S 7 KR 1762/22

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Münster (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
7.
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 7 KR 1762/22
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 KR 137/24
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

 

 

Sozialgericht Münster

 

 

Az.: S 7 KR 1762/22

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                                                                                                                                        

 

 

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

 

Tatbestand

 

Zwischen den Beteiligten ist die Erhebung von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung auf Kapitalleistungen streitig.

 

Der am 00.00.1956 geborene Kläger ist bei der Beklagten zu 1) krankenversichert und bei der Beklagten zu 2) pflegeversichert. Er war zunächst als Arbeitnehmer freiwillig bei der Beklagten zu 1) versichert. Im Februar 2021 erhielt er eine Kapitalleistung von der Zahlstelle B. Lebensversicherungs-AG in Höhe von 27.452,71 €. Diese stammte aus einer Rentenversicherung, die der damalige Arbeitgeber des Klägers als Versicherungsnehmer für den Kläger als Versicherten ab dem 01.02.2005 abgeschlossen hatte. Der Beitrag betrug 1.200 € jährlich und die Beiträge wurden während der Beschäftigung des Klägers bei seinem Arbeitgeber abgeführt. Die Beitragszahlungsdauer endete am 31.01.2021.

 

Ab dem 01.01.2022 war der Kläger bei der Beklagten zu 1) als Rentner versichert.

 

X. Werk teilte der Beklagten mit, dass der Kläger am 01.03.2022 einen Versorgungsbezug in Form einer einmaligen Kapitalleistung in einer Gesamthöhe von 138.828,69 € erhalten habe. Dieser Betrag ergab sich aus der Teilnahme des Klägers an dem E. D. Programm seines Arbeitsgebers. Dieses beinhaltete die Umwandlung von Tantiemen in Versorgungskapital. Versorgungsleistungen wurden den Teilnehmern des Programms aus Anlass des Versorgungsfalls (Altersgrenze, vorgezogene Altersgrenze, Invalidität oder Tod) gewährt, der zuerst eintrat. Als Altersgrenze galt die Vollendung des 63. Lebensjahres.

 

Die Beklagte teilte dem Kläger mit Beitragsbescheid vom 23.04.2022 mit, dass sich seit dem Monat April für seine Mitgliedschaft ein monatlicher Beitrag in Höhe von 337,39 € ergebe. Renten und rentenähnliche Einkommen seien beitragspflichtig. Auch Kapitalleistungen oder Abfindungen, die er statt monatlicher Versorgungsbezüge erhalte, seien bei der Beitragsberechnung zu berücksichtigen. Dafür werde für maximal zehn Jahre pro Monat 1/120 der ausgezahlten Summe herangezogen. Diesem auch im Namen der Beklagten zu 2) ergangenen Schreiben beigefügt war eine Übersicht über die Berechnung des Beitrags in Höhe von 337,39 €. Die Beklagte legte der Berechnung als zu berücksichtigendes Einkommen neben der gesetzlichen Rente auch Kapitalleistungen zugrunde. Unter anderem wurde die Kapitalleistung der B-Lebensversicherungs-AG in Höhe von 27.452,71 € als monatliches Einkommen in Höhe von 228,77 € der Beitragsberechnung zugrunde gelegt für den Zeitraum ab dem 01.03.2021 bis zum 28.02.2031. Zudem wurde der Berechnung eine Kapitalleistung der X.Werk in Höhe von 138.828,69 € zugrunde gelegt. Diese Leistung wurde als monatliches Einkommen in Höhe von 1.156,91 € für den Zeitraum ab dem 01.04.2022 bis zum 31.03.2032 berücksichtigt.

 

Gegen diesen Beitragsbescheid erhob der Kläger Widerspruch. Er gab an, dass es sich bei den von der Beklagten geltend gemachten Versicherungsbeiträgen für die von seinem ehemaligen Arbeitgeber X. auszuzahlende Kapitalleistung in Höhe von 138.828,69 € um Leistungen aus der „E. D.“ handele. Dies seien Tantiemezahlungen, die nie beitragspflichtig gewesen seien, da sie immer oberhalb der Bemessungsgrenze gewesen seien. Es handele sich also definitiv nicht um eine Betriebsrente, wie die Beklagte unterstellt habe.

 

Mit Schreiben vom 03.05.2022 teilte die Beklagte zu 1) dem Kläger mit, dass die X. Werk ihr den Erhalt der einmaligen Kapitalleistung in Höhe von 138.828,69 € gemeldet habe. Die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung sei auf unterschiedlichen Wegen möglich. Der Durchführungsweg sei für die beitragsrechtliche Beurteilung allerdings ohne Bedeutung. Entscheidend sei, ob der Versorgungsbezug mit dem Berufsleben im Zusammenhang stehe.

 

Mit Beitragsbescheid vom 03.06.2022 teilte die Beklagte zu 1) – auch im Namen der Beklagten zu 2) – dem Kläger mit, dass sich für die Monate Mai und Juni 2022 ein monatlicher Beitrag in Höhe von 337,39 € ergeben habe und ab Juli 2022 der monatliche Beitrag 310,77 € betrage. Die Kapitalleistungen B. Lebensversicherungs-AG in Höhe von 27.452,71 € und der X. Werk in Höhe von 138.828,69 € wurden wiederum der Berechnung zugrunde gelegt.

 

Mit Widerspruchsbescheid vom 09.09.2022 teilte die Beklagte zu 1) – auch für die Beklagte zu 2) – dem Kläger mit, dass seinem Widerspruch nicht abgeholfen werde. Die in Form einer einmaligen Kapitalleistung am 01.03.2022 an ihn ausgezahlte Leistung in Höhe von 138.828,69 € sei dem Grunde nach als Versorgungsbezug seit dem 01.04.2022 bis längstens zum 31.03.2032 beitragspflichtig in der Kranken- und Pflegeversicherung. Es handele sich um eine einmalige Leistung der betrieblichen Altersversorgung, da aufgrund der mit dem ehemaligen Arbeitgeber im Rahmen der Entgeltumwandlung abgeschlossenen Versorgungszusage (E. D.) ein Bezug zum früheren Berufsleben gegeben sei.

 

Mit seiner am 10.10.2022 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter, das auf die Nichtberücksichtigung der Kapitalleistungen der B. Lebensversicherungs-AG in Höhe von 27.452,71 € und der X. Werk in Höhe von 138.828,69 € bei der Berechnung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge gerichtet ist.

 

Hinsichtlich der Kapitalleistung der B. Lebensversicherungs-AG trägt der Kläger vor, dass die jährlich gezahlten Prämien bzw. Beiträge für die Direktversicherung aus seinem versteuerten Nettoeinkommen gezahlt worden seien. Die Beiträge seien zwar formal von den Beiträgen zur Sozialversicherung freigestellt. Dies bleibe aber im Ergebnis ohne Relevanz für die von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu entrichtenden Beiträge, da auch mit der Freistellung der für die Berechnung des Sozialversicherungsbeitrags relevante Betrag oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze gelegen habe. Der angesparte Betrag sei als einmalige Kapitalleistung ausgezahlt worden. Daraus eine 10-jährige Zahlungspflicht basierend auf einem fiktiven monatlichen Einkommen abzuleiten sei lebensfremd, unverhältnismäßig und diene ausschließlich der Maximierung des abzuschöpfenden Beitrages.

 

Bezüglich der Kapitalleistung der X. Werk trägt er vor, dass es sich um keine Betriebsrente und um keine betriebsrentenähnliche Zahlung handele, sondern um eine Sparleistung, die aus einem Teil der jährlichen Sonderzahlung (Tantieme) gespeist und beim Arbeitgeber mit der Maßgabe hinterlegt worden sei, die Kapitalauszahlung mit dem Ausscheiden des Berechtigten aus dem Unternehmen vorzunehmen. Dieses Vorgehen sei vergleichbar mit einem bei einer Bank oder Sparkasse abgeschlossenen Sparvertrag, für die aus den daraus resultierenden Sparsummen keine Sozialversicherungsbeiträge erhoben würden. Es handele sich unter Berücksichtigung der Rechtsgrundlagen der Sparleistung um einen Kapitalbaustein und die Auszahlung des Kapitals. Die Auszahlungsform sei bereits bei Vertragsschluss festgeschrieben worden und könne daher nicht an die Stelle der Versorgungsbezüge treten. Die Grundlagen zur Gleichstellung mit einer Betriebsrente und damit das Recht zum Einzug von Beiträgen sei nicht gegeben. Durch die Beklagte erfolge eine falsche und damit widerrechtliche Auslegung und Anwendung des Gesetzes.

 

Die Beklagte definiere die Beiträge zu der Direktversicherung bzw. zu der E. D. bei der Auszahlung in Versorgungsbezüge durch den Betrieb um, um eine Scheingrundlage für die Abschöpfung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zu haben. Es handele sich nicht um Versorgungsbezüge des Betriebs. Dieser habe weder bei der Direktversicherung noch bei der E. D. Beiträge in diese beiden Bausteine der Altersversorgung des Klägers eingezahlt. Bei Rentnern und Pensionären, die in einer privaten Krankenversicherung versichert seien, würden vergleichbare Rücklagen der Altersvorsorge für eine Beitragspflicht nicht berücksichtigt. Gleiches gelte für jemanden in der gesetzlichen Krankenversicherung, der sich die Jahrestantieme statt einer Einbringung in die E. D. habe versteuert auszahlen lassen und diese dann auf ein Bankkonto eingezahlt oder „unter das Kopfkissen gelegt“ habe. Auch Rücklagen für die Altersvorsorge aus Riesterverträgen unterlägen nicht der Beitragspflicht für die Sozialversicherung. Insofern sehe er den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz verletzt. Zudem finde der Solidaritätsgedanke bei einer Verbeitragung der Kapitalleistungen nicht hinreichend Berücksichtigung. Er habe seit Beginn seiner Rente mehr Beiträge zur Sozialversicherung zu zahlen als vorher. Dies widerspreche dem Gedanken der Solidargemeinschaft, dass jeder nach seiner Leistungsfähigkeit Beiträge zum System zu leisten habe.

 

Während des gerichtlichen Verfahrens sind unter dem 17.12.2022, dem 01.06.2023, dem 27.06.2023 und dem 16.12.2023 weitere Beitragsbescheide ergangen.

 

Der Kläger beantragt,

den Widerspruchsbescheid vom 09.09.2022 für ungültig zu erklären und die Beklagte zu verpflichten, den Beitragsbescheid vom 23.04.2022, vom 03.06.2022, vom 17.12.2022, vom 01.06.2023, vom 27.06.2023 und vom 16.12.2023 insoweit abzuändern, als dass die Kapitalleistungen der X. Werk in Höhe von 138.828,69 € sowie die Zahlungen aus der B. Direktversicherung (DV) in Höhe von 27.452,71 € bei der Berechnung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge nicht berücksichtigt werden.

 

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Die Beklagte begründet dies mit einem Verweis auf die Entscheidungsgründe des Widerspruchsbescheids.

 

Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen und einen Termin zur Erörterung des Sachverhalts mit den Beteiligten für den 10.05.2023 anberaumt.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

 

 

 

Entscheidungsgründe

 

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

 

Sein Begehren verfolgt der Kläger zulässigerweise mit einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage im Sinne von § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sein Begehren ist darauf gerichtet, dass die Beitragsbescheide sowie der Widerspruchsbescheid aufgehoben und die Beklagte dazu verpflichtet werden soll, über die Berechnung der von dem Kläger zu entrichtenden Beiträge neu zu entscheiden. Der Beitragsbescheid vom 17.12.2022 ist nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden, da er nach Erlass des Widerspruchsbescheides erlassen worden ist und den angefochtenen Verwaltungsakt im Hinblick auf die Höhe der monatlichen Beiträge ändert (vgl. BSG, Urt. v. 08.10.2019 – B 12 KR 8/19 R, juris).

 

Die Klage ist unbegründet, da die streitgegenständlichen Bescheide rechtmäßig sind und der Kläger nicht beschwert ist (§ 54 Abs. 2 SGG). Die Beklagte zu 1) hat – auch im Namen der Beklagten zu 2) – zu Recht die Kapitalleistung der B. Lebensversicherungs-AG und die Kapitalleistung der X. Werk als beitragspflichtige Einnahme zur Kranken- und Pflegeversicherung herangezogen.

 

Gemäß § 237 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) werden bei versicherungspflichtigen Rentnern der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung (Nr. 1), der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (Nr. 2) und das Arbeitseinkommen (Nr. 3) der Beitragsbemessung zugrunde gelegt. Gemäß § 237 Satz 4 i. V. m. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V gelten als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge), soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden, Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung. Tritt an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder ist eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, gilt gemäß § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V ein Einhundertzwanzigstel der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für einhundertzwanzig Monate. Für die Beiträge zur Pflegeversicherung gelten nach § 57 Abs. 1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) die §§ 226 bis 238 SGB V sowie § 244 SGB V entsprechend, sodass die Beitragsbemessung entsprechend den Regelungen der Beitragsbemessung in der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgt.

 

Die Voraussetzungen des § 229 Abs. 1 SGB V liegen hinsichtlich der dem Kläger ausgezahlten Kapitalleistungen der B. Lebensversicherungs-AG und der X. Werk vor, sodass diese im Rahmen der Beitragserhebung von der Beklagten zu 1) zutreffend berücksichtigt worden sind.

 

Die dem Kläger ausgezahlte Kapitalleistung der B. Lebensversicherungs-AG stellt eine betriebliche Altersversorgung im Sinne des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V dar, weil sie die wesentlichen Merkmale einer betrieblichen Altersversorgung erfüllt und der Alters- bzw. Hinterbliebenenversorgung dient.

 

Wesentliche Merkmale einer Rente der betrieblichen Altersversorgung als einer mit der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbaren Einnahme sind insofern ein Zusammenhang zwischen dem Erwerb dieser Rente und der früheren Beschäftigung sowie ihre Entgeltersatzfunktion (BSG, Urt. v. 01.02.2022 – B 12 KR 39/19 R, juris, Rn. 10). Dies umfasst auch Leistungen, die aus einer von dem Arbeitgeber für den Arbeitnehmer vereinbarten Direktversicherung im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 4 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) gezahlt werden. Voraussetzung für eine solche Direktversicherung ist, dass für die betriebliche Altersversorgung eine Lebensversicherung auf das Leben des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber abgeschlossen wird und der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen hinsichtlich der Leistung des Versicherers ganz oder teilweise bezugsberechtigt sind (vgl. § 1b Abs. 2 Satz 1 BetrAVG). Eine Direktversicherung bezweckt die Versorgung des Arbeitnehmers oder seiner Hinterbliebenen im Alter, bei Invalidität oder Tod. Sie soll damit der Sicherung des Lebensstandards nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben dienen (st. Rspr., BSG, Urt. v. 26.02.2019 – B 12 KR 17/18 R, juris, Rn. 14 m. w. N.). Entscheidend für die Einordnung als Leistung der betrieblichen Altersversorgung ist die Wahl der Durchführung einer Direktversicherung und die Nutzung des institutionellen Rahmens des Betriebsrentenrechts, weil der Arbeitgeber Versicherungsnehmer und der Arbeitnehmer Begünstigter des Versicherungsvertrags ist (BSG, Urt. v. 08.07.2020 – B 12 KR 1/19 R, juris, Rn. 18 m. w. N.; s. auch BVerfG, Beschl. v. 06.09.2010 – 1 BvR 739/08, juris). Der damalige Arbeitgeber des Klägers war Versicherungsnehmer und der Kläger Begünstigter des Versicherungsvertrags. Zudem wurde die Versicherung der B. Lebensversicherungs-AG auf das Leben des Klägers abgeschlossen und er selber bzw. seine Hinterbliebenen waren bezugsberechtigt. Die Beiträge zu der Direktversicherung wurden alle während der Beschäftigung des Klägers bei seinem Arbeitgeber abgeführt (vgl. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Hs. 2 SGB V).

 

Die Versicherung diente zudem der Versorgung des Klägers im Alter. Dieser Zweck kann insbesondere aus der vereinbarten Laufzeit folgen und muss nicht zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer ausdrücklich vereinbart werden (BSG, Urt. v.  08.07.2020 – B 12 KR 1/19 R, juris, Rn. 20; BSG, Urt. v. 26.02.2019 – B 12 KR 13/18 R, juris, Rn. 11). Entscheidend für den Versorgungszweck einer Versicherungsleistung ist nicht, wann der Versicherte insbesondere tatsächlich Rentner wurde, sondern ob der Zweck der betrieblichen Altersversorgung bei typisierender Betrachtung mit dem Versorgungszweck einer Altersrente nach dem SGB VI vergleichbar ist (BSG, Urt. v. 08.07.2020 – B 12 KR 1/19 R, juris, Rn. 21). Dies ist hier der Fall. Die Versicherung endete zum 31.01.2021 und damit kurz vor Vollendung des 65. Lebensjahres durch den Kläger, was im Jahr 2005 die Altersgrenze für den Bezug von gesetzlicher Altersrente darstellte (vgl. § 35 Sechstes Sozialgesetzbuch [SGB VI] a. F.).

 

Darüber hinaus erfüllt die dem Kläger ausgezahlte Kapitalleistung der X. die wesentlichen Merkmale einer betrieblichen Altersversorgung und dient der Alters- bzw. Hinterbliebenenversorgung. Die Voraussetzungen des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V liegen auch insoweit vor.

 

Ausgehend von den bereits dargestellten Grundsätzen handelt es sich bei der Kapitalleistung aus dem E. D. Programm um eine betriebliche Altersversorgung. Vorliegend ist im Gegensatz zu einem von dem Kläger angeführten privat bei einer Bank oder Sparkasse abgeschlossenen Sparvertrag insbesondere ein betrieblicher Bezug gegeben. Der Kläger hat auf Auszahlungen der ihm zustehenden Tantieme gegenüber seinem Arbeitgeber verzichtet und im Gegenzug bei seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen eine vertraglich zugesicherte Versorgungszusage erhalten. Der Berechtigte hatte nach § 1 der „Rechtsgrundlagen des E. D.‘-Programms“ (Rechtsgrundlagen) festzulegen, welche prozentualen Anteile seiner Tantieme er in Versorgungskapital umwandeln wollte. Er hatte nach § 4 Nr. 3 der Rechtsgrundlagen spätestens bis zum Ende des Geschäftsjahres, für das die Tantieme in Betracht kamen, unwiderruflich mitzuteilen, welcher prozentuale Anteil der Tantieme in Versorgungskapital umgewandelt werden sollte.

 

Im Rahmen des E. D.-Programms erfolgte eine Umwandlung von dem Kläger zustehenden Tantiemen in Versorgungskapital. Die Tantieme wurden grundsätzlich mit der Gehaltszahlung im Januar ausgezahlt. Bei Teilnahme an dem E. D. Programm wurde von dem Auszahlungsbetrag der Betrag einbehalten, der in das E. D. Programm eingezahlt werden sollte. Für die Einordnung, ob der Rente vergleichbare Einnahmen in Form betrieblicher Altersversorgung vorliegen, ist es unerheblich, ob der Versorgungsbezug ganz oder zum Teil auf Leistungen des Arbeitgebers oder allein auf Leistungen des Arbeitnehmers oder des Bezugsberechtigten beruht. Die Tantieme stellen einen Teil der Gegenleistung des Arbeitgebers für die geleistete Arbeit des Klägers dar (vgl. BSG, Urt. v. 08.07.2020 – B 12 KR 1/19 R, juris, Rn. 24). Die Tantieme sind künftige Entgeltansprüche des Klägers, die durch Teilnahme an dem E. D. Programm in eine wertgleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistungen umgewandelt worden sind, sodass eine Entgeltumwandlung im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG vorliegt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 14.05.2019 – L 11 KR 4035/18, juris, Rn. 29; LSG Hamburg, Urt. v. 22.10.2020 – L 1 KR 12/19, juris, Rn. 23).

 

Soweit der Charakter der erhaltenen Leistung objektiv zu bestimmen ist (LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 14.05.2019 – L 11 KR 4035/18, juris, Rn. 18), lässt sich der Präambel der Rechtsgrundlagen entnehmen, dass im Rahmen des Programms von dem Arbeitgeber des Klägers eine Ergänzung der bereits bestehenden betrieblichen Altersversorgung bezweckt war. Zudem waren als Versorgungsfälle in den Rechtsgrundlagen das Erreichen der Altersgrenze bzw. der vorgezogenen Altersgrenze, Invalidität oder Tod angegeben (vgl. § 2 der Rechtsgrundlagen). Versorgungsleistungen sollten nach § 3 der Rechtsgrundlagen aus Anlass des zuerst eintretenden Versicherungsfalls (Altersgrenze, vorgezogene Altersgrenze, Invalidität oder Tod) gewährt werden. Die Anwartschaft auf Versorgungsleistungen war sofort unverfallbar. Als Altersgrenze zur Teilnahme an dem Programm galt grundsätzlich nach § 6 der Rechtsgrundlagen die Vollendung des 63. Lebensjahres. Alterskapital sollte dem Berechtigten gewährt werden, der der die Altersgrenze erreicht hatte und aus den Diensten des Unternehmens ausgeschieden war. Nach dem Tod eines Aktiven hatten die hinterbliebenen Familienangehörigen zudem nach § 9 Nr. 1 der Rechtsgrundlagen einen Anspruch auf Hinterbliebenenkapital in Form von Witwen- bzw. Witwerkapital oder Waisenkapital. Die Kapitalleistung diente damit insbesondere der Alters- und Hinterbliebenenversorgung.

 

Unerheblich ist, ob die Beiträge zu den jeweiligen Kapitalleistungen aus dem Brutto- oder Nettoarbeitsentgelt des Klägers geleistet worden sind. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V knüpft die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen allein daran, dass eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung vorliegt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 14.05.2019 – L 11 KR 4035/18, juris, Rn. 34 f.). Ein Anspruch auf Erhalt der in der Ansparphase gegebenen Beitragsfreiheit bis in die Auszahlphase lässt sich dem Gesetz und der Verfassung nicht entnehmen. Es kommt zudem nicht darauf an, ob die Beiträge zu den Kapitalleistungen gegebenenfalls aus Arbeitsentgelt oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze finanziert worden sind (vgl. BSG, Urt. v. 08.07.2020 – B 12 KR 1/19 R, juris, Rn. 25; BSG, Urt. v. 12.11.2008 – B 12 KR 6/08 R, juris; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 27.06.2023 – L 11 KR 2409/22, juris, Rn. 31).

 

Unabhängig von der Frage, ob tatsächlich, wie von dem Kläger unter Bezugnahme auf Art. 3 Grundgesetz (GG) angeführt, eine Ungleichbehandlung der von ihm erhaltenen Leistungen mit Leistungen aus einer sogenannten Riesterrente vorliegt, ist eine etwaige Ungleichbehandlung jedenfalls sachlich gerechtfertigt. Der Gesetzgeber kann hinsichtlich der Beitragspflicht von Versorgungsleistungen eine Teilgruppe herausgreifen und sie zu höheren Beitragszahlungen heranziehen, wenn dies durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist (BVerfG, Beschl. v. 07.04.2008 – 1 BvR 1924/07, juris, Rn. 3). Eine Privilegierung der Leistungen aus der sogenannten Riesterrente aus der Beitragspflicht als Versorgungsbezug ist jedenfalls wegen der Bekämpfung der Altersarmut als gesetzgeberischem Ziel sachlich gerechtfertigt (BSG, Urt. v. 26.02.2019 – B 12 KR 13/18 R, juris, Rn. 18 ff.).

 

Einer Verbeitragung der erhaltenen Kapitalleistungen steht zudem nicht entgegen, dass diese als einmaliger Betrag bzw. in Raten ausgezahlt worden sind. Hinsichtlich der Kapitalleistung der T. Lebensversicherungs-AG findet insoweit die Regelung des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V Anwendung. Vorliegend beinhaltete die Versicherung bei Eintritt des Versicherungsfalls entweder eine monatliche Rente oder ein einmaliges Garantiekapital, sodass vor der Auszahlung (auch) eine einmalige Kapitalleistung vereinbart oder zugesagt worden ist (hierzu BSG, Urt. v. 08.07.2020 – B 12 KR 1/19 R, juris, Rn. 26 f.; zur Verfassungsmäßigkeit von § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V s. BVerfG, Beschl. v. 06.09.2010 – 1 BvR 739/08, juris).

 

Der von der Beklagten vorgenommene Verbeitragung der Kapitalleistung der X. nach § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V mit einem Einhundertzwanzigstel der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge steht nicht entgegen, dass diese Leistung in Raten ausgezahlt wird (vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 14.05.2019 – L 11 KR 4035/18, juris, Rn. 30). Einer Anwendung widerspricht zunächst nicht der Wortlaut des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V, da der Ausdruck „nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung“ jedenfalls Ratenkapitalzahlungen nicht ausschließt, da insbesondere „Leistung“ im Sinne der Vorschrift nicht die laufende, sondern die kapitalisierte Versorgungsleistung meint (BSG, Urt. v. 17.03.2010 – B 12 KR 5/09 R, juris, Rn. 12). § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V ist dahingehend auszulegen, dass als kapitalisierte Versorgungsleistungen alle vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbarten oder zugesagten Leistungen und alle einen ursprünglich als laufend vorgesehenen Versorgungsbezug ersetzenden Leistungen erfasst werden, ohne dass es für deren Zuordnung zu diesen Leistungen auf die Modalitäten ihrer Auszahlung ankommt. Dies ergibt sich insbesondere aus systematischen Gesichtspunkten und dem Zusammenhang mit der Regelung des § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Diese Regelung erfasst laufende Versorgungsleistungen und mithin solche Versorgungsleistungen, die als bzw. wie Leibrenten in der Regel auf die (unbekannte) Lebenszeit eines Menschen ohne Begrenzung der Gesamtsumme zugesagt sind. Unter § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V werden hingegen nicht regelmäßig wiederkehrende Leistungen und damit die kapitalisierten Versorgungsleistungen gefasst, also solche, die nicht als bzw. wie eine Leibrente zugesagt sind und insbesondere beitragsmäßig begrenzt sind. Unter Berücksichtigung dieser systematischen Zuordnung unterscheidet § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V nicht zwischen Versorgungsleistungen, die als Einmalbetrag ausgezahlt werden, und Versorgungsleistungen, deren Auszahlung in Teilbeträgen erfolgt, sofern es sich bei ihnen um kapitalisierte Leistungen handelt (BSG, Urt. v. 17.03.2010 – B 12 KR 5/09 R, juris, Rn. 13 f.).

 

Diese Auslegung von § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V ist zudem angesichts des mit der Regelung verfolgten Gesetzeszweckes konsequent, wonach kapitalisierte Versorgungsleistungen für die Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung möglichst lückenlos erfasst werden sollen. Ratenkapitalzahlungen sind ihrem Wesen nach kapitalisierte Versorgungsbezüge und erhöhen wie einmalige Kapitalleistungen oder -abfindungen sowie laufende Versorgungsleistungen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Versicherten über den Auszahlungsmonat hinaus (ausf. BSG, Urt. v. 17.03.2010 – B 12 KR 5/09 R, juris, Rn. 15 f. m. w. N.). Selbst wenn es in der Folge zu einer Beitragserhebung aus dem Kläger noch nicht tatsächlich bereits zugeflossener Zahlungen kommt, steht dies der Verbeitragung der in Raten ausgezahlten Kapitalleistung nach § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V nicht entgegen. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung von Gründen der Verwaltungsvereinfachung, da es einen erheblichen Verwaltungsaufwand bedeuten würde, wenn die Bemessungsgrundlage der Krankenversicherungsbeiträge wiederholt ermitteln müsste (BSG, Urt. v. 17.03.2010 – B 12 KR 5/09 R, juris, Rn. 18 f.).

 

Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Berechnung der dem Grunde nach zu Recht erhobenen Beiträge durch die Beklagte zu 1) der Höhe nach fehlerhaft gewesen sein könnte. Im Rahmen der Berechnung ist insbesondere die Beitragsbemessungsgrenze beachtet worden (vgl. § 223 Abs. 3 SGB V).

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

 

 

Rechtskraft
Aus
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