Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 08.05.2023 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen. Ausgenommen hiervon sind die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche diese selbst zu tragen haben.
Der Streitwert für beide Rechtszüge wird endgültig auf 71.708,63 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Ablehnung der Beklagten, einen Betriebsprüfungsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen und festzustellen, dass die beigeladenen Geschäftsführer der Klägerin im Zeitraum vom 01.01.2014 bis 31.12.2017 nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sind.
Die Klägerin ist eine am 31.03.2009 gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Im Handelsregister des Amtsgerichts S1 sind seit dem 12.06.2009 die Klägerin sowie die Beigeladenen zu 1 und 2 als einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Klägerin mit Befugnis zur Selbstkontraktion eingetragen. Der zu ihrer Gründung geschlossene Gesellschaftsvertrag in der am 21.05.2013 beurkundeten Fassung lautete:
„§ 1 Firma und Sitz
(1) Die Firma der Gesellschaft lautet: M1 GmbH.
(2) Sitz und Verwaltungssitz der Gesellschaft ist S2. …
§ 2 Gegenstand des Unternehmens
(1) Gegenstand des Unternehmens ist der Vertrieb, der Handel, die Fertigung und die Vermietung von Maschinen aller Art einschließlich Zubehörteilen, die Erbringung von Service- und anderen Dienstleistungen, die technische bzw. kaufmännische Beratung von Unternehmen, die Vermarktung von Rechten und Patenten sowie der Kauf und Verkauf von Unternehmen bzw. Unternehmensteilen und die Beteiligung an Unternehmen, ….
§ 3 Stammkapital, Geschäftsanteile, Gründungsaufwand
(1) Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 31.250 €. Es ist in voller Höhe bewirkt. …
§ 4 Verfügungen über Geschäftsanteile
(1) Die Abtretung von Geschäftsanteilen an Mitgesellschafter bedarf keiner Zustimmung der Gesellschaft.
(2) Im Übrigen bedarf die Verfügung über Geschäftsanteile der Zustimmung der Gesellschaft. …
§ 12 Geschäftsführung
(1) Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer, die durch Gesellschafterbeschluss bestellt und abberufen werden. Durch Gesellschafterbeschluss kann bestimmt werden, dass die Abberufung eines Geschäftsführers nur aus wichtigem Grund zulässig ist.
(2) Die Geschäftsführer haben die Geschäfte der Gesellschaft sorgfältig und gewissenhaft nach Maßgabe der Gesetze und des Gesellschaftsvertrags zu führen. Durch Gesellschafterbeschluss erteilte Weisungen haben sie zu beobachten.
(3) Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so haben sie sich gegenseitig über alle Geschäftsvorfälle, die für die anderen Geschäftsführer von Bedeutung sein können, zu unterrichten sowie vor Durchführung aller wichtigeren Maßnahmen miteinander zu beraten.
(4) Widerspricht ein Geschäftsführer der Maßnahme eines anderen Geschäftsführers, so hat diese zunächst zu unterbleiben. Auf Antrag eines Geschäftsführers entscheidet, wenn mehr als zwei Geschäftsführer vorhanden sind, ein nach Köpfen zu berechnender Mehrheitsbeschluss sämtlicher Geschäftsführer. Sind nur zwei Geschäftsführer vorhanden oder kommt ein Mehrheitsbeschluss unter den Geschäftsführern nicht zustande, so entscheidet auf Antrag eines Geschäftsführers ein Gesellschafterbeschluss endgültig über die Durchführung der Maßnahme. Entsprechendes gilt bei sonstigen Meinungsverschiedenheiten unter den Geschäftsführern.
(5) Die Geschäftsführer können im gegenseitigen Einvernehmen eine Geschäftsordnung aufstellen und die Tätigkeitsgebiete unter sich aufteilen, ohne dass hierdurch ihre Verantwortung für den gesamten Geschäftsbetrieb beeinflusst wird. Durch Gesellschafterbeschluss kann jederzeit eine Geschäftsordnung erlassen und auch eine durch die Geschäftsführer aufgestellte Geschäftsordnung geändert werden.
(6) Alle über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb des Unternehmens hinausgehenden Maßnahmen darf ein Geschäftsführer nur aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses vornehmen. Durch Gesellschafterbeschluss können die zustimmungspflichtigen Maßnahmen näher bestimmt werden.
§ 13 Vertretung
(1) Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt er die Gesellschaft allein. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so vertritt jeder Geschäftsführer die Gesellschaft in Gemeinschaft mit einem anderen Geschäftsführer oder einem Prokuristen.
(2) Durch Gesellschafterbeschluss kann allen oder einzelnen Geschäftsführern Einzelvertretungsbefugnis sowie Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB gewährt werden.
§ 14 Gesellschafterbeschlüsse
(3) Die Gesellschafterversammlung ist beschlussfähig, wenn Gesellschafter anwesend oder vertreten sind, die zusammen vier Fünftel der gesamten Stimmen auf sich vereinigen. Fehlt es an der erforderlichen Anzahl von Gesellschaftern, so ist eine neue Gesellschafterversammlung einzuberufen, die ohne Rücksicht auf die Anzahl der anwesenden oder vertretenen Gesellschafter beschlussfähig ist. Hierauf ist in der Einladung hinzuweisen.
(4) Die Gesellschafter fassen ihre Beschlüsse, soweit nicht durch zwingende gesetzliche Vorgaben oder durch den Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt ist, mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Zu folgenden Beschlüssen ist jedoch eine Mehrheit von vier Fünfteln der abgegebenen Stimmen erforderlich:
a) Änderungen des Gesellschaftsvertrags einschließlich der Maßnahmen über Kapitalerhöhung und Kapitalherabsetzung;
b) Auflösung der Gesellschaft;
c) Beschlüsse … [über die] Verlegung des Verwaltungssitzes];
d) Beschlüsse … [über die] Zustimmung zu Verfügungen über Geschäftsanteile;
e) Beschlüsse … [über die] Zustimmung zur Teilung und Zusammenlegung von Geschäftsanteilen;
f) Beschlüsse … [über die] Anordnung des Ausschlusses eines Gesellschafters;
g) Beschlüsse nach § 12 Abs. 1 (Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern);
h) Abschluss, Änderung, Aufhebung oder Kündigung von Dienstverträgen mit Geschäftsführern;
i) Beschlüsse nach § 12 Abs. 5 Satz 2 (Erlass, Änderung oder Aufhebung einer Geschäftsordnung für die Geschäftsführung);
j) Beschlüsse nach § 12 Abs. 6 (Erteilung der Zustimmung bei zustimmungspflichtigen Geschäftsführungsmaßnahmen und Festlegung dieser Maßnahmen);
k) Erteilung von Weisungen an die Geschäftsführer;
l) Beschlüsse … [über die] abweichende Rücklagendotierung;
m) Beschlüsse … [über die] Anordnung der Abschlussprüfung und Bestellung des Abschlussprüfers;
n) Beschlüsse … [über die] Feststellung des Jahresabschlusses;
o) Beschlüsse … [über die] Ergebnisverwendung;
p) Beschlüsse … [über die] Befreiung vom Wettbewerbsverbot.
(5) Jeder Euro eines Geschäftsanteils gewährt eine Stimme. Aus mehreren Geschäftsanteilen eines Gesellschafters kann nur einheitlich abgestimmt werden. …“
Die von der Gesellschafterversammlung am 16.05.2013 beschlossene Erhöhung des Stammkapitals auf 31.250 € wurde am 10.06.2013 ins Handelsregister eingetragen. Von den seit dem 16.05.2013 insgesamt 31.250 Geschäftsanteilen an der Klägerin hielten der Beigeladene zu 1 und der Beigeladene zu 2 jeweils 12.500 Geschäftsanteile, also jeweils zwei Fünftel, und Herr D1 H1 6.250 Geschäftsanteile, also ein Fünftel.
In der Gesellschafterversammlung am 14.06.2013 beschlossen die drei Gesellschafter einstimmig, dass beide Geschäftsführer in ihrer Arbeitszeitgestaltung komplett frei seien, den Zeitaufwand alleinverantwortlich bestimmten und solange auf eine Geschäftsführer-Vergütung verzichteten, bis die Gesellschaft in die Gewinnzone komme und die Verluste aus den Vorjahren komplett ausgeglichen seien. Zudem verzichte jeder einzelne Gesellschafter abweichend von der Satzung auf sein Weisungsrecht gegenüber einem der Geschäftsführer. Entsprechende Änderungen des Gesellschaftsvertrags erfolgten nicht, wurden nicht notariell beurkundet und nicht im Handelsregister eingetragen.
In der Gesellschafterversammlung vom 24.11.2015 wurde festgehalten, dass die Geschäftsführer weiterhin Rechnungen von ihren Einzelfirmen – der Beigeladene zu 1 mit seiner Firma M2 Werkzeugmaschinen, Inhaber H2 M3, der Beigeladene zu 2 mit seiner Firma W1 Unternehmensberatung, Inhaber T1 H3 – für ihre Dienstleistungen in unbestimmter Höhe stellen.
Am 15.12.2012 und 06.12.2016 schloss die Klägerin mit dem Beigeladenen zu 1 und dem Beigeladenen zu 2 einen im Wesentlichen gleichlautenden „Geschäftsführervertrag“ mit folgendem Inhalt:
„§ 1 Geschäftsführung und Vertretung
(1) Der Geschäftsführer ist berechtigt und verpflichtet, die Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, des Gesellschaftsvertrags und einer etwaigen Geschäftsführungsordnung allein zu vertreten und die Geschäfte der Gesellschaft zu führen.
(2) Weisungen der Gesellschafterversammlung und der einzelnen Gesellschafter sind zu befolgen, soweit Vereinbarungen in diesem Vertrag nicht entgegenstehen.
§ 2 Zustimmungspflichtige Geschäfte
(1) Die Befugnis des Geschäftsführers umfasst die Vornahme aller Maßnahmen, die der gewöhnliche Geschäftsbetrieb der Gesellschaft mit sich bringt.
(2) Für darüber hinaus gehende Maßnahmen bedarf der Geschäftsführer der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung insbesondere in den im Gesellschaftsvertrag geregelten Fällen.
§ 3 Selbstkontrahieren
(1) Der Geschäftsführer ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.
§ 5 Dienstleistung/Arbeitszeit
(1) Der Geschäftsführer hat seine Arbeitskraft und seine gesamten Kenntnisse und Erfahrungen der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen. Die Tätigkeiten für die Firma M2 Werkzeugmaschinen, Inhaber H2 M3 [Beigeladener zu 1], bzw. W1 Unternehmensberatung, Inhaber T1 H3 [Beigeladener zu 2], sind im Rahmen der Gesellschafterbeschlüsse erlaubt.
(2) Die Arbeitszeit beträgt 40 Stunden/Woche [Beigeladener zu 1] bzw. 30 Stunden/Woche [Beigeladener zu 2]. Der Geschäftsführer ist in seiner Arbeitszeitgestaltung frei. …
§ 8 Vergütung des Geschäftsführers
(1) Der Geschäftsführer erhält eine Vergütung, die jährlich von der Gesellschafterversammlung zu beschließen ist. Während des Jahres erhält der Geschäftsführer Abschlagszahlungen.
(2) Die Vergütung beträgt 80.000 € pro Jahr [Beigeladener zu 1] bzw. 25.000 € pro Jahr [Beigeladener zu 2]. Die Zahlung erfolgt als Rechnungsstellung der Firma M2 Werkzeugmaschinen, Inhaber H2 M3 [Beigeladener zu 1], bzw. W1 Unternehmensberatung, Inhaber T1 H3 [Beigeladener zu 2], für die erbrachte Dienstleistung als Geschäftsführer.
(3) Ein Anspruch auf Vergütung von Überstunden, Sonntags-, Feiertags- oder sonstiger Mehrarbeit besteht nicht. …
§ 9 Spesen, Aufwendungsersatz
(1) Folgende Kosten und Aufwendungen werden erstattet:
a) sämtliche Fahrtkosten inkl. Aufwendungen für das eigene Kfz, sofern kein Firmen-Pkw zur Verfügung gestellt wird,
b) sämtliche Reisekosten inkl. Spesen, Übernachtungen usw.
c) alle anderen Sachkosten gegen Nachweis.
§ 10 Urlaub
(1) Der Geschäftsführer hat Anspruch auf 30 Arbeitstage (Samstag ist kein Arbeitstag) bezahlten Urlaub im Geschäftsjahr. Der Geschäftsführer hat den Zeitpunkt seines Urlaubs so einzurichten, dass den Bedürfnissen der Geschäftsführung Rechnung getragen wird. Der Urlaub ist mit den weiteren Geschäftsführern, sofern welche bestellt sind, abzustimmen.
(2) Kann der Geschäftsführer seinen Jahresurlaub nicht nehmen, weil Interessen der Gesellschaft entgegenstehen, so hat er Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs unter Zugrundelegung der Höhe seines Grundgehalts. …
§ 11 Dauer, Kündigung
(1) Der Geschäftsführer hat seine Tätigkeit am 01.01.2012 begonnen.
(2) Der Vertrag ist auf unbestimmte Zeit geschlossen und mit einer Frist von 8 Wochen zum Quartalsende kündbar.
(3) Der Der Vertrag ist jederzeit aus wichtigem Grund fristlos kündbar. …
(6) Die Abberufung als Geschäftsführer ist jederzeit zulässig. Die Abberufung ist schriftlich auszusprechen. Sie gilt gleichzeitig als Kündigung des Anstellungsverhältnisses zu dem nächstzulässigen Zeitpunkt. …“
Am 01.02.2018 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 01.01.2014 bis 31.12.2017 durch. Nach Anhörung mit Schreiben vom 27.02.2018 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 26.06.2018 fest, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 und 2 als Geschäftsführer der Klägerin im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse ausgeübt worden sei. Der Beigeladene zu 1 sei im Zeitraum vom 21.05.2013 bis 31.12.2016 versicherungspflichtig in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung und im Zeitraum vom 01.01.2017 bis 31.12.2017 versicherungspflichtig in der Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie versicherungsfrei in der Kranken- und Pflegeversicherung gewesen. Der Beigeladene zu 2 sei im Zeitraum vom 21.05.2013 bis 31.12.2017 versicherungspflichtig in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Ferner setzte die Beklagte für den Beigeladenen zu 1 Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von 17.527,58 €, Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung in Höhe von 2.540,94 €, Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 34.272,20 €, Beiträge zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von 5.486,34 € sowie die Umlage für Insolvenzgeld (UI) für den Zeitraum vom 01.01.2014 bis 31.12.2017 in Höhe von 221,28 € sowie für den Beigeladenen zu 2 für den Zeitraum vom 01.01.2014 bis 31.12.2015 Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von 4.558,83 €, Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung in Höhe von 640,76 €, Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 5.533,62 €, Beiträge zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von 882,36 € und die Umlage UI für den Zeitraum vom 01.01.2014 bis 31.12.2015 in Höhe von 44,12 € fest und forderte die Klägerin zur Nachzahlung von insgesamt 71.708,63 € auf. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH nur dann nicht abhängig beschäftigt, sondern selbständig tätig sei, wenn er maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft habe, weil er entweder über mindestens die Hälfte des Stammkapitals oder aufgrund besonderer Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag über eine umfassende Sperrminorität verfüge, d.h. sämtliche Beschlüsse der anderen Gesellschafter verhindern könne. Beschlüsse der Klägerin würden gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Kraft ihrer Geschäftsanteile in Höhe von jeweils zwei Fünfteln des Stammkapital der Gesellschaft könnten die Beigeladenen zu 1 und 2 in ihrer Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausüben.
Hiergegen erhob die Klägerin am 19.07.2018 Widerspruch. Zur Begründung wies sie auf den Gesellschafterbeschluss vom 14.06.2013 hin. Beschlüsse über die Vergütung der Geschäftsführer seien in Gesellschafterversammlungen nicht gefasst worden und auch nicht notwendig gewesen, da jeder Geschäftsführer über seine jeweilige Einzelfirma [M2 Werkzeugmaschinen bzw. W1 Unternehmensberatung] selbst über die Rechnungsstellung an die Klägerin entschieden habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.11.2018 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 26.06.2018 zurück. Im Ergebnis der Gesamtabwägung stelle sich die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 und 2 als Geschäftsführer der Klägerin nicht als selbständige Tätigkeit, sondern als abhängige Beschäftigung dar. Wesentliches Indiz dafür sei der Umstand, dass der Beigeladene zu 1 ebenso wie der Beigeladene zu 2 jeweils nur über 40 Prozent der Geschäftsanteile verfüge. Für die Annahme selbständiger Tätigkeit seien mindestens 50 Prozent der Geschäftsanteile erforderlich. Die Beigeladenen zu 1 und 2 seien auch nicht ausnahmsweise als selbständig anzusehen, da ihnen nach dem Gesellschaftsvertrag keine umfassende („echte“ oder „qualifizierte“), d.h. die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt sei. Beschlüsse der Gesellschafterversammlung würden gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Das Erfordernis einer Vier-Fünftel-Mehrheit erfasse nur die in § 14 Abs. 4 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags enumerativ aufgezählten Angelegenheiten und damit zwar einen erheblichen Bereich, nicht aber die gesamte Unternehmenstätigkeit der Klägerin. Gemäß § 12 Abs. 6 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags dürften beide Geschäftsführer alle über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Klägerin hinausgehenden Maßnahmen nur aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses vornehmen. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 14.06.2013 veranlasse keine abweichende Beurteilung, da er zu keiner – gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 GmbHG der notariellen Form bedürfenden – Änderung des Gesellschaftsvertrags geführt habe. Die durch Beschluss der Gesellschafterversammlung am 14.06.2013 getroffenen Vereinbarungen seien deshalb ebenso unerheblich wie eine vom Gesellschaftsvertrag abweichende praktische Handhabung. In allen Fällen bleibe die im Gesellschaftsvertrag verankerte Rechtsmacht unangetastet. Deshalb spiele es auch keine Rolle, ob den Beigeladenen zu 1 und 2 in ihrer Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin tatsächlich Weisungen erteilt worden seien. Für die Beigeladenen zu 1 und 2 bestehe in ihrer Tätigkeit als Geschäftsführer kein wesentliches unternehmerisches Risiko, da sie nach § 8 Abs. 2 des jeweiligen Geschäftsführungsvertrags eine von Gewinn und Verlust der Gesellschaft unabhängige Vergütung beanspruchen konnten und nach § 9 der Geschäftsführungsverträge Anspruch auf Aufwendungsersatz hatten. Der freiwillige Verzicht auf eine Vergütung durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 14.06.2013 ändere daran nichts. Der Alleinvertretungsberechtigung und der Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot seien zunehmend auch bei Fremdgeschäftsführern üblich und entfalteten in der Gesamtabwägung deshalb nur ein untergeordnetes Gewicht. Bei den von der Klägerin an die Firmen der Beigeladenen zu 1 und 2 geleisteten Zahlungen handle es sich nicht um Vertriebsprovisionen oder Beratungshonorare, sondern um gehaltsähnliche Zahlungen für die Geschäftsführertätigkeit der Beigeladenen zu 1 und 2.
Hiergegen erhob die Klägerin am 12.12.2018 mit nicht absenderbestätigter E-Mail beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage (Az.: S 11 BA 3296/18, später S 9 BA 3296/18). Im Erörterungstermin am 21.03.2019 hat die Klägerin die Klage zurückgenommen und zugleich beantragt, den Bescheid vom 26.06.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.11.2018 nach § 44 SGB X zu überprüfen. Die Beklagte hat sich vergleichsweise bereiterklärt, zeitnah über diesen Antrag zu entscheiden.
Mit Schreiben vom 19.02.2021 beantragte die Klägerin erneut die Überprüfung dieser Bescheide. Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 und 2 als Geschäftsführer der Klägerin sei als selbständig und deshalb als nicht versicherungspflichtig einzustufen. Beide Geschäftsführer könnten ihre Tätigkeit für die Klägerin völlig unabhängig und frei von Einflussnahme der anderen Gesellschafter verrichten. Dies betreffe nicht nur die Geschäftsführertätigkeit als solche, sondern auch die Rechnungsstellung durch ihre jeweiligen Einzelfirmen gegenüber der Klägerin. Dies ergebe sich aus dem Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 14.06.2013.
Mit Bescheid vom 14.07.2021 entschied die Beklagte, dass der Bescheid vom 26.06.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.11.2018 nicht zurückgenommen werde. Die Überprüfung des Bescheides habe ergeben, dass weder das Recht unrichtig angewendet noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Die von der Klägerin an die Firmen der Beigeladenen zu 1 und 2 geleisteten Zahlungen stellten Entgelte für die Geschäftsführertätigkeit der Beigeladenen zu 1 und 2 dar. Dies bestätige das Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 24.11.2015. Der Einwand der Klägerin, es sei kein Geschäftsführergehalt gezahlt worden, gehe deshalb ins Leere. Eine neben der Geschäftsführertätigkeit für die Klägerin ausgeübte selbständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 und 2 mit ihren Firmen sei für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Geschäftsführertätigkeit unerheblich.
Hiergegen erhob die Klägerin am 02.08.2021 Widerspruch. Zur Begründung bezog sich die Klägerin erneut auf den Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 14.06.2013. Die Beschlüsse der Gesellschafterversammlungen seien faktisch und rechtlich bedeutsamer als die Regelungen im Gesellschaftsvertrag.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.04.2022 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 14.07.2021 zurück. Zwar gebe es auch Merkmale, die für eine selbständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 und 2 sprechen. Keiner der beiden Beigeladenen könne maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Klägerin ausüben, da keiner von ihnen über mindestens 50 Prozent der Geschäftsanteile oder eine umfassende Sperrminorität verfüge. Es überwögen jedoch die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Indizien. Zur weiteren Begründung wurden Ausführungen aus früheren Bescheiden wiederholt.
Am 18.05.2022 hat die Klägerin beim SG Klage erhoben und beantragt, die vollständige Sozialversicherungsfreiheit der Beigeladenen zu 1 und 2 festzustellen, da beide Geschäftsführer nicht in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis tätig seien. Aufgrund des Gesellschafterbeschlusses vom 14.06.2013 habe jeder einzelne Geschäftsführer maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft. Dies sei auch an der fachlichen Eignung der einzelnen Gesellschafter festzumachen. Der Beigeladene zu 1 habe eine technische Ausbildung und sei komplett für die Technik und den technischen Vertrieb zuständig. Als Geschäftsführer treffe er sämtliche technischen Entscheidungen alleine. Ebenso sei die fachliche Eignung des Beigeladenen zu 2 zu betrachten, der als Bankkaufmann über eine kaufmännische Ausbildung verfüge und jahrelang in der Wirtschaftsprüfung sowie als betriebswirtschaftlicher Leiter tätig gewesen sei. Sämtliche kaufmännischen und betriebswirtschaftlichen Entscheidungen treffe der Beigeladene zu 2 alleine. Der dritte Gesellschafter der Klägerin habe keinerlei Fachwissen, um sich an der Willensbildung für die Gesellschaft zu beteiligen. Er halte sich aus der Willensbildung heraus und habe noch nie eine fachliche Entscheidung getroffen bzw. Vorgaben gemacht, weder alleine noch mit einem anderen Gesellschafter bzw. allen Gesellschaftern zusammen. Weiterhin seien die Zahlungen an die Geschäftsführer kein Arbeitsentgelt.
Nach Anhörung der Beteiligten mit Schreiben vom 04.04.2023 hat das SG durch Gerichtsbescheid vom 08.05.2023 „de[n] Bescheid vom 26.06.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.11.2018 und de[n] Bescheid vom 14.07.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.04.2022 … aufgehoben.“ Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass die Beigeladenen zu 1 und 2 bei der Klägerin nicht abhängig beschäftigt, sondern selbständig tätig gewesen seien. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG seien Gesellschafter-Geschäftsführer ohne Mindestkapitalbeteiligung von 50 Prozent oder umfassender Sperrminorität grundsätzlich stets abhängig beschäftigt. Ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliege, richte sich bei dem Geschäftsführer einer GmbH danach, ob er nach der ihm zukommenden, sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmacht ihm nicht genehme Weisungen verhindern oder Beschlüsse beeinflussen könne, die sein Anstellungsverhältnis betreffen. Daran gemessen verfügten die Beigeladenen zu 1 und 2 als Gesellschafter-Geschäftsführer zwar nur jeweils über 40 Prozent der Geschäftsanteile der Klägerin. Sie unterlägen aber dennoch keinem Weisungsrecht der Klägerin und verfügten jeweils über eine gesellschaftsvertraglich verankerte umfassende Sperrminorität. Gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags würden Gesellschafterbeschlüsse zwar mit einfacher Mehrheit getroffen. Abweichend davon sei aber gemäß § 14 Abs. 4 Satz 2 in den dort aufgelisteten Fällen eine Vier-Fünftel-Mehrheit notwendig. Dies betreffe u.a. die Änderung des Gesellschaftsvertrags (lit. a), die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer (lit. g), den Abschluss, die Änderung, die Kündigung oder die Aufhebung von Dienstverträgen mit den Geschäftsführern (lit. h), den Erlass, die Änderung oder Aufhebung einer Geschäftsordnung für die Geschäftsführer (lit. i), die Erteilung der Zustimmung bei zustimmungspflichtigen Geschäftsführungsmaßnahmen (lit. j) sowie die Erteilung von Weisungen an die Geschäftsführer (lit. k). Da die Beigeladenen zu 1 und 2 jeweils über zwei Fünftel und der dritte Gesellschafter über ein Fünftel der Geschäftsanteile verfüge, könne das Quorum von vier Fünfteln nur durch einen gemeinsamen Beschluss der Beigeladenen zu 1 und 2 erreicht werden. Damit sei eine Sperrminorität bzw. ein Vetorecht des Beigeladenen zu 1 und 2 gesellschaftsvertraglich verankert. Sowohl der Beigeladene zu 1 als auch der Beigeladene zu 2 verfüge über die Rechtsmacht, jede ihm nicht genehme Weisung zu unterbinden. Soweit das BSG zusätzlich gefordert habe, dass die Tätigkeit eines Geschäftsführers nur dann unternehmerisch sei, wenn er auf alle wesentlichen Grundlagenentscheidungen Einfluss nehmen und auf die gesamte Unternehmenstätigkeit einwirken könne, seien auch diese Voraussetzungen erfüllt. Die Beigeladenen zu 1 und 2 hätten alle die Klägerin betreffenden unternehmerischen Entscheidungen jeweils selbst als Geschäftsführer getroffen. Die Klägerin habe glaubhaft ausgeführt, dass der Beigeladene zu 1 aufgrund seiner Ausbildung und Berufskenntnisse als Geschäftsführer sämtliche technischen Entscheidungen für die Klägerin alleine getroffen habe. Der Beigeladene zu 2 habe als Geschäftsführer aufgrund seiner Ausbildung und Berufskenntnisse sämtliche kaufmännischen und betriebswirtschaftlichen Entscheidungen der Klägerin getroffen. Die Gesellschafterversammlung der Klägerin habe auf diese unternehmerischen Entscheidungen der Geschäftsführer keinen Einfluss genommen. Aufgrund des wirksamen satzungsmäßigen Ausschlusses des Weisungsrechts gegenüber den Beigeladenen zu 1 und 2 hätte die Klägerin auch keine rechtliche Möglichkeit gehabt, auf die unternehmerischen Entscheidungen der Beigeladenen zu 1 und 2 Einfluss zu nehmen oder diese zu verhindern. Aus dem fehlenden Weisungsrecht der Klägerin gegenüber ihren Geschäftsführern folge im Umkehrschluss, dass die Geschäftsführer alle maßgeblichen unternehmerischen Entscheidungen selbständig treffen könnten. Der Gerichtsbescheid des SG ist der Beklagten am 09.05.2023 zugestellt worden.
Am 30.05.3023 hat die Beklagte beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Nach der Rechtsprechung des BSG müsse eine Sperrminorität sich auf alle Beschlüsse der Gesellschafterversammlung beziehen bzw. die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassen, um als qualifizierte Sperrminorität angesehen werden zu können. Nicht ausreichend seien eine qualifizierte Mehrheit bei der Beschlussfassung nur für einige Beschlüsse bzw. eine Sperrminorität für Beschlüsse der Gesellschafterversammlung nur bezüglich einer Einflussnahme auf die Geschäftsführung.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 08.05.2023 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung des SG für zutreffend.
Die Beigeladenen zu 1 bis 3 haben keinen Antrag gestellt.
Der Berichterstatter hat den Rechtsstreit mit den Beteiligten am 22.11.2024 nichtöffentlich erörtert.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die nach §§ 143, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist gemäß § 143 SGG statthaft und zulässig
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Begehren der Beklagten nach Aufhebung des Gerichtsbescheids vom 08.05.2023, durch den das SG den Bescheid der Beklagten vom 26.06.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.11.2018 und den Bescheid vom 14.07.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.04.2022 aufgehoben hat, sowie nach Abweisung der Klage.
Die notwendigen Beiladungen sind erfolgt. Die beiden Geschäftsführer der Klägerin sind durch Beschluss des SG vom 27.01.2023 beigeladen worden. Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg als für den Beigeladenen zu 1 zuständiger Träger der gesetzlichen Rentenversicherung ist auf ihren Antrag durch Beschluss des Berichterstatters vom 06.09.2024 beigeladen worden, während der für den Beigeladenen zu 2 zuständige Träger der gesetzlichen Rentenversicherung die Beklagte selbst ist. Weitere Fremdversicherungsträger sind gemäß § 75 Abs. 2b Satz 1 SGG zum Rechtsstreit nicht beizuladen, weil die AOK B1 als Kranken- und Pflegekasse sowie die Bundesagentur für Arbeit nach Zugang des richterlichen Schreibens vom 05.07.2024, das sie gemäß § 75 Abs. 2b Satz 2 SGG über die Erhebung der Klage und die Möglichkeit einer Beiladung auf Antrag benachrichtigt hat und das der AOK B1 am 08.07.2024 und der Bundesagentur für Arbeit am 17.07.2024 zugestellt worden ist, die Beiladung nicht beantragt haben.
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hätte die Klage abweisen müssen. Der Bescheid der Beklagten vom 14.07.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.04.2022 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheids der Beklagten vom 26.06.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.11.2018.
Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Rücknahme ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
In Anwendung dieser Maßstäbe sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht erfüllt. Bei Erlass des Bescheids der Beklagten vom 26.06.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.11.2018 ist weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unrichtig erweist, noch sind deshalb Beiträge zu Unrecht erhoben worden. Vielmehr hat die Beklagte zu Recht festgestellt, dass die im Zeitraum vom 21.05.2013 bis 31.12.2017 verrichtete Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 und 2 als Geschäftsführer der Klägerin als abhängige Beschäftigung ausgeübt worden ist und der Beigeladene zu 1 daher im Zeitraum vom 01.01.2014 bis 31.12.2016 versicherungspflichtig in der Kranken-,
Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung und im Zeitraum vom 01.01.2017 bis 31.12.2017 versicherungspflichtig in der Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie versicherungsfrei in der Kranken- und Pflegeversicherung gewesen, und der Beigeladene zu 2 im Zeitraum vom 01.01.2014 bis 31.12.2017 versicherungspflichtig in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung gewesen ist. Zugleich hat die Beklagte zutreffend Beiträge sowie die Umlage für Insolvenzgeld (UI) für den Beigeladenen zu 1 im Zeitraum vom 01.01.2014 bis 31.12.2017 und für den Beigeladenen zu 2 im Zeitraum vom 01.01.2014 bis 31.12.2015 festgesetzt und die Klägerin zur Nachzahlung von insgesamt 71.708,63 € aufgefordert.
Die im Bescheid vom 26.06.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.11.2018 verkörperten Verwaltungsakte sind formell rechtmäßig.
Die Beklagte war nach § 28p Abs. 1 SGB IV in der seit dem 01.01.2013 geltenden Normfassung des LSV-Neuordnungsgesetzes vom 12.04.2012 (BGBl. I, S. 579, 595) für die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen zuständig. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen alle vier Jahre (§ 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Die Prüfung umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden (§ 28p Abs. 1 Satz 4 SGB IV). Gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 Halbsatz SGB IV erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern. Die Beklagte war als Rentenversicherungsträgerin auch für die Überwachung des Umlageverfahrens für das Insolvenzgeld und zum Erlass eines entsprechenden Verwaltungsakts zur Festsetzung der Umlage zuständig, weil § 359 Abs. 1 Satz 2 SGB III die entsprechende Anwendung der für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag geltenden Vorschriften des SGB IV auf die Umlage für das Insolvenzgeld anordnet (vgl. BSG, Urteil vom 13.12.2022 – B 12 R 3/21 R – juris Rn. 11). Ferner wurde die Klägerin vor Erlass des Bescheids vom 26.06.2018 angehört. Die Beklagte hat der Klägerin mit Anhörungsschreiben vom 27.02.2018 die nach ihrer Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Umstände mitgeteilt und der Klägerin Gelegenheit gegeben, hierzu bis zum 31.03.2018 Stellung zu nehmen.
Die im Bescheid vom 26.06.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.11.2018 verkörperten Verwaltungsakte sind auch materiell rechtmäßig.
Rechtsgrundlage der Feststellung der Versicherungspflicht und der Beitragshöhe in der Kran-ken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung ist § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV (s.o.). Versicherungspflichtig sind in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 1 SGB VI, in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, in der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 SGB XI und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem nach Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen, und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. Rspr., vgl. BSG, Urteil vom 05.11.2024 – B 12 BA 3/23 R – juris Rn. 13; BSG, Urteil vom 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 14 m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit: BVerfG, Nichtannahmebeschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20.05.1996 – 1 BvR 21/96 – juris Rn. 6 ff.).
Diese Abgrenzungsmaßstäbe gelten nach ständiger Rechtsprechung des BSG grundsätzlich auch für Geschäftsführer einer GmbH. Ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, richtet sich bei Geschäftsführern einer GmbH aber in erster Linie danach, ob der Geschäftsführer nach der ihm zukommenden, sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmacht ihm nicht genehme Weisungen verhindern oder Beschlüsse beeinflussen kann, die sein Anstellungsverhältnis betreffen (st. Rspr., vgl. BSG, Urteil vom 19.09.2019 – B 12 KR 21/19 R – juris Rn. 15; BSG, Urteil vom 14.03.2018 – B 12 KR 13/17 R – juris Rn. 18 ff.; BSG, Urteil vom 14.03.2018 – B 12 R 5/16 R – juris Rn. 13 ff.). Ist ein GmbH-Geschäftsführer zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer ist nicht per se kraft seiner Kapitalbeteiligung selbständig tätig, sondern muss über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht ist bei einem Gesellschafter gegeben, der mehr als 50 Prozent der Anteile am Stammkapital hält. Ein Geschäftsführer, der nicht über diese Kapitalbeteiligung verfügt und damit als Mehrheitsgesellschafter ausscheidet, ist dagegen grundsätzlich abhängig beschäftigt. Er ist ausnahmsweise nur dann als Selbständiger anzusehen, wenn er exakt 50 Prozent der Anteile am Stammkapital hält oder ihm bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende („echte“ oder „qualifizierte“), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist. Denn der selbständig tätige Gesellschafter-Geschäftsführer muss eine Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen haben und zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern können. Demgegenüber ist eine „unechte“, auf bestimmte Gegenstände begrenzte Sperrminorität nicht geeignet, die erforderliche Rechtsmacht zu vermitteln (st. Rspr., vgl. BSG, Urteil vom 13.03.2023 – B 12 R 4/21 R – juris Rn. 14; BSG, Urteil vom 07.07.2020 – B 12 R 17/18 R – juris Rn. 17; BSG, Urteil vom 19.09.2019 – B 12 KR 21/19 R – juris Rn. 15 m.w.N.; BSG, Urteil vom 14.03.2018 – B 12 KR 13/17 R – juris Rn. 21). Die Tätigkeit eines GmbH-Geschäftsführers ist nur dann unternehmerisch, wenn er auf alle wesentlichen Grundlagenentscheidungen Einfluss nehmen kann (BSG, Urteil vom 01.02.2022 – B 12 R 19/19 R – juris Rn. 16; BSG, Urteil vom 01.02.2022 – B 12 KR 37/19 R – juris Rn. 14). Gesellschafter-Geschäftsführer müssen daher Gewinnchancen und Unternehmensrisiken mitbestimmen und damit auf die gesamte Unternehmenstätigkeit einwirken können. Dazu gehört insbesondere die dem Unternehmenszweck Rechnung tragende Bilanz-, Finanz-, Wirtschafts- sowie Personalpolitik (BSG, a.a.O.). Daher reicht es für die erforderliche Rechtsmacht nicht aus, wenn eine Sperrminorität nur für bestimmte, im Einzelnen im Gesellschaftsvertrag aufgeführte Angelegenheiten besteht, auch wenn diese (fast) die gesamte Unternehmenstätigkeit ausmachen sollten (BSG, a.a.O.). Dem bei der Statuszuordnung zu beachtenden Grundsatz der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände ist nur Rechnung getragen, wenn klar erkennbar ist, dass dem Gesellschafter-Geschäftsführer bei allen Beschlüssen der Gesellschafterversammlung eine Sperrminorität eingeräumt ist (BSG, Urteil vom 01.02.2022 – B 12 R 19/19 R – juris Rn. 16; BSG, Urteil vom 01.02.2022 – B 12 KR 37/19 R – juris Rn. 14).
Gemessen daran waren die Beigeladenen zu 1 und 2 nach dem Gesamtbild ihrer Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin abhängig beschäftigt. Die Beigeladenen zu 1 und 2 verfügten im hier interessierenden Zeitraum vom 21.05.2013 bis 31.12.2017 jeweils nur über 40 Prozent der Geschäftsanteile. Ihnen war durch den Gesellschaftsvertrag auch keine umfassende, die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt, da Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags grundsätzlich mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden. Eine gesellschaftsvertragliche Sperrminorität kam dem Beigeladenen zu 1 oder dem Beigeladenen zu 2 nur in den Angelegenheiten zu, in denen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung gemäß § 14 Abs. 4 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags einer Mehrheit von vier Fünfteln der abgegebenen Stimmen bedurften. Diese qualifizierte Mehrheit beschränkt sich jedoch auf die in § 14 Abs. 4 Satz 2 lit. a – p des Gesellschaftsvertrags enumerativ aufgeführten Gegenstände und bezieht sich keineswegs allumfassend auf die gesamte Unternehmenstätigkeit. Über alle nicht von § 14 Abs. 4 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags genannten Gegenstände wie beispielsweise die Vergütung des Geschäftsführers (vgl. § 8 Abs. 1 der Geschäftsführerverträge), die Untersagung von Nebentätigkeiten der Geschäftsführer (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 der Geschäftsführerverträge), die Einstellung oder Kündigung sonstiger Mitarbeiter sowie die Anschaffung oder Veräußerung von Betriebsmitteln entscheidet die Gesellschafterversammlung gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags mit einfacher Mehrheit, ohne dass der Beigeladene zu 1 oder der Beigeladene zu 2 hierauf maßgeblich Einfluss nehmen könnte.
Obwohl gemäß § 14 Abs. 4 Satz 2 lit. k des Gesellschaftsvertrags die Erteilung von Weisungen an die Geschäftsführer einer Mehrheit von vier Fünfteln der abgegebenen Stimmen bedarf und deshalb im hier interessierenden Zeitraum sowohl vom Beigeladenen zu 1 als auch vom Beigeladenen zu 2 verhindert werden konnte, werden der Beigeladene zu 1 und der Beigeladene zu 2 durch den Gesellschaftsvertrag nicht in die Lage versetzt, die Geschicke der Gesellschaft zu bestimmen. Denn gemäß § 12 Abs. 4 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags kann jeder der beiden Geschäftsführer jeder Maßnahme des jeweils anderen Geschäftsführers widersprechen, worauf diese Maßnahme solange zu unterbleiben hat, bis gemäß § 12 Abs. 4 Satz 3 des Gesellschaftsvertrags auf Antrag eines Geschäftsführers ein Gesellschafterbeschluss endgültig über die Durchführung der Maßnahme entscheidet. Auf dieser Grundlage kann jede Maßnahme eines Geschäftsführers durch Widerspruch des anderen Geschäftsführers suspendiert werden und hat keiner der beiden Geschäftsführer aufgrund seiner jeweiligen Geschäftsanteile die Rechtsmacht, einen zur Durchführung der von ihm befürworteten Maßnahme erforderlichen Beschluss der Gesellschafterversammlung herbeizuführen. Ferner darf gemäß § 12 Abs. 6 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags jeder der beiden Geschäftsführer alle über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb des Unternehmens hinausgehenden Maßnahmen nur aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses vornehmen, den jedoch mit Blick auf die jeweiligen Geschäftsanteile weder der Beigeladene zu 1 noch der Beigeladene zu 2 herbeiführen können. Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Beigeladene zu 1 und der Beigeladene zu 2 auch nach den eigenen Angaben der Klägerin nicht auf die gesamte Unternehmenstätigkeit einwirken, sondern den technischen und kaufmännischen Bereich unter sich aufgeteilt haben.
Zudem enthalten die zwischen der Klägerin und den Beigeladenen zu 1 und 2 geschlossenen Geschäftsführerverträge typische Regelungen eines Arbeitsvertrages wie beispielsweise einen unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg der Klägerin bestehenden Anspruch auf eine feste Vergütung (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 der Geschäftsführerverträge) für eine feste Wochenarbeitszeit (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 1 der Geschäftsführerverträge), einen Anspruch auf Aufwendungsersatz für alle Fahrt-, Reise- und anderen Sachkosten (vgl. § 9 der Geschäftsführerverträge) und einen Anspruch auf 30 Arbeitstage bezahlten Urlaub pro Jahr (vgl. § 10 Abs. 1 der Geschäftsführerverträge). Die – seit dem 12.06.2009 im Handelsregister eingetragene – Alleinvertretungsbefugnis der Beigeladenen zu 1 und 2 (vgl. § 1 Abs. 1 der Geschäftsführerverträge) und ihre Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB (vgl. § 3 der Geschäftsführerverträge) veranlassen keine andere Bewertung, weil allein weitreichende Entscheidungsbefugnisse eines leitenden Angestellten, der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, diesen nicht schon zu einem Selbständigen machten (BSG, Urteil vom 11.11.2015 – B 12 R 2/14 R – juris Rn. 24 m.w.N.).
Soweit sich die Klägerin auf den Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 14.06.2013 beruft, veranlasst dies ebenfalls keine abweichende Würdigung. Die am 14.06.2013 durch einstimmigen Beschluss aller drei Gesellschafter getroffenen Vereinbarungen über die Geschäftsführungstätigkeit, wonach beide Geschäftsführer auf eine Vergütung dieser Tätigkeit verzichten, bis alle Verluste der Klägerin ausgeglichen sind, und „jeder einzelne Gesellschafter … abweichend von der Satzung auf sein Weisungsrecht gegenüber einem der Geschäftsführer“ verzichtet, haben zu keiner – gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 GmbHG der notariellen Form bedürfenden – Änderung des Gesellschaftsvertrags geführt. Die durch Beschluss der Gesellschafterversammlung am 14.06.2013 getroffenen Vereinbarungen sind deshalb ebenso unerheblich wie eine vom Gesellschaftsvertrag abweichende praktische Handhabung, da in beiden Fällen die im Gesellschaftsvertrag verankerte Rechtsmacht unangetastet bleibt. Vereinbarungen außerhalb des Gesellschaftsvertrags sind nicht geeignet, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben (BSG, Urteil vom 19.09.2019 – B 12 KR 21/19 R –, juris Rn. 18 m.w.N.), da eine „Schönwetter-Selbstständigkeit“ außerhalb gesellschaftsvertraglicher Bindungen mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht zu vereinbaren ist (st. Rspr., vgl. BSG, Urteil vom 13.12.2022 – B 12 KR 16/20 R – juris Rn. 24; BSG, Urteil vom 19.09.2019 – B 12 KR 21/19 R – juris Rn. 17 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die Beigeladenen haben im Berufungsverfahren keine Anträge gestellt; es entspricht daher der Billigkeit, ihre Kosten nicht der Klägerin aufzulegen (§ 162 Abs. 3 i.V.m. § 154 Abs. 3 VwGO).
Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf nach § 197a Abs. 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 GKG, entspricht der streitbefangenen Nachforderung von 71.708,63 € und kann gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (zum Beschlusscharakter einer Streitwertfestsetzung im Urteil vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.11.2020 – L 4 BA 1107/20 B – juris Rn. 2; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.03.2009 – L 3 SF 162/06 – juris Rn. 2 m.w.N.; Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 197a Rn. 5 m.w.N.).
Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
8.
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 BA 943/22
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 BA 1550/23
Datum
3. Instanz
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Aktenzeichen
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Datum
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Kategorie
Urteil
Rechtskraft
Aus
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