1. Ein rechtmäßiger Aufenthalt – als Voraussetzung für die Bewilligung von Berufsausbildungsförderung für Asylbewerber nach früherem Recht – war zu erwarten, wenn eine positive Perspektive für einen rechtmäßigen Verbleib in der Bundesrepublik festgestellt werden konnte.
2. Auf die Erwartung, nach Abschluss des Asylverfahrens eine Duldung zu erhalten, kommt es nicht an, da der für die Auslegung herangezogene Begriff der „Bleibeperspektive“ im Rechtssinne und nicht im Wortsinne zu verstehen ist.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 27. Juli 2023 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben auch für das Berufungsverfahren einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Überprüfungsverfahren über die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) für die betriebliche Ausbildung des Klägers.
Der im Oktober 1998 geborene Kläger ist guinesischer Staatsangehöriger. Er ist am 21. Januar 2016 nach Deutschland eingereist. Nach seinen Angaben sind beide Elternteile, die nicht europäische Staatsbürger waren, verstorben. Er erhielt nachfolgend vom Landkreis Ostprignitz-Ruppin Kosten des Lebensunterhaltes und Hilfe zur Erziehung für junge Erwachsene in Form der Heimerziehung. Er stellte am 18. Februar 2016 einen Asylantrag und lebte nachfolgend ununterbrochen in Deutschland.
Am 14. Mai 2018 unterzeichnete der Kläger einen Berufsausbildungsvertrag für eine am 1. August 2018 beginnende 2jährige Ausbildung zum Verkäufer bei einem Lebensmittelmarkt in R. Die Ausbildungsvergütung sollte im ersten Lehrjahr 560 Euro monatlich und im 2. Ausbildungsjahr 628 Euro monatlich betragen. Am 14. Juni 2018 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von BAB und nahm die Ausbildung am 1. August 2018 auf.
Zu diesem Zeitpunkt war sein Asylverfahren noch nicht abgeschlossen. Der Kläger verfügte nicht über eine Aufenthaltserlaubnis, sein Aufenthalt war zum Zwecke der Durchführung des Asylverfahrens befristet gestattet.
Mit Bescheid vom 3. August 2018 lehnte die Beklagte den Antrag auf BAB mit der Begründung ab, die Voraussetzungen einer Bewilligung seien im Fall des Klägers nicht erfüllt. Einen am 10. September 2018 von einer bevollmächtigten Sozialarbeiterin für den Kläger erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Oktober 2018 als unzulässig zurück. Die Entscheidung wurde bestandskräftig.
Am 16. September 2018 bezog der Kläger eine eigene Wohnung. Aus Anlass der Veränderungsmitteilung überprüfte die Beklagte die Ablehnungsentscheidung und teilte dem Kläger mit Bescheid vom 5. November 2018 mit, dass es bei der Entscheidung vom 3. August 2018 verbleibe. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. Dezember 2018 als unbegründet zurück. Der Kläger gehöre nicht zum förderfähigen Personenkreis für Leistungen nach § 59 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) i.V.m. § 8 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Die dem Kläger bis zum Abschluss des Asylverfahrens erteilte Aufenthaltsgestattung stelle keinen Aufenthaltstitel dar, der eine Bewilligung von BAB ermögliche. Auch nach § 132 Abs. 1 Satz 1 SGB III gehöre der Kläger nicht zum förderfähigen Personenkreis, da ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt nicht zu erwarten sei. Dies sei nur der Fall, wenn die Menschen eine gute Bleibeperspektive hätten. Menschen aus Guinea hätten nach den Festlegungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) keine gute Bleibeperspektive. Auch diese Entscheidung wurde bestandskräftig.
Einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes lehnte das Sozialgericht Neuruppin mit Beschluss vom 11. Dezember 2018 (S 12 AL 161/18 ER) mit der Begründung ab, der Kläger gehöre nicht zum förderungsfähigen Personenkreis. Eine Beschwerde wurde hiergegen nicht erhoben.
Mit Schreiben vom 25. Januar 2019 beantragte der Kläger – nun anwaltlich vertreten – die Überprüfung der Bescheide vom 3. August und 5. November 2018. Zur Begründung des Anspruchs verwies er auf eine Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg (L 18 AS 182/17 B ER) und eine Anweisung der Regionaldirektion Baden-Württemberg vom 25. Oktober 2018, danach sei die Bleibewahrscheinlichkeit von Jugendlichen mit Aufenthaltsgestattung unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Regelung grundsätzlich analog der Personen in der Ausbildungsduldung zu beurteilen, so lange von der Ausländerbehörde keine Ausschlussgründe (vgl. § 60a Abs. 2 und 6 Aufenthaltsgesetz [AufenthG] – wie z.B. Straffälligkeit, fehlende Mitwirkung bei der Passbeschaffung) bekannt seien.
Mit Bescheid vom 29. Januar 2019 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag ab. Das Recht sei nicht falsch angewandt worden. Das Rundschreiben der Regionaldirektion betreffe einen anderen Sachverhalt, nämlich eine ergänzende Leistung, um Sprachbarrieren abzubauen und ggf. Stützunterricht zu fördern. Eine Förderung des Klägers sei bis zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht möglich. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. März 2019 zurück.
Mit seiner gegen die Ablehnung vor dem Sozialgericht Neuruppin erhobenen Klage hat der Kläger die Ansicht vertreten, zum förderfähigen Personenkreis zu gehören. Bei ihm sei unabhängig vom Ausgang des Asylverfahrens ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt im Sinne des § 132 Abs. 1 SGB III zu erwarten, da er selbst bei Verzicht auf seine asylverfahrensrechtlichen Ansprüche nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG (idF vom 20. Juli 2017) für die Dauer seiner Ausbildung einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung und nach deren Abschluss gemäß § 18a Abs. 1a AufenthG (idF vom 31. Juli 2016) einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für zwei weitere Jahre habe. § 59 SGB III sei hinsichtlich der Bleibeperspektive dahin auszulegen, dass eine Gleichbehandlung mit Personen mit Aufenthaltsduldung erfolge.
Einen weiteren Antrag des Klägers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat das Sozialgericht Neuruppin mit Beschluss vom 7. März 2019 (S 15 AL 8/19 ER) unter Bezugnahme auf die gerichtliche Entscheidung vom 11. Dezember 2018 abgelehnt. Auch für eine Folgenabwägung sei kein Raum, da der Kläger nicht unter den förderfähigen Personenkreis falle, insbesondere da unter Berücksichtigung der obergerichtlichen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit kein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt des Klägers zu erwarten sei. Auf die hiergegen erhobene Beschwerde hat das LSG Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 2. April 2019 (L 18 AL 45/19 B ER) den erstinstanzlichen Beschluss teilweise aufgehoben und die Beklagte zur vorläufigen Gewährung von BAB für die Zeit vom 5. Februar 2019 bis 31. Juli 2019 verpflichtet. Zur Begründung hat der 18. Senat ausgeführt, dass der Kläger im Rahmen der Folgenabwägung einen Anspruch auf Gewährung von „existenzmitsichernder“ BAB habe. Die obergerichtliche verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zu § 44 AufenthG dürfte nicht ohne Weiteres auf § 132 SGB III übertragbar sein (Hinweis auf Bundesverfassungsgerichts [BVerfG], Beschluss vom 28. September 2017 – 1 BvR 1510/17).
Mit Bescheid vom 5. April 2019 hat die Beklagte die gerichtliche Entscheidung umgesetzt und dem Kläger für die Zeit vom 5. Februar 2019 bis 31. Juli 2019 monatlich 167 Euro bewilligt. Mit Änderungsbescheid vom 23. Oktober 2019 hat die Beklagte dem Kläger vorläufig bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens BAB auch für die Zeit vom 1. August 2019 bis zum 31. Juli 2020 in Höhe von monatlich 262 Euro gewährt.
Mitte August 2020 hat der Kläger die Ausbildung – nach kurzzeitiger Verlängerung wegen einer Nachprüfung – erfolgreich abgeschlossen. Einen Antrag auf Weiterbewilligung von BAB auch für August 2020 hat der Kläger nicht eingereicht.
Das Asylverfahren des Klägers endete nach abschlägiger Entscheidung seines Asylantrages und Rücknahme der gegen diese Entscheidung erhobenen Klage im März 2021. Nachfolgend wurde dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis nach § 19d AufenthG (idF vom 1. März 2020) erteilt.
Mit Urteil vom 27. Juli 2023 hat das Sozialgericht Neuruppin die gegen die ablehnende Überprüfungsentscheidung gerichtete Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 3. August 2018, da die Beklagte die Gewährung von BAB im Ergebnis zur Recht abgelehnt habe. Der Kläger gehöre nicht zum förderfähigen Personenkreis. Er erfülle die Voraussetzungen der §§ 59 und 132 SGB III nicht. Es sei nicht zu erkennen, dass die damalige Prognose der Beklagten, dass beim Kläger kein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten sei, falsch gewesen sei oder auf unsachlichen Erwägungen beruht habe. Ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt sei nur zu erwarten, wenn eine positive Bleibeperspektive festgestellt werden könne. Hierfür müsse aus einer ex-ante Sicht und nach § 448 SGB III auf den Zeitpunkt der Erstantragstellung abstellend, hier auf den 14. Juni 2018, eine überwiegend wahrscheinliche Aussicht bestehen, dass dem Kläger ein Status als Flüchtling oder ein subsidiärer Schutz zuerkannt werde, wofür auf die Gesamtschutzquote abzustellen sei. Diese liege für das Herkunftsland des Klägers von Januar bis April 2019 mit 13,3 Prozent und im Jahr 2017 mit 13,5 Prozent deutlich unter 50 Prozent. Für Januar bis Juni 2018 sei keine solche Quote ausgewiesen worden. Im Rahmen einer Würdigung des konkreten Einzelfalls ergebe sich nichts anderes. Insbesondere ergebe sich keine gute Bleibeperspektive daraus, dass der Kläger nach Abschluss der Ausbildung für eine der Ausbildung entsprechende Beschäftigung eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18a Abs. 1a AufenthG hätte erhalten können. Würde die bloße Aussicht auf eine Duldung zum Zwecke der Ausbildung und auf eine anschließende Aufenthaltserlaubnis eine gute Bleibeperspektive vermitteln, wäre die dort geregelte Voraussetzung schlicht überflüssig, da jeder Ausländer diese mit der Aufnahme einer Ausbildung automatisch erfüllen würde. Zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten sei nicht absehbar gewesen, dass der Kläger bei Rücknahme der Klage gegen die Ablehnung seines Asylantrages eine Aufenthaltserlaubnis nach dem erst zum 1. März 2020 in der zugrunde liegenden Fassung in Kraft getretenen § 19d AufenthG erhalten werde. Der Gesetzgeber habe in Kenntnis dieser Problematik mit Wirkung zum 1. August 2019 in § 60 Abs. 3 SGB III nunmehr ausdrücklich festgelegt, dass Ausländerinnen und Ausländer, die wie der Kläger eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz (AsylG) besitzen, während einer Berufsausbildung nicht zum Bezug von Berufsausbildungsbeihilfe berechtigt seien.
Der Kläger hat gegen die seiner Bevollmächtigten am 5. September 2023 zugestellten Entscheidung am 5. Oktober 2023 Berufung eingelegt. Die Rechtsansicht des Sozialgerichts lasse sich schon aus gesetzessystematischen Gründen nicht halten. Die Orientierung an der sog. Gesamtschutzquote des BAMF finde im Gesetz keine Stütze. Ferner habe er sich auf die damals geltende Regelung in § 18a Abs. 1a AufenthG und nicht auf die erst später in Kraft getretene Regelung in § 19d AufenthG bezogen. Das Sozialgericht verwechsele die Rechtswirkung von Duldung und Aufenthaltserlaubnis. Die Auffassung des Sozialgerichts, dass mit der Fassung des damaligen § 132 SGB III keine Ausbildungsförderung gewollt gewesen sei, treffe nicht zu. Die auch von der Wirtschaft beklagte „Förderlücke“ für Auszubildende mit Aufenthaltsgestattung habe in vielen Fällen zu Ausbildungsabbrüchen geführt, da Asylantragsteller wie er nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) i.V.m. § 22 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) einem Leistungsausschluss während einer dem Grunde nach förderfähigen Ausbildung unterlegen hätten. Im Kontext der Streichung des § 132 SGB III sei auch dieser Leistungsausschluss aufgegeben worden. Zudem ergebe sich aus der diesbezüglichen Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/10053, S. 25), dass auch der Gesetzgeber eine tragfähige Bleibeperspektive für Gestattete mit Aussicht auf eine Ausbildungsduldung und auf eine Erlaubnis zur Beschäftigung sehe. Damit sei die Auffassung des Sozialgerichts und der von ihm zitierten Rechtsprechung überholt. Insoweit werde auf die einzig folgerichtige Schlussfolgerung des Schleswig-Holsteinischen LSG in der Entscheidung vom 19. Dezember 2018 – L 3 AL 193/18 B ER – Bezug genommen, wonach der systematischen und teleologischen Auslegung des § 132 SGB III ein Anspruch auf Ausbildungsförderung für Gestattete zu entnehmen sei. Denn Folge der Auslegung des Sozialgerichts sei, dass Asylsuchende wie er nur um den Preis des Verzichts auf ihre Asyl(verfahrens)rechte in den Genuss der Förderung ihrer betrieblichen Berufsausbildung kommen könnten. Die Unterscheidung zwischen Asylsuchenden im noch nicht beendeten und im beendeten Asylverfahren stelle eine verbotene Ungleichbehandlung dar. Die Argumentation des Sozialgerichts lasse sich schließlich nicht auf § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG stützen, da die rechtlichen Überlegungen nicht übertragbar seien.
Aus dem Vorbringen des Klägers folgt sein Antrag,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Neuruppin vom 27. Juli 2023 und des Überprüfungsbescheides vom 29. Januar 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2019 zu verpflichten, den Ablehnungsbescheid vom 3. August 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2018 aufzuheben und ihm ab 1. August 2018 – für die Zeit ab 5. Februar 2019 endgültig –Berufsausbildungsbeihilfe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich jeweils mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte der Beklagten.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung über die Berufung entscheiden, weil die Beteiligten sich zuvor mit dieser Vorgehensweise einverstanden erklärt hatten.
Die Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG), aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat die zulässige kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, Abs. 4 SGG) zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen.
Gegenstand des Verfahrens ist neben dem erstinstanzlichen Urteil der Überprüfungsbescheid der Beklagten vom 29. Januar 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2019. Mit diesem hat die Beklagte die Änderung des Ablehnungsbescheides vom 3. August 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2018 abgelehnt. Der Antrag des Klägers war auszulegen. Es entspricht seinem Begehren, neben der Aufhebung des Überprüfungsbescheides auch die Verpflichtung der Beklagten zu erreichen, den bestandskräftigen Ablehnungsbescheid vom 3. August 2018 aufzuheben, der einer Bewilligung von BAB entgegensteht. Darüber hinaus hat er die begehrte Leistung für die Zeit ab 5. Februar 2019 bereits vorläufig erhalten, so dass es ihm insoweit nur um eine endgültige Bewilligung geht. Es entspricht ferner seinem Interesse, eine Entscheidung in Form eines Grundurteils (§ 130 SGG) zu erhalten, da lediglich über seine Anspruchsberechtigung dem Grunde nach gestritten wird.
Zu Recht verfolgt der Kläger mit der hiesigen Klage und Berufung nicht auch die Aufhebung des (ersten) Überprüfungsbescheides vom 5. November 2018, da dessen Aufhebung ihm keine Vorteile bringen würde. Dieser Überprüfungsbescheid steht dem Verpflichtungs- und Leistungsbegehren des Klägers nicht entgegen.
1.
Der angefochtene Überprüfungsbescheid vom 29. Januar 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zu Recht hat die Beklagte die Änderung des zur Überprüfung gestellten Bescheides abgelehnt.
a. Rechtsgrundlage des Überprüfungsbegehrens ist § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Nach § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses, bewertet aus Sicht zum Zeitpunkt der Überprüfungsentscheidung (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 28. Oktober 2014 – B 14 AS 39/13 R, Rn. 20, juris; Schütze/Schütze, 9. Aufl. 2020, SGB X § 44 Rn. 11 m.w.N.) Vorliegend hat der Kläger für die Aufnahme seiner Ausbildung zum 1. August 2018 einen Antrag auf BAB gestellt, der mit dem überprüften Bescheid vom 3. August 2018 von der Beklagten abgelehnt worden ist. Einen Widerspruch hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. September 2018 als unzulässig zurückgewiesen. Maßgeblich ist daher die Sach- und Rechtslage im Jahr 2018.
b. Zu Recht hat die Beklagte mit Bescheid vom 3. August 2018 den Antrag auf BAB abgelehnt. Der Kläger erfüllte ab 1. August 2018 – und auch nachfolgend – nicht die Voraussetzungen für einen Anspruch auf BAB, da er nicht zum förderungsfähigen Personenkreis gehörte. Dies hat das Sozialgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung dargelegt.
Nach § 56 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31. Juli 2019 geltenden Fassung des Gesetzes (künftig a.F.) haben Auszubildende Anspruch auf BAB während einer Berufsausbildung, wenn 1. die Berufsausbildung förderungsfähig ist, 2. sie zum förderungsfähigen Personenkreis gehören und die sonstigen persönlichen Voraussetzungen für eine Förderung erfüllt sind und 3. ihnen die erforderlichen Mittel zur Deckung des Bedarfs für den Lebensunterhalt, die Fahrkosten und die sonstigen Aufwendungen (Gesamtbedarf) nicht anderweitig zur Verfügung stehen.
Der Kläger war Auszubildender und die von ihm absolvierte, erste Berufsausbildung als Verkäufer war förderfähig, da es sich um einen staatlich anerkannten Ausbildungsberuf handelt, § 57 Abs. 1 und 2 SGB III. Die erforderlichen Mittel zur Deckung des Bedarfs für den Lebensunterhalt standen dem Kläger nicht anderweitig zur Verfügung, was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist. Der Kläger gehörte jedoch nicht zum förderungsfähigen Personenkreis.
aa. Der Kläger gehörte nicht nach § 59 SGB III a.F. zum förderungsfähigen Personenkreis.
Die Voraussetzungen sind des § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. nicht erfüllt. Der Kläger war nicht Deutscher oder Unionsbürger, nicht Ehegatte, Lebenspartner oder Kind eines Unionsbürgers, nicht Staatsangehöriger eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, nicht anerkannter Flüchtling und nicht heimatloser Ausländer.
Der Kläger gehörte auch nicht zum förderungsfähigen Personenkreis nach § 59 Abs. 1 Satz 2 SGB III a.F. i.V. m. § 8 Abs. 2 und 4 BAföG. Er war nicht Ausländer mit einer der in § 8 Abs. 2 BAföG genannten Aufenthaltserlaubnis und nicht Ehegatte oder Lebenspartner i.S.v. § 8 Abs. 4 BAföG. Dass Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, nach denen anderen Ausländern Ausbildungsförderung zu leisten ist, auf ihn Anwendung finden könnten, ist nicht ersichtlich (§ 59 Abs. 1 Satz 2 SGB III a.F. i. V. m. § 8 Abs. 5 BAföG).
Der Kläger gehörte nicht zum förderungsfähigen Personenkreis nach § 59 Abs. 2 SGB III a.F., da er nicht geduldeter Ausländer im Sinne des § 60a AufenthG war.
Auch der persönliche Anwendungsbereich des § 59 Abs. 3 SGB III a.F. ist nicht eröffnet, da der Kläger weder fünf Jahre lang vor Beginn der Berufsausbildung im Inland rechtmäßig erwerbstätig gewesen ist (Nr. 1) noch ein Elternteil von ihm sich im Inland aufgehalten hat und rechtmäßig erwerbstätig gewesen ist (Nr. 2).
bb. Der Kläger gehörte auch nicht zum förderungsfähigen Personenkreis nach der Sonderregelung für die Ausbildungsförderung von Ausländerinnen und Ausländern in § 132 SGB III a.F.
§ 132 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III a.F. findet auf den Kläger keine Anwendung, da von der Vorschrift berufsvorbereitende Maßnahmen gemäß § 51 SGB III, ausbildungsbegleitende Hilfen nach § 75 SGB III und assistierte Ausbildungen nach § 130 SGB III erfasst werden, der Kläger jedoch eine Berufsausbildung absolvierte.
Auch der Anwendungsbereich von § 132 Abs. 2 SGB III a.F. ist für den Kläger nicht eröffnet, da dieser lediglich geduldete Ausländer nach § 60a AufenthG erfasst. Der Kläger verfügte jedoch nicht über eine ausländerrechtliche Duldung, sondern (nur) über eine Gestattung.
Der Anwendungsbereich von § 132 Abs. 3 SGB III a.F. ist für den Kläger nicht eröffnet, da dieser Ausländerinnen und Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis erfasst, über die der Kläger nicht verfügte.
cc. Maßgeblich war somit allein, ob der Kläger zum förderungsfähigen Personenkreis nach § 132 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III a.F. gehörte. Das war nach zutreffender Entscheidung des Sozialgerichts nicht der Fall.
Nach § 132 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III a.F. gehören Ausländerinnen und Ausländer, bei denen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist, zum förderungsfähigen Personenkreis nach § 59 SGB III für Leistungen nach den §§ 56 und 122 SGB III, wenn ihr Aufenthalt seit mindestens 15 Monaten gestattet ist. Bei einem Asylbewerber, der aus einem sicheren Herkunftsstaat nach § 29a AsylG stammt, wird vermutet, dass ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt nicht zu erwarten ist (Satz 2). Die oder der Auszubildende wird bei einer Berufsausbildung ergänzend zu § 60 Abs. 1 Nr. 1 SGB III nur mit Berufsausbildungsbeihilfe gefördert, wenn sie oder er nicht in einer Aufnahmeeinrichtung wohnt (Satz 3). Satz 4 erfasst – hier nicht einschlägig – berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen.
Zwar wurde § 132 SGB III a.F. durch das zum 1. August 2019 in Kraft getretene Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern vom 8. Juli 2019 (Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetz – BGBl. 2019 Teil I, S. 1029 ff.) aufgehoben. Jedoch ist gemäß § 448 Satz 1 SGB III die Sonderregelung des § 132 SGB III i.V.m. § 59 SGB III in der jeweils bis zum 31. Juli 2019 geltenden Fassung weiter anzuwenden für Fälle des § 132 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 SGB III, wenn – wie hier – vor dem 31. Dezember 2019 die laufende Ausbildung begonnen und der erste Antrag auf BAB oder Ausbildungsgeld gestellt wurde und die weiteren Anspruchsvoraussetzungen zu diesem Zeitpunkt vorlagen. § 448 Satz 2 SGB III bestimmt für die Voraussetzung, ob bei der Ausländerin oder dem Ausländer ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist, dass auf den Zeitpunkt der ersten Antragstellung abzustellen ist.
Der Kläger war bei Antragstellung Ausländer, hatte BAB nach § 56 SGB III beantragt und sein Aufenthalt war seit Beginn des Asylverfahrens im Februar 2016 bis zum Antrag auf BAB seit mehr als 15 Monaten gestattet. Er stammte nicht aus einem sicheren Herkunftsstaat nach § 29a AsylG, so dass die negative Vermutungsregelung des § 132 Abs. 1 Satz 2 SGB III a.F. nicht eingreift. Schließlich wohnte er nicht in einer Aufnahmeeinrichtung, sondern in einem von der Jugendhilfe des Landkreises geförderten Heim.
Der Kläger gehörte nicht zum förderungsfähigen Personenkreis nach § 132 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III a.F., da bei ihm ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zum maßgeblichen Prognosezeitpunkt nicht zu erwarten war. Ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt ist zu erwarten, wenn eine positive Perspektive für einen rechtmäßigen Verbleib in der Bundesrepublik festgestellt werden kann. Ein solch rechtmäßiger Aufenthalt war zum Zeitpunkt der maßgeblichen Verwaltungsentscheidung der Beklagten im Jahr 2018 jedoch nicht zu erwarten. Der Senat verweist insoweit zunächst auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung, § 153 Abs. 2 SGG. Ergänzend begründet der Senat die Entscheidung wie folgt:
(1) Für die Beurteilung, ob ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist, wird von den Beteiligten und der Rechtsprechung übereinstimmend auf den Begriff der „Bleibeperspektive“ abgestellt (Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 26. Juni 2020 – L 7 AL 60/19 –, Rn. 34, juris; Bayerisches LSG, Beschluss vom 8. April 2019 – L 10 AL 23/19 B ER –, Rn. 23, juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 16. November 2018 – L 11 AL 140/18 B ER –, Rn. 23, juris; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. April 2018 – L 9 AL 227/17 –, Rn. 14, juris). Jedoch legen die unterschiedlichen Ansichten dem Begriff ein unterschiedliches Verständnis zugrunde, einmal – zutreffend – im Rechtssinne, einmal – unzutreffend – im Wortsinne.
Für eine positive Bleibeperspektive im Rechtssinne muss eine überwiegend wahrscheinliche Aussicht darauf bestehen, dass dem Kläger ein Status als Flüchtling i.S.v. § 3 AsylG oder ein subsidiärer Schutz i.S.v. § 4 AsylG zuerkannt wird, mithin muss eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Anerkennung als Asylberechtigter bestehen (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 26. Juni 2020 – L 7 AL 60/19 –, Rn. 34, juris). Nicht ausreichend ist hingegen, ob der Kläger im Wortsinne eine Perspektive für einen tatsächlichen Verbleib in Deutschland hatte, etwa auf Grundlage einer späteren Duldung (a.A., einen längerfristigen Aufenthalt in Deutschland ausreichen lassend: Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 19. Dezember 2018 – L 3 AL 193/18 B ER –, Rn. 45, juris). Auf die Perspektive, nach Abschluss des Asylverfahrens eine Duldung zu erhalten, kommt es nicht an.
Denn nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut setzt § 132 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. einen zu erwartenden rechtmäßigen Aufenthalt voraus. Eine Duldung führt aber nicht zu einem rechtmäßigen Aufenthalt, sondern lediglich zu einer vorübergehenden Aussetzung der Abschiebung. Die Duldung gibt dem Ausländer kein Aufenthaltsrecht, der Aufenthalt bleibt vielmehr unrechtmäßig und die Pflicht zur unverzüglichen Ausreise besteht fort (zum Begriff: BeckOK AuslR/Kluth/Breidenbach, 43. Ed. 1.10.2024, AufenthG § 60a Rn. 6; Bergmann/Dienelt/Dollinger, 14. Aufl. 2022, AufenthG § 60a Rn. 4). Die Duldung ist eine Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung. Sie setzt die Vollziehbarkeit der Ausreise gerade voraus und lässt diese unberührt (Bienert, info also 2018, 104, 105 m.w.N.). Da der Begriff der „Bleibeperspektive“ zur Auslegung des Tatbestandsmarkmals „rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt“ herangezogen wird, kann der unrechtmäßige, aber geduldete Aufenthalt – der eine Bleibeperspektive im Wortsinne ermöglicht – nicht genügen. Ein Asylbewerber mit Aussicht auf eine Duldung zur Ausbildung und Berufsausübung mag zwar eine positive Perspektive für einen tatsächlichen Verbleib in Deutschland (im Wortsinne) haben. Jedoch genügt diese Aussicht allein nicht für eine Bleibeperspektive im Sinne von § 132 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F., da dies eine Perspektive auf einen rechtmäßigen Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland voraussetzt, die nur für Asylbewerber mit Aussicht auf eine Aufenthaltsgenehmigung besteht. Zu Recht verweist das Sozialgericht daher darauf, dass die vom Kläger favorisierte Auslegung des § 132 SGB III a.F., d.h. unter Berücksichtigung einer Bleibeperspektive nach dem Wortsinn, der Vorschrift den Anwendungsbereich nehmen würde, da bei einem Antrag auf BAB während eines laufenden Asylverfahrens entgegen der Entscheidungsvorgabe des Gesetzes stets die (tatsächliche) Bleibeperspektive zu bejahen wäre. Eine Auslegung, die der Norm den Anwendungsbereich nähme, geht jedoch fehl. Schließlich verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts, dass die Ausbildungsförderung für geduldete Ausländer in § 59 Abs. 2 SGB III a.F. ausdrücklich geregelt war.
Im Falle des Klägers war zum maßgeblichen Zeitpunkt kein rechtmäßiger Aufenthalt zu erwarten. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Sozialgericht zur Beurteilung der Wahrscheinlichkeit eines rechtmäßigen Aufenthaltes des Klägers nach Abschluss des Asylverfahrens auf die Gesamtschutzquote des Herkunftslandes des Klägers abgestellt hat. Dabei handelt es sich um die Anzahl der Asylanerkennungen, der Gewährungen von Flüchtlingsschutz und der Feststellungen eines Abschiebeverbotes bezogen auf die Gesamtzahl der Entscheidungen im betreffenden Zeitraum (Bienert, info also 2018, 104, 108; für eine differenzierende Handhabung Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III 6. Aufl. 2017, § 132 Rn. 10). Die Gesamtschutzquote ist dabei zunächst ein objektives Kriterium, das es im Rahmen der Massenverwaltung ermöglicht, hinreichend schnell und zuverlässig eine Prognose für die Bleibeperspektive von Ausländern, deren Aufenthalt zur Durchführung des Asylverfahrens gestattet ist und bei denen dieses noch nicht abgeschlossen ist, vorzunehmen (Hessisches LSG, Urteil vom 26. Juni 2020 – L 7 AL 60/19 –, Rn. 35, juris). Die Bewertung der Bleibeperspektive durch das Sozialgericht anhand der Gesamtschutzquote ist zutreffend, die Tatsachengrundlagen sind zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Dem folgt der Senat nach eigener Prüfung.
Jedoch kann nicht ausschließlich pauschalierend auf die Gesamtschutzquote abgestellt werden (so noch der Beschluss des Senats vom 3. Mai 2017 – L 14 AL 52/17 B ER – juris Rn. 29; aufgegeben mit Beschluss vom 24. Januar 2018 – L 14 AL 5/18 B ER –, juris Rn. 2). Vielmehr ist zusätzlich im Einzelfall zu prüfen, ob besondere Gründe eine Perspektive für einen rechtmäßigen Verbleib in der Bundesrepublik begründen können. Auch bei einer konkreten Würdigung des Einzelfalles ergibt sich vorliegend jedoch keine andere Beurteilung. Der fachkundig vertretene Kläger hat keine Gründe vorgetragen – und solche sind auch nicht ersichtlich –, die eine positive Bewertung der Perspektive auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung rechtfertigen würden. Auch wenn der Ablehnungsbescheid der Asylbehörde der Beklagten bei Erlass des Ablehnungsbescheides vom 3. August 2018 und des Widerspruchsbescheides vom 10. September 2018 noch nicht vorlag, sprechen dieser und das erfolglose verwaltungsgerichtliche Verfahren dafür, dass individuelle Gründe in der Person des Klägers, die eine Abweichung von der Gesamtschutzquote im Einzelfall gerechtfertigt hätten, tatsächlich auch nicht vorlagen.
(2) Die vom Kläger als Wertungswiderspruch gerügte Auslegung entspricht der aktuellen Rechtslage. Der Gesetzgeber hat mit dem zum 1. August 2019 in Kraft getretenen Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetz die bisherigen Anspruchsvoraussetzungen in § 60 Abs. 3 Satz 1 SGB III fortgeschrieben und ausdrücklich festgelegt, dass Ausländerinnen und Ausländer, die – wie der Kläger – (nur) eine Aufenthaltsgestattung nach dem AsylG besitzen, während einer Berufsausbildung nicht zum Bezug von BAB berechtigt sind.
Darin – und in der früheren Rechtslage – liegt nach Überzeugung des Senats keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung. Die unterschiedliche Gestaltung der Ansprüche ist durch den unterschiedlichen Verfahrensstatus der Personen im oder nach dem Asylverfahren gerechtfertigt. Es ist mit Blick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz verfassungsrechtlich daher nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber die Ansprüche auf Ausbildungsförderung differenziert gestaltet hat.
(3) Das BVerfG hat den Instanzgerichten aufgegeben, sich mit dem Vortrag auseinanderzusetzen, ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt sei gemäß § 60 a Abs. 2 Satz 4 und § 18 a Abs. 1 a AufenthG zu erwarten, und die Existenzmitsicherung der Berufsausbildungsbeihilfe in den Blick zu nehmen (stattgebender Kammerbeschluss vom 28. September 2017 – 1 BvR 1510/17 –, Rn. 22, juris). Dem ist der erkennende Senat nachgekommen. Zum einen kann – wie dargestellt – die Aussicht auf eine Duldung keinen rechtmäßigen Aufenthalt begründen. Zum anderen sieht der erkennende Senat in der hier zu beurteilenden Rechtslage keinen Verstoß gegen die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen zur menschenwürdigen Existenzsicherung. Auch wenn der Kläger gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG (in der vom 6. August 2016 bis 20. August 2019 geltenden Fassung) i.V. m. § 22 Abs. 1 SGB XII durch die Aufnahme der Ausbildung von einem Anspruch auf ergänzende Sozialhilfeleistungen ausgeschlossen war, folgt daraus kein Anspruch auf BAB im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung. Denn aus der Verfassung ergibt sich kein Anspruch, für die Ausbildungsförderung einer Person in jeder von ihm frei gewählten Situation zu sorgen. Aus dem Sozialstaatsprinzip können mit Blick auf den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers grundsätzlich keine subjektiven Ansprüche auf staatliche Leistungen zur Beseitigung sozialer Ungleichheiten hergeleitet werden, es besteht kein Anspruch auf eine bestimmte materielle Absicherung von Teilhaberechten (zum BAföG: BVerfG, Beschluss vom 23. September 2024 – 1 BvL 9/21; Spellbrink, jM 2025, 132, 134). Nach der Rechtsprechung des BVerfG kann aus dem Wirkungszusammenhang von sozialstaatlichem Auftrag und der in den Grundrechten verkörperten Werteordnung ein Anspruch auf staatliche Leistungen allenfalls ausnahmsweise für besonders gelagerte Konstellationen abgeleitet werden, in denen die Gewährung staatlicher Leistungen zur Verwirklichung grundrechtlicher Freiheit absolut unverzichtbar ist (BVerfG, Beschluss vom 23. September 2024 – 1 BvL 9/21 –, Rn. 52 f., juris). Die Ausbildungsförderung während des laufenden Asylverfahrens erscheint dem erkennenden Senat im Verhältnis zu anderen Sozialbedarfen und weiteren staatlichen Aufgaben nicht derart unverzichtbar, dass die dafür notwendigen Mittel durch die Anerkennung eines entsprechenden grundrechtlichen Leistungsrechts den Verteilungsentscheidungen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers unabhängig von wechselnden Bedürfnissen dauerhaft entzogen werden können. Sofern sich der Gesetzgeber – wie auch mit dem aktuellen § 60 Abs. 3 SGB III – entscheidet, Personen im laufenden Asylverfahren keine BAB zu gewähren, mag dies Asylbewerber an der Aufnahme oder Fortsetzung ihrer Berufsausbildung hindern. Dies ist verfassungsrechtlich jedoch nicht zu beanstanden, da ohne die Entscheidung für eine Ausbildung die Existenzsicherung durch Leistungen des SGB XII sichergestellt wäre. Ob eine Ausbildungsförderung auch für Personen mit Aufenthaltsgestattung im Hinblick auf die Integration von Geflüchteten aufgrund der vielfach faktischen Nichtausreise oder mit Blick auf das gesetzliche Ziel eines erleichterten Zugangs von Fachkräften in den Arbeitsmarkt (zur Entwicklung des § 19d AufenthG: BeckOK AuslR/Breidenbach, 43. Ed. 1.10.2024, AufenthG § 19d Rn. 1 ff) zielführender wäre, ist vom Senat nicht zu entscheiden.
c. Ein Anspruch auf BAB folgt auch nicht aus der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Beendigung des verwaltungsgerichtlichen Asylverfahrens, da dem Kläger ein Aufenthaltstitel erst nach Abschluss der Ausbildung erteilt wurde.
2.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Satz 1 SGG und berücksichtigt den Ausgang des Verfahrens.
3.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Zulassungsgründe im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen. Insbesondere kommt der Streitsache keine grundsätzliche Bedeutung zu, da es sich bei den hier maßgeblichen Vorschriften der §§ 59 und 132 SGB III um außer Kraft getretenes bzw. auslaufendes Recht handelt.