Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 15.11.2023 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Beitragserhebung zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und zur Pflegeversicherung (PV).
Die am 00.00.0000 geborene Klägerin, die Mitglied der zu 1 beklagten Krankenkasse und damit auch der zu 2 beklagten Pflegekasse ist, bezog ab dem 01.09.2014 eine Rente wegen Erwerbsminderung von der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern (DRV). Sie war zuvor seit erstmaliger Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags bei der DRV mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse oder nach § 10 SGB V versichert gewesen. Der Ehemann der Klägerin ist als versicherungspflichtig Beschäftigter Mitglied der Beklagten.
Mit Bescheid vom 16.02.2022 entzog die DRV die Erwerbsminderungsrente zum 01.03.2022 und stellte die Rentenzahlungen ein (Klageverfahren beim SG Münster anhängig unter dem Aktenzeichen S 23 R 58/23). Die Klägerin hatte seither nach eigenen Angaben keine Einkünfte.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 14.03.2022 stellte die Beklagte zu 1 Versicherungs- und Beitragspflicht der Klägerin als „Rentnerin im Klageverfahren“ ab dem 01.03.2022 fest und setzte Pflichtbeiträge i.H.v. monatlich insgesamt 205,62 € für die Kranken- und Pflegeversicherung unter Zugrundelegung fiktiver Einnahmen in Höhe von 1.096,67 € (Mindestbemessungsgrundlage für das Jahr 2022) für die Zeit ab 01.04.2022 fest. Für die Beiträge zur Pflegeversicherung erging dieser Bescheid im Namen der Beklagten zu 2.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch führte die Klägerin aus, dass sie eine Mitversicherung in der Mitgliedschaft ihres Mannes bei der Beklagten begehre. In § 225 S. 1 Nr. 3 SGB V sei die Beitragsfreiheit bestimmter Rentenantragsteller geregelt. Nach § 239 S. 2 SGB V gelte die Beitragsbemessung auch für Personen, bei denen die Rentenzahlung eingestellt werde, bis zum Ablauf des Monats, in dem die Entscheidung über Wegfall bzw. Entzug der Rente unanfechtbar geworden sei. Dieser Fall liege hier vor. Die Rente sei zum 01.03.2022 entzogen worden. Das Widerspruchs- bzw. ein sich anschließendes Klageverfahren hemme die Unanfechtbarkeit.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.06.2022, der zugleich im Namen der Beklagten zu 2 erging, wies die Beklagte zu 1 den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück: Aufgrund des Widerspruchs gegen den Rentenentziehungsbescheid der DRV bleibe die Mitgliedschaft der Klägerin bei den Beklagten erhalten. Während der Zeit der Mitgliedschaft als „Rentnerin im Rechtsmittelverfahren“ seien Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlen; eine Beitragsfreiheit wegen einer theoretisch möglichen Familienversicherung komme nicht in Betracht. Die Beitragsfreiheit nach § 225 S. 1 Nr. 3 SGB V aufgrund einer sog. verdrängten Familienversicherung gelte ausschließlich für Rentenantragsteller. Für die Klägerin gelte nach dessen S. § 239 S. 2 SGB V.
Mit ihrer am 21.07.2022 zum Sozialgericht Münster erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt: Aus § 225 S. 1 Nr. 3 SGB V ergebe sich unmittelbar ihre Beitragsfreiheit. § 239 SGB V verhalte sich über die Beitragsbemessung, zu der man überhaupt erst komme, wenn man eine Beitragsfreiheit verneine. Es ergebe mit Blick auf die Gleichstellungsregelung in § 239 S. 2 SGB V Sinn, die Beitragsfreiheit auch für den Personenkreis bestehen zu lassen, bei dem eine Rentenzahlung eingestellt worden sei. Sie sei im entsprechenden Verwaltungsverfahren nicht anders zu behandeln als jeder sonstige Rentenantragsteller.
Mit Urteil vom 15.11.2023 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe die Beiträge zu Recht festgesetzt, da die Mitgliedschaft der Klägerin nicht beitragsfrei sei. Eine entsprechende Anwendung der Regelung des § 225 S. 1 Nr. 3 SGB V auf Personen, denen die Rente entzogen worden ist, komme mangels einer planwidrigen Regelungslücke nicht in Betracht. Der Gesetzgeber habe für Personen, denen die Rente entzogen wurde, eine ausdrückliche Bezugnahme auf die Regelungen der Beitragsbemessung für Rentenantragsteller in § 239 Satz 2 SGB V vorgenommen. Ein solcher Verweis fehle gerade im Hinblick auf eine etwaige Beitragsfreiheit dieser Gruppe im Vergleich zu der Regelung des § 225 Satz 1 Nr. 3 SGB V für Rentenantragsteller. Den Gesetzesmaterialien sei eine Gleichstellung von Personen, die gegen den Entzug der Rente Klage erhoben haben, mit Rentenantragstellern lediglich hinsichtlich der Beitragsbemessung zu entnehmen.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 08.01.2024 zugestellte Urteil am 24.01.2024 Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie ihr Vorbringen wiederholt und vertieft. Aus § 239 S. 2 SGB V ergebe sich eine Gleichstellung zwischen Rentenantragstellern und solchen Personen, bei denen die Rentenzahlung eingestellt wurde. Es sei auch kein sachlicher Grund für eine Unterscheidung dieser Personenkreise erkennbar.
Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 11.09.2024 den Rechtsstreit im Wege des Teilunterwerfungsvergleichs auf den Bescheid der Beklagten vom 14.03.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.06.2022 beschränkt. Die Beklagte hat sich verpflichtet, das Ergebnis des Verfahrens bei einem rechtskräftigen Obsiegen der Klägerin entsprechend auf die Beitragsbescheide für Januar, Juli und Dezember 2023, mit denen Beiträge ebenfalls nach der jeweils geltenden Mindestbemessungsgrundlage festgesetzt wurden, zu übertragen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 15.11.2023 und den Bescheid der Beklagten vom 14.03.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.06.2022 aufzuheben.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und ist der Auffassung, dass sich § 225 S. 1 Nr. 3 SGB V ausschließlich auf den Personenkreis der Rentenantragsteller beziehe. Da die Klägerin diesem nicht zugehörig sei, komme eine Beitragsfreiheit nach dieser Regelung nicht in Betracht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die als Anfechtungsklage statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage zu Recht abgewiesen.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist infolge des Teilunterwerfungsvergleichs der Beteiligten allein der Beitragsbescheid vom 14.03.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.06.2022 (§ 95 SGG), auf deren Überprüfung die Klägerin ihr Begehren beschränkt hat. Nachfolgende Beitragsbescheide sind mithin nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens.
Der Bescheid vom 14.03.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.06.2022 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin daher im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Die Beklagte hat zu Recht Beiträge zu Lasten der Klägerin als Beitragsschuldnerin sowohl für die GKV (dazu I) als auch für die PV (dazu II) festgesetzt.
I. Die Klägerin, die Mitglied der Beklagten zu 1 ist, ist seit dem 01.03.2022 nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) pflichtversichert. Ihre versicherungspflichtige Mitgliedschaft endete durch den Entzug der Erwerbsminderungsrente nicht. Nach § 190 Abs. 11 Nr. 1 SGB V (in der aktuellen und wortgleich in der einschlägigen, vom 01.01.2020 bis 31.12.2022 geltenden Fassung vom 14.12.2019) endet die Mitgliedschaft versicherungspflichtiger Rentner mit Ablauf des Monats, in dem der Anspruch auf Rente wegfällt oder die Entscheidung über den Wegfall oder den Entzug der Rente unanfechtbar geworden ist, frühestens mit Ablauf des Monats, für den letztmalig Rente zu zahlen ist. Die Entscheidung der DRV über den Entzug der Rente ist wegen des weiterhin anhängigen Klageverfahrens S 23 R 58/23, Sozialgericht Münster, noch nicht unanfechtbar.
Als versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten zu 1 hat die Klägerin, soweit das SGB V nichts Abweichendes bestimmt, nach § 223 Abs. 1 SGB V Beiträge für jeden Kalendertag der Mitgliedschaft zu zahlen, die sie nach § 250 SGB V selbst zu tragen hat, da sie weder versicherungspflichtig beschäftigt ist (§ 249 SGB V) noch über laufende Rentenbezüge verfügt (§ 249a SGB V).
Das SGB V bestimmt zu dieser grundsätzlich bestehenden Beitragspflicht im Fall der Klägerin auch nichts Abweichendes i.S. von § 223 Abs. 1 SGB V. Die Klägerin ist insbesondere nicht nach der allein in Betracht kommenden Ausnahmevorschrift des § 225 S. 1 Nr. 3 1. Alt. SGB V beitragsfrei. Weder ist die Vorschrift unmittelbar auf sie anwendbar (dazu 1) noch ist sie dem Personenkreis, auf den § 225 SGB V Anwendung findet, nach § 239 S. 2 SGB V gleichzustellen (dazu 2). Die Norm ist auch nicht analog zu Gunsten der Klägerin anwendbar (dazu 3).
1. Die Klägerin ist nicht in unmittelbarer Anwendung von § 225 SGB V beitragsfrei. Nach dessen Satz 1 ist der Personenkreis der Rentenantragsteller unter bestimmten Voraussetzungen beitragsfrei. Für die Klägerin käme zwar, wäre die Vorschrift auf sie anwendbar, Beitragsfreiheit nach Nr. 3 in Betracht, da sie, soweit nach Aktenlage erkennbar und wovon die Beteiligten übereinstimmend ausgehen, ohne die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V nach § 10 SGB V versichert wäre.
Zu dem in § 225 S. 1 SGB V genannten Personenkreis gehört die Klägerin jedoch nicht. Die Vorschrift erfasst nach ihrem eindeutigen Wortlaut (vgl. auch Peters in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl. 2020 <Stand: 16.12.2021>, § 239 SGB V, Rn. 23) lediglich Rentenantragsteller. Die Klägerin ist keine Rentenantragstellerin, sondern war bereits Bezieherin einer Rente, deren Zahlung die DRV allerdings eingestellt hat. Das Gesetz unterscheidet indes auch systematisch, wie sich aus §§ 225 und 239 SGB V ergibt, zwischen Rentnern und Rentenantragstellern.
Der Umstand, dass die Klägerin sich gerichtlich gegen den Entzug der Rente durch den Rentenversicherungsträger wendet, macht sie nicht zur Rentenantragstellerin. Sie steht rechtlich auch ohne laufende Rentenbezüge mangels bestandskräftiger Rentenentziehung weiterhin einer Rentnerin gleich. Entgegen ihrer Auffassung können Widerspruch und Klage gegen den Entziehungsbescheid weder begrifflich noch inhaltlich einem Rentenantrag gleichstellt werden. Die Klägerin hat eben keinen – von ihr so bezeichneten – „Verlängerungsantrag“ gestellt, sondern Rechtsmittel gegen den Rentenentzug eingelegt. Hierdurch wird sie entgegen ihrer Auffassung nicht gleichsam zur „Rentenantragstellerin im Rechtsmittelverfahren“; dem steht systematisch schon die Regelung in § 239 S. 2 SGB V entgegen, die sich als überflüssig erwiese, zählten Personen, bei denen die Rentenzahlung eingestellt wird, ohnehin zu den von Satz 1 der Regelung und § 225 S. 1 SGB V erfassten Rentenantragstellern.
2. Die Klägerin ist dem Personenkreis der durch § 225 S.1 SGB V begünstigten Rentenantragsteller auch nicht nach § 239 S. 2 SGB V gleichzustellen. Nach § 239 S. 1 SGB V wird die Beitragsbemessung bei Rentenantragstellern für die Zeit der Rentenantragstellung bis zum Beginn der Rente durch den GKV-Spitzenverband geregelt. „Dies“ gilt nach Satz 2 der Vorschrift auch für Personen, bei denen die Rentenzahlung eingestellt wird, bis zum Ablauf des Monats, in dem die Entscheidung über Wegfall oder Entzug der Rente unanfechtbar geworden ist.
Nach seinem Wortlaut bezieht sich § 239 S. 2 SGB V lediglich auf die Beitragsbemessung nach § 239 S. 1 SGB V. Nur hierfür, nicht das „ob“ der Beitragserhebung, findet eine Gleichstellung stattfinden (so auch: BeckOGK/Peters <Stand: 01.04.2015>, SGB V § 239 Rn. 5; a.A. aber: Gerlach in Hauck/Noftz SGB V <Stand: XI/2011>, § 239 Rn. 6; S. Schmidt in Remmert/Gokel, GKV-Kommentar SGB V <Stand: VIII/2020>, § 239 Rn. 12; Vossen in Krauskopf, SozKV <Stand: VI/2019>, § 239 Rn. 5). Die Frage „ob“ Beiträge zu erheben sind, ist regelungstechnisch gleichsam vor die Klammer gezogen, wenn § 225 S. 1 SGB V für „bestimmte Rentenantragsteller“ Beitragsfreiheit vorsieht. Dafür spricht nicht zuletzt die systematische Stellung des § 239 SGB V im 8.Kapitel 1. Abschnitt 2.Kapitel („Beitragspflichtige Einnahmen der Mitglieder“). § 225 hingegen findet sich im 1. Kapitel („Aufbringung der Mittel“).
Die Annahme einer über § 239 S. 1 SGB V weitreichenden „Gleichstellung“ von Rentenantragstellern mit Personen, bei denen die Rentenzahlung eingestellt wird, ist mithin weder nach dem Wortlaut noch aus systematischen Gründen gerechtfertigt. Auch die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 11/2237, 224f. <zu § 248 SGB V-E>) gibt für eine solche Auslegung nichts her, wenn dort ausgeführt ist:
„Nach Satz 1 sollen Rentenantragsteller mit Ausnahme der in § 234 genannten Personen bei der Beitragsberechnung wie freiwillige Mitglieder behandelt werden. […]. Nach Satz 2 werden Personen, die gegen den Entzug der Rente Klage erhoben haben, den Rentenantragstellern gleichgestellt. Damit wird vermieden, daß die Mitgliedschaft für die Dauer des Klageverfahrens mangels beitragspflichtiger Einnahmen nach § 246 beitragsfrei durchgeführt werden muß“.
Die insoweit formulierte Zwecksetzung („damit“) macht deutlich, dass der Gesetzgeber allein die Beitragsbemessung, keineswegs aber Regelungen zur Beitragsfreiheit im Blick hatte.
3. § 225 SGB V kann auch nicht in analoger Anwendung zu Gunsten der Klägerin herangezogen werden (gegen eine analoge Anwendung auf einen anderen als den ausdrücklich genannten Personenkreis auch: Peters in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, a.a.O. Rn. 23).
Dabei spricht zur Überzeugung des Senats ohnehin viel dafür, dass eine analoge Anwendung bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil § 225 SGB V als Ausnahmevorschrift (zu § 223 Abs. 1 SGB V) nicht analogiefähig und zudem Lex specialis zu § 239 SGB V ist (vgl. hierzu: Hesral in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl. 2020 <Stand: 15.06.2020>, § 225 Rn. 3).
Jedenfalls scheidet eine analoge Anwendung aus, weil, wie bereits das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, eine planwidrige Regelungslücke nicht zu erkennen ist. Eine solche ist, neben einer vergleichbaren Sach- und Interessenlage, jedoch Voraussetzung für eine analoge Anwendung (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 23.07.2015 – B 8 SO 7/14 R –, Rn. 16 m.w.N.).
Auf die Ausführungen unter 2. wird insoweit zunächst verwiesen. Der Gesetzgeber hat – unbeschadet des Umstands, dass er ohnehin nur „bestimmte“ Rentenantragsteller von der Beitragspflicht ausgenommen hat – das Zusammenspiel von §§ 225, 239 SGB V gesehen. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats zweifelsfrei aus der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 11/2237, 224 f. <zu § 248 SGB V-E>: „Nach Satz 1 sollen Rentenantragsteller mit Ausnahme der in § 234 genannten Personen bei der Beitragsberechnung wie freiwillige Mitglieder behandelt werden. […]“). § 234 SGB V-E entspricht insoweit der hier maßgeblichen Fassung. Der Gesetzgeber hat, wie das Sozialgericht ebenfalls zu Recht ausgeführt hat, die Personengruppe, denen eine Rente entzogen worden ist, als eigenständige und von der Gruppe der Rentenantragsteller zu unterscheidende Gruppe im Zusammenhang mit den Regelungen zur Beitragsbemessung gesondert berücksichtigt, für sie aber ausdrücklich von einer Beitragsfreiheit abgesehen. Eine – noch dazu planwidrige – Regelungslücke liegt damit nicht vor.
Auch eine vergleichbare Sach- und Interessenlage hinsichtlich des in § 239 S.1 SGB V adressierten Personenkreises, zu dem die Klägerin zählt, mit derjenigen des Personenkreises der Rentenantragsteller lässt sich bei oberflächlicher Betrachtung allenfalls insoweit annehmen, als sich auch Personen nach dem Entzug ihrer Rente bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit der entsprechenden Entscheidung wie Rentenantragsteller in der Zeit bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung über ihren Rentenanspruch in einer Art Schwebezustand befinden. Denn ein Anspruch auf Rentenzahlungen besteht nicht, weil die Anfechtungsklage nach § 86a Abs. 2 Nr. 3 SGG keine aufschiebende Wirkung hat.
Beitragsfreiheit nach § 225 SGB V soll jedoch insbesondere solchen Personen zukommen, bei denen es als gesichert angesehen werden kann, dass etwa eine Rente wegen Todes zugebilligt werden wird, und denen bei rückwirkendem Rentenbeginn die Beitragsteile erstattet werden müssten (Hesral, a.a.O. Rn. 15; Gerlach, a.a.O. Rn. 5). Der Zweck der Vorschrift liegt damit vornehmlich in der Vermeidung von Verwaltungsaufwand durch die vorläufige Erhebung und nachträgliche Erstattung von Beiträgen (Klose in Jahn/Sommer, SGB V <Stand: 30.04.2021>, § 225 Rn. 3). Nach dem Entzug einer Rente ist eine vergleichbar gesicherte Prognose hinsichtlich des fortdauernden Bezugs der Rente bei typisierender Betrachtung nicht begründet.
Der Senat vermag nach alledem auch keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung i.S. eines Verstoßes gegen Art. 3 GG zu erkennen. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (BVerfG, Beschluss vom 21.06.2006 – 2 BvL 2/99 –, BVerfGE 116, 164 Rn. 69 m.w.N.). Die Klägerin ist der Vergleichsgruppe der Rentenantragsteller aber nach dem oben eingehend Ausgeführten gerade nicht gleichzustellen.
4. Die zu Lasten der Klägerin festgesetzten Beiträge sind auch in der Höhe nicht zu beanstanden, was auch die Klägerin nicht bestreitet. Sie ergeben sich aus § 239 S. 3 i.V.m. § 240 SGB V und § 3 Abs. 3 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler des GKV-Spitzenverbandes und können bereits deshalb nicht zu hoch bemessen sein, weil die Beiträge nach der für das Jahr 2022 geltenden Mindestbemessungsgrundlage gemäß § 240 Abs. 1 S. 1 SGB V festgesetzt wurden.
II. Die Klägerin ist als versicherungspflichtiges Mitglied der GKV auch pflichtversichert in der PV (§ 20 Abs. 1 S. 1 SGB XI in der aktuellen und wortgleich in der einschlägigen, vom 01.01.2020 bis 31.12.2022 geltenden, Fassung vom 14.12.2019).
Die Klägerin ist auch in der Pflegeversicherung nicht beitragsfrei. Beitragsfreiheit in der Pflegeversicherung besteht nach § 56 Abs. 2 S. 1 SGB XI (in der aktuellen und wortgleich in der einschlägigen, vom 01.09.2021 bis 31.12.2023 geltenden, Fassung vom 15.02.2021) nur vom Zeitpunkt der Rentenantragstellung bis zum Beginn der Rente, nicht darüber hinaus.
Schließlich ist auch insoweit die Höhe der Beitragsfestsetzung nicht zu beanstanden und entspricht den Regelungen der §§ 55 (in der einschlägigen, vom 01.01.2022 bis 31.12.2022 geltenden, Fassung vom 11.07.2021), 57 SGB XI (in der einschlägigen, vom 20.07.2021 bis 30.09.2022 geltenden, Fassung vom 11.07.2021).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 SGG.
IV. Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der sich stellenden Rechtsfragen zugelassen.