Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 28.02.2023 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beklagte wendet sich gegen die Streitwertfestsetzung des Sozialgerichts (SG) für das in der Hauptsache einvernehmlich erledigte Klageverfahren.
Im Verfahren war eine Krankenhausvergütung i.H.v. 4.054,81 € streitig. Mit Schriftsatz vom 16.04.2020 hat die Klägerin die Klage i.H.v. 2.576,76 € zurückgenommen. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 30.12.2022 die hiernach noch streitige Forderung i.H.v. 1.478,05 € in voller Höhe anerkannt; dieses Anerkenntnis hat die Klägerin angenommen.
Mit dem angegriffenen Beschluss vom 28.02.2023 hat das SG den Streitwert nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) endgültig auf 4.054,81 € festgesetzt.
Mit ihrer dagegen gerichteten Beschwerde begehrt die Beklagte die Festsetzung eines gestaffelten Streitwerts, insbesondere eine Festsetzung i.H.v. nur 1.478,05 € für die Zeit ab 16.04.2020. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) habe bereits in der Sache L 16 B 87/07 KR (Beschluss vom 20.05.2008, juris) für die Streitwertfestsetzung nach dem GKG für verschiedene Verfahrensabschnitte die Festsetzung unterschiedlicher Streitwerte als geboten erachtet, wenn sich verschiedene Gebühren des Rechtsanwalts nach unterschiedlichen Werten richteten.
Die Klägerin hält eine gestaffelte Wertfestsetzung nicht für geboten.
II.
Der Senat entscheidet in der Besetzung von drei Berufsrichtern. Über eine Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts nach § 68 GKG entscheidet zwar gemäß § 68 Abs. 1 S. 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 S. 1 GKG grundsätzlich der Senat durch den Berichterstatter als Einzelrichter (vgl. zur h.M. und zum Streitstand Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 14. Auflage 2023, § 155 Rn. 9d m.w.N.). Die Berichterstatterin hat jedoch die vorliegende Sache wegen grundsätzlicher Bedeutung dem Senat übertragen (§ 66 Abs. 6 S. 2 GKG).
Die Beschwerde ist statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 € übersteigt (§ 68 Abs. 1 S. 1 GKG); sie ist auch binnen der in § 63 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 68 Abs. 1 S. 3 GKG bestimmten Frist eingelegt worden. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Das SG hat den Streitwert für das gerichtskostenpflichtige Verfahren (§ 197a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) gemäß §§ 52 Abs. 3, 63 Abs. 2 GKG zutreffend auf 4.054,81 € festgesetzt. Zutreffend hat es weder auf die infolge der teilweisen Klagerücknahme i.H.v. 2.576,76 € reduzierte Klageforderung i.H.v. 1.478,05 € abgestellt noch den Streitwert nach Verfahrensabschnitten gestaffelt festgesetzt.
Für die Wertberechnung der Gerichtsgebühren bestimmt § 40 GKG den Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung als maßgeblich, die den Rechtszug einleitet (vgl. BSG, Beschluss vom 16.07. 2014 – B 3 KS 3/14 B –, juris, Rn. 12; vgl. auch Dahn/Schmidt in: Dahn/Schmidt, Anwaltsgebühren im Sozialrecht, § 27 Streitwertkatalog der Sozialgerichtsbarkeit, Rn. 3; Norbert Schneider in Schneider/Volpert/Fölsch, GKG, 3. Aufl. 2021, § 40 Rn. 8; vgl. zum Fall der Klageerweiterung auch BT-Drs.15/1971 S. 154). Reduziert sich die Klageforderung – wie hier – etwa durch die teilweise Rücknahme der Klage, hat dies auf den für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Streitwert keinen Einfluss, der Wert zu Beginn des Rechtszugs bleibt maßgeblich (Schindler in BeckOK, Kostenrecht, 43. Ed. 01.10.2023, GKG § 40 Rn. 13; Hartmann in: Hartmann, Kostengesetze online, § 40 GKG Rn. 3). Eine nach Zeitabschnitten gestaffelte Festsetzung des endgültigen Streitwerts sieht das GKG hingegen nicht vor; sie ist weder mit Blick auf die Festsetzung der Gerichtsgebühren noch unter Berücksichtigung anwaltlicher Gebühreninteressen geboten.
Spätestens mit der Erstreckung des Pauschalgebührensystems (dazu BT-Drs. 15/1971, S. 141 f.) auf alle Gerichtsbarkeiten durch das (Erste) Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (KostRMoG) vom 05.05.2004 (BGBl. I S. 835) ist das Bedürfnis für eine zeitlich gestaffelte Streitwertfestsetzung im Rahmen des GKG entfallen (so auch Sächsisches LSG, Beschluss vom 07.11.2022 – L 1 KR 240/19 B –, juris Rn. 12; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.08.2020 – L 11 KR 1639/20 B – juris Rn. 18; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 15.11.2018 – 1 E 996/18 – juris Rn. 26; Oberlandesgericht [OLG] Stuttgart, Beschluss vom 16.05.2023 – 10 W 19/23 –, juris Rn. 14; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.04.2022 – I-12 W 5/22 – juris Rn. 5; OLG Bremen, Beschluss vom 05.01.2022 – 2 W 56/21 – juris Rn. 6).
Sie ist im Rahmen der nach § 63 Abs. 2 GKG vorzunehmenden Festsetzung insbesondere auch nicht deshalb geboten oder gerechtfertigt, weil im Rahmen der Festsetzung der anwaltlichen Vergütung unterschiedliche Werte für verschiedene Gebühren maßgebend sein können und sich Verfahrens-, Termins- und Einigungsgebühr nicht zwangsläufig nach demselben Gegenstandswert richten wie die Gerichtsgebühren (so die nunmehr wohl h.M. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.08.2020 a.a.O.; Sächsisches LSG, Beschluss vom 07.11.2022 a.a.O. Rn. 12ff..; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12.08.2021 – L 9 KR 175/21 B –, juris Rn. 8; OLG Nürnberg, Beschluss vom 12.01.2022 – 2 W 4619/21 –, juris Rn. 11; OLG Stuttgart, Beschluss vom 16.03.2023 – 10 W 19/23 –, juris Rn. 14; OLG München, Beschluss vom 13.12.2016 – 15 U 2407/16 –, juris Rn. 16; OLG Dresden, Beschluss vom 17.01.2019 – 8 W 24/19 –, juris Rn. 10; Norbert Schneider, a.a.O., § 39 Rn. 18a; Mayer, FD-RVG 2023, 455247, beck-online; Schneider, NJW-Spezial 2023, 124, beck-online).
Soweit in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung in der Vergangenheit etwa bei teilweiser Erledigung des Rechtsstreits die Notwendigkeit und Möglichkeit einer gestaffelten Streitwertfestsetzung gesehen wurde (vgl. etwa LSG NRW, Beschlüsse vom 20.05.2008 – L 16 B 87/07 KR – und 03.07.2008 – L 16 B 31/08 KR –, juris, Rn. 13; LSG Rheinland-Pfalz, 13.03.2007 – L 5 B 373/06 KNK –, juris; Bayerisches LSG, Beschluss vom 14.09.2011 – L 2 U 298/11 B –, juris; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18.03.2013 – L 4 KR 104/12 B –; Sächsisches LSG, Beschluss vom 30.50.2016 – L 1 KA 3/15 B –, juris) folgt der Senat dieser Rechtsprechung nicht.
Die Kosten, die den Verfahrensbeteiligten selbst entstehen, insbesondere die Gebühren ihrer Prozessbevollmächtigten nach dem RVG, sind außergerichtliche Kosten, die vom Regelungsbereich des GKG nicht erfasst sind (Zimmermann in: Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 5. Auf. 2021, § 1 GKG Rn. 5). Zwar ist nach § 32 Abs. 1 RVG grundsätzlich der für die Gerichtsgebühren festgesetzte Streitwert auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend ist. Abweichend davon eröffnet jedoch § 33 Abs. 1 RVG die Möglichkeit der gesonderten Festsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit (Sächsisches LSG, Beschluss vom 07.11.2022 a.a.O. Rn. 14ff.; OLG Dresden, Beschluss vom 19.07.2022 – 12 W 367/22 – juris Rn. 4; Beschluss vom 16.01.2019 – 8 W 8/19 – juris Rn. 9). Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest (§ 33 Abs. 1 RVG). Diese Regelung ist (zwar) nur anwendbar, wenn § 32 RVG nicht einschlägig ist. Eine Bindungswirkung nach § 32 Abs. 1 RVG kann aber nur in dem Umfang eintreten, in dem der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit mit dem Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens übereinstimmt (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.08.2020 a.a.O Rn. 16). Eine Wertfestsetzung nach § 33 Abs. 1 RVG scheidet mithin nur dann aus, wenn die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts von der gerichtlichen Wertfestsetzung nach dem GKG bereits erfasst worden ist (Thiel/N. Schneider in: Schneider/Volpert, AnwK RVG, 9. Auflage 2021; § 33 RVG Rn. 5). Es erscheint insoweit sachgerecht, die Beteiligten in Fällen unterschiedlicher Gegenstandswerte für die anwaltliche Tätigkeit auf das Antragsverfahren nach § 33 Abs. 1 RVG zu verweisen (so etwa auch Sächsisches LSG, Beschluss vom 07.11.2022 a.a.O. Rn. 15; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.08.2020 – L 11 KR 1639/20 a.a.O.).
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).