Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 15.03.2022 wird zurückgewiesen.
Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung des Beklagten zur Übernahme von Kosten für die Inanspruchnahme eines Umzugsunternehmens sowie für die Anmietung eines Postfachs.
Die am 00.00.0000 geborene Klägerin zu 1. (im Folgenden: Klägerin) bezog im Jahr 2019 mit ihrem Sohn, dem am 00.00.0000 geborenen Kläger zu 2. (im Folgenden: Kläger), von dem Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Die Kläger bewohnten ursprünglich eine Wohnung in der N.-straße N01 in Z..
Am 26.11.2019 reichte die Klägerin bei dem Beklagten zwei Mietangebote/-bescheinigungen – verbunden mit dem Begehren auf eine Zusicherung zur Übernahme der laufenden Kosten für diese Wohnungen – ein. Mit Bescheid vom 26.11.2019 sicherte der Beklagte die Übernahme der laufenden Bedarfe für Unterkunft und Heizung sowie der Mietkaution für die Wohnung G.-straße N02 in F. zu. Die begehrte Zusicherung für die Wohnung V.-straße N03 in Z. lehnte er mit Bescheid ebenfalls vom 26.11.2019 unter Bezugnahme auf die Unangemessenheit der diesbezüglichen Unterkunftskosten ab. In einem hierzu vom Beklagten erstellten Verbis-Vermerk vom 26.11.2019 heißt es: „Im Rahmen TL-Beschwerde Wohnung in Td abgelehnt, Bescheid erstellt und übergeben“, in einem weiteren Vermerk vom selben Tag: „P.V. am 26.11.2019: Kundin spricht mit N04 Mietangeboten vor (für F. und Z.), Zusicherung für F. erteilt. Für die Zusicherung der Wohnung in Z. wurde die Kundin im Rahmen des Gesprächs auf die neuen Angemessenheitsgrenzen ab dem 01.09.2019 darauf hingewiesen, dass diese nicht angemessen sei und das Mietangebot für Z. abzulehnen sei (…)“. Die Klägerin informierte den Beklagten mit E-Mail vom 08.12.2019 über eine Räumungsankündigung ihres aktuellen Vermieters und teilte mit, außer der Wohnung V.-straße N03 in Z. keinen Ersatzwohnraum gefunden zu haben. Sie legte ferner ein Schreiben des Sozial- und Wohnungsamtes der Stadt Z. vom 10.12.2019 vor, wonach ihr aktuell keine andere Wohnung angeboten werden könne. Des Weiteren übersandte die Klägerin ein Schreiben, wonach die Wohnung in der G.-straße in F. zwischenzeitlich vergeben sei, außerdem Absagen über diverse andere Angebote sowie die Ankündigung der Gerichtsvollzieherin über eine Räumung ihrer bisherigen Wohnung zum 15.01.2020. Mit Schreiben vom 12.12.2019 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass es gleichwohl bei der ablehnenden Entscheidung verbleibe.
Die Klägerin sprach am 20.12.2019 erneut beim Beklagten vor. Der Beklagte fertigte diesbezüglich den Verbis-Vermerk: „Gesundheit steht nach wie vor im Zentrum der Beratung. Neuer medizinischer Eingriff ist geplant. Kd. legt Nachweise der Klinik vor. Da die Kundin aus der Wohnung raus muss und somit ein Umzug geplant sei, wird sich der Eingriff bis nach dem Umzug verschieben. Es wurde besprochen, dass der ÄD erst nach den Eingriffen eingeschaltet wird.
Mit Veränderungsmitteilung vom 03.01.2020 teilten die Kläger dem Beklagten mit, zum 01.01.2020 in die Wohnung Q.-straße N04 in Z. gezogen zu sein. Die Kosten für die Wohnung beliefen sich auf 900 € pauschal. Es handele sich um eine Übergangslösung, die zur Vermeidung von Obdachlosigkeit gewählt worden sei. Am 07.01.2020 fertigte der Beklagte über ein Telefongespräch mit der Klägerin folgenden Vermerk: „Anrufer hat folgendes Anliegen: Umzugswunsch, Umzugsziel: Z., Anrufer über die aktuellen Richtwerte für Bedarfe der Unterkunft informiert. Hinweis auf die vorherige Zusicherung für die entstehenden Kosten im Zusammenhang mit dem Umzug. Zur Prüfung der Angemessenheit ist mindestens ein Wohnraumangebot einzureichen. Anrufer auf finanzielle Nachteile bei der Zusicherung hingewiesen“.
Am 13.01.2020 kontaktierte die Klägerin den Beklagten erneut. Hierzu verhalten sich folgende Verbis-Vermerke: „Anrufer hat folgendes Anliegen: Umzugswunsch, Umzugsziel: Z., Hinweis auf die vorherige Zusicherung für die entstehenden Kosten im Zusammenhang mit dem Umzug (…) Kd hat schon am 07.01.2020 um einen RR gebeten. Sie benötigt die genauen Werte der HK und BK. Zudem handelt es sich um eine Übergangswohnung bzw. -lösung, da ihr die eigentliche Wohnung verwehrt wird. Angelegenheit ist sehr dringend“ und „Kundin wollte Erklärung über Übernahme der Kosten der Unterkunft bis zur Angemessenheit ohne konkretes Wohnungsangebot. Kundin erläutert, dass derartige Erklärung nicht ausgehändigt wird. In Ablehnung der Zusicherung vom 26.11.2019 ist bereits geregelt, dass lediglich die bisher übernommenen KdU übernommen werden, wenn eine Wohnung ohne Zusicherung angemietet wird“.
Mit Schreiben vom 23.01.2020, bei dem Beklagten eingegangen am 27.01.2020, übersandten die Kläger durch ihre Bevollmächtigte eine Rechnung der Fa. L. Umzüge über einen am 30.12.2019 durchgeführten Umzug über 1.416,10 €, sowie eine Rechnung der Fa. W., C., über (hier nicht mehr streitgegenständliche) Lagerkosten und beantragten die Übernahme dieser Kosten.
Mit Bescheid vom 30.01.2020 lehnte der Beklagte die Übernahme von Umzugskosten und Lagerkosten ab. Mangels Zusicherung zu dem Umzug seien die Kosten nicht übernahmefähig. Die Kläger hätten für die Lager- und Umzugskosten keine Kostenvoranschläge eingereicht.
Den hiergegen am 10.02.2020 eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2020 zurück. Eine Übernahme der Umzugskosten auf der Grundlage von § 22 Abs. 6 Satz 1 SGB II komme nicht in Betracht. Es fehle bereits an einem Antrag auf die gem. § 22 Abs. 6 SGB II erforderliche Zusicherung; in diesem habe der Hilfebedürftige neben dem Ort der neuen Wohnung auch die im Rahmen des Umzugs anfallenden Kosten mitzuteilen. Entsprechendes sei hier nicht ersichtlich. Auch für die Übernahme der Lagerungskosten bestehe keine Grundlage.
Am 14.04.2020 haben die Kläger beim Sozialgericht (SG) Köln Klage erhoben und zunächst eine Verurteilung des Beklagten zur Übernahme der in den angefochtenen Bescheiden abgelehnten Umzugs- und Lagerkosten geltend gemacht. Zu Unrecht habe der Beklagte die Übernahme der Umzugskosten abgelehnt. Ein entsprechender Anspruch scheitere weder am Fehlen einer entsprechenden Zusicherung noch an einem fehlenden Antrag. Dem Beklagten sei bekannt gewesen, dass sie verpflichtet gewesen seien, die bisherige Wohnung zum 15.01.2020 zu räumen, und dass sie intensiv nach einer neuen Wohnung gesucht hätten. Zudem habe der Beklagte zu Unrecht vermittelt, dass Umzugskosten nur bei abstrakter Angemessenheit der neuen Wohnung übernommen werden könnten. Der Beklagte sei aber verpflichtet gewesen, sie darüber zu informieren, dass auch die Kosten für einen Umzug in eine unangemessene Wohnung übernahmefähig seien. Der Beklagte sei mithin jedenfalls auf der Grundlage eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zur Kostenübernahme zu verurteilen. Ein Antrag sei auch deswegen entbehrlich gewesen, weil der Beklagte ihn ohnehin abgelehnt hätte. Da sie sich in einer absoluten Notsituation befunden hätten, liege ein Fall der zulässigen Selbstbeschaffung vor. Das Ermessen des Beklagten sei in Anbetracht der Vorschrift des § 22 Abs. 6 Satz 2 SGB II eingeschränkt, weil er den Umzug durch die Ablehnung der Zusicherung zum Umzug in die V.-straße N03 in Z. veranlasst habe. Die Umzugskosten seien auch angemessen. Die Klägerin sei aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation nicht in der Lage, den Umzug ohne Unternehmen durchzuführen. Sie hätten zwischen dem 12.12.2019 und dem 15.12.2019 drei Angebote von Umzugsunternehmen eingeholt und sich mit der Fa. L. für das günstigste Angebot entschieden. Jedenfalls bestehe ein Anspruch auf Neubescheidung, denn der angefochtene Bescheid lasse keine Ermessensausübung erkennen. Darüber habe der Beklagte Kosten zur Anmietung eines Postfachs i.H.v. 19,90 € zu tragen, die zu den Wohnungsbeschaffungskosten zu zählen seien.
Der Beklagte hat die ursprünglich begehrten Lagerungskosten i.H.v. 170,97 € in einem Parallelverfahren (SG Köln, Az. S 13 AS 1486/20) anerkannt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 15.03.2022 haben die Kläger dieses Anerkenntnis angenommen.
Die Kläger haben beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 30.01.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2020 zu verurteilen, ihnen 1.416,10 € Umzugskosten sowie 19,90 € für die Anmietung eines Postfachs zu zahlen,
hilfsweise,
den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die vorherige schriftliche Zusicherung sei Anspruchsvoraussetzung. Dies sei wohl auch der Klägerin bekannt gewesen, die entsprechend dem Procedere des Beklagten drei Kostenvoranschläge eingeholt habe. Obwohl die Kläger danach bis zur Räumung noch einen Monat Zeit gehabt hätten, hätten sie den Beklagten gleichwohl nicht befasst.
Mit Urteil vom 15.03.2022 hat das SG die Klage abgewiesen. Gemäß der Kostengrundentscheidung hat der Beklagte 10% der Kosten der Kläger zu erstatten. Der angefochtene Bescheid vom 30.01.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2020 sei rechtmäßig. Den Klägern stehe gegen den Beklagten weder einen Anspruch auf Übernahme der von ihnen geltend gemachten Umzugskosten noch auf die Übernahme von Kosten für die Anmietung eines Postfachs zu. Als Anspruchsgrundlage für die Umzugskosten komme § 22 Abs. 6 Satz 1 SGB II in Betracht. Ein entsprechender Anspruch scheide jedoch aus, weil die Kläger diesbezügliche Leistungen nicht i.S.v. § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB II vor dem am 30.12.2019 durchgeführten Umzug beantragt hätten. Ein Antrag ergebe sich bereits nicht aus dem Vortrag der Kläger, aber auch nicht aus den beigezogenen Verwaltungsakten. Zwar hätten die Kläger die bevorstehende Räumung ihrer bisherigen Wohnung wiederholt thematisiert und erfolglos Zusicherungen für neue Wohnungen beantragt, aber nicht den konkret bevorstehenden Umzug und die Beauftragung eines Umzugsunternehmens angesprochen. Den Bezug der Monteurswohnung habe die Klägerin dem Beklagten erst Anfang Januar 2020 per E-Mail mitgeteilt. Soweit die Kläger vortrügen, ein Antrag sei entbehrlich gewesen, weil der Beklagte ihn ohnehin abgelehnt hätte, berücksichtigten sie nicht die konstitutive Wirkung der Antragstellung. Ihnen sei zwischen der Einholung der Kostenvoranschläge im Zeitraum vom 12.12.2019 bis zum 15.12.2019 und der Durchführung des Umzugs auch genug Zeit für eine Vorsprache beim Beklagten verblieben. Ein Anspruch der Kläger ergebe sich auch nicht auf der Grundlage eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Insbesondere scheide die Verletzung einer Beratungspflicht des Beklagten aus, weil es an einem konkreten Beratungsanlass gefehlt habe. Für den Beklagten sei weder erkennbar gewesen, dass die Kläger beabsichtigten, vorübergehend die Monteurswohnung zu beziehen, noch dass sie ein gewerbliches Umzugsunternehmen beauftragen wollten. Dasselbe gelte für die Anmietung des Postfachs. Die Kostenquote folge daraus, dass der Beklagte im Verfahren S 13 AS 1486/20 ein Anerkenntnis über 170,97 € im Hinblick auf die Übernahme von Lagerkosten abgegeben habe.
Am 16.05.2022 haben die Kläger Berufung gegen das ihrer Bevollmächtigten am 21.04.2022 zugestellte Urteil des SG eingelegt. Unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens tragen sie ergänzend vor, es liege eine Ausnahme vom Erfordernis der Zusicherung vor, weil es ihnen wegen der Dringlichkeit des Umzugs nicht möglich gewesen sei, diese einzuholen. Auch seien die soziale Situation und der durch die bevorstehenden Feiertage ausgelöste Druck zu berücksichtigen.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des SG Köln vom 15.03.2022 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 30.01.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2020 zu verurteilen, ihnen 1.436,00 € zu zahlen,
hilfsweise,
das Urteil des SG Köln vom 15.03.2022 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 30.01.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2020 zu verpflichten, über ihren Antrag erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er wiederholt im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17.03.2025 hat die Klägerin u.a. ergänzend vorgetragen, sie habe mit dem Mitarbeiter des Beklagten P. am 14.12.2019 ein Telefongespräch geführt und diesen gefragt: „Zitat wurde entfernt“ P. habe sie daraufhin angeschrien, ihr gesagt, dass sie sich bis Ende Dezember eine Wohnung suchen solle, und aufgelegt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 17.03.2025 Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen. Ihr Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die gem. § 143 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige (§§ 144, 151 SGG) Beru-fung ist nicht begründet.
Streitgegenstand ist der Bescheid des Beklagten vom 30.01.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2020, mit dem der Beklagte die Übernahme der von den Klägern beantragten Umzugskosten abgelehnt hat.
Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Statthafte Klageart im Hinblick die begehrte Verurteilung des Beklagten zur Leistungszahlung ist eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage i.S.v. 54 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG), für den auf Neubescheidung gerichteten Hilfsantrag die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage i.S.v. § 54 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. SGG.
Die Zulässigkeit der Klage des Klägers scheitert insbesondere nicht an einer fehlenden Klagebefugnis (vgl. zur fehlenden Klagebefugnis bei unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt zustehenden Anspruch Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 54 Rdnr. 22), denn Umzugskosten i.S.v. § 22 Abs. 6 Satz 1 SGB II sind nach denselben Maßgaben kopfteilig auf Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft aufzuteilen wie laufende Bedarfe für Unterkunft und Heizung i.S.v. § 22 Abs. 1 SGB II (vgl. hierzu auch LSG NRW, Urteil vom 11.05.2010 – L 6 AS 41/10 – juris, Rn. 24). Von der Rechtsprechung statuierte Ausnahmen vom Kopfteilprinzip (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2014 – B 4 AS 3/14 R – juris, Rn. 26 zu Mietschulden, Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 27.08.2018 – L 7 AS 705/18 B ER – juris, Rn. 27 zu einer Mietkaution) betreffen jeweils Fallgestaltungen, für die das SGB II im Regelfall eine darlehensweise Leistungsbewilligung vorsieht. Der (z.B. im Verhältnis zum Vermieter) zivilrechtlich nicht Verpflichtete soll nicht durch eine Rückzahlungsverpflichtung gegenüber dem Leistungsträger belastet werden. Eine vergleichbare Gestaltung liegt hier nicht vor, weil § 22 Abs. 6 SGB II eine zuschussweise Bewilligung von Umzugskosten regelt.
Unzulässig ist die Klage auch nicht, soweit die Kläger im Klageverfahren erstmals eine Verurteilung des Beklagten zur Übernahme von Kosten für ein Postfach geltend machen. Umzugsbedingte Folgekosten wie ein Postfach oder ein Nachsendeauftrag können Bestandteil der Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten i.S.v. § 22 Abs.6 SGB II sein, die einen abtrennbaren Streitgegenstand darstellen (vgl. zu alledem BSG, Urteil vom 10.08.2016 – B 14 AS 58/15 R – juris, Rn. 15).Die Erstattung von Umzugskosten ist durch die streitgegenständlichen Bescheide dem Grunde nach abgelehnt worden. Insofern handelt es sich diesbezüglich nur um eine Erweiterung des Klageantrags in der Hauptsache gemäß § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG.
Die Klage ist nicht begründet. Der Bescheid vom 30.01.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2020 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG in ihren Rechten. Die Kläger haben keinen Anspruch gegen den Beklagten auf die Übernahme der von ihnen begehrten Umzugskosten i.H.v. insgesamt 1.436,00 €. Gemäß § 22 Abs. 6 Satz 1 SGB II können Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Gemäß § 22 Abs. 6 Satz 3 SGB II soll die Zusicherung erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Hier scheitert ein Anspruch auf der Grundlage von § 22 Abs. 1 SGB II bereits an einem gebundenen Tatbestandsmerkmal, denn der Beklagte hat den Klägern vor ihrem am 30.12.2019 durchgeführten Umzug keine Zusicherung erteilt (vgl. zum Vorliegen einer Zusicherung als materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung i.S.v. § 22 Abs. 6 SGB II LSG NRW, Beschluss vom 19.05.2022 – L 2 AS 662/22 B ER – juris, Rn. 24 f.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04.06.2020 – L 18 AS 826/20 B ER – juris, Rn. 4; LSG NRW, Beschluss vom 26.11.2009 – L 19 B 297/09 AS ER – juris, Rn. 20). Zwar kann in Ausnahmefällen von der Entbehrlichkeit einer Zusicherung vor Durchführung des Umzugs abgesehen werden, wenn der Leistungsträger eine fristgerecht mögliche Entscheidung treuwidrig verzögert hat (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 06.05.2010 – B 14 AS 7/09 R – juris, Rn. 13). Dem Beklagten war eine fristgerechte Entscheidung aber bereits deshalb nicht möglich, weil die Kläger vor ihrem am 30.12.2019 durchgeführten Umzug keine Zusicherung beantragt haben. Dies räumen die Kläger zunächst selbst ein. Der Verwaltungsakte des Beklagten und den vom SG eingeholten Verbis-Vermerken lässt sich auch sinngemäß kein entsprechendes Begehren der Kläger entnehmen. Zwar hat die Klägerin den Beklagten in Vorsprachen bzw. E-Mail-Kontakten Ende November 2019 und Anfang Dezember 2019 über die bevorstehende Räumung und die Notwendigkeit des Bezugs einer neuen Wohnung in Kenntnis gesetzt. In dem letzten vor dem Umzug der Kläger erstellten Verbis-Vermerk vom 20.12.2019 heißt es, dass ein Umzug geplant sei; hieraus geht aber in keiner Weise hervor, dass die Klägerin den Beklagten über das unmittelbare Bevorstehen des Umzugs, das Umzugsziel und die geplante Beauftragung eines Umzugsunternehmens informiert hat. Auch das von der Klägerin im Verhandlungstermin vor dem Senat erwähnte Telefongespräch mit einem Mitarbeiter des Beklagten am 14.12.2019 gibt diesbezüglich nichts her, denn die Klägerin trägt selbst vor, hierin nur die Notwendigkeit der Einlagerung ihres Mobiliars, nicht jedoch den geplanten Umzug angesprochen zu haben. Da die Erteilung einer Zusicherung immer nur im Hinblick auf den konkret vorgesehenen Umzug geprüft werden kann, ist eine solche abstrakte Information in keiner Weise ausreichend. Für die Annahme eine Treuwidrigkeit des Beklagten besteht überdies deshalb kein Anhalt, weil der Beklagte – abweichend von der der vorgenannten Entscheidung des BSG in der Sache B 14 AS 7/09 R zugrundeliegenden Fallgestaltung – den hier streitgegenständlichen Umzug der Kläger nicht veranlasst hat.
Darüber hinaus besteht auch kein Anspruch auf Kostenerstattung nach den in der Rechtsprechung fachgebietsübergreifend entwickelten und auch im Anwendungsbereich des SGB II geltenden Grundsätzen der Kostenerstattung bei Selbstbeschaffung unaufschiebbarer Sozialleistungen sowie im Fall rechtswidriger Leistungsablehnung (zur Anwendung im SGB II vgl. BSG, Urteil vom 17.06. 2010 – B 14 AS 58/09 R – juris, Rn. 35). Auch ein solcher Kostenerstattungsanspruch setzt nämlich voraus, dass der Träger der Grundsicherung vor der Selbstbeschaffung der Leistung bei Entstehen des konkreten Bedarfs mit dem Leistungsbegehren in der Sache befasst wurde. Nur dann ist es dem Träger möglich, den konkret geltend gemachten Anspruch zu prüfen. Eine Kostenerstattung kommt damit grundsätzlich erst bei Selbstbeschaffung einer Leistung nach einer rechtswidrigen Leistungsablehnung in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 17.06. 2010 – B 14 AS 58/09 R – juris, Rn. 35). Hier ist überdies in keiner Weise ersichtlich, dass es den Klägern nicht möglich war, den Beklagten vor Durchführung des Umzugs mit ihrem Anliegen zu befassen. Die Kläger haben die Kostenvoranschläge der Umzugsunternehmen zwischen dem 12.12.2019 und dem 15.12.2019 eingeholt. Auch unter Berücksichtigung der Weihnachtsfeiertage und einer möglichen Schließung der Dienststelle des Beklagten zwischen Weihnachten und Neujahr verblieb den Klägern mithin noch hinreichend Zeit, zumal die Klägerin zu 1) am 20.12.2019 noch in Kontakt mit dem Beklagten stand, ohne diesen über ihr konkretes Leistungsbegehren zu informieren. Obwohl die Klägerin im Januar 2020 gemäß den vorliegenden Verbis-Vermerken auch im Januar 2020 durchgehend in Kontakt mit dem Beklagten stand, hat sie ihn nach Aktenlage erst mit Schriftsatz vom 23.01.2020 über die angefallenen Umzugskosten informiert. Auch die pauschal geäußerte Annahme der Kläger, der Beklagte hätte ihren Antrag ohnehin abgelehnt, entband sie nicht von der Obliegenheit der Antragstellung.
Ein Anspruch der Kläger folgt auch nicht aus dem richterrechtlichen Institut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch setzt voraus, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund Gesetzes oder Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung (§ 14 des Ersten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB I)) und Auskunft (§ 15 SGB I), verletzt hat. Weiter ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist nicht als Sekundäranspruch auf die Gewährung von Schadensersatz im Sinne einer Kompensation in Geld gerichtet, sondern als Primäranspruch auf Naturalrestitution ausgelegt, d.h. auf Vornahme einer Handlung zur Herstellung einer sozialrechtlichen Position im Sinne desjenigen Zustands, der bestehen würde, wenn der Sozialleistungsträger die ihm aus dem Sozialrechtsverhältnis erwachsenen Nebenpflichten ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. hierzu z.B. Urteil vom 20.10.2010 – B 13 R 15/10 R – juris, Rn.39). Vorliegend scheidet ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch bereits deshalb aus, weil es – wie das SG zu Recht ausführt – in Ermangelung einer Information über den konkret geplanten Umzug an einem Beratungsanlass fehlte. Zudem weist die Tatsache, dass die Kläger vor ihrem Umzug drei Kostenvoranschläge von Umzugsunternehmen eingeholt haben, darauf hin, dass sie über die Vorgehensweise von Leistungsträgern im Umzugsfall orientiert waren und das Unterbleiben einer Beratung nicht kausal für die Unterlassung ihres Antrags war. Letztlich fehlt es an jedem Anhaltspunkt für eine - von den Klägern vorgetragene - Fehlberatung des Beklagten. Die Bescheide und Vermerke des Beklagten, die sich auf eine Zusicherung auf die Übernahme laufender Bedarfe für Unterkunft und Heizung für eine neue Wohnung beziehen, weisen zwar darauf hin, dass die Zusicherung nur im Falle einer Angemessenheit der Unterkunftskosten erfolgen kann. Sie beinhalten aber nicht die Aussage, dass im Rahmen von § 22 Abs. 6 SGB II nur die Kosten für einen Umzug in eine angemessene Wohnung übernahmefähig seien.
Für den auf erneute ermessensfehlerfreie Entscheidung des Beklagten gerichteten Hilfsantrag verbleibt schon deshalb kein Raum, weil der Anspruch an einem gebundenen Tatbestandsmerkmal des § 22 Abs. 6 SGB II scheitert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die vom SG tenorierte Kostenquote für das erstinstanzliche Verfahren ist in Anbetracht der Übernahme der ursprünglich geltend gemachten und vom Beklagten anerkannten Lagerkosten angemessen.
Gründe für eine Zulassung der Revision i.S.v. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG liegen nicht vor.