom 26. Juni 2024 gewährte die Pflegekasse – rückwirkend zum 1. Januar 2024 – monatliches Pflegegeld in Höhe von 947,00 € für die Mutter des As., zusätzlich werde ein monatlicher Entlastungsbetrag zur Verfügung gestellt.

Hinsichtlich des Antrages des As. bzw. dessen Mutter auf Kostenübernahme für eine „Drittpflege/Assistenzkraft“ für 39,5 Stunden/Woche wies der Ag. mit Schreiben vom 29. Juli 2024 darauf hin, dass bisher Kosten der Pflegeassistenz für 24-Stunden Betreuung täglich durch die E1 und Herrn H1 erstattet würden. Dies sei seit 2016 der Fall und zugrunde gelegt § 35 BVG aF, wonach lediglich schädigungsbedingte Pflegekosten abgerechnet werden könnten, dass es sich bei den erbrachten Leistungen um die Betreuung und Pflege des As. handele.

Zur Klärung, welche Tätigkeiten im Einzelnen von den Pflegeassistenzkräften erbracht würden, sei mit Schreiben vom 29. Februar 2024 um eine detaillierte Aufstellung der Tätigkeiten des Herrn H1 gebeten, eine entsprechende Anfrage auch an die E1 gerichtet worden. Eine Beantwortung sei nicht erfolgt, um welche Assistenzleistungen es sich handele, sei nicht konkretisiert worden. Ohne diese Angaben könne auch nicht beurteilt werden, welche weiteren Tätigkeiten von einer weiteren Kraft zu erbringen sein sollten. Zudem sei nicht klar dargelegt, ob es sich hierbei um den Einsatz eines mobilen Pflegedienstes, einer Pflegekraft auf der Grundlage eines Pflegevertrages oder lediglich um eine weitere Assistenzkraft, die dann aber ausschließlich pflege, handele.

Über den Antrag könne daher gegenwärtig nicht entschieden werden, unter Hinweis auf § 60 ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) werde um Vorlage der detaillierten und durch Unterschrift der Mitarbeiter bestätigten Angaben zu allen Tätigkeiten binnen vier Wochen gebeten. Ebenso sei zu konkretisieren, in welcher Form bzw. wer die weitere Pflege durchführen solle. Nach der unter dem SGB XIV geltenden Rechtslage sei zunächst die Pflegekasse für die Leistungserbringung zuständig.

Mit Schreiben vom 2. August 2024 teilte die E1 mit, dass sie mit der zuständigen Pflegekasse für die Individuelle Schwerbehindertenassistenz zum 1. Juli 2024 einen Vergütungssatz von 48,39 € statt zuvor 39,39 € vereinbart habe. Die entsprechende Vergütungsvereinbarung wurde vorgelegt (vgl. Bl. 3967 ff. VerwAkte).

Mit Bescheid vom 23. August 2024 setzte der Ag. die monatlichen Versorgungsbezüge des As. neu auf 4.871,00 € fest (vgl. Bl. 3923 VerwAkte).

Mit Schreiben vom 9. September 2024 wurde vom As. darauf hingewiesen, dass die E1 mitgeteilt habe, im September 2024 eine 24-Stunden-Assistenz nicht gewährleisten zu können. Wegen der Engpässe müssten weitere Leistungen gewährt werden. Vorgelegt wurde ein Kostenvoranschlag der „T2“ für eine 24-Stunden Leistungserbringung durch Pflegefachkräfte/Heilerziehungspfleger zu einem Stundensatz von 46,12 €/Stunde (= 1.106,86 € täglich).

Mit Schreiben vom 31. Oktober 2024 teilte Herr H1 eine Anpassung des Stundensatzes ab 1. Dezember 2024 auf 44,00 € inkl. Mehrwertsteuer mit.

Weiter wurde ein Kostenvoranschlag der K1 GmbH für Assistenzdienste durch Fachkräfte mit qualifizierter Fachausbildung für 57,13 € pro Stunde vorgelegt.

Mit Bescheid vom 28. November 2024 lehnte der Ag. den Antrag auf Weitergewährung der Pflegezulage nach § 144 Abs. 1 Nr. 9 SGB XIV in Ausübung des Wahlrechts nach §§ 152, 142 SGB XIV ab. Personen, die bis Dezember 2023 Leistungen nach § 35 Abs. 2 BVG erhalten hätten, erhielten ab 1. Januar 2024 Leistungen nach dem 7. Kapitel des SGB XIV. Ein Wahlrecht nach § 146 Abs. 2 SGB XIV bestehe nicht, da bis Dezember 2023 Leistungen nach § 35 Abs. 2 BVG bezogen worden seien, nicht aber nach § 35 Abs. 1 BVG.

Mit Schreiben vom 29. November 2024 hat der Ag. – unter Hinweis auf §§ 66 ff. SGB I – den As. erneut zur Mitwirkung und detaillierten Darlegung der Assistenzleistungen aufgefordert. Hierzu wurde ausgeführt (vgl. Bl. 4034 VerwAkte), dass die Mitarbeiter keine ausgebildeten Pflegekräfte seien und zu keinem Zeitpunkt Verhinderungspflege bzw. Pflegeleistungen abgerechnet worden seien. Einer Aufstellung der Tätigkeiten der Assistenzkräfte bedürfe es nicht, da von ihnen keine Pflege durchgeführt werde, sie seien lediglich zur Unterstützung der Pflegenden tätig. Die Aufgabe der Assistenzkräfte liege ausschließlich in der Betreuung/Beschäftigung/Beobachtung und Begleitung des As., sowohl außerhalb als auch innerhalb des Hauses, immer körpernah, um bei ständiger Sturz- und Unfallgefahr zupacken bzw. auffangen zu können. Dass sie zwischenzeitlich auch bei Toilettengängen helfen müssten, sei unerheblich.

Mit Bescheid vom 10. Februar 2025 gewährte der Ag. eine ergänzende Leistung nach §§ 75 ff. SGB XIV in Höhe von 2.25,04 € und führte zur Begründung aus, dass die Pflegekasse Pflegegeld in Höhe von 990,00 € gewähre, welches anzurechnen sei. Bis einschließlich Dezember 2024 habe Herr H1 einen Tagessatz von 530,16 € in Rechnung gestellt. Ausgehend von einem Einsatz über 24 Stunden errechne sich ein Stundesatz von 22,09 €. Der nunmehr in Rechnung gestellte Tagessatz von 1.056 € zuzüglich Mehrwertsteuer stelle eine Erhöhung um 199,15% dar. Bis zur Klärung, ob die Erhöhung der Stundensätze des privaten Anbieters als angemessen anzusehen sei und welche Tätigkeiten/Mehrleistung dies beinhalte, würden pro Einsatz 538,08 € erstattet. Der Bescheid ergehe bis zur abschließenden Klärung unter Vorbehalt.

Mit Schreiben vom 12. Februar 2025 wies der Ag. darauf hin (vgl. Bl. 4081 VerwAkte), dass für zugelassene Pflegedienste die Kosten in der Höhe als angemessen gölten, soweit diese auf Basis von Versorgungsverträgen nach §§ 71, 72 SGB XI erhoben würden. Dies sei bei den Leistungen der E1 der Fall. Sofern Geschädigten private (nicht zugelassene) Pflegeassistenzkräfte beschäftigten, würden als angemessen die Vergütungssätze nach den Arbeitsvertragsrichtlinien des Deutschen Caritasverbandes gelten. Für die Feststellung der Angemessenheit sei die Unterscheidung in Arbeitsstunden, Bereitschaftszeiten und Nachtbereitschaftszeiten mit jeweiliger Stundenvergütung notwendig. Detaillierte Abrechnungsunterlagen seien einzureichen. Weiter sei der mit Herrn H1 geschlossene Arbeitsvertrag und die Vertragsänderung zur Erhöhung der Vergütung vorzulegen. Hierzu nahm der As. mit Schreiben vom 19. Februar 2025 Stellung. Mit Schreiben vom 5. März 2025 forderte der Ag. bei Herrn H1 eine Leistungsbeschreibung an.

Mit Bescheid vom 7. März 2025 wurden für die vom 1. bis 28. Februar 2025 erbrachten Leistungen unter Vorbehalt der Prüfung der Angemessenheit des Betrages 9.938,83 € gewährt.

Die E1 teilte mit, dass der Vertrag mit dem As. zum 31. März 2025 gekündigt worden sei.

Am 13. März 2025 hat der As. die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bei dem Sozialgericht Stuttgart (SG) beantragt und die Verpflichtung des Ag. begehrt, die für die 24stündige Versorgung notwendigen Kosten von monatlich 37.699,20 € gemäß dem Angebot der „Selbst-organisierte Assistenz 24 Stunden H2“ vom 25. Februar 2025 jeweils zum Monatsersten im Voraus zu gewähren.

Der Ag. ist dem Antrag entgegengetreten und hat ausgeführt, dass es an einer Rechtsgrundlage für eine Leistungserbringung im Voraus fehle, vielmehr sehe § 76 SGB XIV nur eine Kostenerstattung vor. Soweit der Geschädigte nach Rechnungseingang weder in Eigenleistung treten, noch seinen Erstattungsanspruch abtreten wolle, habe er lediglich einen Anspruch auf pflichtgemäße Ermessensausübung (§ 42 SGB I). Nach dem jetzigen Vortrag sei unklar, welche Leistung Herr H1 überhaupt erbringe. Die Leistungen des Herrn H1 seien bislang mit 538,08 € am Tag durchaus erstattet, die deutliche Vergütungserhöhung sei bislang nur pauschal begründet worden.

Die bei der Anspruchsfestsetzung erfolgte Berücksichtigung des Pflegegeldes finde ihre Grundlage in § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB XIV und eröffne keinen Entscheidungsspielraum. Eine Eilbedürftigkeit bestehe nicht. Es treffe nämlich schon nicht zu, dass die E1 aus Kapazitätsgründen keine Leistungen mehr erbringe, sondern dies beruhe auf einer Entscheidung des As.. Dieser habe auch seine wirklichen Einkommensverhältnisse nicht dargelegt, da er jeden Monat mehr als 12.000 € vom Ag. erhalte. Eine Gefährdung der Existenz sei daher nicht glaubhaft gemacht.

Das SG hat am 11. April 2025 eine nichtöffentliche Sitzung durchgeführt (vgl. Protokoll), in der für den As. erklärt wurde, dass zwei Wohnsitze unterhalten würden, zwischen denen gependelt werde. Die Leistungen der E1 und des Herrn H1 seien bisher dort erbracht worden, wo sie sich gerade aufgehalten hätten. An beiden Standorten sei ein Zimmer für die Assistenzkräfte vorhanden.

Auf den Einwand des Ag., dass keine Erläuterung zur Abrechnung des Herrn H1 und der Verdopplung des Stundensatzes vorliege, ist für den As. erklärt worden, dass der Mitarbeiter der E1, der bislang die Leistung ausgeführt habe, Herr A1, bei der E1 nicht mehr so zufrieden gewesen sei und nur für den As. dadurch habe weiter arbeiten können, dass er jetzt für Herrn H1 als Subunternehmer tätig sei.

Auf den Einwand des Ag., dass es sich um ein Arbeitgebermodell handele, hat die Mutter des As. angegeben, dass nicht als Arbeitgeber aufgetreten werde. Herr H1 und Herr A1 leisteten wie bisher, vor dem 1. Januar 2025, eine 24-Stunden-Betreuung. Der Bedarf sei so, wie er damals 2023 ermittelt worden sei. Es habe sich nichts verändert. Herr H1 und Herr A1 seinen keine anerkannten Fachkräfte, Herr A1 sei Subunternehmer von Herrn H1.

Mit Beschluss vom 17. April 2025 hat das SG den Ag. im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem As. vorläufig bis einschließlich September 2025 einen monatlichen Zuschuss in Höhe von 36.709,20 € ab April 2025 als Vorschuss, ab Mai 2025 jeweils zum Monatsersten zu zahlen. Im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt.

Anspruchsgrundlage für einen Anspruch auf Vorschusszahlung sei § 42 Abs. 1 Satz 1 SGB I. Der As. bedürfe, was unstreitig sei, einer 24-Stunden-Betreuung. Ob der As. diesen Anspruch nach § 76 SGB XIV als Leistung bei Pflegebedürftigkeit habe und/oder nach den §§ 66 Abs. 1, 68 Abs. 2 SGB XIV i. V. m. § 64f Abs. 3 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) als Leistungen der Eingliederungshilfe, wofür es erheblicher Ermittlungen bedürfe, könne deshalb offenbleiben, weil der Ag. jedenfalls im Außenverhältnis zu dem As. für sämtliche Leistungen zuständig sei. Die Durchführung einer Bedarfsermittlung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens sei im Eilverfahren nicht durchführbar. Dies müsse dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Allerdings sei die Einholung eines Sachverständigengutachtens, das sowohl den Eingliederungshilfebedarf als auch den Bedarf an Pflegeleistungen erhebe, nach Ansicht der Kammer unerlässlich, zumal ein aktuelles Pflegegutachten nicht vorliege. Im Rahmen der Bedarfsermittlung durch den Ag. im Verwaltungsverfahren sei etwa eine Hospitation über ein oder zwei Tage in der Häuslichkeit des As. in Betracht zu ziehen.

Das Urteil des VG vom 24. Februar 2023 stehe einer Leistungsgewährung nach dem Recht der Eingliederungshilfe nicht entgegen, da sich diese Entscheidung ausschließlich auf die nicht mögliche Erfüllung der Aufgaben der Eingliederungshilfe nach § 90 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) durch Besuch der Tagesförderstätte bezogen habe. Eine gänzliche Versagung von Teilhabeleistungen sei mit dem verfassungsrechtlich verankerten Schutz der Menschenwürde unvereinbar.

Bis Dezember 2024 habe der Ag. die Kosten für eine 24-Stunden-Betreuung in voller Höhe übernommen bzw. erstattet. Allein aufgrund des Ausscheidens eines Leistungserbringers und der vollständigen Übernahme durch den zuvor bereits seit 2015 auch tätigen Herrn H1 habe der Ag. sich veranlasst gesehen, die Kosten nicht mehr vollständig zu übernehmen. Dies sei ohne Erfüllung der dem Antragsgegner obliegenden Aufklärungs- und Beratungspflichten wie Gewährleistung einer entsprechenden Übergangszeit für den As. zur Neuorganisation der 24-Stunden-Betreuung in einer dem SGB XIV entsprechenden Weise nicht hinnehmbar, da hierdurch die Versorgung des As. akut gefährdet werde. Alternativ wäre der Ag. im Rahmen seines Sicherstellungsauftrages verpflichtet gewesen, dem As. die Leistungen als Sachleistung zur Verfügung zu stellen.

Deshalb könne sich der Ag. auch nicht erstmals im Eilverfahren darauf berufen, dass ein Arbeitgebermodell nicht vorliege und die Kosten des Herrn H1 eigentlich gar nicht zu erstatten seien. Der Ag. habe einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen, dass das mit Herrn H1 vereinbarte Dienstleistungsmodell den gesetzlichen Regelungen entspreche. Denn der Ag. habe die Leistungserbringung und Abrechnung des Herrn H1 seit 2015 zu keiner Zeit in Frage gestellt. Erstmals mit Einführung des SGB XIV habe der Ag. das gewählte Modell beanstandet, wobei sich eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen nur insoweit ergeben habe, als dass der As. keine Tagesförderstätte mehr besuche, der E1 aus der Versorgung ausgeschieden ist und Herr H1 diese Versorgungslücke durch den Einsatz von Herrn A1 als Subunternehmer gewährleiste. Jedenfalls bis zu einer anderweitigen Regelung nach Aufklärung und Beratung durch den Ag., ggf. durch Vereinbarung eines Persönlichen Budgets (§ 26 Abs. 3 Nrn. 2, 3 SGB XIV) müssten die Regelungen zum Arbeitgebermodell Anwendung finden. Dabei komme es nicht darauf an, ob es sich bei den Herren H1 wie A1 um Fachkräfte handele und ob Herr H1 Verträge mit den Pflegekassen oder den Trägern der Eingliederungshilfe geschlossen habe.

Ob die von Herrn H1 seit Januar 2025 veranschlagten Kosten erforderlich und angemessen seien oder ob die für Arbeitsverträge geltenden Grundsätze Anwendung fänden, bleibe der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten. Die Höhe der abgerechneten Kosten für die Tätigkeit von nunmehr zwei Personen stoße nicht von vornherein auf Bedenken. Dies gelte auch, nachdem versorgungsärztlich schon im August 2011 festgestellt worden sei, dass es mindestens vier Vollzeitpflegekräften bedürfe. Auch lägen die Kosten unter denen der vorgelegten Alternativangeboten, weitere Alternativen habe der Ag. nicht aufgezeigt.

Da dem Gericht eine umfassende Bedarfsfeststellung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens in angemessener Zeit nicht möglich sei, habe eine Folgenabwägung zu erfolgen. Der As. sei auf eine 24-Stunden-Betreuung angewiesen. Die vom As. aufgewandten Kosten nach dem Ausscheiden der E1 seien nachvollziehbar und der Höhe nach nicht gänzlich aus der Luft gegriffen. Zudem bestehe die Schwierigkeit, auf dem Arbeitsmarkt überhaupt geeignete Betreuungskräfte zu finden. Die im Ergebnis vom Ag. verlangte Suche sei zeitintensiv, längere Suchzeiten seien bekannt. Hierauf könne der As. nicht verwiesen werden, da sonst die Gefahr bestehe, dass er nicht versorgt werde.

Ein Anordnungsgrund bestehe, nach unter Beibehaltung des monatlichen Vorschusses von 7.000 € gegenüber den kalkulierten Ausgaben von 37.699,20 € eine finanzielle Unterdeckung entstünde, die der As. mit den ihm vorhandenen Mitteln nicht weiter bewerkstelligen könne, sodass Herr H1 und Herr A1 ihre Arbeit nicht (weiter) erledigten. Dies führe zu nicht wieder gut zu machenden Nachteilen für den As.. Das Pflegegeld sei allerdings, jedenfalls für die Leistungen bei Pflegebedürftigkeit, nach § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB XIV anzurechnen, weshalb der Antrag nicht in vollem Umfang habe Erfolg haben können und im Übrigen abzulehnen gewesen sei. Da der Zeitraum, innerhalb deren die angefochtenen Bescheide bestandskräftig würden, nicht absehbar sei, sei eine einstweilige Anordnung nur für einen Zeitraum von sechs Monaten zu treffen gewesen.

Am 7. Mai 2025 hat der Ag. Beschwerde beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhoben. Der Beschluss sei schon deshalb rechtswidrig, da sich das SG auf § 42 Abs. 1 Satz 1 SGB I stütze und dabei verkenne, dass es sich um eine Ermessensvorschrift handele. Wenn überhaupt habe sich die Verpflichtung auf § 42 Abs. 1 Satz 2 SGB I stützen lassen. Das SG gehe schon fälschlich davon aus, dass es sich um existenzsichernde Leistungen handele, vielmehr lägen nur bereitschaftsmäßige Assistenzleistungen vor. Die eigentliche Hauptleistung bestehe aus täglich circa 180 Minuten Grund- und 30 Minuten Behandlungspflege.

Der As. habe in der nichtöffentlichen Sitzung ausdrücklich erklärt, dass der Bedarf so sei, wie er 2023 ermittelt worden wäre und dass sich nichts verändert habe. Es sei daher unverständlich, wenn das SG auf die Notwendigkeit eines aktuellen Pflegegutachtens abstelle. Es sei inhaltlich nicht überzeugend, im summarischen Verfahren die Erkenntnisse eines gerade einmal vor zwei Jahren durchgeführten Hausbesuchs für nicht aktuell zu halten, dann aber aus einer vor knapp 14 Jahren abgegebenen Stellungnahme zum damaligen Pflegebedarf Rückschlüsse auf eine vermeintliche Angemessenheit der Kosten ziehen zu wollen. Das Ausmaß der Hilflosigkeit bzw. Pflegebedürftigkeit stehe offensichtlich einem Pendeln zwischen W2 und F1 (über 200 km einfache Strecke) nicht entgegen.

Unzutreffend sei, dass nur wegen des Ausscheidens der E1 die Kosten nicht mehr vollständig übernommen würden. Die E1 sei nicht quasi vom Markt weggefallen oder habe aus Kapazitätsgründen gekündigt. Es sei vielmehr der Pflegeassistent A1 gewesen, der von der E1 nicht rund um die Uhr als Arbeitnehmer habe eingesetzt werden können und sich daher beruflich umorientiert habe. Dass der As. auf diesen nicht verzichten wolle, sei ihm unbenommen. Wenn insoweit aber Leistungen über 538,08 € hinaus gewährt werden sollten, bedürfe es einer Begründung. Das Wunsch- und Wahlrecht nach § 8 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) sei nur beim „Wie“ zu berücksichtigen, erweitere aber das „Was“ (Erforderlichkeit und Angemessenheit der Kosten) nicht.

Das allein Herr H1 und Herr A1 für die Eingliederung und Teilhabe des As. in Frage kämen, unterstelle das SG pauschal, ohne dass irgendwelche Anhaltspunkte dafür bestünden, dass es keine Alternativen gebe. Nachdem sich das Schädigungsleiden durch Wegfall der psychoreaktiven Störung gebessert habe, sei nicht davon auszugehen, dass der As. nicht imstande sei, sich auf andere Personen oder Umstände einzulassen oder etwaige Umgewöhnungsschwierigkeiten zu überwinden. Das Vorliegen solcher Gründe werde nicht einmal vom As. behauptet.

Die Eingangsvoraussetzung für einen Zuschuss nach § 42 SGB I, nämlich der von der Erforderlichkeit und Angemessenheit abhängige Grundanspruch auf weitergehende als die bislang anerkannten Pflegeleistungen nach § 76 SGB XIV, sei nicht erfüllt und damit kein Anordnungsanspruch vorhanden. Dessen Fehlen erkläre die vergleichsweise lange Dauer der nichtöffentlichen Sitzung.

Eine Eilbedürftigkeit bestehe nicht, da zum einen der As. durch die Mutter versorgt werde und zum anderen monatliche Leistungen in fünfstelliger Höhe monatlich zur Verfügung gestellt würden.

Der Antragsgegner beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 17. April 2025 aufzuheben und den Antrag abzulehnen.

Der Antragsteller beantragt,

            die Beschwerde des Antragsgegners zurückzuweisen.

Der Ag. berufe sich auf die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 20. Februar 2023 und darauf, dass sich seitdem nichts verändert habe, insbesondere tatsächlich sein Bedarf nicht, deshalb seien die Feststellungen weiter zu berücksichtigen. Von einer eigentlichen Hauptleistung von 180 Minuten und circa 30 Minuten Behandlungspflege, wie der Ag. dreist den Bedarf herabsetze, sei nicht auszugehen. Es bedürfe einer ununterbrochenen Aufsicht und Begleitung, wobei nicht unerwähnt bleiben dürfe, dass der Bedarf von der Versorgungsärztin nur geschätzt worden sei und die Mutter sechs Stunden angegeben habe, ohne dass dies berücksichtigt worden sei.

Wider besseren Wissens trage der Ag. vor, dass eine ununterbrochene Personalabdeckung durch die E1 möglich gewesen sei, da die Personalausfälle bekannt seien. Dem Ag. sei mitgeteilt worden, dass die E1 für September 2024 an 13 Tagen keine durchgehende Assistenz habe sicherstellen können. Die Bemühungen um weitere Dienstleister habe der Ag. gekonnt ignoriert und somit durch sein Nichtstun die Eilbedürftigkeit wegen drohender Unterversorgung erst verursacht. Eine Genehmigung der Kostenvoranschläge sei ebenso wenig erfolgt, wie das Aufzeigen von Alternativen. Bis heute habe der Ag. keinen Vorschlag eines qualifizierten, alternativen Angebots unterbreitet. Dies sei umso unverständlicher, wenn man die Kosten der E1 von 49,00 € zuzüglich Zulagen und den Stundensatz des Herrn H1 gegenüberstelle.

Völlig konträr behaupte der Ag. nunmehr, dass er – der As. – nun imstande sei, sich auf andere Personen oder Umstände einzulassen. Schließlich sei es der Ag. gewesen, der die Leistungen in der Tagesförderstätte beendet und behauptet habe, dass sich der Gesundheitszustand derart verschlechtert habe, dass eine Teilnahme an den Angeboten der Tagesstätte nicht mehr möglich gewesen sei. Der Höherstufung zum Pflegebedarf habe man im Jahr 2023 aber nicht zustimmen können. Allein durch die Nichtmitwirkung und überlange Bearbeitungszeit drohe akute Gefahr für Leib und Leben.

Nicht unerwähnt bleiben dürfe, dass seine Mutter mittlerweile 81 Jahre alt sei und die notwendige Hilfestellung bereits aus rein alter- und körperlichen Gründen nicht mehr alleine sicherstellen könne. Wenn keine zusätzliche Assistenzkraft vor Ort sei, bestehe erhebliche Sturzgefahr. Im Falle eines Sturzes könne seine Mutter ihn schlicht nicht auffangen. Dieser Umstand sei dem Ag. seit langer Zeit bekannt, werde aber ignoriert. Bereits im Dezember 2023 sei ein Antrag auf Erhöhung des Betreuungsschlüssels gestellt worden.

Entgegen der Annahme des Ag. dürfe das Wunsch- und Wahlrecht des § 8 SGB IX nicht nur beim „Wie“ berücksichtigt werden. Berechtigte Wünsche ergäben sich bereits daraus, dass es zu Ausfällen und wiederholter Unzuverlässigkeit seitens der E1 gekommen sei.

Wenn der Ag. weiterhin die Übernahme der Kosten, die faktisch anfielen, bei anderen in Anspruch genommenen Dienstleistern sogar noch exorbitant höher wären, verweigere, sei niemand da, der in adäquater Weise als Hilfe zur Seite stehe. Es werde eine Bedrohung für Leib und Leben ausgelöst. Die gesetzliche Betreuungsleistung seiner Mutter habe mit einer akuten, täglichen 24stündigen Versorgung im Rahmen von Assistenzleistungen nichts zu tun. Sein Bruder sei in die Versorgung gar nicht eingebunden, dieser unterstütze nur bei den Aufgaben eines gesetzlichen Betreuers.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakte Bezug genommen.




II.

Die form- und fristgerecht (§ 173 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Beschwerde des Ag. ist statthaft (§ 172 Abs. 1 SGG), auch im Übrigen zulässig und begründet.

Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der Beschluss des SG vom 17. April 2025, mit dem der Ag. im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet worden ist, vorläufig bis einschließlich September 2025 einen monatlichen Zuschuss in Höhe von 36.709,23 € ab April 2025 als Vorschuss, ab Mai 2025 jeweils zum Monatsersten zu zahlen. Soweit das SG den Antrag im Übrigen abgelehnt hat, ist vom As. keine Beschwerde eingelegt worden.

Die Begründetheit der Beschwerde folgt aus der Unbegründetheit des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz. Dem As. steht weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund zur Seite, sodass das SG dem Antrag nicht überwiegend hätte entsprechen dürfen, sondern ihn hätte insgesamt ablehnen müssen.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). In beiden Fällen ist Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes. Dabei bezieht sich der Anordnungsanspruch auf den im Hauptsacheverfahren streitigen Anspruch und damit auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Der Anordnungsgrund betrifft die Frage der Dringlichkeit oder Eilbedürftigkeit und stellt damit den Grund für den einstweiligen Rechtsschutz dar. Als Anordnungsgrund verlangt das Gesetz für die Sicherungsanordnung eine Gefahr für die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG) und für die Regelungsanordnung die Abwendung wesentlicher Nachteile (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Es muss ein gewichtiges Interesse des Antragstellers vorliegen, aufgrund dessen es ihm nicht zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Die Tatsachen, die den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch begründen sollen, sind darzulegen und glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]).


Die Anforderungen an das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs wie auch eines Anordnungsgrundes dürfen im Hinblick auf die aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG abgeleitete Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes gemessen an der drohenden Rechtsverletzung nicht überspannt werden (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Kammerbeschluss vom 10. März 2022 – 1 BvR 484/22 –, juris, Rz. 5). Die Gerichte haben daher vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, wenn sonst dem Antragsteller eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Rechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonderes gewichtige Gründe entgegenstehen (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 16. Mai 1995 – 1 BvR 1087/91 –, BVerfGE 93, 1 <15>, juris, Rz. 28). Die Entscheidungen dürfen sowohl auf eine Folgenabwägung wie auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Hierbei ist dem Gewicht der in Frage stehenden und gegebenenfalls miteinander abzuwägenden Grundrechte Rechnung zu tragen, um eine etwaige Verletzung von Grundrechten nach Möglichkeit zu verhindern (BVerfG, Beschluss vom 13. April 2010 – 1 BvR 216/07 –, BVerfGE 126, 1 [28], juris, Rn. 64). Jedenfalls in Fällen, in denen ohne Gewährung des einstweiligen Rechtsschutzes keine schweren und unzumutbaren, nicht anders abwendbaren Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr beseitigt werden könnten, ist eine lediglich summarische Prüfung des Anordnungsgrundes und des Anordnungsanspruchs im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes verfassungsrechtlich zulässig (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. Juli 2016 − 1 BvR 1241/16 -, juris, Rz. 11; BVerfG, Kammerbeschluss vom 26. Februar 2024 – 1 BvR 392/24 – juris, Rz. 4 m.w.N.; vgl. auch BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 13. April 2010 – 1 BvR 216/07 –, BVerfGE 126, 1 <28>, juris, Rz. 64).

Ausgehend von diesen Maßstäben ist bereits ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Bei der gebotenen summarischen Prüfung kommen als Rechtsgrundlage für den Anspruch des As. nur die Vorschriften des 7. Kapitels des SGB XIV in Betracht. Denn nach § 146 Abs. 1 SGB XIV erhalten Personen, die Leistungen nach § 35 Abs. 2 und 6 des BVG in der am 31. Dezember 2023 geltenden Fassung erhalten haben – was bei dem As. der Fall war – ab dem 1. Januar 2024 Leistungen nach Kapitel 7.

Nach § 74 SGB XIV erhalten Geschädigte bei schädigungsbedingter Pflegebedürftigkeit im Sinne des Abschnitts 1 Leistungen bei Pflegebedürftigkeit entsprechend dem Vierten Kapitel des Elften Buches (Nr. 1), ergänzende Leistungen bei Pflegebedürftigkeit nach § 75 (Nr. 2) und Leistungen bei Pflegebedürftigkeit im Arbeitgebermodell nach § 76 (Nr. 3).

§ 75 Abs. 1 Satz 1 SGB XIV bestimmt, dass wenn schädigungsbedingte Bedarfe nach § 74 Nr. 1 SGB XIV nur teilweise gedeckt werden, die über die Leistungen des Vierten Kapitels des Elften Buches hinausgehenden, notwendigen und angemessenen Kosten übernommen werden. Dies gilt nach § 75 Abs. 1 Satz 2 SGB XIV unter anderem bei Pflegesachleistungen nach § 36 des Elften Buches (Nr. 1) und bei häuslicher Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson nach § 39 des Elften Buches (Nr. 2). Bei Kombination von Geldleistung und Sachleistung nach § 38 des Elften Buches wird der prozentuale Anteil übernommen, der auf die Sachleistung entfällt, § 75 Abs. 2 SGB XIV.

Diese Voraussetzungen sind bei dem As. nicht ersichtlich. Es bestehen schon keine Anhaltspunkte dafür, dass der As. Pflegesachleistungen bei der Pflegekasse beantragt hätte. Zwingende Voraussetzung für eine Leistung nach § 75 SGB XIV ist jedoch, dass tatsächlich Leistungen im Sinne des § 74 Nr. 1 bezogen werden, was sowohl vom Wortlaut verlangt, als auch in der Gesetzesüberschrift vorausgesetzt wird (vgl. Palsherrn in: juris-PK SGB XIV, 2. Aufl. 2023, § 75 Rz. 13). Auf die Änderung der Rechtslage zum 1. Januar 2024 und die jetzt vorrangigen Leistungen der Pflegeversicherung ist der As. mehrfach hingewiesen worden (vgl. z.B. die Begründung des Bescheides vom 1. Februar 2024). Eine Verletzung von Beratungspflichten, wie das SG meint, ist vor diesem Hintergrund in keiner Weise ersichtlich.

Für den Senat bestehen anhand der aktenkundigen Unterlagen, die im Wege des Urkundsbeweises (§ 118 Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 415 ZPO) verwertet werden, bei summarischer Prüfung keine Zweifel daran, dass es sich bei den von dem As. beanspruchten Leistungen der 24-Stunden-Assistenz um eine Pflegesachleistung im Sinne des § 36 SGB XI handelt. § 36 Abs. 2 SGB XI bestimmt, dass häusliche Pflegehilfe erbracht wird, um Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten des Pflegebedürftigen so weit wie möglich durch pflegerische Maßnahmen zu beseitigen oder zu mindern und eine Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit zu verhindern. Bestandteil der häuslichen Pflegehilfe ist auch die pflegefachliche Anleitung von Pflegebedürftigen und Pflegepersonen. Pflegerische Betreuungsmaßnahmen umfassen Unterstützungsleistungen zur Bewältigung und Gestaltung des alltäglichen Lebens im häuslichen Umfeld, insbesondere bei der Bewältigung psychosozialer Problemlagen oder von Gefährdungen (Nr. 1), bei der Orientierung, bei der Tagesstrukturierung, bei der Kommunikation, bei der Aufrechterhaltung sozialer Kontakte und bei bedürfnisgerechten Beschäftigungen im Alltag (Nr. 2) sowie durch Maßnahmen zur kognitiven Aktivierung (Nr. 3). Zu den pflegerischen Betreuungsmaßnahmen können die Entwicklung und Aufrechterhaltung einer Tagesstruktur, Unterstützungsleistungen zur Einhaltung eines Tag-/Nachtrhythmus, die Unterstützung bei der räumlichen und zeitlichen Orientierung, die Unterstützung bei Hobby und Spiel, z.B. beim Musikhören, Zeitunglesen, Betrachten von Fotoalben, Gesellschaftsspiele-Spielen, Spaziergänge in der näheren Umgebung, Ermöglichung des Besuchs von Verwandten und Bekannten sowie Begleitung zum Gottesdienst gehören (vgl. Sieper in: Krauskopf, Soziale Kranken-/Pflegeversicherung, 122. Ergänzungslieferung, § 36 Rz. 15a unter Verweis auf BT-Drs. 18/5926, 120; BT-Drs. 18/6688, 140; vgl. zur Rechtslage unter Geltung des vormaligen Pflegebedürftigkeitsbegriffes bereits BSG, Urteil vom 12. Mai 2017 – B 8 SO 12/16 R –, juris, Rz. 24).

Hiervon ausgehend folgt aus den versorgungsärztlichen Darlegungen der W1, dass diese einen 24stündigen Überwachungsbedarf ausdrücklich bezogen auf die cerebralen Krampfanfälle gesehen hat. Das wird durch ihren Hinweis untermauert, dass an die Pflegepersonen besondere Anforderungen aufgrund der häufigen cerebralen Krampfanfälle zu stellen sind und dass diese Krampfanfälle ohne besondere zeitliche Häufung wie in allen Lebenslagen auftreten. Diese Darlegungen können nicht anders verstanden werden, als dass der 24stündige Überwachungsbedarf der medizinischen Situation geschuldet ist und es deshalb der Unterstützung durch Pflegekräfte bedarf. Die Assistenzleistungen hat die Versorgungsärztin lediglich im Hinblick auf Spaziergänge und Autofahrten für erforderlich gehalten, was keinen 24stündigen Bedarf allein hierfür plausibel erscheinen lässt. Somit muss davon ausgegangen werden, dass bei dem As. ein 24stündiger Betreuungsbedarf aus gesundheitlichen Gründen gesehen worden ist, in dessen Rahmen begleitete Spaziergänge etc. zu unternehmen sind.

Aus Vorstehendem folgt gleichzeitig, dass es nicht überzeugen kann, wenn der As. – bzw. dessen Mutter – nachhaltig der Auffassung ist, durch die E1 bzw. Herrn H1 würden keine Pflegeleistungen erbracht. Wie dargelegt ist es in keiner Weise nachvollziehbar, eine 24-Stunden-Assistenz für Spaziergänge u.ä. vorzuhalten. Die Hilfeleistung zur Vermeidung von Stürzen und Aspiration ist ersichtlich den pflegerischen Bereich zuzuordnen, wie auch die versorgungsärztlichen Ausführungen zu verstehen sind (vgl. oben).

Abgesehen davon, dass der As. eine entsprechende Pflegesachleistung – auch ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt, dass eine solche nicht vorliege – schon gar nicht beantragt hat, bestimmt § 36 Abs. 4 Satz 2 SGB XI, dass häusliche Pflegehilfe durch geeignete Pflegekräfte erbracht wird, die entweder von der Pflegekasse oder bei ambulanten Pflegeeinrichtungen, mit denen die Pflegekasse einen Versorgungsvertrag abgeschlossen hat, angestellt sind. Auch durch Einzelpersonen, mit denen die Pflegekasse einen Vertrag nach § 77 Abs. 1 abgeschlossen hat, kann häusliche Pflegehilfe als Sachleistung erbracht werden. Pflegesachleistungen dürfen damit nur durch geeignete professionelle Pflegekräfte erbracht werden. Die Vorschrift verfolgt Ziele der Qualitätssicherung und bringt das Leitbild der professionellen Pflege zum Ausdruck. Eine Leistungserbringung durch Subunternehmer oder freie Mitarbeiter eines ambulanten Pflegedienstes scheidet regelmäßig aus, Einzelpersonen bedürfen eines Vertrages nach § 77 SGB XI, in dessen Zuge die geforderte Eignung bei Vertragsschluss zu prüfen und sicherzustellen ist. Andere Pflegekräfte sind unabhängig von ihrer Qualifikation von der Erbringung der häuslichen Pflegehilfe zulasten der Pflegekasse ausgeschlossen (vgl. Sieper, a.a.O., § 36 Rz. 20 ff.). Dass Herr H1 und Herr A1 die Voraussetzungen des § 36 Abs. 4 Satz 2 SGB XI nicht erfüllen, ist in der nichtöffentlichen Sitzung vom As. nochmals dargelegt worden. Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass schon mit Bescheid vom 9. Juni 2023 – unter Geltung des § 35 Abs. 2 BVG – ausgeführt worden ist, dass die Leistungserbringung durch zugelassene Träger erfolgen muss, sodass dieser Umstand dem As. bekannt gewesen ist und der Ag. nicht etwa, wie das SG meint, erst unter Geltung des SGB XIV zu einer anderen Beurteilung gelangt ist.

Daneben ermöglicht § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB XIV eine Erstattung von erforderlichen und angemessenen Kosten, wenn Geschädigte die häusliche Pflege durch von ihnen beschäftigte besondere Pflegekräfte auf Grundlage eines Arbeitsvertrages sicherstellen (Arbeitgebermodell). „Besonders“ ist die Pflegekraft nach dieser Vorschrift insofern, als es nicht, wie ansonsten in der häuslichen Pflege bei Pflegenden im Arbeitnehmerstatus vorgesehen, um eine Pflegesachleistung von professionellen Pflegekräften geht (vgl. Palsherrn in: jurisPK-SGB XIV, 2. Aufl. 2023, § 76 Rz. 15). Der fehlende Versorgungsvertrag wäre hiernach somit unschädlich und eine Erstattung der Kosten des Herrn H1 dem Grunde nach möglich. Das Vorliegen eines solchen Arbeitgebermodells, von dem der Ag. wohl ausgegangen zu sein scheint, ist von der Mutter des As. aber in der nichtöffentlichen Sitzung ausdrücklich verneint worden, sodass die Voraussetzungen dieser Vorschrift ebenfalls nicht erfüllt sind. Weshalb sich der As. eines solchen Modells, in dessen Rahmen die von ihm begehrte Kostenübernahme jedenfalls dem Grunde nach möglich wäre, verschließt, ist nicht nachvollziehbar, aber deshalb nicht entscheidungserheblich, da ein entsprechender Vertrag tatsächlich nicht existiert und deshalb Leistungen ausscheiden.

Da bei dem Arbeitgebermodell das Arbeitsrechtsverhältnis zwischen der Pflegekraft und der zu pflegenden Person begründet wird, hat der Pflegende weder einen eigenen Zahlungsanspruch gegen den Träger der Sozialen Entschädigung, noch kann er Rechte des Pflegebedürftigen im eigenen Namen geltend machen (vgl. Palherm in: juris-PK SGB XIV, 2. Aufl. 2023, § 76 Rz. 16). § 76 SGB XIV gewährt lediglich einen Erstattungsanspruch hinsichtlich der erforderlichen und angemessenen Kosten. In diesem Zusammenhang bietet die Aktenlage Veranlassung zu dem Hinweis, dass der Ag., soweit er seine Entscheidungen auf einen Kostenerstattungsanspruch stützt, zu prüfen haben dürfte, inwieweit seine jeweils auf abgeschlossene Leistungszeiträume bezogenen Leistungsentscheidungen die Voraussetzungen des § 86 SGG erfüllen und deshalb kraft Gesetzes Gegenstand des laufenden Widerspruchsverfahrens werden können.

Es kommt somit auf die Frage der Erforderlichkeit und Angemessenheit der Kosten nicht entscheidungserheblich an. Lediglich ergänzend weist der Senat allerdings darauf hin, dass die E1 offensichtlich über eine Vergütungsvereinbarung mit den Pflegekassen verfügte, sodass deren Leistungen im Rahmen des § 36 SGB XI erstattungsfähig gewesen sind, was bei Herrn H1 nach eigenem Vorbringen des As. nicht der Fall ist. Entgegen der Ausführungen des SG hat damit nicht lediglich ein Wechsel im Leistungserbringer stattgefunden, sondern die Leistungen werden nunmehr ausschließlich durch nicht zugelassene Leistungserbringer erbracht, sodass die Voraussetzungen des § 36 SGB XI schon deshalb nicht erfüllt sind (vgl. oben). Dass der Ag. bei seinen Vergleichsberechnungen nicht beachtet, dass die neuen Vergütungsvereinbarungen der E1 auch einen Stundensatz von rund 50 € pro Stunde zuzüglich Pauschalen vorgesehen haben und es damit auch hier zu einer deutlichen Kostensteigerung gekommen wäre, kann dahinstehen.

Hinzuweisen ist allerdings darauf, dass der Ag. gehalten ist, die Erforderlichkeit und Angemessenheit der Kosten zu prüfen, was denknotwendig voraussetzt, dass ihm entsprechende Informationen zur Verfügung gestellt bzw. zugänglich gemacht werden. Es ist daher nicht nachvollziehbar, wenn der Leistungsträger – hier die E1 – vom As. angewiesen wird (vgl. die entsprechenden Telefonvermerke), keine Informationen an den Ag. weiterzugeben bzw. wenn solche Informationen – wie im Falle des Herrn H1 – erst gar nicht zur Verfügung gestellt werden. Daneben bestehen in der Pflegeversicherung auch im ambulanten Bereich Regelungen zur Pflegedokumentation, da dieser ein hoher Stellenwert als unverzichtbare Informationsquelle für alle am Pflegeprozess Beteiligten zugemessen wird. Denn nur mit einer guten Pflegedokumentation ist es möglich, den zu einem bestimmten Zeitpunkt erreichten Pflegezustand zu beschreiben und ein Pflegeziel zu formulieren (vgl. Altmiks in: jurisPK-SGB XI, 4. Aufl. 2024 2024, § 113 Rz. 90). Dass eine solche im Falle des As. offensichtlich überhaupt nicht vorliegt, ist daher ebenso wenig nachvollziehbar, wie dass von Herrn H1 nicht einmal Nachweise über die einzelnen Einsätze vorgelegt worden sind. Das Vorbringen des As., dass derartige Dokumentationen in Gänze entbehrlich sein sollen, geht daher deutlich fehl, ganz abgesehen davon, dass die Dokumentation der einzelnen Einsätze auch als Nachweis über die tatsächliche Leistungserbringung dient (!).

In diesem Zusammenhang ist weiter zu berücksichtigen, dass eine entsprechende Dokumentation der Einsätze eine Prüfung dahingehend ermöglichen würde, welcher Personaleinsatz tatsächlich erforderlich ist. Hierzu müsste insbesondere geklärt werden – worauf der Ag. zu Recht hingewiesen hat – welchen Zeitanteil Bereitschaftszeiten ausmachen. Denn nur so kann überhaupt abgeschätzt werden, welche Anwesenheitszeit pro Pflegekraft auch unter Berücksichtigung der Regelungen zur Arbeitszeit in Ansatz gebracht werden kann. Dass ein angeblicher wöchentlicher Bedarf von 7 x 24 Stunden allein mit zwei Personen zu decken sein soll, erscheint schon schwer nachvollziehbar.

Anders als das SG meint, kann der As. aus der anteiligen Leistungsgewährung von Kosten des Herrn H1 keinerlei Ansprüche herleiten und ergibt sich hieraus auch kein irgendwie gearteter Vertrauenstatbestand. Tatsache ist nämlich, dass die Rechnungen des Herrn H1 über weite Teile Leistungen der „Verhinderung“ ausgewiesen haben. § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB XIV sieht Leistungen indessen auch bei häuslicher Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson nach § 39 des Elften Buches vor. § 39 SGB XI stellt dabei gerade keine Anforderungen an die Pflegeperson, sodass die Verhinderungspflege – anders als bei der Pflegesachleistung nach § 36 SGB XI – daher nicht durch zugelassene professionelle Pflegekräfte erfolgen muss (vgl. Wiegand in: jurisPK-SGB XI, 4. Aufl. 2024, § 39 Rz. 34). In diesem Rahmen sind die Leistungen unbeschadet der fehlenden Zulassung des Herrn H1 somit grundsätzlich erstattungsfähig. Ob der Ag. berücksichtigt hat, dass die Leistungen der Verhinderungspflege auf längstens sechs Wochen im Kalenderjahr beschränkt sind, kann dahinstehen.

Der Umstand, dass § 26 Abs. 3 Nr. 3 SGB XIV unter den Voraussetzungen nach § 29 SGB IX die Leistungserbringung durch ein persönliches Budget ermöglicht, wird entgegen der Auffassung des SG deshalb nicht weiterführen. Denn die Norm stellt schon ihrem Wortlaut nach selbst keine Anspruchsgrundlage dar. Es muss daher zum einen zwingend ein Antrag vorliegen, den der As. gerade nicht gestellt hat, und die entsprechenden Leistungen, die budgetiert werden sollen, müssen im Vorfeld bewilligt worden sein (vgl. Herbst in: jurisPK-SGB XIV, 2. Aufl. 2023, § 26 Rz. 25), was hier nicht der Fall ist.

Soweit das SG auf Ansprüche der Eingliederungshilfe verweist, dürfte dies ebenfalls nicht zutreffen. Zwar hat der Ag. nach § 62 Satz 1 Nr. 3 als Leistung zur Teilhabe auch Leistungen zur Sozialen Teilhabe zu erbringen und bestimmt § 66 Abs. 1 SGB XIV, dass Leistungen zur Sozialen Teilhabe entsprechend Teil 2 Kapitel 6 des Neunten Buches (SGB IX) zu leisten sind. Die Vorschriften des SGB XII dürften daher wegen der Nachrangigkeit der Leistungen schon gar nicht zur Anwendung kommen. Hieraus wird sich aber auch deshalb keine andere Beurteilung ergeben, da die Vorschriften über die Eingliederungsleistungen ebenso auf das SGB IX verweisen und Leistungen zur Hilfe zur Pflege nach § 64b SGB XII außerhalb des Arbeitgebermodells nur durch Pflegekräfte zu erbringen sind, die einen entsprechenden Versorgungsvertrag abgeschlossen haben (vgl. Meßling/Coseriu in: jurisPK-SGB XII, 4. Aufl. 2024, § 64b Rz. 29).

Nach § 78 Abs. 1 Satz 1 SGB XI zählen zu den Leistungen zur Teilhabe auch Leistungen für Assistenz, die insbesondere Leistungen für die allgemeinen Erledigungen des Alltags wie Haushaltsführung, die Gestaltung sozialer Beziehungen, die persönliche Lebensplanung, die Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben, die Freizeitgestaltung einschließlich sportlicher Aktivitäten sowie die Sicherstellung der Wirksamkeit der ärztlichen und ärztlich verordneten Leistungen umfassen (vgl. § 78 Abs. 1 Satz 2 SGB IX).

Der Leistungsinhalt überschneidet sich damit mit demjenigen der Pflegeversicherung nach § 36 Abs. 1 SGB XI (vgl. oben). Bei Überschneidungen mit anderen Leistungen und Leistungsgruppen kommt es zur Abgrenzung grundsätzlich darauf an, worin die jeweilige Leistung ihren Schwerpunkt hat (vgl. Luthe in: jurisPK-SGB IX, 4. Aufl. 2023, § 78 Rz. 33; LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 25. September 2019 – L 7 SO 4668/15 –, juris, Rz. 52 und vom 28. Juni 2007 – L 7 SO 414/07 –, juris, Rz. 28), wobei die unterschiedlichen Zwecke von Eingliederungshilfe und Pflege zu berücksichtigen sind (vgl. Bayrisches LSG, Urteil vom 20. Dezember 2016 – L 8 SO 241/14 –, juris, Rz. 100). Diese haben auch nach Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes grundsätzlich unterschiedliche Aufgaben (vgl. BT-Drs. 18/10523, S. 60). Während die Eingliederungshilfe zum Ziel hat, auf eine Integration des behinderten Menschen in die Gesellschaft und auf eine entsprechende berufliche Rehabilitation hinzuwirken, wird mit der Hilfe zur Pflege nicht vornehmlich auf die Besserung des gesundheitlichen Zustandes, sondern vielmehr auf die Erleichterung der Beschwerden zur Ermöglichung der erforderlichen Verrichtungen des Alltags abgestellt (vgl. Marwedel in: jurisPK-SGB XI, 4. Aufl. 2024, § 12 Rz. 121; Bayrisches LSG, Urteil vom 20. Dezember 2016 – L 8 SO 241/14 –, juris, Rz. 106).

Wie oben bereits dargelegt, ist der Schwerpunkt der Leistungen vorliegend im Bereich der Pflege zu sehen, nachdem die Vermeidung von Stürzen und Aspiration im Vordergrund steht. An dieser notwendigen Abgrenzung ändert es, entgegen der Auffassung des SG, nichts, dass nach § 13 Abs. 3 Satz 3 SGB XI Eingliederungsleistungen neben Pflegeleistungen grundsätzlich in Betracht kommen.

Dafür, dass der Schwerpunkt beim As. vorliegend im Bereich der Pflege liegt, spricht in aller Deutlichkeit das Verfahren um die Beendigung der Eingliederungsleistungen in der Tagesförderstätte. In diesem Verfahren hat sich nämlich anhand der Ermittlungen in der Einrichtung ergeben, dass der As. wegen seiner vermehrten Unruhe und seiner sinkenden Konzentrationsfähigkeit die Angebote der Tagesförderung nicht mehr adäquat hat nutzen können und – wie die erheblichen Fehlzeiten belegen – nicht mehr genutzt hat, weshalb die Ziele der Eingliederungshilfe als nicht mehr zu erreichen gewertet worden sind. Das ist durch die Entscheidung des VG schlüssig bestätigt worden. In Rechnung zu stellen ist dabei nämlich insbesondere, dass Leistungen der Eingliederungshilfe auch dazu dienen sollen, die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen und so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. September 2019 – L 7 SO 4668/15 –, juris, Rz. 52). Beide Ziele scheinen bei dem As. sowohl im Hinblick auf sein Alter wie auch seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht auch nur ansatzweise realistisch erreichbar. Dementsprechend ist versorgungsärztlich schlüssig dargelegt worden, dass mit zunehmendem Alter der Bedarf an Eingliederungsleistungen zunehmend hinter dem pflegerischen zurücktritt.

Entgegen der Auffassung des As. – bzw. dessen Mutter – folgt allein daraus, dass keine Eingliederungsleistungen in der Tagesförderstätte mehr erbracht werden (müssen), keineswegs, dass die Versorgung ausschließlich im häuslichen Umfeld erfolgen muss. Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 haben Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 Anspruch auf teilstationäre Pflege in Einrichtungen der Tages- oder Nachtpflege, wenn häusliche Pflege nicht in ausreichendem Umfang sichergestellt werden kann oder wenn dies zur Ergänzung oder Stärkung der häuslichen Pflege erforderlich ist. Die teilstationäre Pflege umfasst auch die notwendige Beförderung des Pflegebedürftigen von der Wohnung zur Einrichtung der Tagespflege oder der Nachtpflege und zurück, § 41 Abs. 1 Satz 2 SGB XI. Hinsichtlich dieser Leistungen kommt eine ergänzende Kostenübernahme durch den Ag. ebenfalls in Betracht, wie aus § 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB XIV folgt. Auch hierfür bedürfte es indessen eines entsprechenden Antrags bei der Pflegekasse, sodass von dieser die Anspruchsvoraussetzungen geprüft werden könnten.

Soweit die Mutter des As. – was nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes ist – wiederholt darauf verweist, eine weitere Pflegekraft für 39,5 Stunden zu beanspruchen, weist der Senat lediglich darauf hin, dass das Vorbringen auch ausgehend von deren (unzutreffenden) Rechtsstandpunkt nicht plausibel ist. Wenn nämlich, wie die Mutter des As. mit Nachdruck meint, die Assistenzleistung keine Pflegeleistung ist, bestünde ein Pflegebedarf nur hinsichtlich der versorgungsärztlich gesehenen 180 Minuten Grund- und 30 Minuten Behandlungspflege, somit dreieinhalb Stunden täglich und damit rund 25 Stunden wöchentlich. Weshalb dann aber zusätzlich 39,5 Stunden pro Woche eine Pflegekraft zu beanspruchen sein sollte, erschließt sich nicht. Ebenso unschlüssig ist es, wenn mehrfach bestätigt worden ist, dass sich der Pflegebedarf in den letzten Jahren nicht verändert habe, im Beschwerdeverfahren aber nunmehr erstmals behauptet wird, dass die Versorgungsärztin den zeitlichen Pflegebedarf unrichtig ermittelt habe, was als angepasster Vortrag zu werten ist. Unabhängig davon steht das Pflegegeld auch nur anstelle der häuslichen Pflegehilfe zu (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB XI). Der tatsächliche Bezug von Pflegegeld geht mit der Pflicht zur Übernahme der pflegerischen Aufgaben einher, sodass diese von der Mutter zu übernehmen sind.

Soweit das SG auf einen erheblichen Ermittlungsbedarf verwiesen hat, den der Ag. in Abrede stellt, weist der Senat darauf hin, dass es nach dem bisherigen Verfahrensverlauf angezeigt erscheinen dürfte, den Leistungsbedarf nochmals zu prüfen. Dabei ist insbesondere zu klären, in welchem zeitlichen Umfang neben der 24stündigen Pflegeleistungen noch weiterer Pflegebedarf besteht bzw. inwieweit dieser Bedarf im Rahmen der 24stündigen Pflegeleistungen nicht abgedeckt werden kann. In diesem Zusammenhang dürfte sich eine Einbindung der Pflegekasse und ggf. deren Medizinischen Dienstes anbieten, zumal bei Pflegeleistungen nach Pflegegrad V gemäß § 37 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XI vierteljährliche Beratungen in der eigenen Häuslichkeit vorgeschrieben sind, deren Ergebnisse vom Ag. bislang – soweit ersichtlich – nicht einmal beigezogen wurden. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass die Ausführungen der Versorgungsärztin, denen bislang nicht entgegengetreten worden ist, nur auf einer Schätzung des Pflegebedarfs beruhten, da keine Pflegedokumentation vorgelegen hat. Welche Umstände die Versorgungsärztin daran gehindert haben, selbst eine entsprechende Bedarfsermittlung vorzunehmen, was nach dem früheren Pflegebegriff zentraler Gesichtspunkt der Pflegebegutachtung gewesen ist, ist weder ersichtlich, noch nachvollziehbar.

Unabhängig davon, dass ein Anordnungsanspruch somit nicht ersichtlich ist, besteht auch kein Anordnungsgrund. Denn die Pflegekassen trifft gemäß § 69 SGB XI ein Sicherstellungsauftrag hinsichtlich Leistungen, die die Pflegekassen ihren Versicherten in der Form von Sach- oder Dienstleistungen zu gewähren haben (vgl. BT-Drs. 12/5262, S. 132; Wahl in: jurisPK-SGB XI, 4. Auflage 2024, § 69 Rz. 14). Zu diesen Leistungen zählt auch die Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI, wenngleich der Sicherstellungsauftrag selbst in der Regel keine Anspruchsgrundlage für den Versicherten bildet (vgl. Wahl in: jurisPK-SGB XI, 4. Aufl. 2024, § 69 Rz. 16). Nach § 42 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 SGB XI besteht für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 Anspruch auf Pflege in einer vollstationären Einrichtung in sonstigen Krisensituationen oder anderen Situationen, in denen vorübergehend die häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich oder nicht ausreichend ist. Der Anspruch auf Kurzzeitpflege ist auf acht Wochen pro Kalenderjahr beschränkt, § 42 Abs. 2 Satz 1 SGB XI. Bei einer akuten Versorgungslücke im häuslichen Bereich stehen somit grundsätzlich die Leistungen der Kurzzeitpflege zur Verfügung, um gesundheitliche Schäden des As. durch eine ggf. unzureichende Versorgung zu verhindern. Hieraus folgt zugleich, dass eine bei Einstellung der streitigen Leistungen drohende Beeinträchtigung des As. insbesondere in seinem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 26. Februar 2024 – 1 BvR 392/24 –, juris, Rz. 5) grundsätzlich abgewendet werden kann und daher keine schweren und unzumutbaren, nicht anders abwendbaren Beeinträchtigungen bestehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr beseitigt werden könnten.

Auf die Beschwerde des Ag. war daher der Beschluss des SG aufzuheben und der Antrag abzulehnen.

Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG und berücksichtigt das Unterliegen des As. in beiden Instanzen.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.


 

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