S 12 R 2113/23

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 2113/23
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Eine volle Erwerbsminderung liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann, der Teilzeitarbeitsmarkt aber verschlossen ist

 

Tenor:

  1. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 03.11.2022 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 11.08.2023 verurteilt, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.09.2022 bis 31.08.2025 in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

 

  1. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.

 

 

Tatbestand und Entscheidungsgründe:

Tatbestand

 

 

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

 

Die am XX.XX.2020 geborene Klägerin erfuhr eine Berufsausbildung zur Zahntechnikerin und war in diesem Beruf sowohl selbständig als auch versicherungspflichtig beschäftigt, bis sie am 26.12.2020 arbeitsunfähig erkrankte, Krankengeld und Arbeitslosengeld bezog, ohne anschließend wieder einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.

 

Die Klägerin erhielt in der psychosomatischen Fachklinik in Glotterbad vom 09.06.2021 bis 14.07.2021 medizinische Rehabilitationsleistungen. Die sie behandelnden Ärzte schätzten ihr berufliches Restleistungsvermögen unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes so ein, dass sie noch arbeitstäglich sechs und mehr Stunden einer versicherungspflichtigen Tätigkeit nachgehen könne.

 

Mit Schreiben vom 14.09.2022 beantragte die Klägerin bei der Beklagten am 21.09.2022 die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Daraufhin holte die Beklagte Befundberichte der behandelnden Ärzte ein und ließ sie durch den Facharzt für physikalische und Rehabilitationsmedizin am 27.02.2023 ambulant untersuchen und ihr berufliches Restleistungsvermögen untersuchen.

 

In seiner sozialmedizinischen Beurteilung kam der Verwaltungsgutachter XXXXXX zum gleichen Ergebnis wie die Reha-Klinik knapp zwei Jahre zuvor. Zum gleichen Ergebnis gelangten auch die Ärzte der psychosomatischen Fachklinik in St. Blasien, wo sich die Klägerin vom 05.04.2023 bis 17.05.2023 einer weiteren stationären medizinischen Rehabilitationsbehandlung unterzog.

 

In Ansehung all dessen lehnte die Beklagte den Rentenantrag vom September 2022 durch Bescheid vom 03.11.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.08.2023 mit der Begründung ab, es liege weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung vor. Die Erwerbsfähigkeit sei durch folgende Krankheiten oder Behinderungen beeinträchtigt:

- chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren;

- Leichtgradige depressive Episode;

- Medikamentös gut eingestelltes Asthma bronchiale;

- Zustand nach Stentimplantation einer zerebralen Gefäßerweiterung ohne wesentliche Symptomatik.

 

Hiergegen hat die Klägerin am 30.08.2023 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben.

 

Sie trägt vor, die Ablehnungsentscheidung der Beklagten sei rechtswidrig ergangen und verletze ihre Rechte. Der Bescheid der Beklagten vom 03.11.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.08.2023 sei aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr auf den Antrag vom 14.09.2022 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung aus § 43 Absatz 2 SGB VI zu leisten. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 43 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 SGB VI lägen nach dem Versicherungsverlauf unstreitig vor. Sie sei nicht mehr in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Aus den zahlreichen Gesundheitsstörungen folgten umfangreiche Leistungseinschränkungen. Die eingeschränkte Leistungsfähigkeit werde von der Beklagten nicht ausreichend gewürdigt. Dies folge auch bereits aus der Zusammenschau aller schwerwiegenden Beeinträchtigungen auf neurologisch-psychiatrischen sowie weiteren internistischen und orthopädischen Fachgebieten. Das deutlich eingeschränkte Leistungsbild sei belegt durch die Leistungseinschätzung der behandelnden Ärzte und könne bestätigt werden durch die Einholung aktueller Befundberichte und weiterer medizinischer Gutachten. Um ihr Vorbringen zu substantiieren, hat die Klägerin laufend Befundberichte der sie behandelnden Ärzte und Kliniken (z. B. vom 27.10.2023, 06.11.2023, 22.04.2023, 08.07.2024 und 10.07.2024) sowie der sie anderweitig untersuchenden Gutachter (z. B. des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen vom 02.08.2024) beigebracht. Die fachkundig vertretene Klägerin beantragt wörtlich:

 

Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 03.11.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.08.2023 verurteilt, der Klägerin auf ihren Antrag vom 14.09.2022 Rente wegen voller Erwerbsminderung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

 

Die Beklagte beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

 

Sie bezieht sich zur Vermeidung von Wiederholungen auf die den angefochtenen Bescheiden zu Grunde liegenden Ausführungen. Außerdem hat sie prozessbegleitend immer wieder sozialmedizinische Stellungnahmen ihres Ärztlichen Dienstes (zum Beispiel durch den Facharzt für Innere Medizin Dr. XXXXXX vom 20.03.2024, 17.07.2024 und 18.12.2024) zu den vom Sozialgericht beigezogenen Krankenunterlagen und Gutachten eingeholt.

 

Krankenunterlagen hatte das Gericht zunächst am 18.10.2023 (von den seitens der Klägerin vorab als Behandler bezeichneten Ärzten namens Dr. med. XXXXXX, Dr. med. XXXXXX, Dr. med. XXXXXX, Dr. med. XXXXXX sowie vom XXXXXX-Klinikum) und nachträglich auch noch vom behandelnden Psychiater (Herr XXXXXX) eingeholt. Zudem hat das Gericht die ambulante Untersuchung und Begutachtung der Klägerin durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. XXXXXX am 04.11.2024 veranlasst. Dieser hat in seinem Gutachten bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen diagnostiziert:

- Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradig (ICD 10: F33.1);

- Dissoziative Bewegungsstörung des linken Beines (ICD 10: F44.4);

- Anhaltende somatoforme Schmerzstörung (ICD 10: F45.40).

 

Dr. XXXXXX erläuterte auch, dass und wie sich die festgestellten Gesundheitsstörungen auf die berufliche Leistungsfähigkeit der Klägerin auswirken. Aus dem aktuellen psychopathologischen Befund und den mäßigen Einschränkungen der Aktivitäten und Teilhabe nach ICF ergebe sich eine zeitliche Leistungsminderung von drei bis unter sechs Stunden täglich. Es liege schon länger eine mittelgradige depressive Störung vor. Diese beinhaltet definitionsgemäß, dass die betroffene Person nur unter erheblichen Schwierigkeiten soziale, häusliche und berufliche Aktivitäten fortsetzen könne. Hinzu komme das chronische Schmerzsyndrom des linken Beines, Kopfschmerzen und diffuse Schmerzen des Bewegungsapparates, die die körperliche und psychische Belastbarkeit einschränken und von einer beruflichen Tätigkeit ablenken. Die funktionelle Lähmung des linken Beines spiele für die zeitliche Leistungsminderung keine große Rolle, da überwiegend sitzende Tätigkeiten noch möglich seien. Für die Ausübung der noch leidensgerechten Tätigkeiten seien keine besonderen, von den betriebsüblichen Bedingungen abweichenden Arbeitsbedingungen notwendig, zum Beispiel vermehrte Arbeitspausen, besondere Gestaltung des Arbeitsplatzes. Die Gehfähigkeit der Klägerin sei eingeschränkt, aber durch Peroneusschiene weitgehend kompensiert. Sie sei in der Lage, mindestens 4 Mal täglich mehr als 500 Meter zu Fuß in jeweils unter 20 Minuten als Arbeitsweg zurückzulegen. Die Klägerin könne öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten benutzen. Sie besitze auch einen Führerschein und sei auch in der Lage, einen PKW zu führen.

 

Die durch ihn festgestellten Leistungseinschränkungen bestünden seit dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit im Dezember 2020. Bis dahin sei sie offenbar noch voll berufstätig gewesen. Danach sei aber keine Wiedereingliederung mehr gelungen. Die psychischen Erkrankungen seien seit mindestens 2020 stark ausgeprägt und sprachen auf die Therapiemaßnahmen bisher wenig oder nur vorübergehend an. Die Klägerin führe bereits eine mehrjährige ambulante Psychotherapie durch. Verschiedene medikamentöse Maßnahmen seien adäquat durchgeführt worden, stießen aber an Dosisgrenzen wegen Nebenwirkungen. Die Reha-Maßnahmen und die stationäre Schmerztherapie führten nur zu einer vorübergehenden Besserung. Die Therapieoption Cannabis habe zwar subjektiv bei kurzem Verwenden eine Besserung gebracht, sei aber laut Leitlinien bei somatoformer Schmerzstörung nicht indiziert und werde von der Krankenkasse nicht finanziert. Weitere realistische Therapieoptionen, außer den bisherigen Maßnahmen, seien nicht erkennbar, so dass mit einer wesentlichen Besserung in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden könne. Wegen der inhaltlichen Einwendungen des Ärztlichen Dienstes der Beklagten (vom 18.12.2024) hat der Gerichtssachverständige am 04.02.2025 ergänzend Stellung genommen.

 

Das Gericht hat die Beteiligten auf die Aussichtslosigkeit der Rechtsverteidigung hingewiesen und sie zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört, mit der sie sich einverstanden erklärt haben. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der dem Gericht vorliegenden Behördenakte und den Inhalt der Prozessakte Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

 

 

1. Über die Klage kann das Gericht nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.

 

 

2. Die Klage ist kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG statthaft, zum örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht innerhalb der einmonatigen Klagefrist nach Durchführung des obligatorischen Vorverfahrens erhoben worden und auch im Übrigen zulässig sowie begründet.

 

 

Der Bescheid der Beklagten vom 03.11.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.08.2023 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Beklagte hat die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung bei Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes zu Unrecht abgelehnt. Die Klägerin hat hierauf einen Anspruch.

 

Anspruchsgrundlage für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

 

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI.

 

Eine volle Erwerbsminderung liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann, der Teilzeitarbeitsmarkt aber verschlossen ist (Gürtner in KassKomm, Stand 114. EL Mai 2021, SGB VI, § 43 Rn. 58 und 30 ff.).

 

Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

 

Die Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung bei Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes liegen in dem hier streitigen Zeitraum vor.

 

Die Klägerin erfüllt die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, da sie ausweislich des von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlaufs in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung im Dezember 2020 drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist.

 

Die Klägerin erfüllt im vorliegend streitigen Zeitraum auch die medizinischen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente, da sie teilweise erwerbsgemindert ist. Eine teilweise Erwerbsminderung der Klägerin, das heißt ein Absinken ihrer beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf drei bis unter sechs Stunden täglich, ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus den im gerichtlichen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten des Dr. XXXXXX. Der diesbezüglichen Einwendungen des Ärztlichen Dienstes der Beklagten in der Person des Dr. XXXXXX vom 26.02.2025, vermochte sich das Gericht ebenso wenig anzuschließen wie seinen vorangegangenen prozessbegleitenden Stellungnahmen vom 20.03.2024 und 17.07.2024, dem Verwaltungsgutachten von Herrn XXXXXX oder den sozialmedizinischen Einschätzungen in den Entlassungsberichten anlässlich des Endes der psychosomatischen Rehabilitationsbehandlungen in Glotterbad (2021) bzw. St. Blasien (2023).

 

Auf dem für ihr Rentenbegehren maßgeblichen psychiatrischen Fachgebiet leidet die Klägerin im Wesentlichen unter einer rezidivierenden depressiven Störung sowie einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung. Dies schlussfolgert das Gericht aus dem gerichtlichen Sachverständigengutachten, zumal auch die Beklagte das Vorliegen dieser beiden Erkrankungen nicht in Abrede stellt.

 

Soweit sie unter Hinweis auf die sozialmedizinisch fachkundigen Einschätzungen ihres ärztlichen Dienstes aber meint, die psychischen Erkrankungen ließen noch eine mehr als sechsstündige täglich zu, hält das Gericht die Einschätzungen des vom Gericht beauftragten Gutachters aufgrund dessen eigener Untersuchung für nachvollziehbar und schlüssig, insbesondere auch, soweit sich der Gutachter intensiv mit den Fragen beschäftigt hat, inwieweit die bloße Verdeutlichung der Einschränkungen nicht mit einer Aggravation oder Simulation gleichzusetzen sei. Ebenso wenig hält die Kammer die von der Beklagten angeführten vermeintlichen Widersprüche im Sachverständigengutachten sowie in den Angaben der Klägerin für nachvollziehbar. Umgekehrt steht zur vollen Überzeugung des Gerichts fest, dass zumindest vorübergehend auch durch weitere leitliniengerechte Behandlungen kein berufliches Restleistungsvermögen von sechs oder mehr Arbeitsstunden arbeitstäglich erreicht werden kann.

 

Nachdem das arbeitstägliche Leistungsvermögen der Klägerin nur drei bis unter sechs Stunden beträgt und die Klägerin keinen Teilzeitarbeitsplatz innehat, hat sie einen nach § 102 Abs. 2 Satz 5 SGB VI zu befristenden Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.

 

Der Rentenbeginn richtet sich nach § 101 Abs. 1 Satz 1 SGB VI. Dieser Bestimmung zufolge werden befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet. Zudem bestimmt § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI, dass eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet wird, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Bei späterer Antragstellung wird nach § 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Rente beantragt wird.

 

Vorliegend hat Dr. XXXXXX den Leistungsfall nachvollziehbar auf den Zeitpunkt der erstmaligen Arbeitsunfähigkeit am 26.12.2020 gelegt. Bereits zu diesem Zeitpunkt hat aufgrund psychiatrischer Erkrankungen Arbeitsunfähigkeit bestanden. Seit der Entlassung ist trotz der Durchführung einer konsequenten Therapie keine berufliche Wiedereingliederung erfolgt. Nachdem eine solche nicht durchgeführt worden konnte, weil nach den überzeugenden Ausführungen des Dr. XXXXXX keine ausreichende Stabilität erreicht werden konnte und die von der Klägerin geschilderten Beschwerden im Wesentlichen gleichgeblieben sind, ist der Leistungsfall zur Überzeugung des Gerichts am 26.12.2020 eingetreten.

 

Ausgehend von einem Leistungsfall im Dezember 2020 fällt der Beginn des siebten Kalendermonats nach Eintritt des Leistungsfalls auf den 01.07.2021 und damit auf einen Zeitpunkt vor der Rentenantragstellung im September 2022, weshalb der Rentenbeginn im Hinblick auf die Regelung des § 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI auf den 01.09.2022 zu legen und – bei einer regelmäßigen Befristungsdauer von drei Jahren – ein vorläufiges Rentenende zum 31.08.2025 festzusetzen ist.

 

 

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

 

 

 

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