Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit steht die Kostenübernahme für eine ambulante Psychotherapie einer nicht als Vertragstherapeutin zugelassenen Therapeutin.
Die 1992 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin ist gehörlos.
Die als Heilpraktikerin zugelassene Therapeutin für Psychotherapie IK stellte für die Klägerin mit Schreiben vom 26. März 2019 bei der Beklagten einen Antrag auf Kostenübernahme über 12 Sitzungen in einer Kurzzeittherapie oder vier probatorische Sitzungen in Gebärdensprache.
Mit Bescheid vom 04. April 2019 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Frau K sei nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Die Klägerin widersprach mit Schreiben vom 06. Mai 2019: Die Terminvergabestelle der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) habe ihr nur drei Therapeutinnen nennen können, von denen eine keine Gehörlosen mehr behandle, eine sich im Mutterschutz befinde und die Dritte nur mit Dolmetscher therapiere, was sie – die Klägerin – ablehne. Sie hätte dann nämlich nur noch Blickkontakt zur Dolmetscherin und nicht zur Therapeutin. Die Mimik des Gegenübers sei für Gehörlose aber sehr wichtig. Sie müsste sich zudem (auch) einer dritten Person gegenüber öffnen, was sie nicht könne.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2020 zurück. Sie verwies auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13. Dezember 2016 (B 1 KR 4/16 R), wonach Versicherte nach § 28 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) keinen Anspruch auf die Behandlung durch Psychotherapeuten hätten, die über keine berufsrechtliche Erlaubnis nach dem Psychotherapeutengesetz verfügten. Bei der Approbation nach diesem Gesetz handele es sich nicht um eine spezifisch leistungserbringungsrechtliche Voraussetzung, sondern um eine vom SGB V als zwingend vorausgesetzte Mindestqualifikation für einen Behandlungsanspruch. Der Widerspruchsbescheid wurde am 31. Januar 2020 als einfacher Brief zum Postversand aufgegeben.
Hiergegen hat die Klägerin am 27. Februar 2020 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben.
Zur Klagebegründung führt sie aus, der Anspruch ergebe sich aus § 27 Abs. 1 SGB V. Die Beklagte habe im Verwaltungsverfahren keine geeignete Therapiemöglichkeit benennen können. Der behinderten Klägerin werde die Leistung aufgrund ihrer Behinderung verwehrt. In vergleichbaren Fällen habe die Beklagte zur Vermeidung einer Diskriminierung im Rahmen von Vergleichen die Kläger von Kosten der Psychotherapie freigestellt.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 21. Januar 2021 abgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, dass das BSG in dem Urteil vom 13. Dezember 2016 erläutert habe, dass sich das aus § 28 Abs. 3 SGB V ergebende Erfordernis der Approbation dem Zweck diene, das Vorliegen der psychotherapeutischen Grundqualifikation nach den Regeln des Berufsrechts nachzuweisen. Die Krankenkassen seien weder befugt, diese Grundqualifikation erneut zu überprüfen noch die Approbation durch eine eigene berufsrechtliche Bewertung zu ersetzen. Von diesem Grundsatz könne auch nicht aufgrund eines etwaigen Systemversagens eine Ausnahme gemacht werden.
Gegen diese am 27. Januar 2021 zugestellte Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin vom 24. Februar 2021. Zu deren Begründung führt sie ergänzend aus, eine Ausnahme vom Arztvorbehalt sei hier gerechtfertigt. Das Gebot aus Artikel 25 der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen sei verletzt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 21. Januar 2021 und den Bescheid der Beklagten vom 04. April 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2020 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für eine ambulante psychotherapeutische Behandlung bei der Therapeutin für Psychotherapie I K zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte in der Besetzung durch den Berichterstatter zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern gemäß § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden. Der Rechtsstreit weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf (§ 105 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten der begehrten Therapie bei der genannten Behandlerin. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat nach § 153 Abs. 2 SGG zunächst auf die auch von ihm für zutreffend erachteten Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug.
Zutreffend ist das SG gestützt auf die von ihm zitierte Rechtsprechung des BSG davon ausgegangen, dass das Erfordernis der Approbation als Arzt oder nach § 2 bzw. § 26 des Psychotherapeutengesetzes insoweit auch für die Erbringung von Leistungen auf dem Gebiet der Psychotherapie gilt. Das Erfordernis dieser Mindestqualifikation dient maßgeblich dem Schutz der Versicherten vor nicht hinreichend qualifizierter Behandlung. Die Feststellung der Qualifikation ist insoweit abstrakt in den dafür vorgesehenen (Prüfungs-) Verfahren zu klären. Diese ist insbesondere nicht im Rahmen von einzelnen Leistungsstreitigkeiten durch die Krankenkasse bzw. nachfolgend durch die Gerichte zu bewerten. Nur die staatliche Approbation als Arzt bzw. die gleichgestellte als psychologischer Psychotherapeut bzw. Psychotherapeut, die nach Beendigung einer qualifizierenden wissenschaftlichen Ausbildung erteilt wird, bietet eine ausreichende Gewähr für die Ausübung einer auf den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft beruhenden Sachkunde, die für eine effektive und wirtschaftliche Behandlung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung erforderlich ist (BSG Urteil vom 17. Dezember 2020 – B 1 KR 4/20 R – Rdnr. 14). Daneben wird mit dem Erfordernis der Approbation auch die berufsrechtliche Würdigkeit und die gesundheitliche Eignung belegt (vgl. BSG, Urteil vom 13. Dezember 2016 – Az.: B 1 KR 4/16 R – Rdnr. 15). Insoweit kommen Ausnahmen, wie von der Klägerin gefordert, nicht in Betracht. Auch die nicht hinreichende Versorgungsmöglichkeit führt nicht dazu, dass Leistungen, die den Qualitätsanforderungen des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung nicht genügen, erbracht werden dürfen. Dies ergibt sich auch aus einer historischen Auslegung. Denn anders als § 122 Abs. 1 Satz 2 der Reichsversicherungsordnung sieht das SGB V auch in dringenden Fällen keine selbstständige Behandlung durch nichtärztliche Leistungserbringer mehr vor. Der Gesetzgeber hat insoweit eine ausdrückliche Neuregelung getroffen und zudem im Gesetzgebungsverfahren seinen Willen dokumentiert, dass auch in dringenden Fällen keine Ausnahme möglich sein soll (BT-Drs. 11/2237 Seite 171).
Der umfassende Arztvorbehalt einschließlich der Erstreckung auf andere Behandlungspersonen nach § 28 Abs. 3 SGB V ist auch mit dem Grundgesetz vereinbar, wie das Bundessozialgericht bereits entschieden hat (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2016 – Az.: B 1 KR 4/16 R – Rdnr. 18; Urteil vom 17. Dezember 2020 – Az.: B 1 KR 4/20 R). Der Ausschluss nicht zugelassener nichtärztlicher Leistungserbringer dient gerade dem Schutz der Versicherten vor den Gefahren für ihr Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. Das Festhalten an diesem Qualitätserfordernis stellt daher selbst keine Grundrechtsverletzung seitens des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung dar. Art 3 Abs. 1 und 3 GG sind hier nicht berührt, weil die dargestellten rechtlichen Vorgaben in keiner Weise an bestimmter Krankheiten oder Behinderungen anknüpfen. Die Anforderungen an die Leistungserbringer gelten vielmehr umfassend und allgemein. Andere Maßstäbe ergeben sich auch nicht aus der UN-Behindertenkonvention (vgl. BSG, Urteil vom 5. September 2024 – B 3 P 9/22 R –Rdnr. 28 mit Bezugnahme auf Urteil vom 6. März 2012 - B 1 KR 10/11 R).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.