L 4 SO 80/24

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Sozialhilfe
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 9 SO 75/20
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 SO 80/24
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze


1. Eine Überleitungsanzeige genügt den Bestimmtheitsanforderungen nach § 33 Abs. SGB X nach nicht, wenn die Überleitung lediglich dem Grunde nach erfolgt, aber der Leistungszeitraum, in dem Aufwendungen für Leistungen entstehen konnten, bereits abgeschlossen ist und daher die Leistungen bezifferbar sind.

2. Zu den Anforderungen an eine ordnungsgemäßen Anhörung vor Erlass einer Überleitungsanzeige 

3. Ein Ermessensdefizit liegt vor, wenn der Beklagte ermessenrelevante Gesichtspunkte nicht in seiner Abwägungsentscheidung berücksichtigt hat, hierzu gehören im Falle der Überleitung eines Schenkungsrückforderungsanspruchs familiäre Belange (Anschluss an BVerwG, Urteil vom 27. Mai 1993 - 5 C 7.91 - BVerwGE 92, 281, 286 - juris Rn. 18 f und BSG, Urteil vom 23. Februar 2023 – B 8 SO 9/21 R –, SozR 4-3500 § 93 Nr. 1, juris Rn. 25).
 


Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 7. Februar 2024 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.


Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Überleitungsanzeige.

Der im September 1961 geborene Beigeladene ist der Vater des Klägers. Er ist seit 2014 geschieden und lebte zuletzt – vor einem im Februar 2019 erlittenen schweren Schlaganfall – mit dem Kläger und der im April 1939 geborenen Mutter des Beigeladenen in seinem Haus A-Straße in A-Stadt. Der Beigeladene war früher als Metzger selbstständig gewesen. Seit einem Schlaganfall 2015 war er nicht mehr arbeitsfähig. Nach dem erneuten Schlaganfall am 24. Februar 2019 wurde der Beigeladene nach Krankenhaus- und Rehabilitationsaufenthalt am 23. Mai 2019 im Bereich Schwerstpflege des Pflegezentrum M., B-Stadt, vollstationär aufgenommen. Ein Grad der Behinderung von 100 und die Merkzeichen G, B, aG und H sind festgestellt.

Mit notariellem Übertragungsvertrag vom 11. Februar 2014 (Nr. 31 der Urkundsrolle für 2014 des Notars G., B-Stadt) hatte der Beigeladene dem Kläger das Eigentum an drei Grundstücken in der Gemarkung Mehlen (Grundbuch des Amtsgerichts Fritzlar von AB-Stadt Blatt 369, Nr. 1 Gemarkung AB-Stadt, Flur 2 Flurstück 40, Ackerland (tlw. Obstb), L.A. = 510,11a; Nr. 12 Gemarkung AB-Stadt, Flur 2 Flurstück 43/38, Landwirtschaftsfläche, L.B. = 100,15 a; Nr. 13, Gemarkung AB-Stadt, Flur 1 Flurstück 60/23, Landwirtschaftsfläche, Waldfläche, Unland, Verkehrsfläche L.C. = 904,30 a) im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen. Das Grundstück Nr. 1 war mit einem Altenteil für die Eltern des Beigeladenen und alle Grundstück im Wege der Mithaft mit Grundpfandrechten belastet; eine Mithaftentlassung scheiterte (vgl. notarieller Vertrag vom 16. Juni 2014, Nr. 127 der Urkundsrolle für 2014 des Notars G., B-Stadt). Mit notariellem Vertrag vom 23. April 2019 (Nr. 177 der Urkundenrolle für 2019 des Notars H., C-Stadt) verkaufte der Beigeladene dem Kläger die Hof- und Gebäudefläche, Gartenland, A-Straße (Grundbuch des Amtsgerichts Bad Wildungen von AB-Stadt, Blatt 369 Nr. 5, Flur 5 Flurstück 289/16 = 13,33 a) zu einem Kaufpreis von 240.000.00 Euro. Das Grundstück war belastet mit einem Altenteil für die Mutter des Beigeladenen und Sicherungshypotheken in Höhe von 16.436,70 Euro und 6.493,00 Euro. Der Beigeladene bestätigte in dem Vertrag, dass der Kläger für ihn Zahlungsverpflichtungen und Forderungen erfüllt habe sowie ihm darlehensweise Geldbeträge zur Lebenshaltung, zum Erhalt der Immobilie und zur Abwendung einer angeordneten Zwangsversteigerung in Höhe von 119.982,77 Euro zur Verfügung gestellt habe. Dieser Betrag wurde unter Erlass der Darlehensschuld auf die Zahlung des Kaufpreises angerechnet. Weiter übernehme der Kläger das den Großeltern eingeräumte Wohnungsrecht, das nach Vorversterben des Großvaters im Wert von 25.638,19 Euro für die Großmutter vermerkt und der Kaufpreis entsprechend reduziert wurde. Zudem räume der Kläger dem Beigeladenen ein Wohnungsrecht ein, dessen Wert mit 44.783,05 Euro angegeben und der Kaufpreis entsprechend reduziert wurde. Der Restkaufpreis in Höhe von 49.596,00 Euro sollte in monatlichen Raten von 750,00 Euro gezahlt werden, bis zur Fälligkeit der jeweiligen Teilzahlung wurde auf eine Verzinsung verzichtet. Die Vertragsparteien vereinbarten ferner, dass der Kläger die (anteiligen) Kosten für Stromversorgung und Abwasser sowie Krankenkassenbeiträge für den Verkäufer in monatlicher Höhe von 379,24 Euro zu tragen habe; der jeweilige Betrag durfte auf die monatliche Rate in Abzug gebracht werden. Der Kläger verpflichtete sich ferner, dem Beigeladenen auf Lebenszeit bei Krankheit, Gebrechlichkeit sorgsame Pflege und hauswirtschaftliche Versorgung in den Räumen des übertragenen Anwesens zu gewähren, wofür dann 350,00 Euro monatlich von der Rate in Abzug zu bringen seien. Diese Verpflichtung sollte entschädigungslos entfallen, wenn der Beigeladene sich nicht mehr in dem übertragenen Anwesen aufhält.

Unter dem 2. Mai 2019 beantragte der Kläger unter Vorlage einer Generalvollmacht des Beigeladenen vom 11. Dezember 2018 und den notariellen Verträgen bei dem Beklagten für den Beigeladenen die Übernahme der Kosten für dessen Betreuung und Pflege in einer vollstationären Einrichtung. Der Beigeladene verfüge über keinerlei Einkommen und Vermögen. Der Kläger leiste seit Jahren sämtliche Zahlungen, um das Haus zu halten, und habe durch eigene Zahlungen im Dezember 2018 dessen Zwangsversteigerung abgewendet.

Mit Schreiben vom 13. August 2019 hörte der Beklagte den Kläger zu der beabsichtigten Überleitung des Schenkungsrückforderungsanspruches unter Mitteilung des Wortlauts des beabsichtigten Bescheids an.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 5. November 2019 nahm der Kläger dahingehend Stellung, dass es sich bei dem Vertrag über das Hausgrundstück anders als bei dem Übergabevertrag 2014 nicht um eine Schenkung gehandelt habe. Einem Rückforderungsanspruch sei daher nur der Übergabevertrag zugänglich. Es werde um Mitteilung der monatlichen Aufwendungen für den Beigeladenen gebeten, damit eingeschätzt werden könne, ob und in welcher Höhe der Kläger sich zur Abwendung der Herausgabe unterhaltsrechtlich beteiligten könne. Mit demselben Schreiben überreichte der Kläger eine Aufstellung der für den Beigeladenen geleisteten Zahlungen nebst Belegen Eine detaillierte Aufstellung der Zahlungen gelangte zu den Akten.

Mit Bescheid vom 7. Februar 2020 leitete der Beklagte Schenkungsrückforderungsansprüche hinsichtlich des Übergabevertrags aus 2014 und des Grundstückskaufvertrags aus 2019 wegen der von ihm seit 23. Mai 2019 geleisteten Sozialhilfe in Form von Eingliederungshilfe sowie des sichergestellten notwendigen Lebensunterhalts in der Einrichtung und ergänzend gezahlter Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für den Beigeladenen in der Höhe der bereits entstandenen und noch entstehenden Aufwendungen auf sich über. Da der Beigeladene Sozialhilfe in Anspruch nehmen müsse und nicht in der Lage sei, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, lägen die Voraussetzungen des Schenkungsrückforderungsanspruchs vor. Die Überleitung sei gerechtfertigt, weil auf andere Weise die Kosten der Betreuung des Leistungsberechtigten ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfe nicht gedeckt werden könnten. Der Rückforderungsanspruch gehöre zum verwertbaren Vermögen. Gründe für eine Unzumutbarkeit der Verwertung wegen einer Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII seien nicht ersichtlich. Der Grundsatz des Nachranges der Sozialhilfe verlange deshalb, dass der Träger der Sozialhilfe von der Möglichkeit der Überleitung des Rückforderungsanspruchs wegen Verarmung des Schenkers Gebrauch mache. Auch sonstige sozialhilferechtliche Gesichtspunkte, die ein Absehen von der Überleitung gebieten würden, lägen nicht vor. Es werde darauf hingewiesen, dass in einem Widerspruchsverfahren nur die Rechtmäßigkeit der Überleitung geprüft werde, nicht hingegen, ob der übergeleitete Anspruch dem Grunde nach bestehe, soweit dies nicht offensichtlich sei. Den Wert der Schenkung werde der Beklagte noch ermitteln. Die Höhe der Rückforderung werde in einem gesonderten Schreiben beziffert und fällig gestellt.

Einen weiteren Bescheid gleichen Datums mit Mitteilung der Überleitungsanzeige an den Beigeladenen versandte der Beklagte an die Mutter des Klägers, welche von ihrem Sohn mit Vollmacht vom 6. November 2019 bevollmächtigt worden war, „sich um sämtliche Angelegenheiten“ betreffende seines Vaters „zu kümmern und zu handeln“, als „Betreuerin“ des Beigeladenen. Mit Bescheid vom 10. Februar 2020, adressiert an die Mutter des Klägers, bewilligte der Beklagte dem Beigeladenen Sozialhilfe in Form der Übernahme der Betreuungskosten in dem Pflegeheim einschließlich Leistungen der Grundsicherung nebst Barbetrag und Bekleidungspauschale ab dem 25. Mai 2019 nach § 19 Abs. 5 SGB XII.

Am 26. Februar 2020 erhob der Kläger anwaltlich vertreten Widerspruch gegen den Bescheid vom 7. Februar 2020 und trug erneut vor, die Überleitung sei nicht gerechtfertigt, weil das Haus nicht schenkweise übertragen, sondern verkauft worden sei. Es liege auch keine teilweise Schenkung vor. Außerdem habe er nach dem Kauf weitere Verbindlichkeiten des Vaters getilgt und zahle die vereinbarte Rate von 750,00 Euro auf den Restkaufpreis.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 2020, zugestellt am 23. Juni 2020, wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Er erbringe seit 23. Mai 2019 Sozialhilfe in Form von Eingliederungshilfe gem. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII, den notwendigen Lebensunterhalt in der Einrichtung nach § 27b SGB XII und ergänzende Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Eine Überleitung werde nur dann nicht vorgenommen, wenn offensichtlich sei, dass kein Rückforderungsanspruch bestehe, so genannte Negativevidenz. Dies sei hier jedoch nicht der Fall. Insoweit ging der Beklagte im Einzelnen auf die Einwendungen des Klägers gegen das Vorliegen einer Schenkung ein. Neben dem Hausgrundstück seien weitere Grundstücke veräußert worden, auf die mit dem Widerspruch nicht eingegangen worden sei, das Vorliegen einer Negativevidenz sei auch in diesem Fall zu verneinen.

Hiergegen hat der Kläger am 20. Juli 2020 Klage beim Sozialgericht Kassel erhoben, das mit Beschluss vom 18. August 2020 den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht Marburg verwiesen hat. Mit Beschluss vom 19. November 2020 hat das Amtsgericht Fritzlar – Betreuungsgericht – die Mutter des Klägers und Frau K. jeweils zu einzelvertretungsberechtigten Betreuerinnen des Beigeladenen bestellt. Folgende Aufgabenkreise sind erfasst gewesen: Sorge für die Gesundheit Aufenthaltsbestimmung Vermögenssorge Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post, Vertretung gegenüber Heim- und Klinikleitung, Behörden, Versicherungen und sonstigen Institutionen Wahrnehmung der Rechte d. Betroffenen gegenüber d. Bevollmächtigten (gemeint: der Kläger).

Zur Begründung hat der Kläger inhaltliche Einwendungen gegen die Annahme einer Schenkung bezüglich des Hausgrundstücks vorgetragen. Die vereinbarte Höhe des Kaufpreises entspreche dem Verkehrswert des Hausgrundstücks. Er verweist auf die weitere laufende Zahlung des Kaufpreises in den vereinbarten Raten in Höhe von 750 Euro, sowie auf weitere nach dem Kaufvertrag übernommene Verpflichtungen des Vaters in Höhe von 119.982,77 Euro und 9.890,79 Euro. Er zahle zusätzlich für seinen Vater dessen Anteil an den Betriebskosten und verbrauchsabhängigen Kosten für das Hausgrundstück sowie dessen Krankenkassenbeitrag. Das Wohnrecht des Beigeladenen sei nicht entfallen, es ruhe lediglich. Auch der Übergabevertrag 2014 sei nicht unentgeltlich gewesen, da der Kläger die damals noch voll valutierte Grundschuld i. H. v. 65.000 Euro und weitere Belastungen übernommen habe. Die Grundstücke Flurstücke 40 und 43/28 im Grundbuch von AB-Stadt Bl. 481 seien gelöst worden. Das Flurstück 40 sei in 40/1 und 40/3 zerlegt worden, das Flurstück 43/28 in 40/2 und 43/42. Der Kläger habe die Flurstücke 40/1 und 40/2 verkauft und den Verkaufserlös für die Regulierung von Schulden des Beigeladenen eingesetzt bzw. zur Gründung seiner eigenen wirtschaftlichen Existenz als Fleischermeister. Das Nichtbestehen eines Schenkungsrückforderungsanspruchs sei daher offensichtlich. Eine ordnungsgemäße Anhörung sei nicht erfolgt. Dafür habe der Betreuer des Vaters angehört werden müssen. Eine Anhörung über ihn - den Kläger - sei allein wegen der bestehenden Interessenkollision nicht zulässig gewesen.

Der Beklagte hat auf die Ausführungen in den angegriffenen Bescheiden und insbesondere auf die bei einer Überleitungsanzeige nur zu prüfende Negativevidenz hingewiesen. Er hat daran festgehalten, dass bezüglich des Übertragungsvertrages 2014 eine Schenkung und bezüglich des Hausgrundstücks zumindest eine gemischte Schenkung vorliege, da Leistung und Gegenleistung in einem offensichtlichen Missverhältnis stünden. Jedenfalls bestehe keine Negativevidenz hinsichtlich der übergeleiteten Forderung. Der Kläger habe nicht in Abrede gestellt, dass mit notariellem Vertrag vom 11. Februar 2014 landwirtschaftlich genutzte Grundstücke schenkweise übertragen worden seien. Bereits bei Bestellung des Wohnrechts für den Beigeladenen müsse klar gewesen sein, dass dieses Recht nicht mehr in Anspruch genommen werden konnte, so dass fraglich sei, ob der veranschlagte Wert des Wohnrechts berechtigt vom Kaufpreis in Abzug gebracht werden könne. Fraglich sei ebenfalls, ob die Tilgung der Schulden des Beigeladenen durch den Kläger ein Darlehen darstelle – ein Darlehensvertrag liege nicht vor. Bereits seit dem Jahr 2015 sei der Beigeladene nicht mehr in der Lage gewesen, seinen laufenden Verpflichtungen nachzukommen und habe daher auch ein mögliches Darlehen nicht bedienen können. Auffällig sei, dass ein nicht geringer Teil der angeblich darlehensweise gewährten Zahlungen die Kosten des Wohnens im Haus selbst beträfen und daher auch dem Kläger selbst zugutegekommen seien. Nach dem Vollzug der notariellen Verträge sei der Beigeladene vermögenslos gewesen.

Die Anhörung des Klägers vor Erlass des Bescheides hat der Beklagte für ausreichend gehalten. Es sei nicht Aufgabe der Behörde, den Betroffenen entgegensprechende Gründe geradezu in den Mund zu legen. Eine gesonderte Anhörung oder Befragung des Beigeladenen sei nicht erforderlich gewesen, weil der Kläger diesen im Rahmen der notariell erteilten Generalvollmacht vertrete und daher ausreichend Gelegenheit bestanden habe, sämtliche relevanten Belange vorzutragen. Zudem sei der Vater aufgrund seiner eingetretenen Behinderung zur eigenen Stellungnahme gar nicht mehr in der Lage gewesen. Außerdem sei der Bescheid auch der Betreuerin des Vaters zugestellt worden, die jedenfalls daraufhin entsprechend hätte vortragen können; ein eventueller Anhörungsmangel sei daher jedenfalls gem. § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X geheilt. Auch das Ermessen sei im streitgegenständlichen Bescheid ordnungsgemäß ausgeübt worden. Sonstige Umstände, insbesondere familiäre Belange des Klägers oder des Schenkers seien nicht vorgetragen worden und hätten daher nicht in die Ermessensausübung einbezogen werden können. Der Nachrang der Sozialhilfe sei jedenfalls ein zulässig zu berücksichtigender Belang im Rahmen der Ermessensentscheidung.

Mit Urteil vom 7. Februar 2024 hat das Sozialgericht den Bescheid des Beklagten vom 7. Februar 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Juni 2020 aufgehoben. Dem Grunde nach komme ein Schenkungsrückforderungsanspruch des beigeladenen Vaters des Klägers gegen diesen wegen Verarmung gemäß § 528 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in Betracht. Für die Wirksamkeit der Überleitung genüge bereits, dass ein überleitungsfähiger Anspruch nicht von vornherein objektiv ausgeschlossen sei; zu prüfen sei nur die so genannte Negativevidenz. Diese liegt hier nicht vor. Die Überleitungsanzeige sei zur Überzeugung der Kammer jedoch deshalb rechtswidrig, weil der Beklagte den Kläger nicht ordnungsgemäß angehört und bei seiner Entscheidung das ihm zustehende Ermessen nicht pflichtgemäß ausgeübt habe. 

Gegen das ihm am 1. Juli 2024 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 17. Juli 2024 Berufung eingelegt.

Der Beklagte vertritt die Auffassung, es liege kein Fall des Ermessensausfalls bzw. des Ermessensnichtgebrauchs vor. Ergänzend zu seinem erstinstanzlichen Vortrag führt er aus, die Ausführungen (Seite 10, 3. Absatz) in der erstinstanzlichen Entscheidung zum Ermessensausfall seien spekulativ und entbehrten jeglicher Grundlage. Die Anhörung im Schreiben vom 13. August 2019 enthalte den ausdrücklichen Hinweis auf eine Ermessenentscheidung verbunden mit dem Hinweis darauf, dass der Kläger Einwendungen gegen die Überleitung machen könne. Im Zeitpunkt der Anhörung seien Einzelheiten zu den familiären Verhältnissen des Klägers nicht bekannt gewesen. Mit Anwaltsschreiben vom 5. November 2019 sei er zwar der Forderungsüberleitung entgegengetreten, habe aber zu Umständen, die aus familiären Gründen einer Anspruchsüberleitung entgegenstehen könnten, nicht mitgeteilt. Eine weitere Sachaufklärung sei daher nicht geboten gewesen. Auch im Widerspruchsverfahren sei der Kläger sachkundig vertreten gewesen, weshalb die Erwägung des Sozialgerichts, es müsse im Rahmen der Anhörung umfassend auf mögliche Einwendungen hingewiesen werden, nicht durchgreife. Er – der Beklagte – habe daher auch ohne den entsprechenden Vortrag keine diesbezüglichen Ermittlungen durchführen müssen. Der fehlende Vortrag spreche gegen das Vorliegen solcher Umstände und dafür, dass solche Einwendungen erst im Rahmen der Ermessensausübung Berücksichtigung zu finden brauchten, die konkret vorgetragen worden seien. Die Verwaltung könne den Bürger nur zu solchen Umständen anhören, die sie selbst als entscheidungserheblich betrachte und auf die sie ihre Entscheidung zu stützen gedenke. Der Inhalt des Bescheides selbst vermittele dem Kläger hinreichende Kenntnis, um sich zur Ausschöpfung seines Rechts auf rechtliches Gehör weitere Tatsachen Kenntnis zu verschaffen. Zu einem Anhörungsmangel führten derartige Umstände jedenfalls nicht. Ob Schenkungen oder gemischte Schenkungen vorlägen, unterliege der Beurteilung der Zivilgerichte. Im sozialgerichtlichen Verfahren unerheblich sei, wenn der Kläger einen Teil des Restkaufpreises zwischenzeitlich gezahlt habe.

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 7. Februar 2024 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger nimmt auf seinen erstinstanzlichen Vortrag und die nach seiner Auffassung zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Urteils Bezug. Die Überleitungsanzeige sei rechtswidrig, weil der Beklagte ihn nicht ordnungsgemäß angehört und bei seiner Entscheidung das ihm zustehende Ermessen nicht pflichtgemäß ausgeübt habe. Der Beklagte habe ihn - den Kläger - im Rahmen der Anhörung nicht nur über die rechtserheblichen Tatsachen, sondern auch über deren Entscheidungserheblichkeit und die Tatsache, dass eine Ermes¬sensentscheidung zu treffen sei, aufzuklären. Dies sei nicht geschehen. Es sei Verpflichtung des Beklagten und nicht des Klägers, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und dabei alle für die Entscheidung relevanten, auch für die Beteiligten günstigen, Umstände zu ermitteln. In diesem Zusammenhang könne sich der Beklagte auch nicht darauf berufen, das er – der Kläger – im Widerspruchsverfahren sachkundig vertreten gewesen sei. Die anwaltliche Vertretung entbinde den Beklagten nicht von seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Sachverhaltsermittlung, die vor der Ermessensausübung vorzunehmen sei. Bereits im Schreiben vom 5. November 2019 habe er – der Kläger – familiäre Gründe, die einer Überleitung entgegenstünden, benannt, hierauf sei aber keine Ermittlung erfolgt. Insbesondere sei nicht zugunsten des Klägers ermittelt und berücksichtigt worden, dass er bereits lange vor der Übertragung des Hausgrundstücks in erheblichen Umfang Verantwortung für den Lebensunterhalt seines — kranken — Vaters und auch für dessen Verbindlichkeiten aus der früheren selbstständigen Tätigkeit der Landmetzgerei übernommen habe. Hinzu komme, dass er zur Abwendung eines Zwangsversteigerungsverfahrens das Hausgrundstück seines Vaters unter Ablösung aller vorhandenen Verbindlichkeiten im Wege eines Kaufs habe übernehmen müssen. Des Weiteren habe er bezüglich des von ihm übernommenen Hauses das Wohnungsrecht seiner Großmutter in der ersten Etage und das Wohnungsrecht seines Vaters in der zweiten Etage vorhalten müssen. Damit habe er, ohne weitere Sozialhilfeleistungen zu beantragen, innerfamiliär seinen Vater unterstützt, um das Wohnhaus und die Wohnrechte zu erhalten. Im Rahmen des Hauskaufs habe er Zahlungsverpflichtungen seines Vaters in Höhe von 119.982,77 Euro übernommen. Des Weiteren habe er im Jahr 2020 für seinen Vater an dritte Gläubiger weitere 9.890,79 Euro gezahlt. Darüber hinaus zahle er an die Pflegestation, M. KG, monatliche Raten von 750,00 Euro, bislang insgesamt 36.250,00 Euro zur Abzahlung des restlichen Barkaufpreises von 49.596,00 Euro aus dem Hauskauf. Ferner zahle er seit Übernahme des Hausgrundstücks im Frühjahr 2014 zusätzlich die monatlichen Kosten für Stromversorgung, Wasser, Abwasser mit monatlich ca. 300,00 Euro, da er nicht nur das Haus zu unterhalten, sondern auch die beiden dort vorhandenen Wohnungsrechte zu gewährleisten habe. Des Weiteren habe er im Zuge der Übernahme von weiteren landwirtschaftlichen Grundstücken seines Vaters noch Gegenleistungen von insgesamt 125.564,60 Euro nebst Zinsen und Nebenleistungen übernommen. Aus diesen Zahlen sei ersichtlich, dass entgegen der Auffassung des Beklagten keine gemischten Schenkungen vorlägen, sondern dass Leistung und Gegenleistung bei den Grundstücksübertragungen im angemessenen Verhältnis stünden, sodass ein überzuleitendes Rückforderungsrecht des Beklagten nach § 528 BGB nicht gegeben sei.

Der Beigeladene stellt keine Anträge.

Der Beigeladene teilt mit, dass der Kläger auf den noch ausstehenden Kaufpreis in Höhe von 49.596,00 Euro aus dem Hausverkauf – A-Straße in A-Stadt 750,00 Euro monatlich zur Zahlung bringe und bisher einen Betrag in Höhe von 36.000,00 Euro (48 Zahlungen à 750,00 Euro) auf die Heimkosten des Beigeladenen gezahlt habe.

Mit Schriftsatz vom 14. Februar 2025 haben der Kläger, mit Schriftsatz vom 18. Februar 2025 der Beigeladene und mit Schriftsatz vom 24. April 2024 der Beklagte übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte verwiesen, der Gegenstand der Beratung gewesen sind.


Entscheidungsgründe

Der Senat konnte nach §§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten hierzu übereinstimmend ihr Einverständnis erteilt haben.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Zutreffend hat das Sozialgericht mit dem angefochtenen Urteil den Bescheid des Beklagten vom 7. Februar 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Juni 2020 aufgehoben. Denn die Überleitungsanzeige ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Verwaltungsakt ist § 93 Abs. 1 Zwölftes Sozialgesetzbuch (SGB XII) – Sozialhilfe. Hat eine leistungsberechtigte Person oder haben bei Gewährung von Hilfen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel auch ihre Eltern, ihr nicht getrennt lebender Ehegatte oder ihr Lebenspartner für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, einen Anspruch gegen einen anderen, der kein Leistungsträger im Sinne des § 12 des Ersten Buches ist, kann danach der Träger der Sozialhilfe durch schriftliche Anzeige an den anderen bewirken, dass dieser Anspruch bis zur Höhe seiner Aufwendungen auf ihn übergeht (Satz 1).

Der streitgegenständliche Verwaltungsakt ist formell rechtswidrig.

Der Beklagte war als überörtlicher Träger der Sozialhilfe in Hessen gem. §§ 98, 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i. V. m. §§ 2 Abs. 2, 1 Abs. 1 Satz 2 HAG SGB XII i. d. F. bis 31. Dezember 2019 für die Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe bis 31. Dezember 2019 zuständiger Leistungsträger und damit auch für den Erlass der Überleitungsanzeige zuständig (Armbruster in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 4. Aufl., § 93 SGB XII [Stand: 1. Mai 2024], Rn. 165).

Die nach § 93 Abs. 2 Satz 1 SGB XII erforderliche Schriftform hat der Beklagte mit dem streitgegenständlichen Bescheid eingehalten.

Die Überleitungsanzeige ist jedoch nicht hinreichend bestimmt i. S. v. § 33 Abs. 1 Zehntes Sozialgesetzbuch (SGB X) – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz. Die Vorschrift verlangt, dass der Adressat des Verwaltungsakts unter Berücksichtigung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen, objektiven Erklärungsempfängers - unter Berücksichtigung der Begründung des Bescheids und auch der Begründung im Widerspruchsbescheid, die zur Auslegung herangezogen werden kann (Engelmann in Schütze, SGB X, 9. Aufl. 2020, § 33 Rn. 4) - in der Lage sein muss, aus dem Verfügungssatz der Entscheidung das von ihm Geforderte zu erkennen und sein Verhalten danach auszurichten (vgl. nur BSG, Urteil vom 23. März 2010 - B 8 SO 2/09 R - SozR 4-5910 § 92c Nr. 1, Rn. 11). Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts (BSG, Urteil vom 23. Februar 2023 – B 8 SO 9/21 R –, SozR 4-3500 § 93 Nr. 1, Rn. 17). Für die Überleitungsanzeige nach § 93 SGB XII bedeutet dies, dass sowohl die Überleitung selbst als auch der übergeleitete Anspruch in der Überleitungsanzeige klar benannt und erkennbar, zumindest identifizierbar sein, sowie die Angabe von Gläubiger und Schuldner enthalten muss. (Armbruster in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 4. Aufl., § 93 SGB XII [Stand: 1. Mai 2024], Rn. 169). Hängt der Übergang des Anspruchs nicht allein von der Überleitungsanzeige, sondern daneben von der tatsächlichen, im Zeitpunkt der Herausgabe der Überleitungsanzeige nicht notwendig bestimmbaren Hilfeleistung ab, so muss nach dem System der gesetzlichen Regelung nicht notwendigerweise beziffert werden (BVerwG Urteil vom 17. Mai 1973 - V C 108.72 - BVerwGE 42, 198, 201 - juris Rn. 14; vgl. auch BVerwG vom 5. Mai 1983 - 5 C 112.81 - BVerwGE 67, 163, 165 - juris Rn. 9; vgl. aber BSG vom 29. August 2019 - B 14 AS 50/18 R - BSGE 129, 80, juris Rn. 15 ff zur ausschließlich isolierten Feststellung der Sozialwidrigkeit im Anwendungsbereich des § 34 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - <SGB II>; vgl. zu Bestimmtheitsanforderungen bei noch laufender Leistungsgewährung Senatsbeschluss vom 7. November 2023 – L 4 SO 202/21 –, jurs Rn. 25; s. auch Conradis in: LPK-SGB XII, 13. Auflage 2024, § 93 Rn. 41). Dies folgt auch aus § 93 Abs. 2 SGB XII, der als Rechtsfolge der Überleitung die Wirkung für die nachfolgende Zeit der ununterbrochenen Leistungsgewährung bestimmt, was die fehlende Bezifferbarkeit zum Zeitpunkt der Überleitung voraussetzt (BSG, Urteil vom 23. Februar 2023 – B 8 SO 9/21 R –, SozR 4-3500 § 93 Nr. 1, juris Rn. 18).

Soweit der Beklagte daher mit Bescheid vom 7. Februar 2020 lediglich die Überleitung des Schenkungsrückforderungsanspruchs in Bezug auf „am 11.02.2014 und 23.04.2019“ übergebene „Grundstücke von AB-Stadt, Flur 2 Flurstück 40, 43/38, Flur 1 Flurstück 60/23 und Flur 5 Flurstück 289/16“ dem Grunde nach geltend macht, indem er „den Rückforderungsanspruch nach § 528 BGB in Verbindung mit den §§ 812 ff. BGB gegen [den Kläger] in Höhe der (…) bereits entstandenen und noch entstehenden Aufwendungen“ auf sich übergeleitet hat, war die Überleitung lediglich dem Grunde nach nicht hinreichend bestimmt. Der Beklagte durfte insoweit den streitgegenständlichen Schenkungsrückforderungsanspruch nicht lediglich dem Grunde auf sich überleiten, denn der Leistungszeitraum, in dem Aufwendungen für Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem sechsten Kapitel des SB XII entstehen konnten, hatte bereits mit dem 31. Dezember 2019 geendet. Auch das sozialhilferechtliche Rechtsverhältnis zu dem Beklagten endete zu diesem Zeitpunkt. Die Leistungen der Eingliederungshilfe nach Teil 2 des Neunten Sozialgesetzbuchs (SGB IX) – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen (i. d. F. des Bundesteilhabegesetzes [BTHG], n.F.), sind zum 1. Januar 2020 ausdrücklich aus dem Recht der Sozialhilfe herausgelöst worden (vgl. § 28a Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil – [SGB I] idF des BTHG und dazu BT-Drucks. 18/9522 S. 320) und werden auf Grundlage eines vom Gesetzgeber neu geschaffenen Leistungssystems und (auf Grundlage von § 94 Abs. 1 SGB IX n. F. i. V. m. den zum 1. Januar 2020 getroffenen landesrechtlichen Bestimmungen) von einem anderen Leistungsträger (Eingliederungshilfeträger) erbracht (BSG, Urteil vom 28. Januar 2021 – B 8 SO 9/19 R –, BSGE 131, 246, juris Rn. 19), selbst wenn dieser bei derselben Körperschaft angesiedelt ist. Auch für die Erbringung der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII war der Beklagte aufgrund der mit dem BTHG erfolgten Trennung von Fach- und Lebensunterhaltsleistungen nicht mehr – auch nicht in seiner Funktion als überörtlicher Träger der Sozialhilfe - zuständig, vgl. § 2 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 2 Hessisches Ausführungsgesetz zum Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (HAG/SGB XII) - Sozialhilfe - vom 13. September 2018 (GVBl. 2018, 590, 594 m. W. v. 1. Januar 2020). Dementsprechend teilte der Kreisausschuss des Landkreises Waldeck-Frankenberg als zuständiger örtlicher Träger der Sozialhilfe dem Beklagten mit Schreiben vom 20. Januar 2020 mit, dass der Beigeladene einen Anspruch auf Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII (Bedarfe nach §§ 42, 27a, 30 Abs. 1 Nr. 2, 42a Abs. 1 SGB XII habe, und legte einen Berechnungsbogen für die ausgezahlten Leistungen vor.

Der Überleitungsanspruch hing daher nicht von im Zeitpunkt der Herausgabe der Überleitungsanzeige nicht notwendig bestimmbaren Hilfeleistung ab, so dass es möglich und zumutbar war, die Höhe der bis 31. Dezember 2019 erbrachten Leistungen zu beziffern. Dies ist nicht – auch nicht im Widerspruchsbescheid – erfolgt.

Auch hinsichtlich des Erfordernisses, dass sowohl die Überleitung selbst als auch der übergeleitete Anspruch in der Überleitungsanzeige klar benannt und erkennbar, zumindest identifizierbar sein muss, begegnet die Bestimmtheit des streitgegenständlichen Verwaltungsakts Bedenken. Zwar wird aus dem Inhalt des Bescheids vom 7. Februar 2020 deutlich, dass sich der übergeleitete Schenkungsrückforderungsanspruch auf die mit Verträgen vom 11. Februar 2014 und 23. April 2019 vom Beigeladenen dem Kläger übergebenen und im Bescheid näher bezeichneten – Grundstücke bezieht. Indessen ist aus dem Bescheid heraus nicht erkennbar, welchen Wert der Beklagte diesen Grundstücken und dem Schenkungsrückforderungsanspruch beigemessen hat, und in welcher Höhe die Überleitung erfolgt. Die Mängel wurde auch nicht durch den Inhalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Juni 2020 geheilt, in dem erneut die Höhe der erbrachten Leistungen nicht beziffert wurden. Auch der Wert des übergeleiteten Schenkungsrückforderungsanspruchs wird hier nicht weiter bestimmt. Zwar gibt der Beklagte verschiedene Beträge, wie etwa die Höhe des vereinbarten Kaufpreises, den Wert eines vereinbarten Wohnrechts an, ob und inwieweit diese für die Bestimmung der Höhe des übergeleiteten Anspruchs – nach Auffassung des Beklagen - relevant sind, wird nicht ausgeführt, so dass diese auch nicht aus dem Verwaltungsakt heraus bestimmbar ist.

Der Beklagte hat den Kläger vor Erlass der Überleitungsanzeige als belastendem Verwaltungsakt angehört, § 24 Abs. 2 SGB X. Nach dieser Vorschrift ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Erhebliche Tatsachen sind alle Tatsachen, auf die die Behörde den Verfügungssatz des Bescheides zumindest auch gestützt hat oder auf die es nach ihrer materiell-rechtlichen Ansicht objektiv ankommt (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2012 – B 10 LW 2/11 R –, SozR 4-1300 § 24 Nr. 5, juris Rn. 35). Der Beklagte hat den angefochtenen Bescheid auf § 93 SGB X gestützt, der der zuständigen Behörde ein Ermessen hinsichtlich der Überleitung eines Anspruchs einräumt. Entscheidungserheblich und deshalb mitzuteilen sind deshalb auch die Tatsachen, die die Behörde im Rahmen einer Ermessensentscheidung berücksichtigen muss und kann. Die Anhörungspflicht bezieht sich daher auf alle Tatsachen, die für die Ausübung von Ermessen von Bedeutung sind, und macht einen Hinweis darauf erforderlich, dass es sich bei der beabsichtigten Entscheidung um eine Ermessensentscheidung handelt. Denn nur so wird der Bürger in die Lage versetzt, weitere Ermessensgesichtspunkte vortragen zu können. Um den Zweck der Anhörung erreichen zu können, sind dem Beteiligten die Tatsachen derart zu unterbreiten, dass er diese als entscheidungserheblich erkennen kann und er in die Lage versetzt wird, sich hierzu – ggf. nach Nachfrage bei der Behörde – sachgerecht zu äußern. (Apel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 3. Aufl., § 24 SGB X [Stand: 15. November 2023], Rn. 30). Diesen Anforderungen genügt das Anhörungsschreiben vom 13. August 2019 noch (gerade), wenn der Beklagte hier ausführt und Gelegenheit gegeben hat hierzu Stellung zu nehmen: „Der Grundsatz des Nachranges der Sozialhilfe (§ 2 SGB XII) verlangt deshalb, dass der Träger der Sozialhilfe von der Möglichkeit der Überleitung des Rückforderungsanspruches wegen Verarmung des Schenkers Gebrauch macht. Auch sonstige sozialhilferechtliche Gesichtspunkte, die ein Absehen von der Überleitung gebieten würden, liegen nicht vor.“ Auch wenn der verwendete Begriff „verlangt“ nicht auf die Eröffnung eines Ermessensspielraums hindeutet, wird doch durch den Hinweis auf „ein Absehen von der Überleitung“ ein Entscheidungs- und Handlungsspielraum des Beklagten hinsichtlich jedenfalls des „Obs“ der Überleitung unter bestimmten „Gesichtspunkten“ deutlich. Damit wurde dem Kläger eine hinreichende Möglichkeit eröffnet, über den genannten Nachranggrundsatz hinausgehende, aus seiner Sicht in die Ermessenerwägungen einzustellenden Tatsachen vorzubringen. Da § 93 SGB XII – anders als etwa § 45 SGB X hinsichtlich des Vertrauensschutzes (vgl. zu den Anforderungen an die Anhörung im Rahmen von § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X sowie § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X Apel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 3. Aufl., § 24 SGB X [Stand: 15. November 2023], Rn. 30 m. w. N.) – keine näheren materiellen Anforderungen an die Ermessensausübungen knüpft, bestand auch keine weitere Verpflichtung des Beklagten unter Zugrundelegung seiner materiellen Rechtsauffassung – quasi – im Vorgriff auf eine Stellungnahme des Klägers auf bestimmte ggf. relevante Aspekte hinzuweisen.

Soweit das Sozialgericht – gestützt auf die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 23. Februar 2023 – B 8 SO 9/21 R –, SozR 4-3500 § 93 Nr. 1, juris) – von einem Anhörungsmangel ausgegangen ist, weil der Beklagte im Rahmen der Anhörung des Klägers nicht ausdrücklich familiäre Umstände bezeichnet hat, mag dies zwar zu einem Ermittlungsdefizit führen, das sich jedoch nicht als Verstoß gegen § 24 SGB X darstellt, sondern nach Auffassung des Senats zu einer fehlerhaften Ermessensausübung führen kann. Denn zur Beantwortung der Frage, ob im Anwendungsbereich des § 24 SGB X ein Anhörungsfehler vorliegt, ist von der materiell-rechtlichen Rechtsansicht der angeblich fehlerhaft handelnden Verwaltungsbehörde auszugehen, mag sie auch falsch sein (BSG, Beschluss vom 10. August 2010 – B 13 R 140/10 B, BeckRS 2010, 72578 Rn. 8, beckonline). Der streitgegenständliche Verwaltungsakt ist weiterhin auch materiell rechtswidrig.

Tatbestandlich ist für die Überleitung als Magistralzession nach § 93 SGB XII nur erforderlich, dass ein überleitungsfähiger Anspruch überhaupt in Betracht kommt, er also nicht von vornherein objektiv ausgeschlossen ist. In der Sozialhilfe dient die Überleitung eines Anspruchs - neben den Vorschriften über den Einsatz eigenen Einkommens und Vermögens - dazu, den Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII) zu realisieren, weshalb die Vorschriften über die Überleitung von Ansprüchen bedarfsorientiert gesehen werden. Entscheidend ist also nicht, ob ein Anspruch tatsächlich besteht, sondern dass die Überleitung für einen Zeitraum erfolgt, für den Leistungen der Sozialhilfe tatsächlich gewährt worden sind (BSG, Urteil vom 23. Februar 2023 – B 8 SO 9/21 R –, SozR 4-3500 § 93 Nr. 1, juris Rn. 19; vgl zu § 90 BSHG aF BVerwG vom 26.11.1969 - V C 54.69 - BVerwGE 34, 219, 221 - juris RdNr 7). Nur wenn offensichtlich ist, dass dieses Ziel nicht verwirklicht werden kann - sog Negativevidenz - ist der Erlass einer Überleitungsverfügung sinnlos und trotz Vorliegens aller im Gesetz normierten Voraussetzungen als rechtswidrig aufzuheben (BSG, Urteil vom 23. Februar 2023 – B 8 SO 9/21 R –, SozR 4-3500 § 93 Nr. 1, juris Rn. 19 m. w. N.).

Der vom Beklagten geltend gemachte Schenkungsrückforderungsanspruch nach § 528 BGB ist nicht offensichtlich ausgeschlossen. Auf die zutreffenden diesbezüglichen Ausführungen in der erstinstanzlichen Entscheidung (Umdruck S. 6 letzter Absatz bis S. 7 zweiter Absatz) nimmt der Senat Bezug und sieht insoweit von der Darstellung eigener Entscheidungsgründe ab, § 153 Abs. 2 SGG).

Nach § 93 Abs. 1 Satz 1 SGB XII kommt die Überleitung weiter nur in Betracht, wenn für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, ein Anspruch gegen einen anderen besteht. Der Zeitraum, für den Leistungen gewährt werden, muss mit der zeitlichen Leistungspflicht des Dritten übereinstimmen (sog. Zeitraumidentität). Nicht erforderlich ist, dass der überzuleitende Anspruch gleichzeitig mit dem Sozialhilfeanspruch entstanden oder fällig geworden ist. Ausreichend ist, dass er in dem in der Bewilligung ausgesprochenen Zeitraum noch fällig und nicht erfüllt ist (Armbruster in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 4. Aufl., § 93 SGB XII [Stand: 1. Mai 2024], Rn. 125). Dies ist hier der Fall.

Die Frage, ob die Rechtmäßigkeit der Leistungserbringung auch ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der Überleitung nach § 93 SGB XII ist, oder ob die Tatbestandswirkung der faktischen Gewährung von Sozialhilfe selbst bei Rechtswidrigkeit nach der Wertung der §§ 44 ff SGB X die Überleitung rechtfertigt (vgl. zum Meinungsstand BSG, Urteil vom 23. Februar 2023 – B 8 SO 9/21 R –, SozR 4-3500 § 93 Nr. 1, juris Rn. 22, m. w. N.) kann der Senat offen lassen.

Die Überleitungsanzeige leidet an einem Ermessensfehler. § 93 Abs. 1 Satz 1 SGB XII verleiht (auch) dem (vermeintlichen) Drittschuldner einen Anspruch auf fehlerfreie Ausübung des Ermessens, ob übergeleitet wird. Dabei liegt ein Ermessensfehlgebrauch neben dem Verfolgen eines unsachlichen Motivs oder eines sachfremden Zwecks (Ermessensmissbrauch) auch dann als Abwägungsdefizit vor, wenn die Behörde nicht alle Ermessensgesichtspunkte, die nach der Lage des Falls zu berücksichtigen sind, in die Entscheidungsfindung einbezogen hat. Dies ist dann der Fall, wenn sie die abzuwägenden Gesichtspunkte rechtlich fehlerhaft gewichtet hat (Abwägungsdisproportionalität) oder wenn sie ihrer Ermessensbetätigung einen unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt hat. Deshalb ist in tatsächlicher Hinsicht zu überprüfen, ob die Behörde die Tatsachen, die sie ihrer Ermessensentscheidung zugrunde gelegt hat, zutreffend und vollständig ermittelt hat (BSG, Urteil vom 23. Februar 2023 – B 8 SO 9/21 R –, SozR 4-3500 § 93 Nr. 1 juris Rn. 23). Eine Ermessenentscheidung beruht dabei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auf einer unvollständigen Sachverhaltsermittlung und ist daher ermessensfehlerhaft, wenn bei einer Überleitungsanzeige der bisherige Gläubiger des Rückforderungsanspruchs vor der Überleitung nicht angehört und damit keine ausreichende Tatsachengrundlage geschaffen worden ist, die die Besonderheiten im Verhältnis des Drittschuldners zu den Hilfeempfängern hätten erkennbar werden lassen und die Einbeziehung solcher Gesichtspunkte in die Ermessensentscheidung erst ermöglicht hätten (BSG, Urteil vom 23. Februar 2023 – B 8 SO 9/21 R –, SozR 4-3500 § 93 Nr. 1, juris Rn. 24).

Eine Anhörung des Beigeladenen nach § 24 SGB X ist zwar unterblieben. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Anhörung des Beigeladenen nicht zugleich mit der Anhörung des Klägers durch das Anhörungsschreiben vom 13. August 2019. Zwar war der Kläger zum Zeitpunkt der Anhörung über die notariell beglaubigte General- und Vorsorgevollmacht vom 11. Dezember 2018 Vertreter des Beigeladenen und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit, so dass diesem – dem Kläger - Gelegenheit zu geben gewesen wäre, sich für den Vertretenen zu äußern (BeckOGK/Mutschler, 15. Februar 2024, SGB X § 24 Rn. 21, beck-online). Diese Gelegenheit hat der Beklagte mit dem an den Kläger adressierten Anhörungsschreiben vom 13. August 2019 jedoch nicht eröffnet, denn es hieraus nicht erkennbar, dass der Kläger aufgefordert war, sich (auch) im Namen des Beigeladenen für diesen zu äußern. Angesprochen wird in dem Anhörungsschreiben, welches den Text des streitgegenständlichen Bescheids wiedergibt, der Kläger selbst als Beschenkter, während der Beigeladene als „Schenker“ bzw. „Herr C. A.“ bezeichnet wird. Dass der Kläger (zugleich auch) im sozialhilferechtlichen Verwaltungsverfahren als Vertreter des Beigeladenen i. S. v. § 13 SGB X agierte, wird in keiner Weise erwähnt, so dass nicht ersichtlich ist, dass der Beklagte auch die Anhörungsrechte des Beigeladenen wahren wollte.

Der Anhörungsfehler ist allerdings im Widerspruchsverfahren nach § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X geheilt worden. Danach ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 40 SGB X nichtig macht, unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird. Dies setzt voraus, dass dem schon im Bescheid oder auf andere Weise die entscheidungserheblichen Tatsachen zur Kenntnis gebracht werden, sodass er sich zu ihnen sachgerecht äußern kann (BeckOGK/Sandbiller, 15. November 2024, SGB X § 41 Rn. 23, beck-online). Eine solche Möglichkeit der Kenntnisnahme der der entscheidungserheblichen Tatsachen durch den Beigeladenen ist durch die vollständige Bekanntgabe des streitgegenständlichen Bescheids erfolgt. Die Übersendung der Überleitungsanzeige mit Bescheid vom 7. Februar 2020 an die Mutter des Klägers reicht dabei für eine Bekanntgabe aus. Zwar war die Mutter des Klägers – die geschiedene Ehefrau des Beigeladenen – zum Zeitpunkt der Bekanntgabe im Februar 2020 noch nicht als Betreuerin bestellt, eine Betreuung wurde erst mit Beschluss des Amtsgerichts Fritzlar vom 19. November 2020 nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens eingerichtet. Jedoch hatte der Kläger seiner Mutter die Vollmacht vom 6. November 2019 erteilt (vgl. § 167 BGB), mit der er sie ermächtigt, sich um die Angelegenheiten des Beigeladenen zu kümmern; die „Sozialangelegenheit“ und der Beklagte sind in der Vollmachtsurkunde dabei ausdrücklich genannt. Der Kläger war zu der Erteilung der Vollmacht auch berechtigt, denn die ihm von dem Beigeladenen erteilte General- und Vorsorgevollmacht sieht in § 2 ausdrücklich die Möglichkeit zur Erteilung von Untervollmachten (vgl. hierzu auch BeckOGK/Huber, 1. Februar 2022, BGB § 167 Rn. 40, beck-online) wie der vorliegenden vom 6. November 2019 vor. Mit der Bekanntgabe des Bescheids über die Überleitungsanzeige hatte der Beigeladene, vertreten durch den Kläger, dieser vertreten durch seine Mutter die Möglichkeit, sich sachgerecht zu äußern, zumal jedenfalls der Kläger ihm die Kenntnis der entscheidungserheblichen Tatsachen, die sich aus dem klägerischen Vorbringen im Widerspruchsverfahren ergaben, mitteln konnte.

Der streitgegenständliche Verwaltungsakt ist jedoch ermessenfehlerhaft, weil der Beklagte ermessenrelevante Gesichtspunkte nicht in seiner Abwägungsentscheidung berücksichtigt hat. Es handelt sich um ein Ermessensdefizit. 

Nicht zu beanstanden ist dabei, dass der Beklagte als einen maßgeblichen Gesichtspunkt in die Entscheidung über die Überleitung die Wiederherstellung des Nachrangs der Sozialhilfe eingestellt hat. § 93 SGB XII dient der Umsetzung des Nachrangs des aus § 2 SGB XII folgenden Programmsatzes (dazu BSG, Urteil vom 22. März 2012 – B 8 SO 30/10 RBSGE 110, 301, juris Rn. 25 m. w. N.; Urteil vom 23. März 2021 – B 8 SO 2/20 R – SozR 4-3500 § 2 Nr. 3, juris Rn. 13). Damit ist der Nachranggrundsatz zulässiger Abwägungsgesichtspunkt. Offenbleiben kann, ob es sich bei dem in § 93 Abs. 1 Satz 1 SGB XII eingeräumten Ermessen um ein sog. intendiertes Ermessen handelt, bei dem in der Regel der Nachranggrundsatz die Überleitung gebietet (so zu § 90 BSHG zuletzt BVerwG, Urteil vom 27. Mai 1993 – 5 C 7.91BVerwGE 92, 281, 287 - juris Rn. 19), wogegen der Wortlaut des § 93 Abs. 1 SGB XII („kann“) spricht, der „die Ermessensausübung nicht auf atypische Fälle beschränkt (vgl. Armbruster in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 4. Aufl., § 93 SGB XII [Stand: 1. Mai 2024), Rn. 150). Neben der Wiederherstellung des Nachrangs sind in jedem Fall familiäre Belange als Gesichtspunkte für eine abweichende Entscheidung zu berücksichtigen (so bereits BVerwG, Urteil vom 27. Mai 1993 - 5 C 7.91 - BVerwGE 92, 281, 286 - juris Rn. 18 f; zum Ganzen: BSG, Urteil vom 23. Februar 2023 – B 8 SO 9/21 R –, SozR 4-3500 § 93 Nr. 1, juris Rn. 25). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 23. Februar 2023 – B 8 SO 9/21 R –, SozR 4-3500 § 93 Nr. 1, juris Rn. 26) greift nämlich die Geltendmachung eines Schenkungsrückforderungsanspruchs, mit dem eine häufig aus ideellen Motiven getroffene unentgeltliche Zuwendung rückgängig gemacht wird, typischerweise in die familiären Verhältnisse ein und bedeutet eine nicht unerhebliche Gefahr für das dortige friedliche Miteinander. Eine Abwägung der widerstreitenden öffentlichen und privaten Belange mag in der Praxis wegen des starken Gewichts des Nachranggrundsatzes regelmäßig dazu führen, dass eine Überleitungsanzeige an den Drittschuldner ermessensfehlerfrei ergeht. Dies entbindet den Sozialhilfeträger jedoch nicht von der Aufgabe, in jedem Einzelfall zu prüfen, ob zugunsten des (vermeintlichen) Drittschuldners von einer beabsichtigten Anspruchsüberleitung abzusehen oder diese der Höhe nach zu beschränken ist (BVerwG, Urteil vom 27. Mai 1993 – 5 C 7/91 –, BVerwGE 92, 281-288, Rn. 18).

An einer Berücksichtigung der familiären Belange im Rahmen der Ermessenserwägungen fehlt es vorliegend vor dem Hintergrund, der erheblichen, insbesondere finanziellen Bemühungen des Klägers, bereits vor Übergabe des Hausgrundstücks für die Schulden des Beigeladenen aufzukommen, offensichtlich in dem Bemühen, die Familienimmobilie zur erhalten, in der auch die Mutter des Beigeladenen (und Großmutter des Klägers) ihren Wohnsitz hatte. Darüber hinaus geben auch die laufenden Zahlungen an den Beigeladenen in Höhe von 750 Euro monatlich, die zwar ihren Ursprung in der ratenweise Zahlung des Kaufpreises haben, Anlass zu prüfen, ob von einer beabsichtigten Anspruchsüberleitung abzusehen oder ggf. der Höhe nach zu beschränken ist, denn jedenfalls mindert diese laufende Einnahme des Klägers seine sozialhilferechtliche Bedürftigkeit und damit die Kostenlast für die erbrachten Leistungen der Sozialhilfe.

Der angefochtene Verwaltungsakt konnte auch nicht trotz der unzureichenden Ermessensbetätigung Bestand haben, da ein Fall der Ermessenreduzierung auf Null nicht gegeben ist.

Die Kostengrundentscheidung folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Erstattung von Kosten des Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil diese keinen eigenen Sachantrag gestellt haben (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
 

Rechtskraft
Aus
Saved