L 6 VE 3714/24

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 7 VE 612/24
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VE 3714/24
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 10. Dezember 2024 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem Infektionschutzgesetz (IfSG) i.V.m. mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) aufgrund eines geltend gemachten Impfschadens nach einer Corona-Schutzimpfung mit dem Impfstoff Comirnaty (Biontech).

Er ist 1965 geboren, verheiratet und hat drei Kinder. Das letzte Arbeitsverhältnis bei der A1 wurde mit Zustimmung des Kommunalverbandes Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS – Bescheid vom 24. August 2023) gekündigt. Bei dem Kläger ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 wegen einer seelischen Störung (Teil-GdB 40), Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule wie beider Kniegelenke (jeweils Teil-GdB 30), eines Schlafapnoe-Syndroms wie einer Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen (jeweils Teil-GdB 20) und einem Nierensteinleiden (Teil-GdB 10) festgestellt (vgl. Bescheid vom 20. Januar 2020 und zuletzt versorgungsärztliche Stellungnahme vom 26. April 2021).

Am 21. Februar 2023 beantragte er bei dem Landratsamt L1 (LRA) die Gewährung von Beschädigtenversorgung wegen Impfschäden. Nach dem in Kopie vorgelegten Impfpass wurden Corona-Schutzimpfungen mit dem Impfstoff Comirnaty am 1. Juni, 24. Juni und 25. Dezember 2021 verabreicht. Die Meldung unerwünschter Arzneimittelnebenwirkungen beim Paul-Ehrlich-Institut (PEI) erfolgte am 7. Dezember 2022.

Vorgelegt wurde der Befundbericht des K1 über die ambulante Behandlung des Klägers am 1. Mai 2022. Es habe sich eine Radikulopathie im Zervikalbereich C8 links, der Verdacht auf ein Karpaltunnelsyndrom und eine Blockierung im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) gezeigt. Anamnestisch sei über Schmerzen im linken Arm seit der dritten Covid-Impfung berichtet worden. Klinisch bestehe ein Druck- und Klopfschmerz über den Dornfortsätzen über der unteren HWS und oberen und mittleren Brustwirbelsäule (BWS). Die Beweglichkeit sei nicht eingeschränkt, es bestünden kein neurologischer Ausfall und keine Schluckbeschwerden.

Der M1 gab ab, dass der Kläger bei der Vorstellung am 7. Dezember 2022 über Schwindel und Kopfschmerzen berichtet habe. Es bestehe seit der dritten Impfung eine Schwäche im linken Arm. Der Kläger habe sich am 6. Oktober und 7. Dezember 2022 vorgestellt. Diagnostisch lägen unverändert eine schizoaffektive Erkrankung, eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) sowie ein Tinnitus vor.

Die Kernspintomographie (MRT) der linken Schulter vom 28. Juli 2022 (Radiologische Gemeinschaftspraxis L1) zeigte einen unauffälligen Befund, diejenige des Schädels vom 14. September 2022 einen altersentsprechenden intrakraniellen Befund ohne suspekte Veränderungen.

Das LRA erhob den Befundschein der K2, die dargelegte, den Kläger am 19. September 2022 untersucht zu haben. In der Elektromyographie habe sich am M. deltoideus links ein Normalbefund gezeigt. Sensible Ausfälle im Bereich der Arme und Hände bestünden nicht. In der Einzelkraftprüfung werde allenfalls eine diskrete schmerzbedingte Minderinnervation bei der Oberarmflexion angegeben. Paresen seien nicht berichtet worden. Insgesamt finde sich ein unauffälliger neurologischer Befund.

Der C1 übersandte seinen Arztbrief über die ambulante Untersuchung vom 9. Aust 2022, wonach sich kein sicherer Hinweis auf eine manifeste Myokardischämie oder strukturelle Herzerkrankung gezeigt habe. Nach weitere Untersuchung vom 11. Oktober 2022 wurde eine relevante Herzrhythmusstörung verneint.

Der F1 gab in seinem Befundschein an, dass der Kläger am 25. November 2021 (lt. Impfpass am 25. Dezember 2021) zum dritten Mal gegen Covid geimpft worden sei. Am 11. Mai 2022 habe er den Kläger zur orthopädischen Weiterbehandlung bei seit Februar 2022 bestehenden Muskelschmerzen im linken Oberarm und Schwäche im linken Arm überwiesen. Der K1 habe in seinem Bericht keine spezielle Aussage zur Impfung gemacht. Am 4. Oktober 2022 und 22. Februar 2023 seien weitere Überweisungen erfolgt.

Weiter zog das LRA ältere Befundunterlagen bei, darunter den Bericht über die MRT der Lendenwirbelsäule (LWS) vom 6. Oktober 2012 (Chondrose und Bandscheibenprotusionen L4 bis S1), der MRT des linken Kniegelenks vom 26. Oktober 2017 (Innenmeniskus mit diskreten Signalalterationen), der MRT der Halswirbelsäule vom 28. Juni 2018 (mäßige chondrotische Signalabsenkung mit flachen, geringen Protusionen der Bandscheibenfächer 3 bis 6) und der MRT des Schädels vom 3. September 2020 (altersentsprechend unauffälliger zerebraler Befund).

Im Bericht des S1 vom 16. Juli 2020 wurde bei geklagten Schwindelbeschwerden eine otogene bzw. vestibuläre Schwindelursache verneint und eine neurologische bzw. orthopädische Abklärung empfohlen.

Der M1 beschrieb nach ambulanter Untersuchung vom 2. Mai 2018 Gefühlsstörungen an den Fingern beider Hände sowie am 19. Juli 2018 sensible radikuläre Symptome und Schmerzen passend zu den Wurzeln C6 rechts und C8 beidseits. Ein peripheres Engpasssyndrom habe sich nicht nachweisen lassen.

Letztlich hat das LRA das Mitgliedschafts- und Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse beigezogen.

Zur Akte gelangte weiter der Erstanerkennungsbescheid des LRA vom 28. Februar 2017 nach dem Gesetz über die Entschädigung der Opfer von Gewalttaten (OEG), wonach der Kläger am 23. Februar 2013 Opfer einer Gewalttat geworden sei und in Folge eine Anpassungsstörung sowie eine Knochennarbe am Nasenbein erlitten habe.

W1 führte versorgungsärztlich aus, dass sich der Kläger nach der Impfung im Dezember 2021 erst im Februar 2022 überhaupt in ärztliche Behandlung begeben habe. Im Juni 2022 hätten diagnostische Abklärungen stattgefunden. Weder bei den orthopädischen noch bei den neurologischen Untersuchungen seien Schwächen oder Gefühlsstörungen des linken Armes festgestellt worden. Es hätten sich zudem keine Hinweise für eine entzündliche oder verletzungsbedingte Ursache der beklagten Schmerzen im Zusammenhang mit der Impfung gefunden.

Aus den Vorbefunden sei bekannt, dass der Kläger bereits seit 2016 regelmäßig mit der Diagnose zervikales Syndrom, Blockierung im HWS-Bereich, Radikulopathie und Karpaltunnelsyndrom beidseits behandelt worden sei. Gerade 2020 sei es zu einer Zunahme der Beschwerden mit Schwindel gekommen. Nach dem nervenärztlichen Bericht des M1 habe der Kläger seit September 2022 vermehrt über Kopfschmerzen, Schwindel, Erschöpfung, Motivationslosigkeit, Ohrgeräusche und Hirnleistungsschwäche geklagt. Diese Symptome seien langjährig im Rahmen der psychiatrischen Erkrankung bekannt, weshalb auch eine medikamentöse Behandlung erfolge. Beim GdB sei bereits seit 2017 eine seelische Gesundheitsstörung mit einem Teil-GdB von 40 berücksichtigt. Das beklagte Zittern und die Blutdruckschwankungen seien in den ärztlichen Befundberichten schon gar nicht beschrieben, eine strukturelle Herzerkrankung ausgeschlossen worden.

In der Zusammenschau der Befunde könne weder von einem zeitlichen noch von einem ursächlichen Zusammenhang zwischen den geltend gemachten Gesundheitsstörungen und der Impfung mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit ausgegangen werden.

Den Antrag lehnte das LRA mit Bescheid vom 29. September 2023 ab, da versorgungsärztlich festgestellt worden sei, dass die geltend gemachte Gesundheitsstörung „Zittern und Blutdruckschwankungen“ durch ärztliche Berichte schon gar nicht belegt und eine „strukturelle Herzerkrankung“ ausgeschlossen worden sei. Bei den weiteren geltend gemachten Gesundheitsstörungen sei nicht mit der geforderten Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass diese in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung stünden.

Im Widerspruchsverfahren legte der Kläger die personenbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die U1-Automobile vom 23. September 2023 vor, aus der sich ergab, dass auch in Zukunft von keiner Besserung der gesundheitlichen Situation ausgegangen werden könne. Durch die dauerhaft bei dem Kläger vom Covid-19-Impfstoff ausgelösten Krankheiten, wie unter anderem Schmerzen im linken Arm, Muskelschmerzen, Muskelschwäche, Gedächtnisverlust etc., sei mit einer fortdauernden Störung des Betriebsablaufs weiterhin zu rechnen.

Die W1 führte aus, dass neue ärztliche Befunde oder neu gewonnene Erkenntnisse nicht vorgelegt worden seien. Ein ursächlicher Zusammenhang könne weiterhin nicht festgestellt werden.

Den Widerspruch wies das Regierungspräsidium S2 mit Widerspruchsbescheid vom 6. März 2024 zurück. Nach der eingeholten versorgungsärztlichen Stellungnahme könne auch unter Berücksichtigung der Widerspruchsbegründung nicht von der getroffenen Entscheidung abgewichen werden.

Am 15. März 2024 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Er habe vollbeweislich belegt, dass es durch die letzte Impfung mit dem Impfstoff von Biontech zu einem Impfschaden gekommen sei. Es bestünden seit der Impfung Funktionsbeeinträchtigungen. Deshalb habe er seinen seit 2008 bestehenden Arbeitsplatz durch personenbedingte Kündigung verloren, da er aufgrund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen seine Tätigkeit nicht mehr habe ausüben können. Wegen des engen zeitlichen Zusammenhangs und des Fehlens von Alternativursachen sei der Vollbeweis erbracht. Ergänzend hat er Kopien des Antrages auf eine stationäre Rehabilitation bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) vorgelegt.

Weiter ist der Befundbericht des H1 (ambulante Untersuchung vom 10. Januar 2024) zu den Akten gelangt. Danach habe sich in der Kernspintomographie (MRT) der Halswirbelsäule (HWS) kein Bandscheibenvorfall bei nur leichten degenerativen Veränderungen gezeigt. Es seien wiederholte Vorstellungen bei M1 erfolgt, der eine schizoaffektive Störung angenommen habe. Neurologisch sei der Faustschluss mit deutlich wechselnder, funktioneller Innervation möglich gewesen. Die Reflexe zeigten sich unauffällig, es bestünden keine neurologisch zuzuordnenden Störungen. Psychisch liege der DemTec mit 14 von 18 Punkten im Normbereich. Angeben werde, dass der Kläger morgens weitgehend beschwerdefrei sei. Um die Mittagszeit bestehe eine vermehrte Müdigkeit, Stimmung und Antrieb seien gering bis mittelgradig vermindert. Als Diagnose ist eine depressive Episode genannt.

Der M1 hat in seinem Bericht vom 16. Januar 2024 beschrieben, dass der Kläger bei der Vorstellung am 11. Januar 2024 anamnestisch angegeben habe, dass rezidivierende Parästhesien an der linken Hand sowie Schmerzen an der Einstichstelle am M. Deltoideus nach Coronaimpfung bestünden. Er könne kaum schwer heben. Bi- und Trizepssehnenreflex seien seitengleich, der M. deltoideus zeige einen normalen Tonus beidseits, links eher kräftiger als rechts. Es bestünden keine Atrophien im Bereich der oberen Extremität oder der kleinen Handmuskeln. Bei der Muskelkraft beim Faustschluss links werde etwas schwächer zugedrückt, es bestehe aber keine umschriebene Schwäche bei der Ellenbogenbeugung. Die klinisch-neurologische Untersuchung sei unauffällig gewesen, insbesondere hätten keine Atrophien im Bereich der Schultermuskulatur nachgewiesen werden können. Bereits 2022 sei ein EMG durchgeführt worden, welches unauffällig gewesen sei. Hinwiese auf eine radikuläre Symptomatik oder Kompression peripherer Nerven hätten nicht abgegrenzt werden können. Der isolierte Schmerz im M. deltoideus könne natürlich technisch nicht dargestellt werden.

Weiter ist die Verdachtsmeldung an das Paul-Ehrlich-Institut vom 5. Dezember 2022 vorgelegt worden.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 10. Dezember 2024 abgewiesen. Die Feststellung von auf die Schutzimpfung zurückzuführender Gesundheitsstörungen komme nicht in Betracht, da die vom Kläger geltend gemachten Beschwerden und Gesundheitsstörungen hierauf nicht beruhten. Dementsprechend scheide auch ein Leistungsanspruch aus.

Am 19. Dezember 2024 hat der Kläger Berufung beim SG eingelegt. Das SG überspanne die Anforderungen an den Kausalitätsnachweis. Die geltend gemachten Beschwerden hätten vor der dritten Impfung nicht bestanden, sondern seien erstmals im Zusammenhang mit dieser aufgetreten. Die Beschwerden dauerten bis heute an, so dass von einem Dauerschaden auszugehen sei.

Der Kläger beantragt, sachdienlich gefasst,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 10. Dezember 2024 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm unter Aufhebung des Bescheides vom 29. September 2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.März 2024 Beschädigtenversorgung, insbesondere Beschädigtengrundrente, aufgrund eines Impfschadens nach der Corona-Impfung vom 25. Dezember 2021 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

            die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Er verweist auf die angefochtene Entscheidung.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet.

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Gerichtsbescheid des SG vom 10. Dezember 2024, mit dem die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) auf Gewährung von Beschädigtenversorgung, insbesondere Beschädigtengrundrente, unter Aufhebung des Bescheides vom 29. September 2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides (§ 95 SGG) vom 6. März 2024 abgewiesen worden ist.
Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei dieser Klageart grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen (vgl. BSG, Urteil vom 2. September 2009 – B 6 KA 34/08 –, juris, Rz. 26; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, Kommentar zum SGG, 14. Aufl. 2023, § 54 Rz. 34), ohne eine solche derjenige der Entscheidung.

Die Unbegründetheit der Berufung folgt aus der Unbegründetheit der Klage. Der Bescheid vom 29. September 2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2024 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Auch zur Überzeugung des Senats hat der Beklagte die Gewährung von Beschädigtenversorgung zu Recht abgelehnt, da bereits ein Impfschaden nicht nachgewiesen ist. Die Entscheidung des SG ist daher nicht zu beanstanden.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch des Klägers ist § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG. Danach erhält nach der Schutzimpfung wegen des Impfschadens im Sinne des § 2 Nr. 11 IfSG oder in dessen entsprechender Anwendung bei einer anderen Maßnahme wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, soweit das IfSG nichts Abweichendes bestimmt, wer durch eine Schutzimpfung oder durch eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen wurde, auf Grund des IfSG angeordnet wurde, gesetzlich vorgeschrieben war oder auf Grund der Verordnungen zur Ausführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften durchgeführt worden ist, eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat.

Soweit das IfSG auf die Vorschriften des BVG verweist, sind diese in der bis 31. Dezember 2023 geltenden Fassung weiter anzuwenden, vorliegend ist also nicht § 24 Vierzehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XIV) einschlägig. Nach § 142 Abs. 1 Satz 1 SGB XIV in der ab 1. Januar 2024 geltenden Fassung erhalten Personen, deren Ansprüche nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach einem Gesetz, das das Bundesversorgungsgesetz ganz oder teilweise für anwendbar erklärt, in der bis zum 31. Dezember 2023 geltenden Fassung bis zum 31. Dezember 2023 bestandskräftig festgestellt sind, diese Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach dem Gesetz, das das Bundesversorgungsgesetz für anwendbar erklärt, in der am 31. Dezember 2023 geltenden Fassung weiter, soweit dieses Kapitel nichts anderes bestimmt. Über einen bis zum 31. Dezember 2023 gestellten und nicht bestandskräftig entschiedenen Antrag auf Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach einem Gesetz, das das Bundesversorgungsgesetz ganz oder teilweise für anwendbar erklärt, ist nach dem im Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Recht zu entscheiden, § 142 Abs. 2 Satz 1 SGB XIV. Wird hierbei ein Anspruch auf Leistungen festgestellt, werden ebenfalls Leistungen nach Absatz 1 erbracht, § 142 Abs. 2 Satz 2 SGB XIV.

Zur Anerkennung eines Gesundheitsschadens als Folge einer Schädigung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs (§ 61 Satz 1 IfSG). Wenn diese Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann mit Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde der Gesundheitsschaden als Folge einer Schädigung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG anerkannt werden (§ 61 Satz 2 IfSG). Die Zustimmung kann allgemein erteilt werden (§ 61 Satz 3 IfSG).

Für die Impfopferversorgung müssen die schädigende Einwirkung (Schutzimpfung), der Eintritt einer über eine übliche Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung, also eine Impfkomplikation, und eine dauerhafte gesundheitliche Schädigung (Impfschaden) nachgewiesen, nicht nur wahrscheinlich sein (hierzu BSG, Urteil vom 7. April 2011 – B 9 VJ 1/10 R –, juris, Rz. 36).

Die Schutzimpfung muss nach der im Sozialen Entschädigungsrecht allgemein geltenden Kausalitätstheorie von der wesentlichen Bedingung wesentliche Ursache für den Eintritt der gesundheitlichen Schädigung und diese wesentliche Ursache für die Schädigungsfolge, den Impfschaden, sein. Als wesentlich sind diejenigen Ursachen anzusehen, die unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes zu dem Erfolg in besonders enger Beziehung stehen, wobei Alleinursächlichkeit nicht erforderlich ist.

Die Impfung und sowohl die als unübliche Impfreaktion in Betracht kommende wie auch die dauerhafte Gesundheitsstörung müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit – im sogenannten Vollbeweis – feststehen. Allein für die zwischen diesen Merkmalen erforderlichen Ursachenzusammenhänge reicht der Beweismaßstab der Wahrscheinlichkeit aus (vgl. zuletzt BSG, Beschluss vom 2. Februar 2024 – B 9 V 10/23 B –, juris, Rz. 9). Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, wenn mehr Umstände für als gegen die Kausalität sprechen. Die bloße Möglichkeit reicht nicht aus (vgl. BSG, Urteil vom 19. März 1986 – 9a RVi 2/84 –, juris, Rz. 8). Die Feststellung einer unüblichen Impfreaktion im Sinne einer impfbedingten Primärschädigung hat mithin grundsätzlich in zwei Schritten zu erfolgen: Zunächst muss ein nach der Impfung aufgetretenes Krankheitsgeschehen als erwiesen erachtet werden. Dann ist die Beurteilung erforderlich, dass diese Erscheinungen mit Wahrscheinlichkeit auf die betreffende Impfung zurückzuführen sind.

Maßstab dafür ist die im Sozialen Entschädigungsrecht allgemein geltende Kausalitätstheorie von der wesentlichen Bedingung. Danach ist aus der Fülle aller Ursachen im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne diejenige Ursache rechtlich erheblich, die bei wertender Betrachtung wegen ihrer besonderen Beziehung zu dem Erfolg bei dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat. Als wesentlich sind diejenigen Ursachen anzusehen, die unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes zu dem Erfolg in besonders enger Beziehung stehen, wobei Alleinursächlichkeit nicht erforderlich ist (BSG, Urteil vom 7. April 2011 – B 9 VI 1/10 R –, juris, Rz. 37 m.w.N.). Dabei sind alle medizinischen Fragen, insbesondere zur Kausalität von Gesundheitsstörungen, auf der Grundlage des im Entscheidungszeitpunkt neuesten medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstandes zu beantworten (BSG, Urteil vom 7. April 2011 – B 9 VI 1/10 R –, juris, Rz. 43).

Bei allen medizinischen Fragen, insbesondere zur Kausalität von Gesundheitsstörungen, ist der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand maßgebend, welcher die Grundlage bildet, auf der die geltend gemachten Gesundheitsstörungen der konkret geschädigten Personen zu bewerten sind. Dies entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung im sozialen Entschädigungsrecht und damit auch im Impfschadensrecht, dem Schwerbehindertenrecht (vgl. BSG, Urteile vom 17. Dezember 1997 – 9 RVi 1/95 –, SozR 3-3850 § 52 Nr. 1 S. 3 und vom 24. April 2008 – B 9/9a SB 10/06 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 9, Rz. 25) und im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. BSG, Urteile vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R –, BSGE 96, 196 <200 f.> und vom 23. April 2015 – B 2 U 10/14 R –, SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 6, Rz. 20; Senatsurteil vom 21. April 2015 – L 6 VJ 1460/13 –, juris, Rz. 66). Dieser Erkenntnistand ergibt sich indes noch nicht durch wissenschaftliche Einzelmeinungen (vgl. BSG, Urteil vom 23. April 2015 – B 2 U 10/14 R –, SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 6, Rz. 21). Ein bestimmter Vorgang, der unter Umständen vor Jahrzehnten stattgefunden hat, muss, wenn über ihn erst jetzt abschließend zu entscheiden ist, nach dem heutigen Stand der medizinischen Wissenschaft beurteilt werden. So kann auch die vor Jahrzehnten bejahte Kausalität aufgrund neuerer wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden als fehlend erkannt werden, sogar mit der Folge, dass eingeräumte Rechtspositionen zurückzunehmen oder nur aus Gründen des Vertrauensschutzes (§ 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – SGB X) zu belassen sind (vgl. BSG Urteil vom 2. Dezember 2010 – B 9 V 1/10 R –, SozR 4-3100 § 62 Nr. 2). Bei der Anwendung der neuesten medizinischen Erkenntnisse ist ebenso zu prüfen, ob diese sich überhaupt auf den zu beurteilenden, mitunter lange zurückliegenden Vorgang beziehen. Da andere Ursachen jeweils andere Folgen nach sich ziehen können, gilt dies insbesondere für die Beurteilung von Kausalzusammenhängen. Dementsprechend muss im Impfschadensrecht sichergestellt werden, dass die nach dem aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse in Betracht zu ziehenden Impfkomplikationen gerade auch die Impfstoffe betreffen, die im konkreten Fall Verwendung gefunden haben (vgl. BSG, Urteil vom 7. April 2011 – B 9 VJ 1/10 R –, SozR 4-3851 § 60 Nr. 4, Rz. 43; Senatsurteil vom 28. April 2022 – L 6 VJ 254/21 –, juris, Rz. 60).

Ausgehend von diesen Maßstäben steht aufgrund der aktenkundigen Unterlagen, die der Senat sämtlich im Wege des Urkundsbeweises (§ 118 Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. Zivilprozessordnung [ZPO]) verwertet, hier insbesondere der Eintragungen im Impfpass, fest, dass der Kläger am 25. Dezember 2021 mit dem Impfstoff Comiraty des Herstellers Biontech geimpft worden ist, wobei es sich um eine von der STIKO empfohlene Impfung gehandelt hat (vgl. auch Epidemiologisches Bulletin Nr. 12/2021). Der Senat kann sich indessen nicht davon überzeugen, dass es bei dem Kläger überhaupt zu einer Impfkomplikation infolge der Impfung gekommen ist.

Für die Frage, ob bei dem Kläger eine „unübliche“ Impfreaktion vorliegt, ist auf die Abgrenzung der STIKO zwischen einer üblichen Impfreaktion und dem Verdacht auf eine mögliche Impfkomplikation zurückzugreifen (zuletzt: Epidemiologisches Bulletin Nr. 4/2023, Seite 36f). Danach wird unter einer Impfkomplikation eine über das übliche Maß hinausgehende gesundheitliche Schädigung verstanden. Um eine Impfkomplikation von einer üblichen Impfreaktion, die nicht meldepflichtig ist, abzugrenzen, hat die STIKO, wie nach § 20 Abs. 2 IfSG gefordert, Merkmale für übliche Impfreaktionen definiert. Übliche und damit nicht meldepflichtige Impfreaktionen sind das übliche Ausmaß nicht überschreitende, vorübergehende Lokal- und Allgemeinreaktionen, die als Ausdruck der Auseinandersetzung des Organismus mit dem Impfstoff anzusehen sind. Die STIKO hat die folgenden Kriterien für übliche Impfreaktionen entwickelt:

Für die Dauer von 1 bis 3 Tagen (gelegentlich länger) anhaltende Rötung, Schwellung oder Schmerzhaftigkeit an der Injektionsstelle.

Für die Dauer von 1 bis 3 Tagen Fieber (39,5°C [bei rektaler Messung]), Kopf- und Gliederschmerzen, Mattigkeit, Unwohlsein, Übelkeit, Unruhe, Schwellung der regionären Lymphknoten.

Im gleichen Sinn zu deutende Symptome einer „Impfkrankheit“ 1 bis 3 Wochen nach Verabreichung von attenuierten Lebendimpfstoffen: z.B. eine leichte Parotisschwellung, kurzzeitige Arthralgien oder ein flüchtiges Exanthem nach der Masern-, Mumps-, Röteln- oder Varizellenimpfung oder milde gastrointestinale Beschwerden, z.B. nach der oralen Rotavirus- oder Typhus-Impfung.

Ausgenommen von der Meldepflicht sind auch Krankheitserscheinungen, denen offensichtlich eine andere Ursache als die Impfung zugrunde liegt. Alle anderen Impfreaktionen sollten gemeldet werden.

Eine solche Impfkomplikation ist bei dem Kläger bereits nicht erwiesen. Nach der am 25. Dezember 2021 durchgeführten Impfung sollen Schmerzen an der Einstichstelle mit Schwäche im linken Arm nämlich erst im Februar 2022 aufgetreten sein, wie der Senat dem Befundschein des F1 entnimmt. Einen pathologischen Befund hat F1 schon nicht mitgeteilt, sondern nur darauf verwiesen, den Kläger zur orthopädischen Weiterbehandlung überwiesen zu haben. Bei der Untersuchung durch den K1 wurden anamnestisch zwar Schmerzen im linken Arm seit der Impfung berichtet, pathologische Befunde hat dieser indessen ebenfalls nicht objektivieren können. Vielmehr hat er eine uneingeschränkte Beweglichkeit ohne neurologische Ausfälle bei bestehenden Druck- und Klopfschmerzen über den Dornfortsätzen von HWS und BWS festgestellt, also Normalbefunde.

Unabhängig vom zeitlichen Abstand zur Impfung haben die in der Folge durchgeführten neurologischen und radiologischen Untersuchungen ebenfalls keine pathologischen Befunde ergeben, sodass sich hieraus weder der Nachweis einer Impfkomplikation noch eines fortbestehenden Gesundheitsschadens ergibt, wie W1 versorgungsärztlich überzeugend herausgearbeitet hat.

So war die MRT der linken Schulter vom 28. Juli 2022 unauffällig, ebenso wie die MRT des Schädels vom 14. September 2022 mit altersentsprechendem intrakraniellem Status ohne suspekte Veränderungen, somit keine pathologischen Anzeichen. Die K2 hat am 19. September 2022 einen Normalbefund in der Elektromyographie des M. deltoideus links festgestellt und sensible Ausfälle im Bereich der Arme und Hände verneint. Zusammenfassend hat sie angegeben, dass sich ein unauffälliger neurologischer Befund zeigte, sodass diese Untersuchung wiederum keinen Gesundheitsschaden, gleich welcher Ursache, belegt.

Letztlich hat der C1 eine manifeste Myokardischämie oder eine strukturelle Herzerkrankung ausgeschlossen und nach weiterer Untersuchung eine relevante Herzrhythmusstörung verneint, sodass auch auf kardiologischen Fachgebiet keine Gesundheitsstörungen objektiviert werden konnten.

W1 hat versorgungsärztlich weiter schlüssig dargelegt, dass sich aus den Vorbefunden ergibt, dass der Kläger bereits seit 2016 wegen eines zervikalen Syndroms, einer Radikulopathie und eines Karpaltunnelsyndroms behandelt und 2020 eine Zunahme der Beschwerden mit Schwindel, also vor der angeschuldigten Impfung, beschrieben worden ist. Insbesondere ergibt sich aus den Berichten des M1 vom 2. Mai 2018 und vom 19. Juli 2018, dass sensible radikuläre Symptome und Schmerzen passend zu den Wurzeln C6 rechts und C8 beidseits vorbestanden. Unabhängig davon, dass die Untersuchungen nach der Impfung keine pathologischen Befunde ergeben haben (vgl. oben) und es der Feststellung von Alternativursachen nicht bedarf, ist aber, wie die versorgungsärztliche Auswertung durch W1 ergeben hat, belegt, dass bei dem Kläger bereits vor der Impfung entsprechende Funktionseinschränkungen aufgetreten sind, was einen Ursachenzusammenhang mit der Impfung, so W1 weiter, schlüssig ausschließt.

Aus den im Klageverfahren vorgelegten Unterlagen ergibt sich nichts anderes, diese bestätigen vielmehr, dass keine Gesundheitsschäden zu objektivieren sind. Die K2 und M1 haben nämlich bei ihren Untersuchungen trotz der anamnestischen Angaben des Klägers keine pathologischen Befunde erheben können, sondern haben beide bestätigt, dass diese unauffällig waren. Der H1 hat die Reflexe ebenfalls als unauffällig beschrieben und neurologisch zuzuordnende Störungen verneint. Daneben hat M1 ausdrücklich herausgestellt, dass die Reflexe am vermeintlich geschädigten linken Arm sogar stärker ausgeprägt gewesen sind als rechts, sodass das Gegenteil einer vermeintlichen Schädigung belegt wird. Passend hierzu hat M1 Atrophien im Bereich der oberen Extremitäten verneint und damit keine Zeichen eines Mindergebrauchs beschrieben. Funktionsausfälle konnten neurologisch nicht objektiviert werden, sodass kein gesicherter Befund vorliegt, hinsichtlich dessen die Frage einer Kausalität zur Impfung überhaupt geprüft werden könnte. Dass die Arbeitgeberin offensichtlich die Beschwerdeangaben des Klägers übernommen und zum Gegenstand der Kündigung gemacht hat, ersetzt eine ärztliche Feststellung nicht und ist unabhängig davon, dass sich die Beschwerdeangaben des Klägers nicht haben objektivieren lassen, nicht entscheidungserheblich.

Anders als der Kläger meint, kommt es vor diesem Hintergrund nicht entscheidungserheblich darauf an, dass er nach seinem eigenen Bekunden vor der Impfung beschwerdefrei gewesen sein will, was nicht mit den Vorbefunden in Einklang steht (vgl. oben). Ebenso bedarf es schon der Feststellung einer Alternativursache nicht und erst Recht kann aus dem Fehlen einer solchen nicht auf eine Ursächlichkeit der Impfung geschlossen werden.

Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben und war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.


 

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Aus
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