Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 31.01.2024 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Erhebung von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung auf u.a. auf Leistungen aus einer Direktversicherung sowie einem „Deferred-Compensation“-Programm.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger war zunächst bei der Beklagten zu 1) freiwillig krankenversichert und bei der Beklagten zu 2) pflegeversichert. Seit Rentenbeginn am 01.01.2022 führt die Beklagte die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V durch.
Zum 01.02.2005 schloss die seinerzeitige Arbeitgeberin des Klägers als Versicherungsnehmerin („P. AG bzw. Beteiligungsgesellschaften“) eine kapitalbildende Rentenversicherung (Versicherung Nr. N01) in Form einer Direktversicherung auf den Todes- und Erlebensfall für diesen als Versicherten mit der H. Lebensversicherung AG (nachfolgend: H.) ab. Das Ende der Versicherung wurde auf den 01.02.2021 festgesetzt. Die Beiträge für die Versicherung wurden jährlich ausschließlich aus dem Einkommen des Klägers an die H. abgeführt. Am 01.02.2021 zahlte diese die Kapitalleistung i.H.v. 27.452,71 € aus.
Der Kläger nahm zudem ab dem Geschäftsjahr 2011/2012 an dem „Deferred Compensation“-Programm der J. Gruppe (nachfolgend: J. DC-Programm) teil. Hierbei handelt es sich um eine durch die Arbeitgeberin (im Folgenden: J. F.) angebotene Form der ergänzenden betrieblichen Absicherung für Geschäftsführer und leitende Angestellte, bei der die Teilnehmenden ihre variable Tantieme ganz oder teilweise in eine betriebliche Altersversorgung umwandeln können. Die Mindestsumme für den jährlichen Umwandlungsbetrag war zuletzt mit 1.000 € bei einer Obergrenze von 20.000 € festgesetzt. Maßgebliche Altersgrenze für die Auszahlung war grundsätzlich das 63. Lebensjahr.
Seit dem 01.04.2021 bezieht der Kläger von der P. AG eine Betriebsrente i.H.v. 409,20 € monatlich. Am 31.05.2021 erfolgte zudem die Auszahlung einer weiteren Kapitalleistung in Form einer Betriebsrente i.H.v. 10.960,68 €.
Mit Bescheid vom 11.01.2022 setzte die Beklagte zu 1) Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung aus Versorgungsbezügen ab dem 01.01.2022 i.H.v. 60,36 € fest. Renten und rentenähnliche Einkommen seien beitragspflichtig. Das insofern beitragspflichtige Einkommen habe sie anhand der Angaben der Zahlstellen ermittelt. Insofern seien die Kapitalleistung der H. i.H.v. 228,77 € (27.452,71 € durch 120 Monate) sowie die Kapitalleistung der P. AG i.H.v. 91,34 € (10.960,68 € durch 120 Monate) monatlich zu berücksichtigen. Der Bescheid erging – wie sämtliche folgende Beitragsbescheide – zugleich im Namen der Beklagten zu 2).
Am 18.02.2022 teilte J. F. der Beklagten mit, dass dem Kläger zum 01.01.2022 ein Versorgungsbezug (Betriebsrente) in Form einer einmaligen Kapitalleistung i.H.v. 120.905,02 € ausgezahlt worden sei.
Mit Bescheid vom 02.03.2022 setzte die Beklagte zu 1) die Beiträge zur Kranken-und Pflegeversicherung aus Versorgungsbezügen für die Zeit ab dem 01.03.2022 neu auf insgesamt 250,28 € fest und berücksichtigte hierbei zusätzlich ein monatliches Einkommen aus Kapitalleistungen der J. F. i.H.v. 1.007,54 € (120.905,02 € durch 120 Monate).
Am 22.04.2022 teilte J. F. der Beklagten die Auszahlung einer einmaligen Kapitalleistung i.H.v. 138.828,69 € zum 01.03.2022 aus dem J. DC-Programm mit
Mit Bescheid vom 23.04.2022 setzte die Beklagte zu 1) die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung aufgrund der Versorgungsbezüge für die Zeit ab dem 01.04.2022 neu auf 337,39 € fest und berücksichtigte hierbei nunmehr auch die aus der zum 01.03.2022 ausgezahlten Kapitalleistung aus dem J. DC-Programm in Höhe eines Teilbetrages von 462,13 €, da das monatliche Einkommen des Klägers unter Berücksichtigung der gesetzlichen Rente, der monatlichen Betriebsrente sowie des jeweils 120. Teils der vier Kapitalleistungen mit insgesamt 5.532,28 € über der Beitragsbemessungsgrenze von 4.837,50 € lag.
Gegen den Bescheid vom 23.04.2022 erhob der Kläger am 26.04.2022 Widerspruch. Bei den geltend gemachten Versicherungsbeiträgen für die Kapitalleistung aus dem J. DC-Programm i.H.v. 138.828,69 € handele es sich um Leistungen aus der „Deferred Compensation“, d.h. Tantiemezahlungen, die nie beitragspflichtig (da immer oberhalb der Bemessungsgrenze) gewesen seien. Es handele sich definitiv nicht um eine Betriebsrente.
Mit Beitragsbescheid vom 03.06.2022 teilte die Beklagte zu 1) dem Kläger aufgrund einer Rentenerhöhung zum 01.07.2022 mit, dass der monatliche Beitrag aus Kapitalleistungen ab diesem Zeitpunkt 310,77 € betrage. Hierbei berücksichtigte sie weiterhin Einkünfte aufgrund der Kapitalleistungen der H. in Höhe von monatlich 228,77 € der P. AG i.H.v. monatlich 91,94 €, der J. F. i.H.v. monatlich 1.007,54 € sowie aus dem J. DC-Programm i.H.v. monatlich nunmehr 320,91 €.
In der Folge wandte sich der Kläger auch gegen die Verbeitragung der Direktversicherung der H.. Er habe die jährlichen Prämien für diese Versicherung aus seinem sozialversicherungspflichtigen Gehalt selber gezahlt und halte es nicht für richtig, dass hierauf jetzt nochmals Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung erhoben würden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.09.2022 wies die Beklagte zu 1) den Widerspruch auch für die Beklagte zu 2) zurück. Der als einmalige Kapitalleistung am 01.03.2022 an den Kläger ausgezahlte Betrag i.H.v. 138.828,69 € sei dem Grunde nach als Versorgungsbezug seit dem 01.04.2022 bis längstens 31.03.2023 beitragspflichtig zur Kranken- und Pflegeversicherung. Es handele sich um eine einmalige Leistung der betrieblichen Altersversorgung, da aufgrund der mit dem ehemaligen Arbeitgeber im Rahmen der Entgeltumwandlung abgeschlossenen Versorgungszusage (Deferred Compensation) ein Bezug zum früheren Berufsleben gegeben sei.
Am 10.10.2022 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Münster Klage erhoben. Hinsichtlich der Kapitalleistung der H. habe er die jährlichen Beiträge der Direktversicherung aus seinem zu versteuernden Nettoeinkommen gezahlt. Diese seien zwar formal von den Beiträgen zur Sozialversicherung freigestellt gewesen. Diese Freistellung habe sich aber nicht ausgewirkt, da der für die Berechnung des Sozialversicherungsbeitrags relevante Betrag oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze gelegen habe. Er halte es auch für lebensfremd und unverhältnismäßig aus der einmalig ausgezahlten Kapitalleistung ein fiktives monatliches Einkommen über eine 10-jährige Zahlungspflicht abzuleiten. Dies diene ausschließlich der Maximierung des abzuschöpfen Beitrages. Bei der Kapitalleistung aus dem J. DC-Programm handele es sich weder um eine Betriebsrente noch um eine betriebsrentenähnliche Zahlung, sondern um eine Sparleistung die aus einem Teil der jährlichen Tantiemen gespeist und beim Arbeitgeber mit der Maßgabe hinterlegt worden sei, die Kapitalauszahlung mit dem Ausscheiden des Berechtigten aus dem Unternehmen vorzunehmen. Dieses Vorgehen sei mit einem bei einer Bank oder Sparkasse abgeschlossenen Sparvertrag vergleichbar, bei denen für die hieraus resultierenden Ersparnisse keine Sozialversicherungsbeiträge erhoben würden. Für eine Gleichstellung mit einer Betriebsrente bestünden keine Grundlagen. Die aus der Barlohnumwandlung gebildeten Beiträge zu der Direktversicherung bzw. zur DC seien keine Versorgungsbezüge des Betriebes. Der Betrieb habe weder bei der Direktversicherung noch bei der DC Beiträge in diese Bausteine seiner Altersversorgung eingezahlt. Bei Rentnern und Pensionären, die in einer privaten Krankenversicherung versichert seien, würden vergleichbare Rücklagen der Altersvorsorge bei der Beitragspflicht nicht berücksichtigt. Gleiches gelte für solche Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung, die sich Jahrestantiemen hätten versteuert auszahlen lassen, um diese dann privat anzusparen. Auch Rücklagen für die Altersvorsorge aus Riester-Verträgen unterlägen nicht der Beitragspflicht. Hierdurch sehe er den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Zudem habe er seit Beginn seiner Rente mehr Beiträge zur Sozialversicherung gezahlt als dies vorher der Fall gewesen sei. Dies widerspreche dem Gedanken der Solidargemeinschaft, wonach jeder nach seiner Leistungsfähigkeit Beiträge zum System zu leisten habe.
Am 17.12.2022 (ab 01.01.2023), 01.06.2023 (ab 01.07.2023, 27.06.2023 (ab 01.07.2023), 16.12.2023 (ab 01.01.2024), 24.05.2024 (ab 01.04.2024), 04.06.2024 (ab 01.07.2024), 27.12.2024 (ab 01.01.2025) sind weitere Beitragsbescheide unter Berücksichtigung der strittigen Kapitalleistungen ergangen, gegen welche der Kläger jeweils Widerspruch eingelegt.
Mit Urteil vom 31.01.2024 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe die Kapitalleistung der H. und die Kapitalleistung aus dem J. DC-Programm zu Recht als beitragspflichtige Einnahmen zur Kranken- und Pflegeversicherung herangezogen. Die dem Kläger ausgezahlte Kapitalleistung der H. stelle eine betriebliche Altersversorgung im Sinne des § 229 Ab. 1 S. 1 Nr. 5 SGB V dar. Auch die Kapitalleistung aus dem J. DC-Programm erfülle ihrer Zielsetzung sowie der zugrunde liegenden vertraglichen Vereinbarungen nach die wesentlichen Merkmale einer betrieblichen Altersversorgung und diene der Alters- bzw. Hinterbliebenenversorgung. Einer Verbeitragung der erhaltenen Kapitalleistungen stehe zudem nicht entgegen, dass diese als einmaliger Betrag bzw. in Raten ausgezahlt worden seien. Unter Berücksichtigung seiner systematischen Zuordnung unterscheide § 229 Abs. 1 S. 3 SGB V nicht zwischen Versorgungsleistungen, die als Einmalbetrag ausgezahlt würden und Versorgungsleistungen, deren Auszahlung in Teilbeträgen erfolge, sofern es sich bei ihnen um kapitalisierte Leistungen handele. Ratenkapitalzahlungen seien ihrem Wesen nach kapitalisierte Versorgungsbezüge und erhöhten – wie einmalige Kapitalleistungen oder -abfindungen sowie laufende Versorgungsleistungen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Versicherten über den Auszahlungsmonat hinaus.
Gegen das ihm am 04.03.2024 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11.03.2024 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt er sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, er sei seit 1982 Mitglied der Beklagten gewesen und habe 36 Jahre lang jeweils mit dem Maximalbeitrag in das Solidarsystem der Kranken- bzw. Pflegeversicherung eingezahlt, da dieses aus seiner Sicht einen wesentlichen Beitrag zum sozialen Frieden und Zusammenhalt des Gemeinwesens bzw. der Gesellschaft leiste. Durch die Berechnung der zu zahlenden Beiträge sei sein Einkommen als Rentner mit einem um 50 % höheren Sozialversicherungsbeitrag von jährlich 7.500 € belastet als sein wesentlich höheres vormaliges Einkommen während seiner Berufstätigkeit mit jährlich rund 5.000 € Beitragslast. Dies widerspreche fundamental dem der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung zugrunde liegenden Solidaritätsprinzip. Gegen die Berücksichtigung als betriebliche Altersversorgung spreche auch, dass die Kapitalleistungen nicht der Abdeckung eines „biometrischen Risikos“ gedient hätten. Er sei zudem zu keinem Zeitpunkt und von keiner Seite auf eine mögliche Beitragspflicht der Kapitalleistung aus dem J. DC-Programm hingewiesen worden. Es handele sich um eine rein privat veranlasste Altersvorsorge, bei der die wirtschaftliche Last aus bereits verbeitragten Gehaltszahlungen ausschließlich von ihm getragen worden sei. § 229 Abs. 1 SGB V sei nicht anwendbar. Auch halte er es für fehlerhaft, aktuelle Beitragssätze für Kapitalleistungen zugrunde zu legen, die bereits vor Jahren ausgezahlt worden seien. Vielmehr müssten – wenn überhaupt – die zum Auszahlungszeitpunkt geltenden Beitragssätze in Ansatz gebracht werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 31.01.2024 aufzuheben und die Bescheide vom 23.04.2022 und 03.06.2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.09.2022 sowie die Folgebescheide vom 17.12.2022, 01.06.2023, 27.06.2023, 16.12.2023, 24.05.2024, 04.06.2024 und 27.12.2024 insoweit aufzuheben, als darin Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung auf die Kapitalleistung in Höhe von 138.828,69 € aus dem J. Deferred Compensation-Programm sowie in Höhe von 27.452,71 € der H. Lebensversicherung AG erhoben worden sind.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie den Inhalt der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Auch die Klage gegen die Folgebescheide vom 24.05.2024, 04.06.2024 sowie 27.12.2024 ist zulässig, aber unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens sind die Bescheide vom 23.04.2022 und 03.06.2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.09.2022 und gemäß § 96 Abs. 1 SGG auch die Folgebescheide vom 17.12.2022, 01.06.2023, 27.06.2023, 16.12.2023 und insoweit die Frage der Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung zur Kranken- und Pflegeversicherung auf die Kapitalleistungen der H. i.H.v. 27.452,71 € aus dem Versicherungsvertrag mit der Vers.-Nr. N01 sowie i.H.v. 138.828,69 € aus dem J. DC-Programm. Die Folgebescheide vom 24.05.2024, 04.06.2024 sowie 27.12.2024 sind gemäß § 96 Abs. 1 SGG i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind insoweit rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Gemäß § 226 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V wird bei versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung u.a. der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge) zugrunde gelegt. Als solche der Rente vergleichbare Einnahmen gelten gemäß § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Hs. 1 SGB V u.a. Renten der betrieblichen Altersversorgung, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden. Wesentliche Merkmale einer Rente der betrieblichen Altersversorgung als einer mit der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbaren Einnahme im Sinne des Beitragsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung sind, wenn ihr Bezug nicht schon institutionell (Versicherungseinrichtung, Versicherungstyp) vom Betriebsrentenrecht erfasst wird, ein Zusammenhang zwischen dem Erwerb dieser Rente und der früheren Beschäftigung sowie ihre Entgelt-Ersatzfunktion (st.Rspr.; vgl. BSG, Urteil vom 26.02.2019 – B 12 KR 17/18 R, Rn. 14 m.w.N.).
1. Nach diesen Maßstäben ist die Verbeitragung der Kapitalleistung i.H.v. 27.452,71 € aus der bei der H. abgeschlossenen Direktversicherung rechtmäßig.
Bei der zugrunde liegenden Lebensversicherung handelte es sich um eine Direktversicherung gemäß § 1b Abs. 2 BetrAVG und damit bereits nach der sog. institutionellen Abgrenzung um betriebliche Altersversorgung i.S.d. § 229 Abs. S. 1 Nr. 5 Hs. 1 SGB V. Denn abgeschlossen wurde die Lebensversicherung unstreitig durch die Arbeitgeberin des Klägers, der bzw. dessen Hinterbliebene bezugsberechtigt waren. Ausweislich des beigezogenen Versicherungsscheins endete die Laufzeit der Lebensversicherung zum 01.02.2021, also nach Vollendung des 60. Lebensjahres des Versicherten und damit zu einem Zeitpunkt, angesichts dessen bei typisierender Betrachtung von einem Versorgungszweck auszugehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 08.07.2020 – B 12 KR 1/19 R, Rn. 21 m.w.N.). Die Beiträge wurden auch während der Beschäftigung des Klägers bei seiner Arbeitgeberin abgeführt (§ 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 2. HS SGB V). Entsprechend ist die Versicherung in der vorgelegten Bescheinigung für Versicherte durch die H. auch als Rentenversicherung bezeichnet worden. In den allgemeinen Versicherungsbedingungen ist weiter von einem Baustein zur Altersvorsorge (Zukunftsrente) die Rede.
Ihren Charakter als Versorgungsbezug verlieren Leistungen der Direktversicherung auch nicht dadurch, dass sie ganz oder zum Teil auf Leistungen des Arbeitnehmers beruhen. Maßgebend ist allein, ob die Zahlungen der Lebensversicherung auf Prämien beruhen, die auf den Versicherungsvertrag für Zeiträume eingezahlt wurden, in denen der Arbeitgeber Versicherungsnehmer war (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.09.2010 – 1 BvR 1660/08 –, juris; BSG, Urteil vom 30.09.2011 – B 12 KR 16/10 R –, juris). Ein Anspruch auf Erhalt der in der Ansparphase gegebenen Beitragsfreiheit bis in die Auszahlungsphase lässt sich – worauf das Sozialgericht zu Recht hingewiesen hat – dem Gesetz und der Verfassung nicht entnehmen. Es kommt zudem nicht darauf an, ob die Beiträge zu den Kapitalleistungen gegebenenfalls aus Arbeitsentgelt oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze finanziert worden sind (BSG, Urteile vom 08.07.2020 – B 12 KR 1/19 R –, Rn.25; vom 26.02.2019 – B 12 KR 17/18 R –, Rn.17).
Dass aus der Direktversicherung eine Kapitalleistung und keine monatliche Rente gezahlt wurde, ist ohne Belang. Vielmehr gilt, wenn an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung tritt oder eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden ist, ein Einhundertzwanzigstel der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für einhundertzwanzig Monate (§ 229 Abs. 1 S. 3 SGB V i.d.F. des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003, BGBl. I 2190; zu dessen Verfassungsmäßigkeit BVerfG, Beschluss vom 07.04.2008 – 1 BvR 1924/07, Rn. 32). Der Zehnjahreszeitraum beginnt mit dem auf die Auszahlung folgenden Monat (Peters in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V 4. Aufl. 2020, § 229 Rn. 111), vorliegend also mit dem März 2021. Zutreffend hat die Beklagte Zehnjahreszeitraum daher mit 01.03.2021 bis 28.02.2031 angegeben.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist im Rahmen der Beitragsbemessung auch nicht dauerhaft auf die zum Auszahlungszeitpunkt der Kapitalleistung geltenden Beitragssätze abzustellen. Gemäß § 248 S. 1 SGB V gilt vielmehr u.a. auch für die Bemessung der Beiträge aus Versorgungsbezügen der allgemeine Beitragssatz (§ 241 SGB V) und abweichend von § 242 Abs. 1 S. 2 die Hälfte des kassenindividuellen Zusatzbeitrages. Eine abweichende gesetzliche Regelung, die für die Rechtsauffassung des Klägers sprechen könnte, findet sich in den gesetzlichen Regelungen gemäß §§ 229 Abs. 1 S. 3, 241 ff. und § 248 SGB V SGB V gerade nicht.
Die Heranziehung von Versorgungsbezügen bei der Beitragsbemessung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) begegnet schließlich auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (st. Rspr., vgl. hierzu zuletzt: BSG, Urteil vom 13.12.2022 – B 12 KR 10/20 R –, Rn. 23 m.w.N.)
2. Auch die aus dem J. DC-Programm ausgezahlte Kapitalleistung erfüllt die wesentlichen Merkmale einer betrieblichen Altersversorgung und unterliegt gemäß § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB ebenfalls der Beitragspflicht.
Es handelt sich insofern zwar nicht um eine betriebliche Altersversorgung in Form einer Direktversicherung, sondern um eine durch die Arbeitgeberin erteilte Versorgungszusage auf Kapitalbasis, bei der die teilnehmenden Angestellten ihre variable Tantieme ganz oder teilweise in eine betriebliche Altersversorgung umwandeln können. Dabei verzichtet der Arbeitnehmer ganz oder teilweise auf die Auszahlung seiner variablen Tantieme und erhält im Gegenzug eine Versorgungszusage. Die Arbeitgeberin des Klägers bezeichnet diesen Vorgang in der durch den Kläger zur Gerichtsakte gereichten Broschüre zum J. PC-Programm als „Umwandlung von Barvergütung in betriebliche Altersversorgung“ mit dem Ziel, zum einen das Gesamt-Lebenseinkommen durch hinausgeschobene Lohnbesteuerung („kein Zufluss während des Arbeitslebens mit hoher Steuerprogression“, „Steuerfreistellung der während der Beschäftigungszeit erzielten Kapitalerträge“, „i.d.R. geringere Grenzsteuerbelastung im Ruhestand“) und zum anderen des Risikoschutzes bei Eintritt von vorzeitigen Versorgungsfällen („Versorgungskapital in Höhe der vollen Altersleistung bei Invalidität“; Hinterbliebenenabsicherung ebenfalls in Höhe der vollen Altersleistung“).
Die Kapitalauszahlungen aus den Entgeltumwandlungen in wertgleiche Anwartschaften (Deferred Compensation) stellen beitragspflichtige Versorgungsbezüge i.S.d. § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 i.V.m. S. 3 2. Var. SGB V in Gestalt betrieblicher Altersversorgung als vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbarte nicht wiederkehrende Leistung dar (so auch LSG Hamburg, Urteil vom 22.10.2020 – L 1 KR 12/19 –, juris, Rn. 28). Nach § 1 Abs. 5 BetrAVG (i.d.F. vom 16.12.1997, BGBl I 2998), nunmehr § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG, liegt betriebliche Altersversorgung auch vor, wenn künftige Entgeltansprüche in eine wertgleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistungen umgewandelt werden (<Entgeltumwandlung>; vgl. LSG Hamburg a.a.O.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 14.05.2019 – L 11 KR 4035/18 –, juris, Rn 29). Es handelt sich mithin um eine Versorgungsform, die schon institutionell vom Betriebsrentenrecht erfasst wird (vgl. LSG Baden-Württemberg a.a.O.).
Die erbrachte Kapitalleistung weist darüber hinaus auch eine unmittelbare Berufsbezogenheit aus, da das J. DC-Programm sein Angebot ausschließlich an ihre Geschäftsführer und leitenden Angestellten richtete. Die Teilnahmeberechtigung erfolgte gemäß § 1 der „Rechtsgrundlagen des ‚Deferred Compensation‘-Programms“ (im Folgenden: Rechtsgrundlagen) der durch schriftliche Erklärung gegenüber der Arbeitgeberin nach ausdrücklicher schriftlicher Zusage der Teilnahmemöglichkeit durch diese. Gemäß § 4 Nr. 3 Rechtsgrundlagen wurde der Teilnahmebetrag durch vollständige oder teilweise Umwandlung der jährlichen Tantieme aus dem Arbeitsverhältnis mit einem Mindestbeitrag von 1.000 € bei einer Obergrenze (§ 4 Nr. 5 Rechtsgrundlagen) von 20.000 € erbracht. Gemäß § 3 Rechtsgrundlagen war die Anwartschaft auf Versorgungsleistungen sofort unverfallbar. Der Berechtigte hatte festzulegen, welche prozentualen Anteile seiner Tantieme er in Versorgungskapital umwandeln wollte. Dies hatte er nach § 4 Nr. 3 Rechtsgrundlagen spätestens bis zum Ende des Geschäftsjahres mitzuteilen.
Die strittige Kapitalleistung hat zudem eine rentenvergleichbare Einkommensersatzfunktion. Sie war dazu bestimmt, entgangene Einnahmen aus der früheren Tätigkeit des Klägers zu ersetzen. Leistungen sind jedoch gerade dann der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen, wenn sie u.a. die Versorgung des Arbeitnehmers im Alter bezwecken, also der Sicherung des Lebensstandards nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben dienen sollen. Durch diese Zwecksetzung unterscheidet sich die betriebliche Altersversorgung von sonstigen Zuwendungen des Arbeitgebers, etwa solchen zur Überbrückung von erwarteter Arbeitslosigkeit oder Abfindungen für den Verlust des Arbeitsplatzes (BSG, Urteil vom 29.07.2015 a.a.O. Rn.11 m.w.N.). Die Kapitalleistung diente nach dem Regelungskonzept eindeutig der Altersversorgung des Klägers. Bereits in der Präambel der Rechtsgrundlagen ist ausgeführt, dass die Arbeitgeberin des Klägers ihren im Inland tätigen Geschäftsführern und leitenden Angestellten im Rahmen des DC-Programms die Möglichkeit einer Ergänzung der bereits bestehenden betrieblichen Altersversorgung geben wollte. Versorgungsfälle waren gemäß § 2 Rechtsgrundlagen das Erreichen der Altersgrenze bzw. der vorgezogenen Altersgrenze, Invalidität und Tod. Die Gewährung der Versorgungsleistung sollte nach § 3 Rechtsgrundlagen aus Anlass des zuerst eingetretenen Versicherungsfalls nach Maßgabe von § 2 erfolgen. Als Altersgrenze galt gemäß § 6 Rechtsgrundlagen grundsätzlich die Vollendung des 63. Lebensjahres und damit ein Zeitpunkt, angesichts dessen bei typisierender Betrachtung von einem Versorgungszweck ausgegangen werden kann (s.o.). Nach dem Tod des Teilnehmenden haben Hinterbliebene Familienangehörige nach § 9 Nr. 1 Rechtsgrundlagen Anspruch auf Hinterbliebenenkapital in Form von Witwen- bzw. Witwerkapital oder Waisenkapital. Die Kapitalleistung diente damit insbesondere der Alters- und Hinterbliebenenversorgung (und entgegen der Auffassung des Klägers auch der Absicherung so genannter biometrischer Risiken). Dies wird auch dadurch deutlich, dass die Ansprüche aus dem DC-Programm im Rahmen und nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften gemäß §§ 7 ff. BetrAVG beim Pensionssicherungsverein auf Gegenseitigkeit in X. gegen Fälle der Insolvenz des Unternehmens abgesichert waren.
Die Beklagten haben zutreffend den gesamten Kapitalbetrag in Anwendung der Einhundertzwanzigstel-Regelung verbeitragt, auch wenn das Kapital dem Kläger gemäß § 12 Nr. 3 Rechtsgrundlagen verzinst über einen Zeitraum von fünf Jahren ratenweise zufließt. Auch eine ratenweise ausgezahlte bzw. auszuzahlende Leistung wird als nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung von § 229 Abs. 1 S. 3 SGB V erfasst (BSG, Urteil vom 17.03.2010 – B 12 KR 5/09R –, juris; LSG Baden-Württemberg a.a.O. Rn. 30 m.w.N.).
Unerheblich ist nach o.g. auch hinsichtlich der Kapitalleistung aus dem J. DC-Programm, dass diese ausschließlich auf Leistungen bzw. Einzahlungen des Arbeitnehmers beruht.
Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen entsprechend dem o.g. auch insofern nicht. Ein Verstoß gegen Grundrechte ergäbe sich insbesondere auch dann nicht, wenn der Versorgungsbezug aus bereits zu Sozialversicherungsbeiträgen herangezogenem Arbeitsentgelt finanziert worden sein sollten (BVerfG, Beschluss vom 06.09.2010 – 1 BvR 739/08 –, juris). Ein Grundsatz, demzufolge mit aus bereits der Beitragspflicht unterliegenden Einnahmen vom Versicherten selbstfinanzierte Versorgungsbezüge der Beitragspflicht überhaupt nicht oder jedenfalls nicht mit dem vollen Beitragssatz unterwerfen werden dürfen, existiert im Beitragsrecht der GKV nicht und ist verfassungsrechtlich auch nicht geboten (vgl. BSG, Urteil vom 18.08.2020 – B 12 KR 4/19 R –, Rn. 20, m. w.N.).
Dies gilt für den vorliegenden Fall umso mehr, als der Kläger – wie schon der durch ihn zur Gerichtsakte gereichten Broschüre zum J. DC-Programm entnommen werden kann – durch die Teilnahme an dem Programm von steuerlichen Vorteilen profitierte, die zu einer Erhöhung des Gesamt-Lebenseinkommens geführt haben dürften. Hinzukommen – worauf ebenfalls in der Broschüre hingewiesen wird – weitere Vorteile, wie der Wegfall einer Gesundheitsprüfung sowie kostenfreie Verwaltung durch J..
3. Soweit der Kläger darauf hinweist, er habe bereits die Höchstbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung geleistet ist bereits nicht erkennbar, in welchem Zusammenhang diese Tatsache mit der streitgegenständlichen Vorbeitragung steht. Jedenfalls hat die Höhe der Beitragsleistung in der Vergangenheit keinen Einfluss auf die aktuelle Beitragsbelastung eines Versicherten (vgl. Urteil des Senats vom 20.03.2024 – L 10 KR 843/22 – <nicht veröffentlicht>).
4. Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verbeitragung der in der Zahlstellenmitteilung als Betriebsrenten bezeichneten Kapitalleistungen der P. AG i.H.v. 10.960,68 € sowie der J. F. i.H.v. 120.905,02 € bestehen nicht. Zwar ist es im Hinblick auf den objektiv zu bestimmenden Charakter der Leistung unerheblich, wie die an einer entsprechenden Vereinbarung Beteiligten ihrerseits die Leistung (rechtlich) einordnen (vgl. BSG, Urteil vom 29.07.2015 a.a.O. Rn.27). Es ist aber weder ersichtlich noch sind Gründe dafür vorgetragen, dass und aus welchen Gründen es sich nicht um Renten der betrieblichen Altersversorgung im Sinne des § 229 Abs. 1 Nr. 5 SGB V handeln soll.
5. Entsprechend sind damit auch die Beiträge zur Pflegeversicherung aus den strittigen Kapitalleistungen zu Recht erhoben worden (§ 57 Abs. 1 SGB XI i.V.m. §§ 237 S. 4, 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5).
6. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die Höhe der dem Grunde nach zu Recht erhobenen Beiträge unzutreffend festgesetzt hätte, sind nicht ersichtlich. Die konkrete Beitragsberechnung wird vom Kläger auch nicht beanstandet, die Beitragsbemessungsgrenze (§ 223 Abs. 3 SGB V, § 55 Abs. 2 SGB XI) hat die Beklagte beachtet.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 SGG.
8. Anlass, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, besteht nicht.