L 9 AS 16/22

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AS 600/20
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
L 9 AS 16/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 23. November 2021 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Gründe

I.

Die Kläger zu 1. und 2. und ihre 2016 bzw. 2017 geborenen Kinder, die Kläger zu 3. und 4., sind syrische Staatsangehörige mit befristeter Aufenthaltserlaubnis für das Bundesgebiet, die im laufenden Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) beim Beklagten stehen. Streitig ist im Rahmen von drei von ihnen geführten Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg jeweils die Übernahme höherer Kosten der Unterkunft (KdU) für die vorübergehend von September 2018 bis März 2020 bewohnte Wohnung in der S1 in H1.

Der Beklagte ermittelte für den Geltungsbereich der Stadt H1 die für Wohnungen verschiedener Größe aufzuwendende Netto-Kaltmiete ebenso wie die kalten Nebenkosten für eine einfachen Standards entsprechende Wohnung in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum. Der Beklagte beauftragte hierzu die Immobilienberatungsgesellschaft K1 GmbH (im Folgenden: K2) mit einer empirischen Auswertung zur übernahmefähigen Brutto-Kaltmiete für die Stadt H1 für SGB II-Leistungsberechtigte (Konzept zur Ermittlung der angemessenen Bedarfe für Unterkunft – Methodenbericht 2016). Hierzu führte K2 im Zeitraum März bis Mai 2016 eine stichprobenbasierte Mietwerterhebung durch, die über den gesamten Vergleichsraum sowohl Bestands-, als auch Neuvertrags- und Angebotsmieten umfasste. Für die Bestands- und Neuvertragsmieten führte K2 eine Befragung von 15.000 zufällig ausgewählten Mietern im Vergleichsraum durch. Durch Filterfragen wurden Mieten herausgefiltert, die mit persönlichen Beziehungen oder weiteren Leistungen gekoppelt waren, wie Wohnungen mit Freundschaftsmieten, mietpreisreduzierte Werkswohnungen, Wohnungen in Wohn- oder Pflegeheimen, gewerblich
oder teilgewerblich genutzte Wohnungen, möblierte Wohnungen und Ferienwohnungen. Ebenfalls herausgefiltert wurden Wohnungen untersten Standards. Der durch die Mietwerterhebung ermittelte Datensatz wurde durch Mieten des SGB II-Datensatzes des Jobcenters ergänzt. Hierdurch konnten 2.763 Mietwerte erhoben werden, von denen 1.265 verwendet werden konnten. Sämtliche Mietdaten wurden auf den einheitlichen Begriff der Netto-Kaltmiete pro Quadratmeter umgerechnet und sodann den jeweiligen Wohnungsgrößenklassen zugeordnet. Für jedes so ermittelte Tabellenfeld wurde anschließend eine Extremwertkappung vorgenommen, bei dem alle Mietwerte aussortiert wurden, die außerhalb des Bereichs um den Mittelwert herum lagen, der durch die um den Faktor 1,96 multiplizierte Standardabweichung definiert war. Nach Durchführung der Extremwertkappung standen für die Auswertung insgesamt 1.201 Bestandsmieten zur Verfügung. Neben den Bestandsmieten wurden Angebotsmieten über den Zeitraum von November 2015 bis April 2016 erfasst. Ausgewertet wurden insbesondere drei Internet-Immobiliensuchportale und die örtliche Tagespresse. Die erfassten Mietdaten wurden ebenfalls in den einheitlichen Begriff der Nettokaltmiete pro Quadratmeter umgerechnet. Nach Dublettenbereinigung und Extremwertkappung verblieben von den erhobenen 316 Angebotsmieten 301 verwertbare Werte. Zur Ableitung der Angemessenheitsgrenze wurde in einem weiteren Schritt das Nachfragevolumen nach preiswertem Wohnraum ermittelt, wozu der Anteil an Haushalten mit Bedarfsgemeinschaften, Wohngeldempfängern, Geringverdienern ohne Leistungsbezug und Asylbewerberleistungsempfängern an den Gesamthaushalten errechnet wurde. Hiernach ergab sich im unteren Marktsegment ein Nachfragevolumen für Ein-Personen-Haushalte von 22 %, für Zwei-Personen-Haushalte von 11 %, für Drei-Personen-Haushalte von 14 %, für Vier-Personen-Haushalte von 14 % und für Fünf-Personen-Haushalte und mehr von 23 %. Auf Grundlage der Bestandsmieten und des Nachfragevolumens im unteren Marktsegment wurde ein Perzentil definiert, das als theoretische Untergrenze der Versorgung von Bedarfsgemeinschaften mit Wohnraum angesehen wurde. In Anwendung einer festgelegten Perzentilgrenze (für Ein- und Zwei-Personen-Haushalte 40. Perzentil, Drei-Personen-Haushalte 30. Perzentil, Vier-Personen-Haushalte 40. Perzentil, Fünf-Personen-Haushalte 45. Perzentil) wurde differenziert nach Haushaltsgrößenklassen ein vorläufiger Angemessenheitswert definiert. Sodann wurde im Rahmen eines iterativen Verfahrens dieser Ausgangswert zu den Angebotsmieten in Bezug gesetzt und die Größe des Anteils der Angebotsmieten ermittelt, der für den anhand der Bestandsmieten abgeleiteten (vorläufigen) Angemessenheitswert anzumieten war. Zur Ermittlung der angemessenen Betriebskosten erhob K2 im Rahmen der Mieterbefragung die kalten Betriebskostenvorauszahlungen. Den Angemessenheitswert setzte der Konzeptersteller differenziert nach Wohnungsgrößenklassen beim jeweiligen Mittelwert fest. Für die Stadt H1 ermittelte K2 auf diese Weise als angemessene Unterkunftskosten für einen Vier-Personen-Haushalt eine abstrakt monatlich übernahmefähige Brutto-Kaltmiete von insgesamt 694,80 Euro, errechnet aus einem Betrag von 7,72 Euro/m² (6,53 Euro/m² für Netto-Kaltmiete und 1,19 Euro/m² für Betriebskosten) x 90 m². Für diesen Wert waren 20 % der aus der Datenerhebung ermittelten Angebotsmieten verfügbar.
Für den Geltungszeitraum ab September 2018 erfolgte eine Fortschreibung des Konzepts zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft. Hiernach erfolgte zunächst eine Fortschreibung der Richtwerte auf der Basis der Entwicklung der Lebenshaltungskosten (Indexfortschreibung), wobei hierfür der vom Statistischen Bundesamt ermittelte Verbraucherpreisindex für Deutschland (VPI) herangezogen wurde. Die Fortschreibung erfolgte separat für die Entwicklung der Netto-Kaltmieten sowie für die Entwicklung der kalten Betriebskosten. Die Ergebnisse wurden zu einer fortgeschriebenen Brutto-Kaltmiete zusammengefasst. Ergänzend zur Fortschreibung der Richtwerte durch die Indizes des Verbraucherpreisindex wurde auch die Veränderung der Angebotsmieten in der Stadt H1 geprüft und die Angebotsmieten im Zeitraum Januar bis Juni 2018 neu erhoben, insgesamt 643 Angebotsmieten, wofür nach einer Extremwertkappung 618 Angebotsmieten für die Auswertung zur Verfügung standen. Auf dieser Grundlage ergab sich ab September 2018 für einen Vier-Personen-Haushalt eine abstrakt monatlich übernahmefähige Brutto-Kaltmiete von insgesamt 719,10 Euro (gerundet 720,00 Euro), errechnet aus einem Betrag von 7,99 Euro/m² (6,76 Euro/m² für Netto-Kaltmiete und 1,23 Euro/m² für Betriebskosten) x 90 m². Für diesen Wert waren 19 % der zwischen Januar und Juni 2018 angebotenen (erfassten) Wohnungen anmietbar.

Die Kläger bewohnten bis August 2018 eine Drei-Zimmer-Wohnung in der F1 in H1 mit einer Wohnfläche von ca. 65 Quadratmeter. Laut dem Mietvertrag vom 06.12.2016 betrug die Brutto-Kaltmiete für diese Wohnung 650,00 Euro (Kaltmiete 550,00 Euro und Betriebskostenvorschuss 100,00 Euro). Der Beklagte bewilligte hierfür Leistungen unter Berücksichtigung der Bruttokaltmiete in Höhe von 650,00 Euro sowie Heizkosten in Höhe von 48,00 Euro jeweils in voller Höhe.

Im September 2018 zogen die Kläger in eine Vier-Zimmer-Wohnung in der S1 in H1 um. Das Mietverhältnis begann am 01.09.2018. Die Brutto-Kaltmiete für diese Wohnung belief sich ausweislich des Wohnungsmietvertrags vom 17.07.2018 auf 880,00 Euro (Kaltmiete 820,00 Euro und Betriebskostenvorschuss 60,00 Euro).

Eine von den Klägern am 31.08.2018 beantragte Zusicherung zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 03.09.2018 ab, da die Kläger den Mietvertrag für die neue Wohnung bereits vor Beantragung der Zusicherung geschlossen hätten; eine nachträgliche Zusicherung scheide aus. Ergänzend teilte der Beklagte den Klägern hierzu mit, dass die Miete zu hoch sei; wie bereits mitgeteilt erhielten die Kläger daher von Anfang an nur die angemessene Brutto-Kaltmiete. Die Kläger erhoben gegen den Bescheid vom 03.09.2018 keinen Widerspruch.

Für die Wohnung in der S1 bewilligte der Beklagte zunächst vorläufig Leistungen; mit Bescheid vom 07.09.2018 für September und Oktober 2018 unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft von monatlich 695,00 Euro (635,00 Euro Grundmiete und 60,00 €
Euro Nebenkosten), mit Bescheid vom 21.09.2018 für November 2018 bis April 2019 wiederum unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft von monatlich 695,00 Euro und ebenso mit Bescheid vom 19.10.2018 für die Zeit von Dezember 2018 bis April 2019. Mit Bescheid vom 15.11.2018 wurden (unter Anderem) die Leistungen für September 2018 bis Oktober 2018 endgültig festgesetzt wieder unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft von monatlich 695,00 Euro (Grundmiete und Nebenkosten). Mit weiterem Bescheid vom 15.11.2018 wurden die Leistungen für den Zeitraum September 2018 bis Oktober 2018 endgültig festgesetzt.

Mit weiteren Bescheiden vom 15.11.2018 und 24.11.2018 wurden auch die Leistungen für November 2018 bis April 2019 endgültig festgesetzt unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft von monatlich 695,00 Euro (Grundmiete und Nebenkosten).

Nach rechtlicher Überprüfung der vorangegangenen Bescheide nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) bewilligte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 12.04.2019 - unter Aufhebung der Bescheide vom 17.04.2018, 19.04.2018, 03.07.2018, 07.09.2018, 21.09.2018 und 15.11.2018 - Leistungen für September 2018 Leistungen in Höhe von 648,16 Euro und für Oktober 2018 in Höhe von 1.179,82 Euro. Dabei wurden für September und Oktober 2018 vom Beklagten die ab 01.09.2018 geltenden Angemessenheitswerte zugrunde gelegt und es wurden jeweils monatliche Kosten der Unterkunft in Höhe von 720,00 Euro (660,00 Euro Kaltmiete + 60,00 Euro kalte Nebenkosten) berücksichtigt; der für Oktober 2018 abweichende Bewilligungsbetrag für Unterkunft und Heizung von 708,88 Euro (578,88 Euro Kaltmiete + kalte Nebenkosten 60,00 Euro + Heizkosten 70,00 Euro) ergibt sich unter Verrechnung der berücksichtigten Kaltmiete (von 660,- Euro) mit einem Guthaben in Höhe von 81,13 Euro aus Seite 4 der Schlussabrechnung der früheren Wohnung S3 vom 05.09.2018.
Für den Zeitraum November 2018 bis Januar 2019 bewilligte der Beklagte mit weiterem Bescheid vom 12.04.2019 - unter Aufhebung der vorangegangenen Bescheide vom 21.09.2018, 19.10.2018, 15.11.2018 und 24.11.2018 - Leistungen für November 2018 in Höhe von 1.157,28 Euro, für Dezember 2018 in Höhe von 1.630,00 Euro und für Januar 2019 in Höhe von 1.656,00 Euro. Der Beklagte berücksichtigte hierbei ebenfalls eine monatliche Kaltmiete von 660,00 Euro, kalte Nebenkosten in Höhe von 60,00 Euro sowie Heizkosten von 70,00 Euro. Gegen die beiden Bescheide vom 12.04.2019 erhoben die Kläger Widerspruch und führten dazu aus, der Widerspruch richte sich gegen die Höhe der Kosten der Unterkunft und Heizung. Das sog. schlüssige Konzept des Beklagten habe einer Überprüfung durch das Sozialgericht H1 (SG) nicht Stand gehalten, weshalb die tatsächlichen Kosten der Unterkunft zu bewilligen seien. Die Widersprüche gegen die Bescheide vom 12.04.2019, betreffend die Zeiträume September bis Oktober 2018 bzw. November 2018 bis Januar 2019 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 09.09.2019 zurück. Die früheren Bescheide vom 15.11.2018 seien bindend, da gegen diese nicht fristgerecht Widerspruch erhoben worden sei. Mit den auf der Grundlage von § 44 SGB X ergangenen Änderungsbescheiden vom 12.04.2019 seien die ab September 2018 gültigen Angemessenheitswerte nach dem schlüssigen Konzept des Beklagten zugrunde gelegt worden. Darüber hinaus anfallende tatsächliche Kosten der Unterkunft seien nicht zu übernehmen. Am 09.10.2019 haben die Kläger dagegen Klage zum SG erhoben (S 11 AS 3225/19).

Am 01.02.2019 übersandten die Kläger dem Beklagten einen Abfallgebührenbescheid für das Jahr 2019 in Höhe von 119,00 Euro. Der Betrag wurde am 04.03.2019 zur Zahlung fällig. Die Übernahme der Abfallgebühren wurde vom Beklagten mit Bescheid vom 13.02.2019 abgelehnt. Der hiergegen erhobene Widerspruch der Kläger wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12.04.2019, nach Erlass des Änderungsbescheides vom 12.04.2019 über den Bewilligungszeitraum Februar 2019 bis April 2019, als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass eine Zusicherung für den Umzug in die neue Wohnung der Kläger nicht erteilt worden sei, weshalb weitere höhere Kosten der Unterkunft nicht zu übernehmen seien. Weiter seien die Kosten der Unterkunft nach dem schlüssigen Konzept des Beklagten unangemessen. Hiergegen haben die Kläger am 13.05.2019 eine Klage zum SG (S 11 AS 1809/19) erhoben.

Für den Zeitraum Februar 2019 bis April 2019 bewilligte der Beklagte mit weiterem Änderungsbescheid vom 12.04.2019 - unter Aufhebung der früheren Bescheide vom 21.09.2018, 19.10.2018, 15.11.2018 und 24.11.2018 - Leistungen für Februar 2019 in Höhe von insgesamt 1.795,64 Euro und für März 2019 bis April 2019 in Höhe von 1.721,00 Euro. Hierbei legte der Beklagte seiner Berechnung wiederum jeweils eine Brutto-Kaltmiete von 660,00 Euro zuzüglich 60,00 Euro kalte Nebenkosten und für Februar 2019 Abschläge für Heizkosten in Höhe von 209,64 Euro und für März bis April 2019 Heizkosten in Höhe von 135,00 Euro zugrunde. Der von den Klägern dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 09.09.2019 als unzulässig verworfen, da der angefochtene Bescheid über den Leistungsbewilligungszeitraum Februar bis April 2019 bereits Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gewesen sei, welches mit Widerspruchsbescheid vom 12.04.2019 geendet hatte und nun unter der Klage S 11 AS 1809/19 beim SG rechtshängig sei. Gegen diesen Widerspruchsbescheid richtet sich die am 09.10.2019 erhobene Klage vor dem SG (S 11 AS 3224/19).

Für den Zeitraum Mai 2019 bis Oktober 2019 bewilligte der Beklagte mit weiterem Bescheid vom 14.10.2019 - unter Ersetzung der vorangegangenen vorläufigen Bewilligungsbescheide vom 07.05.2019 und vom 01.06.2019 - Leistungen für Mai 2019 in Höhe von 1.479,98 Euro, für Juni 2019 in Höhe von 1.657,38 Euro und für Juli 2019 bis Oktober 2019 in Höhe von 1.459,98 Euro. Hierbei legte der Beklagte seiner Berechnung erneut eine Brutto-Kaltmiete von 660,00 Euro zuzüglich 60,00 Euro Nebenkosten und Abschläge für Heizkosten in Höhe von 135,00 Euro zugrunde. Der von den Klägern dagegen erhobene Widerspruch wurde vom Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 29.01.2020 als unbegründet zurückgewiesen unter Hinweis auf das schlüssige Konzept zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung. Am 27.02.2020 haben die Kläger dagegen Klage vor dem SG erhoben (S 11 AS 600/20) und zur Begründung - wie in den anderen Verfahren - vorgetragen, die Klage richte sich gegen die Höhe der Kosten für Unterkunft und Heizung. Diese berechne der Beklagte nach dem schlüssigen Konzept der Stadt H1, welches auf nicht validen und nicht repräsentativen Daten beruhe. Außerdem sei keine ausreichende Anzahl an Angebotsmieten auf dem örtlichen Wohnungsmarkt vorhanden. Es seien daher die tatsächlichen Kosten, hilfsweise Kosten unter der Maßgabe des § 12 Wohngeldgesetzes (WoGG) und eines Zuschlages von 10 % als angemessen anzuerkennen. Zu dem erfolgten Umzug haben die Kläger ausgeführt, dieser sei im September 2018 notwendig gewesen, da die zuvor bewohnte Wohnung zu klein gewesen sei, außerdem habe diese aufgrund des baulichen Zustandes nicht effektiv beheizt werden können und sei sehr zugig gewesen, sodass die Kinder regelmäßig erkrankt seien. Die Wohnung habe außerdem an einer lauten Straße gelegen und es habe sich Schimmel gebildet.

Die Kläger haben ausweislich des Mietvertrages vom 18.03.2020 zum 01.04.2020 eine neue Wohnung in der T1 in H1 zu einer Brutto-Kaltmiete in Höhe von 820,00 € bezogen. Ihr Antrag auf Erteilung einer Zusicherung für die Übernahme der Aufwendungen für diese Wohnung war zuvor vom Beklagten mit Bescheid vom 24.06.2019 abgelehnt worden. Der Auszug aus der bisherigen, zu teuren Wohnung sei zwar erforderlich. Für einen Vier-Personenhaushalt seien derzeit aber 720,00 Euro Brutto-Kaltmiete im Stadtkreis H1 angemessen. Die Brutto-Kaltmiete der Wohnung liege über diesen Werten und sei daher unangemessen. Dem Einzug in die Wohnung könne aufgrund der unangemessenen Brutto-Kaltmiete nicht zugestimmt werden.

Das SG hat über die Klagen S 11 AS 1809/19, S 11 AS 3225/19, S 11 AS 3224/19 und S 11 AS 600/20 am 30.06.2021 mündlich verhandelt. Die Klage S 11 AS 1809/19 ist von den Klägern für erledigt erklärt worden. Die anderen Klageverfahren sind fortgeführt worden.

Das SG hat die Klagen S 11 AS 3225/19, S 11 AS 3224/19 und S 11 AS 600/20 durch Urteile vom 23.11.2021 abgewiesen. Die Kläger hätten keinen Anspruch auf höhere als die bereits bewilligten Leistungen in den streitigen Zeiträumen (S 11 AS 3225/19: 09/18 bis 01/19, S 11 AS 3224/19: 02/19 bis 04/19 und S 11 AS 600/20: 05/19 bis 10/19). Sie erfüllten die Voraussetzungen des § 7 SGB II. Ihr Anspruch umfasse dem Grunde nach auch Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung gemäß § 22 SGB II. Es sei dabei auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abzustellen, diese seien aber nicht unbegrenzt erstattungsfähig, sondern nur insoweit, als sie angemessen sind gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II (unter Verweis auf BSG, Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 2/10 R -). Demgegenüber bestimmten sich bei einem Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach einer individuellen Grenze gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II. Lebe der Leistungsberechtigte innerhalb des maßgeblichen Vergleichsraums in einer (kostenangemessenen) Wohnung, die seine existenziellen Wohnbedürfnisse ausreichend erfüllt, sei die Übernahme weitergehender Kosten nicht geboten. Ziehe er dennoch in eine neue (teurere) Wohnung um, komme es wegen der Berücksichtigung der künftigen Bedarfe nicht allein darauf an, ob die Kosten dieser Unterkunft angemessen im Sinne des Abs. 1 Satz 1 sind. Nach Abs. 1 Satz 2 bildeten vielmehr die bisherigen Kosten eine individuelle Angemessenheitsgrenze für künftige Wohnungen des Leistungsempfängers. Lediglich wenn der Umzug erforderlich war, seien die (höheren) Kosten der neuen Unterkunft (soweit sie den für den Wohnort maßgebenden Angemessenheitsgrenzen entsprechen) zu übernehmen (unter Verweis auf Krauß in: Hauck/Noftz, SGB, 01/21, § 22 SGB II, Rn. 262).
Die Prüfung der Erforderlichkeit eines Umzugs sei in zwei Schritten daran zu messen, ob der Auszug aus der bisherigen Wohnung notwendig oder aus sonstigen Gründen erforderlich war. In einem weiteren Schritt sei zu prüfen, ob sich die Kosten gerade nach der von dem Hilfebedürftigen gewählten neuen Wohnung in Ansehung der Erforderlichkeit eines Umzugs als angemessen darstellten. Hiernach sei der Umzug der Kläger im September 2018 in die neue Wohnung in der S1 nicht erforderlich gewesen. Hinsichtlich der geltend gemachten Baumängel gehe eine Mängelanzeige an den Vermieter, in Verbindung mit einer zur Abhilfe bestimmten Frist und die sich hieraus ergebenden zivilrechtlichen Möglichkeiten einer Mietminderung, einem Umzug vor. Dass die Kläger hier an den Vermieter aufgrund der baulichen Mängel herangetreten seien, sei nicht substantiiert vorgetragen worden. Nachweise für derartige Bemühungen seien weder vorgelegt worden noch aus den Verwaltungsakten ersichtlich. Auch die behauptete Lärmbelastung sei nicht näher substantiiert worden.
Bei der Frage, ob sich die Kosten gerade hinsichtlich der von dem Hilfebedürftigen gewählten neuen Wohnung in Ansehung der Erforderlichkeit eines Umzugs als angemessen darstellten, sei zu berücksichtigen, dass die neue Wohnung vorliegend 35 % teurer als die bisherige Wohnung sei. Es könnten im Anwendungsbereich des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II lediglich Veränderungen privilegiert sein, die sich zum einen innerhalb des Marktsegments realisieren lassen, auf das der Hilfebedürftige nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu verweisen sei. Zum anderen müsse die Überschreitung der Höhe der bisherigen KdU in einem angemessenen Verhältnis zur Ursache des (nicht zwingend erforderlichen) Umzugs in die neue Wohnung stehen. Der durch den Umzug erzielbare Gewinn an Lebensqualität lasse auch unterhalb der Angemessenheitsgrenze allenfalls eine geringfügige Kostensteigerung zu (unter Verweis auf BSG, Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 107/10 R -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 52, Rn. 21). Da die Höhe der Kosten der neuen Wohnung mit 880,00 Euro jedoch sowohl die Angemessenheitsgrenze des schlüssigen Konzepts des Beklagten (720,00 Euro) überschreite als auch die Höhe nach § 12 Wohngeldgesetz (<WoGG> i.d.F. vom 02.10.2015) mit der Mietstufe IV und eines zusätzlichen Zuschlages von 10 % (803,00 Euro), seien diese nicht individuell angemessen. Auf die Frage, ob das schlüssige Konzept des Beklagten daher zur Ermittlung der abstrakten Angemessenheit der Kosten der Unterkunft Anwendung finde, oder ob nach den Kriterien der Rechtsprechung diese anhand der Wohngeldtabelle zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10 % zu ermitteln sei, komme es somit vorliegend nicht an, da die KdU hier einer individuellen Angemessenheitsgrenze unterlägen und mangels eines erforderlichen Umzuges hier nicht angemessen seien.

Gegen die der Prozessbevollmächtigten der Kläger am 01.12.2021 zugestellten Urteile richten sich die am 03.01.2022, einem Montag (der 01.01.2022 war ein Feiertag, der 02.01.2022 ein Sonntag) eingelegten Berufungen L 9 AS 3974/21 (zu S 11 AS 3225/19), L 9 AS 17/22 (zu S 11 AS 3224/19) und L 9 AS 16/22 (zu S 11 AS 600/20), die damit begründet worden sind, der Umzug der Kläger im September 2018 in die Wohnung in der S1 sei erforderlich gewesen. Entsprechend der Rechtsprechung des BSG habe ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund vorgelegen, von dem sich auch ein Nichtleistungsberechtigter leiten lassen würde. Durch die zuvor bewohnte Wohnung sei der Unterkunftsbedarf der Kläger nicht mehr hinreichend gedeckt worden. Es hätten in der vorherigen Wohnung auch erhebliche bauliche Mängel vorgelegen. Die damalige Wohnung sei unzureichend isoliert gewesen und die Möglichkeiten, die Wohnung zu beheizen, seien dermaßen schlecht gewesen, dass ein Verbleib in der Wohnung unzumutbar gewesen sei. Abhilfeversuche gegenüber dem Vermieter seien zwar grundsätzlich zu verlangen, jedoch sei fraglich, ob ein Vermieter verpflichtet sei, die Außenwände komplett zu isolieren. Solche Umbaumaßnahmen hätten zudem viel Zeit in Anspruch genommen. Die zuvor bewohnte Drei-Zimmer-Wohnung sei zudem für die Familie viel zu klein gewesen und habe nicht den Standard gehabt, den man für die Größe der Bedarfsgemeinschaft benötigt hätte. Die Kinder seien regelmäßig erkrankt. In der Wohnung habe sich Schimmel gebildet, welcher abträglich für die Gesundheit der Kläger war. Daher sei auch die Überschreitung der Höhe der bisherigen Kosten der Unterkunft in einem angemessenen Verhältnis zu der Ursache des Umzugs in die neue Wohnung. Der Einzug in die gewählte neue Wohnung sei erforderlich und geeignet zur Abwendung von nicht mehr hinnehmbaren Nachteilen vor allem im gesundheitlichen Bereich gewesen. Weiterhin sei zu beachten, dass § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht zeitlich unbegrenzt angewendet werden könne. Die neu bezogene Wohnung sei auch angesichts dessen, als davon auszugehen ist, dass das schlüssige Konzept der Stadt H1 auf nicht validen und nicht repräsentativen Daten beruhe und man daher auf die Werte der Anlage 1 zu § 12 WoGG zurückzugreifen habe, angemessen. Die Nachfragesituation insbesondere im Bereich der Studenten, Wohngeldempfänger sowie der SGB II- und SGB XII-Empfänger sei im Rahmen der Erstellung des Konzepts nicht hinreichend ermittelt worden. Es sei zu ermitteln, wie viele der Bedarfsgemeinschaften bzw. der Vier-Personen-Bedarfsgemeinschaften im Zuständigkeitsbereich des Beklagten im ersten Monat der durchgängigen Anwendung des im vorliegenden Fall angewendeten Konzepts in Wohnungen mit als angemessen oder aber als unangemessen erachteten Kosten gelebt haben.

Die Kläger beantragen im vorliegenden Verfahren L 9 AS 16/22,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 23. November 2021 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 14. Oktober 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Januar 2020 zu verurteilen, ihnen für die Zeit vom 1. Mai 2019 bis zum 31. Oktober 2019 höhere Leistungen der Unterkunft und Heizung unter Zugrundelegung einer Brutto-Kaltmiete in Höhe von 880,00 Euro, hilfsweise in Höhe von 803,00 Euro zu gewähren.

hilfsweise, das Ruhen des Verfahrens anzuordnen

weiter hilfsweise (wörtlich),

„1. Frau L1, die Sachgebietsleiterin der Wohngeldstelle des Amtes für Familie, Jugend und Senioren der Stadt H1, zu laden über die Wohngeldstelle G1, H1 als Zeugin zu vernehmen, wie viele der 1-Personen-Haushalte, die Leistungen nach dem WoGG in H1 beziehen in Wohnungen leben, deren Bruttokaltmiete oberhalb der Höchstbeträge gem. § 12 WoGG liegen.
2. Frau L1, die Sachgebietsleiterin in der Wohngeldstelle des Amtes für Familie, Jugend und Senioren der Stadt H1, zu laden über die Wohngeldstelle G1, H1 aIs Zeugin zu vernehmen, wie viele der 1-Personen-Haushalte, die Leistungen nach dem WoGG in H1 beziehen in Wohnungen leben, deren Bruttokaltmiete über EUR 375,75 liegt.
3. Frau L1, die Sachgebietsleiterin in der Wohngeldstelle des Amtes für Familie, Jugend und Senioren der Stadt H1, zu laden über die Wohngeldstelle G1, H1 aIs Zeugin zu vernehmen, wie viele der 2-Personen-Haushalte, die Leistungen nach dem WoGG in H1 beziehen in Wohnungen leben, deren Bruttokaltmiete oberhalb der Höchstbeträge gem. § 12 WoGG liegen.
4. Frau L1, die Sachgebietsleiterin in der Wohngeldstelle des Amtes für Familie, Jugend und Senioren der Stadt H1, zu laden über die Wohngeldstelle G1, H1 als Zeugin zu vernehmen, wie viele der 2-Personen-Haushalte, die Leistungen nach dem WoGG in H1 beziehen in Wohnungen leben, deren Bruttokaltmiete über EUR 486,60 liegt.
5. Frau L1, die Sachgebietsleiterin der Wohngeldstelle des Amtes für Familie, Jugend und Senioren der Stadt H1, zu laden über die Wohngeldstelle G1, H1 aIs Zeugin zu vernehmen, wie viele der 3-Personen-Haushalte, die Leistungen nach dem WoGG in H1 beziehen in Wohnungen leben, deren Bruttokaltmiete oberhalb der Höchstbeträge gem. § 12 WoGG liegen.
6. Frau L1, die Sachgebietsleiterin der Wohngeldstelle des Amtes für Familie, Jugend und Senioren der Stadt H1, zu laden über die Wohngeldstelle G1, H1 als Zeugin zu vernehmen, wie viele der 3-Personen-Haushalte, die Leistungen nach dem WoGG in H1 beziehen in Wohnungen leben, deren Bruttokaltmiete über EUR 566,25 liegt.
7. Frau L1, die Sachgebietsleiterin der Wohngeldstelle des Amtes für Familie, Jugend und Senioren der Stadt H1, zu laden über die Wohngeldstelle G1, H1 als Zeugin zu vernehmen, wie viele der 4-Personen-Haushalte, die Leistungen nach dem WoGG in H1 beziehen in Wohnungen leben, deren Bruttokaltmiete oberhalb der Höchstbeträge gem. § 12 WoGG liegen.
8. Frau L1, die Sachgebietsleiterin der Wohngeldstelle des Amtes für Familie, Jugend und Senioren der Stadt H1, zu laden über die Wohngeldstelle G1, H1 als Zeugin zu vernehmen, wie viele der 4-Personen-Haushalte, die Leistungen nach dem WoGG in H1 beziehen in Wohnungen leben, deren Bruttokaltmiete über EUR 719,10 liegt.
9. Herr B1, der Leiter des Amts für Familie, Jugend und Senioren, zu laden über die Stadt H1, W1 23, H1, als Zeugen zu vernehmen, wie viele der 1-Personen-Haushalte, die Leistungen nach dem SGB XII beziehen, in Wohnungen leben, deren Miete über EUR 375,75 liegt.
10. Herr B1, der Leiter des Amts für Familie, Jugend und Senioren, zu laden über die Stadt H1, W1, H1, als Zeugen zu vernehmen, wie viele der 2-Personen-Haushalte, die Leistungen nach dem SGB XII beziehen, in Wohnungen leben, deren Bruttokaltmiete über EUR 486,60 liegt.
11. Herr B1, der Leiter des Amts für Familie, Jugend und Senioren, zu laden über die Stadt H1, W1, H1, als Zeugen zu vernehmen, wie viele der 3-Personen-Haushalte, die Leistungen nach dem SGB XII beziehen, in Wohnungen leben, deren Bruttokaltmiete über EUR 566,25 liegt.
12. Herr B1, der Leiter des Amts für FamiIie, Jugend und Senioren, zu laden über die Stadt H1, W1, H1, als Zeugen zu vernehmen, wie viele der 4-Personen-Haushalte, die Leistungen nach dem SGB XII beziehen, in Wohnungen leben, deren Bruttokaltmiete über EUR 719,10 liegt.
13. Herrn J1 R2, der Studierendenpräsident der Studierendenschaft der Hochschule H1 KöR, M1, H1 als Zeugen zu vernehmen, wie viele Zimmer von privaten Vermietern im Rahmen des Kleinanzeigenportals der Studierendenschaft der Hochschule H1 KöR, jeweils in den Jahren 2016, 2017, 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022 angeboten wurden.
14. Frau M2, die Geschäftsführerin des Studierendenwerks H2, M3, H2 als Zeugin zu vernehmen, wie viele Wohnheimplätze das Studierendenwerk H2 in der Stadt H1 in den Jahren 2016, 2017, 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022 jeweils zur Vermietung anbieten konnte bzw. kann.
15. Frau M2, die Geschäftsführerin des Studierendenwerks H2, M3, H2 als Zeugin zu vernehmen, wie viele Studenten und Studentinnen jeweils in den Jahren 206, 2017, 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022 in H1 eingeschrieben waren bzw. studiert haben.
16. Herrn B2, den Leiter des Planungs- und Baurechtsamts der Stadt H1, C1, H1, als Zeugen zu vernehmen, wie viele fertiggestellte, private Wohnheimplatze in der Stadt H1 jeweils in den Jahren 2016, 2017, 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022 vorhanden waren bzw. vorhanden sind.
17. Herrn S4, der Geschäftsführer des Jobcenters Stadt H1, R1, H1 als Zeugen zu vernehmen, wie viele der Bedarfsgemeinschaften in dem Zuständigkeitsbereich der Beklagten lebten in dem ersten Monat der durchgängigen Anwendung des im vorliegenden Fall angewendeten Konzepts in Wohnungen mit als angemessen erachteten Kosten?
18. Herrn S4, der Geschäftsführer des Jobcenters Stadt H1, R1, H1 als Zeugen zu vernehmen, wie viele der Bedarfsgemeinschaften in dem Zuständigkeitsbereich der Beklagten lebten in dem ersten Monat der durchgängigen Anwendung des im vorliegenden Fall angewendeten Konzepts in Wohnungen mit als unangemessen erachteten Kosten?
19. Herrn S4, der Geschäftsführer des Jobcenters Stadt H1, R1, H1 als Zeugen zu vernehmen, wie viele der 4-Personen-Bedarfsgemeinschaften lebten in dem ersten Monat der durchgängigen Anwendung des im vorliegenden Fall angewendeten Konzepts in Wohnungen mit als angemessenen erachteten Kosten?
20. Herrn S4, der Geschäftsführer des Jobcenters Stadt H1, R1 H1 als Zeugen zu vernehmen, wie viele der 4-Personen-Bedarfsgemeinschaften in dem Zuständigkeitsbereich der Beklagten lebten in dem ersten Monat der durchgängigen Anwendung des im vorliegenden Fall angewendeten Konzepts in Wohnungen mit als unangemessen erachteten Kosten?
21. N.N., die Leitung des Statistik-Service der Bundesagentur für Arbeit, S5, N1, als Zeugen zu vernehmen, wie viele der Bedarfsgemeinschaften in dem Zuständigkeitsbereich der Beklagten lebten in dem ersten Monat der durchgängigen Anwendung des im vorliegenden Fall angewendeten Konzepts in Wohnungen mit als angemessen erachteten Kosten?
22. N.N., die Leitung des Statistik-Service der Bundesagentur für Arbeit, S5, N1, als Zeugen zu vernehmen, wie viele der Bedarfsgemeinschaften in dem Zuständigkeitsbereich der Beklagten lebten in dem ersten Monat der durchgängigen Anwendung des im vorliegenden Fall angewendeten Konzepts in Wohnungen mit als unangemessen erachteten Kosten?
23. N.N., die Leitung des Statistik-Service der Bundesagentur für Arbeit, S5, N1, als Zeugen zu vernehmen, wie viele der 4-Personen-Bedarfsgemeinschaften in dem Zuständigkeitsbereich der Beklagten lebten in dem ersten Monat der durchgängigen Anwendung des im vorliegenden Fall angewendeten Konzepts in Wohnungen mit als angemessen erachteten Kosten?
24. N.N., die Leitung des Statistik-Service der Bundesagentur für Arbeit, S5, N1, als Zeugen zu vernehmen, wie viele der 4-Personen- Bedarfsgemeinschaften in dem Zuständigkeitsbereich der Beklagten lebten in dem ersten Monat der durchgängigen Anwendung des im vorliegenden Fall angewendeten Konzepts in Wohnungen mit als unangemessen erachteten Kosten?“

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die ergangenen Urteile für zutreffend.

Trotz des - wie in den angefochtenen Urteilen des SG umfassend ausgeführt - nicht (nachweislich) vorhandenen Umzugsgrundes sei für die Wohnung S1 von Anfang an, also ab 09/18 die angemessene Brutto-Kaltmiete in Höhe von 720,- Euro monatlich berücksichtigt worden, was den durch die Fortschreibung des schlüssigen Konzepts 2018 für eine Vier-Personen-BG ermittelten, eben (zufällig) auch ab 09/18 gültigen Werten entspreche. Für die frühere Unterkunft in der S3 seien (nicht streitgegenständlich) bis 08/18 die gemäß dem schlüssigen Konzept 2016 bis dahin angemessenen 695,- Euro monatlich gewährt worden.

Die Heizkosten seien in den streitgegenständlichen Bewilligungszeiträumen in voller tatsächlicher Höhe gewährt worden gemäß der Abrechnung des Versorgers HVG vom 22.01.2019 für den Zeitraum 01.09.2018 bis 31.01.2020 (4 x laufend mtl. 70,00 Euro Abschläge bis 01/19, einmalige Nachzahlung in Höhe von 209,63 Euro aus dieser Abrechnung und laufend mtl. 135,00 Euro ab 03/19).

Durch Beschluss vom 14.04.2022 hat der Senat den Antrag der Kläger auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren abgelehnt.

Mit Verfügungen vom 19.04.2022, 04.05.2022 und 12.05.2022 sind die Beteiligten auf die beabsichtigte Entscheidung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen worden; ihnen ist Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten, der Gerichtsakten beider Instanzen der Gerichtsakten beider Instanzen und der übrigen zur Sache gehörenden Akten Bezug genommen.
II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme zur beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss; eine Zustimmung hierzu ist nicht erforderlich.

Die Berufung ist mit allen Anträgen unbegründet.

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens L 9 AS 16/22 sind das Urteil des SG vom 23.11.2021 und der Bescheid vom 14.10.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.01.2020, mit denen der Beklagte im Zeitraum Mai bis Oktober 2019 höhere Leistungen bewilligt hat. Dagegen wendet sich die Berufung nur, soweit diese Bescheide die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II betreffen (zur Zulässigkeit dieser Beschränkung siehe BSG, Urteil vom 17.09.2020 - B 4 AS 22/20 R -, juris Rn. 16), wobei auch insoweit nur die Kosten der Unterkunft der sog. Brutto-Kaltmiete im Streit sind; die Heizkosten sind vom Beklagten im streitbefangenen Zeitraum ohne Abzüge in tatsächlicher Höhe übernommen worden.

Das angefochtene Urteil des SG vom 23.11.2021 und der Bescheid des Beklagten vom 14.10.???2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.01.2020 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten. Sie können keine höheren als die bewilligten Leistungen für die Unterkunft verlangen.

Die Kläger erfüllen die Voraussetzungen des § 7 SGB II für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Ihr Anspruch umfasst dem Grunde nach auch Leistungen für KdU und Heizung. Es ist dabei auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abzustellen, diese sind aber nicht unbegrenzt erstattungsfähig, sondern nur insoweit, als sie angemessen sind (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II; BSG, Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 2/10 R -, juris). Dabei ist die allgemeine Angemessenheit gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nach der Rechtsprechung des BSG in einem mehrstufigen Verfahren zu ermitteln (vgl. nur BSG, SozR 4-4200 § 22 Nr. 26 Rn. 12). Demgegenüber können sich bei einem Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach einer individuellen Grenze bestimmen, § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II i.d.F. des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.07.2006 (BGBl I 1706). Danach werden, wenn sich durch einen nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erhöhen, die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen erbracht. Die Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II hat die Funktion einer individuellen Angemessenheitsgrenze für die Fälle, in denen der Hilfebedürftige aus als nicht erforderlich anerkannten Gründen von einer zuvor angemessenen in eine grundsätzlich immer noch angemessene, aber teurere Unterkunft umzieht (BSG, Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 107/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 52). Hierdurch soll der Ausschöpfung der durch den jeweiligen kommunalen Träger festgelegten Angemessenheitsgrenze entgegengewirkt werden. Abs. 1 Satz 2 gilt aber auch, wenn nach dem nicht erforderlichen Umzug über die individuelle Angemessenheitsgrenze hinaus sogar abstrakt unangemessene Kosten entstehen (Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, § 22 Rn. 264). Die Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II gilt nur für Umzüge innerhalb des örtlichen Vergleichsraums (BSG, Urteil vom 01.06.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 ff. = SozR 4-4200 § 22 Nr. 3).

Die Prüfung der Erforderlichkeit eines Umzugs ist, was das SG zutreffend ausgeführt hat, in zwei Schritten daran zu messen, ob der Auszug aus der bisherigen Wohnung notwendig oder aus sonstigen Gründen erforderlich ist. In einem weiteren Schritt ist zu prüfen, ob sich die Kosten gerade der von dem Hilfebedürftigen gewählten neuen Wohnung in Ansehung der Erforderlichkeit eines Umzugs als angemessen darstellen (BSG, Urteil vom 24.11.2011 a.a.O.).

Hiervon ausgehend haben die Kläger zwar auf diverse Mängel der früheren Wohnung und deren für vier Personen unzureichende Größe hingewiesen. Ob hieraus die Notwendigkeit des Auszugs aus der Wohnung folgt, wenngleich die angegebenen Mängel der früheren Wohnung nicht näher belegt sind und, worauf das SG abgestellt hat, auch nicht erkennbar ist, dass die Kläger vor dem Auszug versucht hätten, durch eine Mängelanzeige und ein Abhilfeersuchen beim Vermieter vorstellig zu werden, kann dahinstehen. Ebenso kann dahinstehen, ob allein die Größe der bisherigen Drei-Zimmer-Wohnung von 65 m² Wohnfläche die Erforderlichkeit des Umzugs einer Familie mit zwei kleinen Kindern begründen würde. Allein die Unterschreitung der Höchstfläche nach den landesrechtlichen Förderbestimmungen – nach
Teil 3 Nr. 3 der DH-LWoFG der Durchführungshinweise des Wirtschaftsministeriums zum Landeswohnraumförderungsgesetz (DH-LWoFG) ist für vier Person eine Wohnungsgröße von bis zu 90 m² angemessen (im Ergebnis ebenso LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.04.2021 - L 7 AS 4054/18 -, juris Rn. 30 unter Berufung auf die außer Kraft getretene VwV-SozWo) – um eine bestimmte Quadratmeterzahl lässt jedenfalls keinen generellen Rückschluss auf die Erforderlichkeit eines Umzugs zu (BSG, Urteil vom 24.11.2011, a.a.O. Rn. 19).

Selbst wenn man aber mit den Klägern die Notwendigkeit des Umzugs aus der bisherigen Wohnung zugrunde legt, setzt die Verpflichtung des Grundsicherungsträgers zur Mehrkostenübernahme nach Abs. 1 Satz 2 voraus, dass sich der Einzug gerade in die von den Hilfebedürftigen gewählte neue Wohnung als erforderlich und geeignet zur Abwendung von nicht mehr weiter hinzunehmenden Nachteilen der bisherigen Wohnung erweist und die Kosten der neuen Wohnung auch unter Ansehung eines nachvollziehbaren und plausiblen Veränderungswunsches als angemessen anzusehen sind. 

Das SG hat die Einhaltung der individuellen Angemessenheitsgrenze mit Blick darauf verneint, dass die Kosten der neuen Wohnung 35 % über denen der bisherigen Wohnung liegen. Allerdings hat die Rechtsprechung des BSG unter Geltung der bis 31.07.2016 geltenden Fassung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II („Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt“) die Auffassung vertreten, dass Leistungen für die Unterkunft bei einem nicht erforderlichen Umzug nur dann auf die bisherigen angemessenen Kosten zu begrenzen sind, wenn zutreffend ermittelte Angemessenheitsgrenzen für die Unterkunfts- und Heizungskosten bestehen, weil nur dann bestimmt werden könne, ob die bisherigen Unterkunftskosten auch „angemessen“ gewesen sind. Wenn eine zutreffend ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenze für die Unterkunfts- oder Heizaufwendungen nicht bestehe, scheide eine Begrenzung auf die bisherigen KdU aus (BSG, Urteil vom 29.04.2015 - B 14 AS 8/14 R -, BSGE 119, 7). Durch das Neunte Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (Rechtsvereinfachungsgesetz vom 26.07.2016), welches am 01.08.2016 in Kraft getreten ist, sind in § 22 SGB II (erneut) Korrekturen vorgenommen worden. In Absatz 1 Satz 2 wurde das Wort „angemessen“ gestrichen. Die Änderung sollte klarstellen, dass der Bedarf auch dann nur in Höhe der bisherigen Aufwendungen anerkannt wird, wenn ein Umzug innerhalb eines Wohnungsmarktes ohne Zusicherung von einer angemessenen in eine unangemessene Wohnung erfolgt ist. Damit sollte offenbar die genannte BSG-Rechtsprechung korrigiert werden, ohne dass dies in der Gesetzesbegründung transparent wird, weil nicht zwischen abstrakter und individueller Angemessenheit unterschieden wird. Andererseits macht die Begründung nicht deutlich, dass offenbar die Korrektur von zwischenzeitlich ergangenen Entscheidungen des BSG beabsichtigt war (Krauß in Hauck/Noftz SGB II, § 22 Rn. 267, Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 22 Rn. 116; Berlit in LPK-SGB II, 7. Aufl. 2021, § 22 Rn. 115). Ob damit das Vorliegen einer zutreffend ermittelten abstrakten kommunale Angemessenheitsgrenze für die Unterkunfts- oder Heizaufwendungen weiterhin eine Deckelungsvoraussetzung für die KdU auf die bisherigen Kosten nach Abs. 1 Satz 2 darstellt, bedarf allerdings vorliegend keiner abschließenden Entscheidung. Zum einen deshalb, weil der Beklagte vorliegend eine Deckelung auf die bisherigen KdU, wie dies § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II bei Vorliegen sämtlicher Tatbestandsvoraussetzungen ermöglicht, nicht vorgenommen hat, sondern den Klägern ab dem Monat des Umzugs höhere, wenngleich nach Maßgabe des Konzepts zur Ermittlung der angemessenen Bedarfe für Unterkunft gedeckelte KdU bewilligt hat. Und zum anderen deshalb, weil bei Vorliegen eines sog. schlüssigen Konzepts im maßgeblichen Vergleichsraum die hieraus folgende abstrakte Angemessenheitsgrenze nach Abs. 1 Satz 1 auch bei einem Umzug innerhalb desselben Vergleichsraums die Obergrenze für die Bewilligung von KdU bildet.

Die Ermittlung des angemessenen Umfangs der Aufwendungen für die Unterkunft im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II hat in zwei größeren Schritten zu erfolgen: Zunächst sind die abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft, bestehend aus Netto-Kaltmiete und kalten Betriebskosten (= Brutto-Kaltmiete), zu ermitteln; dann ist die konkrete (= subjektive) Angemessenheit dieser Aufwendungen im Vergleich mit den tatsächlichen Aufwendungen zu prüfen, insbesondere auch im Hinblick auf die Zumutbarkeit der notwendigen Einsparungen, einschließlich eines Umzugs. Die Ermittlung der abstrakt angemessenen Aufwendungen hat unter Anwendung der Produkttheorie („Wohnungsgröße in Quadratmeter multipliziert mit dem Quadratmeterpreis“) in einem mehrstufigen Verfahren zu erfolgen: Bestimmung der (abstrakt) angemessenen Wohnungsgröße für die leistungsberechtigte(n) Person(en), Bestimmung des angemessenen Wohnungsstandards, Ermittlung der aufzuwendenden Netto-Kaltmiete für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nach einem schlüssigen Konzept, Einbeziehung der angemessenen kalten Betriebskosten (BSG, Urteile vom 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R -, juris Rn. 16 ff., vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R -, juris Rn. 14 f., vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R -, juris Rn. 20 und vom 03.09.2020 - B 14 AS 34/19 R -, juris Rn. 13 f., m.w.N.). Angemessen ist eine Wohnung nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R -, juris Rn. 15, m.w.N.; ebenso BSG, Urteil vom 17.09.2020 - B 4 AS 22/20 R -, juris Rn. 25).

Die abstrakt angemessene Wohnungsgröße liegt für die vorliegende Bedarfsgemeinschaft mit vier Personen bei 75 bis 90 m². Zur Festlegung der angemessenen Wohnfläche ist nach der Rechtsprechung des BSG auf die Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen. Maßgeblich sind die im streitigen Zeitraum gültigen Bestimmungen. Die Angemessenheit der Wohnungsgröße richtet sich damit grundsätzlich nach den Werten, die die Länder aufgrund von § 10 Wohnraumförderungsgesetz vom 13.09.2001 (BGBl. I 2379) festgelegt haben (BSG, Urteil vom 16.05.2012 - B 4 AS 109/11 R -, juris Rn. 18). Nachdem in Baden-Württemberg ein eigenes Landeswohnraumförderungsgesetz (LWoFG) besteht, das allerdings keine nach Personenzahl differenzierende Quadratmeter-Größen für angemessenen Wohnraum enthält, sind vorliegend die Durchführungshinweise des Wirtschaftsministeriums zum Landeswohnraumförderungsgesetz (DH-LWoFG) maßgeblich. Hiernach ist – wie ausgeführt – nach Teil 3 Nr. 3 der DH-LWoFG für vier Personen eine Wohnungsgröße von bis zu 90 m² angemessen. Die Größe der von den Klägern im streitigen Zeitraum bewohnten Vier-Zimmer-Wohnung lässt sich dem Akteninhalt, auch dem vorgelegten Mietvertrag und den Bewilligungsanträgen nicht sicher entnehmen. Für einen höheren Wohnflächenbedarf als die genannte Obergrenze von 90 m² ist allerdings nichts vorgetragen und auch sonst nichts ersichtlich.

Der Beklagte hat die aufzuwendende Netto-Kaltmiete ebenso wie die kalten Nebenkosten für eine 90 m² große, einfachen Standards entsprechende Wohnung in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nach einem Konzept ermittelt, welches die von der Rechtsprechung des BSG gestellten Mindestanforderungen an ein schlüssiges Konzept erfüllt. Hiernach soll das schlüssige Konzept unter Beachtung der Methodenvielfalt der Erstellung die Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des Mietwohnungsmarkts im Vergleichsraum dem Angemessenheitswert zugrunde liegen und dieser realitätsgerecht ermittelt wird (zusammenfassend BSG, Urteile vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R - BSGE 127, 214 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 101, Rn. 20 m.w.N., vom 17.09.2020 - B 4 AS 22/20 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 111 Rn. 23 - und vom 05.08.2021 - B 4 AS 82/20 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Das LSG Baden-Württemberg hat in zwei Urteilen vom 21.07.2021 (L 3 AS 1027/19 und L 3 AS 2812/19) die Schlüssigkeit des vorliegenden Konzepts, bezogen auf Wohnungen für Ein- und Zwei-Personenhaushalte, bestätigt und dabei sowohl Art und Weise und Umfang der Datenerhebung als auch die hieraus abgeleiteten Angemessenheitsrichtwerte nicht beanstandet. Wegen der Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten ergangenen, zwischenzeitlich rechtskräftigen Urteile verwiesen; das BSG hat die Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision in den Urteilen durch Beschlüsse vom 08.02.2022 (B 4 AS 268/21 B, B 4 AS 269/21 B und B 4 AS 272/21 B) als unzulässig verworfen.

Für die hier relevanten angemessenen Unterkunftskosten einer Bedarfsgemeinschaft mit vier Personen ergibt sich zur Überzeugung des erkennenden Senats nichts Anderes, insbesondere bestehen auch hinsichtlich der angemessenen Wohnungsgröße für Vier-Personen-Haushalte von 75 bis 90 m² keine rechtlichen Bedenken gegen die Methodik der Datenerhebung und -verwertung im Konzept der Stadt H1 von 2016 in Gestalt der Fortschreibung ab September 2018. Das Konzept geht - wie ausgeführt - vom sog. Perzentilwertverfahren aus (vgl. dazu BMAS, Forschungsbericht 478 – Ermittlung der existenzsichernden Bedarfe für die Kosten der Unterkunft und Heizung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch [SGB II] und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch [SGB XII], Januar 2017, S. 219 ff.) und verfolgt den Ansatz, den Angemessenheitsgrenzwert so festzulegen, dass sämtliche Nachfrager, die auf die Versorgung mit preisgünstigem Wohnraum angewiesen sind, jedenfalls zu dem als angemessen festgesetzten Mietpreis eine entsprechende Wohnung am örtlichen Markt anmieten können. Diesem Ansatz entsprechend hat K2 zunächst die Gruppe der Nachfrager nach preisgünstigem Wohnraum definiert und zahlenmäßig ermittelt. K2 legt dem Konzept die Annahme zugrunde, dass diese Gruppe der Gesamtsumme der Leistungsberechtigten nach dem SGB II und dem SGB XII, den Empfängern von Wohngeld und von Asylbewerberleistungen sowie der Geringverdiener ohne Leistungsbezug entspricht. Diese Nachfrager konkurrieren, so die Annahme des Konzepts, miteinander um denselben preisgünstigen Wohnraum. Diese Annahme ist in Bezug auf die genannten Gruppen nachvollziehbar (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.03.2021 - L 12 AS 809/18 -, juris Rn. 65).

Den relativen Anteil der Summe der oben genannten Nachfrager - differenziert nach Haushaltsgrößen - an der Gesamtzahl der Haushalte im Vergleichsraum hat das Konzept in Beziehung zu den erhobenen Bestandsmieten gesetzt, um zunächst eine vorläufige Angemessenheitsgrenze zu ermitteln. Dabei hat K2 die auf die Netto-Kaltmiete pro Quadratmeter umgerechneten, erhobenen Bestandsmieten - getrennt nach Wohnungsgrößen - nach der jeweiligen Miethöhe aufsteigend sortiert und sodann eine Kappungsgrenze (Perzentil) bei dem Mietwert gezogen, unterhalb dessen der Anteil der Bestandsmieten liegt, der dem Anteil der entsprechenden Nachfrager an der Gesamtzahl der Haushalte entspricht. Im Fall der vorliegend interessierenden Vier-Personen-Haushalte beträgt der Anteil der vom Konzept 2016 berücksichtigten Nachfrager im unteren Marktsegment 14 % der Gesamthaushalte (Tab. 7 des Konzepts). K2 hat die vorläufige Angemessenheitsgrenze in der Größenklasse 75 bis 90 m² auf das 40. Perzentil der erhobenen Bestandsmieten festgesetzt. Auf diese Weise hat K2 bezogen auf die Bestandsmieten eine (vorläufige) angemessene Netto-Kaltmiete pro Quadratmeter in Höhe von 6,53 Euro und eine Brutto-Kaltmiete von 7,72 Euro ermittelt (Tab. 11 des Konzepts). Gegen diesen Ansatz bestehen keine Bedenken (LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 21.07.2021 a.a.O; so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.03.2021 a.a.O., juris Rn. 66), zumal mit der Wahl des 40. Perzentils bezogen auf den Nachfrageranteil eine großzügige Kappungsgrenze gewählt worden ist (vgl. aber zur unterschiedlichen Kappungsgrenze von 33 % bzw. 40 % von Stadt und Land innerhalb desselben Konzepts, Bayerisches LSG, Urteil vom 28.03.2018 - L 11 AS 52/16 - und BSG, Urteil vom
03.09.2020 - B 14 AS 34/19 R - SozR 4-4200 § 22 Nr.110).

Wie bereits der 3. Senat des erkennenden Gerichts in den genannten Urteilen dargelegt hat, genügt die Datenbasis den Mindestanforderungen des BSG. In der Sache bedeutet Repräsentativität der Daten in Anlehnung an mietrechtliche Grundsätze, dass sie ein realistisches Abbild des Wohnungsmarkts liefern müssen, für den das Konzept gelten soll. Um dies zu gewährleisten, müssen in der Regel eigenständige Primärerhebungen auf der Basis von Zufallsstichproben durchgeführt werden, so dass jede Wohnung die gleiche Chance hat, in der Stichprobe vertreten zu sein, und es muss sichergestellt werden, dass alle Wohnungen mit ihren mietpreisbestimmenden Merkmalen in dieser Stichprobe annähernd im gleichen Verhältnis wie in der Grundgesamtheit enthalten sind (BSG, Urteile vom 03.09.2020 a.a.O. und vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 70 RdNr. 34 ff <München>). Diese Anforderung ist vorliegend erfüllt durch die Auswahl der angeschriebenen Mieter nach dem Zufallsprinzip. Hierdurch wird sowohl gewährleistet, dass Wohnungen verschiedener Mietniveaus in die Ausgangserhebung einbezogen werden als auch, dass hinsichtlich der Referenzmieten nicht „billige" Stadtteile herausgegriffen werden, sondern auf Durchschnittswerte des unteren Mietpreisniveaus im gesamten räumlichen Vergleichsraum abgestellt wird (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R - BSGE 127, 214 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 101, Rn. 24 <Landkreis Börde>). Die Datenbasis liegt vorliegend unter Einbeziehung der erhobenen Bestands- und Angebotsmieten bei über 10 % der Wohnungen des in Betracht zu ziehenden Wohnungsmarktes und ist damit ausreichend repräsentativ (vgl.
BSG, Urteil vom 03.09.2020 a.a.O.: Datenbasis von mindestens 10 % der Wohnungen keine generelle Anforderung für Schlüssigkeit des Konzepts).

Unter Berücksichtigung der auf Grundlage der Bestandsmieten ermittelten angemessenen Netto-Kaltmiete von 6,53 Euro und den angemessenen kalten Betriebskosten in Höhe von 1,19 Euro hat K2 eine angemessene Bruttokaltmiete von 7,72 Euro pro Quadratmeter ermittelt. Auf dieser Grundlage hat der Konzeptersteller die Angemessenheitsgrenze für einen Vier-Personenhaushalt bei einer Brutto-Kaltmiete von 694,80 Euro festgelegt (90 m² x 7,72 Euro). Für diesen Wert waren ausweislich des Konzepts 2016 20 % der erhobenen Angebotsmieten zuzüglich der kalten Nebenkosten aus den Bestandsmieten anmietbar (Tab. 13). Auf Grundlage der ursprünglichen Quantifizierung des Nachfrageranteils im unteren Preissegment in der Größenklasse der Vier-Personen-Haushalte, die K2 mit 14 % ermittelt hatte (Tab. 7), ist dies ausreichend,
ebenso wie der im Zuge der Fortschreibung des Konzepts ab 09/2018 ermittelte Wert verfügbaren Wohnraums von 19 % (Tab. 8 der Fortschreibung).

Auch die Nachfragesituation nach preisgünstigem Wohnraum wurde in dem Konzept in nicht zu beanstandender Weise ermittelt. Die von der Kläger-Seite bereits in den vorangegangenen Verfahren L 3 AS 1027/19 und L 3 AS 2812/19 erhobene und nunmehr wiederholte Rüge, die Nachfragesituation sei nicht ausreichend analysiert worden, insbesondere seien die Studierenden, die Bezieherinnen und Bezieher von Wohngeld sowie SGB II- und SGB XII-Leistungen nicht hinreichend berücksichtigt worden, begründet zur Überzeugung des erkennenden Senats nicht die Unschlüssigkeit des Konzepts. Das Konzept hat - wie ausgeführt - die relevanten Nachfragergruppen, darunter auch die Wohngeldempfänger und die Bezieher von Leistungen nach dem SGB II und SGB XII, im unteren Marktsegment erfasst (Tab. 7) und den relativen Anteil der Summe der oben genannten Nachfrager – differenziert nach Haushaltsgrößen – an der Gesamtzahl der Haushalte im Vergleichsraum gemessen. Zu der (erneuten) Rüge, dass die Studierenden nicht als nachfragende Gruppe berücksichtigt wurden, hat der Konzeptersteller K2 in der den Beteiligten bekannten Stellungnahme vom 21.05.2021 ergänzend ausgeführt, dass sich bei deren Berücksichtigung der Nachfrageanteil im Bereich der Ein-Personen-Haushalte allenfalls auf 24 % anstatt der im Konzept (Tab. 7) berücksichtigten 22 % erhöhen würde und damit immer noch unter dem angesetzten 40 %-Perzentil liegen und keine andere Richtwertfestsetzung rechtfertigen würde. Für die Zwei-Personen-Haushalte hat K2 ausgeführt, dass studentische Nachfrager keine signifikanten Auswirkungen auf den Umfang der Nachfragergruppen im unteren Marktsegment der Zwei-Personen-Haushalte haben, weil die Mietkaufkraft von Studierenden, die in Wohngemeinschaften oder zumindest mit einem Partner zusammenleben, nicht als schwach beurteilt werden kann. Denn diese Paare und WG-Bewohner verfügten jeweils über ein zwar niedriges, aber eigenes Einkommen und hätten zusammen oftmals eine höhere Kaufkraft als viele Familien. Entsprechendes gelte für die Erwägungen zur Gruppe der Empfänger von Berufsausbildungsbeihilfe, weshalb auch diese Personengruppe sich nicht auf die Gruppe der Nachfrager von Zwei-Personen-Haushalte im unteren Marktsegment auswirkt. Diesen schlüssigen Erklärungen hat sich der 3. Senat in den genannten Urteilen angeschlossen und seinen Entscheidungen zugrunde gelegt. Für die hier relevanten Vier-Personen-Haushalte ergibt sich zur Überzeugung des erkennenden Senats nichts Anderes. Der Nachfrageanteil im unteren Marktsegment ist in dieser Haushaltsgröße mit 14 % gering. Zudem ist auch für größere studentische Wohngemeinschaften das Argument nicht fernliegend, dass deren Bewohner zumeist über ein zwar niedriges, aber eigenes Einkommen verfügen und damit zusammen oftmals eine höhere Kaufkraft als viele Familien aufweisen. Es kann daher nicht ohne Weiteres unterstellt werden, dass jegliche Studierende notwendig in ungünstigeren wirtschaftlichen Verhältnissen leben (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.09.2021 - L 20 SO 308/18 -, juris). Aber selbst wenn man davon ausginge, dass die Berücksichtigung der Studenten den Nachfrageranteil auch im Bereich der Vier-Personen-Haushalte geringfügig erhöhen würde, bestehen mit Blick auf den niedrigen Nachfrageanteil von 14 % und das aus dem iterativen (Annäherungs-)Verfahren (s. dazu BSG, Urteil vom 03.09.2020 - B 14 AS 34/19 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 110 Rn. 27) hergeleitete 40 %-Perzentil keine Zweifel an der ausreichenden Verfügbarkeit von Wohnraum im angemessenen Preissegment.
Dies umso mehr, als ausweislich des Konzepts (2016) in dieser Wohnungsgröße 20 % der erhobenen Angebotsmieten zum Niveau der Angemessenheitsrichtwerte angemietet werden konnten (Tab. 13). Schließlich berücksichtigt auch die erfolgte Einbeziehung der Geringverdiener ohne Leistungsbezug im Konzept die regionale Nachfragesituation, für die eine Sonderauswertung der Bundesagentur für Arbeit über die am Wohnort sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im unteren Entgeltbereich auf Ebene der kreisfreien Städte und Kreise einbezogen wurde.

Weiterer Ermittlungen zur Bestimmung der Nachfragerkonkurrenz im unteren Wohnungsmarktsegment bedurfte es zur Überzeugung des erkennenden Senats nicht. Für den Bereich des SGB II liegt umfangreiche Rechtsprechung des BSG zur Angemessenheit der Kosten der Unterkunft und dazu vor, welche Daten Grundlage eines schlüssigen Konzepts sein müssen und welche Anforderungen an diese Daten zu stellen sind. Diese gilt auch für die Ermittlungen zur Nachfragerkonkurrenz. Ermittlungen zu etwaigen weiteren Nachfragergruppen (etwa als Bezieher von Einkommen gering oberhalb der Hilfebedürftigkeit oder als trotz günstigerer wirtschaftlicher Verhältnisse an preisgünstigerem Wohnraum mit dessen zumeist niedrigerem Wohnstandard Interessierte) waren nicht veranlasst und wären auch kaum möglich. Denn neben Leistungsberechtigten für Grundsicherung und Wohngeld dürfte es kaum möglich sein, Haushalte mit zwar günstigeren wirtschaftlichen Verhältnissen, aber gleichwohl Interesse an preisgünstigem Wohnraum auch mit unterem Wohnungsstandard zu ermitteln und zu befragen. Das BSG hat denn auch in seinen Urteilen vom 30.01.2019 (B 14 AS 12/18 und 24/18 R) sowie vom 17.09.2020 (B 4 AS 22/20 R und 11/20 R) keinen Anstoß an der dortigen Ermittlung der Nachfragerkonkurrenz genommen; dabei lagen den beiden Urteilen vom 30.01.2019 sowie dem Urteil im Verfahren B 4 AS 11/20 ebenfalls methodisch entsprechende Konzepte der K2 zugrunde, worauf das LSG Nordrhein-Westfalen im Urteil vom 06.09.2021 hingewiesen hat. Dass gegen dieses Urteil die Revision zum BSG (B 8 SO 7/21 R) zugelassen wurde - allerdings nicht zur Klärung der Anforderungen an ein schlüssiges Konzept des Sozialhilfeträgers zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten nach § 35 Abs. 2 SGB XII, sondern zur Klärung der bisher offenbar höchstrichterlich nicht entschiedenen Frage, wie die Wohnungskosten des selbst nicht sozialhilfebedürftigen Partners einer Einstandsgemeinschaft bei der Ermittlung seines Einkommensüberschusses zu bemessen sind -, führt zu keiner anderen Beurteilung und gibt mit Blick auf die zur Überzeugung des erkennenden Senats ausreichenden, im Einklang mit den Ermittlungsanforderungen des BSG im Bereich des SGB II stehenden Ermittlungen auch keine Veranlassung für das Ruhen des vorliegenden Verfahrens.

Nicht zu beanstanden ist auch die Fortschreibung des Konzepts 2018 und dessen Geltung ab September 2018 unter Heranziehung des bundesweiten Verbraucherpreisindex (VPI). Diese genügt den Anforderungen der Rechtsprechung, wonach - entsprechend der Fortschreibung qualifizierter Mietspiegel nach § 558d Abs. 2 BGB - der Grundsicherungsträger im Rahmen seiner Methodenfreiheit auf diese gesetzlich ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit der Fortschreibung anhand des bundesdeutschen Verbraucherpreisindex zurückgreifen darf (BSG, Urteil vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R -
SozR 4-4200 § 22 Nr. 93 Rn. 22 <Lüneburg>). Zu der hier zugrunde gelegten Brutto-Kaltmiete von 719,10 Euro für vier Personen waren - wie ausgeführt - nunmehr 19 % der ermittelten angebotenen Wohnungen anmietbar (Tab. 8). Dass die vom Konzeptersteller parallel durchgeführte Erhebung der Angebotsmieten im Zeitraum Januar bis Juni 2018 zu höheren Brutto-Kaltmieten - und damit einer höheren Quote verfügbaren Wohnraums - käme, steht der Schlüssigkeit des Konzepts nicht entgegen. Denn die absolute Zahl der über mediale Veröffentlichungen (Tagespresse, Anzeigenblätter, Internetportale, Internetseiten der große Wohnungsanbieter etc.) ermittelten Angebotswohnungen spiegelt nicht notwendig das tatsächliche Mietniveau auf dem Wohnungsmarkt wieder. Insbesondere kann hieraus nicht abgeleitet werden, dass zu den im Konzept ermittelten Angebotsgrenzen nicht ausreichend verfügbarer Wohnraum im Vergleichsraum existiert. Denn die erhobenen Angebotsmieten stellen nur einen Ausschnitt der auf dem Markt verfügbaren Wohnungen dar und bilden deshalb den tatsächlichen Umfang des Angebotsmarkts nicht zahlgenau ab. Wie bereits der 3. Senat des LSG Baden-Württemberg in den Urteilen von 21.07.2021 (a.a.O.) ausgeführt hat, ist davon auszugehen, dass tatsächlich ein deutlich größeres Wohnungsangebot unterhalb der Angemessenheitsrichtwerte respektive in Höhe der Richtwerte zur Verfügung steht, als dieses in den ermittelten Angebotsmieten zum Ausdruck kommt, unter anderem, weil viele zumal preisgünstige Wohnungen nicht über Anzeigen vermarktet werden. Wenn der Angebotswohnungsmarkt größer ist als die Anzahl der durch Auswertung von Vermietungsanzeigen ermittelten Angebotsmieten, weil nicht alle verfügbaren Wohnungen durch Anzeigen vermarktet werden, lässt sich die ausreichende Verfügbarkeit innerhalb der Angemessenheitsgrenze liegenden freien Wohnraums nicht durch eine Gegenüberstellung der im Vergleichsraum lebenden Bedarfsgemeinschaften mit oberhalb der Angemessenheitsgrenze liegenden Unterkunftskosten und der Anzahl der zur Angemessenheitsgrenze verfügbaren Angebotsmieten ermitteln.

Auch der von der Kläger-Seite aufgeworfenen Frage, wie viele der Bedarfsgemeinschaften im ersten Monat der durchgängigen Anwendung des angewendeten Konzepts in Wohnungen mit als „angemessen oder aber als unangemessen erachteten Kosten“ gelebt haben, ist nicht nachzugehen. Denn sie gibt keinen Aufschluss über die konkrete Verfügbarkeit anmietbarer Wohnungen zu den vom Beklagten zugrunde gelegten Werten für das vorliegende Wohnungssegment (75 bis 90 m²). Zum einen haben die Prüfung der Angemessenheit des Bedarfs für die Unterkunft und der des Bedarfs für die Heizung zwar grundsätzlich getrennt voneinander zu erfolgen (BSG, Urteil vom 02.07.2009 - B 14 AS 36/08 R -, Rn. 18 m.w.N., juris), unbeschadet der Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Kostensenkungsaufforderungen (§ 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II) und der zwischenzeitlich eingeführten Gesamtangemessenheitsgrenze nach § 22 Abs. 10 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 26.07.2016 (BGBl. I 1824) (BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R -, juris Rn. 14). Gleichwohl
wird in nicht wenigen Fällen eine oberhalb der Angemessenheitsgrenze liegende (Netto- oder Brutto-) Kaltmiete durch niedrigere Heizkosten kompensiert - und umgekehrt, so dass eine separate Betrachtung der KdU zu kurz greifen würde. Zum anderen wäre die Quote der über der Angemessenheitsgrenze (für Netto- oder Brutto-Kaltmieten) liegenden Mietverhältnisse nur unter der Prämisse von Aussagekraft, dass für die betreffenden Personen gegen ihren Willen und trotz entsprechender Bemühungen keine günstigere Wohnung konkret verfügbar ist. Hiervon ist allerdings nicht auszugehen, da die Gründe, warum eine Person oder eine Bedarfsgemeinschaft in einer „unangemessenen“ Unterkunft wohnt, unterschiedlich sein können. So kann der Freibetrag aus einem Erwerbseinkommen oder bei Mehrpersonen-Bedarfsgemeinschaft ein Teil der ALG II-Regelleistung verwendet werden, um in teureren Wohnungen zu bleiben und um sich einen Umzug zu ersparen, selbst wenn Wohnungen im angemessenen Preissegment verfügbar wären. Da diese Konstellationen und Motivationslagen zahlenmäßig nicht erfasst werden und auch nicht ohne Weiteres erfassbar sind, ist die bloße Quote der in angemessenen bzw. unangemessenen Wohnungen lebenden Leistungsbezieher nach dem SGB II oder SGB XII allenfalls von begrenzter Aussagekraft und nicht geeignet, die konkrete Verfügbarkeit günstigen Wohnraums in Zweifel zu ziehen.

Der Senat hatte auch keine Veranlassung, den 24 „Beweisanträgen“ der Kläger-Seite nachzugehen. Diese stellen sich bereits nicht als prozessordnungsgemäße Beweisanträge dar (vgl. hierzu BSG SozR 1500 § 160 Nr. 45; s. auch Fichte, SGb 2000, 653, 654, 656 m.w.N.). Merkmal eines Beweisantrags ist unter anderem eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels für die Tatsache (BSG, Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - m.w.N.). An einer solchen als beweisbedürftig angesehenen Tatsachenbehauptung fehlt es bei allen 24 Anträgen, die sich in unterschiedlichen Fragestellungen an verschiedene Zeugen im Wesentlichen zu die Verfügbarkeit günstigen Wohnraums betreffenden Punkten erschöpfen. Den somit als bloße Beweisanregung zu fassenden Anträgen war nicht Folge zu leisten, da zur Überzeugung des Senats nach den obigen Darlegungen keine Zweifel an der konkreten Verfügbarkeit und Anmietbarkeit angemessenen Wohnraums in der Stadt H1 aufgrund des erstellten schlüssigen Konzepts bestehen und daher auch insoweit kein Aufklärungsbedarf von Amts wegen gesehen wird.
 
Auf der Grundlage des somit auch für Vier-Personenhaushalte schlüssigen Konzepts können die Kläger im streitigen Zeitraum nicht mehr als die bewilligte Brutto-Kaltmiete von monatlich 719,10 Euro (bei den Bewilligungen gerundet auf 720,00 Euro), zusammengesetzt aus einem Betrag von 7,99 Euro/m² (6,76 Euro/m² für Netto-Kaltmiete und 1,23 Euro/m² für Betriebskosten) x 90 m² verlangen. Sie haben weder Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen höheren Unterkunftskosten noch auf die nach den Werten nach dem WoGG plus Zuschlag von 10%; auf diese Werte ist lediglich hilfsweise bei Nichtvorliegen eines qualifizierten Mietspiegels oder eines sonstigen schlüssigen Konzepts zurückzugreifen (BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R - Rn. 30, SozR 4-4200 § 22 Nr. 101).

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.



 

Rechtskraft
Aus
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