Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stade vom 28. Februar 2022 wird zurückgewiesen.
Die Klagen gegen den Bescheid der Beklagten vom 3. Mai 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2022 und den Bescheid vom 10. Mai 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2022 werden abgewiesen.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die rückwirkende Gewährung einer Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in Höhe von 10 v. H. als Stützrente ab November 2000.
Der 1948 geborenen Kläger war als Baumaschinenführer für die H., Hamburg, tätig. Am 12. November 1995 fiel ihm bei Verschalungsarbeiten ein Eisen auf den linken Vorfuß. Bei dem Ereignis trug der Kläger Sicherheitsschuhe. Aus dem Durchgangsarzt (DA)-Bericht vom 12. November 1995 des Chirurgen Dr. I., J., K., wurde nach Durchführung einer Röntgenuntersuchung die Diagnose von stark verschobenen und gesplitterten Mittelfußfrakturen I – III links mit drohendem Kompartmentsyndrom gestellt. Aus dem Bericht vom 17. November 1995 ergibt sich, dass der Kläger dort vom 12. bis 15. November 1995 konservativ mit Hochlagerung behandelt und dann auf eigenen Wunsch ins L. -Krankenhaus nach M. verlegt wurde. Die Röntgenbilder wurden ihm mitgegeben. Die stationäre Weiterbehandlung fand vom 16. bis 22. November 1995 und dann ambulant statt (vgl. Bericht L. -Krankenhaus M. vom 12. Dezember 1995). Aus dem Nachschaubericht des Dr. N. vom 9. Januar 1996 ergibt sich, dass der Unterschenkel-Scotch-Gehgips an demselben Tag entfernt wurde und die Behandlung voraussichtlich noch vier Wochen dauern wird. Eine MdE in rentenpflichtigem Grad sollte voraussichtlich nicht verbleiben. Aus dem Behandlungsbericht des Dr. N. vom 7. März 1996 ergab sich noch ein Belastungsschmerz – insbesondere auf unebenen Boden – und eine geringe Schwellung im Bereich des oberen Sprunggelenkes mit geringgradiger schmerzhafter Bewegungseinschränkung und geringgradigem Druckschmerz am Vorfuß mit noch deutlicher Schwellung. Auf den Röntgenbildern zeigte sich noch eine mittelgradige Minderung des Kalksalzgehaltes.
Auf der Grundlage der Untersuchung vom 3. Mai 1996 erstatteten Dr. N. /
O. am 14. Mai 1996 ein erstes Rentengutachten für die Rechtsvorgängerin der Beklagten, der P. -Berufsgenossenschaft (TBG)(im Folgenden Beklagte). Nach Gipsabnahme sei die Weiterbehandlung mit Zinkleimverband und nach Entfernung des Zinkleimverbandes mit Unterschenkelkompressionsstrumpf erfolgt. Es sei eine stufenweise Belastung des linken Beines mit Unterarmgehstützen durchgeführt worden. Nach Anfertigen von Röntgenaufnahmen und Befunderhebung hinsichtlich der Beweglichkeit (vgl. Messblatt untere Gliedmaße) empfahlen diese vom 18. März bis 3. Mai 1996 und vom 4. Mai 1996 bis 4. Mai 1997 die Anerkennung einer MdE von 20 v. H.
Mit Bescheid vom 6. August 1996 gewährte, die Beklagte eine vorläufige Rente (§§ 580, 581 der Reichsversicherungsordnung (RVO)) nach einer MdE in Höhe von 20 v. H. seit dem 18. März 1996.
Mit Bescheid vom 18. März 1997 erkannte die Beklagte bei dem Kläger eine Berufskrankheit (BK) 2301 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) – (Lärmschwerhörigkeit) an und gewährte dem Kläger Verletztenrente – zunächst als Stützrententatbestand – ab dem 13. November 1995 nach einer MdE von 10 v. H. sowie ab 11. Dezember 1996 nach einer MdE von 20 v. H. Mit Bescheid vom 6. August 2001 wurde diese Rente auf Lebenszeit nach einer MdE von 20 v. H. abgefunden.
Am 30. Juni 1997 erstattete Dr. N. ein zweites Rentengutachten (zur Feststellung der Rente auf unbestimmte Zeit) für die Beklagte. Das linke obere Sprunggelenk wies eine Beweglichkeit von 20/25-0-30° auf, das untere Sprunggelenk das Verhältnis 1:2. Beim Gehen auf ebenem Boden setze der Kläger den linken Fuß etwas nach außen auf. Das Niedergehen zur Hocke gelang bis zu 2/3, der Einbeinstand links war unsicher, rechts sicher; die Muskulatur beidseits entwickelt, gut tonisiert. Es bestand eine geringe Muskelumfangsdifferenz links gegenüber rechts. Röntgen des Vorfußes in zwei Ebenen ergab eine Knochendurchbauung einer metatarsalen II – III Fraktur links mit deutlicher Knickung. Es bestehe keine Kalksalzminderung.
Mit Bescheid vom 6. August 1997 gewährte die Beklagte eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE in Höhe von 10 v. H. ab 1. September 1997 als Stützrente aufgrund des Arbeitsunfalles vom 12. November 1995.
Am 3. August 2000 ist bei der Beklagten ein weiterer Unfall des Klägers im Bereich Knie/Unterschenkel gemeldet worden. Eine Bearbeitung ist diesbezüglich aber seit 2001 nicht mehr erfolgt.
Am 1. September 2000 wurde aufgrund der Untersuchung des Klägers am 25. August 2000 ein „zweites Rentengutachten (zur Rentennachprüfung)“ von Dr. N. /Oberarzt (OA) O. für die Beklagte erstattet. Im Rahmen der Befunderhebung beschrieben diese eine normale, seitengleiche Beweglichkeit und lediglich noch einen Druck- bzw. Berührungsschmerz am Vorfuß III – V Strahl. Weiterhin beschrieb der Oberarzt die Röntgenbilder des Vorfußes in zwei Ebenen dahingehend, dass eine Knochendurchbauung vorliege und keine Kalksalzminderung. Es handele sich um eine metatarsale Fraktur II – III links mit deutlicher Knickung. Zusammenfassend beschrieb er die Unfallfolgen wie folgt: belastungsabhängige Schmerzen am linken Vorfuß, röntgenologisch nachgewiesene verheilte Metatarsal-Fraktur II – III links, normaler Kalksalzgehalt. Die MdE liege unter 10 v. H., wobei aus dem Gutachten ersichtlich ist, dass die Angabe einer MdE von 5 v. H. durchgestrichen wurde, ebenso die Ausführungen bis wann die MdE voraussichtlich bestehe.
Mit Bescheid vom 11. Oktober 2000 entzog die Beklagte die Rente mit Ablauf des Monats Oktober 2000, da sich die Unfallfolgen, verglichen mit den dem Bescheid vom 6. August 1997 zugrundeliegenden Verhältnissen, wesentlich geändert haben. Die Bewegungseinschränkung des linken oberen und unteren Sprunggelenkes bestehe nicht mehr; die Muskulatur des linken Oberschenkels habe sich gekräftigt. Die Erwerbsfähigkeit werde durch die Folgen des Versicherungsfalles nicht mehr in rentenberechtigendem Grade gemindert. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Der Kläger beantragte am 28. April 2015 die Überprüfung und Nachzahlung des Rentenanspruches von Juni 2000 bis Juli 2011, da bei der Untersuchung am 25. August 2000 im L. -Krankenhaus in M. die eigentlich festgestellte MdE in Höhe von 5 v. H. wegen des Fußes nachträglich im Bericht „durchgeixt“ worden sei. Der Oberarzt
O. habe nicht gewusst, dass es sich um einen Stützrententatbestand handele. Mit Schreiben vom 26. Juni 2015 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass ihm bekannt sei, dass bei einer MdE von 5 v. H. keine Auszahlung erfolgen könne. Allerdings betrage die MdE für die Lärmschädigung 40 v. H., so dass die MdEen zusammengelegt werden müssten.
Mit Bescheid vom 22. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. November 2015 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund eines Stützrententatbestandes ab. Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII seien die Folgen eines Versicherungsfalles nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Zudem sei eine Feststellung einer MdE in Höhe von unter 10 v. H. auch nicht möglich, da sie nach höchstrichterlicher Rechtsprechung als medizinisch und wirtschaftlich nicht messbar gelte. Insoweit sei die Korrektur der MdE-Angabe im Rentengutachten von 5 v. H. auf unter 10 v. H. zutreffend. Eine zahlenmäßige Einschätzung unterhalb von 10 v. H. erfolge nicht. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Mit E-Mail vom 6. Dezember 2020 wandte sich der Kläger (vertreten durch seine Tochter) an die Beklagte, da seines Erachtens die Rente nie hätte entzogen werden dürfen und eine Nachzahlung der Rente zu erfolgen habe. Darüber hinaus habe es einen weiteren Arbeitsunfall mit Verletzung des linken Beines gegeben. Die Durchblutung und der Lymphfluss seien auf der linken Seite gestört. Auch insoweit werde die Feststellung einer MdE beantragt. Die Beklagte bat die den Kläger behandelnden Ärzte um Übersendung der medizinischen Unterlagen, insbesondere hinsichtlich des linken Fußes. Dies war jedoch erfolglos, da Unterlagen weder bei dem seit 2018 behandelnden Hausarzt Dr. Q. noch bei Dr. R. (Behandlung in den Jahren 2009 bis 2017) vorhanden waren. Der Kläger teilte daraufhin mit, dass eine weitere Behandlung nicht mehr möglich gewesen sei, da die Beklagte die Kosten nicht mehr übernommen habe. Der Fuß sei aber nicht gesund gewesen. Er habe permanent Schmerzmittel einnehmen müssen. Eine Entrentung hätte nicht erfolgen dürfen. Dr. S. sei der Vorgänger von Dr. R. gewesen, sodass bei Dr. R. Unterlagen vorhanden sein müssten.
Die Beklagte zog im Weiteren den Verlaufsbericht des Prof. Dr. T. vom 16. März 2021 bei. Dieser führte aus, dass eine MdE von 10 v. H. „aufgrund der lokalen Schmerzhaftigkeit des MF Bewegungseinschränkungen und der verminderten Belastungsfähigkeit am linken Fuß berechtigt, …“ sei.
Am 15. Juni 2021 erstattete Prof. Dr. T. aufgrund erneuter Untersuchung des Klägers am 25. Mai 2021 im Auftrag der Beklagten ein fachorthopädisch-unfallchirurgisches Gutachten. Im Bereich der Sprunggelenke/Füße bestehe eine laterale Narbe im Bereich des Außenknöchels nach ca. 10 cm langer Wunde (auch BG-Unfall), Klopf- und Druckempfindlichkeit über dem linken oberen Sprunggelenk und dem Mittelfuß. Die Beweglichkeit sei deutlich eingeschränkt mit 0-0-30°, das untere Sprunggelenk nur mit ½ beweglich und wackelsteif. Die Beweglichkeit der Zehen sei hälftig eingeschränkt. Es bestehe eine livide Verfärbung linksseitig mit einem Lymphstau im Bereich des linken Unterschenkels. Die Mittelfußfraktur II sei in Achsenabweichung, D III sei achsengerecht ausgeheilt. Der Gutachter führte aus, dass nach aktueller Einstufung jetzt eine Erwerbsminderung von 10 v. H. bestehe.
Mit Bescheid vom 31. August 2021 gewährte die Beklagte dem Kläger am 25. Mai 2021 (wieder) eine Stützrente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 10 v. H. Als Folgen des Unfalls vom 12. November 1995 wurde die Bewegungseinschränkung im Bereich des oberen und unteren Sprunggelenkes nach Brüchen der Mittelfußknochen I – III anerkannt.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch trug der Kläger vor, dass das Gutachten vom 25. August 2000 fehlerhaft sei. Prof. Dr. T. habe zugestimmt, dass nach wie vor eine MdE von 10 v. H. bestanden habe. Eine Rente sei auch für eine MdE von 5 v. H. zu zahlen. Auch der Hüftschaden sei Folge des Unfalles vom 12. November 1995.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 5. Oktober 2021 als unbegründet zurück. Sie führte aus, dass nur dann, wenn die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert sei und die einzelnen Vomhundertsätze zusammen wenigstens 20 erreichten, auch eine MdE von 10 v. H. ausreiche. Weiter könnten die im Verlaufsbericht des Prof. Dr. T. vom 16. März 2021 festgehaltenen Bewegungsmaße unter Berücksichtigung einer messtechnischen Toleranz eine MdE von 10 v.H. nicht begründen. Objektive Funktionsbefunde des linken Fußgelenkes lägen vor der Untersuchung bei Prof. T. am 16. März 2021 nicht vor. Die Klägerin könne jederzeit einen Antrag nach § 44 SGB X hinsichtlich der Entziehung der Rente im Jahr 2000 stellen.
Dagegen hat der Kläger am 14. Oktober 2021 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Stade erhoben. Die Rente sei rückwirkend bis Oktober 2000 zu gewähren. Es liege ein Verstoß gegen § 62 SGB VII vor. Demnach hätte eine Untersuchung nach fünf Jahren Rentenbezug nicht mehr stattfinden dürfen. Im Übrigen hätte eine Rente nach einer MdE von 5 v. H. gewährt werden müssen, da dem Kläger bereits eine Rente nach einer MdE von 20 v. H. bewilligt worden sei. Die Bruchstellen des Fußes seien nicht korrekt verheilt. Die Fehlstellung der Hüfte sei ein Folgeschaden. Prof. Dr. T. habe den Fuß als krank befunden und mit einer MdE von 10 v. H. berentet. Damit sei der Kläger einverstanden. Es gehe um das Gutachten vom 25. August 2000, welches fehlerhaft sei. Da die damals angeblich angefertigten Röntgenaufnahmen weder bei der Beklagten noch bei den entsprechenden Kliniken vorliegen, müsse davon ausgegangen werden, dass eine Röntgenaufnahme nicht erfolgt sei. Die Klägerin hat die Seite 5 zum zweiten Rentengutachten zur Gerichtsakte gereicht.
Die Beklagte hat erneut darauf hingewiesen, dass eine Stützrentenzahlung nur bei einer MdE in Höhe von mind. 10 v. H. in Betracht komme. Die Überprüfung des Bescheides vom 11. Oktober 2000 gemäß § 44 SGB X sei nicht Gegenstand dieses Klageverfahrens und müsse von der Beklagten gesondert beschieden werden.
Mit Schreiben vom 12. November 2021 hat der Kläger einen Überprüfungsantrag hinsichtlich der Bescheide vom 11. Oktober 2000 sowie 22. Juni 2015 gestellt. Auch die Funktionseinschränkungen der Hüfte seien zu berücksichtigen. An die Röntgenuntersuchung des Vorfußes in zwei Ebenen am 25. August 2000 könne sich der Kläger nicht mehr erinnern. Es werde deshalb um Zusendung der entsprechenden Aufnahmen gebeten.
Mit Mail vom 5. Dezember 2021 beantragte der Kläger, die Hüftfehlstellung als Folgeschaden in einem gesonderten Verfahren zu prüfen.
Mit Bescheid vom 21. Dezember 2021 lehnte die Beklagte die Gewährung einer höheren Rente ab. Nach Auswertung der medizinischen Unterlagen insbesondere der Gutachten vom 25. August 2000 und 15. Juni 2021 sei festzustellen, dass ein Zusammenhang zwischen den rechtseitigen Hüftbeschwerden und dem Arbeitsunfall vom 12. November 1995 nicht bestehe. Weder sei es zu einer Verletzung der Hüfte gekommen noch lägen unfallbedingt Funktionsbeeinträchtigungen vor, die gegebenenfalls Auswirkung auf die rechte Hüfte und deren Beweglichkeit hätten haben können. Im aktuellen Gutachten des Prof. Dr. T. werde weiterhin auf die Gehunfähigkeit des Klägers infolge der Polyarthrose (schmerzhafte Arthrose, die gleichzeitig in mehreren Gelenken auftrete) und der Lungenerkrankung (unfallunabhängige Gesundheitsstörungen) hingewiesen. Unfallbedingt bestünden unverändert eine Bewegungseinschränkung im Bereich des oberen und unteren Sprunggelenkes nach Brüchen der Mittelfußknochen I-III links.
Mit Gerichtsbescheid vom 28. Februar 2022 hat das Sozialgericht (SG) Stade die Klage abgewiesen. Sofern der Kläger Verletztenrente für die Zeit ab November 2000 (Eintritt der Entziehung der Verletztenrente) bis 5. Dezember 2020 begehre, sei die Klage bereits unzulässig, da es an einem Vorverfahren mangele. Für den Zeitraum ab 6. Dezember 2020 sei die Klage zulässig aber nicht begründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 10 v. H. bereits vor dem 25. Mai 2021. Unstreitig habe der Kläger am 12. November 1995 einen Arbeitsunfall erlitten, als ihm eine Kastenschalung auf den linken Vorfuß fiel und er dadurch gesplitterte Brüche des I. – III. Mittelfußknochens links erlitt. Seit dem 25. Mai 2021 würden daraus wieder Funktionsbeeinträchtigungen resultieren, die zu einer rentenberechtigenden MdE von 10 v. H. führen würden. Bei dem Kläger sei am 25. Mai 2021, dem Untersuchungstag bei Prof. Dr. T. ein auf 0-0-30° limitiertes Bewegungsausmaß des linken oberen Sprunggelenkes festgestellt worden. Dies führe nach den Erfahrungswerten zu einer MdE von 10 v. H. Zuvor sei dieses Bewegungsausmaß nicht beschrieben worden. Für den Zeitraum vom 6. Dezember 2020 bis 24. Mai 2021 lägen keine belastbaren medizinischen Unterlagen für ein auf 0-0-30° limitiertes Bewegungsausmaß des linken oberen Sprunggelenkes vor. Damit sei eine MdE von 10 v. H. nicht gerechtfertigt. Das rentenbegründende eingeschränkte Bewegungsausmaß sei damit erst ab dem 25. Mai 2021 gesichert. Zwar sei der II. Mittelfußknochen in Achsabweichung knöchern konsolidiert, was sich sowohl aus dem Gutachten des Dr. N. vom 1. September 2000 als auch aus den am 16. März 2021 erstellten Röntgenaufnahmen des linken Fußes des Klägers ergebe. Jedoch resultiere daraus keine maßgebliche Funktionsbeeinträchtigung, die zu einer MdE von 10 v. H. bereits ab dem 16. März 2021 führen könnte, was insbesondere Dr. N. im Gutachten vom 1. September 2000 beschrieben habe. Das Gangbild des Klägers auf ebenem Boden mit und ohne Schuhe sei sicher und fördernd beschrieben worden. Der Einbeinstand rechts und links sei sicher gelungen. Es hätten (lediglich) Druck- bzw. Berührungsschmerzen am Vorfuß bestanden.
Gegen den dem Kläger am 1. März 2022 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 8. März 2022 Berufung eingelegt. Der Bescheid vom 11. Oktober 2000 sei aufzuheben und es habe eine Nachzahlung der eingestellten Rente – nicht nur der letzten vier Jahre – zu erfolgen, da das Gutachten des Dr. N. nicht korrekt gewesen sei und die erwähnten Röntgenaufnahmen überhaupt nicht existiert hätten. Dies gehe auch aus der E-Mail der U. -Klinik vom 9. März 2022 hervor. Nach dem Gutachten des Dr. N. sei die MdE auf 5 v. H. gekürzt worden. Dieses Gutachten sei fehlerhaft, da sowohl die 5 v. H. gestrichen worden seien als auch die in dem Gutachten erstellte Prognose. Da bei dem Kläger aufgrund der Lärmschwerhörigkeit eine MdE von 20 v. H. anerkannt sei, wäre auch bei einer MdE von 5 v. H. eine Auszahlung erfolgt. Darüber hinaus habe die MdE nicht gekürzt werden dürfen, da der Fuß des Klägers nicht verheilt oder gesund gewesen sei. Es habe sich um einen Splitterbruch gehandelt, der eigentlich operativ hätte versorgt werden müssen. Die Ruhigstellung habe tatsächlich statt 12 lediglich 3 Wochen betragen. Der Kläger habe permanent Schmerzen gehabt und eine Schonhaltung einnehmen müssen, die schließlich auch zu einer Verschiebung der Hüfte geführt habe. Aufgrund seiner vielen Auslandsaufenthalte habe der Kläger nicht häufig zum Arzt gehen können. Die von Dr. V. verordnete Krankengymnastik habe leider keine Besserung gebracht. Schließlich hätte die Untersuchung am 25. August 2000 gar keine Entrentung zur Folge haben dürfen, da nach § 62 SGB VII der Versicherungsträger spätestens nach drei Jahren über eine Dauerrente entscheiden müsse. Die Funktionseinschränkungen des Fußes seien nachweisbar unfallbedingt. Die Bescheide vom 11. Oktober 2000 und 22. Juni 2015 seien Bestandteil des Verfahrens. Genau darum gehe es die ganze Zeit. Es werde gebeten, ein Gutachten in Auftrag zu geben, welches die MdE des Fußes zu dem Zeitpunkt des Gutachtens von Dr. N. kläre. Der Kläger hat den Arztbrief des Dr. V. vom 23. Januar 2004, das Rentengutachten des Dr. N. sowie das Gutachten des Prof. Dr. T. für die Beklagte vom 15. Juni 2021 und einen Arztbrief der J. an die Beklagte vom 17. November 1995 zur Gerichtsakte gereicht.
Der Kläger beantragt,
- den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stade vom 28. Februar 2022 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 31. August 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Oktober 2021 und des Bescheides vom 21. Dezember 2021 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen eine Verletztenrente ab dem 1. November 2000 in Höhe einer MdE von 10 v. H. und für die Zeit ab 25. Mai 2021 eine höhere Rente als nach einer MdE vom 10 v. H. zu gewähren,
- den Bescheid der Beklagten vom 10. Mai 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2022 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 11. Oktober 2000 zurückzunehmen,
- den Bescheid der Beklagten vom 3. Mai 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2022 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 3. November 2015 zurückzunehmen
4. und dem Kläger ab dem 1. November 2000 eine Stützrente aufgrund des Arbeitsunfalles vom 12. November 1995 mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
- die Berufung zurückzuweisen,
- die Klagen gegen den Bescheid vom 3. Mai 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2022 sowie gegen den Bescheid der Beklagten vom 10. Mai 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2022 abzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und weist darauf hin, dass bei einer MdE von unter 10 v. H. eine Rentenzahlung nicht möglich sei. Vorliegend sei erst ab dem 25. Mai 2021 wieder eine MdE von 10 v. H. nachgewiesen. Der Bescheid vom 11. Oktober 2000 sei nicht Gegenstand der angefochtenen Bescheide und des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen. Weiterhin handele es sich bei der bewilligten Rente um eine laufende Geldleistung auf unbestimmte Zeit, deren Änderung gemäß § 48 SGB X erfolgen könne.
Die Beklagte hat den Bescheid vom 3. Mai 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2022 (Ablehnung des Überprüfungsantrages gem. § 44 SGB X hinsichtlich des Bescheides vom 22. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. November 2015) sowie den Bescheid vom 10. Mai 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2022 (Ablehnung des Überprüfungsantrages gem. § 44 SGB X hinsichtlich des Bescheides vom 11. Oktober 2000) zur Gerichtsakte gereicht. Die Bescheide enthalten im Rahmen der Rechtsmittelbelehrung den Hinweis auf eine mögliche Klageerhebung.
Auf Frage der Beklagten hat das Gericht (Verfügung vom 25. Januar 2023) darauf hingewiesen, dass es durchaus in Betracht komme, dass die Bescheide Gegenstand des hiesigen Verfahrens seien, dies müsse allerdings abschließend geprüft werden.
Der Kläger hat ausgeführt, dass die Beklagte über die Überprüfungsanträge mit Widerspruchsbescheid entschieden habe, obwohl er der Beklagten mitgeteilt habe, dass der Fall bereits beim LSG anhängig sei. Eine Klage beim SG einzureichen, sei ein Schritt zurück. Dass der Fall bereits in der nächsten Instanz sei, werde von der Beklagtenkomplett ignoriert.
Der Kläger hat die Widerspruchsbescheide nicht gesondert mit Klagen angefochten. Das Gericht hat am 16. Februar 2024 einen Hinweis an die Beteiligten gegeben, dass über die verfahrensrechtlichen Fragen nach Erhalt des Gutachtens entschieden werde. Es komme eine Lösung aller Verfahren in Betracht.
Nachdem der Kläger mitgeteilt hatte, dass sich sein gesundheitlicher Zustand verschlechtert habe und er einen Liegendtransport mit Sauerstoffgabe benötige, hat das Gericht das Gutachten des Chirurgen, Fußchirurgen W. nicht auf der Grundlage einer ambulanten Untersuchung, sondern nach Aktenlage eingeholt. Diesem wurden die Röntgenbilder aus dem X. Klinikum (des linken Fußes und des linken Sprunggelenkes vom 16. März 2021) zur Verfügung gestellt, die Röntgenaufnahmen aus dem L. -Krankenhaus, M. und der J. waren nicht mehr zu erhalten. Der Sachverständige hat das Gutachten nach Aktenlage am 31. Juli 2024 erstattet. Er hat unter Berücksichtigung des Gutachtens des Prof. Dr. T. (Seite 7 des Gutachtens) sowie des Berichtes des Dr. V. (Seite 10 des Gutachtens) ausgeführt (Seite 15 des Gutachtens), dass Brüche der Mittelfußknochen II und III links wesentlich kausale Folge des Arbeitsunfalles vom 12. November 1995 seien. Weiterhin hat er darauf hingewiesen, dass Prof. Dr. T. auch eine außenseitige Narbe am Sprunggelenk von 10 cm Länge beschrieben habe und dahinter (mutmaßlich als Hinweis darauf, dass es sich um einen Unfall aus dem Jahr 2001 gehandelt habe) eben diese Jahreszahl notiert habe. Weiter hat der Sachverständige erläutert, dass nach Bruch des zweiten und dritten Mittelfußknochens durch Ruhigstellung zeitweilige Bewegungseinschränkungen am oberen und unteren Sprunggelenk resultieren können, wie auch die Befunde, insbesondere die Gutachten zeitnah zu dem Ereignis belegen würden. Die Bewegungseinschränkungen des linken oberen und unteren Sprunggelenkes seien daher zunächst zutreffend anerkannt worden. Vor dem Bescheid zur Entziehung der Rente habe allerdings keine Bewegungseinschränkungen am linken oberen oder unteren Sprunggelenk mehr bestanden. Belastungsabhängige Beschwerden seien noch benannt worden, eine wesentliche Fehlstellung mit einer Plattfußstellung habe aber weder seinerzeit noch aktuell nachgewiesen werden können. Zu berücksichtigen sei, dass sich Folgeerscheinungen in weit ab von Mittelfußknochen entfernten Gelenken nicht auf Unfallfolgen zurückführen ließen. Es bestünde eine Verschleißumformung des linken oberen Sprunggelenkes sowie auch des linken unteren Sprunggelenkes, dies sei keine Unfallfolge. Prof. Dr. T. habe hinsichtlich dieser Bewegungseinschränkungen keine Diskussion zu Konkurrenzursachen geführt. Es sei mehr als unwahrscheinlich, dass es nach einer Ausheilung und freier Beweglichkeit des linken oberen und unteren Sprunggelenkes nach den Mittelfußknochenbrüchen des linken Fußes im weiteren Verlauf wieder zu einer unfallbedingten Bewegungseinschränkung komme. Auch die Hüftgelenkseinschränkung sei keine Unfallfolge. Eine Achsfehlstellung an den Mittelfußknochen, die sich auf die Belastung des linken Beines auswirken könnte, liege nicht vor. Ebenso auch keine unfallbedingte Beinverkürzung von mehreren Zentimetern oder ein Rotationsfehler am Oberschenkel. Darüber hinaus sei auf der rechten Seite eine erheblich höhere Bewegungseinschränkung des Hüftgelenkes nach dem Gutachten des Prof. Dr. T. gegeben als auf der linken Seite. Als Unfallfolgen lägen ein knöchern in leichter Fehlstellung ausgeheilter Bruch des dritten Mittelfußknochens sowie ein knöchern unter leichter Verkürzungsstellung ausgeheilter Bruch des zweiten Mittelfußknochens mit Belastungsbeschwerden vor. Die MdE sei mit unter 10 v. H. zu bewerten, da bei dem Kläger nur eine diskrete Fehlstellung ohne eine Plattfußdeformität o. ä. gegeben sei. Die MdE im November 2000 habe ebenfalls unter 10 v. H. betragen, da das zuvor erstellte Gutachten mit freier Beweglichkeit des oberen und unteren Sprunggelenkes und einer nicht mehr vorhandenen Muskelminderung am linken Bein beschrieben worden sei. Des Weiteren habe eine Kalksalzminderung nicht mehr vorgelegen, so dass die normale Belastungsfähigkeit des linken Fußes belegt sei. Eine Verschlimmerung im Jahr 2015 könne nicht belegt werden, da Befundberichte zwischen den Jahren 2000 und 2015 nicht vorlägen. Dies gelte auch bis Dezember 2020. Da die Bewegungseinschränkungen im linken oberen und unteren Sprunggelenk nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf Folgen des Unfalles vom 12. November 1995 zurückzuführen seien, liege auch im Mai 2021 eine MdE von unter 10 v. H. vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung geworden sind.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klagen sind ebenfalls zulässig, aber nicht begründet.
1. a) Angefochten und damit streitgegenständlich ist zunächst der Gerichtsbescheid des SG Stade vom 28. Februar 2022 sowie der Bescheid der Beklagten vom 31. August 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Oktober 2021. Die Beklagte hat ersichtlich mit Bescheid vom 31. August in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Oktober 2021 lediglich über den Zeitraum ab Datum des Verlaufsberichtes des Prof. Dr. Wagner vom 16. März 2021 – als aktuellen medizinischen Befund entschieden. Dies ergibt sich durch Auslegung unter Berücksichtigung der Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid vom 5. Oktober 2021 Seite 2 von 4. Darin nimmt die Beklagte Bezug auf den Verlaufsbericht vom 16. März 2021 und erkennt nicht seit diesem Zeitpunkt, sondern erst ab dem 25. Mai 2021 eine MdE von 10 v. H. an. Dies ergibt sich auch aus den Ausführungen im letzten Absatz des Widerspruchsbescheides worin ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass hinsichtlich der Entziehung der Rente im Jahr 2000 jederzeit ein Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X gestellt werden könne. Die Beklagte hat also über den Zeitraum vom 1. November 2000 bis einschließlich 15. März 2021 in dem Bescheid vom 31. August in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Oktober 2021 nicht entschieden.
Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung insoweit zutreffend entschieden, dass die Anfechtungs- und Leistungsklage im Hinblick auf den Zeitraum vor dem 6. Dezember 2020 und nach Auffassung des Senats darüber hinaus bis zum 16. März 2021 nicht zulässig und im Hinblick auf den Zeitraum ab 25. Mai 2021 nicht begründet ist (siehe zu 2.).
b) Weiter ist der Bescheid vom 21. Dezember 2021, mit dem die Beklagte die Gewährung einer höheren Rente abgelehnt hat, gemäß § 96 SGG ebenfalls Gegenstand des Verfahrens geworden. Der Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (siehe unten zu 2.).
Nach § 96 Abs. 1 SGG wird ein neuer Verwaltungsakt nach Klageerhebung nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Geändert wird ein Verwaltungsakt gemäß § 96 SGG, wenn er teilweise aufgehoben oder teilweise zurückgenommen wird und insoweit eine neue Regelung hinsichtlich des ursprünglichen Ausgangsbescheides erfolgt, so dass in der Folge der ursprüngliche Bescheid hinsichtlich des nicht geänderten Teils weiterhin Bestand hat (vgl. Klein, in juris PK-SGG, § 96 Rn. 87, Stand: 17. September 2024 m.w.N.; vgl. auch BSG, Urteil vom 29. April 1984 – 9b RU 76/83 – Rn. 14, juris). Ersetzt wird ein Verwaltungsakt, wenn der neue Verwaltungsakt vollständig an die Stelle des bisherigen tritt, also zum gesamten Regelungsgegenstand des bisherigen Verwaltungsaktes ein neuer Verwaltungsakt ergeht und demzufolge Klagegegenstand wird (vgl. Klein, a. a. O., Rn. 28, unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 15. September 2016 – B 12 R 2/15 R – Rn. 15 und Urteil vom 6. Oktober 1994 – GS 1/91 – Rn. 16, juris). Ein Abändern oder Ersetzen erfordert weiter, dass der angefochtene Ausgangsbescheid und der erlassene neue Verwaltungsakt einen (teil-)identischen Streitgegenstand betreffen und demzufolge durch den neuen Bescheid in die Regelung des Ausgangsbescheides eingegriffen wird. Vorliegend ergibt ein Vergleich der Verfügungssätze, dass in dem Bescheid vom 31. August 2021 eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 10 v. H. aufgrund des Arbeitsunfalles vom 12. November 1995 im Anschluss an den Bescheid vom 11. Oktober 2000 bewilligt wird und der Bescheid vom 21. Dezember 2021 insoweit einen teilidentischen Streitgegenstand hat, als in diesem Bescheid die Gewährung einer höheren Rente abgelehnt wird, da die Fehlstellung der Hüfte nicht (weitere) Folge des Unfalles vom 12. November 1995 sei.
c) Die im Laufe des Berufungsverfahrens ergangenen Bescheide vom 3. Mai 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2022 und der Bescheid vom 10. Mai 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2022 hinsichtlich der Rücknahme der Bescheide vom 22. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. November 2015 und 11. Oktober 2000 (jeweils § 44 SGB X) sind gemäß § 99 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Über sie ist im Wege der Klage zu entscheiden. Soweit in dem Antrag des Klägers zu 3. auf den Bescheid vom 3. November 2015 abgestellt wird, ist ersichtlich der Bescheid vom 22. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. November 2015 gemeint.
§ 99 SGG lautet: (1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. (2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben. (3) Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds 1. die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden, 2. der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird, 3. statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird. (4) Die Entscheidung, dass eine Änderung der Klage nicht vorliege, ist unanfechtbar.
In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat am 17. Dezember 2024 haben sich sowohl der Kläger als auch die Beklagte mit einer Klageänderung dahingehend, dass der Bescheid vom 3. Mai 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2022 sowie der Bescheid vom 10. Mai 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2022 Gegenstand des Klageverfahrens werden, einverstanden erklärt.
Die Klageänderung ist auch sachdienlich. Die Beurteilung, ob die Klageänderung sachdienlich ist, ist eine Ermessensfrage und unter prozessökonomischen Gesichtspunkten zu beurteilen. Hierbei ist maßgeblich, dass weitere Verfahren zwischen den Beteiligten des Verfahrens (nicht aber zwischen einem der Beteiligten und einem Dritten vermieden werden sollen). Die Nichtanwendbarkeit von § 96 SGG schließt nicht aus, Bescheide im Wege der gewillkürten Klageänderung bei entsprechender Einlassung der übrigen Beteiligten zum Verfahrensgegenstand zu machen (Christian Haupt; Lutz Wehrhahn in: Fichte/Jüttner, SGG, 3., neu bearbeitete und erweiterte Auflage, § 99, Rn. 18, vgl. BSG Urteil vom 7. Februar 2012 – B 13 R 85/09 R – SozR 4-1200 § 52 Nr. 5, Rn. 35, und vom 20. März 1996 – 6 RKa 51/95 – BSGE 78, 98, 103 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 12 S. 38 f; BSG, Urteil vom 22. März 2018 – B 5 RE 1/17 R –, BSGE 125, 252-262, SozR 4-2600 § 6 Nr. 15, Rn. 17).
Die Einbeziehung der Überprüfungsverfahren ist im Sinne des Klägers und der Beklagten. Auch der Senat hält die Klageänderung für sachdienlich, da diese prozessökonomisch ist. Der Kläger hat letztendlich bereits im Jahr 2015 die Überprüfung der Entziehung im Jahr 2000 begehrt. Die Beklagte hat dies allerdings nicht umgesetzt/beschieden. Auch in der Mail der Tochter des Klägers vom 6. Dezember 2020 beantragt diese ausdrücklich die Nachzahlung der Rente seit 2000. Die Prüfung dieses Zeitraums für die Vergangenheit hat die Beklagte aber zunächst nicht umgesetzt/beschieden. Erst das Schreiben des Klägers vom 12. November 2021 hat die Beklagte dann tatsächlich als Antrag auf Überprüfung des Verfahrens aufgefasst. Der Kläger hat vorgetragen, dass er gegen die Widerspruchsbescheide nicht Klage erhoben habe, da dieser Streitgegenstand seines Erachtens ja bereits im Berufungsverfahren anhängig sei. Die Argumente werden laufend wiederholt und die im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen nehmen auch zu den vergangenen Zeitpunkten Stellung. Auch ein Vorverfahren wird nicht umgangen, es hat vollständig stattgefunden, die Frage der Gewährung der Rente ab November 2000 war auch bereits im Jahr 2015 Gegenstand des Begehrens des Klägers und auch bei der Antragstellung im Dezember 2020, ist lediglich nicht ausdrücklich beschieden worden.
2. Weder die Berufung noch die Klagen sind begründet.
a) Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stade vom 28. Februar 2022 sowie der Bescheid der Beklagten vom 31. August 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Oktober 2021 und des Bescheides vom 21. Dezember 2021 erweisen sich als rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der Kläger hat aber keinen Anspruch auf die Gewährung einer Verletztenrente vor dem 25. Mai 2021 und auch keinen Anspruch auf die Gewährung einer höheren Rente nach dieser Zeit (§§ 580, 581 RVO, § 56 SGB VII).
Das SGhat zutreffend ausgeführt, dass bei dem Kläger nach wie vor die Unfallfolgen der Brüche der Mittelfußknochen, bestehen. Der im Rahmen des Berufungsverfahrens gehörte Sachverständige W. hat weiter überzeugend ausgeführt, dass aktuell nicht mehr nachweisbar ist, ob auch der erste Mittelfußknochen gebrochen war. Jedenfalls gehen entsprechend der schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen Funktionseinschränkungen von diesem Mittelfußknochen nicht (mehr) aus. Nunmehr liegen noch die Unfallfolgen knöchern, in Fehlstellung ausgeheilter Bruch des dritten Mittelfußknochens sowie knöchern, unter leichter Verkürzungsstellung ausgeheilter Bruch des zweiten Mittelfußknochens mit Belastungsbeschwerden vor.
Zutreffend hat das SG weiter dargelegt, dass im Rahmen der Gewährung der Verletztenrente zu berücksichtigen ist, in welchem Umfang der Versicherte durch die vom Versicherungsfall verursachten Funktionseinschränkungen die Fähigkeit verloren hat, sich auf dem allgemeinen Arbeitsfeld einen Erwerb zu verschaffen. Es hat auch zutreffend auf die Erfahrungswerte für die Einschätzung der MdE hingewiesen. Mittlerweile ist die 10. Auflage 2024 von Schönberger, Mehrtens, Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheiten erschienen, und nunmehr Seite 715 ff. einschlägig.
Die Kausalität hinsichtlich der Entstehung der knöchernen Verletzung (an den Mittelfußknochen) am linken Fuß durch den Unfall vom 12. November 1995 ist gegeben. Daran hat auch der Sachverständige W., dessen überzeugenden und schlüssigen Ausführungen der Senat sich aus eigener Überzeugungsbildung anschließt, keine Zweifel. Nach derartigen Verletzungen können durch Ruhigstellung – wie hier – zeitweilige Bewegungseinschränkungen am oberen und unteren Sprunggelenk resultieren, wie auch die Befunde zeitnah zu dem Ereignis belegen. Aus dem zweiten Rentengutachten des Dr. N. /OA O. vom 1. September 2000, welches der Senat im Wege des Urkundsbeweises berücksichtigt, geht dann aber bereits hervor, dass vor dem Bescheid zur Entziehung der Rente keine Bewegungseinschränkung am linken oberen und unteren Sprunggelenk mehr bestand. Belastungsabhängige Beschwerden wurden noch am linken Fuß genannt. Eine wesentliche Fehlstellung mit einer Plattfußfehlstellung konnte weder seinerzeit noch aktuell nachgewiesen werden. In diesem Gutachten des Dr. N. und des OA O. vom 1. September 2000 werden auch Röntgenbilder des Vorfußes in zwei Ebenen ausgewertet. Es wird eine Knochendurchbauung, Metasasale-Fraktur II-III links mit deutlicher Knickung sowie keine Kalksalzminderung beschrieben. Der Kläger meint nun, da er sich an die Röntgenuntersuchung nicht mehr erinnern kann, dass eine solche nicht stattgefunden habe und das Gutachten nicht verwertbar sei. Dem kann sich der Senat nicht anschließen. Auch wenn der Senat dieses Gutachten nicht selbst beauftragt hat, die Gutachter nicht entsprechend belehrt hat und auch sonstige Voraussetzungen eines Gerichtsgutachtens nicht gegeben sind, ist vorliegend die Verwertbarkeit z.B. auch im Hinblick darauf gegeben, dass der Kläger bestreitet, von den Gutachtern geröntgt worden zu sein. Weder, dass der Kläger sich an diese Untersuchung nicht mehr erinnern kann, noch, dass die Röntgenbilder weder bei der Beklagten noch dem Krankenhaus oder dem Kläger (mehr) vorhanden sind, lässt den Schluss zu, dass eine Röntgenuntersuchung nicht stattgefunden hat. Röntgenkontrollen sind seit dem hier streitigen Arbeitsunfall regelmäßig erfolgt. Im Hinblick darauf, dass vorliegend auch Unterlagen von anderen Ärzten nicht mehr zu erhalten waren und z. B. der Kläger auch selbst vorträgt (Schriftsatz vom 31. Mai 2022), dass im Rahmen der orthopädischen Praxis des Dr. V. die Röntgenbilder nach zehn Jahren vernichtet wurden, geht der Senat davon aus, dass die Röntgenuntersuchung – die in dem Gutachten vom 1. September 2000 ausgewertet wurde – durch Dr. N. /OA O. stattgefunden hat, aber mittlerweile - so auch bereits im Jahr 2015 - die Bilder nicht mehr aufbewahrt wurden oder vernichtet sind.
Die vorliegenden Röntgenaufnahmen aus dem Jahr 2021, die Prof. Dr. T. gefertigt hat, zeigen in seitlicher Ansicht keine Plattfußfehlstellung. Ein wesentlicher Achsknick ist ebenfalls nicht entstanden. Daraus folgert der Sachverständige W. schlüssig und überzeugend, dass Folgeerscheinungen in weit ab von Mittelfußknochen entfernten Gelenken nicht (mehr) auf Unfallfolgen zurückführen sind. Eine bestehende Verschleißumformung des linken oberen Sprunggelenkes sowie auch des linken unteren Sprunggelenkes sind keine Unfallfolgen. Die Bewegungseinschränkungen des oberen und unteren Sprunggelenkes des linken Fußes, die Prof. Dr. T. in seinem Verlaufsbericht und auch in seinem Gutachten angab, können nicht mit der notwendigen Sicherheit auf Unfallfolgen zurückgeführt werden. Der Kläger hat ausweislich der Aktenlage, nach dem Unfall im Jahr 1995, im Jahr 2001 einen weiteren Unfall erlitten, der dann aber aus unbekannten Gründen von der Beklagten nicht weiter geprüft wurde. Soweit ersichtlich, berücksichtigt Prof. Dr. T. noch in dem Verlaufsbericht, dass beispielsweise die laterale Narbe aus dem Jahr 2001 herrührt. In seinem Gutachten vom 15. Juni 2021, welches ebenfalls im Urkundsbeweis verwertet wird, differenziert er die auf diesen zwei Unfällen beruhenden unterschiedlichen Schäden aber nicht mehr. Auch der Sachverständige W. stellt überzeugend dar, dass eine Diskussion bezüglich konkurrierender Ursachen für das Erleiden der Bewegungseinschränkungen in dem Gutachten des Prof. Dr. T. fehlt. So hat zum Beispiel der Sachverständige W. schlüssig erläutert, dass mögliche Folgen eines weiteren Unfalls aus dem Jahr 2000/2001 mit Lymphabflussstörung des linken Beines, einer Überempfindlichkeit am Fußrücken und einer Narbe außenseitig am Sprunggelenk nicht unfallabhängig sind. Weiter folgt der Senat den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen W. dahingehend, dass es mehr als unwahrscheinlich ist, dass es nach einer Ausheilung und freier Beweglichkeit des linken oberen und unteren Sprunggelenkes nach den Mittelfußknochenbrüchen des linken Fußes im weiteren Verlauf wieder zu einer unfallbedingten Bewegungseinschränkung kommt.
Ebenfalls ist die Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke keine Unfallfolge. Es besteht keine Achsfehlstellung an den Mittelfußknochen, die sich auf die Belastung des linken Beines auswirken könnte. Hier wäre entsprechend der sachverständigen Erläuterung des Herrn W. eine unfallbedingte Beinverkürzung von mehreren Zentimetern gefordert oder ein Rotationsfehler am Oberschenkel. Dies ist nicht erkennbar und zur Überzeugung des Senats nicht im Vollbeweis nachgewiesen. Dass die Bewegungseinschränkung der Hüfte eine wesentlich kausale Unfallfolge ist, ist auch nicht hinreichend wahrscheinlich.
Die MdE ist auch ab 25. Mai 2021 mit unter 10 v. H zu bewerten. Die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Bewegungseinschränkungen des linken oberen und unteren Sprunggelenkes sind nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Unfallfolgen des Ereignisses vom 12. November 1995.
b) Auch die Klagen gegen den Bescheid vom 10. Mai 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2022 (aa) und gegen den Bescheid vom 3. Mai 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2022 (bb) sind unbegründet.
Gemäß § 44 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
aa) Bei Erlass des Verwaltungsaktes vom 11. Oktober 2000 ist die Beklagte von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen und hat das Recht zutreffend angewandt.
Zunächst ist zu berücksichtigen, dass vorliegend nicht gegen die Vorschrift des § 62 SGB VII verstoßen wurde. Nach § 62 Abs. 2 Satz 1 SGB VII wird spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet.
Der Unfall ereignete sich am 12. November 1995. Mit Bescheid vom 6. August 1996 gewährte die Beklagte dem Kläger eine vorläufige Rente nach einer MdE von 20 v. H.. Mit Bescheid vom 6. August 1997 erhielt der Kläger dann eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE in Höhe von 10 v. H., ab 1. September 1997 als Stützrente aufgrund des Arbeitsunfalles vom 12. November 1995. Dieser Bescheid ist bestandskräftig und von den Überprüfungsanträgen nicht umfasst. Eine Rente auf unbestimmte Zeit ist aber nicht gleichzusetzen mit einer lebenslangen Rente, sondern kann vielmehr nach den Regelungen des § 48 SGB X an wesentliche Veränderungen angepasst werden.
Eine solche Anpassung erfolgte rechtmäßig mit Bescheid vom 11. Oktober 2000.
Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Diese Voraussetzungen waren vorliegend erfüllt. Bei dem Bescheid vom 6. August 1997 handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Im Vergleich des Gutachtens des Dr. N. vom 30. Juni 1997 zu dem Gutachten vom 1. September 2000 ist eine wesentliche Änderung eingetreten. Beide Gutachten verwertet der Senat im Wege des Urkundenbeweises. Bei Renten der gesetzlichen Unfallversicherung ist eine Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X hinsichtlich der Höhe der MdE nur wesentlich, wenn sie mehr als 5 v. H. beträgt. Dies folgt aus § 73 Abs. 3 SGB VII, dessen Regelungswirkung nach der Ausnahmevorschrift des § 214 Abs. 3 Satz 2 SGB VII auch für Versicherungsfälle gilt, die – wie hier – vor dem Tag des Inkrafttretens des SGB VII eingetreten sind (vgl. zu den Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 SGB X, BSG Urteil vom 8. Dezember 2021 – B 2 U 10/20 R – BSGE 133, 163 = SozR 4-2700 § 56 Nr. 5, Rn. 15 ff).
Hier war eine rechtlich wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten. Während in dem Gutachten vom 30. Juni 1997 aus dem Messblatt noch deutliche Einschränkungen der Beweglichkeit zu erkennen sind, die zu einer Bewertung der MdE mit 10 v. H. führten, hat sich ausweislich des Gutachtens vom 1. September 2000 die Beweglichkeit verbessert. Insbesondere war sie beispielsweise seitengleich. Es bestand nur noch ein Druck- und Berührungsschmerz. Darüber hinaus wurde keine nennenswerte Muskelumfangsdifferenz mehr beschrieben. Eine solche Entwicklung ist auch mit den Ausführungen des Sachverständigen W., die der Senat für überzeugend hält, zu vereinbaren. Dieser hat darauf hingewiesen, dass es bei der Behandlung von Verletzungen an den Mittelfußknochen – wie vorliegend – durch Ruhigstellung durchaus in der Folge zu Bewegungseinschränkungen des unteren und oberen Sprunggelenkes kommen kann, die sich aber wieder verbessern. Wie oben dargestellt, kommt es darauf an, welche Funktionseinschränkungen verbleiben. Allein die Tatsache, dass der Mittelfußknochen in Achsabweichung verheilt ist, und damit aus Sicht des Klägers der Fuß nicht gesund ist, begründet nicht die Erfüllung der Voraussetzungen für die Feststellung einer MdE. Vorliegend ist dieser Gesundheitsschaden im Oktober 2000 nicht mehr mit einer MdE zu bewerten gewesen, da die Funktionseinschränkungen wesentlich geringer geworden waren. Da die Einschränkung der Beweglichkeit im September 2000 die Bewertung mit einer MdE von 10 v. H. nicht mehr rechtfertigte, war die Rente zu entziehen. Die Beklagte hat auch die Voraussetzung des § 73 SGB VII berücksichtigt und die Rente nach erst nach Ablauf des Monats Oktober 2000 entzogen.
Vorliegend sind hier weiterhin die Voraussetzungen der Stützrente zu berücksichtigen. Nach §§ 581 RVO, 56 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert ist und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl Zwanzig, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern.
Da der Kläger Anspruch (Bescheid vom 18. März 1997) auf die Gewährung einer (Stütz-)rente ab 13. September 1995 nach eine MdE von 10 v. H. wegen der anerkannten BK 2301 hatte, konnte mit Bescheid vom 6. August 1997 aufgrund einer MdE von 10 v. H. hinsichtlich des Unfalles vom 12. November 1995 ebenfalls eine Stützrente gewährt werden. Auch im Rahmen von Stützrenten sind aber die Folgen eines Versicherungsfalles gem. § 581 Abs. 3 Satz 2 RVO (§ 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII) nur zu berücksichtigen, wenn Sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Ausweislich der Untersuchung am 25. August 2000 waren diese Voraussetzungen aber nicht mehr gegeben. Dies ändert sich auch nicht dadurch, dass der Kläger behauptet, dass die in dem Gutachten erwähnten Röntgenaufnahmen des Vorfußes in zwei Ebenen nicht durchgeführt worden seien. Wie der Senat oben ausgeführt hat, geht er davon aus, dass die Röntgenbilder lediglich aufgrund der abgelaufenen Aufbewahrungsvorschriften mittlerweile vernichtet wurden. Festzuhalten bleibt, dass damit eine MdE, die unter 10 v. H. liegt (beispielsweise wie der Kläger hier meint mit 5 v. H.) nicht als gesonderte Stützrente festgestellt werden. Dies gilt auch, wenn die zweite Stützrente bereits für sich genommen eine MdE von 20 v. H. ausweist.
Daher ist es auch schlüssig, dass in dem Gutachten vom 1. September 2000 die MdE auf unter 10 v. H. korrigiert wurde. Wenn eine MdE nicht festgestellt wird, erledigt sich damit auch die Frage, wann sich die Erwerbsfähigkeit gegebenenfalls verbessern wird.
bb) Auch bei Erlass des Verwaltungsaktes vom 22. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. November 2015 ist die Beklagte von dem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen und hat das Recht zutreffend angewandt. Nach Erstellung des Gutachtens von Dr. N. /OA O. sind weitere Unterlagen für die Zeiträume danach durch den Kläger bei der Beklagten nicht vorgelegt worden. Auch im Rahmen des Verwaltungsverfahrens ab dem 6. Dezember 2020 ist es nicht gelungen, medizinische Unterlagen über diesen Zeitraum oder auch über den Zeitraum bis zur Erstellung des Verlaufsberichtes durch Dr. N. beizuziehen. Bei dem behandelnden Hausarzt Dr. Q. und auch bei dem Nachfolger des Dr. S., Dr. R. lagen keine Unterlagen vor. Der Kläger selbst bzw. seine Tochter hat im Laufe des Berufungsverfahrens von Dr. V. die Information bekommen, dass auch dort die Röntgenbilder nach zehn Jahren vernichtet worden seien.
Anders als der Kläger meint, enthält das Gutachten des Prof. Dr. T. auch keinen Hinweis darauf, dass in dem Zeitraum von November 2000 bis zum 25. Mai 2021 ein medizinischer Sachverhalt in Form von Funktionseinschränkungen des linken Fußes vorgelegen hat, der wesentlich kausal auf den Unfall am 12. November 1995 zurückzuführen ist.
Auch aus dem von dem Kläger eingereichten Arztbrief des Dr. V. an Dr. S. vom 23. Januar 2004 ergibt sich kein entsprechender Hinweis. Diagnostiziert wurden eine Beckenmuskeldysbalance, eine leichte ISG-Blockierung, eine Skoliose sowie deutliche Spondylose der Lendenwirbelsäule. Zwar wurde ein linkseitiges Humpeln im Rahmen des Befundes benannt. Ein Hinweis auf einen kausalen Zusammenhang mit dem Unfall vom 12. November 1995 findet sich hingegen nicht.
3. Den von dem Kläger benannten Beweisanregungen in dem Schriftsatz vom 22. November 2024, die der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht mehr wiederholt hat, folgt der Senat nicht, weil er den Sachverhalt ausreichend für aufgeklärt hält. Die Voraussetzungen der Stellung von Beweisanträgen hat das Gericht dem Kläger mit Verfügung vom 28. November 2024 erläutert. In dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat am 17. Dezember 2024 hat der Kläger seine Beweisanregung auch nicht aufrechterhalten oder nee Beweisanträge gestellt. Die Ladung der Mitarbeiterin der Beklagten Frau Y. war nicht erforderlich. Die Vertreterin der Beklagten hat im Termin zur mündlichen Verhandlung mitgeteilt, dass Frau Y. verstorben sei. Ohnehin hat der Kläger aber keine relevanten, rechtserheblichen Tatsachen benannt, die Frau Y. bezeugen können soll. Ob eine einzelne Mitarbeiterin der Beklagten einen Bescheid für rechtmäßig hält oder nicht, ist nicht relevant. Relevant ist die Bescheidlage, die das Gericht zu beurteilen hat. Eine Zusicherung hätte gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X der Schriftform bedurft, die hier nicht vorliegt.
Auch Prof. Dr. T. war nicht als Sachverständiger zu laden. Dieser hat das Gutachten im Rahmen des Verwaltungsverfahrens für die Beklagte erstattet. Es handelt sich also um ein Verwaltungsgutachten. Eine allgemeine Erörterung des Gutachtens durch ihn in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat war nicht erforderlich. Das Gutachten kann im Wege des Urkundsbeweises beigezogen werden und ist hinreichend klar. Darüber hinaus greift bei einem Verwaltungsgutachten das Fragerecht nach § 118 SGG, 411 ZPO nicht (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/ /Schmidt, SGG, § 118 Rn. 12d und § 128 SGG Rn. 7d ff. und Bergner in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 116 (Stand: 15.06.2022) Rn. 27).
Anlass zu weiteren Sachverhaltsermittlungen von Amts wegen sind nicht gegeben.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers gemäß § 193 SGG, da sie trotz mehrfacher Bitte des Klägers auf Überprüfung und Nachzahlung ein Verfahren nach § 44 SGB X zunächst nicht und erst im Laufe des Berufungsverfahrens eingeleitet hat und damit Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.
Ein Grund, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), ist nicht gegeben.
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