1. Die Einkommensgrenze des § 1 Abs. 8 Satz 2 BEEG (hier noch 300.000 Euro) ist für die mit ihrem gemeinsamen Kind in einem Haushalt zusammenlebenden Elternpaare auch dann maßgeblich, wenn ein Elternteil (noch) mit einer anderen Person (Nicht-Elternteil) verheiratet ist.
2. Ist ein Elternteil im letzten Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes mit einem anderen Partner (Nicht-Elternteil) steuerrechtlich als Ehegatte zusammen veranlagt worden, ist im Rahmen der Einkommensgrenze das konkret auf den Elternteil entfallende, dem Einkommensteuerbescheid zu Grunde liegende zu versteuernde Einkommen maßgeblich. Die einkommensteuerrechtliche Zusammenveranlagung führt weder dazu, dass sich der Elternteil das zu versteuernde Einkommen beider Ehegatten zurechnen lassen müsste, noch dazu, dass dem Elternteil pauschal die Hälfte des gemeinsam versteuerten Einkommens beider Ehegatten zuzurechnen wäre.
3. Die Einkommensgrenzen des § 1 Abs. 8 BEEG in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des BEEG vom 15.02.2021 begegnen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken und verletzen insbesondere keine Grundrechte (Art. 14 GG, Art. 3 GG, Art. 6 GG).
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 21.12.2022 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) für den am 28.09.2021 geborenen Sohn A B hat, insbesondere ob der Anspruchsausschluss wegen Einkommensüberschreitung von 300.000 Euro gemäß § 1 Abs. 8 BEEG in der seit dem 01.09.2021 geltenden Fassung und die Beschränkung des Elterngeldes auf den Höchstbetrag von 1.800 Euro monatlich verfassungswidrig sind.
Die 1984 geborene Klägerin und der 1978 geborene B (im Folgenden: Kindsvater) wohnen seit 01.10.2020 zusammen, zunächst in N und seit 15.05.2021 in einem gemeinsamen Haushalt in T, wo auch der gemeinsame Sohn A B seit seiner Geburt am 28.09.2021 lebt. Die Klägerin ist seit 19.05.2021, der Kindsvater ist seit 22.04.2023 geschieden. Der Kindsvater hat ein weiteres, 2013 geborenes Kind aus der Ehe mit M B.
Die Klägerin stellte am 26.10.2021 Antrag auf Zahlung von Elterngeld für die ersten 12 Lebensmonate ihres Sohnes A. Sie gab an, dass sie vor der Geburt des Kindes in Vollzeit bei der M GmbH abhängig beschäftigt gewesen sei und während des Zeitraums des beantragten Elterngeldbezugs keine Erwerbstätigkeit ausüben werde. Die maßgebliche Einkommensgrenze von 300.000 Euro im Kalenderjahr 2020 werde sicher nicht überschritten. Neben dem Mutterschaftsgeld (Mutterschutz ab 06.08.2021, Mutterschaftsgeld vom 07.08.2021 bis 23.11.2021 i.H.v. 13,- Euro kalendertäglich, insgesamt 546,- Euro) erhielt die Klägerin von ihrem Arbeitgeber einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld (4.684,80 Euro) sowie eine steuerfreie Corona-Prämie (100,- Euro) im September 2021.
Ausweislich des Einkommensteuerbescheides des Finanzamtes S vom 01.10.2021 betrug das zu versteuernde Einkommen der Klägerin im Jahr 2020 96.510 Euro, wobei es aus nichtselbstständiger Arbeit stammte und auf einer Einzelveranlagung der Klägerin beruhte. Laut Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes N vom 02.12.2019 betrug das zu versteuernde Einkommen der gemeinsam veranlagten Eheleute B und M B im Jahr 2019 255.136,- Euro zuzüglich 5.533,- Euro Einkünften aus Kapitalvermögen, wobei sich die Einkünfte der Ehefrau M B - aus nichtselbstständiger Arbeit - vor Abzug der Sonderausgaben auf 59.444 Euro beliefen und die weiteren Einkünfte auf den Kindsvater entfielen.
Die Klägerin und der Kindsvater gaben auf Nachfrage des Beklagten mit Schreiben vom 19.11.2021 an, dass der Kindsvater mit seiner Ehefrau 2020 gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt werde und die Steuerklärung bereits abgegeben worden sei, der Einkommensteuerbescheid für 2020 aber noch nicht erteilt worden sei.
Am 09.03.2022 ging beim Beklagten eine Kopie des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2020 der zusammen veranlagten Eheleute B vom 04.03.2022 ein.
Daraus ergaben sich
- ein zu versteuerndes Einkommen beider Eheleute in Höhe von 253.675,- Euro zuzüglich Einkünften aus Kapitalerträgen beider Eheleute i.H.v. 14.706,- Euro,
- Einkünfte der Ehefrau aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von 57.861,- Euro und aus Kapitalvermögen i.H. v. 931,- Euro sowie
- Einkünfte des Kindsvaters i.H.v. 232.934,- Euro aus nichtselbstständiger Arbeit, 13.775,- Euro aus Kapitalvermögen und negative Einkünfte in Höhe von 3.182,- Euro aus Vermietung und Verpachtung bebauter Grundstücke.
Bei Ermittlung des zu versteuernden Einkommens beider Eheleute wurden folgende Sonderausgaben und Freibeträge berücksichtigt:
- 10.532,- Euro für Altersvorsorgeaufwendungen (90% der Altersvorsorgeaufwendungen beider Ehegatten i.H.v. 26.694 Euro abzüglich des Arbeitgeberanteils zur Rentenversicherung beider Ehegatten i.H.v. 13.162 Euro)
- 7.523,- Euro für Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, ausgehend von
* Krankenversicherungsbeiträgen (KV-Beiträgen) des Kindsvaters von 4.370.- Euro, KV-Beiträgen der Ehefrau von 4.373,- Euro, KV-Beiträgen des Kindes von 1.618,- Euro sowie eines abgezogenen Kürzungsbetrags hinsichtlich der KV-Beiträge i.H.v. 174 Euro nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a Satz 4 Einkommenssteuergesetz - EStG
* Pflegeversicherungsbeiträgen (PV-Beiträge) des Kindsvaters von 562,- Euro, PV-Beiträgen der Ehefrau von 856,- Euro sowie
* abzuziehenden steuerfreien Arbeitgebererstattungen in Höhe von 4.082,- Euro
- 96,- Euro Zuwendungen (§ 10b EStG)
- 7.975,- Euro Kirchensteuer beider Ehegatten (8.028,- Euro abzüglich erstatteter Kirchensteuer in Höhe von 53,- Euro)
- 7.812,- Euro Freibeträge für das 2013 geborene Kind (2 x 2.586,- Euro Kinderfreibetrag zuzüglich 2 x1.320,- Euro Freibetrag für den Betreuungs-/Erziehungs-/ Ausbildungsbedarf, § 32 Abs. 6 EStG).
Der Beklagte lehnte den Anspruch der Klägerin auf Elterngeld mit Bescheid vom 11.03.2022 ab, weil das Einkommen der Klägerin und ihres Partners die nach § 1 Abs. 8 BEEG maßgebliche Einkommensgrenze von 300.000,- Euro im Jahr vor Geburt des Kindes überschritten habe.
Dagegen legte die Klägerin am 28.03.2022 Widerspruch ein und trug zur Begründung vor (Schreiben vom 07.04.2022), dass wegen der gewählten Zusammenveranlagung der Eheleute B im Jahr 2020 dem Kindsvater nur die Hälfte des zu versteuernden Einkommens beider Eheleute zuzurechnen sei und damit "T€ 127" bzw. bei Hinzurechnung der Kapitalerträge "T€ 134,5", so dass zusammen mit ihrem eigenen zu versteuernden Einkommen von "T€ 97" die maßgebliche Einkommensgrenze nicht überschritten werde.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02.05.2022 zurück.
Gemäß § 1 Abs. 8 BEEG entfalle ein Anspruch auf Elterngeld, wenn die berechtigte Person im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes ein zu versteuerndes Einkommen nach § 32 Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von mehr als 250.000,- Euro erzielt habe. Erfülle auch eine andere Person die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 oder der Absätze 3 oder 4, entfalle abweichend von Satz 1 der Anspruch, wenn die Summe des zu versteuernden Einkommens beider Personen mehr als 300.000 Euro betrage. Damit werde auch die Einkommenssituation des anderen Elternteils berücksichtigt, wenn die Anspruchsvoraussetzung des § 1 Abs. 1 Nr. 2 BEEG vorliege. Bei der Berechnung der Einkommensgrenze sei folglich dann auf das Paar-Einkommen abzustellen, wenn auch der andere Elternteil mit seinem Kind in einem Haushalt lebe. Nachdem die Klägerin mit ihrem Kind und dem Vater des Kindes in einem Haushalt lebe, gelte die Einkommensgrenze in Höhe von 300.000,- Euro. Da das Kind im Jahr 2021 geboren sei, sei der maßgebliche letzte abgeschlossene Veranlagungszeitraum das Kalenderjahr 2020.
Das zu versteuernde Einkommen sei das Einkommen, vermindert um die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG und um die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden Beträge; dieses bilde die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommenssteuer (§ 2 Abs. 5 Satz 1 EStG).
Laut den vorliegenden Einkommensteuerbescheiden habe im Kalenderjahr 2020 die Klägerin ein zu versteuerndes Einkommen von 96.510,- Euro und Herr B ein zu versteuerndes Einkommen von mehr als 203.490,- Euro gehabt, so dass die Einkommensgrenze von 300.000,- Euro insgesamt überstiegen werde.
Die Summe der Einkünfte des Herrn B aus nichtselbständiger Arbeit, verrechnet mit dem Verlust aus Vermietung und Verpachtung, habe 229.752 Euro zuzüglich der Kapitalerträge in Höhe von 13.775,- Euro betragen, die nach § 32d Abs. 1 EStG besteuert worden seien, so dass sich eine Gesamtsumme von 243.527,- Euro ergebe,
Wenn man günstigstenfalls die steuerlich berücksichtigten Vorsorgeaufwendungen, Sonderausgaben und den Kinderfreibetrag gänzlich Herrn B zurechne, ergebe sich ein Abzug in Höhe von insgesamt 33.938,- Euro (26.126,- Euro zuzüglich 7.812,- Euro), so dass sein zu versteuerndes Einkommen 209.589,- Euro betrage.
Somit betrage das zu versteuernde Einkommen 2020 für die Klägerin und ihren Partner mindestens 306.099,- Euro.
Die Argumentation, dass bei Zusammenveranlagung jedem Ehegatten das zu versteuernde Einkommen hälftig zuzurechnen sei, sei nicht zutreffend. Gemäß § 26b EStG würden bei der Zusammenveranlagung die Einkünfte, die die Ehegatten persönlich erzielt haben, zusammengerechnet, den Ehegatten gemeinsam zugerechnet und, soweit nichts anderes vorgeschrieben sei, die Ehegatten sodann gemeinsam als Steuerpflichtiger behandelt. Die für Ehegatten günstige Anwendung des sogenannten Splittingtarifes führe zwar zu einem an beide Ehegatten gerichteten einheitlichen Steuerbescheid, wobei die Ehegatten Gesamtschuldner würden und für den Ausgleich der festgesetzten Steuer gemeinsam haften würden. Eine gleichmäßige Aufteilung bzw. Zuordnung der Einkünfte könne daraus jedoch nicht geschlossen werden.
Steuerrechtlich könne nämlich im Falle einer Trennung mittels eines sogenannten Aufteilungsbescheides exakt ermittelt werden, welcher Teil der im Bescheid festgesetzten Steuer auf den einzelnen Ehegatten entfalle. Dies erfolge nach dem Verhältnis der von jedem Ehegatten erzielten Einkünfte. Eine hälftige Aufteilung sei hierbei nicht vorzunehmen. Um eine korrekte Aufteilung auf jeden einzelnen Ehegatten zu ermöglichen, seien bei Erstellung der Einkommensteuererklärung die Einkünfte, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen etc. jeweils dem Ehegatten genau zuzuordnen, bei dem sie angefallen seien. Nur im Zweifel teile die Finanzverwaltung nach dem Verhältnis 50:50 auf. Dies sei laut vorliegendem Steuerbescheid nicht erfolgt.
Komme es bei der Berechnung von einkommensabhängigen Leistungen auf die Höhe des Einkommens an (wie z.B. beim Elterngeld) und würden hierfür die Werte aus dem Steuerbescheid entnommen, sei immer nur das Einkommen maßgeblich, das der jeweils betroffenen Person, die in einer abgetrennten Spalte genannt sei, persönlich zugeordnet sei.
Aufgrund der Überschreitung der Einkommensgrenze des § 1 Abs. 8 BEEG bestehe kein Anspruch auf Elterngeld.
Am 03.06.2022 haben die Klägerbevollmächtigten Klage beim Sozialgericht München (SG) erhoben mit dem Klageziel, den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Elterngeld für ihr Kind A in Höhe von 2.400,- Euro monatlich für die Dauer eines Jahres ab 24.11.2021 - also nach Ende der Mutterschutzfrist - zu zahlen.
Ferner ist Antrag auf Aussetzung des Verfahrens und Einleitung des Vorlageverfahrens gemäß Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz (GG) wegen Verfassungswidrigkeit der §§ 1 Abs. 8 BEEG und § 2 Abs. 1 Satz 2 BEEG gestellt worden.
Zur Begründung haben die Klägerbevollmächtigten den Vortrag des Widerspruchs wiederholt, dass das Einkommen der Eheleute B aus dem Einkommensteuerbescheid von 2020 aufgrund der Zusammenveranlagung der Eheleute dem Kindsvater nur hälftig zuzurechnen sei und dass darum das zusammengerechnete Einkommen der Klägerin und des Kindsvaters die Einkommensgrenze von 300.000 Euro unterschreite.
Außerdem sei § 1 Abs. 8 BEEG verfassungswidrig und verstoße gegen Art. 3 und Art. 6 GG. Elterngeld sei eine Lohnersatzleistung. Jeder Elternteil, der wegen Kindererziehung nicht erwerbstätig sei, verliere sein Erwerbseinkommen und sei damit schutzbedürftig, also auf Lohnersatz angewiesen. Alle Eltern seien gleich schutzbedürftig.
Bei relativer Betrachtung seien Eltern mit hohem Erwerbseinkommen wegen des größeren Lohnverlustes sogar noch schutzbedürftiger als Eltern mit geringerem Verdienst.
Bei allen Eltern, die ihr Kind persönlich betreuen würden, falle das Erwerbseinkommen weg, egal, wie hoch es vorher gewesen sei. Bei diesem gleichen Schicksal sei kein sachlicher Grund ersichtlich, der die Ungleichbehandlung rechtfertige, dem einen Elternteil 1.800 Euro monatlich Lohnersatz zu zahlen und dem anderen nicht.
Der Staat habe mit Einführung des Elterngeldes die Aufgabe übernommen, die wirtschaftliche Lebensgrundlage von Familien in den ersten zwei Lebensjahren abzusichern. Wolle er einzelnen Familien diese Absicherung verweigern, müsse er sicherstellen, dass die Lebensgrundlage anderweitig gedeckt sei. Dafür habe der Gesetzgeber bei Einführung der Ausschlussklausel nicht hinreichend gesorgt. Nicht sichergestellt sei, dass das im Vorjahr erzielte Einkommen weiterhin vorhanden sei, oder dass die Mutter Unterhaltsansprüche gegen den Vater tatsächlich realisieren könne.
Ein grober handwerklicher Fehler des Gesetzgebers liege darin, dass er auf das zu versteuernde Einkommen statt auf das unterhaltsrechtliche Einkommen abstelle und damit viele unterhaltsrechtlich zu berücksichtigende Abzugspositionen nicht berücksichtige. So habe das unterhaltsrechtliche Einkommen des Kindsvaters gegenüber seiner Ehefrau M B 2020 nur 74.460 Euro betragen.
Beim Abstellen auf das zu versteuernde Einkommen würden insbesondere folgende Positionen nicht berücksichtigt:
- die Einkommensteuerbelastung,
- bestehende Kreditbelastungen (z.B. monatliche Kredite des Kindsvaters von 3.083,- Euro),
- Unterhaltsansprüche anderer Personen (z.B. gezahlter "Gesamtunterhalt" an die Ehefrau und den 2013 geborenen Sohn von monatlich 2.543,- Euro),
- Kosten zur Ausübung des Umgangsrechts zwischen dem nach T umgezogenen Kindsvater und seinem 2013 geborenen, weiterhin in N lebenden Sohn (geschätzt 800,- Euro im Monat) sowie
- steuerrechtlich nicht berücksichtigungsfähige Versicherungszahlungen (z.B. im Bereich Altersvorsorge, private Krankenversicherung, Unfallversicherung).
Erst das nach Abzug dieser Positionen vorhandene Einkommen stehe für Unterhaltszahlungen an die Klägerin zur Verfügung.
Die Klägerbevollmächtigten haben weiter ausgeführt, der Gesetzgeber müsse auf das unterhaltsrechtliche Einkommen abstellen, was aber zu keinen Einsparungen führe, weil die Berechnung nach dem komplizierten Unterhaltsrecht ganz erhebliche Verwaltungsressourcen binde.
Die Folgen des "Elterngeldentzugs" seien nicht zu Ende gedacht: Würde ein 250.000,-Euro verdienender Elternteil nach der Geburt nicht arbeiten, könnte dieser von dem 50.000 Euro verdienenden anderen Elternteil nicht mehr als 12.000,- Euro Unterhalt bekommen - trotz eines Einkommensverlusts von netto rund 155.000 Euro im Jahr.
Es würden nur 0,4 % der Elterngeldberechtigten unter die Ausschlussklausel des § 1 Abs. 8 BEEG fallen, so dass eine Diskriminierung einer kleinen Gruppe ohne sachliche Rechtfertigung vorliege. Außerdem bewirke der Maximal-Betrag von 1.800, -Euro bereits ausreichenden Schutz der Staatskasse.
Dieser Deckelungs-Betrag sei allerdings verfassungswidrig zu gering und nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, weil das prozentuale Verhältnis dieses Betrags zu einem vorherigen hohen Erwerbseinkommen massiv geringer sei als bei einem vorherigen niedrigen Erwerbseinkommen. Der jährliche Elterngeld-Höchstbetrag von 21.600 Euro betrage z.B. nur 10,8% im Vergleich zu einem vorherigen Einkommen von 200.000 Euro, aber 67% im Vergleich zu einem Einkommen von 32.138 Euro. Es sei gerade angesichts der Inflation nicht gewährleistet, dass die Lohnersatzleistung bis zu monatlich 1.800 Euro langfristig zur Kompensation von Einkommensverlusten ausreiche.
Nicht nachvollziehbar sei, dass nach § 1 Abs. 8 BEEG ein Elterngeldanspruch auch beim Zusammenleben mit einem beliebigen außenstehenden Dritten entfalle, gegen den keine Unterhaltsansprüche bestehen müssten.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt; neue Gesichtspunkte hätten sich nicht ergeben (Schreiben vom 05.07.2022).
Auf das ausführliche richterliche Hinweisschreiben der Vorsitzenden vom 07.07.2022 und die Anhörung zur Entscheidung mittels Gerichtsbescheid vom selben Tag wird Bezug genommen. Beide Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid erklärt.
Die Klägerbevollmächtigten haben auf den richterlichen Hinweis hin ihre Argumentation im Wesentlichen wiederholt (Schreiben vom 15.07.2022) und insbesondere vorgetragen, während einer bestehenden Ehe sei es gesetzlich unabdingbar, das Einkommen des Kindsvaters mit der Ehefrau zu teilen und das Einkommen mit allen Kindern des Vaters zu teilen. Hilfsweise seien die Unterhaltspflichten vom zu versteuernden Einkommen abzuziehen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Schreiben Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 18.10.2022 hat der Beklagte der Klägerin Familiengeld nach dem Bayerischen Familiengeldgesetz (BayFamGG) für den 13. bis 36. Lebensmonat des Sohnes A - also vom 28.09.2022 bis 27.09.2024 - in Höhe von 250,- Euro monatlich bewilligt.
Mit Gerichtsbescheid vom 21.12.2022 hat das SG die Klage, gerichtet auf Gewährung von Elterngeld über dem Maximalbetrag, als unbegründet abgewiesen.
Der den Anspruch auf Elterngeld ablehnende Bescheid des Beklagtem vom 11.03.2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.05.2022 entspreche der Rechts- und Gesetzeslage und sei verfassungskonform. Der Anspruch auf Bundeselterngeld sei gemäß § 1 Abs. 8 Satz 2 BEEG in der seit dem 01.09.2021 geltenden Fassung, geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 15.02.2021 (BGBl. I S. 239) ausgeschlossen.
Die Klägerin und der Vater des Kindes A hätten gemäß § 1 Abs. 8 Satz 2 BEEG im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes, also im Jahr 2020, ein zu versteuerndes Einkommen nach § 2 Absatz 5 EStG in Höhe von mehr als 300.000 Euro gehabt.
Bezüglich der Fassung des § 1 Abs. 8 BEEG sei auf die Rechtslage ab dem 01.09.2021 abzustellen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in seinem Urteil vom 04.09.2013, B 10 EG 6/12 R, ausgeführt, dass sich die Entstehung und der Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche bzw. Rechtsverhältnisse grundsätzlich nach dem Recht beurteile, das zur Zeit der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände gegolten habe. Für den Elterngeldanspruch sei das anspruchsbegründende Ereignis die Geburt des Kindes und das Vorliegen der in § 1 BEEG aufgeführten Anspruchsvoraussetzungen.
Der Vater des Kindes lebe gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 BEEG mit seinem Kind in einem gemeinsamen Haushalt und sei damit eine "andere Person" im Sinne des § 1 Abs. 8 Satz 2 BEEG. Durch diese Regelung sei die Mutter nicht schutzlos gestellt. Es komme nicht auf ihre Unterhaltsansprüche gegen den Vater des Kindes an, sondern auf die gemeinsame Fürsorge und das Zusammenleben mit dem Kind. Etwaige Schadensersatz- oder Unterhaltsansprüche gegen den Vater des Kindes wären auf dem Zivilrechtsweg einzuklagen.
§ 1 Abs. 8 Satz 2 BEEG solle sich nach dem Sinn und Zweck auf Elternteile erstrecken, die mit der Familie zusammenleben und mit ihrem Einkommen zur wirtschaftlichen Gesamtsituation der Familie beitragen. Der Vater lebe mit dem Kind in einem Haushalt. Das Gericht habe keinerlei Zweifel, dass die Klägerin, ihr Partner und der gemeinsame Sohn eine "durch familienhaftes Zusammenleben geprägte Gemeinschaft" seien. Dabei spiele es für den gemeinsamen "Haushalt" im Sinne des § 1 Abs. 8 Satz 2 BEEG keine Rolle, dass die Eltern unverheiratet bzw. von einem anderen Partner nicht geschieden seien (SG München, Urteil vom 10.05.2016, S 37 EG 67/15).
Das Einkommen beider Eltern übersteige zusammen die Einkommensgrenze im Sinne des § 1 Abs. 8 Satz 2 BEEG von 300.000,- Euro. Zu Recht werde auf das Jahr 2020 als maßgeblichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes am 28.09.2021 abgestellt. Es komme auf das zu versteuernde Einkommen nach § 2 Absatz 5 EStG an. Dabei handele es sich um das Einkommen, vermindert um die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG und um die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden Beträge. Dieses bilde die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer.
Entgegen der Ansicht der Klägerin sei das zu versteuernde Einkommen des Kindsvaters nicht in Höhe der Hälfte des Einkommens der Eheleute B heranzuziehen. Beim Ehegattensplitting würden Einkünfte zunächst einzeln berechnet, dann aber zusammengerechnet und als gemeinsame Steuererklärung abgegeben. Die gemeinsame Veranlagung als Ehegatten bei der Steuer habe Auswirkungen auf die Steuerlast, jedoch nicht auf das individuelle Einkommen.
Der Beklagte habe ein Gesamteinkommen der beiden Eltern von A von 306.099 Euro berechnet und sei dabei zu Gunsten der Klägerin von der vollen Absetzung der beschränkt abziehbaren Sonderausgaben für die Altersvorsorge, Krankenversicherung und Pflegeversicherung beider Eheleute B beim Kindsvater ausgegangen. Zwar seien nach Überzeugung des Gerichts die Beiträge für die Ehefrau abzuziehen. Hierauf komme es jedoch nicht an, da das maßgebliche Einkommen in jedem Fall 300.000,- Euro übersteige. Vor diesem Hintergrund sei es auch nicht erforderlich, zur Ermittlung des genauen zu versteuernden Einkommens einen steuerrechtlichen Aufteilungsbescheid für das Jahr 2020 zu beantragen, der zu einer Neuberechnung der Steuer des Kindsvaters führen würde. In jedem Fall habe das gemeinsame Einkommen über 300.000,- Euro gelegen, nach Berechnungen des Gerichts bei 309.271,- Euro.
Eine Notwendigkeit zur Vorlage beim Bundesverfassungsgericht bestehe nicht, weil das SG nicht von der Verfassungswidrigkeit des BEEG überzeugt sei.
Weder die Einkommensgrenze in § 1 Abs. 8 BEEG noch die Maximalhöhe aus § 2 Abs. 1 BEEG würden gegen Verfassungsrecht verstoßen. Zweck der Einführung des § 1 Abs. 8 BEEG sei die Konsolidierung des Bundeshaushalts gewesen. Der Gesetzgeber habe eine Haushaltsentlastung für die kommunale Ebene im Jahr 2011 in Höhe von 45 Millionen Euro, in den Jahren 2012 und 2013 in Höhe von 47 Millionen Euro und im Jahr 2014 in Höhe von 37 Millionen Euro erwartet (BT-Ds. 17/3361 S. 1). Der Gesetzgeber habe damit das langfristige Ziel verfolgt, auf einen ausgeglichenen Haushalt hinzuwirken und die mit Art. 115 GG eingeführte Schuldenregelung zu befolgen. Zur Erreichung dieses Ziels sei die Einführung eines Ausschlusstatbestands für Bezieher sehr hoher Einkommen geeignet, einen Beitrag zu leisten.
Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG liege nicht vor. Der allgemeine Gleichheitssatz gebiete, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber sei damit nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletze das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten abweichend behandele, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten. Im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit sei der dem Gesetzgeber für die Abgrenzung der begünstigten Personengruppen grundsätzlich zukommende Gestaltungsspielraum zu beachten (vgl. BVerfG, Urteil vom 06.06.2011, 1 BvR 2712/09, Juris), der auch hinsichtlich der Ausgestaltung der Familienförderung bestehe (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 20.04.2011, 1 BvR 1811/08, Juris).
Die Grenzen dieses Ausgestaltungsspielraums habe der Gesetzgeber gewahrt. Das Elterngeld habe einkommensersetzende Funktion. Der Ausschluss einer sehr kleinen Gruppe von Beziehern von Einkommen am obersten Ende der Einkommensskala vom Bezug des Elterngelds füge sich ohne größere Verwerfungen ein in die Konzeption des Elterngelds als klassische fürsorgerische Leistung zur Sicherung der wirtschaftlichen Lebensgrundlage von Familien insbesondere mit kleinen und mittleren Einkommen während der ersten Lebensmonate der Kinderbetreuung. Es liege auch auf der Hand, dass Eltern wie die Klägerin über den finanziellen Schonraum, den der Gesetzgeber mit dem Elterngeld während der ersten Lebensmonate des Kindes schaffen wollte, ohnehin schon aus eigenen Mitteln verfügen würden. Angesichts des ihnen möglichen Lebensstandards dürfte das in der Höhe begrenzte Elterngeld die vom Gesetzgeber beabsichtigten wirtschaftlichen Anreize zur Familiengründung zudem kaum entfalten können. Darin liege keine gleichheitswidrige Systemdurchbrechung, sondern eine zulässige, nach Gleichheitskriterien entwickelte Abbildung des dem Elterngeld zugrundeliegenden Fürsorgegedankens. Die damit verbundene Abschwächung des mit dem Individualisierungsprinzip verfolgten Gleichstellungsgedankens für einen begrenzten, von wirtschaftlichen Zwängen weitgehend freien Personenkreis erscheine hinnehmbar (BSG, Urteil vom 26.03.2014, B 10 EG 13/13 R)
Die Klägerin berufe sich darauf, dass vom Einkommen des Vaters Unterhaltsansprüche, Kredittilgungen etc. abzusetzen seien. Beim Elterngeld handele es sich aber nicht um existenzsichernde Leistungen, so dass der Gesetzgeber eine größere Freiheit habe, auch bedarfsunabhängige Regelungen zu treffen, und es weniger auf den tatsächlichen Zufluss ankomme. Vielmehr dürfe zur Verwaltungsvereinfachung pauschalierend auf die Annahme zurückgegriffen werden, dass diejenigen, die über ein zu versteuerndes Einkommen von über 300.000 Euro im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes verfügten, nicht der Gewährung von Elterngeld bedürfen.
Schließlich bilde auch die Praktikabilität der Leistungsgewährung (vgl. § 9 Satz 2 SGB X) einen gewichtigen sachlichen Grund für die vom Gesetzgeber gewählte Ausgestaltung der steuerrechtsakzessorischen Bemessungsmethode auf der Grundlage des vorgeburtlichen Einkommens (BSG, Urteil vom 24.03.2022, B 10 EG 1/20 R). Denn selbst wenn das zu versteuernde Einkommen tatsächlich nicht zur Verfügung gestanden haben sollte, würden ausreichende Gestaltungsmöglichkeiten verbleiben, um eine eigene finanzielle Absicherung für einen etwaigen Einkommensausfall während der Elternzeit zu bewerkstelligen (LSG Hamburg, Urteil vom 29.01.2020, L 2 EG 4/19).
Auch eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 GG sei nicht ersichtlich. Art. 6 Abs. 1 GG garantiere in seiner - hier nicht betroffenen - abwehrrechtlichen Funktion die Freiheit, über die Art und Weise der Gestaltung des ehelichen und familiären Zusammenlebens selbst zu entscheiden. Deshalb habe der Staat die Familiengemeinschaft sowohl im immateriell-persönlichen als auch im materiell-wirtschaftlichen Bereich in ihrer jeweiligen eigenständigen und selbstverantwortlichen Ausgestaltung zu respektieren (BVerfG, Urteil vom 06.06.2011, 1 BvR 2712/09). Demgemäß dürften Eltern ihr familiäres Leben nach ihren Vorstellungen planen und verwirklichen und insbesondere in ihrer Erziehungsverantwortung entscheiden, ob und in welchem Entwicklungsstadium das Kind überwiegend von einem Elternteil allein, von beiden Eltern in wechselseitiger Ergänzung oder von einem Dritten betreut werden solle (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.11.1998, 2 BvR 1057/91). Neben dieser Pflicht, die von den Eltern im Dienst des Kindeswohls getroffenen Entscheidungen anzuerkennen und daran keine benachteiligenden Rechtsfolgen zu knüpfen, folge aus Art. 6 Abs. 1 GG eine gewisse positive Verpflichtung des Staates, die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form in ihren tatsächlichen Voraussetzungen zu ermöglichen und zu fördern. Dies werde mit der Einrichtung von Elterngeld und Elternzeit umgesetzt. Zudem sei das Elterngeld eine familienpolitische Förderleistung eigener Art, die vielfältige Ziele verfolge. Seine Einkommensersatzfunktion unterscheide sich wesentlich von kurzfristigen Entgeltersatzleistungen wie dem Arbeitslosengeld, das bei schutzwürdigem Wegfall des Arbeitsentgelts (infolge von Arbeitslosigkeit) den individuellen Lebensstandard des Betroffenen für einen vorübergehenden Zeitraum erhalten solle. Das Elterngeld stelle in seiner einkommensersetzenden Funktion eine (verhaltenssteuernde) Subvention zur Förderung der Kindererziehung dar. Zugleich verfolge der Gesetzgeber mit dem derart ausgestalteten Elterngeld weitergehende Ziele, die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der gleichberechtigten Kindererziehung von Mann und Frau, der Gewährung eines finanziellen Schonraums für junge Familien bei einer betreuungsbedingten Unterbrechung oder Reduzierung der Erwerbstätigkeit der Elternteile und eine Kompensation der Betreuungskosten für das Kind (BSG, Urteil vom 17.02.2011, B 10 EG 20/09 R; BSG, Urteil vom 17.02.2011, B 10 EG 21/09 R). Zu einer weitergehenden Förderung der Kindesbetreuung sei der Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht verpflichtet gewesen (BSG, Urteil vom 26.03.2014 - B 10 EG 13/13 R).
Schließlich sei das den Ausgleich nach dem BEEG begründende Ereignis (Geburt eines Kindes und die notwendige Betreuung) kein Schicksalsschlag, mit dem zwingend der Ausfall von Erwerbseinkommen einhergehe. Aus diesem Grund sei das Elterngeld im Bezugszeitraum auch nur als subsidiäre Unterstützungsleistung ausgestaltet, auf die gleichzeitig bezogene einkommensersetzende Leistungen angerechnet würden (§ 3 Abs. 1 BEEG). Es verbinde die Leistungsgewährung nicht mit der Verwirklichung eines bestimmten Erwerbsrisikos, sondern mit einer typischen, aber hinsichtlich individueller Einkommenseinbußen unterschiedlich ausgeprägten allgemeinen Bedarfslage. Eine Abweichung von der Referenzgröße des Einkommens aus Erwerbstätigkeit, wie sie bei kurzfristigen Entgeltersatzleistungen in Ausnahmefällen existiere, sehe das Elterngeld daher nicht vor (BSG, Urteil vom 24.03.2022, B 10 EG 1/20 R).
Gegen den am 22.12.2022 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin über ihre Bevollmächtigten am 20.01.2023 beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und ihr erstinstanzliches Klagebegehren weiterverfolgt, einschließlich der Vorlage gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG an das Bundesverfassungsgericht. Die Klagebegründung ist im Wesentlichen wiederholt worden.
Die vom SG zitierte Rechtsprechung beziehe sich auf die frühere Rechtslage und damit auf höhere Einkommensgrenzen. Entgegen den Ausführungen des SG handele es sich beim Elterngeld um existenzsichernde Leistungen. In der Klagebegründung seien grundlegende Systemfehler des § 1 Abs. 8 BEEG aufgezeigt worden, u.a. dass nicht auf das aktuelle unterhaltsrechtliche Einkommen, sondern auf das Gesamteinkommen aus der Vergangenheit abgestellt werde, und dass das zu versteuernde Einkommen aus dem Vorjahr ein ungeeignetes Kriterium sei, um Elternteile zu ermitteln, die auf Elterngeld nicht angewiesen seien.
Der Beklagte hat den Zurückweisungsantrag der Berufung auf seine Bescheide und die erstinstanzliche Entscheidung gestützt. Nicht nachvollziehbar sei der Vortrag, dass das Einkommen "beliebig außenstehender Dritter" den Anspruchsausschluss auslösen könne; nach der Rechtsgrundverweisung des § 1 Abs. 8 Satz 2 BEEG sei das versteuernde Einkommen nur von Personen heranzuziehen, wenn diese die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 1 Abs. 3 oder § 1 Abs. 4 BEEG erfüllen würden. Hier sei § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BEEG maßgeblich, wonach der Kindsvater mit seinem Kind in einem Haushalt lebe, was sicherstelle, dass es sich um das eigene Kind beider Elternteile handele. Angesichts dieser Tatbestandsvoraussetzungen dürfe der Gesetzgeber bei typisierender Betrachtung unterstellen, dass dem Grunde nach Unterhaltsansprüche nach dem BGB bestünden.
Auf die übersandten Bescheinigungen zu Lohnabrechnungen des Kindsvaters von 2020, das gerichtliche Hinweisschreiben vom 29.10.2024 zu den im Abgleich mit dem Einkommensteuerbescheid auf Herrn B entfallenden steuerrechtlichen Abzugsbeträgen und das gerichtliche Hinweisschreiben vom 20.11.2024 u.a. dazu, dass eine Antragstellung auf steuerrechtliche Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen an die Ehefrau als Sonderausgaben nicht ersichtlich sei, wird Bezug genommen.
Die Klägerbevollmächtigten haben mitgeteilt, dass auf den Kindsvater 2020 15.337,- Euro an Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung entfallen seien und im Übrigen die vom Gericht ermittelten Zahlen zutreffend seien. Allerdings sei weitere Altersvorsorge betrieben worden, nämlich in Form von Zahlungen des Kindsvaters i. H. v. monatlich 3.082,55 Euro auf Immobiliendarlehen mit hohem Tilgungsanteil, die entsprechend den unterhaltsrechtlichen Regelungen vom Einkommen abzuziehen seien. Denn vom unterhaltsrechtlichen Einkommen dürften Zinsen und insgesamt 24% des Bruttoeinkommens als weitere Altersvorsorge abgezogen werden. Ferner seien die Unterhaltsverpflichtungen gegenüber der 1. Ehefrau und dem erstgeborenen Sohn, die zusammen laut einer gerade vorliegenden Unterhaltsrechnung vom 05.03.2021 3.287 Euro pro Monat betragen hätten, abzuziehen. Bereits daraus ergebe sich eine Belastung von 76.434,60 Euro pro Jahr.
Auf die Unterlagen zur Baufinanzierung einer eigengenutzten Eigentumswohnung der D (Objektkosten 990.000 Euro, Eigenmittel 200.000 Euro) vom 08.09.2015 wird verwiesen; diese habe die von den Eheleuten B vor der Trennung gemeinsam bewohnte Immobilie betroffen und habe nicht in Zusammenhang mit den negativen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Steuerbescheid gestanden, die aus einer verpachteten Immobilie resultieren würden.
Eine steuerrechtliche Berücksichtigung des Trennungsunterhalts als Sonderausgaben bei Versteuerung als Einnahme des Unterhaltsberechtigten (sogenanntes Realsplitting) sei 2020 angesichts der Zusammenveranlagung nicht erforderlich, nicht üblich und wahrscheinlich rechtlich nicht möglich gewesen. Trotzdem seien Unterhaltszahlungen geschuldet gewesen. Die Unterhaltsverpflichtungen hätten außerdem den gemäß § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG als Sonderausgaben für Unterhaltszahlungen abziehbaren Maximalbetrag von 13.805,- Euro bei weitem überstiegen. Die Kinderfreibeträge würden die Einkommensverluste durch die Kindesunterhaltzahlungen ebenfalls nicht abbilden.
All diese Aspekte würden belegen, dass der Steuerbescheid als solcher als Maßstab für den Ausschluss von Elterngeldberichtigten ungeeignet sei, zumal er keinen Aufschluss über das nach der Geburt des Kindes zur Verfügung stehende Einkommen bzw. die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit des anderen Elternteils gebe.
Der einzige sachlich richtige Maßstab könne das Unterhaltsrecht sein. Daher sei § 1 Abs. 8 BEEG verfassungswidrig und nichtig.
Der Beklagte hat entgegnet, dass bei geringeren auf den Kindsvater entfallenden Vorsorgeaufwendungen dessen Einkommen noch höher liege als bislang angenommen. Maßgeblich für die Ermittlung der Einkommensgrenze nach § 1 Abs. 8 BEEG sei auch für die andere berechtigte Person das zu versteuernde Einkommen nach § 2 Abs. 5 EStG. Die Berücksichtigung unterhaltsrechtlicher Einkommensbegriffe und -verständnisse sei schon nach dem Wortlaut ausgeschlossen und gesetzeshistorisch offensichtlich nicht gewollt, wie BT-Drs. 17/3452, S. 8 zeige, so dass eine unterhaltsrechtliche Betrachtungsweise nicht angezeigt sei. Das Elterngeld sei eine klassische fürsorgerische Leistung und solle durch die Ausgestaltung der Ersatzquote und der Höchstbetragsregelung schwerpunktmäßig Eltern fördern, die im Bemessungszeitraum kleinere bis mittlere Einkommen erzielt hätten (vgl. BSG, Urteil vom 26.03.2014 - B 10 EG 13/13 R). Maßgeblich seien die im Steuerbescheid getroffenen Feststellungen; die Elterngeldstelle sei kein "Ersatzfinanzamt" (vgl. insbesondere BT-Drucks. 17/9841, S. 18).
Die Beteiligten haben auf gerichtliche Anfrage jeweils ihr Einverständnis mit einer Entscheidung der Berichterstatterin als Einzelrichterin gemäß § 155 Abs. 3, Abs. 4 SGG sowie mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG erklärt; auf die Schreiben des Beklagten vom 18.09.2024 und vom 29.12.2024 sowie die Schreiben der Klägerbevollmächtigten vom 07.10.2024 und vom 19.12.2024 wird verwiesen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 21.12.2022 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 11.03.2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.05.2022 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr Elterngeld für ihr Kind A, geboren am 28.09.2021, in Höhe von 2.400 Euro monatlich für die Dauer eines Jahres ab 24.11.2021 zu zahlen,
hilfsweise das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wegen der Verfassungswidrigkeit des § 1 Abs. 8 BEEG und wegen der Verfassungswidrigkeit der Höhe des Elterngeldes einzuholen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten, des Sozialgerichts und auf die Akte des LSG Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren gemäß § 124 Abs. 2 SGG über die Berufung der Klägerin entscheiden, weil beide Beteiligten hierzu schriftlich ihr Einverständnis erklärt haben.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung erweist sich als unbegründet. Zu Recht hat das SG im Gerichtsbescheid vom 21.12.2022 die auf Elterngeld in Höhe von 2.400 Euro monatlich gerichtete Klage der Klägerin als unbegründet abgewiesen.
Da der Sohn A am 28.09.2021 geboren ist, kommt gemäß § 28 Abs. 1a BEEG die Vorschrift des § 1 Abs. 8 BEEG in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des BEEG vom 15.02.2021 (BGBl. I S. 239, im Folgenden: BEEG a.F.) zur Anwendung.
Danach entfällt ein Anspruch auf Elterngeld, wenn die berechtigte Person im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes ein zu versteuerndes Einkommen nach § 2 Abs. 5 EStG in Höhe von mehr als 250.000,- Euro erzielt hat (§ 1 Abs. 8 Satz 1 BEEG a.F.). Erfüllt auch eine andere Person die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder der Absätze 3 oder 4, entfällt abweichend von Satz 1 der Anspruch, wenn die Summe des zu versteuernden Einkommens beider Personen mehr als 300.000,- Euro beträgt (§ 1 Abs. 8 Satz 2 BEEG a.F.).
Zwar hat die Klägerin selbst im letzten abgeschlossenen steuerrechtlichen Veranlagungszeitraum vor Geburt ihres Sohnes, also im Kalenderjahr 2020, "nur" ein zu versteuerndes Einkommen von 96.510,- Euro erzielt, wie sich aus ihrem vorgelegten Einkommensteuerbescheid vom 01.10.2021 für das Jahr 2020 ergibt.
Allerdings erfüllt auch der Kindsvater die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BEEG a.F., weil er mit seinem Sohn A seit dessen Geburt in einem Haushalt lebt, so dass das von ihm im Kalenderjahr 2020 erzielte zu versteuernde Einkommen gemäß § 2 Abs. 8 Satz 2 BEEG a.F. ebenfalls zu berücksichtigen ist. Dass der Kindsvater sowohl im Kalenderjahr 2020 als auch im ersten Lebensjahr seines Sohnes A mit einer anderen Person als der Klägerin verheiratet war, steht der Anwendung von § 1 Abs. 8 Satz 2 BEEG a.F. nicht entgegen, weil die Vorschrift unabhängig vom Familienstand gilt.
Der Kindsvater hat im Kalenderjahr 2020 auch ein zu versteuerndes Einkommen nach § 2 Abs. 5 EStG in einer Höhe erzielt, dass die Summe des zu versteuernden Einkommens von Klägerin und Kindsvater mehr als 300.000 Euro beträgt.
Dass der Kindsvater und seine Ehefrau im Kalenderjahr 2020, in dem sie zeitweise noch zusammengelebt haben (Trennungsjahr), von der noch bestehenden Wahlmöglichkeit der Zusammenveranlagung als Ehegatten gemäß den §§, 26, 26b EStG Gebrauch gemacht haben, führt zwar dazu, dass bei Ermittlung der Einkommensteuer die Einkünfte beider Ehegatten zusammengerechnet, den Ehegatten gemeinsam zugerechnet und die Ehegatten gemeinsam als (ein) Steuerpflichtiger behandelt werden (§ 26b EStG). Die einkommensteuerrechtliche Zusammenveranlagung wirkt sich aber nicht dahingehend aus, dass als erzieltes Einkommen im Sinne des § 1 Abs. 8 Satz 1 oder Satz 2 BEEG a.F. das einkommensteuerrechtlich zusammengerechnete Einkommen beider Ehegatten als Einkommen des Kindsvaters anzusetzen wäre. Ebensowenig ist es nach Sinn und Zweck des § 1 Abs. 8 BEEG a.F. angezeigt, pauschal die Hälfte des zu versteuernden Einkommens beider Ehegatten anzusetzen, wie es die Klägerbevollmächtigten angeregt hatten.
Dafür spricht bereits der Wortlaut des § 1 Abs. 8 Satz 1 BEEG a.F., der darauf abstellt, welches Einkommen die berechtigte Person erzielt hat, worauf § 1 Abs. 8 Satz 2 BEEG a.F. aufbaut, der daneben (nur) das Einkommen der anderen berechtigten Person, nicht aber das Einkommen davon unabhängiger Dritte wie hier der früheren Ehepartner der Klägerin oder des Kindsvaters, einbezieht.
Gegen die Einbeziehung des Einkommens dritter Personen sprechen ferner Konzeption und Zweck der Regelung: Der Ausschlusstatbestand des § 1 Abs. 8 BEEG a.F. dient dem Zweck, Elterngeldberechtigte mit sehr hohem Einkommen vom Bezug von Elterngeld auszunehmen, weil das Elterngeld darauf abzielt, es den Eltern zu ermöglichen, weitgehend unabhängig von finanziellen Erwägungen frei zu entscheiden, in welchem Umfang sie auf Erwerbstätigkeit zugunsten der Betreuung des Kindes verzichten wollen, während Personen mit sehr hohem Einkommen auch ohne Elterngeldzahlung diese Entscheidungsfreiheit bereits haben (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Zweiten Gesetz zur Änderung des BEEG vom 18.11.2020 - BT-Drucks. 19/24438 S. 24 f.). Der Gesetzgeber geht dabei nachvollziehbar davon aus, dass mit zunehmender Höhe des Einkommens vor der Geburt des Kindes die Möglichkeit der eigenständigen Vorsorge für einen begrenzten Zeitraum zunimmt (vgl. BT-Drucks. 19/24438 S. 25).
Hohes Einkommen einer Person vor Geburt eines Kindes kann aber nur dann Rückschlüsse auf eine einkommensbedingt große finanzielle Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit für die Zeit nach der Geburt des Kindes zulassen, wenn dieser Verdienst von dieser Peron selbst erzielt worden ist. Das vom Kindsvater 2020 selbst erzielte zu versteuernde Einkommen nach § 2 Abs. 5 EStG beläuft sich ausweislich des Einkommenssteuerbescheides unter Berücksichtigung der im Berufungsverfahren vorgelegten Lohnunterlagen auf 220.546,- Euro.
Seine Einkünfte betragen laut Einkommensbescheid insgesamt 243.527,- Euro, bestehend aus 232.934,- Euro Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zuzüglich 13.775,- Euro der im Einkommensteuerbescheid berücksichtigten Einkünfte aus Kapitalvermögen und unter Abzug von negativen Einkünften in Höhe von 3.182,- Euro aus Vermietung und Verpachtung bebauter Grundstücke.
Dem stehen folgende steuerrechtlich abziehbare Sonderausgaben gegenüber:
- Auf den Kindsvater entfielen von den im Einkommensteuerbescheid angesetzten 26.326,- Euro der Altersvorsorgeaufwendungen nach Angaben der Klägerbevollmächtigten 15.337,- Euro und von dem Arbeitgeberanteil zur Rentenversicherung beider Ehegatten (13.162,- Euro) 7.700,40 Euro, so dass sich die absetzbaren Sonderausgaben des Kindsvaters für Altersvorsorgeaufwendungen auf gerundet 6.103,- Euro (= 90% von 15.337- Euro abzüglich 7.700,40 Euro) belaufen.
- Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung des Kindsvaters von 4.932,- Euro abzüglich der steuerfreien Arbeitgebererstattungen von 4.082,- Euro für seine private Kranken- und Pflegeversicherung ergeben zuzüglich der Beiträge zur Krankenversicherung des 2013 geborenen Kindes von 1.618,- Euro insgesamt einen als Sonderausgaben abziehbaren Betrag in Höhe von 2.468,- Euro.
- Von der für beide Ehegatten gezahlten Kirchensteuer (8.028,- Euro) entfielen ausweislich der Lohnbescheinigungen gerundet 6.502 Euro auf den Kindsvater.
Ferner haben die Ehegatten 96,- Euro nach § 10b EStG abziehbare Zuwendungen geleistet und die Freibeträge für ihr 2013 geborenes Kind betrugen insgesamt 7.812,- Euro.
Selbst wenn diese letzteren Beträge ebenfalls vollumfänglich beim Kindsvater und nicht auch anteilig bei Frau B, der Mutter des Kindes, berücksichtigt werden, verbleibt ein zu versteuerndes Einkommen des Kindsvaters in Höhe von 220.546,- Euro.
Daher übersteigt die Summe des 2020 zu versteuernden Einkommens der Klägerin und des Kindsvaters mit 317.056,- Euro deutlich die Grenze von 300.000,- Euro, so dass der Elterngeldanspruch der Klägerin gemäß § 1 Abs. 8 BEEG a.F. entfällt.
Weitere Abzüge des gemäß § 2 Abs. 5 EStG zu versteuernden Einkommens des Kindsvaters sind auch nicht wegen geleisteter Unterhaltszahlungen an seine Ehefrau (Trennungsunterhalt), wegen Unterhaltszahlungen an den 2013 geborenen Sohn oder wegen Aufwendungen zur Ausübung des Umgangsrechts zwischen dem Kindsvater und seinem 2013 geborenen Sohn vorzunehmen.
Denn ausweislich des vorliegenden Einkommensteuerbescheides 2020 haben entsprechende Zahlungen des Kindsvaters gerade nicht zur Minderung seines zu versteuernden Einkommens geführt. Der Gesetzgeber hat aber schon angesichts des Wortlauts des § 1 Abs. 8 BEEG a.F. ausdrücklich und bewusst auf das zu versteuernde Einkommen nach § 2 Abs. 5 EStG als maßgebliche Einkommensgrenze abgestellt.
Das belegen auch die Ausführungen zum hier maßgeblichen Grenzbetrag von 300.000, -Euro in den Gesetzesmaterialen, in denen es heißt (vgl. BT-Drucks. 19/24438, S. 24 f.):
"Der Grenzbetrag von 300 000 Euro liegt deutlich über dem für eine allein berechtigte Person. Er beträgt knapp das Zehnfache des durchschnittlichen zu versteuernden Einkommens unter Steuerpflichtigen mit positiven Einkünften. Bei einem derart hohen zu versteuernden Einkommen ist davon auszugehen, das Elterngeld für die Entscheidung, in welchem Umfang zugunsten der Betreuung des Kindes auf Erwerbstätigkeit verzichtet werden soll, unerheblich ist. Vor diesem Hintergrund ist eine Herabsetzung des Grenzbetrags für Paare mit einem gemeinsamen Elterngeldanspruch angemessen."
Schon deswegen kann nicht, wie von den Klägerbevollmächtigten gewünscht, auf unterhaltsrechtliche Einkommensbegriffe und -berechnungen abgestellt werden.
Unterhaltszahlungen für Kinder sind aber ebenso wie Kosten für Eltern-Kind-Besuche steuerrechtlich durch die Regelungen des Familienleistungsausgleichs - Freibeträge oder Kindergeld - abgegolten und können nicht weitergehend, z.B. als außergewöhnliche Belastungen, steuerrechtlich abgesetzt werden (vgl. hierzu § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG, BFH, Beschluss vom 15.05.2012 - VI B 111/11 - Juris).
Eine Berücksichtigung des Trennungsunterhalts als außergewöhnliche Belastung im Sinne von § 33a EStG scheidet hier schon deswegen aus, weil dies angesichts der Zusammenveranlagung für das Kalenderjahr 2020 durch die Sondervorschriften über die Ehegattenbesteuerung (§§ 25 bis 26b, 32a Abs. 5 EStG) verdrängt wird (vgl. BFH, Beschluss vom 23.05.2012 - III B 129/11 - Juris). Umstritten ist, ob bei Zusammenveranlagung der Ehegatten im Trennungsjahr zusätzlich von der Möglichkeit des sogenannten Realsplittings nach § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG Gebrauch gemacht werden kann, wonach Unterhaltsleistungen an den dauernd getrennt lebenden Ehegatten bis zu 13.805,- Euro im Jahr beim unterhaltspflichtigen Ehegatten als Sonderausgaben berücksichtigt werden können, wenn dies mit Zustimmung des Empfängers beantragt wird und die Unterhaltsleistungen als Einnahmen des Unterhaltsempfängers versteuert werden (bejahend Fissenewert, in: Kirchhof / Kulosa/ Ratschow, Kommentar zum EStG, Stand 01.11.2024, zu § 10 Rn. 327, ablehnend Kulosa, in Herrmann/ Heuer / Raupach, Kommentar zum EStG, Stand 1/2025, zu § 10 Rn. 228). Im vorliegenden Fall haben die Eheleute B jedenfalls nicht von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Außerdem würde selbst bei Abzug des Höchstbetrags von 13.805,- Euro die Einkommensgrenze von 300.000,- Euro weiterhin überschritten.
Dass ein umfassender Anspruchsausschluss nach § 1 Abs. 8 BEEG für Personen mit sehr hohem Einkommen nicht gegen Verfassungsrecht, insbesondere Grundrechte, verstößt, hat das BSG bereits mit Blick auf die erstmalige Einführung des Ausschlusstatbestandes durch das Haushaltsbegleitgesetz 2011 überzeugend dargelegt (vgl. BSG, Urteil vom 26.03.2014 - B 10 EG 13/13 R - Juris Rn. 23 ff.). Die dort aufgezeigten Grundsätze gelten gleichermaßen für die Fortentwicklung der Einkommensgrenzen, insbesondere durch das hier maßgebliche Zweite Gesetz zur Änderung des BEEG vom 15.02.2021.
Der Wegfall des Elterngeldanspruchs greift nicht in nach Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentumsrechte ein, weil er - anders als echte Lohnersatzleistungen - nicht auf Eigenleistungen des Berechtigten beruht; insbesondere kann das steuerfinanzierte Elterngeld nicht als Gegenleistung für vorangegangene Steuerzahlungen durch die Klägerin und den Kindsvater angesehen werden (vgl. § 3 Abs. 1 Abgabenordnung; BSG, Urteil vom 26.03.2014 - B 10 EG 13/13 R - Juris Rn. 24).
Dass die Klägerin angesichts der Geburt des Kindes am 28.09.2021 wohl bereits schwanger war, als das Zweite Gesetz zur Änderung des BEEG am 15.02.2021 ergangen und folglich für Geburten ab 01.09.2021 die Einkommensgrenze nach § 1 Abs. 8 Satz 2 BEEG von 500.000,- Euro auf 300.000,- Euro herabgesetzt worden ist, verstößt nicht gegen die rechtsstaatlichen Gebote der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG).
Eine echte Rückwirkung hat § 1 Abs. 8 Satz 2 BEEG a.F. im Fall der Klägerin nicht, weil sich die Regelung lediglich auf Elterngeldansprüche für Lebensmonate nach der Verkündung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des BEEG auswirkt (vgl. BSG, Urteil vom 26.03.2014 - B 10 EG 13/13 R - Juris Rn. 25 f).
Regelungen, die nur eine unechte Rückwirkung entfalten, weil sie auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft einwirken, sind grundsätzlich zulässig und genügen dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip, wenn das schutzwürdige Bestandsinteresse des Einzelnen die gesetzlich verfolgten Gemeinwohlinteressen bei der gebotenen Interessenabwägung nicht überwiegt (vgl. BSG a.a.O.; BVerfGE 97, 378, 389; BVerfGE 101, 239, 263). Ein überwiegendes schutzwürdiges Bestandsinteresse ist aber nicht festzustellen.
Schon allgemein schützt die Rechtsordnung außerhalb der beitragsfinanzierten Sozialversicherung nicht das Vertrauen in den dauerhaft unveränderten Fortbestand finanzieller Leistungen des Staates wie hier des Elterngeldes (vgl. BSG, Urteil vom 26.03.2014 - B 10 EG 13/13 R - Juris Rn. 25 f.). Außerdem waren bereits ab 01.01.2011 zur Konsolidierung des Bundeshaushalts und mit dem Ziel der Sanierung der Staatsfinanzen anspruchsausschließende Einkommensgrenzen in § 1 Abs. 8 BEEG eingeführt worden und es war 2020/2021 allgemein bekannt, dass angesichts der Covid-19 Pandemie weiterhin erhebliche wirtschaftliche Belastungen des Bundeshaushalts zu verkraften waren.
Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des BEEG zwar einerseits die Leistungen weiterentwickelt durch Erhöhung der zulässigen Arbeitszeit während des Elterngeldbezugs und durch Flexibilisierung des Partnerschaftsbonus, damit Eltern durch Teilzeit mehr Zeit für die Familie haben und eine partnerschaftliche Verteilung von Familien- und Arbeitszeiten erleichtert wird (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 18.11.2020 zur Änderung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes vom 18.11.2020, BT-Drucks. 19/24438). Mit den Neuregelungen sollten Eltern noch intensiver bei der Verwirklichung einer partnerschaftlichen Aufgabenteilung, bei der beide Elternteile erwerbstätig sind und sich gleichermaßen um Haushalt und Familie kümmern, unterstützt werden, um u.a. Armut und sozialer Ausgrenzung so weit wie möglich vorzubeugen und Eltern aus allen Bevölkerungsschichten Chancen für die Beteiligung an der wirtschaftlichen Entwicklung zu eröffnen (vgl. BT-Drucks. 19/24438 S. 19).
Andererseits hat der Gesetzgeber im Sinne der Gesetzesbereinigung und zur Fortentwicklung des Elterngeldes im Sinne einer stärkeren Orientierung am tatsächlichen Bedarf und am Fürsorgegedanken die Einkommensgrenze, ab der der Elterngeldanspruch entfällt, für Paare abgesenkt (vgl. BT-Drucks. 19/24438 S. 14). Hierzu wird Folgendes ausgeführt (vgl. BT-Drucks. 19/24438 S. 24 f, zu Buchstabe e):
"Die Einkommensgrenze, ab der der Anspruch auf Elterngeld entfällt, wird für Paare mit gemeinsamen Elterngeldanspruch auf 300 000 Euro gesenkt.
Die Einkommensgrenze ist an der Zielsetzung des Elterngeldes auszurichten. Das Elterngeld soll es Eltern ermöglichen, weitgehend unabhängig von finanziellen Erwägungen frei zu entscheiden, in welchem Umfang sie auf Erwerbstätigkeit zugunsten der Betreuung des Kindes verzichten möchten. Sie erhalten grundsätzlich einen Einkommensersatz in Höhe von 67 Prozent des Einkommensausfalls im Verhältnis zum Einkommen im Bemessungszeitraum. Die Höhe des Einkommensersatzes ist sozial gestaffelt: Bei Einkommen unter 1 000 Euro steigt sie bis auf 100 Prozent, bei Einkommen über 1 200 Euro sinkt sie schrittweise bis auf 65 Prozent, der Höchstbetrag des Elterngeldes beträgt 1 800 Euro.
Diese soziale Ausgestaltung des Elterngeldes trägt dem Umstand Rechnung, dass bei niedrigen Einkommen schon ein geringerer Einkommensausfall schwerer zu verkraften ist, als bei höheren Einkommen. Mit dem Höchstbetrag des Elterngeldes von 1 800 Euro, der bei einem monatlichen Nettoeinkommen im Bemessungszeitraum von 2 770 Euro erreicht wird, wird dem Umstand Rechnung getragen, dass bei zunehmender Höhe des Einkommens vor der Geburt des Kindes die Möglichkeit der eigenständigen Vorsorge für einen begrenzten Zeitraum zunimmt. In der Logik dieser Regelung ist angelegt, dass Elterngeld ab einer zu bestimmenden Einkommenshöhe entfallen kann, weil es für die Entscheidung, in welchem Umfang zugunsten der Betreuung des Kindes auf Erwerbstätigkeit verzichtet werden soll, unerheblich ist.
Das Elterngeld kann daher bei sehr hohen Einkommen im Bemessungszeitraum seine Zweckbestimmung nicht mehr erfüllen, sodass der Wegfall des Elterngeldes in diesen Fällen vertretbar ist. Die im Elterngeld teilweise bereits angelegte Orientierung am Bedarf des oder der Berechtigten wird damit noch stärker akzentuiert. Dies entspricht der Zielsetzung dieses Gesetzes im Ganzen: Mit den Regelungen für Eltern von besonders früh geborenen Kindern, für Eltern mit geringen selbstständigen Nebeneinkünften und weiteren Verbesserungen bei der Elterngeldberechnung fokussiert das Elterngeld stärker als zuvor den individuellen Bedarf und die spezifische Lebenssituation von Eltern. Für die Grenze des zu versteuernden Einkommens, deren Erreichen zum Wegfall des Elterngeldes führt, hat der Gesetzgeber einen Einschätzungsspielraum.
Nach dem Zweck der Vorschrift und den Verhältnissen der Betroffenen besteht kein Anlass, dass die Einkommensgrenze für Paare mit einem gemeinsamen Elterngeldanspruch doppelt so hoch angesetzt ist, wie für einen Elternteil, der allein die Voraussetzungen für den Elterngeldanspruch erfüllt. Kümmern sich zwei Elternteile um das Kind, haben sie deutlich größere Gestaltungsmöglichkeiten als eine allein berechtigte Person hinsichtlich der Betreuung des Kindes und der Ausübung einer Erwerbstätigkeit: Sie können die Betreuungszeiten so unter sich aufteilen, dass eine Erwerbstätigkeit beider Elternteile, zum Beispiel in Teilzeit, oder eines Elternteils, zum Beispiel in Vollzeit, möglich ist. Den Eltern ist es damit deutlich leichter möglich als einer das Kind allein betreuenden Person, ich in der Zeit nach der Geburt des Kindes finanziell abzusichern. Deshalb ist eine Herabsetzung des Grenzbetrags für Paare mit einem gemeinsamen Elterngeldanspruch angemessen.
Der Grenzbetrag von 300 000 Euro liegt deutlich über dem für eine allein berechtigte Person. Er beträgt knapp das Zehnfache des durchschnittlichen zu versteuernden Einkommens unter Steuerpflichtigen mit positiven Einkünften. Bei einem derart hohen zu versteuernden Einkommen ist davon auszugehen, das Elterngeld für die Entscheidung, in welchem Umfang zugunsten der Betreuung des Kindes auf Erwerbstätigkeit verzichtet werden soll, unerheblich ist. Vor diesem Hintergrund ist eine Herabsetzung des Grenzbetrags für Paare mit einem gemeinsamen Elterngeldanspruch angemessen."
Damit entwickelte der Gesetzgeber das Elterngeld konsequent dahingehend weiter, dass es schwerpunktmäßig Eltern zu Gute kommt, die im Bemessungszeitraum kleinere bis mittlere Einkommen erzielt haben. Wie das BSG im Urteil vom 26.03.2014 - B 10 EG 13/13 R (Juris Rn. 25 f.) bereits dargelegt hat, war dies von Anfang an in der Ausgestaltung des Elterngeldes angesichts der Ersatzquotengestaltung und der Höchstbetragsregelung in § 2 BEEG angelegt. Denn das Elterngeld ist eine klassische fürsorgerische Leistung als Hilfe zum Aufbau und zur Sicherung der Lebensgrundlage junger Familien. Insbesondere nach der erstmaligen Einführung der Einkommensgrenzen des § 1 Abs. 8 BEEG durch das Haushaltsbegleitungsgesetz 2011 war aber für Eltern mit hohem Familieneinkommen erkennbar, dass sie nach den Vorstellungen des Gesetzgebers einer solchen sozialen Absicherung während der Erziehungsphase aufgrund ihres hohen Familieneinkommens nicht bedurften und es ihnen trotz des Wegfalls von Erwerbseinkommen an der allgemeinen Bedarfslage, die das vom Gesetz für den Bezug von Elterngeld seit jeher jedenfalls typisierend voraussetzt, fehlt (vgl. BSG a.a.O.).
Aufgrund der guten familiären Einkommenssituation trifft der Wegfall des Elterngeldanspruchs für die Dauer der möglichen Bezugsmonate die Klägerin auch nicht übermäßig schwer.
Außerdem trug die Übergangsvorschrift in § 28 BEEG dem schutzwürdigen Bestandsinteresse werdender Eltern ausreichend Rechnung. Denn angesichts des über sechsmonatigen Zeitraums zwischen der Verkündung des Gesetzes und seiner Wirksamkeit für Geburten ab 01.09.2021 bzw. der Geburt des Kindes hatten die Klägerin und der Kindsvater ausreichend Gelegenheit, sich auf die geänderte Rechtslage einzustellen und finanzielle Vorsorge für die Zeit nach der Geburt des Kindes zu treffen.
Der Senat vermag auch keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu erkennen und sieht sich in Übereinstimmung mit der Einschätzung des BSG, das mit Blick auf die Einführung der Einkommensgrenze des § 1 Abs. 8 BEEG Folgendes ausgeführt hat (vgl. BSG, Urteil vom 26.03.2014 - B 10 EG 13/13 R - Juris Rn. 29 ff.):
"29 Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln; dies gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen. Der allgemeine Gleichheitssatz untersagt dem Gesetzgeber jedoch nicht jede Differenzierung. Vielmehr bedürfen Differenzierungen stets einer Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfährt eine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes liegt immer dann vor, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (BVerfG Beschlüsse vom 21.7.2010 - 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07 - BVerfGE 126, 400, 416 mwN; vom 6.6.2011 - 1 BvR 2712/09 - NJW 2011, 2869, 2870; vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - NJW 2012, 214, 215 mwN und vom 7.2.2012 - 1 BvL 14/07 - BVerfGE 130, 240, 252 f mwN = SozR 4-7835 Art 1 Nr 1).
30 Im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen über das Elterngeld im ersten Abschnitt des BEEG gehören (§ 6, § 25 Abs 2 S 2, § 68 Nr 15a SGB I), hat der Gesetzgeber insbesondere auch für die Abgrenzung der begünstigten Personengruppen grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum (vgl BVerfG Beschluss vom 6.6.2011 - 1 BvR 2712/09 - NJW 2011, 2869, 2870; BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 8/10 R - ZFSH/SGB 2012, 24, 26). Für die Beurteilung einer Ungleichbehandlung gilt insoweit ein weiter Maßstab. Hinzu kommt, dass die Regelungen zur Höhe des Elterngeldanspruchs nicht an Persönlichkeitsmerkmalen anknüpfen, die dem Einzelnen nicht verfügbar sind (vgl BVerfG Beschluss vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - NJW 2012, 214, 215). Im Bereich staatlicher Maßnahmen, welche die Familie betreffen, muss der Staat allerdings zusätzlich den Schutz beachten, den er dieser nach Art 6 Abs 1 GG schuldet (vgl BVerfG Beschluss vom 9.11.2004 - 1 BvR 684/98 - BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55).
31 Nach diesen Maßgaben ist der Senat nicht von einem Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG überzeugt. Vielmehr lassen sich für die unterschiedliche Behandlung von Eltern mit sehr hohem Familieneinkommen und allen anderen Eltern, die die hohe Einkommensschwelle des § 1 Abs 8 S 2 BEEG unterschreiten und deshalb Elterngeld beziehen können, nach der Eigenart des zu regelnden Sachbereichs hinreichende sachliche Rechtfertigungsgründe benennen. Insbesondere erweist sich § 1 Abs 8 S 2 BEEG nicht als systemwidrig, stellt also keine Verletzung der vom BEEG selbst statuierten Sachgerechtigkeit dar, was ein Indiz für einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG wäre (vgl BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 8 RdNr 51 mwN). Der Ausschluss einer sehr kleinen Gruppe von Beziehern von Einkommen am obersten Ende der Einkommensskala vom Bezug des Elterngelds fügt sich vielmehr ohne größere Verwerfungen ein in die beschriebene Konzeption des Elterngelds als klassische fürsorgerische Leistung zur Sicherung der wirtschaftlichen Lebensgrundlage von Familien insbesondere mit kleinen und mittleren Einkommen während der ersten Lebensmonate der Kinderbetreuung (s.o.). Zwar stellte das Elterngeld bis zur Neufassung des § 1 Abs 8 S 2 BEEG - anders etwa als vorher das Erziehungsgeld (vgl § 5 Abs 3 Bundeserziehungsgeldgesetz) - nur auf das Einkommen der berechtigten Person und nicht auf das Haushaltseinkommen ab (Individualisierungsprinzip). Damit verfolgte der Gesetzgeber ua das Ziel, überkommene Rollenmuster etwa vom Mann als (Haupt)Ernährer der Familie zu verändern und das wirtschaftliche Risiko einer kurzzeitigen Erwerbsunterbrechung zur Kindererziehung für Väter und Mütter gleichermaßen erträglich zu gestalten. § 1 Abs 8 S 2 BEEG durchbricht nunmehr dieses Individualisierungsprinzip für Bezieher hoher Einkommen (vgl Dau, SGb 2011, 198, 200) weil solches Einkommen des Elterngeldberechtigten und seines Ehegatten bzw Lebenspartners den Elterngeldanspruch ausschließen kann. Zugrunde liegt die plausible Annahme des Gesetzgebers, dass bei mit dem Spitzensteuersatz belasteten Familieneinkommen trotz des Wegfalls des Erwerbseinkommens des betreuenden Elternteils für die begrenzte Bezugszeit des Elterngelds überhaupt keine allgemeine Bedarfslage entstehen kann, die die Zahlung von Elterngeld wirtschaftlich noch zu rechtfertigen vermag. Es liegt auch für den Senat auf der Hand, dass Eltern wie die Klägerin und ihr Ehemann über den finanziellen Schonraum, den der Gesetzgeber mit dem Elterngeld während der ersten Lebensmonate des Kindes schaffen wollte, ohnehin schon aus eigenen Mitteln verfügen. Angesichts des ihnen möglichen Lebensstandards dürfte das in der Höhe begrenzte Elterngeld die vom Gesetzgeber beabsichtigten wirtschaftlichen Anreize zur Familiengründung zudem kaum entfalten können. Im Übrigen weist die mit dem HBeglG 2011 vorgenommene Absenkung des Ersatzbetrages für das Elterngeld für Einkommen über 1200 Euro (verbunden mit der Anhebung für darunter liegende Einkommen) ebenfalls in die Richtung einer stärkeren Orientierung des Elterngelds am tatsächlichen Bedarf. Darin liegt keine gleichheitswidrige Systemdurchbrechung, sondern eine zulässig nach Gleichheitskriterien differenzierende Weiterentwicklung des dem Elterngeld zugrunde liegenden Fürsorgegedankens. Die damit verbundene Abschwächung des mit dem Individualisierungsprinzip verfolgten Gleichstellungsgedankens für einen begrenzten, von wirtschaftlichen Zwängen weitgehend freien Personenkreis erscheint demgegenüber hinnehmbar."
Diese Überlegungen gelten nach Überzeugung des Senats gleichermaßen für die hier maßgebliche Einkommensgrenze des § 1 Abs. 8 Satz 2 BEEG a.F. von 300.000,- Euro für die Summe des zu versteuernden Einkommens des mit dem Kind in einem Haushalt zusammenlebenden Elternpaares. Die Einschätzung des Gesetzgebers, dass auch bei einem zu versteuernden Einkommen beider Elternteile in Höhe von 300.000 Euro typischerweise davon ausgegangen werden kann, dass das Elterngeld für die Entscheidung, in welchem Umfang zugunsten der Betreuung des Kindes auf Erwerbstätigkeit verzichtet werden soll, nicht von wesentlicher Bedeutung ist, erscheint dem Senat rechtlich nicht zu beanstanden.
Der Gesetzgeber hat ausgeführt, dass dieser Betrag knapp das Zehnfache des durchschnittlichen zu versteuernden Einkommens unter Steuerpflichtigen mit positiven Einkünften umfasst. Ergänzend wird angemerkt, dass selbst 2024 ein zu versteuerndes Bruttoeinkommen von 300.000,- Euro als außerordentlich hoch anzusehen ist, denn der durchschnittliche Bruttojahresverdienst einschließlich Sonderzahlungen aller Vollzeitbeschäftigten lag 2024 mit 62.235,- Euro brutto deutlich niedriger und Vollzeitbeschäftigte mit einem Bruttoeinkommen über 97.680, -Euro gehörten bereits zu den obersten 10%, Personen mit 213.286,- Euro sogar zum obersten Prozent (1%) aller Vollzeitbeschäftigten (vgl. Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes Nr. 134 vom 08.04.2025, Fundstelle www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2025/04/PD25_134_621.html, zuletzt abgerufen am 25.04.2025).
Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt auch nicht deswegen vor, weil die Einkommensgrenze für Elternpaare, die mit dem Kind in einem Haushalt leben, nach § 1 Abs. 8 Satz 2 BEEG a.F. mit 300.000,- Euro nicht doppelt so hoch angesetzt ist wie die Einkommensgrenze von Alleinerziehenden nach § 1 Abs. 8 Satz 1 BEEG a.F. in Höhe von 250.000,- Euro. Denn dies ist aufgrund der unterschiedlichen Situationen sachlich begründet. Zutreffend wird in den Gesetzesmaterialen ausgeführt, dass zwei Elternteile, die sich gemeinsam um das Kind kümmern, deutlich größere Gestaltungsmöglichkeiten haben als eine allein mit dem Kind lebende elterngeldberechtigte Person - sowohl hinsichtlich der Betreuung des Kindes als auch hinsichtlich der Ausübung einer Erwerbstätigkeit. U.a. können in einem Haushalt zusammenlebende Eltern Betreuungszeiten so unter sich aufteilen, dass eine Erwerbstätigkeit beider Elternteile, z.B. in Teilzeit, oder eines Elternteils, zum Beispiel in Vollzeit, möglich ist. Damit ist es den Eltern deutlich leichter möglich als einer das Kind allein betreuenden Person, sich in der Zeit nach der Geburt des Kindes finanziell abzusichern. Hinzu kommt, dass das Zusammenleben in einem Haushalt im Vergleich zum Leben in zwei getrennten Haushalten erfahrungsgemäß finanzielle Einsparungen mit sich bringt, da wirtschaftliche Synergieeffekte greifen hinsichtlich Raumbedarf, Heizkosten, Stromkosten, Kosten für Haushaltsgeräte etc.
Entgegen dem Vortrag der Klägerbevollmächtigten ist die Regelung des § 1 Abs. 8 BEEG a.F. auch nicht deswegen verfassungswidrig, weil das Abstellen auf das zu versteuernde Einkommen sachwidrig wäre. Im Gegenteil hat der Gesetzgeber bei der Bestimmung des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs von Anfang an ein steuerrechtsakzessorisches Regelungskonzept gewählt und dieses im Verlauf der Zeit wiederholt ausdrücklich bestätigt (vgl. BSG, Urteil vom 24.03.2022 - B 10 EG 1/20 R - Juris Rn. 22 m.w.N.). Dies entspricht sowohl der Systematik des Elterngeldes als auch seiner Zweckbestimmung. Denn der Gesetzgeber hat das Elterngeld als Einkommensersatzleistung konzipiert, die sich grundsätzlich an dem im Bemessungszeitraum vor der Geburt durchschnittlich erzielten Einkommen aus Erwerbstätigkeit orientiert (vgl. §§ 2 Abs. 1 Satz 1, 2b Abs. 1 Satz 1 und § 2b Abs. 2 Satz 1 BEEG; BSG, Urteil vom 24.03.2022 - B 10 EG 1/20 R - Juris Rn. 31).
Grundlage der Berechnung der Elterngeldhöhe bildet die sogenannte Bezugs- und Referenzmethode. Danach wird unter Bezugnahme auf den wirtschaftlichen Dauerzustand eines gerade vergangenen Zeitraums auf ein Durchschnittseinkommen geschlossen, das den individuellen Lebensstandard prägt (vgl. BSG, Urteil vom 24.03.2022 - B 10 EG 1/20 R - Juris Rn. 43).
Der Staat stellt mit dem Elterngeld eine einkommensorientierte Zuwendung in Aussicht, um die Einbußen an Erwerbseinkommen zumindest teilweise auszugleichen, die sachlich mit dem ausgleichsberechtigenden Ereignis - der Geburt des Kindes - zusammenhängen (vgl. BSG a.a.O.- Juris Rn. 31). Daher ist es nicht sachwidrig, sondern konzeptionell folgerichtig, dass der Gesetzgeber auch bei der Festlegung von Einkommensgrenzen nach § 1 Abs. 8 BEEG a.F., ab denen ein solcher Einkommensausgleich für die Zweckerreichung des Elterngeldes nicht mehr erforderlich ist und daher ein Anspruch auf Elterngeld entfällt, auf das zu versteuernde Einkommen abstellt.
Wie das BSG bereits herausgearbeitet hat, ist das Elterngeld eine familienpolitische Förderleistung eigener Art, die vielfältige Ziele verfolgt (vgl. hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 24.03.2022 - B 10 EG 1/20 R - Juris Rn. 44). Seine Einkommensersatzfunktion unterscheidet sich wesentlich von kurzfristigen Entgeltersatzleistungen wie z.B. dem Arbeitslosengeld, das bei schutzwürdigem Wegfall des Arbeitsentgelts (infolge von Arbeitslosigkeit) den individuellen Lebensstandard des Betroffenen für einen vorübergehenden Zeitraum erhalten soll. Das Elterngeld stellt in seiner einkommensersetzenden Funktion eine (verhaltenssteuernde) Subvention zur Förderung der Kindererziehung dar. Zugleich verfolgt der Gesetzgeber mit dem derart ausgestalteten Elterngeld weitergehende Ziele, u.a. die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der gleichberechtigten Kindererziehung von Mann und Frau, der Gewährung eines finanziellen Schonraums für junge Familien bei einer betreuungsbedingten Unterbrechung oder Reduzierung der Erwerbstätigkeit der Elternteile und eine Kompensation der Betreuungskosten für das Kind (vgl. BSG a.a.O. m.w.N.). Schließlich ist das den Ausgleich nach dem BEEG begründende Ereignis (Geburt eines Kindes und die notwendige Betreuung) kein Schicksalsschlag, mit dem zwingend der Ausfall von Erwerbseinkommen einhergeht. Aus diesem Grund ist das Elterngeld im Bezugszeitraum auch nur als subsidiäre Unterstützungsleistung ausgestaltet, auf die gleichzeitig bezogene einkommensersetzende Leistungen angerechnet werden. Es verbindet die Leistungsgewährung nicht mit der Verwirklichung eines bestimmten Erwerbsrisikos, sondern mit einer typischen, aber hinsichtlich individueller Einkommenseinbußen unterschiedlich ausgeprägten allgemeinen Bedarfslage (vgl. BSG a.a.O.).
Der Zweck des Elterngeldes liegt daher, entgegen der Annahme der Klägerbevollmächtigten, nicht darin, die wirtschaftliche Lebensgrundlage von Familien im ersten bzw. in den ersten beiden Lebensjahren sicherzustellen oder Unterhaltsansprüche der Eltern gegeneinander oder des Kindes gegen die Eltern abzugelten. Schon deswegen wäre das Abstellen auf unterhaltsrechtliche Einkommensbegriffe, wie es die Klägerbevollmächtigten vorschlagen, sachwidrig. Dagegen spricht im Übrigen auch, dass nach eigener Einschätzung der Klägerbevollmächtigten ein Abstellen auf unterhaltsrechtliche Einkommensberechnungen wegen der hohen Komplexität gänzlich unpraktikabel wäre (vgl. zur Bedeutung der Praktikabilität als gewichtigen sachlichen Grund für die gewählte steuerrechtsakzessorische Ausgestaltung auch BSG, Urteil vom 24.03.2022 - B 10 EG 1/20 R - Juris Rn. 40). Die Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums wird nach der gesetzgeberischen Konzeption nicht durch das Elterngeld, sondern durch Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II bzw. SGB XII gewährleistet - wenn und soweit die Betroffenen nicht selbst in der Lage sind, den Bedarf durch zumutbare Erwerbsarbeit und / oder Vermögenseinsatz zu decken.
Auch eine Verletzung von Art. 6 GG vermag der Senat nicht ansatzweise zu erkennen und verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen im Gerichtsbescheid des SG
(§ 153 Abs. 2 SGG).
Da ein Anspruch der Klägerin auf Elterngeld gemäß § 1 Abs. 8 BEEG a.F. ohnehin ausgeschlossen ist, sind weitere Überlegungen zur Höhe des Elterngeldanspruchs oder die Verfassungswidrigkeit der Höchstgrenze obsolet. Angemerkt sei aber, dass der Senat keinerlei verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich des Höchstbetrags zu erkennen vermag. Hinsichtlich des weitreichenden Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung familienfördernder Leistungen wie dem Elterngeld wird auf die zutreffenden Ausführungen des SG verwiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.