1. Soweit ein fest angestellter Profieishockeyspieler aufgrund seines Arbeitsvertrages in der spielfreien Zeit durch einen Erhaltungstrainingsplan verpflichtet ist, ein konkretes Training durchzuführen und verletzt er sich dabei, kann es sich um einen versicherten Arbeitsunfall handeln. 2.Es liegt kein Erholungsurlaub im Sinne des EU-Rechts oder des Bundesurlaubsgesetzes vor, wenn der Arbeitnehmer verpflichtet ist, umfangreiche Trainingspflichten zu erfüllen.
3. Mit einer A1-Bescheinigung kann der Kläger nachweisen, dass er auch im EU Ausland dem Sozialversicherungsrecht der Bundesrepublik Deutschland unterliegt. Das Fehlen dieser Bescheinigung führt jedoch nicht zum Ausschluss einer versicherten Tätigkeit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung, da die materielle Rechtslage nicht geändert wird.
I. Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 1. Juni 2023 sowie der Bescheid der Beklagten vom 15. März 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2021 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Bescheid vom 02. November 2016 zurückzunehmen und das Ereignis vom 09. Mai 2016 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
Zwischen den Beteiligten ist im Wege einer Zugunstenentscheidung die Feststellung des Ereignisses vom 09.05.2016 als Arbeitsunfall streitig.
Der 1995 geborene Kläger war ausweislich seines Arbeitsvertrages vom 29.11.2014 vom 01.09.2015 bis 31.01.2017 (Vertragsauflösung vom 29.01.2017) als Profieishockeyspieler bei der A GmbH beschäftigt. Er ist italienischer Staatsbürger. Neben dem Arbeitsvertrag liegen eine Anlage 1 zur Vergütung, eine Anlage 2 und 3 mit zusätzlichen Vereinbarungen zum Spielerarbeitsvertrag vor. Bis 29.04.2016 nahm der Kläger an der Eishockeyweltmeisterschaft für die italienische Nationalmannschaft (B) in Polen teil. Von dort fuhr er in seine Heimat nach B und wollte dort auf dem elterlichen Bergbauernhof in etwa 1200 m Höhe bis etwa Mitte Mai verbleiben. Danach war die Teilnahme am Sommertraining der A GmbH geplant. Der Kläger bekam über seinen Fitnesstrainer, dem Zeugen S, per E-Mail einen Erhaltungstrainingsplan. Darin war für den 09.05. am Vormittag einmal 30 Minuten Laufen, Puls 130 - 140, einmal 45 Minuten Berglauf, Puls 145 - 170 sowie das Programm Core 1 vorgesehen. Am Abend des 09.05.2016 stürzte der Kläger gegen 19:00 Uhr beim Joggen auf einem Waldweg in O, Südtirol, verdrehte sich das linke Kniegelenk und verspürte sofort starke Schmerzen. Ausweislich des beigezogenen Operationsberichts vom 18.05.2016 von K, M, lagen beim Kläger eine vordere Kreuzbandruptur am Kniegelenk links und ein Außenmeniskusriss vor. Diese Verletzungen wurden durch K operativ versorgt. Ausweislich des Operationsberichtes lagen beim Kläger keine degenerativen Veränderungen vor. Mit Nachricht vom 12.05.2016 teilte der Arbeitgeber mit, dass der Unfall im Rahmen des Off-Eis-Trainings (Joggen) erfolgt sei. Mit Schreiben vom 01.09.2016 beantragte die damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers die Feststellung des Ereignisses als Arbeitsunfall gemäß § 7 Abs. 1, § 8 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Die Bevollmächtigte trug vor, dass der Kläger im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Eishockeyspieler einen Arbeitsunfall erlitten habe und sich bei einer Trainingseinheit eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes im linken Kniegelenk zugezogen habe. Es habe ein Beschäftigungsverhältnis bei der A GmbH bestanden. Der Kläger sei gemäß § 7 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) in die regelmäßigen Trainingseinheiten und Wettkampfspiele des Vereins eingebunden gewesen. Ein Trainingsplan liege vor. Auf telefonische Nachfrage beim Geschäftsführer und späteren Zeugen W wurde mitgeteilt, dass grundsätzlich alle Spieler nach dem letzten Saisonspiel drei Wochen Urlaub bekämen und für diese Zeit meistens einen Trainingsplan zur Erhaltung der Fitness erhielten, der durch den Fitnesscoach ausgestellt werde. Nach dem offiziellen Trainingsbeginn werde ein Laktattest zur Überprüfung des Fitnesszustandes durchgeführt. Entscheidend sei der positive Zustand des Spielers bei diesem Test. Es läge im eigenen Interesse des Spielers, sich fit zu halten. Der Kläger habe bis 29.04.2016 an der Weltmeisterschaft teilgenommen. In einer Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 06.10.2016 wurde der Unfall durch den Arbeitgeber gemeldet.
Mit Bescheid der Beklagten vom 02.11.2016 wurde die Anerkennung eines Arbeitsunfalls und die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund des Unfalls vom 09.05.2016 abgelehnt, da der Kläger zum Unfallzeitpunkt nur eine private Tätigkeit als Profisportler ausgeübt habe. Nach den vorliegenden Unterlagen habe sich der Kläger im Urlaub befunden. Das ihm übertragene Erhaltungstraining habe am Vormittag ausgeführt werden müssen. Es seien daher keine direkten Haupt- oder Nebenpflichten ausgeübt worden. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Schriftsatz vom 02.01.2017 zurückgenommen.
Der nunmehrige Prozessbevollmächtigte stellte im September 2020 bezüglich des Unfallereignisses vom 09.05.2016 nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) einen Überprüfungsantrag. Er wies darauf hin, dass der Kläger gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII als professioneller Eishockeyspieler bei der A GmbH versichert gewesen sei. Beim Unfallgeschehen habe er eine versicherte Tätigkeit ausgeübt. Am Unfalltag sei eine 75-minütige Laufeinheit vorgesehen gewesen. Der genaue Ablauf des Trainings sei dem Sportler überlassen gewesen. Der Kläger sei jedoch angehalten worden, den Plan umzusetzen, um sich für seinen Arbeitgeber fit zu halten. Die Beklagte habe im Bescheid vom 02.11.2016 den Sachverhalt falsch ermittelt und rechtswidrig ausgelegt. Der Trainingsplan und dessen Ausführung hätten im Interesse des Arbeitgebers gelegen. Rechtlich mache es keinen Unterschied, ob der Kläger tatsächlich im Urlaub gewesen wäre, da er betrieblich tätig geworden sei.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 15.03.2021 den Antrag nach § 44 SGB X auf Neuentscheidung und Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab. Bei dem angeschuldigten Ereignis habe es sich um einen Unfall bei einer Tätigkeit gehandelt, die vorwiegend aus eigenwirtschaftlichen und persönlichen Interessen eines Profisportlers durchgeführt werde. Trainingsaktivitäten zur Fitnesserhaltung von Profisportlern in der Urlaubszeit seien vordergründig dem persönlichen Verantwortungsbereich eines Hochleistungssportlers zuzurechnen. Der Zeuge W habe bestätigt, dass der ausgegebene Trainingsplan nicht nachgeprüft werde, sondern lediglich zur Groborientierung diene. Ob der Kläger diesen einhalte, liege in dessen eigenem Interesse. Wenn er nicht ausreichend fit sei, käme er zu weniger Einsätzen. Für die Weitergeltung der deutschen Rechtsvorschriften müsse eine Entsendung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 vorliegen. Es sei vorliegend nicht der Tatbestand einer Entsendung gegeben.
Der Klägerbevollmächtigte widersprach dem und wies darauf hin, dass der Kläger während seines Auslandsaufenthalts für seinen Arbeitgeber tätig gewesen sei und dieser ihn auch beauftragt habe. Bloß, weil der Arbeitgeber ohne jede schriftliche Vereinbarung im Nachgang behaupten würde, es hätte Urlaub oder Sonderurlaub bestanden, werde das erfolgte Training nicht zu einer privaten Tätigkeit.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.04.2021 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Bei lebensnaher Betrachtung der Umstände habe der Kläger Urlaub gemacht. Die Beklagte gehe weiterhin davon aus, dass der Kläger privat motiviert einen Aufenthalt im Ausland hatte.
Im Rahmen des sich anschließenden sozialgerichtlichen Verfahrens (zunächst am Sozialgericht München und nach Verweisung durch Beschluss des Sozialgerichts München vom 01.07.2021 am Sozialgericht Landshut) hat der Kläger sein Begehren auf Erteilung eines Zugunstenbescheides und Anerkennung des Ereignisses vom 09.05.2016 als Arbeitsunfall weiter verfolgt. Der Kläger sei wie ein Arbeitnehmer und wie ein Entsendeter im Ausland tätig gewesen. Der Kläger habe seine arbeitsvertraglichen Pflichten ebenso wie im Inland erfüllt. Hilfsweise wäre er einem entsendeten Arbeitnehmer gleichzustellen und eine A1-Bescheinigung nachträglich zu erteilen. Es sei vom Schutzgedanken der gesetzlichen Unfallversicherung nicht umfasst, dass der Arbeitgeber einseitig den Versicherungsschutz des Arbeitnehmers "entfernen" könne, indem er behaupte, dass der Kläger im Urlaub sei.
Das Sozialgericht hat die betreffenden Unterlagen der AOK Bayern sowie einen Behandlungsbericht des Orthopäden S, M, beigezogen. Ferner hat die Klägerseite den Spielervertrag sowie die bereits oben aufgeführten Anlagen 1, 2 und 3 vorgelegt. Auf deren Inhalt wird verwiesen.
Auf schriftliche Anfrage hat der Geschäftsführer und Zeuge W, mit Schreiben vom 22.03.2022 mitgeteilt, der Kläger sei in einer Heimtrainingswoche gewesen, um sich auf die Weltmeisterschaft vorzubereiten. Er habe zu diesem Zeitpunkt keinen Urlaub gehabt und habe sich während der Heimtrainingswoche sportlich betätigen müssen. Auf den Hinweis des Sozialgerichts, dass die Weltmeisterschaft bis 29.04.2016 stattgefunden habe, hat der Zeuge W korrigierend ausgeführt, dass der Kläger bei der WM 2016 zuletzt am 29.04.2016 für die italienische Nationalmannschaft ein Spiel gehabt habe. Anschließend habe sich der Kläger in eine Heimtrainingswoche begeben. Diese dreiwöchigen Heimtrainingswochen würden benutzt, um sich von der Saison zu erholen und um sich sportlich auf die folgende Saison vorzubereiten.
Der Klägerbevollmächtigte hat ausgeführt, dass die Teilnahme an den Heimtrainingswochen oder auch am Sommertraining direkter Ausfluss der Nr. 6 und 9 der Anlage 1 zum Arbeitsvertrag vom 29.11.2014 sei. Daraufhin hat das Sozialgericht Herrn W mit Beschluss vom 16.03.2023 schriftlich als Zeugen einvernommen. Mit Schreiben vom 03.04.2023 hat der Zeuge W schriftlich ausgeführt, dass jeder Profi-Eishockeyspieler seine allgemeine Fitness auch im Urlaub aufrechterhalte. Üblicherweise starte drei Wochen nach seinem letzten Bewerbsspiel das Sommertraining. Nach § 7 des Arbeitsvertrages habe der Spieler Anspruch auf Urlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz. Ergänzend wird auf das Schreiben des Zeugen W verwiesen.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht Landshut mit Gerichtsbescheid vom 01.06.2023 die Klage abgewiesen. Zusammenfassend hat das Sozialgericht ausgeführt, dass der Bescheid der Beklagten vom 02.11.2016 nicht i.S.v. § 44 Abs. 1 SGB X rechtswidrig sei, da er im Ergebnis zutreffend die Feststellung eines entschädigungspflichtigen Arbeitsunfalls i.S.v. § 8 SGB VII ablehne. Im Fall des Klägers habe unstreitig eine versicherte Tätigkeit i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII vorgelegen, da ein Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnis bestanden habe. Nach Überzeugung des Gerichts habe der Kläger jedoch im Zeitpunkt des Unfalls nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden, da für das Gericht erhebliche Zweifel bestünden, dass das "Joggen" als Konkretisierung der arbeitsvertraglichen Pflichten im Rahmen seines Beschäftigungsverhältnisses zwingend auszuführen war. Aus dem Arbeitsvertrag habe für den Kläger im Zeitpunkt des angeschuldigten Ereignisses objektiv keine Verpflichtung zum abendlichen "Joggen" bestanden. Der Kläger habe eine solche Pflicht nach den Umständen seiner Beschäftigung auch nicht vertretbar annehmen können. Beim A GmbH sei es nach den Ausführungen des Zeugen W, die keinen Anlass für Zweifel gegeben hätten, übliche Gestaltungspraxis, dass die Spieler erst drei Wochen nach dem letzten Bewerbsspiel das Sommertraining starteten. Vor dem Hintergrund seiner Teilnahme an der Weltmeisterschaft 2016 (letztes Spiel für die italienische Mannschaft am 29.04.2016) habe für den Kläger nach Überzeugung des Gerichts daher keine Verpflichtung bestanden, ab dem 02.05.2016 mit dem Sommertraining im Rahmen von Heimtrainingswochen zu beginnen. Korrelierend hierzu weise der von dem Zeugen W vorgelegte Wochenplan für die "U 25 Players" des A GmbH, zu denen auch der Kläger zähle, für den Zeitraum vom 02.05.2016 bis 15.05.2016 eine trainingsfreie Zeit aus. Nach lebensnaher Betrachtung habe der Kläger nicht davon ausgehen können, dass während seines Aufenthalts in seiner Heimat (Südtirol, Italien) - anders als für die in Deutschland verbliebenen WM-Teilnehmer - eine Verpflichtung bestanden habe, ab 02.05.2016 mit dem Sommertraining zu beginnen. Das "Joggen" sei keine Betätigung gewesen, die wegen eines vorgegebenen Trainingsplans als Konkretisierung der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers als Gegenleistung für das ab Inkraftsetzung des Vertrags zu zahlende Gehalt zwingend auszuführen gewesen sei. Zwar habe der Arbeitgeber mit dem vorgelegten "Erhaltungstrainingsplan" auf die allgemeine Verpflichtung, die sportliche Leistungsfähigkeit und Fitness zu erhalten, hingewiesen. Gegen eine seiner Versichertentätigkeit zuzurechnende Verrichtung spreche jedoch, dass der Kläger - wie er selbst eingeräumt habe (vergleiche Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom 21.12.2020) - frei gewesen sei, den Ort, die Zeit und die Sportart zu bestimmen, mit der er sich fit halten wollte (vergleiche BSG, Urt. v. 13.11.2012, B 2 U 27/11 R; BSG, Beschluss vom 25.02.2020, B 2 U 214/19 B). Die Unverbindlichkeit des Trainingsplans ergebe sich bereits daraus, dass der Kläger - abweichend von den für den 09.05.2016 vorgesehenen Trainingseinheiten - ein "Joggen" am Abend durchgeführt habe. Im Übrigen habe der Zeuge W - in Bestätigung des Telefonvermerks vom 15.09.2016 im Verwaltungsverfahren - für das Gericht überzeugend darauf hingewiesen, dass der Kläger einen für die Zeit des Urlaubs entsprechenden "Erhaltungstrainingsplan" erhalten habe und die darin ausgewiesenen Übungen und zeitlichen Absprachen grundsätzlich nur als Empfehlung und nicht als zwingende Vorgabe zu verstehen seien. Der Gerichtsbescheid wurde dem Bevollmächtigten am 07.06.2023 elektronisch übermittelt.
Hiergegen hat der Kläger über seinen Bevollmächtigten am 16.06.2023 Berufung erhoben. In der Berufungsschrift vom 12.06.2023 hat der Klägerbevollmächtigte insbesondere gerügt, dass ein entschädigungspflichtiger Arbeitsunfall vorliege. In sogenannten Heimtrainingswochen seien Trainingspläne immer verpflichtend, im Sommertraining (arbeitsvertragliche Regelung, die zum Unfallzeitpunkt galt), welches zur gleichen Zeit stattfand, seien die namensgleichen Trainingspläne ebenfalls verpflichtet gewesen. Der Kläger habe auch keinen Urlaubsantrag gestellt, so dass er davon ausging, in Heimtrainingswochen zu sein und seinen Haupt- und Nebenleistungspflichten nachzugehen. Beim offiziellen Trainingsbeginn nach einer Heimtrainingswoche werde ein Laktattest zur Überprüfung des Fitnesszustandes durchgeführt. Das Laktattestergebnis entscheide unter anderem über die Chancen auf die DEL-Einsätze sowie die daraus resultierenden Prämien. Bei einem schlechten Laktat-Wert oder Trainingszustand drohten weniger Spieleinsätze oder Abmahnung bzw. keine Vertragsverlängerung. Am Unfalltag sei nach dem vorliegenden Trainingsplan insgesamt eine 75-minütige Laufeinheit vorgesehen gewesen. Dabei sei es zum angeschuldigten Schadensereignis gekommen. Der Kläger sei verpflichtet gewesen, am 1. Mai 2016 gemäß § 9 der Anlage 1 in das Sommertraining einzusteigen. Dabei sei der Erfüllungsort freigestellt gewesen. Dass der Kläger neben seiner Arbeitsleistung im Ausland auch Freizeit gehabt habe, spiele für die arbeitgeberveranlasste und weisungsgebundene Tätigkeit keine Rolle. Grundlage der fehlerhaften Entscheidung der Verwaltung sei die falsche Sachverhaltsauslegung und irrige Annahme gewesen, der Kläger hätte einen Urlaubsantrag gestellt und hätte sich im Urlaub freiwillig privat sportlich betätigen wollen. Der Trainingsplan und dessen Ausführung hätten im Interesse des Arbeitgebers gelegen. Die Voraussetzungen für einen Zugunstenbescheid nach § 44 SGB X lägen vor. Es liege eine falsche Rechtsanwendung vor und es würden auch neue Tatsachen vorgetragen. Der Kläger habe sich im Zeitpunkt des Unfalls nicht an einem Urlaubsort, sondern in seiner Heimat aufgehalten. Er habe zum Unfallzeitpunkt auch keinen Sonderurlaub oder etwas Ähnliches gehabt. Davon habe er auch nichts gewusst. Es sei auch kein Urlaubsantrag des Arbeitnehmers erfolgt. Es sei lediglich die Zeit des vorgegebenen Trainings, hier zwei Läufe, frei gewesen. Der Trainingseffekt hänge nicht vom Zeitpunkt des Laufs ab, sondern von der individuellen Tagesleistung, die deshalb auch konkret vorgegeben sei. Der Trainingsplan sei auch kein unverbindlicher Plan gewesen. Er sei individuell für den Kläger erstellt worden. Lediglich die Zeit der Ausübung sei auswechselbar. Dies ergebe sich aus der Aussage des Geschäftsführers und der Wahrnehmung des Klägers. Der Kläger verunglückte beim 45-minütigen Berglauf. Es sei auch nicht nachvollziehbar, wie das Gericht auf die Idee komme, der Trainingsplan des Klägers sei exklusiv ein Freizeitgestaltungsangebot des Arbeitgebers während eines Urlaubs gewesen. Der Erfolg werde kontrolliert durch den Laktattest. Zudem ergebe sich aus der Telefonnotiz vom 15.09.2016 der Mitarbeiterin der A GmbH, S1, dass der Laktattest über Einsätze entscheide und sich direkt auf das Gehalt und Prämien auswirke. Sowohl der Arbeitgeber wie auch der Kläger hätten ein Hauptinteresse an einem fitten Spieler. Der Telefonvermerk von Frau S1, dass der Kläger Sonderurlaub gehabt habe, sei teilweise unrichtig. So habe Herr W in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 22.03.2022 ausgeführt "Ja, Herr A hatte aufgrund der Heimtrainingswoche die Verpflichtung, sich sportlich zu betätigen." Diese Aussage sei eindeutig. In § 6 des Arbeitsvertrages seien Tätigkeiten und Vertragsstrafen bei Missachtung von Weisungen aufgenommen. In § 7 des Arbeitsvertrages sei der Urlaub geregelt. Dieser müsse zur Erholung genutzt werden und nicht zum Training. Auch dies schließe Erholungsurlaub in diesem Fall aus. Es gebe keine Anhaltspunkte für einen Erholungsurlaub, in dem der Kläger nur eine Empfehlung für sein Privattraining gehabt hätte.
Der Beklagtenbevollmächtigte hat mit Schreiben vom 23.06.2023 die Ausführungen des Klägerbevollmächtigten zurückgewiesen und ausgeführt, dass sich der Unfall während des Urlaubs im Ausland ereignet habe. Ein Direktionsrecht des Arbeitgebers auch durch Trainingsvorgaben bestehe im Urlaub nicht.
Der Senat hat zur weiteren Ermittlung Herrn S schriftlich als Zeuge befragt. Zusammenfassend hat der Zeuge in seiner Aussage vom 13.06.2024 ausgeführt, er kenne den Kläger bereits seit 2014 als Eishockey-Spieler in der Akademie in S. Seit Sommer 2015 sei er Trainer des Klägers gewesen. Alle Spieler des A mit Trainingsstandort M hätten in den Erholungswochen/Erhaltungswochen oder Übergangswochen einer Trainingsphase ein vorgeschriebenes selbstständiges Training absolvieren müssen. Es habe einige andere Spieler gegeben, die ihr komplettes Training alleine und selbstständig an ihrem Wohnort hätten machen dürfen. Es sei grundsätzlich erwartet worden, dass die Spieler zu Beginn einer Saison - meist Anfang August - in bestmöglichen physischen Zustand in M erscheinen. Dies wurde mit Leistungstests überprüft. Für den Kläger seien individuelle Trainingspläne erstellt worden. Es habe auch für den Zeitraum um den 09.05.2016 einen individuellen Trainingsplan gegeben. Als Anlage hat der Zeuge den Trainingsplan vom 09. bis 16. Mai übersandt. Darin seien 30 Minuten Lauf, Puls 130 - 140, einmal 45 Minuten Berglauf, Puls 145 - 170 aufgenommen. Als Anlage wurde ein Trainingsplan übersandt. Dieser war auf den Namen des Klägers sowie als Erhaltungstraining überschrieben. Am 09.05.2016 war das vorgenannte Training aufgenommen.
In einer Stellungnahme vom Klägerbevollmächtigen zur schriftlichen Zeugenaussage hat dieser ausgeführt, dass die Trainingspläne verbindlich gewesen seien. Der Kläger habe das Training nicht als Privatperson, sondern als Beschäftigter absolviert.
Der Beklagtenbevollmächtigte hat erwidert, dass der Kläger nach Abschluss der Weltmeisterschaft im Rahmen seiner Erholungswochen allein privat motiviert von Deutschland nach Südtirol gereist sei. Es liege kein Nachweis vor, dass sich der Kläger auf Veranlassung bzw. Weisung und im Interesse seines Arbeitgebers dort aufgehalten habe. Somit liege auch keine Entsendung vor. Das deutsche Sozialrecht finde daher keine Anwendung. Hiervon unabhängig seien auf dem Erhaltungstrainingsplan keine abendlichen Sporteinheiten vorgesehen. Das abendliche Joggen sei daher an einem ihm selbst gewählten Ort außerhalb des Trainingsplans erfolgt.
In der mündlichen Verhandlung vom 27.03.2025 hat der Kläger ausgeführt, es werde erwartet, dass man bis zum Sommertraining in einem gut trainierten Zustand in M ankomme. Er habe nach dem 9. Mai wieder nach M fahren wollen. Er habe keinen Sonderurlaub gehabt. Er habe im Mai 2016 auch seinen Lohn bekommen. Er habe nach der Weltmeisterschaft mit Herrn W gesprochen, der damit einverstanden gewesen sei, dass er nach B in seine Heimat fahre. Der Fitnesstrainer Herr S habe ihm den Erhaltungstrainingsplan per E-Mail geschickt. Es sei ein individueller Erhaltungstrainingsplan. Am 9. Mai habe er am Vormittag im elterlichen Bauernhof gearbeitet. So habe sich ergeben, dass er erst am Abend zum Training gekommen sei. Es handelte sich um einen Berglauf, da um den Hof herum überall Berge seien. Der Bauernhof liege auf 1200 Höhenmeter und er könne bis 1400 Höhenmeter laufen. Er habe mit seinem Fitnesstrainer besprochen, dass er gelegentlich auch vom Plan abweichen dürfe. Er sei kein Ausdauerspieler gewesen. Daher sei im Erhaltungstrainingsplan die Steigerung der Ausdauer durch ein spezielles Lauftraining aufgenommen worden. Er habe den Trainingsplan als Verpflichtung empfunden. Ein richtiger Urlaub sei für ihn als jungen Spieler nicht im Vordergrund gewesen. Er könne sich auch nicht erinnern, dass er einen Urlaubsantrag gestellt habe. Er sei auch in Italien auf Wunsch seines Vereins gewesen. Dabei habe er seine Eltern gesehen.
Der Senat hat außerdem den Zeugen W einvernommen. Dieser hat zusammenfassend ausgeführt, dass der Kläger im Prinzip Anfang Mai nach der Weltmeisterschaft Urlaub gehabt habe. Es werde jedoch davon ausgegangen, dass der Erhaltungstrainingsplan eine "empfehlende Verpflichtung" sei. Für den Kläger hätte spätestens Mitte Mai das Sommertraining mit der Mannschaft begonnen. Ein Erhaltungstrainingsplan werde dann aufgestellt, wenn der Spieler nicht vor Ort sei. Es sei erwartet worden, dass der Kläger spätestens Mitte Mai wieder am Sommertraining in M teilnehme. Die unterschiedlichen Angaben in den Anlagen der Verträge ergäben sich aus den gewährten Sachleistungen, die einmal mitberücksichtigt und im anderen Fall nicht aufgeführt seien. Man habe im A Festanstellungen über 12 Monate. Der Laktattest finde etwa zwei Wochen nach Beginn des Trainings statt. Ein Lauf am Abend sei betriebsdienlich, wenn er sich danach erholen könne. Der Aufenthalt in Italien sei nicht durch den Verein speziell gewünscht gewesen.
Der Klägerbevollmächtigte beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 15. März 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2021 sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 1. Juni 2023 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 02. November 2016 zurückzunehmen und das Ereignis vom 9. Mai 2016 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Verfahrensakte des Sozialgerichts Landshut sowie die Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen. Deren Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die zulässige Klage ist begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, den ablehnenden Bescheid vom 15.03.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2021 sowie den Bescheid vom 02.11.2016 aufzuheben und das Ereignis vom 09.05.2016 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
1. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Berufung sind erfüllt, da insbesondere die Voraussetzungen der §§ 144 und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beachtet wurden.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 15.03.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2021 sowie der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 01.06.2023. Streitgegenstand ist im Wege eines Zugunstenbescheides die Frage, ob das Ereignis vom 09.05.2016 ein entschädigungspflichtiger Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung vorliegt.
Statthafte Klageart ist eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (i.S.v § 54 Abs.1 S. 1, Abs. 4 SGG), weil nur die Behörde berechtigt ist, den Ursprungsbescheid zurückzunehmen.
2. Anspruchsgrundlage der erstrebten Rücknahme ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein nicht begünstigender Verwaltungsakt zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Das Gebot der Rücknahme gilt nach § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB X nicht, wenn Bösgläubigkeit des Klägers vorliegt. Die Vorschrift vermittelt einen einklagbaren Anspruch auf Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts. Nach den Feststellungen des Senats wurde zu Unrecht das Ereignis vom 09.05.2016 nicht als Arbeitsunfall anerkannt.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG sind Arbeitsunfälle "nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Ein Arbeitsunfall setzt mithin voraus, dass die Verrichtung zurzeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis geführt (Unfallkausalität) und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat" (stRspr, z.B. BSG, Urt. v. 27.6.2024, B 2 U 8/22 R, Rn. 10, juris).
Es ist zwischen der grundsätzlich versicherten Tätigkeit und der konkreten Verrichtung zurzeit des (Unfall-)Ereignisses zu unterscheiden. Dabei ist zu prüfen, welche konkrete Tätigkeit der Versicherte im Zeitpunkt ausübte, als sich das Unfallereignis zutrug (BSG, Urteil vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R, Rn. 25 f). Davon ausgehend werden nur Unfälle entschädigt, die im Rahmen einer versicherten Tätigkeit (§§ 2, 3 und 6 SGB VII) erfolgten. Nicht versichert sind Tätigkeiten, die eigenwirtschaftlich oder grundsätzlich versicherungsfrei (vgl. § 4 SGB VII) sind. Aber auch versicherte Tätigkeiten, die auf einem anderen Versicherungstatbestand beruhen, sind insoweit auszuschließen (§§ 121 ff SGB VII).
Nach der Rechtsprechung des BSG wird insoweit ein innerer oder sachlicher Zusammenhang zwischen (der Verrichtung) der versicherten Tätigkeit und dem unfallbringenden Verhalten des Versicherten gefordert (BSG Urt. v. 12.4.2005, B 2 U 11/04 R, NZS 2006, S. 154). Der innere Zusammenhang legt die normative Reichweite des Versicherungsschutzes fest (Bereiter-Hahn/Mertens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand: 4/22, § 8, Rn. 6). Es ist also zu prüfen, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSG Urt. v. 12.04.2005, B 2 U 11/04 R). Ein innerer Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit fehlt bei sogenannten eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten. In der Regel unversichert ist daher z.B. die Nahrungsaufnahme, Rauchen oder Freizeitgestaltung. Diese Verrichtungen führen in der Regel zu einer Unterbrechung der versicherten Tätigkeit.
Unfallkausalität liegt vor, wenn die Gefahrerhöhung unternehmensdienlich war oder aus der Perspektive des Verletzten unternehmensdienlich sein sollte (vgl. BSG, Urt. v. 27.06.2024, B 2 U 3/22 R, juris, Rn. 17).
Ob eine Tätigkeit einem Unternehmen dient, ist vom Standpunkt des Handelnden aus zu beurteilen, sofern die Tätigkeit zumindest dem mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht (finale Handlungstendenz). Auf den objektiven Nutzen für das Unternehmen kommt es dagegen nicht an.
Eine versicherte Tätigkeit im Rahmen einer Beschäftigung iS des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII wird daher ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, entweder eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, oder der Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern er nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zurzeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht, oder er unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt (objektivierte Handlungstendenz, BSG, Urt. v. 30.3.2023, B 2 U 1/21 R, Rn. 21).
b) Der Kläger war nach § 7 SGB IV i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII grundsätzlich als Arbeitnehmer in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Dies ergibt sich aus den im sozialgerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen, wonach der Kläger am 29.11.2014 einen Arbeitsvertrag als Profi-Eishockeyspieler mit der A GmbH abgeschlossen hat. Erfüllungsort war grundsätzlich M. Aus den beigezogenen Unterlagen, den Ausführungen des Klägers und des Zeugen W ergibt sich für den Senat auch, dass das Arbeitsverhältnis in der Sommerpause nicht unterbrochen wurde. Dabei ist nach §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bei der Auslegung des Arbeitsvertrages der wirkliche Wille der Parteien zu erforschen, wobei es aber gerade nicht lediglich auf den inneren Willen eines der beiden Erklärenden ankommt, sondern auf den durch normative Auslegung zu ermittelnden objektiven Erklärungswert (BAG 19.01.2000 - VIII ZR 275/98; Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), Beschluss vom 28. Oktober 2024 - 9 Ta 319/24 -, Rn. 35, juris).
aa) Nach den Feststellungen des Senats liegt kein Urlaub vor. Sowohl nach Art. 31 Abs. 2 Grundrechtscharta (GRC) wie auch nach dem § 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Während eines Urlaubs braucht der Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung zu erbringen. Gemäß Art. 31 Abs. 2 GRC sowie Art. 7 Richtlinie 2003/88/EG vom 4.11.2003 (AZR 2003/88/EG) liegt dem ein doppelter Zweck zugrunde, der darin besteht, dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich zum einen von der Ausübung der ihm nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben zu erholen und zum anderen über einen Zeitraum der Entspannung und Freizeit zu verfügen (EuGH, Urteil vom 13.01.2022 - C-514/20 -, Rn. 30, juris; Urteil vom 25.06.2020, Varhoven kasatsionen sad na Republika Bulgaria und Iccrea Banca SpA, C-762/18 und C-37/19, EU:C:2020:504, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung). Weiter führte der EuGH aus: "Folglich ist die Schaffung eines Anreizes, auf den Erholungsurlaub zu verzichten oder die Arbeitnehmer dazu anzuhalten, darauf zu verzichten, mit den Zielen unvereinbar, die mit dem Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub verfolgt werden und u. a. darin bestehen, zu gewährleisten, dass der Arbeitnehmer zum wirksamen Schutz seiner Sicherheit und seiner Gesundheit über eine tatsächliche Ruhezeit verfügt. Demnach verstößt auch jede Praxis oder Unterlassung eines Arbeitgebers, die den Arbeitnehmer davon abhalten kann, den Jahresurlaub zu nehmen, gegen das mit dem Recht auf bezahlten Jahresurlaub verfolgte Ziel" (EuGH, Urteil vom 13.01.2022 - C-514/20 -, Rn. 32, juris). Hieraus ergibt sich, dass während eines Urlaubs im Sinne der vorgenannten Vorschriften jegliche Bestimmung von Arbeitspflichten durch den Arbeitgeber unzulässig sind. Bei den Regelungen des Art. 31 Abs. 2 GRC sowie den konkretisierenden Richtlinien und Verordnungen handelt sich damit um ein vollwertiges soziales Grundrecht, das gegenüber privaten Arbeitgebern unmittelbar wirkt (vgl. EuGH vom 13.01.2022, Rn. 24, NZA 2022, S. 205).
Nach § 7 Abs. 1, 2 BUrlG setzt die Urlaubsgewährung voraus, dass der Arbeitgeber hinreichend erkennbar macht, er befreie den Arbeitnehmer von der Arbeitspflicht, um den Urlaubsanspruch zu erfüllen (BAG, Urteil vom 9. Juni 1998 - 9 AZR 43/97 -, BAGE 89, 91-94).
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, da der Kläger durch den Erhaltungstrainingsplan angehalten war, im Zeitraum vom 30.04.2016 bis 15.05.2016 umfassende Trainingsleistungen zu erbringen. Insoweit handelte es sich um Hauptleistungspflichten aus seinem Arbeitsvertrag.
Durch die Beweisaufnahme des Senats, insbesondere aus der Einvernahme des Zeugen W, hat sich ergeben, dass in der Zeit vom 30.04.2016 bis zum Unfalltag keine vollständige Freistellung im Sinne eines Urlaubs vorlag. So hat der Zeuge W in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt, der übermittelte "Erhaltungstrainingsplan" stelle sich aus Sicht des Geschäftsführers als eine "empfehlende Verpflichtung" für den Kläger dar. Insoweit sieht der Senat keine wesentlichen Widersprüche der Aussage des Zeugen W zu seinen früheren Aussagen. Zwar wurde im sozialgerichtlichen Verfahren vorgetragen, dass der Erhaltungstrainingsplan nicht zwingend sei, jedoch geht es hier um eine arbeitsrechtliche Beurteilung und nicht um eine Tatsachenäußerung. Die Formulierung "empfehlende Verpflichtung" erscheint insoweit nicht als widersprüchlich. Nach dem übersandten Trainingsplan des Trainers und Zeugen S war am 9. Mai am Vormittag ("Morning") einmal 30 Minuten Lauf (Puls 130 - 140) sowie einmal 45 Minuten Berglauf, (Puls 145 - 170) sowie ein Core-Programm 1 vorgesehen. Der Nachmittag und Abend war für diesen Tag frei.
Aber auch wenn Urlaub vorläge, ergibt sich aus der Ergänzung zu § 7 des Arbeitsvertrages auch während des Urlaubs eine arbeitsvertragliche Verpflichtung zur Umsetzung der Anweisungen des Trainers und des individuellen Erhaltungstrainingsplans.
Auch nach den Angaben des Klägers ist dieser davon ausgegangen, dass er verpflichtet ist, den Erhaltungstrainingsplan einzuhalten. Dies erscheint aus den gesamten Umständen glaubhaft. Der Kläger wollte als junger Spieler, der zwar bereits auf Weltklasseniveau spielte, aber den Anweisungen seines Fitnesstrainers im Erhaltungstrainingsplan sowie dem Arbeitsvertrag mit den übermittelten Anlagen folgen und fühlte sich verpflichtet, sein Leistungsniveau weiter auszubauen. So hat er insbesondere angegeben, er sei bis zur Weltmeisterschaft kein "Ausdauerspieler" gewesen. Durch den Erhaltungstrainingsplan sollte daher die Kondition in Übereinstimmung mit seinem Fitnesstrainer, dem Zeugen S, verbessert werden. Dies ergibt sich aus den überzeugenden Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 27.03.2025, die sich mit dem Spielerarbeitsvertrag decken. So heißt es in § 2 "Pflichten des Spielers" (1) der Spieler verpflichtet sich, "seine ganze Kraft und seine sportliche Leistungsfähigkeit uneingeschränkt für den Club einzusetzen, alles zu tun, um sie zu erhalten und zu steigern und alles zu unterlassen, was ihm im Allgemeinen und im Besonderen vor und bei Veranstaltungen des Clubs abträglich sein könnte.". Unter § 2 (2) lit h wird weiter ausgeführt "sich auf alle sportlichen Veranstaltungen des Clubs gewissenhaft vorzubereiten. Dazu gehört insbesondere, den Anweisungen des Trainers bezüglich der Lebensführung Folge zu leisten". Ferner war der Kläger verpflichtet, nach § 6 (3) "seine körperliche Einsatzfähigkeit während der gesamten Spielzeit aufrechtzuerhalten, insbesondere seine körperliche und geistige Belastungsfähigkeit sicherzustellen".
Es ist davon auszugehen, dass der Kläger im Anschluss an seine Teilnahme an der Weltmeisterschaft in Polen von seiner Anwesenheitspflicht beim A GmbH in M befreit war und sich in seiner Heimat in B/Italien aufhalten durfte. Insbesondere haben der Kläger und der Zeuge W übereinstimmend bestätigt, dass der vorübergehende Aufenthalt in B/Italien durch den Arbeitgeber erlaubt war. Nach den Feststellungen des Senats war der Kläger jedoch dabei nicht von seiner Trainingspflicht befreit. Das bedeutet, dass der Kläger in diesem Zeitraum den Erhaltungstrainingsplan auszuführen hatte. Nach diesen klaren Regelungen und insbesondere der Einlassung des Zeugen W bestand für den Kläger die Verpflichtung, auch im Zeitraum vom 30.04.2016 bis zum Unfall am 09.05.2016 seinen vertraglichen Verpflichtungen aus seinem Arbeitsvertrag nachzukommen und den durch den Fitnesstrainer im übersandten Erhaltungstrainingsplan zu beachten (empfehlende Verpflichtung"). Da weiterhin erhebliche arbeitsvertragliche Verpflichtungen bestanden, die der Kläger zu erfüllen hatte, liegt auch kein Erholungsurlaub im Sinne des vorgenannten EU-Rechts oder des Bundesurlaubsgesetzes vor. Durch die Erlaubnis, nach B zu fahren, wurde lediglich vorübergehend der Leistungsort verändert.
bb) Entgegen dem Vortrag der Beklagten scheidet nach den Feststellungen des Senats ein versicherungspflichtiger Arbeitsunfall nach § 8 Abs. 1 SGB VII nicht mangels Entsendung durch den Arbeitgeber während eines Urlaubs des Klägers aus. Zutreffend verweist die Beklagte in diesem Zusammenhang auf die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (VO 883/04 - Amtsblatt L 166 S. 1 und Amtsblatt 2000 7L 204 S. 30). Die in § 4 SGB IV aufgenommenen Regelungen zur Ausstrahlung gelten vorliegend nicht, da die Kollisionsnormen des Europarechts vorrangig anzuwenden sind (Bereiter-Hahn/Mertens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand: 3/23, § 4 SGB IV, Rn. 1). Nach Art. 11 Abs. 3a VO (EG) Nr. 883/2004 unterliegt eine Person, vorbehaltlich der spezielleren Vorschriften der Art. 12-16, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaates (lex loci laboris; vgl. Art. 11 Abs. 3a VO (EG) Nr. 883 2004). Dies würde etwa bei einer Beschäftigung innerhalb der EU bei einer Home-Office-Tätigkeit im Ausland dazu führen, dass die Arbeitnehmer für diese Zeit den ausländischen sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften unterliegen würden und dort entsprechend Abgaben abführen müssten (vgl. Reiter/Thielemann Home-Office im EU-Ausland, NZA-Beilage 2023, S.59). Nach der vorrangigen Vorschrift des Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 ist jedoch eine Sonderregelung im Falle einer Entsendung gegeben. In Bezug auf die entsandte Person muss für das Vorliegen eines Entsendesachverhaltes die arbeitsrechtliche Bindung mit dem Arbeitgeber, mithin ein aktives Beschäftigungsverhältnis, aufrecht erhalten bleiben. Es ist entscheidend, dass sich der arbeitsvertragliche Entgeltanspruch ausschließlich gegen den entsendenden Arbeitgeber richtet und das Direktionsrecht nicht im anderen Mitgliedstaat ausgeübt wird (Reiter/Thielemann, Homeoffice im EU-Ausland, NZA-Beilage 2023, 59,62). Nach den Feststellungen des Senats stellen sich die in B/Italien ausgeübten Trainingseinheiten als Beschäftigung des Klägers auf Rechnung des Arbeitgebers dar. Der Zeuge W bestätigte, dass beispielsweise im Rahmen des Trainings grenzüberschreitende Radtouren oder Übungsspiele auch im Ausland stattfanden. Durch die Befreiung von der Anwesenheitspflicht in M wurde jedoch nicht der Arbeitsvertrag aufgehoben oder die arbeitsrechtlichen Vorschriften insbesondere die Anweisung zu einem individuellen Training suspendiert. Der Kläger blieb auch während seines Aufenthalts in B/Italien organisatorisch in den Betrieb der A GmbH eingegliedert. Da auch der Lohn weiterbezahlt wurde und spätestens Mitte Mai eine Rückkehr nach M vereinbart war, wurden wesentliche Elemente des Beschäftigungsverhältnisses weiter erfüllt (vgl. BSG, Urt. v. 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R -juris Rn. 18 f., m. w. N.; vgl. auch das zurückverweisende Urteil des BSG Urt. v. 17.12.2015, B 2 U 1/14 R, juris Rn. 16). Nach den das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnissen lässt sich hier ein hinreichend intensives Beschäftigungsverhältnis des Klägers feststellen (Hessisches Landessozialgericht, Urt. v. 30.06.2020, L 3 U 105/16 ZVW, Rn. 41 - 42, juris). Italienisches Recht greift nicht, da die Beschäftigung für den A GmbH erfolgte. Insbesondere bestand ein aktives Beschäftigungsverhältnis des Klägers mit einer arbeitsvertraglichen Entgeltpflicht. Es handelte sich auch nur um eine ca. 3-wöchige Lockerung des Leistungsortes, sodass die Grenze von 24 Monaten ebenfalls eingehalten wurde. Im Gegensatz zur von der Beklagten zitierten Entscheidung des BSG (Urt. v. 13.11.2012, B 2 U 27/11 R) war der Kläger nicht in einer vertragsfreien Zeit verunglückt. Der Kläger war durchgehend bei seinem Arbeitgeber 12 Monate im Jahr in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt, insoweit bestand im Zeitpunkt des Unfalls auch das Direktionsrecht des Arbeitgebers. Dabei ist es auch nicht von Belang, wenn ein Auslandsaufenthalt auf Initiative des Klägers und nicht, wie normalerweise üblich vom Arbeitgeber ausgeht (vgl. Rundschreiben der deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung-Ausland, RS 2021/485 vom 07.07.2021). Nach Reiter/Thielemann ist bei einer vorübergehenden Auslandstätigkeit auf Initiative des Arbeitsnehmers das Direktionsrecht des Arbeitgebers weiterhin gegeben, wenn der Arbeitgeber mit der vorübergehenden Auslandstätigkeit einverstanden ist, er die von seinem Arbeitnehmer erbrachte Leistung entgegennimmt und er sie durch vor Zahlung des vereinbarten Gehalts vergütet. Diese Voraussetzungen sind ebenfalls gegeben. Insbesondere erwartete der Arbeitgeber die Einhaltung des Erhaltungstrainingsplans und überprüfte dies auch im Anschluss im Rahmen des Sommertrainings. Insoweit liegt auch eine Annahme der Leistung durch den Arbeitgeber vor.
Entgegen der Auffassung der Beklagten (Schreiben vom 11.03.2025) fehlt es hier auch nicht an der Weisungsgebundenheit des Klägers. Wie bereits dargestellt, handelte es sich beispielsweise beim Erhaltungstrainingsplan nicht um eine unverbindliche Möglichkeit der Feriengestaltung, sondern wie der Zeuge W glaubhaft ausführte, um eine "empfehlende Verpflichtung" innerhalb eines bestehenden Arbeitsvertrages. Nach Auffassung des GKV-Spitzenverbandes als zentrale Interessenvertretung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen in Deutschland (DVKA) kann insoweit auch bei mobiler Arbeit auf Initiative des Arbeitnehmers eine Entsendung im Sinne der Sozialversicherung begründen (vgl. Rundschreiben der deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung-Ausland, RS 2021/485 vom 07.07.2021). Auch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat im Merkblatt vom 28.08.2024 bezüglich einer Home-Office-Tätigkeit in einem EU-Mitgliedstaat/EWR-Staat oder der Schweiz grundsätzlich die Voraussetzungen von Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 für anwendbar erklärt. Dem hat sich wohl auch die deutsche Unfallversicherung in ihrem Rundschreiben der DGUV vom 06.08.2021 (0323/2021) jedenfalls für eine Home-Office-Tätigkeit angeschlossen. Nach Auffassung des Senats liegt daher eine Entsendung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 der VO Nr. 883/04 vor.
Im Übrigen würde die von der Beklagten geforderte Auslegung der Gesamtumstände sowie des Arbeitsvertrages zu einer ungerechtfertigten Diskriminierung des Klägers führen, da bei einer einschränkenden Auslegung eu-angehörige Spieler, die sich vorübergehend - aber unter Beachtung des übermittelten Erhaltungstrainingsplans - in ihre Heimat begeben, nicht versichert wären, deutsche Spieler jedoch, die nach ihrem letzten Vertragsspiel ebenfalls für 3 Wochen in ihre (deutsche) Heimat unter Einhaltung des Erhaltungstrainingsplans fahren, versichert wären. Nach Art. 45 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der Fassung von 2016 (ex-Artikel 39 EGV) ist nach Abs. 1 innerhalb der Union die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleistet und umfasst die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen.
Keine Konsequenz hat nach Auffassung des Senats, dass der Kläger im Zeitpunkt des Unfalls keine gültige A1-Bescheinigung bei sich führte. Dies hätte möglicherweise zu Bußgeldzahlungen führen können. Dies ist jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Mit der A1-Bescheinigung hätte der Kläger nur nachweisen können, dass er auch in Italien dem Sozialversicherungsrecht der Bundesrepublik Deutschland unterliegt. Das Fehlen dieser Bescheinigung führt jedoch nicht zum Ausschluss des Anspruchs des Klägers, da die materielle Rechtslage nicht geändert wird.
cc) Der abendliche Lauf stand auch in einem inneren Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit und es war Unfallkausalität gegeben. Zu Recht hatte die Beklagte insoweit Bedenken, da der Erhaltungstrainingsplan das Training für den Vormittag vorsah. Aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung bestand jedoch eine Lockerung des Trainingsplans insoweit, als er die aufgegebenen Trainingseinheiten "Lauf" und "Berglauf" auch am Abend erbringen konnte. Dies hat der Kläger glaubwürdig in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt. Auch der Zeuge W hat bestätigt, dass ein Training am Abend grundsätzlich den gleichen Erfolg sicherstelle, wenn der Kläger ausreichend Zeit zur Erholung habe.
Zusammenfassend handelt es sich beim abendlichen "Joggen" gegen 19:00 Uhr am 09.05.2016 um die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten im Rahmen seines Beschäftigungsverhältnisses und nicht um eine unversicherte private sportliche Betätigung. So ist ein Profieishockeyspieler grundsätzlich nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert, aber nur im Rahmen von objektiv bestehenden oder in vertretbarer Weise irrtümlich angenommenen Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis (Bieresborn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 3. Aufl., § 2 SGB VII (Stand: 11.12.2024), Rn. 115). Nach den Feststellungen des Senats lag daher eine versicherte Tätigkeit des Klägers vor. Auch wenn diese Voraussetzungen nicht gegeben wären, durfte sich der Kläger aufgrund der Gesamtumstände subjektiv verpflichtet fühlen, dem Lauftraining als arbeitsvertraglicher Regelung nachzukommen. Insbesondere aus dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ergibt sich für den Senat insoweit auch, dass der Kläger davon subjektiv überzeugt war, seinen vertraglichen Pflichten nachzukommen. Durch die Gesamtumstände (Arbeitsvertrag mit entsprechenden Ergänzungen, übersandter Erhaltungstrainingsplan, Aussagen der Zeugen W und S) lagen ausreichende objektive Umstände für diese Überzeugung des Klägers vor. Daher wäre ein Irrtum des Klägers jedenfalls nicht von ihm zu vertreten gewesen.
c) Der Kläger verunglückte am 09.05.2016 gegen 19:00 Uhr in seinem Heimatort in Südtirol O beim Berglauf. Er hat sich dabei beim Joggen auf einem Waldweg das linke Knie verdreht und sofort starke Schmerzen verspürt. Damit liegt auch ein Gesundheitserstschaden vor. Insoweit handelt es sich um ein Unfallereignis im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB VII. Für den Senat ergibt sich dies auch überzeugend aus den beigezogenen Unterlagen. Die Beklagte wurde unverzüglich informiert. Dies ergibt sich aus den Schreiben der Beklagten z. B. vom 18.05.2016. Die Unfallanzeige erfolgte offiziell am 06.10.2016. Nach den Feststellungen des Senats kam es bei diesem versicherten Berglauf zu einem Verdrehen des Kniegelenkes. Dies stellt jedenfalls eine Zerrung oder Distorsion des rechten Kniegelenkes dar. Das Unfallereignis kann nicht hinweggedacht werden, ohne dass es zumindest zu einer Zerrung des rechten Kniegelenkes kam. Nach dem OP Bericht vom 18.05.2016 (K) sowie den Feststellungen des Radiologen W1 lagen beim Kläger auch keine degenerativen Vorschäden vor, welche das Unfallgeschehen im Sinne einer Gelegenheitsursache erklären könnten. Nachdem keine Vorschädigungen beim Kläger feststellbar waren, ist nach der Theorie der wesentlichen Bedingung jedenfalls eine "Zerrung des rechten Kniegelenks" als Gesundheitserstschaden im Vollbeweis nachgewiesen. Insoweit ist die haftungsbegründende Kausalität zu bejahen. Dies hat ausdrücklich auch der Beklagtenbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung bestätigt und zu Protokoll erklärt. Dahinstehen kann, ob auch die vordere Kreuzbandruptur wie auch der Meniskusschaden Folge des Unfalls waren. Dies hat die Beklagte im Rahmen des weiteren Verfahrens formell aufzuklären und festzustellen.
d) Der Senat hält die Aussagen der Zeugen W und S im Übrigen für glaubhaft, da sie sich mit den beigezogenen Unterlagen und den glaubwürdigen Angaben des Klägers im Wesentlich decken. Sie wurden im Rahmen eines Zeugenbeweises der Tatsachenfeststellung zugrunde gelegt.
e) Aus den vorgenannten Feststellungen ergibt sich auch, dass die Beklagte von einem fehlerhaften Sachverhalt ausgegangen ist, der sich jedoch erst durch Feststellungen in der mündlichen Verhandlung zeigte. Die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind demnach erfüllt. Danach war der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 01.06.2023 sowie der Bescheid der Beklagten vom 15. 03.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2021 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 02.11.2016 zurückzunehmen und das Ereignis vom 09.05.2016 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
4. Die Revision ist nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, noch das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundessozialgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Insbesondere ist durch die zitierte Rechtsprechung des EuGH sowie der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit geklärt, dass ein Urlaub nur dann besteht, wenn keine weiteren Arbeitspflichten durch den Arbeitgeber für die Zeit der Freistellung bestehen. Der Senat weicht auch nicht von der Entscheidung des BSG (Urt. v. 13.11.2012, B 2 U 27/11 R) ab, da insoweit ein anderer Sachverhalt vorlag. Im vorliegenden Fall war der Kläger in einem bestehenden Arbeitsverhältnis beschäftigt, unterlag direkt dem Direktionsrecht des Arbeitgebers. Ferner musste der Kläger nach den Feststellungen des Senats den Anforderungen des Erhaltungstrainingsplans Folge leisten. Auch wenn diese Voraussetzungen nicht gegeben wären, durfte sich der Kläger subjektiv verpflichtet fühlen, den vorgesehenen Erhaltungstrainingsplan einzuhalten.