L 2 AS 9/24 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2.
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 16 AS 2638/23 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 AS 9/24 ER-B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. November 2023 wird als unzulässig verworfen.

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht ablehnenden Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. November 2023 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.


Gründe


Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. November 2023 hat keinen Erfolg. Die Antragstellerin hat nämlich die Beschwerde nicht gemäß § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) fristgerecht erhoben. Sie ist deshalb unzulässig.

Nach § 173 SGG ist die Beschwerde binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Landessozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.

Der Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. November 2023 ist der Antragstellerin am 28. November 2023 und mit zutreffender Rechtsmittelbelehrung (§ 66 SGG) mittels Postzustellungsurkunde wirksam zugestellt worden (§ 63 SGG). Damit begann die einmonatige Beschwerdefrist am 29. November 2023 (§ 64 Abs. 1 SGG) und endete mit Ablauf des 28. Dezember 2023, einem Donnerstag (§ 64 Abs.2 Satz 1, Abs. 3 SGG). Die Beschwerde der Antragstellerin ist jedoch erst am 2. Januar 2024 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingegangen und damit verspätet.

Veranlassung dazu, der Antragstellerin gemäß § 67 Abs. 1 SGG Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist zu gewähren, besteht nicht. Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm nach § 67 Abs. 1 SGG auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren. Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrages sollen glaubhaft gemacht werden. Die versäumte Rechtshandlung ist innerhalb der Antragsfrist nachzuholen. Ist dies Geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (§ 67 Abs. 1 bis 4 SGG).

Die Antragstellerin kann nicht glaubhaft machen, dass sie im Sinne des § 67 Abs.1 SGG ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Beschwerdefrist gehindert gewesen wäre.

Gemäß § 276 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bedeutet Verschulden u.a. Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt gemäß § 276 Abs. 2 BGB, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. § 67 Abs. 1 SGG liegt ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab zugrunde. Ein Fristversäumnis ist deshalb dann nicht verschuldet, wenn ein Beteiligter die ihm zumutbare Sorgfalt beachtet, die unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles zur gewissenhaften Prozessführung nach allgemeiner Verkehrsanschauung vernünftigerweise erforderlich ist (Senger in jurisPK-SGG, 2. Aufl. 2022, Stand 4/2023, § 67 Rn. 28). Umgekehrt ist eine Fristversäumnis dann schuldhaft, wenn der Beteiligte hinsichtlich der Wahrung der Frist diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden im Hinblick auf die Fristwahrung geboten und ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zuzumuten ist.

Vorliegend hat die Antragstellerin zur Überzeugung des Senats die Beschwerdefrist fahrlässig und damit schulhaft versäumt.

Die Antragstellerin hat ihr Beschwerdeschreiben ausweislich des Poststempels auf dem Briefumschlag erst am 28. Dezember 2023, dem Tage des Fristablaufs, zum Briefdienstleister gegeben. Damit konnte sie nicht darauf vertrauen, dass die Beschwerde noch bis zum Ablauf desselben Tages zum Gericht befördert wird. Denn ein Verfahrensbeteiligter darf (nur) auf die üblichen Postlaufzeiten vertrauen (Bundesverfassungsgericht [BVerfG] Beschluss vom 01.12.1982 - 1 BvR 607/82, juris Rn. 10; Bundessozialgericht [BSG] Beschluss vom 14.03.2013 - B 13 R 188/12 B, juris Rn. 19). Üblich ist eine Postlaufzeit bei dem allein von der Deutschen Post AG gewährleisteten Universaldienst indes (nur) innerhalb des ersten oder zweiten auf den Einlieferungstag folgenden Werktages (vgl. § 3 Satz 1 Postuniversaldienstleistungsverordnung (PUDLV). Hiervon ausgehend durfte die Antragstellerin nicht darauf vertrauen, dass ihre Beschwerde noch am 28. Dezember 2023 beim LSG eingeht, sondern konnte sie frühestens einen Tag später, am Freitag, den 29. Dezember 2023 und damit nach Fristablauf damit rechnen. Der Senat verkennt nicht, dass ein Verfahrensbeteiligter eine Frist bis zu deren Ablauf ausschöpfen darf. Indes trifft ihn dann eine erhöhte Sorgfaltspflicht (vgl. Senger in JurisPK-SGG -, a. a. O, § 67 Rn. 28).

Aus den gleichen Gründen ist auch die Beschwerde gegen die Ablehnung der beantragten Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem SG als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.


 

Rechtskraft
Aus
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