Soweit ein Krankenkasse für einen stationären Aufenthalt bereits bezahlt, ist sie nicht verpflichtet, die Kosten für eine Behandlung durch einen Privatarzt während dieses stationären Aufenthaltes zu erstatten. Durch die Übernahme der Kosten für den stationären Aufenthalt ist Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB eingetreten.
Die Klagen werden abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über Kostenerstattung für drei durchgeführte Operationen (Operation 2008, 2013 und 2021) einer seltenen Erkrankung bei einem vertraglich nicht zugelassenen Arzt in einem Vertragskrankenhaus. Hinsichtlich einer weiteren Operation (Operation 2019) führte der Kläger ein Klage- und Berufungsverfahren (Az.: S 8 KR 896/19; Az.: L 1 KR 501/21).
Der Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Die Beklagte war aus einer Fusion der BKK ENKA mit der Vereinigten BKK hervorgegangen. Der Kläger war vorher bei der BKK ENKA versichert. Er beantragte mit Schreiben vom 29.06.2019 die Übernahme einer Operation bei Prof. C. in C-Stadt. Bei ihm liege eine seltene Erkrankung vor, welche nur durch Prof. C. operiert werden könne. Nach der beiliegenden fachärztlichen Bescheinigung vom 20.05.2019 war bei dem Kläger eine spezielle gefäßchirurgische Operation zur Entfernung des Rezidivs einer schmerzhaften venösen Malformation im Bereich des rechten Unterschenkels sowie im medialen Sprunggelenk und der Ferse geplant. Bei dem Kläger bestehe neu ein Schmerzsyndrom im Bereich des lateralen Unterschenkels sowie Wade und im Bereich des Fußrückens, dort mit einem drohenden Ulcus und bestehender Dermatitis. Die zuletzt durchgeführte Diagnostik zeige neue ausgeprägte malformierte Gefäße sowie atypische kaliberstarke Perforantes im Bereich des Unterschenkels sowie im Fußbereich. Der Kläger habe ausdrücklich darum gebeten, die Operation durch Prof. Dr. C. und Dr. H. durchzuführen. Beide seien keine Vertragsärzte, sodass sie ihre Leistungen nur privatärztlich anbieten können. Der Kläger sei sowohl mündlich als auch schriftlich über die Möglichkeit einer Inanspruchnahme einer solchen Wahlleistung unterrichtet worden. Die voraussichtlichen Kosten würden mit ca. 5.300,-€ beziffert.
Die Beklagte schaltete den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein und informierte den Kläger darüber. Dieser kam in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 10.07.2019 zu dem Ergebnis, dass die medizinische Indikation zur Behandlung der vorrangig venösen Gefäßmissbildung nachvollzogen werden könne. Es würden allerdings im vertragsärztlichen Rahmen etablierte Behandlungsverfahren zur Verfügung stehen, welche prinzipiell durch gefäßchirurgische Haupt- oder Belegabteilung an Vertragskrankenhäuser durchgeführt werden können (beispielsweise an der Universitätsklinik Frankfurt und Mainz und dem Marienhospital Stuttgart).
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 12.07.2019 ab. Bei Prof. Dr. C. und Frau Dr. H. würde es sich nicht um für die gesetzliche Krankenversicherung zugelassene Vertragsärzte handeln. Sie wiederholte die Ausführungen des MDK.
Der Kläger legte mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 22.07.2019 Widerspruch dagegen ein. Er verwies auf ein Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11.11.2015, Az.: L 4 KR 396/19, wonach in einem solchen Fall ein Systemversagen vorliege. Ein vertraglich zugelassener Arzt könne diese Operation in Deutschland nicht durchführen.
Die Beklagte schaltete erneut den MDK ein, welcher in seiner Stellungnahme vom 15.08.2019 dabei blieb, dass eine Kostenübernahme nicht erfolgen könne. Der Kläger blieb bei seiner Auffassung, dass weder ein Vertragsarzt noch ein Vertragskrankenhaus diese spezielle gefäßchirurgische Operation der seltenen Erkrankung des Klägers deutschlandweit anbieten. Die dortige Behandlung auf der Basis einer minimal-invasiven Therapie schade ihm und beseitige nicht seine Angiodysplasie. Die genannten Kliniken würden nur Sklerosierungen durchführen, welche aber nach dem Urteil des LSG München medizinisch nicht indiziert sei. Der Kläger sei seit dem Jahre 2007 bei Prof. Dr. C. in Behandlung. Die seltene Erkrankung Angiodysplasie würde sich vom Fuß über die Wade, das Knie bis zum Oberschenkel des rechten Beins mit mehreren Feuermalen erstrecken. Er trage einen Kompressionsstrumpf vom Fuß bis zum Oberschenkel sowie Einlagen zum Ausgleich der krankheitsbedingten Längendifferenz des rechten Beines. Es gelte lebensbedrohliche Thrombosen zu vermeiden, Venennetze und Venenknäule sowie krankhaft klappenlose Venen zu beseitigen, neue Venennetze zu gestalten und den Druck in den Venen zu verringern. Durch die Operation bei Prof. Dr. C. würden offene Füße und Beine vermieden. Es bestehe Anspruch auf Kostenübernahme durch eine Einzelfallentscheidung nach § 13 Abs. 2, 3 SGB V. Es hätten bei dem Kläger bereits drei weitere Operationen stattgefunden (2008, 2013 und 2019). Er bestreitet, dass es sich um Operationen im Sinne einer Wahlleistung sei, sondern medizinisch notwendige Behandlungen. Es würde sich nicht um keine neue Behandlungsmethode handeln, sondern um eine hochspezialisierte Behandlungstechnik. Es würde nur eine Handvoll Ärzte geben, welche überhaupt in der Lage seien, diese Erkrankung zu operieren. Bereits die Kinderärztin habe bei ihm die falsche Diagnose gestellt. Es würde sich um eine zweite spezielle gefäßchirurgische Operation 2019 handeln.
Zudem stellte der Kläger mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigen vom 22.10.2019 einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X für die vorausgegangenen Operationen seit 2007. Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 14.11.2019 mit, dass ihr keine weiteren Bescheide vorliegen würden. In der Vergangenheit seien keine weiteren Anträge für diese Behandlung eingereicht worden. Im Anschluss übersandte der Kläger die seit dem Jahr 2007 entstandenen Rechnungen nebst Übersicht. Danach seien ihm Kosten i. H. v. 11.816,81 € für die gesamte Behandlung bei Prof. Dr. C. entstanden. Für die erste Operation am 18.03.2008 waren ihm Kosten i. H. v. 1.892,12 € sowie für die Anästhesie i. H. v. 372,67 €, für die 2. Operation am 11.02.2013 i. H. v. 3.325,96 € und für die dritte Operation am 12.02.2019 i. H. v. 2.154,79 € entstanden. Auf den Inhalt der Rechnungen wird Bezug genommen.
Die Beklagte lehnte den Überprüfungsantrag mit Bescheid vom 09.01.2020 ab, da dazu keine Entscheidungen vorliegen würden. Daher werde der Überprüfungsantrag als Antrag auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V gewertet. Die Leistungen bis zum Jahre 2014 seien bereits nach § 45 Abs. 1 SGB I verjährt. Bei den Rechnungen ab dem Jahr 2015 sei die jeweilige Leistung nicht unaufschiebbar gewesen. Zudem sei nicht vorab eine Entscheidung durch die Krankenkasse eingeholt worden. Auch erfolgte keine Ablehnung zu Unrecht, da vor der Inanspruchnahme kein Antrag bei der Beklagten erfolgt sei.
Der Kläger legte mit Schriftsatz vom 17.02.2020 Widerspruch dagegen ein. Die vierte Operation wurde am 21.01.2020 durchgeführt.
Die Beklagte wies beide Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 22.12.2021 zurück. Es würde sich sowohl bei der Facharztklinik Hamburg als auch bei der ATOS Klinik E. Hamburg um zugelassene Krankenhäuser handeln. Die Abrechnung einer stationären Krankenhausbehandlung würde über DRG’s im Rahmen eines Fallpauschalensystems erfolgen. Hierbei würden die Krankenhausfälle auf Basis ihrer Diagnosen und erfolgten Behandlungen in Fallgruppen klassifiziert und nach dem für die Behandlung erforderlichen ökonomischen Aufwand bewertet werden. Für die Inanspruchnahme einer privatärztlichen Leistung würden spezielle Regelungen aus dem Bundesmantelvertrag Ärzte gelten. Der Kläger habe die privatärztliche Behandlung durch Prof. Dr. Dr. C. und / oder Frau Dr. H. ausdrücklich gewünscht. Da beide Ärzte keine Zulassung haben, welche ihnen erlaubt ihre Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse abzurechnen, würden privatärztliche Liquidationen ausgestellt. Sie gehe von einer umfassenden Aufklärung des Klägers darüber, dass er selbst kostenpflichtig sei, aus. Sie wiederholte die Ausführungen des MDK. Es würden zur Behandlung von venösen Gefäßmissbildungen im vertragsärztlichen Rahmen etablierte Behandlungsverfahren zur Verfügung stehen. Der Krankenhausarzt entscheide, welche Behandlungsform angewendet werde. Die spezielle gefäßchirurgische Operation des Prof. Dr. Dr. C. sei noch nicht durch den Gemeinsamen Bundesausschuss bewertet worden. Sie sei auch nicht in den EBM aufgenommen worden. Zudem liege bei dem Kläger keine lebensbedrohliche oder wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung vor. Im Hinblick auf den Widerspruch gegen den Bescheid vom 09.01.2020 wiederholte die Beklagte ihre Ausführungen. Zwei Rechnungen würden zudem zum stationären Krankenhausaufenthalt vom 12.02.2019 bis 14.02.2019 gehören, welche Gegenstand des weiteres Klageverfahren sei.
Der Kläger hat mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 12.01.2022 Klage dagegen erhoben.
Der Kläger ist der Ansicht, dass er auch Anspruch auf Kostenübernahme wegen sich aufdrängender Falschberatung sowie Diskriminierung aufgrund seiner Behinderung habe. Er ist der Ansicht, dass die Beklagte es versäumt habe, einen erfahrenen und behandlungsbereiten, namentlich identifizierbaren, vertraglich zugelassenen Gefäßchirurgen zu benennen. Der Gutachter des MDK habe zudem die dritte und vierte Operation verwechselt. Zudem sei er Urologe, kein Gefäßchirurg und kein Phlebologe. Eine Durchführung durch fachfremde Chirurgen sei zu widersprechen. Er ist der Ansicht, dass er alles Erforderliche getan hätte, um der Beklagten die Zeit zu geben sich mit seinem Leistungsbegehren zu befassen. Die Operation musste zeitnah durchgeführt werden. Es sei Gefahr im Verzug gewesen, wegen der Schmerzen und der hohen Thrombosegefahr. Dadurch sei belegt, dass keine angemessenen Behandlungsmöglichkeiten für den Kläger in zumutbarer Zeit und Entfernung zur Verfügung standen. Auch sei die mangelhafte Beratung belegt. Zudem würde es sich nicht um eine ausgeschlossene Behandlungsmethode nach § 137c SGB V handeln. Er ist der Ansicht, dass die Beklagte verpflichtet sei, den Kläger qualitätssichernd und mit der notwendigen Erfahrung für diese Operation einen Arzt oder ein Krankenhaus zur Verfügung zu stellen. Sie habe die benannten Kliniken nicht auf die fachliche Eignung überprüft. Das Systemversagen liege darin, dass die Behandlung nicht innerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung sichergestellt sei. Die im Rahmen des weiteren Klageverfahrens seitens des MDK benannten Ärzte seien fachlich in der Lage, eine gefäßchirurgische Operation durchzuführen. Die Hauptprobleme bei der Operation seien die mangelnde Kenntnis von der Erkrankung und die fehlende praktische chirurgische Erfahrung.
Der Kläger legte im Klageverfahren die Ablehnungsbescheide vom 15.06.2007 und 20.08.2007 hinsichtlich einer Übernahme der Kosten für eine Operation bei Prof. Dr. C. vor sowie die entsprechenden Widerspruchsschreiben seiner Mutter nebst Widerspruchsbescheid vom 31.01.2008. Er legte zudem den Antrag vom 07.11.2012 sowie den ablehnenden Beschied vom 23.11.2012 vor. Der Kläger teilte mit, dass er nur die Kosten für die 1. Operation am 18.03.2008, die Kosten der 2. Operation vom 12.02.2013 und die Kosten der vierten Operation vom 21.01.2020 begehre. Die Beklagte habe keinen geeigneten und behandlungsbereiten Gefäßchirurgen benennen können. Er weist auf die Gefahr einer Thrombose hin, welche aufgrund des langsamen Blutflusse sogar zum Tod führen könne. In den betroffenen Venen können sich Gerinnsel bilden, welche über die lappenlose und vergrößerte Marginalvene in den Blutkreislauf entleert werden, über den sie in die Lunge geraten. Es bestehe die Gefahr, dass der Tod durch eine Lungenembolie eintrete. Er behauptet, dass in keinem Vertragskrankenhaus, auch nicht in Vertragskliniken mit gefäßchirurgischen Abteilungen diese Operationen durchgeführt werden konnten. Es würde Spezialkenntnisse und profunde Kenntnisse des Krankheitsbildes voraussetzen. Er ist der Ansicht, dass die Beklagte entsprechende Ärzte benennen würden, falls sie vorhanden seien. Es liege insoweit eine Verletzung der Beratungspflicht nach § 14 SGB I vor. Der Kläger regt die Beiziehung eines Gutachtens aus dem parallel verlaufenden Verfahren einer anderen Klägerin an (Az.: S 8 KR 1218/19). Auf die entsprechenden Ausführungen wird Bezug genommen. Er berief sich auf die Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11.11.2015, welches einen gleichen Sachverhalt enthalten würde. Radiologische Behandlungsmethoden seien bei der Erkrankung des Klägers nicht anwendbar. Bei anderen Verfahren (Sklerosierung, Embolisation, Radiofrequenzablation, Laser o. ä.) würde eine akute Gesundheitsgefährdung des Klägers bewusst in Kauf genommen. Zudem finde der sozialrechtliche Herstellungsanspruch wegen Nicht- bzw. Falschberatung Anwendung. Die Pflichtverletzung bestehe in der Erteilung einer unrichtigen oder unvollständigen Auskunft oder in der Unterlassung eines sich nach Sachlage aufdrängenden Hinweises. Es obliege dem Versicherungsträger die Aufgabe, dem Versicherten so klare und selbstständige Auskünfte zu erteilen, dass dieser disponieren könne und ihm geholfen werde. Davon sei nach der Rechtsprechung auch der Hinweis auf eine bestehende Versorgungslücke betroffen. Er bestreitet, dass die Beklagte alle ihr zumutbaren Anstrengungen unternommen habe, um ihre Pflicht zur Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung erfüllt zu haben. Die Beklagte habe wahllos drei Universitätskliniken benannt, ohne jegliche konkrete Beweislage zu durchgeführten gefäßchirurgischen Operationen laut Qualitätsberichten und ohne Nennung eines tätigen Gefäßchirurgen. Die Beklagte habe dem Kläger keinen geeigneten Gefäßchirurgen als Sachleistung benannt.
Die ATOS-Klinik in Hamburg sei ein Vertragskrankenhaus mit Belegbetten, sie nehme gesetzlich Versicherte auf und stelle für private Belegärzte die klinische Infrastruktur und den Operationssaal zur Verfügung. Der von Prof. Dr. C. durchgeführte Eingriff könne im DRG-System nicht kodiert werden. Deswegen habe das Krankenhaus auch der DRG-Code F59D kodiert. Dieser Kode habe lediglich dazu gedient, die Bereitstellung des OP-Saals und der OP-Schwestern, zur Bettenbereitstellung und Verpflegung sowie zur krankenhaustechnischen stationären Versorgung des Patienten, jedoch ohne die privatärztliche gefäßchirurgische Operation und ohne die zugehörige, notwendige private Nachsorge durch den privatärztlichen Belegarzt Prof. Dr. C. Eine Abrechnung sei nach OPS und GOÄ erfolgt, da für diese OPS-Codes keine DRG-Codes existiere. Dr. C. hätte auch die OPS 5-386.a6, 5-399.1 und 5-385:4R abgerechnet. Nach einer neueren Studie sei an dem Klinikum Augsburg innerhalb von 13 Jahren die Operation 16-mal durchgeführt worden. Der Kläger verwies auf den Erfolg in Verfahren anderer Versicherter. Die Operation des Klägers sei mit Prof. Dr. C. und Dr. H. über einen privatärztlichen Behandlungsvertrag abgerechnet worden. Das Krankenhaus hätte zudem falsch Unterbindung, Exzision und Stripping von Varizen kodiert. Dies würde nicht die gefäßchirurgische Operation bei Venösen Malformationen des rechten Beines / Fußes mit drohender Ulzeration darstellen. Der Kläger legte den Aufnahmevertrag der Klinik und die privatärztliche Vereinbarung mit Prof. Dr. C. vor; auf dessen Inhalt wird verwiesen. Er hat die Rechnung für die Operation am 20.01.2020 vorgelegt; auf deren Inhalt wird verwiesen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 09.01.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.12.2021. zu verurteilen, dem Kläger unter Aufhebung der Bescheide vom 15.06.2007 und 20.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.01.2008 und des Bescheides vom 23.11.2012 Kosten für die Operationen am 18.03.2008 und 11.02.2013 i. H. v. 9.214,20 € zuzüglich gesetzlicher Zinsen und Nebenkosten der stationären Behandlungen zu erstatten.
Die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom 12.07.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.12.2021 Kosten für die am 20.01.2020 durchgeführte Operation i. H. v. 2.498,05 € zuzüglich gesetzlicher Zinsen und Nebenkosten der stationären Behandlungen zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Sie verweist auf den Inhalt der Verwaltungsakte sowie der angefochtenen Bescheide. Sie könne weder ein Fristversäumnis noch eine Verletzung der Beratungspflicht feststellen. Sie habe den Kläger mehrfach gebeten, einen fachspezifischen Vertragsarzt aufzusuchen, welcher eine aktuelle Beurteilung vorlege. Eine konkrete Benennung von Ärzten sei ihr aus wettbewerblichen Gründen nicht möglich. Der Kläger verfüge über das Recht der freien Arztwahl. Nach dessen Beurteilung könne dann auch eine Feststellung erfolgen, ob es sich um eine neue Behandlungsmethode handele. Der Kläger sei nicht von ihr ersucht worden, bei dem Vertragsarzt die Operation sofort durchzuführen. Sie habe die DRG für den stationären Aufenthalt in der Klinik E. bezahlt. Dabei habe die Abrechnung die Maßnahmen 5-386.a6 „Andere Exzision von (erkrankten) Blutgefäßen und Transplantatentnahme: Oberflächige Venen: Unterschenkel und Fuß“, 5-399.1 „Andere Operationen am Blutgefäßen: Verschluss einer arteriovenösen Fistel“ und 5-385.4:R „Unterbindung, Exzision und Stripping von Varizen: Transkutane Unterbindung der Vv. perforantes“ als selbstständiger Eingriff erfolgt. Sie ist der Ansicht, dass dies widersprüchlich sei. Entweder sei mit der Zahlung der DRG-Pauschale die begehrte stationäre Behandlung inklusive der Operation bereits durch sie vollständig vergütet oder die Pauschale sei von dem Krankenhaus zu Unrecht gegenüber ihr abgerechnet worden, da die Operation durch einen Nichtvertragsarzt erbracht wurde. Für sie sei die Kostenvereinbarung mit den Versicherten nur aus rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten erklärbar. Sie ist der Ansicht, dass eine Rücknahme von alten Bescheiden im Rahmen des Überprüfungsverfahrens nach Ablauf einer Frist von vier Jahren nach § 44 Abs. 4 SGB X nicht in Betracht komme. Sie hätte zudem keinen externen Sachverständigen beauftragen dürfen. Auch das Krankenhaus hätte die von Prof. Dr. C. abgerechneten OPS abgerechnet. Die Krankenhausabrechnung würde nicht so funktionieren, dass das Krankenhaus die Infrastruktur abrechne und der Arzt seine Leistung abrechne. Sie könne nur feststellen, dass das Krankenhaus als Hauptabteilung abgerechnet habe und damit eine vollständige Vergütung im Sinne der DRG-Fallpauschale F59D erhalten habe. Ein Abzug für eine Belegarzttätigkeit sei nicht feststellbar. Sie ist der Ansicht, die Behandlung des Klägers vollständig vergütet zu haben. Sie reicht die Abrechnungen des Krankenhauses ein; auf deren Inhalt wird verwiesen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten bei den die Klägerin behandelnde Ärzte Dr. G. und Prof. Dr. C.; auf deren Inhalt wird Bezug genommen. Zudem hat das Gericht den Medizinischen Aktenteil des MDK beigezogen. Das Gericht hat eine Stellungnahme der ATOS-Klinik vom 09.11.2023 eingeholt; auf dessen Inhalt wird verwiesen. Das Gericht hat am 23.09.2024 einen Erörterungstermin durchgeführt; auf den Inhalt des Protokolls wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
A. Die Kammer kann durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit mit Schreiben vom 13.05.2025 und 20.05.2025 einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).
B. Streitgegenstand ist die von dem Kläger begehrte Kostenerstattung für die erste Operation am 18.03.2008 und für die zweiten Operation am 11.02.2013 entstandene Kosten im Überprüfungsverfahren sowie für die am 20.01.2020 durchgeführte vierte Operation entstandene Kosten. Das Gericht hat im Hinblick darauf, dass die Operation am 20.01.2020 und nicht am 21.01.2020 durchgeführt wurde, den Klageantrag zu 2. selbstständig angepasst.
C. Die Klage ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht bei dem örtlich zuständigen Gericht gemäß §§ 57 Abs. 1, 78, 87 Abs. 2 90 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben worden. Die Klage ist im Hinblick auf die vierte Operation als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG und im Hinblick auf die erste und zweite Operation als Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1, 2, 4 SGG statthaft.
D. Die Klage ist aber unbegründet. Die Beklagte hat zu Recht mit den angefochtenen Bescheiden eine Kostenerstattung für die drei Operationen abgelehnt, sodass der Kläger dadurch nicht in seinen Rechten verletzt wird (dazu unter I. + II.).
I. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist ein unanfechtbar gewordener Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass dieses Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt worden ist oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht wurden. Dabei sind als Sozialleistungen nach der Legaldefinition des § 11 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) alle im Sozialgesetzbuch vorgesehenen Dienst-, Sach- und Geldleistungen anzusehen; dazu gehören Bescheide, welche eine Übernahme für Krankenhausaufenthalte als Sachleistung ablehnen. Dies gilt auch, sofern der von dem Kläger verfolgte Anspruch nun ein Kostenerstattungsanspruch darstellt.
Die Übernahme der Kosten für die Operation ist allerdings nach § 44 Abs. 4 SGB X ausgeschlossen. Dieser lautet wie folgt:
„1Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit
zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den
Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für
einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. 2Dabei
wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in
dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. 3Erfolgt die Rücknahme
auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend
Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.“
Der Kläger hat hinsichtlich der 1. und 2. Operation, welche am 18.03.2008 und am 11.02.2013 durchgeführt wurde, erst mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 22.10.2019 einen Überprüfungsantrag bzw. sinngemäß schon im Schreiben vom 01.10.2019 gestellt. Damit können Leistungen nur ab dem 01.01.2015 geltend gemacht werden. Die beiden Operationen wurden aber bereits 2008 bzw. 2013 durchgeführt, sodass diese außerhalb des Vier-Jahres-Zeitraumes liegen. Dies gilt gleichermaßen für die zugrundeliegende Verwaltungsakte vom 15.06.2007 und 20.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.01.2008 sowie des Bescheides vom 23.11.2012.
Vor diesem Hintergrund ist ein Anspruch des Klägers auf Überprüfung im Hinblick auf die abgelaufene Zeit ausgeschlossen. Die Geltendmachung der Vier-Jahres-Frist steht nicht im Ermessen der Beklagten, sondern ist in jedem Fall zu berücksichtigen.
II. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Kostenerstattung für die am 21.01.2020 bei Prof. Dr. C. durchgeführte Operation zu.
1. Zunächst besteht kein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 4, 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), da die Operation nicht im Ausland durchgeführt wurde. Weiterhin besteht kein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3a SGB V, da der Kläger den Antrag mit Schreiben vom 29.06.2019, bei der Beklagten am 02.07.2019 eingegangen, gestellt hat und die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 12.07.2019 innerhalb der maßgeblichen Fünf-Wochen-Frist abgelehnt hat. Sie hatte insoweit den Kläger mit Schreiben vom 04.07.2019 über die Einschaltung des MDK informiert.
2. Dem Kläger steht auch kein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 2 SGB V zu. Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 SGB V können Versicherte anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Darüber haben sie die Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Nach § 13 Abs. 2 Satz 4 SGB V dürfen nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Nach § 13 Abs. 2 Satz 5 SGB V kann die Zustimmung erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme eines Leistungserbringers rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Ausübung des Wahlrechts beinhaltet dabei eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung des Versicherten.
Nach Überzeugung des Gerichts ist regelmäßig in einem Antrag auf Kostenerstattung keine Wahl einer Kostenerstattung zu erkennen. Vielmehr muss aus einem solchen Antrag auch die Willenserklärung heraus lesbar sein, alle Kosten des gewählten Bereiches künftig selbst zu übernehmen, und im Anschluss deren Erstattung zu verlangen. Anders formuliert, darf die Erklärung nicht nur den Antrag auf Übernahme der Kosten enthalten, sondern muss auch die Erklärung enthalten, zukünftig Leistungen im Rahmen der gewählten Kostenerstattung in Anspruch nehmen zu wollen. Eine solche weitergehende Erklärung muss dann in dem Wortlaut seinen Niederschlag finden. Vorliegend hat der Kläger aber nur einen Antrag auf Vorabgenehmigung und Kostenübernahme gestellt, ohne zu erkennen zu geben, zukünftig mit bindender Wirkung Kostenerstattung zu wählen. Damit liegt keine Wahl einer Kostenerstattung vor.
3. Dem Kläger steht zudem kein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V zu. Danach hat die Krankenkasse der versicherten Person die Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung zu erstatten, sofern sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und der Versicherten für die Selbstbeschaffung der Leistung durch die Leistungsablehnung Kosten entstanden sind sowie die Leistung notwendig ist.
a) Die Beklagte hat die Kostenerstattung aber nicht zu Unrecht abgelehnt. Aus §§ 76 Abs. 1 Satz 1, 72 Abs. 1 Satz 2 SGB ergibt sich, dass nur die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzte im Sinne des gesetzlichen Krankenversicherungsrechts zugelassen sind. Der von dem Kläger in Anspruch genommene Prof. Dr. C. hatte mit der Beklagten keinen Vertrag über die Erbringung von ärztlichen Leistungen geschlossen, sondern praktiziert als Privatarzt. Mangels vertraglicher Zulassung war die freie Wahl des Kläger nach § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V eingeschränkt, sodass dies dem geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch entgegenstand (vgl. insoweit BSG, Urteil vom 13.12.2016, Az.: B 1 KR 4/16 R). Nicht zugelassene oder nicht ermächtigte Ärzte unterliegen nicht dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V. Nach dieser Vorschrift müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Da ein nicht zugelassener oder nicht ermächtigter Arzt nicht der Wirtschaftlichkeitsprüfung unterliegt (vgl. § 106 SGB V), könnte seine Inanspruchnahme zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherungen zu unvertretbaren finanziellen Mehrbelastungen derselben führen (BSG, Urteil vom 10. Mai 1995, Az.: 1 RK 14/94 – juris – Rn. 15).
b) Soweit der Kläger zutreffend geltend macht, dass es sich bei ihm vorliegenden Erkrankung „Angiodysplasie“, um eine seltene Erkrankung handelt, welche ihn zur Inanspruchnahme eines Privatarztes berechtigt, kann er dennoch damit nicht durchdringen. Der Kläger kann nämlich im Ergebnis nicht verlangen, dass die Beklagte zweifach für seinen stationären Eingriff aufkommt. Die Beklagte hat nämlich den stationären Aufenthalt bereits über die an das Krankenhaus gezahlte DRG vergütet und damit die Kosten für den Eingriff bereits übernommen. Eine nochmalige, somit doppelte, Übernahme der Kosten ist aufgrund der Erfüllung des Sachleistungsanspruches ausgeschlossen.
aa) Eine Krankenhausbehandlung umfasst im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs 1 SGB V), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderliche und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation (BSG, Urteil vom 27. November 2014, Az.: B 3 KR 1/13 R – juris – Rn. 12). Die mit den Fallpauschalen zu vergütende Krankenhausbehandlung umfasst nach § 39 Abs 1 Satz 3 SGB V alle Leistungen, die im Einzelfall zur Versorgung des Versicherten medizinisch notwendig sind (BSG, Urteil vom 26. April 2022, Az.: B 1 KR 15/21 R – juris – Rn. 13).
bb) Vorliegend hat die Beklagte für die Behandlung des Klägers bereits durch die Abrechnung der DRG den Anspruch des Klägers auf Übernahme der Sachleistung erfüllt. Die Klinik E. Hamburg GmbH & Co.KG hat für den stationären Aufenthalt des Klägers vom 20.01.2020 bis 24.01.2020 die DRG-Fallpauschale F59D i. H. v. 3.880,46 € geltend gemacht. Sie hat dabei die OPS 5-386.a6 („Andere Exzision von (erkrankten) Blutgefäßen und Transplantatentnahme: Oberflächige Venen: Unterschenkel und Fuß) sowie 5-399.1 (Andere Operationen an Blutgefäßen: Verschluss einer arteriovenösen Fistel) und 5-385.4:R (Unterbindung, Exzision und Stripping von Varizen: Transkutane Unterbindung der Vv. perforantes (als selbstständiger Eingriff)) kodiert.
In der Rechnung vom 06.04.2020 rechnet die Klinik gegenüber dem Kläger privat eine „Venöse Malformation rechtes Bein / Fuß“ ab. Im Detail erfolgte dabei die Abrechnung der Entfernung einer Beseitigung eines arteriovenösen Shunts, einer großen Blutadergeschwulst (beides am dorso lateraler Fußrücken), eine einfache Hautlappenplastik, der Entfernung einer kleinen Blutadergeschwulst, atypische Perforansvenen, Beseitigung eines arteriovenösen Shunts, die Entfernung einer großen Blutadergeschwulst (jeweils am proximalen lateralen Fußrücken) und eine Exstirpation der V. marginalis über viele Stichincisionen, Beseitigung eines arteriovenösen Shunts (jeweils am lateralen Unterschenkel) sowie Entfernung einer kleinen Blutadergeschwulst (mediale / dorsale / laterale Wade) und eine isolierte Seitenastexstirpation oder Perforansdesektion oder Perforansligatur.
Es betrifft den gleichen Zeitraum. Zudem wird in beiden Abrechnungen die Perforansvenen bzw. Vv. Perforantes und die V. marginalis bzw. oberflächigen Venen erwähnt. Die Abrechnung betrifft auch die eine bei dem Kläger am 20.01.2024 durchgeführte Operation. Trotz unterschiedlich verwendeter Begrifflichkeiten – Exzision, Transplantatentnahme, Verschluss und Unterbindung einerseits und Beseitigung, Hautlappenplastik, Entfernung und Exstirpation andererseits – wird doch deutlich, dass dieselbe Operation gemeint ist. Nach Überzeugung des Gerichts ist beispielsweise eine Transplantatentnahme derselbe Vorgang wie eine Hautlappenplastik.
Die unterschiedlichen Bezeichnungen rühren aus den unterschiedlichen Abrechnungssystemen. Unterschiede in der Bedeutung sind damit nicht gemeint. Das Gericht sieht sich insbesondere auch durch die Zeugenvernehmung des Mitarbeiters der Klinik bestätigt. Dieser hat ausgesagt, dass durch die streitige OPS eine Operation der venösen Malformation kodiert worden war. Es handelt sich damit genau um die Operation, für die der Kläger im hiesigen Verfahren für die vorgeblich privatärztliche Behandlung durch Prof. Dr. C. eine Kostenerstattung begehrt. Anhaltspunkte, welche gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen sprechen, sind dem Gericht nicht ersichtlich.
Nach Überzeugung des Gerichts ist somit nachgewiesen, dass die Rechnung an die Beklagte und die Rechnung an den Kläger dieselben Leistungen umfassen. Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Beklagte aber nicht erneut verpflichtet werden kann, für eine Leistung zu zahlen, welche sie bereits bezahlt hat. Vielmehr ist sie durch die erste Zahlung von ihrer Leistungsverpflichtung nach § 362 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) frei geworden. Mit der Zahlung der DRG-Fallpauschale sind alle Leistungen, welche das Krankenhaus bei der Behandlung des Klägers erbracht haben, abgegolten. Ein weitergehender Leistungsanspruch existiert insoweit nicht.
4. Das Gericht kann auch keinen Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V des Klägers gegen die Beklagte erkennen. Danach hat die Krankenkasse dem Versicherten Kosten zu erstatten, soweit sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte und dadurch diesem Kosten für eine notwendige Leistung entstanden sind.
a) Das Gericht kann mit dem jetzigen Kenntnisstand auch keine besondere Dringlichkeit der Leistung erkennen. Eine Leistung ist unaufschiebbar im Sinne dieser Regelung, wenn sie im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich war, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs mehr bestand. Nach zutreffender Auffassung kommt es allein auf medizinische Gründe an (Helbig in jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 13 SGB V, Rn. 41).
Vorliegend handelt es sich um einen geplanten Eingriff, sodass eine besondere Dringlichkeit nicht nachvollzogen werden kann. Dies gilt insbesondere, da der Prozessbevollmächtigte die Durchführung des Eingriffes bereits für Herbst 2019 angekündigt hat, und dieser dann erst am 20.01.2020 erfolgt ist Das Gericht hat die Ausführungen des Prozessbevollmächtigten zu den Gefahren einer nicht operierten venöse Malformation durchaus zur Kenntnis genommen, kann eine Unaufschiebbarkeit zunächst nicht erkennen.
b) Es liegt auch kein Systemversagen der Beklagten vor. Die Beklagte steht dafür ein, den Primäranspruch des Klägers rechtzeitig, d. h. in der Zeit, in der er medizinisch indiziert war, zu erfüllen (BSG, Urteil vom 16. Dezember 1993, Az.: 4 RK 5/92 – juris – Rn. 56). Ein Systemversagen ist gegeben, sofern die Krankenkasse dem Versicherten eine Sach- oder Dienstleistung hätte zur Verfügung stellen müssen, diese Leistung ihm aber zum Zeitpunkt der Unaufschiebbarkeit nicht zur Verfügung gestellt werden konnte. Die zuständige Krankenkasse hat also gegenüber dem bei ihr Versicherten dafür einzustehen, dass das krankenversicherungsrechtliche Naturalleistungssystem, dem sie eingegliedert ist und das sie gegenüber dem Versicherten rechtlich repräsentiert, bestehende Sach- und Dienstleistungsansprüche erfüllt. Dieser Garantiehaftung der einzelnen Krankenkasse für das gesetzliche Leistungssystem entspricht spiegelbildlich, dass die dem Versicherten nach den Vorschriften des SGB V durch zugelassene Leistungserbringer erbrachten Leistungen befreiende Wirkung für die zuständige Krankenkasse haben. Wegen dieser Garantiepflicht hat der Krankenversicherungsträger den Vermögensschaden des Versicherten nur soweit auszugleichen, dass der Zustand hergestellt wird, der bestanden hätte, wenn die nach dem Gesetz geschuldete Naturalleistung ordnungsgemäß erbracht worden wäre. "Kostenerstattung" iS von § 13 Abs 2 SGB V bedeutet also Schadensersatz, der im Wesentlichen in Geld (§ 251 Abs 1 BGB), uU aber auch im Wege der Freistellung von einer Verbindlichkeit (§ 257 BGB) zu leisten ist (BSG, Urteil vom 16. Dezember 1993, Az.: 4 RK 5/92 – juris – Rn. 26).
Soweit von dem Versicherten ein Systemversagen behauptet wird, hat die jeweilige Krankenkassen diesen über die bestehende Versorgungsmöglichkeit zu informieren. Die Beklagte hat insoweit den Kläger darüber informiert, dass er den Eingriff in gefäßchirurgische Abteilungen von Vertragskrankenhäuser durch Vertragsärzte durchführen kann. Der Kläger sieht das Systemversagen darin, dass angeblich die von Prof. Dr. C. durchgeführte Therapie in keinem anderen Krankenhaus in Deutschland durchgeführt wird. Nach Auffassung des Gerichts haftet die Beklagte nicht für das Vorhandensein bestimmter Therapiemethoden, sondern nur dafür einsteht, dass der Primäranspruch des Klägers rechtzeitig, d. h. in der Zeit, in der er medizinisch indiziert war, erfüllt wird. Dies wird man wohl nur anders zu bewerten haben, soweit die Krankenkasse überhaupt gar keine Therapie zur Verfügung stellen kann. Insoweit besteht die ärztliche Therapiehoheit, in die die Beklagte nicht eingreifen kann und darf.
Um dieses Systemversagen zu beweisen, hätte sich der Kläger allerdings die Möglichkeit nutzen müssen, sich in einem Vertragskrankenhaus vorzustellen. Er hat nach Überzeugung des Gerichts weiterhin nicht alles Erforderliche getan, um sich die begehrte Leistung als Sachleistung zu beschaffen. Er hat sich insoweit nicht bei einem zugelassenen Krankenhaus vorgestellt, um dort die Möglichkeit einer ggf. interdisziplinären stationären Behandlung nachzufragen. Ein Systemversagen scheidet damit aus.
c) Der Kostenerstattungsanspruch ist jedenfalls aus dem Grund ausgeschlossen, da die Beklagte nicht verpflichtet werden kann, für dieselbe Leistung zweimal zu zahlen. Es wird insoweit auf die Ausführungen unter 3. verwiesen.
III. Vor diesem Hintergrund ist die Klage abzuweisen.
E. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und trägt dem Ausgang der jeweiligen Verfahren Rechnung. Die Berufung ist nach §§ 143, 144 SGG für den Kläger zulässig, da er Kostenerstattung i. H. v. insgesamt 11.712,25 € begehrt, sodass der maßgebliche Beschwerdegegenstand von 750,-€ überschritten wird.