Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.05.2024 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch in diesem Rechtszug nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens darüber, ob die Klägerin in ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin der Beigeladenen selbständig tätig oder abhängig beschäftigt ist.
Die Beigeladene ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) mit Sitz in W.. Sie wurde am 23.08.2022 mit einem Stammkapital von 25.000,00 EUR notariell gegründet. In Anlage 1 zum Gesellschaftsvertrag sind unter anderem die folgenden Regelungen getroffen:
„§ 6 Geschäftsführung und Vertretung.
Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt dieser die Gesellschaft allein. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer gemeinschaftlich oder durch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten. Die Gesellschafterversammlung kann einem, mehreren oder allen Geschäftsführern Einzelvertretungsbefugnis und Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilen.
§ 7 Gesellschafterbeschlüsse
Gesellschafterbeschlüsse werden in einer Gesellschafterversammlung nach den Bestimmungen des GmbH-Gesetzes gefasst. "
Die Klägerin schloss darüber hinaus mit der Beigeladenen einen Einbringungsvertrag (Anlage 2 zum Gesellschaftsvertrag). Danach verpflichtete sie sich, rückwirkend zum 02.01.2022 ihr bestehendes, nicht im Handelsregister eingetragenes und unter dem Namen „V. Praxis für (…)" betriebenes Einzelunternehmen mit allen Aktiva und Passiva als Sacheinlage in die Gesellschaft einzubringen. Als Gegenleistung erhielt sie 25.000 Geschäftsanteile im Nennbetrag von je 1,00 EUR an der Gesellschaft.
Am 28.08.2022 schlossen die Klägerin und die Beigeladene einen „Geschäftsführerin-An-stellungsvertrag". Darin wurde u.a. Folgendes vereinbart:
„§ 1 Aufgabenbereich
(1) Die Geschäftsführerin wurde durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 23.08.2022 zur Geschäftsführerin der Gesellschaft bestellt. Die Geschäftsführerin vertritt die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich, und zwar stets allein. Die Gesellschaft kann jederzeit neben ihr andere Geschäftsführer oder Prokuristen bestellen und die Vertretungsmacht und Geschäftsführung neu regeln.
§ 2 Pflichten und Verantwortlichkeit
(1) Die Geschäftsführerin stellt ihr gesamtes Wissen und Können und ihre gesamten Kenntnisse und Erfahrungen der Gesellschaft zur Verfügung. Ihr obliegen Leitung und Überwachung des Gesamtunternehmens, unbeschadet gleicher Rechte und Pflichten etwaiger anderer Geschäftsführer.
(2) Die Geschäftsführerin nimmt die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers im Sinn der arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften wahr.
(3) Die Geschäftsführerin wahrt die wirtschaftlichen und steuerlichen Interessen der Gesellschaft. Sie ist verpflichtet, für eine den handels- und steuerrechtlichen Vorschriften entsprechende Buchführung und eine angemessene Betriebsabrechnung zu sorgen. Sie ist verpflichtet, innerhalb der Frist von § 264 Abs. 1. HGB den Jahresabschluss sowie, soweit die Aufstellung nicht gesetzlich nachgelassen ist (§ 264 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 267 Abs. 1 HGB), einen Lagebericht (§ 289 HGB) unter Beachtung handels- und steuerrechtlicher Bilanzierungsvorschriften aufzustellen und den Gesellschaftern unverzüglich nach Aufstellung vorzulegen. Sie hat für eine rechtzeitige und ordnungsgemäße Offenlegung nach §§ 325 bis 327 HGB zu sorgen.
(4) Nach Vorlage des Jahresabschlusses hat die Geschäftsführerin unter Beachtung der Beschlussfristen von § 42 a Abs. 2 GmbHG die Gesellschafterversammlung zwecks Beschlussfassung über die Feststellung des Jahresbeschlusses und die Ergebnisverwendung ordnungsgemäß einzuberufen, sie zu leiten und ordnungsgemäß abzuwickeln sowie die Gesellschafterbeschlüsse zu protokollieren.
(5) Die Geschäftsführerin hat die notwendigen Anmeldungen zum Handelsregister vorzunehmen. Sie hat nach jeder Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung unverzüglich eine von ihr unterschriebene Liste der Gesellschafter nach Maßgabe von § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG zum Handelsregister einzureichen.
§ 3 Nebentätigkeiten, Wettbewerb
(1) Der Geschäftsführerin ist es untersagt, sich ohne Zustimmung der Gesellschaft mittelbar oder unmittelbar an einem Konkurrenzunternehmen zu beteiligen oder ein solches zu betreiben bzw. Nebentätigkeiten zu übernehmen.
(2) Für jeden Fall der Zuwiderhandlung ist gegenüber der Gesellschaft eine Vertragsstrafe in Höhe von 1/24 des Jahresgehalts verwirkt.
§ 4 Bezüge des Geschäftsführers
(1) Die Geschäftsführerin erhält für Ihre Tätigkeit ab 01.09.2022 ein festes Monatsgehalt von EUR 5.500, 00, das jeweils am Monatsletzten zu zahlen ist.
§ 5 Sonstige Leistungen, Spesen, Aufwendungsersatz
(1) Trägt die Geschäftsführerin im Rahmen ihrer ordnungsgemäßen Geschäftsführertätigkeit Kosten und Aufwendungen, werden ihr diese von der Gesellschaft erstattet, sofern die Geschäftsführungs- und Betriebsbedingtheit belegt oder diese offenkundig ist.
(2) Die Geschäftsführerin erhält alle betriebsüblichen Mitarbeiter-Benefits wie monatliche Sachbezüge (Stand 2022: 50 Euro), Restaurantgutscheine für die Mittagsverpflegung, private Mitbenutzung dienstlicher Telekommunikationsgeräte, E-Bike Nutzungsmöglichkeit, pauschalversteuerte Sachzuwendungen nach § 37b EStG.
(3) Reisespesen werden bis zum Doppelten der jeweils steuerlich zulässigen Pauschalbeträge ersetzt.
§ 6 Jahresurlaub
(1) Die Geschäftsführerin hat Anspruch auf 30 Arbeitstage (Samstag ist kein Arbeitstag) bezahlten Urlaub im Geschäftsjahr. Die Geschäftsführerin hat den Zeitpunkt seines Urlaubs so einzurichten, dass den Bedürfnissen der Gesellschaft Rechnung getragen wird. (2) Kann die Geschäftsführerin seinen Jahresurlaub nicht oder nicht vollständig nehmen, weil Interessen der Gesellschaft entgegenstehen, hat er Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs unter Zugrundelegung der Höhe des Grundgehalts (§ 4 Abs. 1). Die Abgeltung wird mit dem ersten Gehalt des folgenden Geschäftsjahrs bezahlt.
(3) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Anstellungsverhältnisses nicht oder nicht vollständig genommen werden, ist er der Geschäftsführerin abzugelten.
§ 7 Dauer, Kündigung
(1) Dieser Vertrag ist auf unbestimmte Zeit geschlossen. Er ersetzt alle bisherigen arbeits- oder dienstvertraglichen Vereinbarungen ersatzlos. Sie ist mit einer Frist von 6 Monaten zum Quartalsende für beide Parteien kündbar. Ansprüche aus früheren Dienstverhältnissen bestehen beiderseits nicht.
(2) Der Vertrag ist jederzeit aus wichtigem Grund fristlos kündbar. Ein wichtiger Grund liegt für die Gesellschaft insbesondere vor, wenn - die Geschäftsführerin wissentlich einen unrichtigen Jahresabschluss aufstellt; - die Gesellschaft liquidiert wird, - die Geschäftsführerin gegen das Wettbewerbsverbot nach § 3 verstößt.
(3) Die Abberufung als Geschäftsführer ist jederzeit zulässig. Sie gilt gleichzeitig als Kündigung des Anstellungsverhältnisses zu dem gem. Abs. 1 nächstmöglichen Zeitpunkt. "
Mit Stiftungsgeschäft vom 28.12.2022 errichtete die Klägerin die „Z. Familienstiftung" mit Sitz in U. (Rheinland-Pfalz) als rechtsfähige private Stiftung des bürgerlichen Rechts. In der Satzung der Stiftung wurden u.a. folgende Regelungen getroffen:
„§ 6 Stiftungsvorstand
(1) Der Vorstand besteht aus mindestens drei bis höchstens fünf Mitgliedern
(2) Die ersten Mitglieder des Stiftungsvorstandes sind M., V. und C., wie im Stiftungsgeschäft bestimmt. Zu Lebzeiten der Stifterin hat sie stets das Recht den Vorstand zu bestellen oder abzuberufen
(3) Die Stifterin gehört dem Vorstand auf Lebenszeit an.
(4) Zu Lebzeiten der Stifterin und nach Anerkennung der Stiftung werden die Mitglieder
des Vorstandes durch diese berufen. Danach kooptieren sich die Mitglieder des Vorstands.
(5) Die Amtszeit der Mitglieder des Stiftungsvorstands - mit Ausnahme der Amtszeit von V. - beträgt fünf Jahre. Eine erneute Berufung ist zulässig.
(…)
(8) Vorstandsmitglieder - mit Ausnahme der Stifterin - können zu Lebzeiten der Stifterin jederzeit und ohne Angabe von Gründen von ihrem Amt abberufen werden.
(9) Zu Lebzeiten der Stifterin bestellt diese den Vorsitzenden sowie die stellvertretenden Vorsitzenden des Vorstandes. (...)
§ 7 Aufgaben des Stiftungsvorstandes
(1) Der Vorstand hat für die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks zu sorgen. Er führt die Geschäfte der Stiftung im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen, dieser Satzung und seiner Beschlüsse.
(2) Zu seinen Aufgaben gehören insbesondere
1. Verwaltung und Anlage des Stiftungsvermögens,
2. Entscheidung bzw. Beschlussfassung über die Vergabe der Stiftungsmittel,
3. die Erstellung der Jahresrechnung mit Vermögensübersicht innerhalb von 6 Monaten nach Schluss des Geschäftsjahres (vgl. § 7 Abs. 4 LSftG),
4. die Erstellung des Berichts über die Erfüllung des Stiftungszwecks innerhalb von
6 Monaten nach Schluss des Geschäftsjahres (vgl. § 7 Abs. 4 LStiftG),
(3) (...)
(4) Der Vorstand vertritt die Stiftung gerichtlich und außergerichtlich. Er hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Der Vorstand handelt durch seinen Vorsitzenden oder seinen stellv. Vorsitzenden. V. ist stets einzelvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Darüber hinaus kann die Stiftung durch den Vorsitzenden oder den stellv. Vorsitzenden zusammen mit einem weiteren Vorstandsmitglied handeln. Der Vorstand kann einzelnen oder allen Mitgliedern des Stiftungsvorstandes Einzelvertretungsbefugnis erteilen oder sie von den Beschränkungen des § 181 BGB befreien.
§ 8 Beschlussfassung des Vorstands
(1) (...)
(2) Der Vorstand ist beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte seiner Mitglieder an der Sitzung, Videokonferenz oder Telefonkonferenz teilnimmt. ( ... )
(5) Beschlüsse werden grundsätzlich mit einfacher Stimmenmehrheit gefasst, es sei denn die Satzung regelt etwas anderes. Bei Stimmgleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. Zu Lebzeiten der Stifterin hat dieses ein Vetorecht."
Am 28.02.2023 wurde zwischen der Klägerin und der Beigeladenen eine „Änderungsvereinbarung zum GF-Anstellungsvertrag“ getroffen, die das monatliche Gehalt ab dem 01.03.2023 auf 1.576,08 EUR festlegte.
Mit notariellen Vertrag vom 14.03.2023 übertrug die Klägerin ihre Anteile am Stammkapital vollständig auf die Z. Familienstiftung. Die geänderte Gesellschafterliste wurde am 16.03.2023 beim Handelsregister eingereicht.
Am 08.05.2023 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status im Hinblick auf ihre Tätigkeit bei der Beigeladenen. Sie gab an, der Beigeladenen eine Bürgschaft in Höhe von 50.000,00 EUR gewährt zu haben, und erklärte, sie sei neben dem Prokuristen alleinvertretungsberechtigt und vom Selbstkontrahierungsverbot befreit. Ihre regelmäßige Arbeitszeit betrage durchschnittlich 20 Stunden pro Woche, sie unterliege keinem Weisungsrecht und müsse sich ihren Urlaub nicht genehmigen lassen. Die Kündigung sei nur bei wichtigem Grund mit einer Frist von sechs Monaten möglich. Ihre monatliche Vergütung betrage 1.500,00 EUR und werde auch im Krankheitsfall weitergezahlt. Am Gewinn sei sie nicht beteiligt.
Mit Bescheid vom 04.09.2023 stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin seit dem 16.03.2023 als Geschäftsführerin der Beigeladenen eine abhängige Beschäftigung ausübe. Beschäftigter sei, wer seine vertraglich geschuldete Leistung im Rahmen einer fremdbestimmten Arbeitsorganisation erbringe und in diese eingegliedert sei sowie einem umfassenden Weisungsrecht seines Vertragspartners unterliege, das Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen könne. Bei Diensten höherer Art könne die Weisungsgebundenheit zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein. Selbstständig tätig sei, wer über die eigene Arbeitskraft frei verfügen und seine Tätigkeit und Arbeitszeit im Wesentlichen frei gestalten könne. Er trage dabei ein unternehmerisches Risiko, welchem entsprechende unternehmerische Chancen und Möglichkeiten gegenüberstehen müssten. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig sei, richte sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen würden und hänge davon ab, welche Merkmale überwiegen würden. Bei Geschäftsführern, die nicht am Stammkapital der GmbH beteiligt seien (sog. Fremdgeschäftsführer), läge nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) grundsätzlich ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor. Für eine abhängige Beschäftigung der Klägerin spreche der Arbeitsvertrag, die monatliche Vergütung und der fehlende Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft. Für eine selbstständige Tätigkeit spreche hingegen die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot und das Fehlen von Weisungen. Nach Gesamtwürdigung aller Tatsachen würden die Merkmale für die abhängige Beschäftigung überwiegen. Insbesondere sei die Klägerin seit dem 16.03.2023 (Aufnahme der geänderten Gesellschafterliste in das Handelsregister) nicht mehr am Stammkapital beteiligt. Auch könne sie mangels Vetorechten oder einer Sperrminorität keine Entscheidungen verhindern.
Hiergegen legte die Klägerin am 28.09.2023 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, nach der Rechtsprechung des BSG scheide eine selbstständige Tätigkeit bei einem Fremdgeschäftsführer zwar grundsätzlich aus. Einem Gesellschafter-Geschäftsführer mit Rechtsmacht, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können, sei ein Gesellschafter vergleichbar, der bei einer geringeren als 50 v. H. betragenden Beteiligung am Stammkapital nach dem Gesellschaftsvertrag über eine umfassende, die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität verfüge. Dies gelte sowohl bei unmittelbarer als auch mittelbarer Beteiligung. Dies könne auch daraus resultieren, dass der Fremdgeschäftsführer kraft seiner Stellung als Gesellschafter einer anderen Gesellschaft in der Lage sei, Einfluss auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen der von ihm geführten Gesellschaft zu nehmen. Dies sei bei der Klägerin gegeben, da sie durch ihre Stellung als Stifterin und Stiftungsvorstand über ein in der Stiftungssatzung normiertes Vetorecht gegen sämtliche Beschlüsse der Stiftung als Gesellschafterin der Beigeladenen verfüge.
Mit Schreiben vom 31.10.2023 wurde der Klägerin durch die Beklagte Gelegenheit zur mündlichen Anhörung gegeben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.01.2024 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Klägerin verfüge in der Stiftung nicht über die erforderliche Rechtsmacht, deren Geschicke maßgeblich zu beeinflussen. Der Stiftungsvorstand bestehe aus drei Mitgliedern. Beschlüsse würden mit einfacher Mehrheit gefasst. Die Klägerin verfüge lediglich über ein Vetorecht. Damit könne sie zwar Beschlüsse der Stiftung verhindern, aber nicht beeinflussen, dass eine Stimme nach ihrem Willen in der GmbH abgegeben werde (fehlende Gestaltungsmacht). Die fehlende Rechtsmacht in der Stiftung habe auch die fehlende Rechtsmacht in der GmbH zur Folge.
Am 01.02.2024 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Köln erhoben und ihre Ausführungen aus dem Widerspruchsschreiben wiederholt. Die Entscheidung der Beklagten widerspreche der Rechtsprechung des BSG. Bei einem Gesellschafter sei die erforderliche Rechtsmacht nach der Rechtsprechung bei 50 v. H. der Anteile am Stammkapital gegeben. Auch dieser könne mit 50 v. H. der Anteile am Stammkapital nur Beschlüsse verhindern, nicht aber eigene Beschlüsse erlassen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 04.09.2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.01.2024 aufzuheben, da sie als Geschäftsführerin der V. GmbH nicht sozialversicherungspflichtig sei, und festzustellen, dass für sie im Rahmen ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin der V. GmbH keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, der Krankenversicherung, der Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vollumfänglich auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid Bezug genommen.
Nach Zustimmung der Beteiligten zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Sozialgericht mit Urteil vom 14.05.2024 die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 04.09.2023 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.01.2024 sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zu Recht habe die Beklagte für die Tätigkeit der Klägerin bei der Beigeladenen als Fremdgeschäftsführerin ab dem 16.03.2023 ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis festgestellt. Der Geschäftsführer einer GmbH sei weder wegen seiner Organstellung noch deshalb von einer abhängigen Beschäftigung ausgeschlossen, weil er gegenüber Arbeitnehmern der GmbH Arbeitgeberfunktionen ausübe. Denn auch wer Arbeitgeberfunktionen ausübe, könne seinerseits bei einem Dritten persönlich abhängig beschäftigt sein. Maßgebend sei vor allem die Bindung des Geschäftsführers an das willensbildende Organ, in der Regel die Gesamtheit der Gesellschafter. Insoweit sei von besonderer Bedeutung, ob ein Geschäftsführer gleichzeitig Gesellschafter sei und aufgrund seiner Gesellschafterstellung maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der GmbH habe und damit Beschlüsse und Einzelweisungen an sich jederzeit verhindern könne. Bei einem Fremdgeschäftsführer scheide eine selbstständige Tätigkeit generell aus. In Fällen, in denen ein GmbH-Geschäftsführer zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt sei, sei der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit. Eine solche Rechtsmacht sei bei einem Gesellschafter gegeben, der mehr als 50 v.H. der Anteile am Stammkapital halte. Eine Ausnahme gelte nur dann, wenn ein Geschäftsführer exakt 50 v.H. der Anteile am Stammkapital halte oder ihm bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende Sperrminorität eingeräumt sei. Gemessen daran sei die Klägerin als Fremdgeschäftsführerin bei der Beigeladenen ab dem 16.03.2023 abhängig beschäftigt. Sie sei nicht unmittelbar am Stammkapital der Beigeladenen beteiligt, deren alleinige Gesellschafterin seit dem 16.03.2023 die Z. Familienstiftung geworden sei. Die für eine selbständige Tätigkeit erforderliche Rechtsmacht ergebe sich auch nicht durch die Stellung als Stifterin und Stiftungsvorstand mit Vetorecht in der Familienstiftung. Nach den Bestimmungen der Satzung verfüge die Klägerin nämlich zwar über die Möglichkeit, Entscheidungen der anderen Vorstände zu blockieren. Dies führe jedoch nicht zur Möglichkeit eines weisungsfreien Agierens ohne Eingliederung in den laufenden Betrieb. Eine bloße Verhinderungsrechtsmacht schließe eine abhängige Beschäftigung nicht aus. Zudem spreche auch der mit der Beigeladenen abgeschlossene Anstellungsvertrag für eine abhängige Beschäftigung der Klägerin, da er eine Vielzahl arbeitnehmertypischer Rechte und Pflichten enthalte. Auch die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und die Übernahme einer Bürgschaft i.H.v. 50.000,00 EUR führe zu keinem anderen Ergebnis. Eine mit einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer vergleichbarer Position lasse sich dadurch nicht ableiten.
Am 05.07.2024 hat die Klägerin gegen das ihr am 07.06.2024 zugestellte Urteil Berufung eingelegt. Es sei nicht nachvollziehbar, warum sie anders als ein geschäftsführender Gesellschafter mit 50% Anteilen an einer GmbH sozialversicherungspflichtig beschäftigt sein solle. Auch in der vorgenannten Konstellation könne durch den Geschäftsführer keine Entscheidung getroffen bzw. erzwungen werden. Auch dies bedeute letztlich nur eine Verhinderungsrechtsmacht, die aber nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ausreiche, um einen sozialversicherungsfreien Status zu begründen (BSG, Urteil vom 08.07.2020 – B 12 R 26/18 R).
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.05.2024 zu ändern und unter Aufhebung des Bescheides vom 04.09.2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.01.2024 festzustellen, dass die Klägerin über den 15.03.2023 hinaus als Geschäftsführerin der Beigeladenen eine selbständige Tätigkeit ausübt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf die Ausführungen in dem angegriffenen Urteil.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Streitakte und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Die Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige, Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.05.2024 ist unbegründet.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere auch statthaft gem. §§ 143 f. Sozialgerichtsgesetz (SGG) und form- und fristgemäß nach § 151 SGG eingelegt.
Sie ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 04.09.2023 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.01.2024, mit dem für die Klägerin die Ausübung einer abhängigen Beschäftigung als Geschäftsführerin der Beigeladenen ab 06.03.2023 festgestellt wurde, ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin daher nicht i.S.d. § 54 Abs. 2 SGG.
Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Insbesondere hat mit der DRV Bund (Clearingstelle) die zuständige Behörde gehandelt (§ 7a Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]).
Die Klägerin wurde zwar vor dem Erlass des angefochtenen Bescheides mit Schreiben der Beklagten vom 18.03.2014 nicht förmlich angehört (§ 7a Abs. 4 SGB IV i.V.m. § 24 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]). Ein Anhörungsmangel wird indes im Widerspruchsverfahren geheilt, wenn der Betroffene dort hinreichende Gelegenheit hat, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (vgl. BSG, Urteil vom 13.02.2019 - B 6 KA 56/17 R - juris Rn. 15; Urteil vom 09.11.2010 – B 4 AS 37/09 R – juris Rn. 17). Dies war vorliegend der Fall. Bereits mit dem Erlass des Ausgangsbescheides war die Klägerin über die wesentlichen Tatsachen und ihre Würdigung durch die Beklagte in Kenntnis gesetzt worden. Entsprechend hatte sie im Widerspruchsverfahren Gelegenheit, sich hierzu zu äußern, wovon sie auch mit dem Widerspruchsschreiben vom 28.09.2023 Gebrauch gemacht hat. Zusätzlich hat die Beklagte ihr im Widerspruchsverfahren mit Schreiben vom 31.10.2023 noch Gelegenheit zu einer mündlichen Anhörung gegeben.
Der Bescheid ist darüber hinaus auch materiell rechtmäßig.
Rechtsgrundlage ist § 7a SGB IV in der seit 01.04.2022 geltenden Fassung. Der Senat geht mit dem BSG (vgl. Beschluss vom 15.06.2023 - B 12 BA 6/23 B – juris Rn. 9) davon aus, dass die vorher geltende Fassung hinsichtlich solcher Tätigkeiten anzuwenden ist, die sich nicht über den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vorschrift hinaus erstrecken. Damit ist nur über die Feststellung einer selbstständigen Tätigkeit zu entscheiden, nicht aber – wie erstinstanzlich beantragt – über die Feststellung des Nichtbestehens von Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung. Denn die streitbefangene Tätigkeit wird allein unter Geltung des neuen Rechts (seit August 2022) ausgeübt.
Bei der Deutschen Rentenversicherung Bund kann schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung darüber beantragt werden, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt (§ 7a Abs. 1 SGB IV). Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden (§ 7a Abs. 2 SGB IV).
Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach Satz 2 der genannten Vorschrift eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Die eine abhängige Beschäftigung kennzeichnende persönliche Abhängigkeit kann sich daher auch ohne typische Weisungsabhängigkeit allein aus der Eingliederung in den Betrieb ergeben, wenn die Dienstleistung ihr Gepräge von der Ordnung des Betriebes erhält, in deren Dienst die Arbeit verrichtet wird (BSG, Urteil vom 23.04.2024 – B 12 BA 9/22 R – juris Rn. 23, 24). Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (st. Rspr., vgl. etwa BSG, Urteil vom 04.06.2019 - B 12 R 11/18 R - juris Rn. 14; LSG NRW, Urteil vom 24.04.2024 – L 8 BA 109/19 – juris Rn. 65; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.05.1996 -1 BvR 21/96 - juris Rn. 6 ff.).
Dabei ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Die wertende Zuordnung zum Typus Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit kann aber nicht mit bindender Wirkung für die Sozialversicherung durch die Vertragsparteien vorgegeben werden, indem sie zum Beispiel vereinbaren, eine selbstständige Tätigkeit zu wollen. Denn der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung schließt es aus, dass über die rechtliche Einordnung einer Person - als selbstständig oder beschäftigt - allein die Vertragschließenden entscheiden. Über zwingende Normen kann nicht im Wege der Privatautonomie verfügt werden. Vielmehr kommt es entscheidend auf die tatsächliche Ausgestaltung und Durchführung der Vertragsverhältnisse an (vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2021 - B 12 R 10/20 R – juris Rn. 22 m.w.N.). Allenfalls wenn nach der Gesamtabwägung aller Umstände diese gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine abhängige Beschäftigung sprechen, kann im Einzelfall dem Willen der Vertragsparteien eine gewichtige indizielle Bedeutung zukommen (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2022 - B 12 R 3/20 R – juris Rn. 12; BSG, Urteil vom 23.04.2024 – B 12 BA 9/22 R – juris Rn. 15).
Ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, richtet sich bei Geschäftsführern in erster Linie danach, ob der Geschäftsführer nach der ihm zukommenden, sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmacht ihm nicht genehme Weisungen verhindern oder Beschlüsse beeinflussen kann, die sein Anstellungsverhältnis betreffen (st. Rspr; vgl. BSG, Urteil vom 23.02.2021 - B 12 R 18/18 R - juris Rn. 14 m.w.N.). Der Geschäftsführer einer GmbH kann seine Tätigkeit daher nur dann selbstständig ausüben, wenn er am Gesellschaftskapital beteiligt ist (sog. Gesellschafter-Geschäftsführer), während bei einem Fremdgeschäftsführer eine selbstständige Tätigkeit grundsätzlich ausscheidet (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 29.03.2022 - B 12 R 2/20 R - juris Rn. 32; BSG, Urteil vom 23.02.2021 - B 12 R 18/18 R - juris Rn. 15; BSG, Urteil vom 10.12.2019 - B 12 KR 9/18 R - juris Rn. 13). Ein Geschäftsführer ohne Kapitalbeteiligung (sog. Fremdgeschäftsführer) ist ausnahmslos abhängig beschäftigt. Es ist dabei unerheblich, dass die Gesellschafter in der Regel keinen Einfluss auf die Arbeit des Geschäftsführers nehmen und sie keine konkreten Anweisungen bzgl. Art, Ort und Umfang seiner Tätigkeit erteilen, sie sich insbesondere nicht in das „Tagesgeschäft“ einmischen. Ausreichend ist, dass sich der Geschäftsführer im Sinne funktionsgerecht dienender Teilhabe in den von den Gesellschaftern geprägten Betrieb einordnet, er die Beschlüsse der Gesellschafter ausführt und er nur im Rahmen dieser Beschlüsse handeln darf. Auf sein besonderes Fachwissen und eine damit verbundene Unabhängigkeit kann sich der Fremdgeschäftsführer somit nicht mehr berufen. Die frühere sog. „Kopf und Seele“-Rechtsprechung, wonach ein Fremdgeschäftsführer einer Familiengesellschaft ausnahmsweise als selbstständig angesehen worden ist, wenn er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen konnte und geführt hat, hat der Beitragssenat des BSG aufgegeben. Die Maßgeblichkeit des rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhaltens der Beteiligten ist mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht zu vereinbaren (st. Rsp., vgl etwa BSG, Urteil vom 18.12.2001 – B 12 KR 10/01 R – juris Rn. 14; BSG, Urteil vom 14.03.2018 – B 12 KR 13/17 R – juris Rn. 20).
So liegen die Dinge hier. Die Klägerin war ab dem 16.03.2023 Fremdgeschäftsführerin der Beigeladenen. Entgegen der Auffassung der Klägerin rechtfertigt ihre Rolle als Stifterin und Stiftungsvorstand der die GmbH-Anteile haltenden Z. Familienstiftung keine abweichende Betrachtung. Dies ergibt sich insbesondere auch nicht aus den in der von ihr angeführten Entscheidung des BSG vom 08.07.2020 (B 12 R 26/18 R) aufgestellten Grundsätzen.
Danach kann ein Fremdgeschäftsführer ausnahmsweise statusrechtlich selbständig sein, wenn er kraft seiner Stellung als Gesellschafter einer anderen Gesellschaft in der Lage ist, Einfluss auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen der von ihm geführten Gesellschaft zu nehmen (BSG, a.a.O., juris Rn. 15 ff.). Eine vergleichbare Konstellation besteht im Verhältnis der Klägerin zur Beigeladenen jedoch nicht. In dem der genannten Entscheidung zugrundeliegenden Fall war der Geschäftsführer einer GmbH zwar nicht an deren Stammkapital beteiligt, aber am Stammkapital einer anderen Gesellschaft (Muttergesellschaft), die eine Kapitalbeteiligung an der GmbH hielt. Der dortige Kläger hielt einen Kommanditanteil von 1/3 an der Muttergesellschaft, die nach dem Gesellschaftsvertrag Beschlüsse hinsichtlich der Beteiligungsgesellschaft, deren Geschäftsführer er war, nur mit Zustimmung aller Kommanditisten fassen durfte. Somit war ihm - zumindest im Sinne einer umfassenden Sperrminorität - die Möglichkeit eingeräumt, Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der GmbH unmittelbar zu beeinflussen und damit zugleich ihm nicht genehme Weisungen zu verhindern.
Eine vergleichbare Situation ist hier nicht gegeben. Die Konstellation im Betrieb der Klägerin bildet entgegen deren Auffassung keine Ausnahme von dem Grundsatz, dass Fremdgeschäftsführer grundsätzlich abhängig beschäftigt sind. Die Stellung der Klägerin als Stifterin und Vorstand der die Gesellschaftsanteile haltenden Stiftung weist entscheidende Unterschiede dazu auf. Denn in dem durch das BSG entschiedenen Fall war der Geschäftsführer wirtschaftlich und mit eigenem Kapital an der Unternehmensgruppe beteiligt und so einem Geschäftsführer, der Anteile an der Gesellschaft selbst, deren Geschäfte er führt, hält, noch vergleichbar. Er war Gesellschafter einer Muttergesellschaft, deren Beschlussfassung von seiner Zustimmung abhängig war. Hier hingegen handelt es sich bei der Gesellschafterin der GmbH um eine rechtsfähige Stiftung, bei der das Vetorecht nicht mit wirtschaftlicher Teilhabe verbunden ist. Die Klägerin als Stifterin hat mit der Übertragung ihrer Anteile an die Stiftung rechtlich keine wirtschaftlichen Eigentumsrechte mehr an der GmbH. Die Stiftung wiederum agiert nicht wie eine Muttergesellschaft, sondern verfolgt einen eigenständigen Zweck, nämlich im Wesentlichen die Sicherung der Versorgung der Familie der Klägerin.
Die Klägerin ist an der Stiftung wirtschaftlich nicht beteiligt, weil die rechtliche Konstruktion einer Stiftung dies nicht vorsieht. Bei einer Stiftung im Sinne des § 80 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) handelt es sich vielmehr um eine eigentümerlose juristische Person (vgl. Heuel in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 80 BGB Rn. 2). Indem die Klägerin ihre Anteile an der beigeladenen GmbH in das Stiftungsvermögen eingebracht hat, hat sie sowohl ihre wirtschaftliche als auch ihre rechtliche Verbindung zur Beigeladenen selbst gelöst. Ihre Tätigkeit bei der Beigeladenen dient nun nicht mehr ihrem eigenen wirtschaftlichen Vorteil (jedenfalls nicht über das von ihr bezogene Gehalt hinaus), sondern der Erfüllung der Stiftungszwecke. Die Errichtung der Stiftung, die Funktion der Klägerin als Stifterin und ihre Aufgaben im Vorstand der Stiftung sind damit nicht als Teil der Tätigkeit bei der der Beigeladenen oder als Fortsetzung ihrer früheren Stellung als Einzelunternehmerin oder als Gesellschafterin der GmbH zu betrachten. Die Stiftung verfolgt eigenständige Zwecke und handelt in eigenen Angelegenheiten. Sie wird durch ihre Organe, insbesondere den Vorstand geführt (§ 84 BGB) und ist unabhängig von der Person, die sie gegründet hat, hier die Klägerin. Die Klägerin hat daher als Stifterin keine direkte rechtliche Verbindung mehr zu den operativen Aufgaben der GmbH, sondern agiert in einer rein unterstützenden oder strategischen Rolle.
Auch aus der Übernahme der Bürgschaft für die Beigeladene i.H.v. 50.000,00 EUR ergibt sich kein anderes Ergebnis. Das mit Bürgschaften verbundene unternehmerische Risiko ist nur dann ein Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen. Ein solcher Freiheitsgrad ist bei der Klägerin jedoch nicht gegeben. Ihre Tätigkeit ist in der Art und Weise strukturiert, dass sie nicht eigenverantwortlich die Arbeit gestalten kann, sondern vielmehr an die Beschlüsse der Stiftung und deren steuerrechtliche und gesellschaftsrechtliche Vorgaben gebunden ist. Eine mit einem beherrschenden Gesellschafter(-Geschäftsführer) vergleichbare Position lässt sich daraus jedenfalls nicht ableiten (vgl. BSG, Urteil vom 13.12.2022, a.a.O. juris Rn. 25 m.w.N.).
Gleiches gilt für die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB, da die Einräumung eines solchen Rechts bei kleineren Gesellschaften nicht unüblich ist (vgl. BSG, Urteil vom 06.03.2003 – B 11 AL 25/02 R – juris Rn. 18).
Darüber hinaus enthält auch der Geschäftsführerin-Anstellungsvertrag typische Arbeitnehmerpflichten, die als weitere Belege ihrer abhängigen Beschäftigung dienen. Die Vertragsgestaltung entspricht in wesentlichen Punkten der eines klassischen Arbeitsverhältnisses. So wurde ein festes Monatsgehalt vereinbart, ebenso wie ein Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen jährlich und eine sechsmonatige Kündigungsfrist. Die Wettbewerbs- und Nebentätigkeitsklauseln des Vertrags belegen zusätzlich, dass die Klägerin in ihrer Tätigkeit an Vorgaben und Weisungen gebunden ist, die für eine selbstständige Tätigkeit untypisch sind. Auch genießt die Klägerin nach den vertraglichen Regelungen – ausdrücklich als „Mitarbeiter-Benefits“ bezeichnete - arbeitnehmertypische Vorteile wie monatliche Sachbezüge, Restaurantgutscheine für die Mittagsverpflegung, private Mitbenutzung dienstlicher Telekommunikationsgeräte, E-Bike-Nutzungsmöglichkeit und pauschalversteuerte Sachzuwendungen nach § 37b Einkommenssteuergesetz.
Nach dem sich bietenden Gesamtbild ist die Klägerin danach zur Überzeugung des Senats eindeutig abhängig beschäftigt. Anhaltspunkte, die einen Status der Klägerin als Selbstständige zu begründen vormochten, sind nicht erkennbar.
Außergerichtliche Kosten sind auch in diesem Rechtszug nicht zu erstatten, §§ 183, 193 SGG.
Anlass zur Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG besteht nicht.